This is life without you
von Resaa
Kurzbeschreibung
Mein Beitrag zum Projekt "Ohne dich" beschreibt die Gefühle eines Mädchens und eines Jungen, nach einem einschneidenden und alles verändernden Erlebnis.
KurzgeschichteDrama, Tragödie / P12 / Gen
16.07.2012
16.07.2012
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16.07.2012
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Sophia
Ich wollte einfach nur weg. Weg vom Krankenhaus, von den Ärzten und ihren tollen Möglichkeiten. Weg von meinem Vater, von meiner Mutter, weg von meinem jetzigen Leben. Weg von meiner Beziehung, die scheinbar doch nicht so toll war, wie ich es immer gedacht hatte, nicht so eng, nicht so aufopfernd und liebevoll. Weg von diesem Ort, von den Erinnerungen und meinem geplatzten Traum. Ich wollte weg aus dieser Zeit, zurück in glückliche Tage. Deshalb ging ich in den Wald. Ich lief und lief und ignorierte die Schmerzen und die Empfehlung, mich auszuruhen. Ich stolperte über Wurzeln und Steine, ich fiel hin und schürfte mir die Hände auf. Ich begann zu bluten, doch es interessierte mich nicht. Ich nahm nichts mehr wahr, außer dem Verlust. Dem Verlust meiner Lebensessenz, meines Lebensinhalts, meines Lebens. Kein Vogel zwitscherte oder sprang auf den Ästen der hohen Bäume hin und her. Nirgends sah man ein Eichhörnchen oder ein anderes Tier. Ich keuchte und konnte vor Anstrengung kaum noch atmen. Ich sah meinem Vater vor mir, wie er mich am Arm packte und ins Auto zerrte, wie er mich durch die Glastür des Krankenhauses stieß und den Ärzten sagte, ich wäre verwirrt, als ich ihnen sagte, dass ich es nicht wollte. Und sie hatten ihm geglaubt. Und beinahe hätte auch ich ihm geglaubt, beinahe hätte ich ihm erlaubt mir das Wichtigste zu nehmen. Aber nur beinahe. Doch es war ihm egal gewesen, er hatte nicht gefragt. Je tiefer ich in den Wald kam, desto dunkler wurde es und desto trüber wurde meine Stimmung. Schwarze Wände aus Ästen und Blättern standen vor mir und nach einigem Zögern durchbrach ich sie einfach. Im ganzen Wald schien es kein Leben mehr zu geben. Das Atmen fiel mir immer schwerer und ich hatte das Gefühl im Kreis zu gehen, doch ich blieb nicht stehen. Ich konnte nicht stehenbleiben, nicht riskieren, dass mich die Gegenwart einholte. Ich musste zurück. Zurück zu ihr und ihm. Endlos gähnte die dunkle Leere des Waldes mir entgegen. Endlos bahnte ich mir einen Weg durch das Labyrinth aus Bäumen, Sträuchern und Felsen.
Und dann endlich, endlich!, war ich da. Endlich brachen die Bäume auseinander und ich war wieder in der glücklichen Zeit. Ich war auf unserer Lichtung. Auf der Lichtung, mit der ich mehr Erinnerungen verband, als mit dem Haus, in dem ich wohnte. Es war die Lichtung, auf der wir uns das erste Mal trafen, das erste Mal küssten und das erste Mal liebten. Das erste und das letzte Mal liebten. Tränen liefen über meine Wangen und ich sank in das gelblich-grüne Gras. Damals hatte es sich weich und einladend angefühlt. Jetzt stach es mich und injizierte mir bei diesen Stichen Bilder aus alten Tagen, Bilder, die einmalig bleiben würden. Schluchzend presste ich die Hände auf meinen Bauch und wünschte, ich würde wieder die kaum wahrnehmbare Wölbung spüren. Ich hatte nicht genug Zeit gehabt, es richtig zu realisieren, niemand hatte mir die Zeit gegeben zu entscheiden, oder auch nur zu sprechen. Hätten sie mir doch nur etwas Zeit gegeben! Ich hatte nicht die Zeit, zu erfahren, ob es ein Mädchen oder Junge geworden wäre, doch ich war mir sicher, dass in meinem Bauch meine Tochter gewachsen war. Ich war mir dessen so sicher, wie ich mir meines Namens sicher war. Von ganz allein formten meine Lippen die ersten Worte, die ich gesagt hatte, als die Ärzte mich fragten, wie es mir ginge. „Ich vermisse dich!