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Der Nebenbuhler

Kurzbeschreibung
KurzgeschichteHumor / P6 / Gen
Carrie Heffernan Danny Heffernan Doug Heffernan Spence Olchin
05.09.2012
05.09.2012
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4.242
 
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Das hübsche backsteinrote Häuschen der Heffernans lag schon im Dunkeln, als Spence an die Tür klopfte.
„Schon fast viertel nach“, murmelte er aufgebracht. „Wir wollten um Punkt sieben da sein!“
Danny neben ihm verdrehte die Augen. „Die beiden sind unsere Freunde, die werden das nicht so eng sehen. Außerdem, was kann ich dafür, wenn meine Jacke weg ist?“
„Sie war nicht weg, sondern an den Haken gehängt, wo sie hingehört!“
„Schon klar. Tut mir leid. Also, können wir jetzt einen schönen Abend haben oder was?“
„Ja, natürlich“, sagte Spence, schon in etwas milderem Ton, und da öffnete Doug auch schon die Tür und winkte die beiden hinein. „Nur immer rein!“
Die beiden traten ein und Spence hielt eine Flasche hoch. „Wie versprochen: Der Wein. Halbtrocken, war doch richtig so, oder?“
„Ich denke schon, stell ihn einfach erst mal auf den Tisch“, antwortete Doug. „Es kann noch einen Moment dauern, Carrie ist noch nicht da. Hatte nach der Arbeit was in der Stadt zu erledigen.“
„Na, hoffentlich ist sie nicht durchgebrannt“, grinste Danny und ließ sich auf das Sofa fallen.
„Und auf all das verzichten?“, fragte Doug unter hochgezogenen Augenbrauen und beschrieb einen Kreis um seinen Bauch. „Komm schon.“ Er lachte auf und setzte sich neben Danny. Spence übernahm den Sessel.
Die drei plauderten und begannen sich gerade zu fragen, wie lange Carrie wohl noch brauchen würde, als diese zur Tür hereingefegt kam.
„Hi Leute!“, rief sie. Ihre Augen blitzten erwartungsvoll.
„Hi Carrie“, sagte Doug. „Alles gut gelaufen in der Stadt?“
„Oooohhh ja“, sagte Carrie. „Schau, wen ich getroffen habe!“
Sie zerrte hinter sich einen großen, schlanken, dunkelhaarigen Mann ins Wohnzimmer. Doug starrte ihn an. „Ähm... Hi.“
„Das ist Caleb“, strahlte Carrie. „Mein alter Freund Caleb! Aus meinem letzten Highschool-Jahr. Ich hab dir doch die Fotos gezeigt.“
„Achso“, brachte Doug hervor. Er stand auf und reichte dem anderen die Hand.
„So ein Zufall“, zwitscherte Carrie, die Hand immer noch auf Calebs Arm. „Ich gehe in diesen Laden rein, hab eigentlich tausend andere Sachen im Kopf, und da steht er! Bei den Proteinshakes. Als ob er die nötig hätte!“
Carrie und Caleb lachten, aber Doug konnte sich nur ein müdes Schnauben abringen, während er den Blick über die breiten Schultern und den flachen Bauch seines Gegenübers gleiten ließ.
Spence rettete die Situation, indem er Carries Arm umfasste – den, mit dem sie gerade nicht Caleb in Beschlag nahm – und sie zum Tisch zog.
„Freut mich, Caleb. Also, Carrie. Ich hab den Wein mitgebracht – halbtrocken – und jetzt geht’s nur noch darum, wer kocht.“
„Lass mich überlegen“, sagte Carrie. „Entweder der Kerl vom Chinaimbiss oder der von Joey's Pizza.“
Spence lachte. „Okay, so geht’s auch. Also, welcher nun? Danny, was meinst du?“
Aber Danny war bereits in ein Gespräch mit Caleb vertieft, argwöhnisch beäugt von Doug.
„Tut mir leid, dass wir so spät gekommen sind“, meinte Caleb gerade. „Wir hatten uns so viel zu erzählen...“
Doug deutete hinter seinem Rücken einen Würganfall an.
