Projekt: 100 Filmzitate zu "Jekyll und Hyde"
von Fanfiktionfreak
Kurzbeschreibung
So, ich hab mich auch mal an das "Filmzitate"-Projekt gewagt. Viel Spaß damit. ;-)
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
Edward Hyde
Henry Jekyll
Lisa Carew
01.08.2012
04.09.2012
4
3.845
1
01.08.2012
1.146
Es war schon spät am Abend und ich hatte mal wieder viel zu lange an meinen Experimenten gesessen. Vielleicht war das der Grund, warum es mich jetzt, um 11 Uhr abends, noch in eine kleine Kneipe zog. Noch ein Schlückchen trinken und alles vergessen. Die Sache mit Hyde ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich musste ihn irgendwie loswerden. So hatte ich mir das ganz eindeutig nicht vorgestellt, als ich ihn erschaffen hatte. Er ging einfach zu weit. Verübte Dinge, an die zu denken ich nicht einmal wagte. Und doch war er ein Teil von mir. Er war ich. Ganz in meine Gedanken vertieft ging ich die Straße entlang, als ich plötzlich ein seltsames Fauchen hörte. Erschrocken sah ich mich um und erblickte – eine Katze, die auf dem Bürgersteig saß. Beinahe hätte ich über meine Ängste gelacht. Doch meine Sorgen erlaubten mir diese Gefühlsregung nicht. Was würde passieren, wenn ich Hyde nicht mehr kontrollieren konnte und er ungehindert weiter morden und Schrecken verbreiten würde? Würde ich mein wahres Selbst verlieren, würde Dr. Henry Jekyll dann überhaupt noch existieren? Und was würde ich Lisa, meiner Verlobten, sagen? Dass Hyde ihr zukünftiger Mann war, der aus dem Versuch heraus, das Gute des Menschen vom Bösen zu trennen, entstanden war und sich danach verselbstständigt hatte? Nein, das war unmöglich! Aber was würde ich dann tun? Würde Hyde in Lisa überhaupt noch seine Verlobte sehen oder würde er sie nur als sein Spielzeug betrachten und ihre Liebe, die Liebe, die sie Henry Jekyll schenkte, zurückstoßen und sie so primitiv behandeln, wie er seine – ich zwang mich, das Wort zu denken – Huren behandelte? Ich war so in Gedanken vertieft, dass ich gar nicht mehr darauf achtete, wohin mich meine Füße trugen. Auf einmal stand ich vor der Roten Ratte. Schnell machte ich, dass ich weiterkam. Auf eine Begegnung mit dem Besitzer der Kneipe wollte ich es wirklich nicht ankommen lassen, da Hyde sich einige Nächte zuvor dort herumgetrieben hatte und, wie mir ein Freund erzählt hatte, eine ganze Menge Chaos angerichtet hatte. Einige Minuten später fand ich ein Lokal, das noch geöffnet hatte und in dem ich kurz einkehrte. Der Wirt schien etwas verwundert, zu dieser späten Stunde einen halbwegs respektabel aussehenden Mann anzutreffen, doch er fragte mich höflich nach meinen Wünschen. Ich bestellte einen starken Cognac. Jetzt brauchte ich etwas Starkes, um mich von meinen Sorgen zu befreien und alles zu vergessen, was mich bedrückte. Der Wirt nickte und ein paar Minuten später stand der Alkohol auf meinem Tisch. Ich kippte ihn mit einem Zug hinunter und bestellte gleich noch einen. Auch das zweite Glas verschwand so rasch wie das erste in meinem Magen. Es brannte ein wenig in der Kehle, doch es brachte das Vergessen, das ich jetzt brauchte. Ein wenig war ich versucht, mich hier und jetzt richtig zu betrinken, aber dann dachte ich an Hyde und dass er unter Alkoholeinfluss sicherlich noch schlimmere Dinge anstellen würde als nüchtern und verwarf den Gedanken sofort wieder. Na gut, ein Drink mehr konnte ja nicht schaden. Aus dem einen wurden allerdings zwei, dann drei und als ich nach fünf Gläsern schon anfing, leicht beschwipst zu werden, beschloss ich, doch lieber aufzuhören. Ich bezahlte meine Drinks und machte mich auf den Heimweg. Die frische Luft klärte meine benebelten Gedanken etwas auf. Doch plötzlich überkamen mich