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Nur das Ergebnis zählt

von - Leela -
Kurzbeschreibung
KurzgeschichteAllgemein / P12 / Gen
Kowalski Skipper
25.01.2013
25.01.2013
1
3.101
 
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25.01.2013 3.101
 
Diese Geschichte gehört zu dem Projekt »Am Anfang war der Satz«.



Die Erkenntnis dieses Jahr war wohl eindeutig, daß Schnee naß ist. Naß und verdammt kalt. Okay, ich gebe zu, diese Erkenntnis mutet für einen Pinguin ein wenig… seltsam an. Aber ich empfand es so, als ich zusammen mit Skipper die vereisten Wege des Pinguin-Reservats entlangging und die Flossen enger um den Körper schlang.
      Ich warf einen kurzen Seitenblick auf meinen Gefährten. Skipper sah stur geradeaus. Er ließ es sich nicht anmerken, aber ich war mir sicher, daß er auch gegen die eisige Kälte kämpfte.
      „Findest du eigentlich auch, daß es einen beeinflußt, jahrelang aus der Antarktis fortzusein?“ fragte ich, nur um ein Gespräch in Gang zu bringen.
      „Nö!“ meinte Skipper emotionslos.
      Hatte ich da ein Zittern aus seiner Stimme gehört? Fiel die Antwort deswegen so knapp aus, damit ich es nicht bemerkte? „Wo gehen wir denn überhaupt hin?“ fragte ich.
      Skipper sah sich schnell um, als wolle er sichergehen, daß niemand lauschte. Dann lehnte er sich etwas zu mir herüber, und nun konnte ich genau spüren, daß er auch ein wenig zitterte. Er vertuschte es gut, aber es war nicht zu leugnen. „Wir müssen zum Reservatsbüro! Ich habe beunruhigende Informationen erhalten. Unser Leben könnte davon abhängen!“
      „Okay… Und wonach suchen wir genau?“ fragte ich weiter. Ich haßte es, wenn er mich im unklaren ließ. Manchmal hatte ich den Eindruck, daß er sich auf diese Weise hervorheben wollte, um seine Unsicherheit zu verbergen, da er mir an Intelligenz nicht das Wasser reichen konnte. Aber wer konnte das schon? Ich jedenfalls hatte es nicht nötig, mich vor den anderen aufzuspielen – genausowenig wie er.
      Zu meiner Überraschung antwortete er. Das zeigte mir, daß er wirklich beunruhigt war. „Soweit ich weiß, gibt es Pläne über die Erweiterung des Reservats!“
      „Gut, aber das ist nicht wirklich schlimm, oder?“ hakte ich vorsichtig nach.
      „Nicht, solange in den neuen Teil des Reservats nicht die Seeleoparden kommen, über deren Ankündigung gemunkelt wird!“
      Ich zuckte zusammen und versteifte mich sofort. Seeleoparden! In einem Reservat mit Pinguinen! Das konnte nur ein Witz sein! Mit den Schneewölfen hatten wir uns mittlerweile gut angefreundet. Die Seeleoparden aber machten mir Angst, obwohl sie noch gar nicht eingetroffen waren. ‚Und vielleicht nie eintreffen werden’, dachte ich bei mir, denn wenn ich Skipper richtig verstanden hatte, war es erst mal nichts weiter als ein Gerücht.
      Einen Augenblick gingen wir schweigend weiter. Ein Gedanke ließ mich allerdings nicht ganz los. „Warum haben wir nicht Manfredi oder Rico mitgenommen? Oder Johnson?“
      „Ganz einfach: Je weniger von dieser Aktion wissen, desto größer sind die Erfolgschancen!“ erklärte Skipper mir.
      „Ja gut“, erwiderte ich. „Aber warum dann ich?“ Ich konnte mir diese Frage nicht verkneifen. Skipper hatte von Anfang an nicht viel für mich übrig gehabt, warum sollte er ausgerechnet mich jetzt auf eine Mission mitnehmen?
      Skipper ließ sich ein Lächeln vernehmen, das ein merkwürdiges Gefühl in mir auslöste. „Warum nicht? Du bist am entbehrlichsten!“
      Ich schnappte geschockt nach Luft, als ich seine Worte verinnerlichte. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, hab ich recht?“ erwiderte ich dünn.