„Macht doch nichts“, sagte Danny. „Wir waren auch nicht ganz pünktlich. Spence dachte schon, wir würden Ärger mit euch kriegen.“
„Ach was!“, sagte Caleb lachend. „Mit mir sicher nicht. Das ist doch halb so schlimm. Passiert mir auch!“
„Schön, dass du das so siehst“, antwortete Danny und warf einen bedeutungsvollen Blick auf Spence, der nur die Augen verdrehte und sein Gespräch mit Carrie fortsetzen wollte. Doch die war nicht mehr da: Sie war auf und davon und hing, ebenso wie Danny, an Calebs Lippen, der jetzt von seinem Fitnessclub erzählte.
Spence sah Doug unter hochgezogenen Augenbrauen an. Der schnappte sich das Telefon und begann zu tippen. „Der Chinaheini kocht heute.“

Wenig später stand das Essen auf dem Tisch und eine lebhafte Unterhaltung war im Gange. Zwischen Caleb, Carrie und Danny. Doug und Spence stocherten schweigend auf ihren Tellern herum.
„Was war das noch mal, was du zur Zeit so machst?“, fragte Carrie gerade.
„Ach weißt du, ich bin Vertriebsleiter bei einer Baufirma. So hat es mich auch hier nach Queens verschlagen.“
„Sehr beeindruckend“, sagte Danny, die Augen unentwegt auf ihn gerichtet.
Caleb winkte ab. „Es ist eine Station. Aber wenn ich ein paar Punkte sammle...“ Er deutete mit einem Fingerzeig nach oben einen Aufstieg an, und Carrie und Danny nickten begeistert. „Und wie ist es dir nach der Schule so ergangen, Carrie?“
„Naja, ich habe mit meinem Sekretärinnen-Job angefangen, Doug geheiratet...“
„Er ist ein echter Glückspilz!“, warf Caleb ein, und Doug grinste gequält.
„Das denke ich auch“, sagte er und fügte mit einem viel sagenden Blick in Carries Richtung hinzu: „Manchmal.“
Doch die beachtete ihn gar nicht, sondern sprach einfach weiter. „Wir haben dieses Haus gekauft, und mittlerweile leben wir hier mit meinem Vater zusammen.“
„Wirklich? Das finde ich großartig!“, sagte Caleb. „Familie ist doch etwas Wunderbares. Nicht jede junge Frau würde sich so für ihren alten Vater einsetzen, Carrie!“
„Ach, hör auf“, sagte Carrie lächelnd und tätschelte seinen Arm. Sie war ein wenig rot angelaufen.
„Jaja, ich find's auch wunderbar“, sagte Doug trocken. „Wenn er nicht gerade etwas klaut, kaputt macht oder nachts in unser Zimmer kommt, weil er überzeugt ist, dass das FBI seins verwanzt hat. Also etwa dreimal die Woche.“
Caleb lachte übertrieben, dann wandte er sich an Danny. „Ich hoffe, du hältst mich nicht für zu direkt, wenn ich frage, welchen Sport zu machst? Solche Schultern bekommt man nicht geschenkt!“
Danny strahlte. „Naja... Eigentlich kommt das nur von der Arbeit. Die Pakete, du weißt schon...“
„Nicht zu glauben! Da kann ich mir ja noch eine Scheibe abschneiden!“
Die beiden lachten und merkten gar nicht, wie Doug und Spence einen Blick tauschten.
Beide stellten sich auf einen langen Abend ein.

Zwei Stunden später hatten Doug und Spence sich unter fadenscheinigen Vorwänden in die Küche verzogen. Nun saßen sie, beide ein Bier in der Hand, am Küchentisch und stierten den Serviettenhalter an.
„Werden die sich nicht langsam wundern, wo wir bleiben?“, fragte Spence.
„Die werden gar nicht gemerkt haben, dass wir weg sind“, antwortete Doug. Er trat zur Durchreiche und öffnete den Holzladen. Gelächter war aus dem Wohnzimmer zu hören.
„Du, Carrie, ich glaub, wir haben hier einen Schwelbrand.“
„Schön, Schatz“, antwortete Carrie zerstreut. „Erzähl mir später mehr davon. Caleb will mir gerade sein Rezept für gefüllte Paprika geben. Er kann sogar kochen, ist das nicht irre?!“
Danny sah nicht mal auf.
