Briefe von Logan
von Nobodys Darling
Kurzbeschreibung
Als Lou auf dem Londoner Flughafen Heathrow zufälligerweise Logan Lerman in einem Cafe erspäht, ergreift sie ihre Chance und fragt, ob sie sich zu ihm setzten an. Logan, welcher Lou eigentlich am liebsten gleich abweisen würde, überlegt es sich spontan anders - angetan von Lous Mut - und bietet ihr den freien Platz neben sich an. Beide kommen ins Gespräch, welches ein abruptes Ende findet, als Lou aufeinmal ausgerufen wird. Sie ist kurz davor ihren Flug zu verpassen. Eilig hinterlässt sie Logan auf seine Bitte hin ihre Adresse, da sie ihm weder ihre Handynummer noch ihre E-Mail-Adresse verraten will. Sie meint, dass wenn er schon in Kontakt mit ihr bleiben will, es auf die altmodische Weise machen muss. Als Lou in ihr Flugzeug nach Hause steigt, glaubt sie nicht, dass Logan wirklich auf ihren Vorschlag eingehen wird, doch eine Woche später liegt schon sein erster Brief in ihrem Briefkasten...
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P12 / Gen
06.07.2012
22.09.2012
9
27.997
Alle Kapitel
21 Reviews
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Dieses Kapitel
1 Review
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06.07.2012
4.031
Sooooo... da bin ich wieder mit einem neuen Kapitel. Ging etwas schneller als ich gedacht habe - bin gerade total im Schreibfieber... :-)
Hoffe euch gefällt das Kapitel und viel Spaß beim Lesen.
LG Robin
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„… und dann hat uns der Flugfeldtyp in seinem Miniauto höchstpersönlich zum Flugzeug chauffiert! … Nein, ich habe die Story nicht erfunden! Das ist wirklich passiert – ohne Scheiß, ich bin Business Class geflogen. Ich kann dir den Abriss vom Boardingpass zeigen… Du, Marty? Ich muss jetzt Schluss machen – Martin schaut mich schon ganz genervt an… Ja, ich weiß… aber… warte, warte… ich hab dir doch gesagt, dass er mich vom Flughafen abholt… Ja, und? Du hast genau gewusst wann ich zurückkomme… Hey, können wir die Debatte bitte lassen – es ist ohnehin schon zu spät… Ja, dann hättest du ihn eben gefragt! … Okay, weißt du was – reg dich erst mal ab und wir sehen uns dann morgen, okay? Ich ruf dich am Abend noch mal kurz an. Bye!“ Ohne auf die Proteste vom anderen Ende der Telefonleitung zu achten, lege ich auf. Oder versuche es zumindest. Bei dem blöden Touchscreen von meinem Samsung Ace bin ich nach einem halben Jahr noch immer zu dumm um gleich beim ersten Mal auflegen zu können. „Ach, verdammt du blödes Ding! Jetzt geh schon!“ Ich schaffe endlich den Bildschirm wieder zu entsperren nachdem ich ihn vorher aus Versehen gesperrt habe und lege auf. „Blöder Touchscreen! Die hätten ruhig eine Taste fürs Auflegen einbauen können!“
„Nicht jeder ist so ungeschickt wie du, Schwesterherz“, erwidert mein Bruder Martin, welcher hinter dem Steuer unserer Familienkutsche sitzt, welche ich gerne als „den Schlumpf“ bezeichne. Ich kann mir einfach nicht helfen, aber der babyblaue Fiat Idea erinnert mich von hinten an einen Schlumpf der seine weiße Mütze verloren hat.
„Ich bin nicht ungeschickt“, brumme ich und verstaue mein Handy wieder in meiner Hosentasche.
Als Martin daraufhin nichts erwidert, kehrt Stille in das Auto ein. Nur aus dem Radio tönen die neusten Hits auf Kronehit. Ich beobachte die eintönige Landschaft die an meinem Fenster vorbeizieht. Meine Augen fühlen sich schon ganz schwer an und ich muss öfters gähnen. Irgendwann schlafe ich dann ein – immerhin war es bisher ein Tag mit mehr als nur einer Aufregung gewesen und außerdem habe ich in der vergangenen Nacht sowieso kaum ein Auge zubekommen.
Erst als der Wagen in unserer Hauseinfahrt anhält wache ich wieder auf. Ich fühle mich ganz benommen und noch etwas schläfrig. Ich mache die Beifahrertür auf und steige aus. Martin ist indes schon hinten beim Kofferraum und hievt stöhnend meinen großen, buntkarierten und bis zum Platzen vollgepackten Burton-Trolley heraus. „Was hast du da drinnen – Steine? Als du weggefahren bist war der doch halb leer!“
„Jetzt übertreibst du aber! So schwer ist der nicht. Außerdem war ich nicht alleine fürs Sightseeing in London…“, erwidere ich und nehme meinem Bruder meinen ach-so-schweren Trolley ab.
Ich gehe zum Hauseingang und höre noch wie Martin genervt „Mädchen…“ murmelt, bevor er wieder in das Auto steigt und nach vorne in die Garage fährt. Vor der Haustür muss ich erst einmal warten, weil ich keinen Hausschlüssel mithabe. Meine Mutter meinte, es wäre besser wenn ich ihn zuhause lasse, es wäre sowieso jemand da der mir die Tür aufmacht, wenn ich zurückkomme. Also klopfe ich an und gerade als Martin um die Hausecke kommt macht meine Mutter mir die Tür auf.