      „Jetzt mach’ dir mal nicht in’s Gefieder!“ war die saloppe Antwort. Mehr konnte ich wohl nicht erwarten. Ich beschloß, nicht weiter über diese merkwürdige Bemerkung nachzudenken.
      Wir waren nun nahe des Reservatsbüros angekommen. Das kleine Holzhaus bestand gerade mal aus einem einzigen Raum, dem sich ein Anbau auf der Rückseite anschloß. Auf der uns zugewandten Seite war Holz gestapelt. Der kleine Bau bot gerade mal das nötigste, was man für einen längeren Aufenthalt brauchte. Für jeglichen größeren Komfort mußte man allerdings zurück in’s Haupthaus.
      Zu unserem Entsetzen sahen wir, daß in dem kleinen Raum Licht brannte.
      „Verfaulter Fisch!“ schimpfte Skipper. „Wer kommt denn zu so einer Zeit noch hierher?“
      „Naja, wir zum Beispiel“, versuchte ich, die Situation aufzulockern, doch der Witz kam nicht gut an, und so räusperte ich mich schnell und schwieg.
      Skipper gab mir ein Flossenzeichen, und inzwischen konnte ich gut deuten, was er in solchen Momenten von mir wollte. Ohne ein Wort zu wechseln rutschten wir zu der uns zugewandten Hausseite herüber.
      Wir verschanzten uns beim Fenster auf dem Holzstapel und spähten in den großen Raum. Dabei hatte ich die bessere Position, denn Skipper stand ein Stück unter mir und lehnte sich nach einem kurzen Blick in den Raum an die Wand unter dem Fenster. So übernahm ich automatisch den Spähdienst. Ich konnte einen Mann erkennen, der auf dem Sofa saß und eine Tasse mit einem dampfenden Getränk in der Hand hielt. Eine weitere Person, eine Frau, schien durch den Raum zu laufen. Die beiden unterhielten sich. Wir konnten Bruchstücke des Gespräches auffangen. Offenbar ein belangloses, privates Gespräch.
      Ich sah Skipper fragend an.
      „Das ist die Reservatsleiterin“, erklärte er mir leise. „Den Mann kenne ich nicht! Was zur Fischhölle tun die hier?“
      „Sieht so aus, als würden sie hier einen netten Abend verbringen“, seufzte ich. „Brechen wir die Mission ab?“
      Skipper schüttelte energisch den Kopf. „Negativ! Sie können nicht ewig hierbleiben!“
      Als ich durch das Fenster die Szene beobachtete, war ich mir da nicht so sicher. Die Frau füllte sich gerade etwas in eine Tasse. „Ich war elf, als Oma bei uns einzog“, erzählte sie gerade ihrem Begleiter in besinnlicher Ruhe. Das klang mehr nach dem Beginn einer Erzählung, als nach dem Ende. Es wirkte nicht gerade, als würde in der nächsten Zeit Aufbruchstimmung aufkommen.
      Ich warf einen Seitenblick zu Skipper. Jetzt war es deutlich zu sehen, wie er zitterte. Trotz daß eine Überdachung das Holz vor dem gröbsten Schnee schützte, konnten wir uns nicht gegen die bittere Kälte wehren, die hier draußen herrschte.
      Wieder sah ich in den Raum. Dort gab es einen Ofen. Hoffentlich hielten sich die Menschen nicht mehr allzu lange hier auf. Ich lauschte weiter, um keinen Hinweis zu verpassen, der wichtig sein könnte für unser Vorhaben. Doch alles, was an meine Ohrlöcher drang war eine langweilige Unterhaltung der beiden. Er erkundigte sich gerade, warum die Oma bei ihr eingezogen war, und sie erklärte, daß es um ihre Schwester ging. „Irgend jemand mußte ständig ein Auge auf sie haben!“ sagte sie und setzte sich mit einer weiteren dampfenden Tasse in den Sessel rechts vom Tisch. Die Stimme der Frau hatte einen Klang, so als würde sie ihrem Begleiter eine tragische Geschichte erzählen. Na super! Das konnte ja noch einen Moment dauern!
      Ich hatte sie jetzt direkt im Blickfeld, und konnte nur neidisch werden, in Anbetracht des Ofens und der heißen Tasse.
      „Kowalski, Bericht!“ stöhnte Skipper.
