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Ein Ende wie der Anfang

Kurzbeschreibung
GeschichteSci-Fi, Liebesgeschichte / P16 / MaleSlash
Charles Tucker III Jonathan Archer
18.03.2013
23.07.2013
11
25.739
5
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18.03.2013 2.435
 
Es gibt keinen größeren Schmerz, als sich in der Not an die Zeit zu erinnern,
in der wir glücklich waren.
- Dante Alighieri


Die Begleiter der Raumschiffe, die in die Unendlichkeit des Weltraums vordrangen, waren das Zelt der Sterne und das stetige Gefühl einer ewig währenden Nacht. Es war eine Reise, in der weder Zeit noch Tag eine Bedeutung zu haben schien und dennoch waren gerade diese Angaben für die menschlichen Raumfahrer von größter Wichtigkeit. Hunderte von Lichtjahren von der Erde und all jenen die sie liebten entfernt, wollten sie nicht auch noch auf das Zählen von Minuten, Stunden oder Tagen verzichten.
Crewman Jenkins Bedürfnis danach war sogar so groß, dass sie darum gebeten hatte, einen Kalender im Büro der technischen Abteilung aufzuhängen. Um den Anschluss nicht zu verlieren und gemeinsam mit ihrem Kollegen wichtige Feiertage zu planen, strich sie in jeder simulierten Tag-Phase der Enterprise einen Tag ab. Wenn sich Trip richtig erinnerte, war heute ein Donnerstag. Ein Donnerstag Morgen kurz nachdem der Bordcomputer das gedimmte Nachtlicht auf den Korridoren des Schiffes deaktiviert hatte.

Nach einer gefühlt schlaflosen Nacht, die der Chefingenieur der Enterprise mit seinen eigenen Gedanken verbracht hatte, saß Trip mit einer Tasse Kaffee in der spärlich besuchten Offiziersmesse und versuchte sich zu motivieren wach zu bleiben. Auch wenn er es für gewöhnlich vorzog mit Jonathan  zu frühstücken, war es ihm heute morgen recht gewesen, dass er durch Lieutenant Malcolm Reed, den er im Lift begegnet war, einen Grund hatte dem Captain aus dem Weg zu gehen. Jedoch blieb die erhoffte Ablenkung durch die Anwesenheit des britischen Offiziers aus. Seine Gedanken an den Rand seines Verstandes zu schieben hieß nicht zwangsläufig, dass sie sich in Luft auflösten. Es war wie ein defektes Metallstück an einer Konsole, das man ignorierte, bis man sich daran verletzte und tagelang die Wunden leckte.

"...es wäre von Vorteil, wenn die taktischen Systeme während der Rekonfiguration zwanzig Prozent mehr Energie erhalten würden." Reed blickte von seinem Teller auf, als die erhoffte Reaktion seines Gegenübers ausblieb. Leicht zog der Waffenoffizier die Augenbrauen hoch und nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse, während er geduldig wartete.
Der Chefingenieur hatte seinem Kollegen durchaus zugehört, doch seine Gedanken waren so zerstreut, dass es ihm schwer fiel sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. "Und woher genau soll ich weitere zwanzig Prozent nehmen? Wir haben bereits alle entbehrlichen Subsysteme zur Abschaltung vorgesehen und wenn ich der Krankenstation das Licht abschalte, wird Phlox kaum begeistert die Hände in Luft werfen," gab Trip mit einem genervten Schnaufen von sich, das er im nächsten Augenblick bereute, als er sich bewusst wurde, dass Malcolm nicht für seine missliche Situation verantwortlich war. Der blonde Mann fuhr sich mit der Hand über sein Gesicht und blickte dann wieder zu Malcolm.
"Ich rede auch nicht von der Krankenstation," versicherte ihm der Waffenoffizier und strich Marmelade auf sein Croissant.
Trip wandte den Blick ab und verbarg diese Gestik hinter dem Rand seiner Kaffeetasse, deren Inhalt ihm mit einem Mal nicht mehr schmecken wollte. Er verzog das Gesicht und stellte das blaue Porzellan wieder vor sich auf dem Tisch ab. "Rück mich ins Bild, wovon redest du?"
"Du bist der Chefingenieur. Ich möchte dich nur daran erinnern, dass es den Wartungs- und Modifikationsprozess deutlich verkürzen könnte. Während die Waffensysteme offline sind, stellen wir für jeden Angreifer ein wehrloses Ziel dar. Captain Archer würde diese Option auch gutheißen," erläuterte Malcolm mit Nachdruck und blickte lang genug auf sein Essen, um das Augenrollen des Ingenieurs nicht zu sehen.
"Captain Archer wird auch nicht vor Ort sein, wenn sich jemand anderes darüber beschwert, dass wir ihm Energie abgezogen haben." Trip schüttelte kurz den Kopf bei dem Gedanken über den Verlauf der Beschwerdekette. "Aber ich werde sehen was wir tun können. Vorrausgesetzt das Zeitfenster ist überschaubar, könnte man auch andere Prozesse des Schiffes kurzzeitig herunterfahren."
"Wenn es gut läuft, wird es eine Stunde beanspruchen." Reed griff nach seiner Serviette.
Trip stützte seine Unterarme auf dem Tisch ab und blickte abwartend zu Malcolm hinüber. "Und wenn es nicht so gut läuft?"
Nun war es an Malcolm mit den Schultern zu zucken: "Zwei oder Drei Stunden."
"Ich gebe dir im Laufe des Tages Bescheid." Das leise Seufzen, das seine Worte begleitete, verstummte am Rand seiner Kaffeetasse. Tucker verzog das Gesicht, als er sich daran erinnerte, dass er noch immer das selbe bittere Getränk in den Händen hielt, so wie einige Augenblicke zuvor.