Doug zog den Laden wieder zu und sah Spence vielsagend an. Der prostete ihm resigniert zu, und Doug ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen. „Gefüllte Paprika“, schnaubte er. „Wenn es wenigstens gefüllte Steaks wären.“
„Nun, sie haben schon seinen tollen Job, sein Fitnesstraining und sein Auto durchgekaut. Wenn sie jetzt beim Kochen sind, dauert es hoffentlich nicht mehr lang.“
„Was finden die bloß an dem?“, fragte Doug. „Ich meine... Wir sind zwei ziemlich coole Typen, oder?“ Er warf einen Blick auf Spences gestreiftes Hemd. „Naja... Sagen wir, du gibst dir Mühe.“
Spence zuckte die Schultern. „Frag doch Carrie und Danny.“ Den Namen seines Mitbewohners spuckte er beinahe aus, ehe er die Bierflasche wieder an den Mund setzte.
Doug sah Spence von der Seite an. „Eifersüchtig?“, fragte er süffisant.
„Nein, ich... Ach Quatsch. Worauf denn? Ach... Quatsch“, sagte Spence hastig. Er zögerte einen Moment. „Und du?“
„Nein. Neeein“, sagte Doug.
„Solltest du aber“, sagte Spence. Er trat zur Durchreiche und öffnete den Laden wieder. Caleb knetete gerade Carries Schultern, während diese genießerisch die Augen geschlossen hatte, und erklärte dabei: „Ganz schön verspannt, aber das kriege ich ganz schnell wieder hin. Ich wusste doch, dass der Massagekurs auf Hawaii sich lohnt. Und danach bist du dran, Danny!“
„Yay“, sagte Doug schwach und nahm noch einen Schluck.

Schließlich und endlich war der Abend zu Ende, und alle fünf standen an der Haustür.
„Das war echt toll, ein schöner Abend!“, sagte Caleb gerade in die Runde, und Doug antwortete betont gut gelaunt: „Na klar, Kumpel, das wiederholen wir bald mal!“ Dann warf er die Tür zu und ergänzte leise für sich: „In der Hölle.“
Draußen standen nun noch Caleb, Danny und Spence zusammen. „Was ist, wollen wir noch was trinken gehen?“, fragte Caleb.
Danny strahlte: „Ja!“, doch Spence warf sofort ein: „Nett von dir, aber ich muss schnell nach Hause, mein Antiallergikum nehmen. Gegen den Ausschlag von den Pollen. Es wirkt ganz gut, aber wenn ich es einmal nicht nehme – hui, ich erspare dir die Details.“ Er packte Danny am Ärmel und versuchte ihn mit sich zu zerren.
„Okay, dann ein anderes Mal“, sagte Caleb. „Du hast ja meine Nummer, Danny!“
„Oh ja, und ich scheue mich nicht, sie auch zu benutzen!“, rief Danny lachend. Dann waren er und Spence auch schon um die nächste Ecke.
„Warum hast du das gemacht?“, zischte Danny. „Ich weiß zufällig, dass du das Zeug gegen die Pollen immer morgens nimmst.“
„Ach, ich bin nur ein bisschen müde“, sagte Spence ausweichend.
„Komisch. Ich bin noch hellwach. Könnte natürlich auch an Calebs Massage liegen.“ Danny verdrehte hingerissen die Augen. „Der Kerl weiß echt, was er tut. Du siehst übrigens gerade aus, als könntest du sowas auch brauchen.“
„Unbedingt“, knurrte Spence.
Im Haus der Heffernans unterdessen musste sich Doug ganz ähnliche Lobeshymnen anhören.
„Scheint ja ein toller Kerl zu sein, dieser Caleb, was?“, fragte er vorsichtig.
„Und wie!“, schwärmte Carrie, ohne zu merken, wie Doug sie beäugte.
„Aber zum Glück bist du ja selbst mit einem ziemlich tollen Kerl verheiratet“, sagte Doug und warf sich in Pose.
„Ähm... Ja, natürlich, Liebling!“, beeilte sich Carrie zu sagen.
