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Sturmtruppen in der ersten Linie

Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Sci-Fi / P16 / Gen
17.12.2012
22.01.2013
10
43.067
16
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Dieses Kapitel
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17.12.2012 2.247
 
Jaava Hus hatte keinen besonders ruhmvollen Amtsantritt in seiner neuen Garnison. Die regelmäßigen Shuttles von den Regionalwelten flogen nur alle drei Monate, und so hatte Hus als normaler Passagier auf einem veralteten, aber gut gepflegten corellianischen Frachtschiff einchecken müssen, zudem noch auf eigene Kosten, um rechtzeitig zu seinem Dienstantritt Tatooine zu erreichen. Dazu kam, dass er, während er an Bord der JACINTHAS PRIDE Passagier spielte, seine gesamte Ausrüstung in einem der Frachträume lagern musste, ohne sie einmal in Augenschein nehmen zu können. Denn es war etwas unklar, wie der corellianische Kapitän Harrad Sul, der ihn unter Preis, wie er es nannte, mitgenommen hatte, reagieren würde, sobald er erfuhr, dass die große Frachtkiste seines Passagiers eine komplette Infanterierüstung eines imperialen Sturmtrupplers beinhaltete. Zwar war Hus selbst Corellianer, aber selbst bei ihnen Zuhause wurden die "Imps" misstrauisch im Auge behalten. Einem Schmuggler wie Sul traute er es ohne weiteres zu, seinen Passagier vorsichtshalber zwischen zwei Sprüngen durch die Lichtmauer zu entsorgen, sobald er auch nur den Hauch eines Verdachts haben könnte, der entfernte Verwandte könnte auch nur irgendetwas mit einer imperialen Zollstation zu tun haben.
Hus bemühte sich nach besten Kräften, keinen unnötigen Verdacht zu erregen und ließ die Finger von allen Orten an Bord des Langstreckenfrachters, an denen er selbst Schmuggelgut versteckt hätte, obwohl es ihm schwerfiel. Denn genau dafür war er ausgebildet worden. Genauer gesagt, das hatte man ihm eingetrichtert, nachdem seine eigentliche Ausbildung fulminant gescheitert war.

"So nachdenklich, Junge?", klang die alte, aber angenehme Baritonstimme von Let'vil auf. Der Twi'lek war der Miteigner und Co-Pilot der JACINTHAS PRIDE und betrachtete den jungen Sturmtruppler mit einem Wohlwollen, das sich der Corellianer nicht erklären konnte.
Jaava wandte sich um und musterte den Blauhäutigen für einen Moment. Typisch für sein Volk waren die Haarlosigkeit und die Lekku, die langen Kopftentakel, die für den jungen Mann eine gewisse Gewöhnung bedurft hatten, denn in seiner jahrelange Ausbildung zum imperialen Soldaten war er nur unter Menschen und der allgegenwärtigen Doktrin von der Überlegenheit der menschlichen Spezies ausgesetzt gewesen. Da er aber wusste, dass er auf seinem neuen Dienstposten noch weit mehr und noch bizarreren Wesen begegnen würde, hatte er von vorneherein versucht, den antrainierten Fremdenhass zu blockieren. Mittlerweile machten ihm weder die blauen Tentakel, noch die raubtierhaften Hautmuster des Twi'leks irgendwelche Probleme. Einige Schachpartien, ein paar gemeinsam geleerte Flaschen corellianisches Ale und viele philosophische Diskussionen hatten ihm den Mann näher gebracht. Beinahe hätten sie Freunde sein können, aber schon bald würden sie auf verschiedenen Seiten stehen. Let'vil würde ein Schmuggler sein und Hus derjenige, der Schmuggler jagte, stellte und ihre Schmuggelware nachversteuerte.
Zollbeamter. Der Correlianer seufzte. Das würde er sein. Seine Hoffnung auf eine Offiziersausbildung und Dienst auf einem Sternenzerstörer oder wenigstens der Pilotenschein für die Ti-Ausbildung waren für ihn so fern wie Tatooine vom Zentrum der Galaxis. "Es ist nichts. Unser Ziel macht mir nur... Etwas Angst."
Der Twi'lek lächelte warm. "Tatooine ist auch nicht schlimmer als jede andere dieser Abfallgossen im Universum. Sobald du weißt, wem du nicht vertrauen kannst - und das sind eigentlich alle auf so einer Welt - kannst du auf jeder von ihnen gut leben."