"Wie ich sehe vertröstest du dich sehr schnell in einer anderen Gesellschaft, wenn ich nicht pünktlich bin," mischte sich eine Stimme in das verstummte Gespräch ein. Trip hätte den dunklen Bariton in einer großen Menschenmenge herausgehört und erkannt. Sie gehörte jenem Mann, der ihm in seinen Träumen erwünschte Lügen zuflüsterte.
Der blonde Ingenieur hob die Hand in einem angedeuteten Salut an seine Stirn. "Guten Morgen, Captain," sagte er mit einem verschmitzten Grinsen und hoffte, dass dies genügte, um alle anderen Empfindungen von seinen Gesichtszügen zu verwischen, von denen er gehofft hatte, sie zu umgehen, indem er mit Malcolm und nicht mit Jonathan frühstücken ging. "Ich hoffe du verstehst, dass Ingenieure ungern warten."
Archer lachte auf und klopfte Trip einmal auf die Schulter. "Ich sehe schon, der Fehler liegt alleine bei mir. Ich werde es bei Gelegenheit wieder gutmachen." versprach der Kommandant und wandte sich Malcolm zu, der beim Kauen nur ein Nicken für Archer aufbringen konnte. "Ich hoffe Sie erheben in den kommenden Tage nicht weitere Ansprüche auf Commander Tucker, Lieutenant Reed." Ein Schmunzeln stahl sich auf die Lippen des Captains.
"Das wird nicht nötig sein", begann der britische Offizier zu sprechen und stand mit seinem leeren Teller in der Hand vom Tisch auf "ich habe die Zusage für die Energieumleitung bereits erhalten." mit einem Hauch von Amüsement auf den Gesichtszügen blickte Malcolm zu Trip hinüber, der ihm mit einer Gestik der Niederlage antwortete.
"Also werden die Arbeiten zeitnah abgeschlossen sein?" erkundigte sich Archer.
Trip verschränkte die Hände hinter seinem Kopf. "Wir werden sehen, wie wir das hinbekommen." Er blickte zu seinem Freund und Vorgesetzten auf. "Wir haben noch immer einige geringfügige Reparaturen nach dem Zusammenstoß mit den Kaylon zu beheben."
"Ich habe vollstes Vertrauen in dich." Dieses Mal klopfte Jon seinem besten Freund auf den Rücken und lächelte ihm aufmunternd entgegen.
"Soll ich dir etwas mitbringen?", fragte Malcolm als sich die Chance ergab, das Gespräch der beiden Männer zu unterbrechen.
"Einen Kaffee." antwortete Trip und gab Reed die halbvolle Tasse mit dem beinahe kaltem Inhalt.