„Lou! Oh… schön das du wieder da bist!“, ruft meine Mutter aus und umarmt mich gleich einmal so fest als ob ich ein paar Jahre und nicht eine Woche weggewesen wäre.
„Ja, auch schön wieder da zu sein… ähm… Ma? Könntest du mich bitte wieder loslassen, ich kriege kaum noch Luft.“
„Oh, was…? Ähm… ja natürlich, tut mir leid, Schatz!“, sagt meine Mutter und lässt mich endlich wieder los. „Komm doch erst mal rein…“ Sie macht die Haustür noch ein Stückchen weiter auf und ich trete in das kühle Haus ein. Naja, zumindest war es drinnen etwas kühler als draußen bei den gefühlten 35 Grad. Wir hatten heuer aber auch einen ungewöhnlich heißen und trockenen Sommer. Das war das Schöne an London gewesen – angenehme Temperaturen so im Bereich zwischen 20 und 30 Grad und ab und zu mal ein kurzer Schauer, während dem man sich in ein gemütliches Cafe oder Pub zurückziehen und einen warmen Tee genießen konnte.
Nachdem Martin meinen Koffer hinauf in mein Zimmer gebracht hat und ich mich umgezogen habe, gönne ich mir erst einmal ein schönes, langes Nickerchen und beim Abendessen erzähle ich dann zum dritten Mal an diesem Tag von meinen Erlebnissen in London. Da Sonntag ist verziehen sich meine Eltern um viertel neun dann ins Wohnzimmer um eine ihrer tausend Krimiserien zu schauen, während ich gemeinsam mit meinem Bruder den Abwasch erledige. Als wir mit dem Abwasch fertig sind, verabschiedet sich Martin, weil er zu seinen Freunden im Nachbarort auf einen DVD-Abend fahren will und ich ziehe mich zurück in mein Zimmer und wähle auf meinem Handy die Nummer meiner besten Freundin Marty. Eigentlich heißt sie ja Martina und wird von allen – außer mir – Tina genannt. Man muss dazusagen, dass es schon öfters die eine oder andere Verwechslung zwischen ihr und meinem Bruder gegeben hat, weil sie beide fast den gleichen Namen haben und ich sie immer mit Marty anrede. Das liegt daran, dass wir beide große „Zurück in die Zukunft“-Fans sind und sie einmal meinte, dass Marty ein viel coolerer Spitzname sei als Tina – vor allem, weil einige Leute sie deswegen auch öfter mal als Christina ansprechen, was sie auf den Tod nicht ausstehen kann. Leider hat sich ihr geliebter Spitzname nicht durchgesetzt – naja, außer bei mir halt.
„Hey, Marty“, sage ich als ich höre, dass am anderen Ende der Leitung abgenommen wird.
„Lou, bist du das?“, fragt eine mir bekannte, männliche Stimme.
„Sven? Was machst du mit Martys Handy?“
„Sie war vorhin bei mir als du sie angerufen hast und naja, du kennst Marty… sie lässt ihre Sachen immer und überall liegen…“, antwortet der Freund meiner besten Freundin.
„Oh… das heißt sie ist nicht mehr da, oder?“
„Jep.“
„Okay… ähm… ich hab ihr versprochen, dass wir uns heute Abend noch sprechen. Weißt du zufällig ob sie in Süd oder in der Wohnung ist?“
„Wenn ich mich recht erinnere, wollte sie nach Süd, weil es morgen wieder so unerträglich heiß wird und sie einen Swimmingpool braucht.“
„Haha, das hört sich ganz nach Marty an. Okay, dann probiere ich es am Festnetz.“
„Ja, mach das. Und Lou…“
„Ja?“
„Falls du sie erreichst, könntest du ihr sagen, dass sie ihr Handy bei mir liegen lassen hat bevor sie wieder mal eine großräumige Fahndung nach dem Ding ausgibt wie letztes Mal als sie es im Handyschuhfach ihres Autos vergessen hat?“
„Ja, klar. Kann ich machen. Bye, Sven!“
„Tschau, Lou. Schön dich wieder im Land zu haben.“
Ich lege auf und wähle die Festnetznummer von Martys Zweitwohnsitz, dem Haus ihrer Tante. Nach dem dritten Läuten wird der Hörer abgehoben und ich habe auf Anhieb Glück, weil sich sofort Marty am anderen Ende meldet.
„Hey, Lou. Was gibt’s?“, fragt sie mich noch bevor ich sie überhaupt begrüßen kann. Sie musste wohl meinen Namen auf der Anzeige gelesen haben.
„Ich hab doch gesagt, dass ich heute Abend noch mal anrufe…“
„Ach ja… hab ich total vergessen. Aber wieso rufst du mich nicht am Handy an?“
„Weißt du überhaupt wo dein Handy ist?“
„Ja, es liegt auf laut gedreht in der schwarzen Handtasche aus Sevilla neben meinem Bett.“
Ich muss grinsen. Marty ist auch einfach zu schusselig. „Ich wäre mir da nicht so sicher, schau mal nach.“
Ich höre ein Stöhnen am anderen Ende der Leitung. „Also wirklich, Lou. Du willst mir jetzt doch nicht ernsthaft weißmachen, du wüsstest besser wo meine Sachen sind als ich!“
„Schau einfach nach, okay?“, erwidere ich ruhig.
