Beautifully Tragic
von WitchesOfOz
Kurzbeschreibung
Elphaba und Galinda diskutieren miteinander. Über den Sinn des Lesens, Sarkasmus und einiges andere, bis es Galinda zu viel wird und sie im Bad verschwindet. Dort allerdings gerät sie in eine äußerst missliche Lage, aus der nur Fräulein Elphaba sie befreien kann - mit fatalen Folgen... Gemeinsame Geschichte von FellowOzian und WickedWitchOfTheWest - Virtuelle Cookies für diejenigen, die erraten, wer welchen Absatz geschrieben hat :D
GeschichteDrama, Freundschaft / P16 / Gen
Elphaba Thropp
Fiyero Tigelaar/Tiggular
Glinda/Galinda Upland of the Upper Uplands
28.02.2013
19.11.2016
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28.02.2013
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Elphie, wo bist du?
Galinda hatte große Mühe, ihre fröhliche Fassade aufrecht zu halten, während die drei Mädchen sie mit Fragen schier durchlöcherten.
»Bitte«, rief sie schließlich mit erhobenen Händen aus, »wie soll ich denn je zu einer Antwort kommen, wenn Sie alle gleichzeitig auf mich einreden?«
Zögernd verstummten die hohen Stimmen ihrer Freundinnen und wurden durch erwartungsvolle, neugierige Blicke ersetzt. Galinda seufzte unterdrückt. Wie sollte sie ihnen erklären, weshalb sie plötzlich mit Elphaba Zettel schrieb und sich sogar an ihren Tisch setzte, wenn sie es ja selbst kaum wusste?
»Ich... nun, verstehen Sie, ich hatte unlängst gewisse Schwierigkeiten mit einer Hausarbeit in... Geschichte. Fräulein Pfannee, Sie wissen ja, wie gut Fräulein Elphaba in diesem langweiligen Fach ist...« Sie kicherte nervös. »Nun, jedenfalls konnte ich sie überreden, mir behilflich zu sein, und ich dachte, irgendwie muss ich mich ja erkenntlich zeigen, nicht wahr? Nicht zuletzt, damit ich diese Unterstützung auch weiterhin in Anspruch nehmen kann... Allerdings, ich hatte nicht den Eindruck, dass sie meine Dankbarkeit zu schätzen wusste.« Galinda schnaubte und schüttelte den Kopf, während von drei Seiten zustimmendes, mitleidiges Gemurmel kam. Einen Moment lang herrschte Schweigen, bis Galinda es nicht mehr aushielt.
»Oh«, rief sie und machte einen kleinen Satz, der mit einem erschrockenen Quietschen seitens Milla quittiert wurde. »Ich habe ganz vergessen... ich habe noch Fräulein Elphabas Notizen, die ich benötigt hatte!« Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss – sie war es nicht gewohnt, so viel zu, nun ja, zu lügen, wenn sie ehrlich war. Sie war froh, dass sie so sorgfältig Make-Up aufgetragen hatte, sicher würde man ihr Erröten unter dem Rouge nicht bemerken. »Ich muss sie sogleich finden«, behauptete Galinda hastig, »sonst kann ich ihre Hilfe weiterhin vergessen – sie wird sicherlich furchtbar wütend sein, wenn sie ihre Mitschriften nicht zurückbekommt!«
Milla, Shenshen und Pfannee blickten einander verwirrt an, als ihre Wortführerin davonstob.
»Wenn sie das öfter macht, wird Fräulein Galinda eines Tages ihren Absatz abbrechen«, prophezeite Fräulein Milla düster. Pfannee und Shenshen kicherten.