„Moment mal. Schaust du gerade auf meinen Bauch und runzelst die Stirn? Etwa so?“ Doug schnitt eine Grimasse.
„Hey, zu meiner Verteidigung, er ist kaum zu übersehen!“, sagte Carrie.
„Vorsicht, Schwester“, sagte Doug und wies mit dem Zeigefinger auf sie. „Sonst plaudere ich vielleicht mal ein paar schreckliche Wahrheiten über dich aus.“
„Schon gut“, sagte Carrie lächelnd und gab ihm einen Kuss. „Ich gehe schlafen, kommst du auch?“
„Gleich, ich werf mich noch ein bisschen vor die Glotze.“
„Ist gut.“
Carrie verschwand nach oben, und Doug ließ sich aufs Sofa sinken. Kurz darauf kam Arthur ins Wohnzimmer und blieb neben der Couch stehen.
„Douglas, ich bitte dich, verlang von mir keine Details. Hör einfach auf mich und wirf deine Zahnbürste weg.“
Doug seufzte. „Klar. Du, Arthur?“
„Ja?“
„Kann ich kurz mit dir reden?“
„Sicher.“ Arthur setzte sich in den Sessel und sah Doug erwartungsvoll an.
„Als du vorhin nach oben bist, hast du doch sicher diesen Kerl gesehen, den wir zu Besuch hatten. Caleb oder so...“
„Ach, dieser große, dunkelhaarige Bursche?“
„Ja“, knurrte Doug.
„Sah verdammt gut aus. Und nach Geld. Wo findet man denn in diesem Nest so jemanden?!“
„Arthur!“, rief Doug aus und starrte Arthur ungläubig an.
„Schon gut, schon gut. Also, was ist mit ihm?“
„Naja, er... scheint einen ziemlichen Eindruck auf Carrie gemacht zu haben. Auf Danny übrigens auch.“
„Verstehe. Und jetzt bist du eifersüchtig?“
Doug wand sich und gab schließlich zu: „Irgendwie schon. Weißt du, Carrie war so begeistert. So ist sie bei mir nie.“
Arthur wiegte den Kopf hin und her. „Nun ja. Du wirst es sicher nicht als Beleidigung auffassen, wenn ich sage, dass du nicht gerade ein Adonis bist.“
„Schon klar, aber...“
„Und es gibt natürlich auch aufregendere Jobs als deinen...“
„Arthur...“
„Und abends sitzt du immer nur rum und trinkst Bier...“
„Schon gut, ich hab's kapiert!“, rief Doug.
Arthur hob beschwichtigend die Hände. „Ich will dir eine Geschichte erzählen, Douglas, und hoffe, dass sie dir hilft. Ich war nämlich mal in einer ganz ähnlichen Situation. Ich war mit diesem Mädchen zusammen, Ethel. Ein heißer Feger, kann ich dir sagen.“ Arthur lächelte versonnen, und Doug lächelte mit. „Blond. Strahlend blaue Augen. Ein Körper, wie gemeißelt von einem sehr wollüstigen Bildhauer. Und sehr offenherzig, kann ich dir sagen. Wir sind einmal aus der Bäckerei geflogen, weil wir...“
Das Lächeln tropfte von Dougs Gesicht. „Komm zum Punkt, Arthur, bevor ich mir eine Flasche Spiritus besorgen muss, um zu vergessen, was du gleich erzählen willst.“
„Schon gut. Also, der Punkt ist, ich hatte damals einen Nebenbuhler. Bill. Ein widerlicher Fatzke. Er hatte mehr Geld als ich, er hatte ein besseres Auto – na gut, überhaupt ein Auto – und er sah besser aus. Alles, was ich Ethel zu geben hatte, war meine ganze Liebe.“
„Und deshalb hat sie sich für dich entschieden?“, fragte Doug.
„Nein, sie ist mit ihm abgehauen und ich habe nie mehr von ihr gehört.“
„Arthur!“ Doug rang die Hände und starrte seinen Schwiegervater ungläubig an. „Denkst du, das ist mir eine Hilfe?!“
„Nein, vermutlich nicht“, gab Arthur zu.