„Also gut, bleib kurz dran…“
Ich warte kurz und schon nach einer Minute meldet sich eine aufgeregte Marty zurück. „Ich kann es nicht finden. Ich hab die Tasche dreimal umgegraben und nichts…“ Es folgt eine kurze nachdenkliche Pause. „Warte mal kurz… woher wusstest du überhaupt, dass mein Handy nicht in meiner Tasche ist?“, fragt Marty misstrauisch.
Ich kann mir ein Lachen nicht mehr verkneifen. „Weil ich es vorher auf deinem Handy versucht habe und Sven rangegangen ist. Er hat mich gebeten dir zu sagen, dass du es bei ihm hast liegen lassen.“
„Ach, verdammt! Nicht schon wieder. Ständig lasse ich das blöde Teil bei ihm liegen!“
„Ich finde es noch immer faszinierend, wie du es scheinbar nie zu bemerken scheinst…“
„Ich bin eben nicht so ein Handy-Junkie wie du!“
„Ich bin kein Handy-Junkie. Überhaupt, was soll das bitte sein, hm?“ Ich mache eine kurze Pause und als Marty nichts daraufhin erwidert, frage ich: „Also…?“
„Also was?“
„Ähm… London?“
„London was?“
„Ach komm, jetzt stell dich nicht so blöd an – du platzt doch schon förmlich vor Neugier!“
„Du hast mir doch eh schon alles erzählt…“
„Ich habe dir von meinem Flughafenabenteuer heute erzählt und nicht mehr.“ Also eigentlich habe ich ihr da auch nicht alles erzählt – den Teil mit Logan Lerman habe ich ausgelassen. Ohne stichhaltige Beweise würde mir Marty die Geschichte sowieso nicht glauben, bei meiner lebhaften Fantasie…
Die Pause die folgt fasse ich so auf, dass Marty gerade mit sich selbst ringt. Doch dann gewinnt wie sooft die Neugier die Oberhand und schon platzt es aufgeregt aus ihr heraus: „Also gut… erzähl schon! Hast du ein paar heiße Typen kennengelernt?“
Ich muss mir ein Lachen verkneifen und frage mit gespielt vorwurfsvoller Stimme: „Also wirklich, Marty! Da fahre ich für eine Woche in die tollste Stadt der Welt und dich interessiert nur ob ich ein paar heiße Typen getroffen hab!“
„Ach komm, Lou! Jetzt tu doch nicht so gespielt unschuldig, wir wissen beide das du nicht nur zum Sightseeing dort warst…“
„Na gut, du hast mich erwischt… Aber hey, Sightseeing kennt viele Definitionen…“
„Lou!“
„Was? Ist doch wahr.“
„Du bist unglaublich!“
„Ich weiß…“
„Ja, also… was ist jetzt mit den Typen? Du hast meine Frage nicht beantwortet!“
Ich mache eine kurze Pause um die Spannung zu steigern. „Naja, ein paar fesche Kerle waren schon dabei…“
„Und war da auch mehr…?“
„Marty!“
„Ach komm, du willst mir doch jetzt nicht weißmachen, dass du nicht mindestens einen heißen Engländer abgeschleppt hast.“
„Also… Erstens solltest du mich besser kennen – ich schleppe keine Typen ab. Und zweitens… fällt mir jetzt nichts ein…“
„Wirklich? Nicht einmal ein Date?“
„Naja, da war so ein Student im British Museum. Er wusste ziemlich viel über Mumien und als er bemerkt hat, dass ich mich auch sehr für die ägyptische Geschichte interessiere hat er mir quasi eine Privatführung gegeben. Sein Onkel arbeitet als Nachtwächter im Museum. Es war ziemlich cool und hinterher waren wir noch in einem Pub.“
„Und sah er gut aus?“
„Ich würde sagen, durchschnittlich. Nichts Besonderes. Schwarze Haare, braune Augen, vielleicht 1,80 groß und vom Kleidungsstil hat er mich irgendwie an Shia LaBeouf in ‚Indiana Jones 4‘ erinnert.“
„Wie passend“, kommentiert Marty trocken.
„Ganz ehrlich, auf den ersten Blick hätte ich nicht erwartet, dass er ein totaler Geschichtsfreak ist und so ziemlich jede unnötige Jahreszahl und Stadt kennt.“
„Tja, doch kennst doch den Spruch: Never judge a book by the cover!“
Ich muss nach Luft schnappen und lasse vor Überraschung beinahe mein Handy fallen. Genau dasselbe hat Logan heute Vormittag in dem Coffee-Shop zu mir gesagt. Never judge a book by the cover.
„Lou? Bist du noch dran?“
Ich fasse mich wieder und umklammere mein Handy. „Was?... Äh, ja… ich… ich bin noch dran.“
„Du klingst auf einmal so komisch? Stimmt irgendetwas nicht?“
„Äh… nein, alles okay. Ich… ich muss jetzt bloß Schluss machen. Meine Mutter ruft mich, ich soll runter kommen. Tee und Apfelstrudel“, schwindel ich, weil ich das Gespräch auf einmal so schnell wie möglich beenden will bevor mir noch die Sache mit Logan aus Versehen herausrutscht.