Jaava Hus nickte gewichtig. Was hätte er ihm auch sagen können, was seine Tarnaussage, er würde auf der Feuchtigkeitsfarm von Verwandten arbeiten wollen, nicht gesprengt hätte?
Sein Blick ging wieder zum Fenster, das ihm einen fast ungehinderten Blick ins Universum gestattete. Fast ungehindert, denn ein wenig spiegelte er sich selbst darin. Er sah das dunkelblonde, kurzgeschorene Haar, das alleine schon ausgereicht hätte, um ihn als Soldaten zu entlarven, sah die kupferroten Brauen, die im Clan Hus so üblich waren, die schmale, lange Nase und die grünen Augen. Dazu die nichtssagenden Lippen und das kräftige Kinn. Manche sagten, das Kinn mache ihn energisch. Manche sagten, er sei ansehnlich, selbst für einen Corellianer. Aber im Prinzip empfand er sein Gesicht nur als die Karikatur eines echten Corellianers. Es hätte ihn nicht gewundert, wäre jemand an ihn herangetreten und hätte ihm verraten, dass er nur ein Klon des echten Jaava Hus  und dass beim Klon-Prozess mehr als eine Sache schiefgegangen war. Das Einzige, was er sich wirklich zugute hielt, das waren seine breiten Schultern, die eine Modifikation seiner Rüstung erfordert hatte. Ansonsten war er für einen Correlianer zu groß und zu muskulös.  
"Ich bin nicht sicher, ob ich dort leben kann. Es gibt nicht viele Menschen auf dieser Welt, oder?"
Der alte Mann legte ihm eine Hand auf die Schulter. Der alte, antrainierte Reflex regte sich, Hus setzte an, sich der Hand des Außerirdischen zu entziehen, aber er schaffte es, ihn zu bezwingen. Seine arrogante Seite würde er im Dienst noch oft genug zeigen müssen. Verdammt, wie allumfassend war diese Indoktrination eigentlich gewesen?
"Es gibt drei, vier Dutzend Völker auf Tatooine, die in einer angemessenen Zahl dort vertreten sind. Dazu kommen hunderte weitere, denn der Planet mag eine einzige, große Wüste sein, aber er liegt gerade nahe genug an den Handelsrouten, um immer wieder als Zwischenstation genutzt zu werden. Vornehmlich natürlich von solchen, die sich die hohen Liegekosten auf den Welten der Regionalgouverneure nicht leisten können. Tatooine ist billig."
"Ja, das fasst es in etwa zusammen", sagte Hus trocken.
"Aber es gibt viele Twi'lek auf Tatooine. Ich habe keine Zweifel, dass du gut mit ihnen auskommen wirst", fügte der alte Mann hinzu.
"Na, danke." Und wahrscheinlich war die große Mehrheit entweder im Schmuggelgeschäft, als Tanz-, und Animiermädchen angestellt, oder im Dienst des Hutten-Kartells. Oder gleich alle drei Dinge auf einmal. Ach, und den Sklavenhandel hatte er vergessen, der auf einer Randwelt wie Tatooine offensichtlich blühte, obwohl er offiziell verboten war.
"Ich weiß nicht, was du hast. Du wirst ein ruhiges Leben als Feuchtfarmer führen, einmal, zweimal die Woche in ein Dorf oder eine Stadt kommen, eventuell ein Mädchen treffen, mit dem du zusammenleben willst... Und irgendwann gründet Ihr euer eigenes Unternehmen. Eine Feuchtfarm, eine Exportfirma, vielleicht eine Gaststätte..."
"Ja, soweit kommt's noch", brummte Hus. "Ich werde genau solange bleiben, wie ich muss, weil ich eine Pflicht zu erfüllen habe. Und sobald das erledigt ist, geht es für mich wieder zurück in die Galaxis."
"Nun, wer weiß? Tatooine ist nicht nur für die Hutten bekannt, sondern auch dafür, dass sie einen bestimmten Menschenschlag bei sich behält. Es gibt vielleicht nur wenig Glück auf dieser Welt, aber ich kenne viele Menschen, die es gefunden haben."