Erst als sich Reed einige Schritte von ihrem Tisch entfernt hatte, brach Jonathan das kurzzeitige Schweigen und wandte sich mit einem diskreten Tonfall an seinen zweiten Offizier der ihm unterstellten Kommandokette. "Wir erwarten im Laufe des Vormittags neue Befehle. Es wäre gut, wenn du dich aus dem Maschinenraum auslösen könntest wenn es so weit ist, damit wir über die Details sprechen können." Nur zögerlich wandte Tucker den Kopf in Archers Richtung und bemerkte, wie sein Freund die Stirn kraus zog. "Ist alles in Ordnung?"
"Sag mir einfach Bescheid, die technischen Probleme die wir noch beheben müssen sind nicht größer als ein Lift mit Schluckauf. Das bekommt mein Team auch ohne mich wunderbar hin. Außerdem hat es ja auch einen gewissen Nervenkitzel, wenn die Schwerkraft alle paar Meter auf der Fahrt versagt oder?" Er verschränkte die Arme vor der Brust, hob die Augenbrauen und musste Schmunzeln, als er den letzten Teil seines Satzes hinzufügte. "Ehrlich gesagt, hatte ich überlegt was die Sternenflotte für uns aus dem Ärmel zaubern wird."
Am Blick  seines Gegenübers erkannte Trip, dass Jon ihm seine Ausrede nicht abkaufte, doch er fragte nicht weiter nach. "Ich weiß es nicht. Aber rückblickend sollten wir auf alles gefasst sein und mit nichts rechnen." Seine Mundwinkel zogen sich verdächtig nach oben "Ich wäre aber erfreut, wenn du mir konstante Schwerkraft in den Lifts garantieren könntest." Archer stand auf und wandte sich zum Gehen. "Wir sehen uns später," sagte er und entfernte sich kaum mehr als einige Schritte, bevor er innehielt, zögerte und sich dennoch nicht umsah.
"Bis später," erwiderte Trip und beobachtete den älteren Mann, als er seinen Weg nach kaum mehr als einem kurzen Moment fortsetze. Der Südstaatler fragte sich, was Archer auf den Lippen gelegen hatte, aber unausgesprochen blieb.

Erst der Geruch von frischem Kaffee gab Tucker einen Grund seine Gedanken zu sammeln und sich wieder zum Tisch zu wenden. Mit einem dumpfen Geräusch wurde die Tasse vor ihm abgestellt. Trip legte seine Hände um das warme Porzellan. "Danke." Ein flüchtiges Lächeln begleitete seine Worte, das nur mit Mühe auf seinen Lippen verweilte, bis er den zweiten Gang des Frühstücks des Waffensoffiziers sah, dass aus einem Teller Crepe bestand.
"Frühstückt ihr in England jemals etwas normales?" Trip beugte sich zu Reed vor und gab sich keinerlei Mühe zu verbergen, dass er ihn aufziehen wollte. Umso mehr war er darauf bedacht zu vertuschen, welche Erinnerungen in ihm aufgewühlt wurden.
"Crossaints mit Marmelade oder auch Crepe sind ein typisch französisches Frühstück," verteidigte sich Malcolm in einem ruhigen Tonfall. "Immerhin hast du mir das letzte Mal untersagt in deiner Gegenwart jemals wieder Porridge und Speck zu bestellen."
"Das gehört auch nicht auf einen Tisch." schauderte Trip, dem sich bereits der Magen umdrehte, wenn er nur daran dachte.
Reed zuckte mit den Schultern. "Ihr Amerikaner wisst doch einfach nicht was gut ist." er blickte kurz auf und amüsierte sich über Trips Gesichtsausdruck.

Trip strich sich nervös durch sein blondes Haar und wandte den Blick auf einen wahllosen Punkt auf dem metallenen Fußboden. Er hörte wie Reed zu sprechen begann, doch bereits nach den ersten Worten erklang seine Stimme nur noch aus weiter Ferne.
Es gab keinen Grund, die Frühstückswahl von Malcolm zu kritisieren, doch es gab einen guten Grund weshalb Trip diese Auswahl seit Jahren mied. Wer auch immer behauptet hatte, dass die Zeit alle Wunden heile, war in Tuckers Augen ein Lügner gewesen. Es machte für ihn keinen Unterschied, ob er die Jahre zählte, denn der Schmerz, den seine Erkenntnis hinterlassen hatte, war so frisch wie in jenem Moment, als er erkannte, dass er sich verliebt hatte. Ohne eine Chance auf Erlösung, ohne Hoffnung.
Gefangen in den eigenen Gedanken, von denen er gehofft hatte ihnen entkommen zu sein, hatte er kaum eine andere Chance als sich den Erinnerungen zu ergeben, die sein Herz schmerzlich im Griff hielten.