„Mhm… Apfelstrudel. Der von deinem Vater?“
„Ja, hat er heute extra für mich gebacken.“
„Na dann will ich dich nicht weiter aufhalten. Wir können ja dann morgen weiterreden.“
„Ja. Holst du mich dann ab? Das Auto ist in der Werkstatt und ich will bei der Affenhitze die sie für morgen vorhergesagt haben nicht mit dem Fahrrad rüberfahren…“
„Klar kann ich machen. Wann?“
„So um eins?“
„Okay. Aber dafür musst du mir ein Stück vom Apfelkuchen übriglassen.“
„Ich werd’s versuchen, kann aber nichts garantieren…“
„Na dann, bis morgen!“
„Bis morgen…“
„Und Lou?“
„Was ist noch?“
„Vergiss deine Schwimmsachen nicht…“
Aus dem Nachmittagsbesuch bei Marty war ein ganzer Sechs-Tage-Urlaub geworden. Wir hatten es uns so gut gehen lassen wie schon lange nicht mehr. Haben bis Mittag geschlafen (obwohl das bei mir eigentlich ohnehin die normale Aufstehzeit ist), dann ein bisschen im Pool rumgeplantscht, zwei ganze Staffeln „Gossip Girl“ geschaut, uns größtenteils nur von Junk Food in Form von Chips, Keksen, Pizza und Fertighamburger ernährt und bis tief in die Nacht PlayStation gespielt, während wir nebenher irgendwelche alten Horrorfilme von den alten Videokassetten ihrer Mutter, die wir vor ein paar Jahren auf den Dachboden gefunden haben, geschaut haben. Die meisten der Filme waren ab 18 gewesen, was uns nicht weiter störte. Die Filme haben wir schon vor vier Jahren mit 14 und 15 (Marty ist ein Jahr älter als ich) geschaut und das grauslichste an den Filmen waren meisten nicht die dargestellten Gräueltaten sondern vielmehr die miesen Special Effects und die grottige Farbqualität der Bänder. Alles in allem war es wie eine Zeitreise in die gute alte Zeit gewesen. Eine Zeit in der wir noch die ganze Oberstufe vor uns hatten. Eine Zeit ohne viel Drama oder Stress wegen Jungs. Eine Zeit wo man nicht viel über seine Zukunft nachdenken musste und was man später machen will um sich den Lebensunterhalt zu verdienen.
An all das muss ich denken, während ich in Martys Auto auf dem Beifahrersitz sitze und mich von ihr nach einer wilden Partynacht nach Hause fahren lasse. Gestern Nacht hat Sven nämlich angerufen und gemeint, dass ein Freund von ihm eine Home-Party schmeißt und hat gefragt, ob wir nicht Lust hätten vorbeizukommen. Eigentlich wollte ich ja nicht, aber Marty konnte mich dann doch noch überreden und so haben wir uns aufgebrezelt und sind zu Svens Freund gefahren. Die Party war ganz lustig, aber weil wir alle etwas getrunken hatten, haben Marty und ich dann bei Sven auf der Gästecoach übernachtet. Das heißt, ich hab mir auf der blöden Couch einen steifen Nacken zugezogen, während die beiden angetrunken Turteltauben in Svens Bett lagen und sich ständig irgendetwas zuflüsterten und leise kicherten. Ich kam mir furchtbar fehl am Platz vor, aber es gab keine andere Möglichkeit für mich um nach Hause zu kommen und irgendwo musste ich die Nacht schließlich verbringen.
Marty hält vor unserer Einfahrt und ich stoße die Beifahrertür förmlich auf. Ich steige aus und hole meinen Rucksack mit meinen Übernachtungssachen aus dem Kofferraum. Dann gehe ich noch einmal zu Beifahrertür und verabschiede mich von meiner besten Freundin. „Tschüss. Danke fürs Bringen. Und Marty?“
„Ja?“
„Viel Spaß auf der Familienfeier…“ Ich konnte mir diesen Kommentar einfach nicht verkneifen. Ich sehe wie Martys Gesicht rot anläuft, sie knapp mit dem Kopf nickt und dann ohne ein weiteres Wort losfährt. Ich schaue ihrem verschwindenden Auto grinsend hinterher. Marty konnte Familienfeiern nicht ausstehen, vor allem seit fast alle ihre Verwandten seit letztem Jahr glaubten sie sei lesbisch. Sagen wir es mal so, die meisten von ihnen sah sie nur einmal im Jahr und meistens wird sie gefragt, ob sie einen Freund hat oder nicht. Da Marty vor Sven noch nie einen festen Freund gehabt hat – und sie sind erst seit einem halben Jahr zusammen –, konnte sie die Frage auf den Tod nicht ausstehen. Irgendwann war ihr dann der Kragen geplatzt und sie antwortete folgendermaßen auf die Frage ob sie nun schon einen Freund habe oder nicht: „Nein, ich habe eine Freundin.“ Bumm! Und schon war die Bombe geplatzt! Ich wäre so gerne dabei gewesen, als sie das verkündet hat. Soweit ich dem Bericht ihrer Cousine vertrauen darf war es ein herrliches Spektakel gewesen.
Kopfschüttelnd und mit einem Grinsen im Gesicht ob dieser Erinnerung bleibe ich vor dem Tor stehen und klingle Sturm. Ich bin zu faul um in den Tiefen meines Rucksacks nach meinem Schlüsselbund zu suchen. Nachdem ich ungefähr fünf Minuten lang alle sich im Haus befindlichen Personen mit meinem nervigen Dauerläuten in den Wahnsinn getrieben habe, macht das Tor plötzlich einen Ruck und setzt sich langsam in Bewegung. Ich lasse den Klingelknopf los und schlüpfe durch die Öffnung. Kaum bin ich auf der anderen Seite fliegt auch schon die Haustür auf und ein wütender Martin steht auf der Türschwelle.