“ Unaufhaltsam strömten Tränen über mein Gesicht und ich schluchzte so sehr, dass ich kaum atmen konnte. Ohne mein kleines Baby, ohne meine Tochter schien mir mein Leben leer und sinnlos. Wofür sollte ich noch lernen, kämpfen oder leben? Sie war nicht mehr hier, man hatte sie mir einfach weggenommen und es fühlte sich so an, als hätten sie mir dabei ein Loch in die Brust geschlagen. Ein klaffendes, blutendes Loch, und niemand dachte daran es zu verschließen. Und niemand konnte es. Es war das Loch, das der Verlust meiner ungeborenen Tochter in mein Herz gerissen hatte. Niemals würde jemand dieses Loch füllen, ihren Platz einnehmen. Niemals. Ich blickte hinauf in den grauen Gewitterhimmel und schrie meine Verzweiflung hinauf. Ich hatte sie nicht in den Armen halten können, ich hatte nicht einmal ein Ultraschallbild von ihr sehen können. Mit einem Mal schien sie mir nicht mehr real. Wie konnte ich etwas, dass ich nie gekannt oder gesehen hatte so sehr vermissen? Ich wusste die Antwort, doch sie war ebenfalls so unwirklich, wie meine Tochter es gewesen war, bevor sie sie getötet hatten. Ich vermisste sie so sehr, weil sie ein Teil von mir und ein Teil von ihm war. Sie hatte das Gute von mir und das Gute von ihm verkörpert, sie hätte. Ein schwarzer Mantel der Trauer legte sich schwer auf meine Schultern, als ich mir meine Zukunft vorstellte. Schmerzlich wurde mir mein Verlust erneut bewusst, als meine Hände, die schützend wieder zu meinem Bauch gewandert waren, ins Leere griffen. Nie, nie, nie würde ich darüber hinwegkommen, ihnen nie verzeihen, nie wieder vollkommen glücklich sein. Nie wieder würde ich vollkommen sein. Ich zwang meine trockenen Lippen zu Worten, die gesagt werden mussten. „Ich vermisse dich. Ich vermisse dich so sehr. Du fehlst mir so sehr. Ich wünschte, ich könnte das ungeschehen machen, was gerade passierte, aber ich kann es nicht. Du bist fort und er ist fort und jetzt habe ich niemanden mehr. Ohne dich wird nichts so sein, wie es war.“
Ich wollte einfach nur weg. Weg vom Krankenhaus, von den Ärzten und ihren tollen Möglichkeiten. Weg von meinem Vater, von meiner Mutter, weg von meinem jetzigen Leben. Weg von meiner Beziehung, die scheinbar doch nicht so toll war, wie ich es immer gedacht hatte, nicht so eng, nicht so aufopfernd und liebevoll. Weg von diesem Ort, von den Erinnerungen und meinem geplatzten Traum. Ich wollte weg aus dieser Zeit, zurück in glückliche Tage. Deshalb ging ich in den Wald. Ich lief und lief und ignorierte die Schmerzen und die Empfehlung, mich auszuruhen. Ich stolperte über Wurzeln und Steine, ich fiel hin und schürfte mir die Hände auf. Ich begann zu bluten, doch es interessierte mich nicht. Ich nahm nichts mehr wahr, außer dem Verlust. Dem Verlust meiner Lebensessenz, meines Lebensinhalts, meines Lebens. Kein Vogel zwitscherte oder sprang auf den Ästen der hohen Bäume hin und her. Nirgends sah man ein Eichhörnchen oder ein anderes Tier. Ich keuchte und konnte vor Anstrengung kaum noch atmen. Ich sah meinem Vater vor mir, wie er mich am Arm packte und ins Auto zerrte, wie er mich durch die Glastür des Krankenhauses stieß und den Ärzten sagte, ich wäre verwirrt, als ich ihnen sagte, dass ich es nicht wollte. Und sie hatten ihm geglaubt. Und beinahe hätte auch ich ihm geglaubt, beinahe hätte ich ihm erlaubt mir das Wichtigste zu nehmen. Aber nur beinahe. Doch es war ihm egal gewesen, er hatte nicht gefragt. Je tiefer ich in den Wald kam, desto dunkler wurde es und desto trüber wurde meine Stimmung. Schwarze Wände aus Ästen und Blättern standen vor mir und nach einigem Zögern durchbrach ich sie einfach. Im ganzen Wald schien es kein Leben mehr zu geben. Das Atmen fiel mir immer schwerer und ich hatte das Gefühl im Kreis zu gehen, doch ich blieb nicht stehen. Ich konnte nicht stehenbleiben, nicht riskieren, dass mich die Gegenwart einholte. Ich musste zurück. Zurück zu ihr und ihm. Endlos gähnte die dunkle Leere des Waldes mir entgegen. Endlos bahnte ich mir einen Weg durch das Labyrinth aus Bäumen, Sträuchern und Felsen.