„Und was soll ich jetzt machen?“
„Du könntest mit Carrie reden.“
„Ach, ich weiß nicht. So einen Wind machen... Bestimmt ist es gar nichts. Wahrscheinlich sehen wir diesen Caleb sowieso nie wieder.“

Dieselbe Hoffnung hegte auch Spence. Doch weder für ihn noch für Doug sollte sie sich erfüllen. In den nächsten zwei Wochen war Caleb einfach allgegenwärtig. Er war da, wenn Danny nach Feierabend noch etwas trinken gehen wollte. Er war da, wenn Carrie einen Shoppingberater brauchte. Er lud Danny zum Bowlen ein, und mit beiden zusammen besuchte er ein Musical, das Doug „bescheuert“ und Spence „zu undemokratisch“ fand.
Spence und Doug schlossen sich den Verabredungen mit Caleb notgedrungen hin und wieder an. Wann immer sie es ertragen konnten.
An einem schönen Freitagabend schließlich saßen die beiden in Dougs Garage vor dem Fernseher. Auch Deacon war da und verfolgte das Footballspiel, das gerade im Fernsehen lief. „Seht euch das an“, rief er. „Was für ein Lauf! Was meint ihr, holt er den Punkt oder was?!“
„Was? Oh ja, kann schon sein“, sagte Doug matt und wandte sich gleich an Spence. „Wo sind sie heute noch mal?“
„Im Theater“, schnaubte Spence. „Mit mir wollte er nie ins Theater! Er sagt immer, das ist was für Langweiler. Na, dann ist er ja mit dem Richtigen da.“
„Ganz genau“, sagte Doug. „Caleb. Was ist das überhaupt für ein Name?“
Deacon zog die Augenbrauen hoch. „Es ist ein Männername.“ Doch sein Einwurf verhallte ungehört.
„Wenn ich mir noch einmal anhören muss, was er nicht für einen interessanten Job hat“, murrte Spence. „Mein Job ist auch interessant! Und ich meine, Danny ist auch nur Paketfahrer!“
Doug und Deacon starrten ihn an.
„Kommt schon, Jungs, ihr wisst, was ich meine.“
„Schon klar“, sagte Doug und setzte gerade zu einer neuen Tirade an, als Deacon dazwischenfuhr.
„Jungs“, sagte er eindringlich und wartete einen Augenblick, bis er sich ihrer Aufmerksamkeit auch wirklich sicher war. „Habt ihr euch eigentlich mal zugehört? Warum nervt euch dieser Kerl so? Doug, du bist mit Carrie verheiratet. Spence... Ich weiß nicht, was für eine merkwürdige Sache das mit Danny ist und ich will es auch nicht wissen, aber es ist auf jeden Fall etwas, das Caleb nicht mit ihm hat. Also regt euch einfach nicht so auf. Er ist für Carrie und Danny wie ein... Naja, ein funkelndes neues Spielzeug. Sie schauen ihn sich an, und irgendwann war's das und sie kommen zurück zu ihren...“ Er überlegte und ließ einen abschätzenden Blick über Dougs Bauch und Spences Frisur wandern. „...alten Spielzeugen.“
„Ach so“, meinte Doug. „Willst du damit sagen, das ist ganz normal? Kelly hat auch manchmal solche... Spielzeuge?“
„Nein“, antwortete Deacon und nahm einen Schluck Bier.
„Schon gut, wir haben's kapiert“, sagte Spence. „Du hast ja Recht.“
Der Rest des Spiels verlief in wohltuendem Schweigen, nur durchbrochen von gelegentlicher Fachsimpelei über die Spieler. Als es zu Ende war, erhob sich Deacon.
„Ich muss los, Leute. Danke für das Bier und die – ähm – interessante Unterhaltung.“
Doug und Spence verabschiedeten sich, und Deacon verließ die Garage, nicht ohne noch einmal kopfschüttelnd zu seinen Freunden zurückzublicken.
Nachdem er gegangen war, saßen Doug und Spence eine Weile reglos da. Schließlich sagte Spence: „Ich hasse den Kerl immer noch.“
Doug nickte.

Zwei Tage später brachte Caleb das Fass zum Überlaufen, indem er bei einem gemeinsamen Abendessen im Steakhaus beiläufig von seiner Hütte in den Bergen schwärmte und eine halbe Stunde in Carries und Dannys bewundernden Nachfragen badete, ehe er alle vier zu einem Wochenende dort einlud.