„Sag mal sind deine Finger mit der dämlichen Klingel verschmolzen, oder was?“
„Ist nicht meine Schuld, wenn du so lange brauchst um das Tor zu öffnen“, rufe ich ihm zu während ich gemütlich zum Hauseingang schlendere.
„Hast etwa schon wiedermal deine Schlüssel zuhause liegen lassen?“
Ich bin an der Haustür angekommen und zwänge mich an meinem Bruder vorbei hinein ins Haus. „Nein, ich wollte bloß nicht den halben Rucksack umgraben.“ Ich streife mir meine Schuhe ab und gehe schnurstracks durchs Vorzimmer auf die Treppe zu die hinauf in den ersten Stock führt. Ich höre wie Martin hinter mir die Tür schließt und wieder absperrt. Ich will schon die Treppe hinauflaufen, als plötzlich die Stimme meines Vaters aus dem Büro nach mir fragt. „Lou? Bist du das?“
Ich verkneife mir ein genervtes Stöhnen, rollte mit den Augen und setzte dann mein strahlendstes Lächeln auf, bevor ich am Treppenabsatz kehrt mache und um die Ecke in das Büro meines Vaters gehe. „Jep, ich bin’s.“
„Schön das wir dich auch mal wieder zu Gesicht bekommen…“, meint mein Vater und wendet seinen Blick vom Computerbildschirm ab und mir zu.
„Ach komm, Pa. Das ist nicht das erste Mal, dass ich so lange bei Marty war.“
Mein Vater schüttelt langsam den Kopf, ein mildes Lächeln auf den Lippen. „Nein, das ist es nicht. Es ist nur… du warst jetzt eine ganze Woche weg in London und dann die nächste Woche gleich wieder außer Haus… Es ist bloß irgendwie so still hier im Haus, wenn du nicht da bist.“
„Ich glaube nicht, dass es bei Martins ständig auf volle Lautstärke gedrehter Stereoanlage in diesem Haus jemals still ist“, erwidere ich trocken.
Mein Vater lacht und nickt zustimmend. „Da hast du auch wieder recht.“
„Weißt du Pa, ich glaube langsam wird es Zeit, dass du dich daran gewöhnst, dass dein kleines Mädchen groß geworden ist…“
Mein Vater nimmt seine Lesebrille ab und reibt sich mit Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand die Augen, während er sich in seinem riesigen, schwarzen Bürostuhl zurücklehnt. „Du wirst immer mein kleines Mädchen bleiben, egal wie alt du bist.“
Daraufhin entsteht eine peinliche Stille. Ich trete ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Langsam wird der Rucksack, welchen ich nur über eine Schulter gehievt hab, schwer und ich will nur mehr noch rauf in mein Zimmer und mich auf mein Bett hauen und vielleicht ein bisschen schreiben. „Ähm… willst du noch irgendetwas von mir, sonst gehe ich jetzt rauf…“
Mein Vater sieht mich kurz etwas zerstreut an, doch dann nickt er und fängt an in dem Zettelchaos auf seinem Schreibtisch nach etwas zu suchen. Ich sehe ihm dabei mit gerunzelter Stirn zu, wie er auf einmal ein braunes Päckchen aus dem Chaos herauszieht und mir entgegenhält. „Ja, eigentlich wollte ich dir bloß das hier geben. Es war am Freitag in der Post… Aus Amerika. Der Absender ist irgendjemand namens Logan Lerman, wenn ich recht gelesen habe.“
Ohne es zu wollen lasse ich meinen Rucksack los, welcher krachend zu Boden fällt, und schnappe eilig nach dem großen, braunen Umschlag.
„Logan Lerman… Der Name kommt mir so bekannt vor… Heißt so nicht der Schauspieler, denn du so gerne hast?“
Ich schaue meinen Vater mit großen Augen entsetzt an. Woher…? Nein okay, so oft wie ich über Logan geschwärmt habe muss der Name irgendwann bei ihm im Kopf hängen geblieben sein. Aber ich kann doch jetzt nicht meinem Vater sagen, dass ich Post von einem berühmten Hollywoodschauspieler habe!
Ich richte meinen Blick auf den Umschlag in meiner Hand. Er ist ungefähr so groß wie ein DIN-A-4 Blatt, 8 oder 10 Zentimeter dick und fühlt sich ein bisschen schwer in meiner Hand an. Ich drehe den Umschlag um, sodass ich auf der Rückseite den Absender nachlesen kann und kann mir prompt ein Grinsen nicht verkneifen.
Da steht:
Lerman mit zwei N. Haha, sehr witzig – ich lach mich tot (Ist natürlich sarkastisch gemeint, so was kommt auf Papier bloß nie richtig rüber…). Das hat er bestimmt mit Absicht gemacht, weil ich gesagt habe, dass man meinen Nachnamen nur mit einem N schreibt.
