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Names, carved in stone (Defense Devil)

von Miss Kuri
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Drama / P16 / Gen
31.01.2013
14.02.2014
13
18.850
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31.01.2013 1.363
 
Die nächsten Tage bis zur Wochenendpause vergingen relativ schnell und mit jedem Tag mehr schwand auch die Anzahl derer, die am Wettkampf teilnahmen, bis nur noch sechs von den ursprünglichen 14 übrig waren, darunter Havo, Shimon und auch Bichura. In der kommenden Woche würden sie jeweils parallel antreten und die Stärke und Anzahl der Monster würde jedem Kämpfer so angepasst werden, dass sie nur noch knapp oder mit viel Geschick gewinnen konnten und wieder jeweils einer starb. Aus dem Grund wollte jeder gut gerüstet sein, damit er als letzter übrig blieb. Um die Niederlage und damit auch den Tod bewusst wurden sie sich, als Reiqua gegen seinen Gegner unterlag und schließlich auf dem Schlachtfeld sein Leben lassen musste. Alle übrigen waren über diese Nachricht bestürzt gewesen, denn er war immer stets derjenige, der die Stimmung der anderen mit aus der Luft gegriffenen Fragen und Anmerkungen aufgehellt hatte. Neben Bichura lag somit niemand mehr und es hatte ihn gewundert, warum zwei Dämonen mit Hammer und Meißel gekommen und in die Zelle des Verlierers gegangen waren. Havo hatte schließlich beim Abendessen erklärt: „Das machen die, um die Nischen zu räumen und den Namen des Getöteten in einen der Wandsteine zu meißeln. Habt ihr euch denn nicht gewundert, warum auf den Steinen Buchstaben stehen, wenn man genauer hinsieht? Wenn einer von uns abkratzt, kommt dessen Name als Erinnerung an die Wand.“
Das machte die Situation umso bedrückender, denn jeder stellte sich mindestens einmal vor, wie sein Name auf einem der Mauersteine aussehen würde. Aber das spornte auch die restlichen an, stärker zu werden, damit gerade ihr Name nicht eingemeißelt wird. Aus dem Grund verschwanden auch Shimon und Havo in der freien Zeit am Wochenende, nämlich um auf dem zuschauerfreien Platz zu trainieren und neue Techniken auszuprobieren, wie auch die anderen.
Nur Bichura war meist derjenige, der in seiner Nische zurückblieb, denn er wusste nicht, warum er noch trainieren sollte. Sein Training war vor Jahren abgeschlossen gewesen, als er in das Kriegertum seines Volkes eingetreten war und er hatte seine Kraft seitdem beibehalten.
Ich frage mich, wodurch die anderen ihre Kampferfahrung erlangt haben.
Er hatte immerhin rausbekommen, dass das Dämonenpärchen eigentlich ein Räuberpaar war, das hinter Dark Matter hinterher ist, um es dann teuer weiterzuverkaufen. Havo hatte in der letzten Zeit zu viel geplaudert, da er keinen Sinn in Privatsphäre unter Todgeweihten sah und auch seine Meinungsverschiedenheiten mit dem Drachendämon hatten sich vermindert. Womöglich hatte er eingesehen, dass es nichts brachte, sich andauernd zu zanken, wo das Leben jedes Einzelnen beim Kämpfen an einem seidenen Faden hing.
Als es Bichura die Zeit zu lang wurde und es nicht abzusehen war, dass die anderen zurückkehrten, stand er von seinem Bett auf und ging dichter an die Mauer, um die Namen derer zu lesen, die bei Wettkämpfen ums Leben gekommen waren. Beim Anlehnen an die Wand erschienen die Buchstaben auch erst, wenn man mit den Augen nur wenige Zentimeter entfernt war. Einige waren sogar schon überschrieben, aber das wunderte ihn nicht. Die Wettkämpfe hier fanden seit Anbeginn der Herrschaft jedes Jahr statt und würden auch immer wieder stattfinden als Highlight in der gesamten Dämonenwelt.
Als die anderen von ihrem Training wieder kamen, war der Drache damit beschäftigt, am Gitter an der Decke seiner Nische Klimmzüge zu machen. Das tat er mittlerweile jeden Tag, wenn es ihm zu langweilig wurde.
„Hey, Bichura. Warum trainierst du draußen nicht? Heute ist keiner weiter da“, kam es von Havo, als er zusammen mit Shimon wieder in das Lager einkehrte. Der Drachendämon blieb in seiner Aufwärtsbewegung hängen und sah zu den beiden, ehe er losließ und wieder mit den Füßen auf dem Boden landete.
„Mit wem soll ich denn schon trainieren“, antwortete er und legte sich wieder bequem auf sein Bett. „Ihr seid schließlich schon fertig für heute.“
„Du versauerst noch in deiner Nische“, kam es von der Dämonin. „Morgen ist auch noch frei, da kommst du mit uns und wir zeigen dir unsere neuen Techniken.“
Eigentlich lag Shimon mit der Feststellung gar nicht mal so falsch. Immerhin konnte er sich mit so einem Übungskampf die Zeit vertreiben.