Doug und Spence machten gute Miene zum bösen Spiel. Jedenfalls so lange, bis beide ihre Wohnungstür hinter sich geschlossen hatten.
Carrie hatte sich gerade im Schlafzimmer etwas Bequemes angezogen und cremte sich nun neben ihrem Bett die Hände ein, als Doug ihr folgte, in der Tür stehen blieb und sie wortlos anfunkelte.
„Ein schöner Abend, nicht?“, plauderte Carrie, noch ahnungslos. „Wie nett von Caleb, uns einzuladen. Eine eigene Hütte in den Bergen! Das wäre doch ein Traum... Was ist los, Baby?“ Endlich war ihr Dougs Gesichtsausdruck aufgefallen.
„Ein Traum, he? Ja, stimmt. Ein Alptraum.“
Carrie runzelte verwirrt die Stirn. „Ich dachte, du magst Caleb.“
„Neiiin. Du magt ihn. Ich hasse ihn.“
„So ein Unsinn, was hat er dir denn getan?“
Doug überlegte. „Er trägt blaue Hemden. Ich hasse blaue Hemden.“
Carrie verengte die Augen zu Schlitzen. „Ja, und er trägt Jeans, hoffentlich wird er bald verhaftet.“
„Er ist total eingebildet!“, rief Doug. Mit verstellter Stimme sagte er: „Mein Job, mein Auto, und ooohhh, mein wunderschöner Waschbrettbauch, willst du darauf vielleicht mal dein Höschen waschen?!“
„Caleb kann zu Recht stolz sein...“
„Oh ja, das ist er, und zwar nicht zu knapp!“
„Doug, ich kenne ihn seit der Highschool, ist es so schlimm, dass ich ein bisschen Zeit mit einem alten Bekannten verbringen will?“
„Moment, was heißt überhaupt, du kennst ihn seit der Highschool? Meinst du, ihr wart zusammen im Schachclub?“
„Naja...“ Carrie spielte verlegen an einem Zipfel der Bettdecke.
„Er saß in Englisch drei Reihen hinter dir?“
Carrie wiegte unschlüssig den Kopf hin und her.
„Oh mein Gott!“, schrie Doug. „Du bist mit ihm ausgegangen!“
„Naja... Vielleicht ein oder zwei Mal...“
„Ich wusste es!“ Doug wies anklagend auf Carrie. „Ein Bekannter, jaja. Und er kann zu Recht stolz sein, jaja. Aber jetzt ist es zu spät, haha! Jetzt hast du das hier geheiratet!“ Doug umfasste in einer wütenden Handbewegung seinen Körper. „Er ist doch im Baugewerbe, nicht? Vielleicht spendiert er dir ja mal einen Aufenthalt im „Du kannst mich mal“-Hotel, idyllisch gelegen im schönen „Dumm gelaufen“-Tal!“
Carrie starrte ihn ungläubig an. „Du bist eifersüchtig!“
„Na klar bin ich eifersüchtig!“, schnaubte Doug. Er ließ sich aufs Bett sinken, seine Wut verrauchte schon langsam. „Was meinst du, wie das für mich ist? Du schleppst hier diesen Typ an mit seinem Job und seinem Auto und seinem Körper und seinen blauen Hemden. Und ich stehe da wie ein... Ach, ist schon gut, vergiss es.“
Carrie sah lange seinen Hinterkopf an, dann lächelte sie. Ihre Stimme klang sanft, als sie sagte: „Nein, es ist nicht gut. Ich wollte dir doch nicht wehtun.“ Sie stieg aufs Bett und legte von hinten einen Arm um Dougs Schulter. „Wie du schon sagtest: Ich habe dich geheiratet. Und weißt du auch, warum?“
Doug sah sie zweifelnd an. „Weil du auf deinem Junggesellinnenabschied sehr viel getrunken hattest?“
„Nein, du Dummerchen. Weil ich dich liebe. Mit allem Drum und Dran. Diese ganzen Sachen, die Caleb hat... Das ist wie ein interessantes Spielzeug. Was man sich anguckt – nur mit den Augen - ehe man wieder nach Hause geht.“ Sie kraulte Dougs Kinn.
