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Verstaubte Musen

Kurzbeschreibung
KurzgeschichteHumor, Parodie / P6 / Gen
09.08.2012
09.08.2012
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So, nachdem mich mein erster "Unsere Musen" - Beitrag mich mit einem weiteren Plotbunny gequält hat, hier ein kurzer weiterer Musen-Alltag, diesmal mit der Muse meiner Mum.
Viel Spaß!
LG, eure Dream Huntress



Verstaubte Musen



Wir haben es mit unserem Schützling nicht leicht.
Überhaupt nicht.
Mit 'wir' meine ich uns drei Musen. Genauer gesagt die Musen von Annemie.
Und mit ihr ist es WIRKLICH kein Zuckerschlecken.
Die Musik-Muse hat von uns noch am meisten zu tun, wenn unser Mensch denn dann doch hin und wieder von der Musik mitgerissen wird.

Die Maler-Muse und ich, die Schreiber-Muse halten uns trotz chronischer Arbeitslosigkeit wacker und versuchen die Federn, die uns massenweise ausfallen, zu ignorieren.
Es ist nämlich geschlagene vier Jahre her, dass ich etwas zustandegebracht habe.
Und selbst da haben meine Bemühungen nicht über ein Acht-Zeilen-Kindergarten-Gedicht hinausgereicht.
Da ich - logischerweise - die Wortgewandteste von uns dreien bin, werde ich das erzählen übernehmen:

Gerade sitzen wir am Kopfende des Bettes unseres Menschens und dösen noch vor uns hin... bis der Wecker klingelt.
Ein halbwaches Schnorfeln von der anderen Bettseite - der Ehemann unseres Schützlings.
Das Bettstück über seinem Kopf ist leer.
Schon lange.

Ich frage mich manchmal, ob er überhaupt je mal Musen gehabt hat...
Wobei ich vermute, dass sie sich klammheimlich aus dem Staub gemacht haben, als er 'erwachsen' wurde.
Aber das ist ein anderes Thema.
Denn so schlimm ist es bei uns zum Glück noch nicht.
Noch etwas verschlafen tappt die Unsere ins Bad, dreht den Radio auf und macht sich fertig.
Hoffnungsvoll reckt die Musik-Muse den Schnabel in die Luft, aber unser Mensch bleibt stumm.

Ehe sie in die Küche geht, wirft sie einen prüfenden Blick in das Zimmer ihrer kleinen Tochter.
Neben dem Bett der neunjährigen hocken drei weitere Musen, aber sie sind wesentlich hübscher als wir.
Ihr Gefieder glänzt noch, und sie sind nicht annähernd so klapprig.
Über den Teppich hüpfen ein paar kleine Plotbunnys, und die Ideen für Bilder bedecken in Form von Libellen sämtliche Zimmerwände.
Schwingt die Neunjährige erst Mal die Stifte, ist es vor lauter Flügelschlagen schwer, sein eigenes Wort zu verstehen.
Ihre Maler-Muse hat wirklich ganze Arbeit geleistet, man sieht vor lauter Libellen die Wände nicht mehr.

Ein Stockwerk tiefer wird erst Mal der Radio angemacht... gefolgt von der Kaffeemaschine.
Oben ist ein leises Rumpeln zu hören, dann schließt die Badtüre.
Die Maler-Muse gibt sich gar nicht erst die Mühe, nach einer Ideen-Libelle Ausschau zu halten und lässt sich auf dem staubigen Küchenschrank nieder.
Kurze Zeit später, die Brote sind geschmiert, der Kaffee gemacht, kommt der Musenlose in die Küche und setzt sich an den Tisch und mit etwas Verspätung rumpelt die Badtüre erneut.

Furchtbar verpeilt schlurft die ältere Tochter der Unsrigen dann auch mal in die Küche und versucht noch sichtlich verschlafen, das aufgebrachte Zetern ihrer Geschichtenmuse zu überhören.
Diese aufgeplusterte... Aber das gehört nicht hierher.
Immerhin ist die zweite Muse des Lockenschopfs nicht hier. Das kleine Mistvieh ist fast genauso aufdringlich wie das erste...

Das einzige, was beruhigt ist, dass sie keine dritte hat.
Vermutlich hat die Musikmuse schon zu Kindergartenzeiten Selbstmord begannen...