„Meinetwegen.“
Die kampffreien Tage sollten auch dafür genutzt werden, sich noch einmal der bereits Toten zu entsinnen und dafür zu beten, dass sie in Frieden und mit Stolz ruhen konnten. Deshalb wurde das Abendessen schon wesentlich früher aufgetischt und danach wurde nur noch eine Kerze in der Mitte des Tisches angezündet, um überhaupt eine Lichtquelle im Dunkel zu haben. Mit geschlossenen Augen saßen die übrigen Sieben am Tisch und gedachten der Toten, um zu sehen, wie kostbar doch das Leben war. Trauer wurde nicht toleriert, aber dafür wurde mit einem wichtigen Grundsatz ganz am Anfang gesorgt, denn keiner von den Teilnehmern sollte sich mit einem anderen so weit anfreunden, dass solche starken Gefühle entstünden.
Bichura dachte nicht nur an die Toten des Wettkampfs, sondern vielmehr auch an die Toten seines Dorfes. Früher hatte er daran keinen Gedanken verschwendet, denn der Hass auf die Königsfamilie hatte lichterloh in ihm gebrannt. An dem Tag war er in der Lage, die Namen derer, die er kannte, im Geiste aufzusagen und ihnen Ruhe zu wünschen. Als er damit geendet hatte, sah er zu dem Pärchen herüber, welches gedankenversunken zusammen saß.
„Bereut ihr es eigentlich, hierdran teilgenommen zu haben?“, fragte der Drache unvermittelt und sah sie über die Kerzenflamme hinaus an. „Im schlimmsten Fall stirbt einer von euch und dann steht ihr da, sollte nur einer gewinnen – ohne den anderen.“
„Weißt du“, meldete sich Shimon zu Wort. „Bei uns heißt es eigentlich, dass der Tod nichts schlimmes ist, denn der Verstorbene schwebt als Geistdämon über dem noch Lebenden und wacht über ihn. Ich muss jedoch zugeben, dass ich Angst habe, Havo zu verlieren. Ich wüsste nicht, was ich dann noch mit dem vielen Geld anfangen sollte.“
„Genau so geht es mir. Was nützt es, den Gewinn einzuheimsen, wenn das Kostbarste nicht mehr bei dir ist? Trotz des Wissens, dass er andere dennoch immer bei dir ist, wenn auch in einer anderen Form.“
„Und ihr wisst auch genau, dass, selbst wenn ich unterliege, nur einer von euch am Ende am Leben sein wird“, entgegnete Bichura daraufhin ernst und beide nickten stumm.
„Was mich betrifft... Ich werde so gut kämpfen wie ich kann und sollte ich tatsächlich gewinnen, dann werde ich mein altes Dorf wieder aufbauen.“
Am Tisch machten nun alle große Augen und einer neben Bichura fragte: „Ganz alleine? Dein Volk ist bis auf dich ausgestorben, warum also die Mühe?“
Eine dumme Frage, denn der Drachendämon knurrte und funkelte den Fragensteller zornig an. „Warum?! Weil ich es meinem Volk schuldig bin, dafür, dass ich überhaupt lebe und nicht mit ihnen im Jenseits bin!“
„Dann könntest du dich auch einfach hier umbringen lassen, dann wärst du bei ihnen. Aber das willst du auch nicht.“
Seufzend und sauer auf sich, weil er einfach einen, der er nicht wirklich kannte, angegangen war, senkte er den Kopf.
„Nein, weil sich bisher auch niemand weiter darum kümmern konnte, Gräber für jeden einzelnen anzulegen. Und das ist meine mindeste Pflicht ihnen gegenüber als letzter Überlebender.“
Schweigen erfüllte nun wieder die Runde und für Minuten hörte man nichts weiter als Schmatzen, bis sich einer, der mit Reiqua viel geredet hatte, die Stille durchbrach.
„Schade, dass Reiqua tot ist. Er wollte doch so gern der nächste Brannen Couper werden.“
Alle am Tisch stutzen.
„Ach, wollte er?“, fragte Havo dann nach und pulte mit einem Messer in den Zahnzwischenräumen.
„Ja. Er vergötterte ihn und soll ihn sogar schon einmal getroffen haben.“
„Brannen wer?“, fragte Bichura schließlich nach.
„Brannen Couper. Der stärkste Teilnehmer, der jemals im Massaker-Kolosseum gekämpft hat. Bis zu seinem Rücktritt war er ungeschlagen. Weißt du das nicht?“
Der Drachendämon schüttelte den Kopf. „Nie von gehört. Wann ist er zurückgetreten?“
Shimon hakte nun ein. „Vor einem Jahr erst. Er hatte genug von diesen sinnlosen Kämpfen und fühlte sich für etwas höheres berufen.“
Ein so starker Kämpfer, der das Kämpfen verabscheut? Bichura beschlich das Gefühl, dass da im Hintergrund ganz andere Machenschaften im Gange waren. Vielleicht war es demjenigen auch einfach nach einer Weile zuwider, das Komitee zu bestechen, damit er immer gewann...
„Leider werden wir wohl nicht mehr sehen, wer der stärkste Kämpfer in diesem Jahr sein wird.“
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