„Hinter Glas?“, fragte Doug.
„So dick.“ Carrie hielt ihren Daumen und Zeigefinger etwa zwei Zentimeter auseinander. Doug hob die Hand und schob ihre Finger noch ein ganzes Stück auseinander.
„Okay, so dick“, sagte Carrie. Doug lächelte, und die beiden küssten sich.

Etwa zur gleichen Zeit kamen Danny und Spence zu Hause an. Spence trat als zweiter durch die Tür und warf sie geräuschvoll hinter sich zu.
„Ist was?“, fragte Danny, der gerade seine Jacke über die Sofalehne warf.
„Nein“, antwortete Spence gedehnt.
„Komm schon, irgendwas hast du doch. Das letzte Mal hast du so mit der Tür geknallt, als sie die alten „Golden Girls“-Folgen ins Nachtprogramm verschoben haben.“
„Frag doch Caleb“, sagte Spence bitter. „Der kann und weiß doch alles so gut.“ Er hängte seine Jacke weg und riss dabei beinahe den Haken herunter.
„Ach, darum geht’s? Du bist sauer, weil ich mal nette Leute kennenlerne!“
„Im Gegensatz zu den Leuten, mit denen du sonst zusammen bist, oder was?!“
„Hey, du weißt, dass ich das so nicht gemeint habe“, sagte Danny beschwichtigend.
„Aber du hast es so gesagt!“, jammerte Spence und ließ sich aufs Sofa fallen.
„Ach Quatsch“, sagte Danny und nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank. „Du siehst das alles viel zu eng.“
„Ach, ich sehe das zu eng!“, rief Spence hitzig. „Erst vor drei Tagen bist du durch die halbe Stadt gefahren, um Caleb ein“ – er spuckte das Wort förmlich aus - „Sandwich zu bringen.“
Danny zuckte die Schultern. „Und?“
„Als ich dich letztens gebeten habe, für mich ein paar Kinokarten abzuholen – übrigens für einen Film, den du ausgesucht hast, mein Freund – traf ich dich hier eine halbe Stunde, nachdem der Schalter geschlossen hatte, ohne die Karten an. Beim Sortieren von alten Comicheften.“
„Das waren nicht irgendwelche Comichefte, sondern Sammlerstücke! Die sind eine Menge wert! Ich hatte es vergessen, tut mir leid, okay?“
Spence sprang auf. „Wenn Caleb was von dir will, vergisst du es nicht!“
Danny trat zum Sofa und verschränkte die Arme vor der Brust. „Vielleicht liegt das dran, dass Caleb nicht wegen jedem Blödsinn an mir rumnörgelt. Danny tu dies, Danny lass das, Danny, leg deine Wäsche in den Korb und nicht in die Badewanne, Danny, was ist das für ein merkwürdiger Geruch aus deinem Zimmer...“
„Welchem erwachsenen Mann muss man denn so etwas überhaupt sagen?!“, rief Spence wild gestikulierend. „Vielleicht hätte ich ja gerne einen Mitbewohner, der sich nicht aufführt wie ein Zweijähriger!“
„Ach, das ist es! Dir passt es nicht, mit mir zusammenzuwohnen! Vielleicht geht mir das ja ganz genauso!“
„Ach ja?!“, erwiderte Spence. Seine Stimme überschlug sich fast. „Dann zieh doch aus und wohn mit Caleb zusammen!“
„Ja, vielleicht mache ich genau das! Das wäre wundervoll! Ich frage ihn gleich morgen!“
„Ich helfe gern beim Packen!“
„Schön!“
„Schön!“
Einige Augenblicke standen sich die beiden Freunde wutschnaubend gegenüber. Dann endlich ließ Danny die Schultern sinken und sagte: „Ich glaub, wir haben es beide ein bisschen übertrieben.“
Spence zögerte einen Moment, zupfte an seinem Ärmel, dann sagte er: „Ja, das haben wir. „Es... es tut mir leid. Ich wohne gern mit dir zusammen.“
„Ich auch mit dir“, antwortete Danny. Er streckte die Hand aus, und die beiden schüttelten sich die Hände, wobei Spence den Couchtisch musterte und Danny den Sofakissenbezug. Dann setzten beide sich nebeneinander aufs Sofa und falteten die Hände im Schoß.