Galindas Gesicht war nunmehr eine Maske. Sie bedeckte die Schuld und die Zweifel, die sie nach wie vor plagten mit schamloser Heiterkeit und einem breiten Lächeln, das ihre Mundwinkel straffte, solange sie die Korridore der Universität hinab schwebte. Die Maske sollte andere bloß von ihrem Innern ablenken, sollte sie vor unangebrachten Fragen bewahren, die sie weder beantworten wollte, noch konnte. Sie litt unter der Enge ihres Gewissens, das sie tadelnd darauf hinwies, dass sie Elphaba gegenüber die Pflicht hatte, über die Vorkommnisse des gestrigen Abends kein Wort zu verlieren. Gleichzeitig fühlte sie sich grässlich wie lange nicht. Sie war zerrissen. Warum erst jetzt? Warum fühlte sie erst jetzt diese Schuld, diese Treuepflicht Elphaba gegenüber? Jetzt, wo sie ihre Schwächen kannte, jetzt, wo sie das Bewusstsein darüber erlangt hatte, dass Elphaba wohl das am unglücklichsten beschenkte – oder auch verfluchte – Geschöpf war, das der Namenlose Gott vermutlich je geschaffen hatte!
Zweifelnd befingerte Galinda die Messingschlüssel. Sie kaute auf ihrer Lippe, hielt aber sogleich inne, als sie an den des Morgens mühselig aufgetragenen Lippenstift dachte. Sie wackelte mit den Zehen, das die Spitzen ihre Schuhe sich kurz hoben und senkten und als sie aufblickte, schien sie das getäfelte Holz der Türe zu Elphabas und ihrer Stube röntgen zu wollen. Sie war ungewiss, ob Elphaba tatsächlich schon hinter dieser Türe fein säuberlich in ihre Decken gewickelt auf ihrem Bett lag und einen erholsamen Schlaf schlief. Galinda hob die Augenbrauen. Ungewiss? Nein, wenn sie genauer darüber nachsann, kam es ihr nach kurzer Zeit schon fast so vor, als wüsste sie ganz genau, dass Elphaba nicht in der Stube war. Immerhin war sie es gewesen, die sie dazu genötigt hatte. Sie war es gewesen, die ihr den Rat gegeben hatte, sich zur Ruhe zu legen und Rast zu halten. Elphaba hatte ihr vermutlich nicht einmal Gehör geschenkt. Sie hatte noch nie etwas, das Galinda gesagt hatte, als wertvoll genug empfunden, im Mindesten mit halbem Ohr zu lauschen, so hatte Galinda den Eindruck. Letztendlich schloss Galinda mit einem Seufzen die Tür zur Stube auf. Sie trat durch die Tür und ließ ihren Blick prüfend durch den nur spärlich durch die schweren, noch verschlossenen Gardinen hindurch beleuchteten Raum gleiten. Natürlich war sie nicht hier. Hatte sie es nicht gewusst?
Nur wenig später fand sie sich in den hohlen Gängen der Universität wieder. Ihre Schritte erschienen ihr in der Leere unerträglich laut. Niemand begegnete ihr, weshalb sie nach einer Weile beschloss, das dämliche Grinsen zu unterlassen. Die strebsamen Studenten waren gewiss in die Bibliothek gegangen, um zu lernen und all die anderen waren wohl ausgegangen, um das sonnige Wetter in den Gartenanlagen zu genießen. Statt zu lächeln, schlug Galinda also die Stirn in nachdenkliche Falten. Sie hatte sich strikt in den Kopf gesetzt, Elphaba zu finden und sie höchstpersönlich in die Stube zu bringen. Sie war so entsetzlich stur! Und sehr pflichtbewusst. Dabei ließ sie oft ihr eigenes Wohlbefinden vollkommen außer Acht. Wo konnte Galinda nach Auskunft fragen? Wer konnte wissen, wo Elphaba sich aufhielt? Galinda hielt inne. Sie blieb stehen und strich sich mit den Fingern über das lieblich runde Kinn. Ihre Schwester vielleicht? Fräulein Nessarose? Galinda holte tief Luft und nahm ihren Schritt wieder auf. Sie würde fragen. Was konnte eine einzige Frage sie schon kosten?