Seit seinem Abschluss an der Akademie der Sternenflotte hatte Tucker keine weitere Nacht so erfolgreich durchzecht wie diese eine mit Jonathan. Sie hatten den späten Abend und die darauffolgende Nacht damit verbracht ihre Freundschaft, ihren gemeinsamen Traum von den Sternen und sich selber zu feiern. Er erinnerte sich, dass sie viel tranken, lachten und die anwesenden Frauen im Blick behielten, ohne auf eine von ihnen zuzugehen. Es war ihr Abend und nach einigen weiteren alkoholischen Getränken, überredete Trip seinen Freund mit ihm die Tanzfläche zu betreten. Natürlich wurden sie aus dem ganzen Raum angeschaut, doch es änderte nichts daran, dass sie Spaß hatten. Irgendwo dort zwischen dem Takt der Musik und den sich bewegenden Körpern um ihnen herum verließen ihn seine klaren Erinnerungen. Wann, oder gar wie sie beide zu Jonathan nach Hause gekommen waren, daran konnte sich Trip nicht mehr erinnern. Doch irgendwann stand er mit einem Kissen und einer Decke in den Händen vor der Couch des Älteren. Danach erinnerte sich Trip erst wieder daran, wie ihm das Bellen von Portus fürchterliche Kopfschmerzen bescherte, als er aufwachte.
Jon war ihm mindestens eine Kopfschmerztablette, wenn nicht sogar einen Kaffee voraus. Er stand in der an sein Wohnzimmer anschließenden Küche und bereitete Frühstück zu. Noch bevor er bemerkt hatte, dass Trip aufgewacht war, rief er seinen Hund zur Ruhe - doch der Beagle war erpicht darauf sein Herrchen darauf aufmerksam zu machen, dass Tucker schon längst nicht mehr schlief.

Zusammen mit den Crepe, den Crossaints und dem Kaffee hatte sich Jonathan zu ihm gesetzt und die beiden hatten sich mit einem Schmunzeln selber bemitleidet, wenn gleich sie selber an ihrer Situation Schuld waren. Archers Sitzgelegenheit bot gerade genügend Sitzfläche für zwei Personen, doch sie störten sich nicht an der Nähe, die sie mit dem jeweils anderen teilten - zumindest empfand es Trip so. Es hätte als ein Beispiel für das enge Band der Freundschaft gelten können, dass sie verband und Trip wünschte sich so manches Mal, dass es dabei geblieben wäre. Doch es war ein kurzer Moment, ein flüchtiger Blick und ein plötzlicher Schlag seines Herzens, die ihn die Wahrheit erkennen ließen. Die zufälligen Berührungen von Jonathan schlugen Funken auf seiner Haut und brannten sich von dort aus direkt in sein Herz. Er war verliebt, in seinen besten Freund, Jonathan Archer.

Tucker hatte erwartet und vergeblich gehofft, dass die Gefühle mit den Jahren schwächer werden würden, dass sie vergingen, wie so manche High School-Liebe in seiner Jugend. Doch er hatte feststellen müssen, dass es naiv war darauf zu bauen, dass verging, nach was sein Herz so sehnsüchtig verlangte. Jonathan zu lieben wurde etwas Essenzielles in Trips Leben und ehe er sich versah lag sein zerbrochenes Herz in den Händen seines heutigen Captains, in der Hoffnung, dass er es eines Tages wieder zusammensetzen würde.
Es stand außer Frage, seinem besten Freund und Vorgesetzten die Wahrheit zu sagen. Tucker hatte keine Angst vor Archers Urteil über seine sexuelle Orientierung. Jedoch war aus dem liebevollen Geheimnis über die Jahre hinweg eine Lüge geworden. Er belog Jon und sich selber über das Fundament ihrer innigen Freundschaft und er bangte darum, wie sich alles verändern würde, wenn Jon es erfuhr.

"Kommst du nach dem Dienst mit in den den Sportraum? Wir haben das Taekwando Training schon seit einer Ewigkeit unterbrochen." Trip unterbrach Malcolms Monolog, ohne zu wissen, wovon der dunkelhaarige Offizier gesprochen hatte.
"Ich erzähle dir von der defekten Tür zum taktischen Zentrum. Bist du dir sicher, dass du mir zugehört hast?" Reed lüpfte die Augenbrauen und schien dennoch leicht amüsiert zu sein, als er den Kopf schüttelte.
Trip schmunzelte, Träume waren es, die ihn dann und wann nachts wachhielten und seinem Herzen weismachen wollten, dass es Hoffnung gab. Der Ingenieur hatte gelernt damit umzugehen und sich abzulenken. Der Schmerz würde vergehen, wenn auch niemals ganz. "Nun, wenn wir das Training vertiefen, kannst du das nächste Mal dynamisch zur Tür sprinten und sie per Hand öffnen."
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