Und dann endlich, endlich!, war ich da. Endlich brachen die Bäume auseinander und ich war wieder in der glücklichen Zeit. Ich war auf unserer Lichtung. Auf der Lichtung, mit der ich mehr Erinnerungen verband, als mit dem Haus, in dem ich wohnte. Es war die Lichtung, auf der wir uns das erste Mal trafen, das erste Mal küssten und das erste Mal liebten. Das erste und das letzte Mal liebten. Tränen liefen über meine Wangen und ich sank in das gelblich-grüne Gras. Damals hatte es sich weich und einladend angefühlt. Jetzt stach es mich und injizierte mir bei diesen Stichen Bilder aus alten Tagen, Bilder, die einmalig bleiben würden. Schluchzend presste ich die Hände auf meinen Bauch und wünschte, ich würde wieder die kaum wahrnehmbare Wölbung spüren. Ich hatte nicht genug Zeit gehabt, es richtig zu realisieren, niemand hatte mir die Zeit gegeben zu entscheiden, oder auch nur zu sprechen. Hätten sie mir doch nur etwas Zeit gegeben! Ich hatte nicht die Zeit, zu erfahren, ob es ein Mädchen oder Junge geworden wäre, doch ich war mir sicher, dass in meinem Bauch meine Tochter gewachsen war. Ich war mir dessen so sicher, wie ich mir meines Namens sicher war. Von ganz allein formten meine Lippen die ersten Worte, die ich gesagt hatte, als die Ärzte mich fragten, wie es mir ginge. „Ich vermisse dich!“ Unaufhaltsam strömten Tränen über mein Gesicht und ich schluchzte so sehr, dass ich kaum atmen konnte. Ohne mein kleines Baby, ohne meine Tochter schien mir mein Leben leer und sinnlos. Wofür sollte ich noch lernen, kämpfen oder leben? Sie war nicht mehr hier, man hatte sie mir einfach weggenommen und es fühlte sich so an, als hätten sie mir dabei ein Loch in die Brust geschlagen. Ein klaffendes, blutendes Loch, und niemand dachte daran es zu verschließen. Und niemand konnte es. Es war das Loch, das der Verlust meiner ungeborenen Tochter in mein Herz gerissen hatte. Niemals würde jemand dieses Loch füllen, ihren Platz einnehmen. Niemals. Ich blickte hinauf in den grauen Gewitterhimmel und schrie meine Verzweiflung hinauf. Ich hatte sie nicht in den Armen halten können, ich hatte nicht einmal ein Ultraschallbild von ihr sehen können. Mit einem Mal schien sie mir nicht mehr real. Wie konnte ich etwas, dass ich nie gekannt oder gesehen hatte so sehr vermissen? Ich wusste die Antwort, doch sie war ebenfalls so unwirklich, wie meine Tochter es gewesen war, bevor sie sie getötet hatten. Ich vermisste sie so sehr, weil sie ein Teil von mir und ein Teil von ihm war. Sie hatte das Gute von mir und das Gute von ihm verkörpert, sie hätte. Ein schwarzer Mantel der Trauer legte sich schwer auf meine Schultern, als ich mir meine Zukunft vorstellte. Schmerzlich wurde mir mein Verlust erneut bewusst, als meine Hände, die schützend wieder zu meinem Bauch gewandert waren, ins Leere griffen. Nie, nie, nie würde ich darüber hinwegkommen, ihnen nie verzeihen, nie wieder vollkommen glücklich sein. Nie wieder würde ich vollkommen sein. Ich zwang meine trockenen Lippen zu Worten, die gesagt werden mussten. „Ich vermisse dich. Ich vermisse dich so sehr. Du fehlst mir so sehr. Ich wünschte, ich könnte das ungeschehen machen, was gerade passierte, aber ich kann es nicht. Du bist fort und er ist fort und jetzt habe ich niemanden mehr. Ohne dich wird nichts so sein, wie es war.“