Dennoch, je länger sie darüber nachdachte, desto weniger Lust hatte sie, ihrem eigenen Gedanken auch Folge zu leisten. Ganz abgesehen davon, dass Fräulein Nessarose mit niemand anderem außer Madame Akaber zusammenleben musste... Galinda lief es kalt den Rücken herunter, wenn sie daran dachte. Eher wäre sie mit... mit Avaric zusammen in ein Zimmer gegangen. Oder mit diesem liebeskranken Munchkin, Biq. Aber zudem hatte Galinda kaum je ein Wort mit Fräulein Elphabas Schwester gewechselt, die Gelegenheit hatte sich einfach nie ergeben, und Galinda gestand sich ein, dass sie auch kaum gewusst hätte, was sie sagen sollte. Nessarose' offensichtliche körperliche Behinderung war für Galinda ungewohnt und daher einschüchternd, und wie um alles in Oz sollte man sich bloß verhalten, wenn das Mädchen völlig unerwartet den Kopf senkte, die Hände faltete und zum Namenlosen Gott betete? Es wirkte... verstörend, verunsichernd... Doch Galinda schüttelte über sich selbst den Kopf. Wen sonst sollte sie nach ihrer Stubenkameradin fragen?
Wenige Minuten später hob sie zaghaft die Hand und schlug ihre Knöchel ein paarmal gegen die dunkle Tür. Dabei betete sie selbst, dass Madame Akaber nicht da sein möge, und wie es schien, wurden ihre Gebete erhört. Nessas Stimme war es, die mit einem leisen »Herein« antwortete, und als sie eintrat, saß das Mädchen dankenswerterweise alleine in ihrem Zimmer und schrieb irgendetwas auf ein Papier.
»Guten Tag, Fräulein Nessarose«, grüßte Galinda zaghaft und wartete, bis sie sich umgedreht hatte. Nessa lächelte freundlich.
»Guten Tag, Fräulein Galinda.« Ihre Stimme strahlte eine zurückhaltende Herzlichkeit aus, doch Galinda hatte den Eindruck, als wäre sie nicht so gut gelaunt, wie sie sich den Anschein gab. Sie schwieg jedoch dazu, und nach ein paar nichtssagenden Höflichkeitsfloskeln betreffend der Kleider und der Gesundheit der beiden, lenkte sie das Gespräch auf Elphaba, da es ihr momentan definitiv an der Geduld für inhaltslose Unterhaltungen mangelte.
»Oh, Fräulein Nessarose«, strahlte sie und sprang plötzlich von dem Stuhl auf, auf dem sie gesessen hatte. »Mir fällt gerade ein, ich muss dringend Ihre Schwester sprechen, wegen der Notizen für... Geschichte, meine sind zugegebenermaßen etwas unvollständig, fürchte ich. Wissen Sie vielleicht, wo sie sich gerade aufhalten könnte? War sie vielleicht bereits schon einmal bei Ihnen...? Mir ist, als hätte sie etwas Dahingehendes erwähnt...«, fügte sie noch hinzu, als ihr Elphabas frühere Worte in den Sinn kamen. Ehe sie jedoch weiter überlegen konnte, verdüsterten sich Fräulein Nessarose' zierliche Züge merklich.
»Oh, allerdings, meine Schwester war heute bei mir«, sagte sie mit fest zusammengepressten Lippen. Galinda schien es, als wäre ihr Gesicht mit einem Mal viel härter und kälter. Es wollte nicht recht in ihr Bild des sanften Mädchens passen.
»Wo sie jetzt ist, kann ich Ihnen jedoch nicht sagen«, fuhr Nessarose mit kühler Stimme fort, »und es ist mir auch gleich. Sie hätte gar nicht kommen brauchen, und egal, wo sie ist, ich bin froh, dass es nicht hier ist!«
Galinda blickte sie irritiert an, und nach einer Weile senkte sie leicht den Kopf. »Entschuldigen Sie, Fräulein Galinda«, murmelte sie leise. »Es war nicht meine Absicht, Sie zu verwirren, und diese Information hatte natürlich keinerlei Relevanz für Sie. Bitte vergessen Sie meinen kleinen Ausbruch... jedenfalls, ich weiß leider nicht, wohin Fräulein Elphaba verschwunden ist.« Sie drehte mit geübten Bewegungen ihren Rollstuhl wieder an ihren Tisch zurück und murmelte etwas von »einen Brief beenden«, woraufhin Galinda klar wurde, dass sie entlassen war. Fast schon etwas beleidigt verließ sie Madame Akabers Räumlichkeiten wieder, doch es war es ihr nicht wert, deswegen ernsthaft gekränkt zu ein. In Gedanken war sie schon dabei, Elphaba woanders zu suchen. Während sie über das Gelände von Shiz lief und nachdenklich die Brauen zusammenzog, lief sie plötzlich gegen ein Hindernis, von dem sie wusste, dass es normalerweise nicht mitten auf dem Weg stand. Sie taumelte ein paar Schritte zurück, fing sich aber wieder, bevor sie fallen konnte.