Ich blicke von dem Umschlag auf und in das erwartungsvolle Gesicht meines Vaters. Dann schüttele ich langsam den Kopf. „Nein, das ist nicht der Schauspieler. Denn schreibt man nur mit einem N und der hier schreibt sich mit zwei, siehst du?“ Ich zeige meinem Vater den Absender noch einmal. Er setzt sich seine Lesebrille auf und liest den Namen mit zusammengekniffenen Augen. Als er wieder aufblickt schaut er nicht sonderlich überzeugt aus. „Könnte bloß ein Schreibfehler sein…“
„Ich bitte dich Pa! Wer schreibt bitte seinen eigenen Namen falsch, hm? Er heißt nur zufällig genauso, solche Zufälle gibt es. Außerdem, wo soll ich bitte DEN Logan Lerman kennengelernt haben und woher soll er bitte meine Adresse haben. Und wieso sollte er mir einen Brief schicken. Kannst du mir das sagen?“
Mein Vater zuckt ratlos mit den Schultern. „Die Fragen habe ich mir auch schon gestellt. Naja, vielleicht hast du ja recht. Bei 7 Milliarden Menschen auf der Welt ist es nicht unwahrscheinlich, dass zwei Menschen zufälligerweise den gleichen oder ähnlichen Namen haben.“
„Eben. Sag ich doch.“ Ich gehe zurück zu meinem Rucksack und hebe ihn vom Boden auf. „Wenn du mich jetzt entschuldigst – ich werde jetzt hinauf in mein Zimmer gehen und herausfinden was in diesem Umschlag drinnen ist.“
„Okay. Ich nehme an wir sehen uns dann erst beim Abendessen wieder.“
„Höchstwahrscheinlich“, antworte ich geistesabwesend und verlasse das Büro. Im Türrahmen bleibe ich jedoch noch einen Moment stehen und drehe mich noch einmal zu meinem Vater um. „Ach, und bevor ich es vergesse... Ich steh jetzt wieder auf Zac Efron.“
Ich sehe noch wie mein Vater grinsend den Kopf schüttelt und leise etwas murmelt, dass ich nicht verstehe, bevor ich auf dem Absatz kehrt mache und hinauf in mein Zimmer eile.
Dort angekommen pfeffere ich meinen Rucksack gleich mal in die nächste Ecke und lasse mich dann auf mein Bett fallen. Was wohl in diesem Umschlag drinnen ist? Und... oh mein Gott, er hat mir wirklich geschrieben! Ich, Lou Zimmerman, habe Post von Logan Lerman!!!
Ich kann nicht umhin ein erfreutes Quietschen von mir zu geben und vor lauter Freude von meinem Bett aufzuspringen und wild auf und ab zu hüpfen. Als ich mich wieder halbwegs eingekriegt habe, unterdrücke ich den Drang den Umschlag sofort aufzureißen sondern gehe zu meinem Schreibtisch und öffne ihn feinsäuberlich mit meinem silbernen Brieföffner. Ich werfe einen Blick in den Umschlag und schnappe nach Luft. Da ist ein Buch drinnen. Eilig fische ich das Buch aus dem Umschlag heraus und will zuerst meinen Augen nicht glauben. Mein „Artemis Fowl“-Buch, dass ich am Flughafen im Coffee-Shop habe liegen lassen!
Auf der Vorderseite klebt ein gelbes Post-It, auf dem in geschwungener Schrift folgendes auf Englisch steht:
Ich muss grinsen und lasse mich langsam auf meinen Schreibtischstuhl niedersinken. Ich lege das Buch auf meinen Schoß und werfe noch einmal einen Blick in den Umschlag in der Hoffnung dort noch einen Brief vorzufinden, aber der Umschlag ist leer. Enttäuscht lege ich den leeren Umschlag und das Buch auf meinen vollgeräumten Schreibtisch und gehe zurück zu meinem Bett. Ich lege mich hin, verschränke die Arme hinter meinen Kopf und starre hinauf auf meine weiße Zimmerdecke.
„Was hast du erwartet, Lou? Einen Liebesbrief?! Sei froh, dass du dein Buch wieder hast und vergiss die ganze Sache am besten ganz schnell wieder…“, flüstere ich zu mir selbst und schließe meine Augen. Es wäre ja auch zu schön gewesen um wahr zu sein…
Hoffe euch gefällt das Kapitel und viel Spaß beim Lesen.
LG Robin
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2. Der erste Brief
„… und dann hat uns der Flugfeldtyp in seinem Miniauto höchstpersönlich zum Flugzeug chauffiert! … Nein, ich habe die Story nicht erfunden! Das ist wirklich passiert – ohne Scheiß, ich bin Business Class geflogen. Ich kann dir den Abriss vom Boardingpass zeigen… Du, Marty? Ich muss jetzt Schluss machen – Martin schaut mich schon ganz genervt an… Ja, ich weiß… aber… warte, warte… ich hab dir doch gesagt, dass er mich vom Flughafen abholt… Ja, und? Du hast genau gewusst wann ich zurückkomme… Hey, können wir die Debatte bitte lassen – es ist ohnehin schon zu spät… Ja, dann hättest du ihn eben gefragt! … Okay, weißt du was – reg dich erst mal ab und wir sehen uns dann morgen, okay? Ich ruf dich am Abend noch mal kurz an. Bye!“ Ohne auf die Proteste vom anderen Ende der Telefonleitung zu achten, lege ich auf. Oder versuche es zumindest. Bei dem blöden Touchscreen von meinem Samsung Ace bin ich nach einem halben Jahr noch immer zu dumm um gleich beim ersten Mal auflegen zu können. „Ach, verdammt du blödes Ding! Jetzt geh schon!“ Ich schaffe endlich den Bildschirm wieder zu entsperren nachdem ich ihn vorher aus Versehen gesperrt habe und lege auf. „Blöder Touchscreen! Die hätten ruhig eine Taste fürs Auflegen einbauen können!“
„Nicht jeder ist so ungeschickt wie du, Schwesterherz“, erwidert mein Bruder Martin, welcher hinter dem Steuer unserer Familienkutsche sitzt, welche ich gerne als „den Schlumpf“ bezeichne. Ich kann mir einfach nicht helfen, aber der babyblaue Fiat Idea erinnert mich von hinten an einen Schlumpf der seine weiße Mütze verloren hat.