heftige Kopfschmerzen. Zuerst dachte ich, es wäre der Alkohol, doch dann wurde mir klar, dass Hyde wieder einmal versuchte, sich seinen Weg in mein Bewusstsein zu bahnen. Verzweifelt kämpfte ich dagegen an. Ich durfte Hyde nicht gewinnen lassen, er durfte nicht die Oberhand bekommen. Nicht, nachdem mir der Cognac schon zu Kopf gestiegen war. Ich spürte, wie Hyde mit aller Macht versuchte, meine nur noch schwach vorhandene Selbstbeherrschung zu zerstören, um selbst zu agieren. Zu allem Unglück kamen nun auch noch zwei Betrunkene den Weg entlang. Sie grölten und lachten und schienen mehr zu schwanken als zu laufen. Nun war es noch schwerer, Hyde zurückzuhalten, der nun mit aller Macht mein Bewusstsein erobern wollte. „Warum zögerst du? Lass mich das regeln.“ „Nein! Du darfst nicht wieder ein solches Chaos anrichten!“ Ich wehrte mich mit allen Kräften gegen Hydes Einfluss, aber es wurde immer schwieriger und ich war kurz davor, zusammenzubrechen. Meine Beine fühlten sich an, als wären sie aus Gummi und ich musste mich am Straßenrand niederlassen, um nicht umzukippen. Noch immer versuchte Hyde, die Kontrolle zu übernehmen. „Komm schon, Jekyll. Wir könnten sie einfach erledigen. ‘N paar Schläge auf den Schädel und schon wären sie im Reich der Träume.“ Hyde schien von diesem Vorschlag ziemlich angetan zu sein, doch ich war ganz und gar nicht begeistert. Ich wollte nicht, dass Hyde sich weiterer Verbrechen schuldig machte. Noch einmal sammelte ich all meine Kräfte und fuhr ihn scharf an: „Es gibt kein WIR! Genau genommen gäbe es ohne MICH nicht einmal ein DU!“ Das stimmte sogar. Ohne mich gäbe es Hyde nicht. Es gäbe diese verdammte Versuchung nicht, diesem vermaledeiten Wunsch nachzugeben und diese Kerle einfach zusammenzuschlagen, damit ich ihre beschissenen Visagen nicht mehr sehen musste, ihr Gegröle nicht mehr ertragen musste … Ich stützte den Kopf in die Hände. Die Kopfschmerzen nahmen immer weiter zu. Lange würde ich nicht mehr Widerstand leisten können. „Dann gib doch einfach auf“, flüsterte Hyde in mir. „Gib auf und lass mich das übernehmen.“ „NEIN!“ Ich schrie das Wort laut in die Straßen hinaus. Ein paar Vögel flogen erschrocken davon und eine Ratte huschte ängstlich in die Kanalisation. „Verdammt, kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?“ Auch das hatte ich hörbar gerufen. Doch es war mir egal, wer mich alles hören konnte, wer mich zusammengesunken auf dem Bürgersteig sehen konnte, ich wollte nur, dass diese Schmerzen aufhörten, dass Hyde sich zurückzog und mich nicht länger quälte. Es schien, als hätte er mein Flehen gehört und sich ausnahmsweise mal meinem Wunsch gebeugt, denn plötzlich hörte der Schmerz auf und auch der Drang, diese betrunkenen Typen zu verprügeln, verschwand. Erschöpft ließ ich mich auf die Seite sinken und schloss die Augen. Henry Jekyll hatte ein weiteres Mal über Edward Hyde gesiegt. Doch wie lange würde es so weitergehen? Wie lange würde es dauern, bis ich Hyde endgültig bezwungen hatte? Solche und ähnliche Gedanken strömten durch meinen Kopf, ohne dass ich sie richtig zu fassen vermochte. Nach ein paar Minuten fühlte ich mich besser. Ich stand auf und machte mich auf den Weg nach Hause. Als ich meine Haustür aufschloss, hatte ich nur noch einen Wunsch: zu schlafen. Mit letzter Kraft schleppte ich mich zu meinem Bett und ließ mich hineinfallen. Es dauerte keine zehn Minuten, bis ich tief und fest schlief. In meinen Träumen war ich bei Lisa und führte ein Leben ohne Hyde. Wie sehr wünschte ich mir, es wäre wahr. Doch tief in meinem Innern wusste ich, dass das noch eine ganze Weile dauern würde. Wenn es überhaupt möglich war. Doch darüber wollte ich mir morgen Gedanken machen.