      Durch die Ablenkung bekam ich nicht mit, was der Mann gerade sagte. Aber die Frau erwiderte gerade: „Ich weiß nicht woher, aber Oma hat es gewußt. Sie hat als einzige die Gefahr wahrgenommen, aber nie große Worte darüber verloren. Sie fand, daß es sehr absurd klang, wenn man es so dahinsagte, aber Katharina hatte eine nicht zu bändigende Freude an brennenden Kuscheltieren.
      Mir schauderte es kurz. „Nichts hilfreiches“, gab ich dann an Skipper weiter.
      „So lange können wir nicht mehr warten!“ preßte Skipper hervor.
      Wir sprangen gemeinsam von dem Holzstapel. Skipper war etwas vor mir und sah sich bereits um. Als ich ihm folgte, stieß ich unglücklich gegen den Haufen aus Holzscheiten. Ich hätte nie gedacht, daß es so schnell gehen kann, wenn sich ein Holzpflock löst, und das ganze Gebilde in sich zusammenfällt wie ein Kartenhaus, nur daß das Holz bei weitem gefährlicher war! Von einem ohrenbetäubenden Getöse begleitet rauschte das Holz auseinander, und nach einem schreckensgeweiteten Blick beeilten Skipper und ich uns, aus der Gefahrenzone zu entkommen.
      Es gelang uns knapp, uns hinter dem Anbau zu verbergen.
      Die Aktion war den Menschen natürlich nicht verborgen geblieben. Sie stürmten aus dem Haus, um sich nach der Ursache des Radaus umzusehen.
      „Oh, gütiger Gott! Wie ist das denn passiert?“ rief die Frau aus.
      Der Mann sah sich schnell um. „Entweder durch ein Tier, oder einer der Holzpflöcke hat sich gelöst! Komm’, wir müssen das Holz neu aufstapeln!“
      Skipper maß mich mit einem vernichtenden Blick. „Kowalski, als ich sagte, wir müssen unbemerkt in das Büro, wenn keiner da ist, meinte ich nicht, daß wir es auf diese Art machen sollen!“
      Er glaubte jetzt nicht wirklich, ich hätte das mit Absicht getan, oder…? Doch soweit, diese Frage zu stellen kam ich nicht, denn wir mußten jetzt sehr aufmerksam sein, damit wir nicht doch noch entdeckt wurden. Die Holzscheite hatten sich über den ganzen Platz verteilt, und ein paar Mal kam uns die Frau gefährlich nahe. Ruhig ein- und ausatmend preßten wir uns an die Wand des Anbaus. Eigentlich war das alles anders geplant. In dem Moment kam mir eine Idee. Wenn die beiden Menschen gerade nach dem Holz sahen und es wieder zusammensammelten, dann war der Weg auf der anderen Seite des Hauses frei, dort, wo auch die Eingangstür war! Vielleicht hatten wir Zeit genug, uns reinzuschleichen, nach den Informationen zu suchen, die wir brauchten, und dann unbemerkt wieder zu verschwinden!
      Ich warf Skipper einen Seitenblick zu. Je weniger Aufsehen wir erregten, desto besser war es, und so entschloß ich mich, allein zu gehen; und es kam auch nicht in Frage, noch mehr Zeit zu vergeuden. „Ich geh’ rein!“ sagte ich nur knapp und schoß um die andere Ecke davon, ohne Skipper Gelegenheit zu einem Einwand zu geben. Wenn ich es schaffte, an die Informationen zu kommen, vielleicht, ja, ganz vielleicht schaffte ich es dann, Skippers Respekt zu erringen!
      Ich sah mich aufmerksam um, und konnte die Stimmen auf der anderen Seite hören, so wähnte ich mich in Sicherheit. Schnell sprang ich zu der Türklinke hoch, so wie ich es von Skipper gelernt hatte und stieß die Tür auf. Das Unterfangen war leider nicht so leise, wie ich es gedacht hatte, und einen Augenblick hielt ich den Atem an in der Befürchtung, gehört worden zu sein. Ich sprang auf den kleinen Schrank neben der Tür und drückte die Tür sachte in’s Schloß, bevor ich mich unter dem selben Schrank versteckte.
      Wie weise ich gehandelt hatte, merkte ich, als ich Stimmen von draußen hörte. Natürlich war auch diese Aktion nicht unbemerkt geblieben, und kurz darauf ging die Tür auf, und ich sah die Schneestiefel der Frau in den Raum gehen. „Ich hätte schwören können…“
      Ich zitterte am ganzen Leib. Ich saß in der Falle, Skipper war von mir abgeschnitten, und nun konnte ich nur hoffen, daß ich mich durch nichts verriet. Vor allem nicht, durch mein Zittern!