„Ich bin nicht ungeschickt“, brumme ich und verstaue mein Handy wieder in meiner Hosentasche.
Als Martin daraufhin nichts erwidert, kehrt Stille in das Auto ein. Nur aus dem Radio tönen die neusten Hits auf Kronehit. Ich beobachte die eintönige Landschaft die an meinem Fenster vorbeizieht. Meine Augen fühlen sich schon ganz schwer an und ich muss öfters gähnen. Irgendwann schlafe ich dann ein – immerhin war es bisher ein Tag mit mehr als nur einer Aufregung gewesen und außerdem habe ich in der vergangenen Nacht sowieso kaum ein Auge zubekommen.
Erst als der Wagen in unserer Hauseinfahrt anhält wache ich wieder auf. Ich fühle mich ganz benommen und noch etwas schläfrig. Ich mache die Beifahrertür auf und steige aus. Martin ist indes schon hinten beim Kofferraum und hievt stöhnend meinen großen, buntkarierten und bis zum Platzen vollgepackten Burton-Trolley heraus. „Was hast du da drinnen – Steine? Als du weggefahren bist war der doch halb leer!“
„Jetzt übertreibst du aber! So schwer ist der nicht. Außerdem war ich nicht alleine fürs Sightseeing in London…“, erwidere ich und nehme meinem Bruder meinen ach-so-schweren Trolley ab.
Ich gehe zum Hauseingang und höre noch wie Martin genervt „Mädchen…“ murmelt, bevor er wieder in das Auto steigt und nach vorne in die Garage fährt. Vor der Haustür muss ich erst einmal warten, weil ich keinen Hausschlüssel mithabe. Meine Mutter meinte, es wäre besser wenn ich ihn zuhause lasse, es wäre sowieso jemand da der mir die Tür aufmacht, wenn ich zurückkomme. Also klopfe ich an und gerade als Martin um die Hausecke kommt macht meine Mutter mir die Tür auf.
„Lou! Oh… schön das du wieder da bist!“, ruft meine Mutter aus und umarmt mich gleich einmal so fest als ob ich ein paar Jahre und nicht eine Woche weggewesen wäre.
„Ja, auch schön wieder da zu sein… ähm… Ma? Könntest du mich bitte wieder loslassen, ich kriege kaum noch Luft.“
„Oh, was…? Ähm… ja natürlich, tut mir leid, Schatz!“, sagt meine Mutter und lässt mich endlich wieder los. „Komm doch erst mal rein…“ Sie macht die Haustür noch ein Stückchen weiter auf und ich trete in das kühle Haus ein. Naja, zumindest war es drinnen etwas kühler als draußen bei den gefühlten 35 Grad. Wir hatten heuer aber auch einen ungewöhnlich heißen und trockenen Sommer. Das war das Schöne an London gewesen – angenehme Temperaturen so im Bereich zwischen 20 und 30 Grad und ab und zu mal ein kurzer Schauer, während dem man sich in ein gemütliches Cafe oder Pub zurückziehen und einen warmen Tee genießen konnte.
Nachdem Martin meinen Koffer hinauf in mein Zimmer gebracht hat und ich mich umgezogen habe, gönne ich mir erst einmal ein schönes, langes Nickerchen und beim Abendessen erzähle ich dann zum dritten Mal an diesem Tag von meinen Erlebnissen in London. Da Sonntag ist verziehen sich meine Eltern um viertel neun dann ins Wohnzimmer um eine ihrer tausend Krimiserien zu schauen, während ich gemeinsam mit meinem Bruder den Abwasch erledige. Als wir mit dem Abwasch fertig sind, verabschiedet sich Martin, weil er zu seinen Freunden im Nachbarort auf einen DVD-Abend fahren will und ich ziehe mich zurück in mein Zimmer und wähle auf meinem Handy die Nummer meiner besten Freundin Marty. Eigentlich heißt sie ja Martina und wird von allen – außer mir – Tina genannt. Man muss dazusagen, dass es schon öfters die eine oder andere Verwechslung zwischen ihr und meinem Bruder gegeben hat, weil sie beide fast den gleichen Namen haben und ich sie immer mit Marty anrede. Das liegt daran, dass wir beide große „Zurück in die Zukunft“-Fans sind und sie einmal meinte, dass Marty ein viel coolerer Spitzname sei als Tina – vor allem, weil einige Leute sie deswegen auch öfter mal als Christina ansprechen, was sie auf den Tod nicht ausstehen kann. Leider hat sich ihr geliebter Spitzname nicht durchgesetzt – naja, außer bei mir halt.
„Hey, Marty“, sage ich als ich höre, dass am anderen Ende der Leitung abgenommen wird.
„Lou, bist du das?“, fragt eine mir bekannte, männliche Stimme.