Hus musste lächeln. Die Chancen standen nicht schlecht, dass er tatsächlich bis zu seinem Abschied auf dieser Welt bleiben musste. Das waren in etwa noch fünfundfünfzig Jahre. Es gab aber auch noch eine Chance, mit dem einen oder anderen Erfolg genug auf sich aufmerksam zu machen, sodass man ihn auf eine etwas besser frequentierte Welt versetzen würde. Wie er das allerdings als Sturmtruppler leisten sollte, stand in den Sternen.
"Ach ja, die Hutten. Warum zerquetscht das Imperium sie und ihr Handelskartell nicht einfach?"
Der alte Twi'lek trat so nahe heran, sodass sich auch sein Gesicht in der Scheibe spiegelte. "Weil auch das Imperium nicht allmächtig ist. Weil es nicht jede Welt kontrollieren kann. Weil der Imperator schlau genug ist, nicht alle Strukturen zu zerschlagen, die eine Welt am Funktionieren halten. Die Hutten beherrschen diesen Raumsektor wie vor eintausend Jahren, aber sie tun es von des Imperators Gnaden. Und davor taten sie es für die Republik, die bei ihren Schmuggelgeschäften durchaus beide Augen zugedrückt hatte, solange es nicht zu illegal wurde. Deshalb mein Rat: Leg dich nicht mit den Hutten an." Die Hand auf seiner Schulter drückte fest zu. "Komm schon, Kleiner, so schlimm wird es nicht werden."
Hus wollte prustend auflachen, aber er konnte es verhindern; es entstand nur ein kleines Schnauben. Tatooine an sich war schlimm genug. Denn wenn auch nur ein Bruchteil seiner schlimmsten Befürchtungen wahr wurden, würden seine Befehle ihn in ein Rudel überalterter Klon-Soldaten werfen, die schon bei der Imperiumsgründung gedient hatten. Was konnte schlechter sein als alte, wertlose Krieger, die sich auf ihre Narben und ihre vergangenen glorreichen Taten etwas einbildeten und ihm Befehle erteilen konnten? "Es wird schlimm genug. Man sagt nicht zu Unrecht, dass Corellia und Coruscant strahlende Sonnen sind, aber Tatooine ist ein einziges großes Mynock-Klo."
Der alte Mann nahm seine Hand ab und stemmte sie auf die Hüfte. "Wenn dir so sehr vor Tatooine graut, hättest du vielleicht ablehnen sollen."
Diesmal lachte Jaava auf. Hart und abgehackt. Ja, das wäre es gewesen. Einen Marschbefehl ablehnen, zudem noch einen, der von Lord Vader persönlich unterzeichnet gewesen war. Aber das konnte er schlecht erzählen. Stattdessen sagte er: "Du solltest mal Harrad fragen, was es bedeutet, einem corellianischen Clan anzugehören und was es bedeutet, einer Clansverpflichtung nachzugehen. Daraus gibt es nur ein Entkommen, wenn ich bereit bin, bis ans Ende des bekannten Universums zu fliehen." Und das galt für beide Optionen. Die Familie ebenso wie das Imperium. Darin unterschieden sich die Familienbande eines Corellianers nicht vom Dienstzwang des Imperiums. Und deshalb brauchte er auch nicht zu schauspielern.
Er wandte sich dem Twi'lek zu. "Danke, dass du mich ablenken willst, aber ich weiß genau, was auf mich zukommt. Ich habe es akzeptiert und ich werde es durchziehen. Aber bei der ersten Gelegenheit ist Jaava Hus im All und weg, das verspreche ich dir."
Der alte Twi'lek schmunzelte.
"Was ist?"
"Ich musste gerade daran denken, dass dein Vorname für einige Überraschungen gut sein wird, wenn du erst einmal auf Tatooine sein wirst", erwiderte Let'vil. "Es gibt auf der Welt eine nomadisierende Spezies zwergenhafter, nachtsichtiger Geschöpfe, entfernt humanoid und Technikaffin. Sie tragen permanent dunkle Kutten und fahren mit ihren riesigen Sandschiffen über die Welt, um Elektroschrott einzusammeln, aufzuarbeiten und wieder zu verkaufen."
"Ach, wie nett. Ich glaube, von denen habe ich schon mal gehört. Sie sind sich auch nicht zu schade, Besitzverhältnisse mal außen vor zu lassen, oder? Ich werde ein Auge auf sie haben. Und warum bringt mir mein Vorname da Überraschungen ein?"