      Die beiden Menschen sahen sich im Raum um, wurden aber nicht auf mich aufmerksam.
      „Laß gut sein! Der Wind wird gegen die Tür gedrückt haben. Bestimmt hat es sich nur gewaltiger angehört, als es war!“ meinte der Mann. „Komm’, wir müssen das Holz zu Ende aufstapeln. Es ist nicht gut, wenn es so lange in dem Schnee herumliegt!“
      Ich atmete auf, als sich die Tür hinter den beiden schloß. Dann rutschte ich blitzschnell durch den Raum zu dem Schreibtisch, in dem wir die Unterlagen wähnten. So schnell es ging durchsuchte ich den Inhalt der Schubladen, und nach einiger Zeit fand ich, wonach wir suchten: Die Pläne für die Reservatserweiterung. Ich unterdrückte einen Jubelschrei und steckte mir die Papiere unter das Gefieder. Schnell schaute ich aus dem Fenster. Mir blieb nicht mehr viel Zeit! So schnell es ging, diesmal aber darauf bedacht, so wenige Geräusche wie möglich zu machen, verließ ich das Büro wieder.
      In dem Moment kam die Frau um die Hausecke.
      Ich sah mich schnell um, während ich versuchte, mein panisches Keuchen unter Kontrolle zu halten. Skipper konnte ich nirgendwo entdecken, und der einzige Weg, der mich aus dem Blickfeld der Frau brachte, war der zurück hinter den Anbau, doch so viel Zeit blieb mir nicht mehr!
      Ich sammelte in Gedanken alles zusammen, was ich im Training von den anderen gelernt hatte, nahm meinen Mut zusammen, dann nahm ich Anlauf, sprang auf halber Höhe gegen den Türrahmen auf das Fensterbrett, stieß mich ab und nutzte den Schwung, um mich auf’s Dach zu schleudern.
      Ich versuchte, die Lawine zu ignorieren, die ich dabei losgetreten hatte, und die garantiert wieder die Aufmerksamkeit der Menschen erregen würde. Du meine Güte! Ich war noch lange alles andere als ein Profi! Das würde Skipper sicher gar nicht gefallen!
      Ich konnte hören, wie die beiden Menschen bei der Tür stehengeblieben waren.
      „Das ist merkwürdig…“ hörte ich die Frau sagen, und während ich vor Kälte und Angst zitterte, versuchte ich, den Kloß runterzuschlucken, der sich in meinem Hals gebildet hatte. Ich spürte, wie ich auf dem Dach in’s Rutschen kam. Das hatte mir gerade noch gefehlt! Wahrscheinlich würde ich direkt in den Armen der Frau landen, mit den Plänen für den neuen Reservatsabschnitt in den Flossen!
      In dem Moment hörte ich aber die männliche Stimme belustigt sagen: „Du hörst ja schon Gespenster! Sammy, wenn der Schnee auf dem Dach zu schwer wird, dann rutscht da schon mal was runter! – Komm’ wieder mit rein, unser Tee wird kalt!“
      Ich hörte keine Antwort, aber die Frau schien sich darauf einzulassen, denn ich konnte jemanden die Tür öffnen hören, und Schritte, die sich nach drinnen begaben, bevor die Tür wieder in’s Schloß fiel. Das war der Moment, in dem ich mich auch nicht mehr halten konnte, und vom Dach herunterrutschte. Ich versuchte noch, einen Halt zu kriegen, wußte aber schon insgeheim, daß ich mir gleich alle Knochen brechen würde…
      Wie durch ein Wunder gelang es mir, nicht zu schreien, während ich fiel, doch ich spannte mich an und kniff die Augen zusammen, um mich auf den Aufprall vorzubereiten.
      Doch bevor ich auf dem Boden aufkommen konnte, wurde ich plötzlich abgefangen. Ich wußte gar nicht wie mir geschah, als ich spürte, wie Skipper mit mir ein Stück weit schlitterte und mich um die Ecke des Anbaus zerrte.