»Oh, verzeihen Sie, Fräulein Galinda!«, klang eine samtene Stimme vor ihr, und als sie den Blick hob, sah sie Junker Fiyero, der offenbar das Hindernis gewesen war und nun mit erschrockenem Ausdruck in den Augen vor ihr stand. »Mir scheint, ich sollte mehr darauf achten, wo ich hinlaufe... habe ich Ihnen wehgetan?«
Galinda schüttelte den Kopf, hin- und hergerissen. Auf der einen Seite war sie auf der Suche nach Elphaba... auf der anderen Seite, hier war Junker Fiyero, endlich einmal allein. Niemand sonst war zu sehen. Musste sie die Gelegenheit nicht nutzen?
»Wo wollten Sie denn so eilig hin?«, fragte der Prinz, ehe sie sich noch entscheiden konnte. In ihrer Überraschung fiel Galinda nichts ein.
»Ich bin auf der Suche nach Fräulein Elphaba«, erwiderte sie ehrlich und verkniff sich ein Seufzen. Fiyero runzelte die Stirn.
»Sie wissen nicht, wo sie ist?«, fragte er. Galinda schüttelte den Kopf.
»Nein, Sie etwa?«
»Nicht wirklich. Eigentlich sollte sie im Krankenflügel sein... aber dort war ich soeben, und man sagte mir, dass man sie nicht gesehen habe. Ich hatte eigentlich gehofft, Sie wüssten vielleicht Bescheid...«
Galinda sah ihm verwirrt in die geheimnisvollen Augen und vergaß einen Moment lang, worum es ging. »K-Krankenflügel?«, stotterte sie schließlich. Fiyero nickte, den Blick irgendwie durch sie hindurch gerichtet.
»Ja... ich – ich hatte Madame Akaber informiert, da es ihr heute Mittag so schlecht zu gehen schien... Madame Akaber meinte, sie würde Elphaba gleich aus dem Unterricht holen. Das müssten Sie doch mitbekommen haben? Oder hat sie es nicht gemacht?«
»Doch, schon...« Galinda legte den Kopf schief. »Aber ich wusste nicht, worum es da ging. Aber ich war gerade bei ihrer Schwester – Fräulein Nessarose. Sie hat dort anscheinend vorbeigeschaut, sie haben sich gestritten, glaube ich... wo kann sie dann jetzt sein?«
Galinda kam nicht umhin zu bemerken, wie niedlich Fiyero aussah, wenn er nachdachte. Nur war ihr schmerzlich bewusst, dass nicht sie das Objekt seiner Überlegungen war... Nun, das hatte sie sich selbst zuzuschreiben, sagte sie sich streng. »Nun ja«, drang seine Stimme schließlich an ihre Ohren, »entweder wird sie wohl in Ihrem gemeinsamen Zimmer sein, denke ich... oder... in der Bibliothek?«
Galinda riss die Augen auf. Die Bibliothek war auf der anderen Seite des Geländes, und sie verspürte weder Lust, dort hin zu laufen, noch dieses Gebäude tatsächlich zu betreten. »Sie haben Recht... zwar war sie vorhin noch nicht im Schlafsaal, aber nach dem Besuch bei Fräulein Nessarose kann sie durchaus dorthin zurückgekehrt sein. Ich denke, ich werde dort als erstes nachsehen.«
Während sie sich wieder in Bewegung setzte, merkte sie, wie er ihr folgte.