„Tja, und was machen wir nun?“, fragte Spence schließlich.
„Ich weiß nicht, was du machst“, antwortete Danny. „Aber ich werde Theaterkarten besorgen. Gleich morgen, wenn der Schalter aufmacht. Für dieses Dings, von dem du so geschwärmt hast.“
„Ernsthaft?“, fragte Spence und schaute von seinen verknoteten Fingern auf. „Ich dachte, das magst du nicht!“
„Tu ich auch nicht. Aber du“, sagte Danny und lächelte. Spence lächelte zurück.

Einige Tage darauf saßen Danny, Spence, Doug und Carrie bei den Heffernans zu Hause, plaudernd, Kekse knabbernd und in gespannter Erwartung des letzten Gastes – Caleb.
„Kommt er nun bald, oder was?“, fragte Spence und suchte leicht nervös Blickkontakt zu Doug. Danny knuffte ihn in die Seite.
„Er müsste jeden Moment da sein“, antwortete Carrie, und tatsächlich, kurz darauf ertönte die Klingel.
Carrie sprang ein wenig zu hastig auf, was ihr einen missbilligenden Blick von Doug und Spence einbrachte, und öffnete die Tür. Dort stutzte sie kurz.
„Was ist los?“, fragte Danny.
Carrie antwortete nicht, sondern trat nach einer kurzen Begrüßungsfloskel zur Seite. Zum Vorschein kamen Caleb und ein zweiter Mann. Groß, schlank und gutaussehend wie er selbst, nur in blond. Die beiden traten ein und Carrie schloss die Tür hinter ihnen.
„Hi, ich bin Dan“, sagte der Blonde und schickte ein zähneblitzendes Lächeln in die Runde. „Tut mir leid, ich komme wohl etwas unerwartet.“
„Kein Problem, kein Problem!“, beeilte sich Doug zu sagen. Zusammen mit Danny und Spence sprang er auf, um die Neuankömmlinge zu begrüßen.
Es dauerte ein wenig, bis Danny einen unbeobachteten Moment fand. Dann schlug er sich zu Carrie durch und brachte seinen Mund nahe an ihr Ohr, während er argwöhnisch zu Caleb und Dan herüberschielte.
„Bestimmt sein Bruder, oder?“, murmelte er.
„Ja, ganz bestimmt“, antwortete Carrie hastig, den Blick auf die einander umklammernden Hände der beiden gerichtet. Sie zuckte zusammen, als Caleb das Wort ergriff.
„Leute, ich muss euch etwas sagen. Dan hier“ - er sah liebevoll auf den Mann an seiner Hand - „ist für mich etwas mehr als ein Freund.“
„Ein Bruder, ich sag's doch“, flüsterte Danny.
„Wir sind zusammen. Dan und ich suchen jetzt zusammen in New York eine Wohnung.“ Caleb grinste und sah dabei ein bisschen idiotisch aus. „Leider hatte er in den letzten Wochen noch beruflich in unserer alten Heimat zu tun. Aber ihr habt ja alles getan, um mich darüber hinwegzutrösten! Ach ja... Tut mir leid, aber unser Wochenendausflug muss erst mal warten. Als ich es vorgeschlagen habe, dachte ich wirklich, es klappt, aber jetzt, wo Dan doch schon früher als gedacht kommen konnte, will ich natürlich ganz für ihn da sein. Das kann man sicher verstehen, oder?“ Er legte einen Arm um Dans Hüfte und zwinkerte.
Carrie und Danny setzten ein falsches Lachen auf, um ihre langen Gesichter zu verbergen, Doug und Spence tauschten ein Lächeln und einen wissenden Blick.
„Schön, dass ihr da seid“, sagte Spence schließlich in das drohende Schweigen hinein. „Ich meine, auch nur mit dir war es lustig, Caleb, aber am besten ist es doch immer noch in gerader Zahl, nicht wahr, Doug?“
„Oh ja, das ist es“, stimmte Doug ihm zu und richtete sich auf einen netten, entspannten Abend ein.
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