      Skipper hielt mich fest, und plötzlich sah ich in die eisblauen Augen meines Anführers, die mich ohne jedes Lächeln durchbohrten. Ich hielt den Atem an und erwartete eine heftige Reaktion. Vorsichtshalber biß ich den Schnabel zusammen und schloß die Augen.
      Er schüttelte mich unangenehm am Kragen, doch als er sprach erschauderte ich nicht wegen der Standpauke, sondern wegen etwas anderem. „Kowalski! Mach - so etwas - nie - wieder! Verstanden?“ War das wirklich Sorge, die ich durch seine Stimme klingen hörte?
      „Nein“, antwortete ich. „Werd' ich nicht.“ Es klang wie automatisiert, doch es war das einzige, was ich in dem Moment hervorbringen konnte.
      Skipper ließ mich unsanft los und klopfte sich den Schnee vom Gefieder. Eine Weile beachtete er mich gar nicht mehr.
      Dafür musterte ich ihn verstohlen. Wenn ich nur wüßte, was in ihm vorging… Noch nie hatte ich erlebt, daß Skipper mir gegenüber Sorge äußerte, in welcher Form auch immer. „Skipper?“ fragte ich leise. „Alles… in Ordnung?“
      Skipper schwieg einen Moment, und im nächsten Moment glaubte ich, mich versehen zu haben. Schimmerten da Tränen in seinen Augen? Doch so schnell, wie der Eindruck entstanden war, war er auch schon wieder fort. Dann seufzte er schwer. „Zu viele Pinguine sind schon aus Leichtsinn um’s Leben gekommen! Und ich habe mir geschworen, daß so etwas nie… unter meiner Führung passiert!“
      Ich hielt unwillkürlich den Atem an. Diese kleine Pause, die er gemacht hatte… Gehörte da etwa ein »wieder« in den Satz…?
      Er mußte spüren, daß ich ihn ansah, denn er sah mich noch immer nicht an, als er von sich aus begann zu erzählen: „Nathan hatte seiner Mutter versprochen, niemals aufs offene Meer hinaus zu schwimmen. Er war gerade mal zwei Wochen in unserem Team. Er war… so verdammt ehrgeizig! Er war der jüngste in unserem Team und wollte meine Anerkennung.“ Er setzte kurz ab, atmete durch und fuhr fort: „Bei einer Tauchmission, die eigentlich nur Routine war, habe ich dann nicht aufgepaßt. Das kostete ihn das Leben.“
      Als er mich ansah, stockte mir das Blut in den Adern. Dieser Blick, so einen Blick hatte ich noch nie von Skipper gesehen. „So etwas, will ich nie wieder erleben! Verstanden?“
      Ich schluckte. Wir kamen nicht sehr gut miteinander aus, das war ein offenes Geheimnis. Dieser Moment beeindruckte mich daher um so mehr. Es zeigte mir, daß er mich zumindest als Teammitglied akzeptiert hatte.
      „Verstanden?“ schrie er mich an, als ich nicht reagierte und ich nickte schnell und bestätigte.
      Während Skipper sich wieder beruhigte, zog ich die Pläne hervor, die ich aus dem Büro hatte mitgehen lassen. Ich war mir jetzt nicht mehr ganz so sicher, daß sie eine Trophäe waren, nach der Abfuhr von Skipper, aber sie waren das, was wir brauchten. „Ist es trotzdem okay, daß wir jetzt… das hier haben?“ fragte ich etwas verschämt.
      Skipper sah mich an, und ich wußte, ich würde nie seine Anerkennung erwerben. Aber er nahm die Pläne an sich, was mir zeigte, daß wir die Mission erfolgreich zu Ende geführt hatten. „Wir sehen sie uns in der Basis an!“ erklärte er. „Und jetzt komm’!“
      Ohne ein weiteres Wort ging er voraus und beachtete mich nicht mehr.
      Ich seufzte tief. Ich würde es ihm nie recht machen können. Aber warum sollte ich auch? Ich hatte auch meinen Stolz, und wenn er mich nicht akzeptieren konnte, würde ich ihn nicht dazu zwingen. Eins hatte ich mir jedenfalls geschworen, und damit würde ich seinen Rat durchaus befolgen: So etwas wie heute würde ich nie wieder machen!
      Langsam setzte ich mich in Bewegung und folgte ihm. Und während hinter mir das kleine Haus mit den beleuchteten Fenstern immer kleiner wurde, freute ich mich auf eine schöne, heiße Tasse Fischsud.
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