"Na, sie heißen Javas. Glaub mir, anfangs wird das für ein paar Lacher gut sein. Und wer weiß, vielleicht freunden sich ein paar von ihnen mit dir an und schenken dir eine ihrer Kutten."
"Sehr witzig. Wirklich, sehr witzig", murrte Hus. Wenn er mit dieser Spezies, den Javas, zu tun haben würde, dann hauptsächlich wegen Diebstahlsdelikten. "Gibt es noch etwas, was ich wissen sollte?"
"Da wäre nur noch eines. Wie es scheint, gab es in Mos Eisley, der Hauptsiedlung des Planeten, eine Razzia. Angeführt wurde sie von Darth Vader und ausgeführt von Angehörigen seiner 501. Legion. Ich weiß nicht, was er gesucht hat, aber ich hoffe, er hat es gefunden. Ich würde es nicht mögen, wenn er zurückkommen würde."
Die Erwähnung von Lord Vader ließ Hus erschrocken einen Schritt zurückweichen. Nur allzu frisch waren seine Erinnerungen an den telekinetischen Würgegriff Vaders, die Gefühle, dem Tod näher zu sein als dem Leben. Er hatte bis heute nicht verstanden, warum der mächtige Sith ihn nicht einfach getötet hatte. "Mir wäre es auch lieber, wenn er nicht wiederkommt", murmelte Hus. Es war die reine Wahrheit. Aber was würde einen so mächtige Mann wie die rechte Hand des Imperators noch einmal nach Tatooine führen? Was hatte ihn überhaupt dorthin gebracht? Die Gerüchte wollten nicht verstummen, dass er in letzter Zeit nach Leia Organa gesucht hatte, der galaktischen Rätin von Alderaan, um sie wegen Verrats, Sabotage und Teilnahme an der Rebellion zu verhaften. Ein anderes, noch viel hartnäckigeres Gerücht wollte wissen, dass Großmoff Tarkin in seiner üblichen Hybris ihren Heimatplaneten vernichtet hatte. Eine Tat, die so ungeheuerlich war, das man sie kaum glauben konnte. Alderaan war eine Zentralwelt mit einer Milliardenbevölkerung, zudem eingebunden in das Handelsnetz der Galaxis. Hus wollte sich gar nicht ausmalen, in welches Chaos die Galaxis stürzte, wenn die Gerüchte Recht hatten und Tarkin tatsächlich Alderaan zerstört hatte - auf welche Weise auch immer. Allerdings hatte Hus dieses Gerücht aus über einem Dutzend Quellen gehört, was die Wahrscheinlichkeit, dass diese an Wahnsinn grenzende Neuigkeit tatsächlich wahr war, kräftig erhöhte. War es der Kampf gegen die kleine, überschaubarer Revolte einiger Randwelten wirklich wert, dafür einen Planeten mit einer menschlichen Milliardenbevölkerung auszuradieren? Hus war sicher, dass der Imperator dazu nie seine Zustimmung gegeben hätte. Andererseits hatten die Moffs, die Sektorenverwalter, weitreichende Vollmachten, wenn sie einen Nutzen für das Imperium sahen. Auch die Vernichtung eines Planeten mochte in ihrer Kompetenz liegen. Und gerade ein Groß-Moff, der stellvertretendend für den Imperator einen großen Teil der Sterneninsel regierte, hatte noch viel weitreichendere Vollmachten.
Wo immer Tarkin gerade war, er hatte es hoffentlich nicht sehr bequem. Selbst Lord Vader war ihm lieber als dieser Mann.
"Wie lange noch, bis wir Tatooine erreichen?", fragte Hus.
"Übermorgen sind wir da. Es ist noch genügend Zeit für dich, um vor dich hin zu brüten. Oder um mit mir ein paar Karaffen corellianisches Ale zu leeren."
"Ich glaube, ich entscheide mich für das Ale", sagte Hus, stieß sich von seinem Aussichtspunkt ab und folgte dem grinsenden Twi'lek zur Bordküche, wo die Alkoholvorräte untergebracht waren. Gut, zwei Tage hatte er noch, in der er seine Schande verdrängen konnte. War er erst einmal auf Tatooine, würde er noch oft genug daran erinnert werden.
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