Aber Zurück zu meinem Menschen. Inzwischen ist sie gänzlich bei sich, plant den Tag, schlürft erkaltenden Kaffee und streichelt den schwarzen Kater.
Alles wie immer.

Der Herr des Hauses verlässt das traute Heim, und schon tanzen die Mäuse auf dem Tisch.
Die erste Tochter labert die Unsrige mit irgendetwas zu, wir hören schon gar nicht mehr hin. Dann gesellt sich die zweite dazu, und weiß wie jeden Morgen nicht, was sie frühstücken möchte.
Auch ihre Musen sind furchtbare Morgenmuffel, und dementsprechend ist auch ihr Schützling gelaunt.
Endlich haben wir die Größere vom Hals, und nach der morgendlichen Hektik ist auch endlich die Kleine in der Schule.
Auf in den Kampf!

Denn während unser Mensch die Küche aufräumt, läuft der Fernseher.
Ich mag diesen Flimmerkasten eigentlich gar nicht, das meiste wird schon vorgekaut präsentiert.
Aber es ist momentan die einzige Möglichkeit, irgendwoher Inspiration zu bekommen.
Dass nur dieser realistische Schrott wie 'Gute Zeiten Schlechte Zeiten' läuft, der keinen Platz für Vorstellung lässt, ist auch nicht gerade hilfreich.
Also halten sich auch hier die Plotbunnys fern.

Weiter gehts zum Putzen.
Die erfahrene Muse denkt hier jetzt natürlich "Das ist doch perfekt für ein Konzept"
Allerdings ist unser Schützling nicht einer derjenigen, die beim Putzen abschalten und ihre Gedanken in alle Möglichen und vor allem Unmöglichen Richtungen schweifen lässt, nein, bei ihr bleibt der Kopf brav beim Haushalt.

Und findet DA mal ein hübsches Plotbunny.

Wie auch immer.
Während die Maler-Muse nach wie vor zu Hause auf dem Küchenschrank vor sich hin staubt, geben wir anderen beiden nicht auf, und meine Kollegin hat bei der Autofahrt in Richtung Heimat ein Erfolgserlebnis: Die Tochter hat die CD mit dem Lied 'Stop' drinnen gelassen, und so verlässt ein Summen und hier und da eine Zeile im Refrain die Lippen unseres Zöglings.

Nächster Halt: Supermarkt.
Wieder nicht sonderlich spannend.
Verzweifelt halte ich zwischen Karotten und Salat Ausschau nach einem Handlungshäschen, jedoch vergebens.
Der einzige Lichtblick des Tages ist der Kinobesuch mit der älteren Tochter am Nachmittag.
Und tatsächlich: Der Film ist stellenweise so unlogisch, dass es Platz ohne Ende für Spekulation gibt.
Aber mein Mensch nimmt alles so wie es ist. Neidisch beobachte ich ihre Tochter und ihre Geschichten-Muse, die gerade in einer heftigen Diskussion versunken sind, warum der Bösewicht böse ist.
Unzählige Plothäschen wuseln um unsere Füße, und ich zupfe meinem Schützling am Ohr.
"Guck mal, da unten, das ist doch eine nette Idee..."
Unwirsch schneidet sie mir das Wort ab und steigt über das rotbraune Tierchen, das ich für uns vorgesehen hatte. "Für sowas hab ich keine Zeit", murrt sie, und ignoriert die vielen Schlappohren um uns herum.
Also halte ich die Klappe.
Grummlig schiele ich im Auto immer wieder zu der blauen, glänzenden Muse und ihrem Menschen.
Hat dieser explodierte Heuhaufen doch tatsächlich ein Häschen auf dem Arm!
Frechheit.
Und ich darf mich mit GZSZ und Hartz4-TV abgeben...

Auch Abends ist die Unsrige nicht fähig, die Seele baumeln zu lassen. Sie ist viel zu Müde, um sich einem Buch zu widmen, oder gar "Die Kochprofis" zu Ende zu gucken.

Die einzige Zeit des Tages, in der ich also etwas zu tun habe, ist Nachts.
Dann schöpfe ich ihre Fantasie aus und bewerfe sie mit träumen, die so unrealistisch sind, wie es für sie möglich ist.
Zwar sind sie nicht annähernd so abstrus und unwirklich wie die ihrer Töchter, aber es ist besser als gar nichts...
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