„Sven? Was machst du mit Martys Handy?“
„Sie war vorhin bei mir als du sie angerufen hast und naja, du kennst Marty… sie lässt ihre Sachen immer und überall liegen…“, antwortet der Freund meiner besten Freundin.
„Oh… das heißt sie ist nicht mehr da, oder?“
„Jep.“
„Okay… ähm… ich hab ihr versprochen, dass wir uns heute Abend noch sprechen. Weißt du zufällig ob sie in Süd oder in der Wohnung ist?“
„Wenn ich mich recht erinnere, wollte sie nach Süd, weil es morgen wieder so unerträglich heiß wird und sie einen Swimmingpool braucht.“
„Haha, das hört sich ganz nach Marty an. Okay, dann probiere ich es am Festnetz.“
„Ja, mach das. Und Lou…“
„Ja?“
„Falls du sie erreichst, könntest du ihr sagen, dass sie ihr Handy bei mir liegen lassen hat bevor sie wieder mal eine großräumige Fahndung nach dem Ding ausgibt wie letztes Mal als sie es im Handyschuhfach ihres Autos vergessen hat?“
„Ja, klar. Kann ich machen. Bye, Sven!“
„Tschau, Lou. Schön dich wieder im Land zu haben.“
Ich lege auf und wähle die Festnetznummer von Martys Zweitwohnsitz, dem Haus ihrer Tante. Nach dem dritten Läuten wird der Hörer abgehoben und ich habe auf Anhieb Glück, weil sich sofort Marty am anderen Ende meldet.
„Hey, Lou. Was gibt’s?“, fragt sie mich noch bevor ich sie überhaupt begrüßen kann. Sie musste wohl meinen Namen auf der Anzeige gelesen haben.
„Ich hab doch gesagt, dass ich heute Abend noch mal anrufe…“
„Ach ja… hab ich total vergessen. Aber wieso rufst du mich nicht am Handy an?“
„Weißt du überhaupt wo dein Handy ist?“
„Ja, es liegt auf laut gedreht in der schwarzen Handtasche aus Sevilla neben meinem Bett.“
Ich muss grinsen. Marty ist auch einfach zu schusselig. „Ich wäre mir da nicht so sicher, schau mal nach.“
Ich höre ein Stöhnen am anderen Ende der Leitung. „Also wirklich, Lou. Du willst mir jetzt doch nicht ernsthaft weißmachen, du wüsstest besser wo meine Sachen sind als ich!“
„Schau einfach nach, okay?“, erwidere ich ruhig.
„Also gut, bleib kurz dran…“
Ich warte kurz und schon nach einer Minute meldet sich eine aufgeregte Marty zurück. „Ich kann es nicht finden. Ich hab die Tasche dreimal umgegraben und nichts…“ Es folgt eine kurze nachdenkliche Pause. „Warte mal kurz… woher wusstest du überhaupt, dass mein Handy nicht in meiner Tasche ist?“, fragt Marty misstrauisch.
Ich kann mir ein Lachen nicht mehr verkneifen. „Weil ich es vorher auf deinem Handy versucht habe und Sven rangegangen ist. Er hat mich gebeten dir zu sagen, dass du es bei ihm hast liegen lassen.“
„Ach, verdammt! Nicht schon wieder. Ständig lasse ich das blöde Teil bei ihm liegen!“
„Ich finde es noch immer faszinierend, wie du es scheinbar nie zu bemerken scheinst…“
„Ich bin eben nicht so ein Handy-Junkie wie du!“
„Ich bin kein Handy-Junkie. Überhaupt, was soll das bitte sein, hm?“ Ich mache eine kurze Pause und als Marty nichts daraufhin erwidert, frage ich: „Also…?“
„Also was?“
„Ähm… London?“
„London was?“
„Ach komm, jetzt stell dich nicht so blöd an – du platzt doch schon förmlich vor Neugier!“
„Du hast mir doch eh schon alles erzählt…“
„Ich habe dir von meinem Flughafenabenteuer heute erzählt und nicht mehr.“ Also eigentlich habe ich ihr da auch nicht alles erzählt – den Teil mit Logan Lerman habe ich ausgelassen. Ohne stichhaltige Beweise würde mir Marty die Geschichte sowieso nicht glauben, bei meiner lebhaften Fantasie…
Die Pause die folgt fasse ich so auf, dass Marty gerade mit sich selbst ringt. Doch dann gewinnt wie sooft die Neugier die Oberhand und schon platzt es aufgeregt aus ihr heraus: „Also gut… erzähl schon! Hast du ein paar heiße Typen kennengelernt?“
Ich muss mir ein Lachen verkneifen und frage mit gespielt vorwurfsvoller Stimme: „Also wirklich, Marty! Da fahre ich für eine Woche in die tollste Stadt der Welt und dich interessiert nur ob ich ein paar heiße Typen getroffen hab!“
„Ach komm, Lou! Jetzt tu doch nicht so gespielt unschuldig, wir wissen beide das du nicht nur zum Sightseeing dort warst…“
„Na gut, du hast mich erwischt… Aber hey, Sightseeing kennt viele Definitionen…“
„Lou!“
„Was? Ist doch wahr.“
„Du bist unglaublich!“
„Ich weiß…“
„Ja, also… was ist jetzt mit den Typen? Du hast meine Frage nicht beantwortet!“
Ich mache eine kurze Pause um die Spannung zu steigern. „Naja, ein paar fesche Kerle waren schon dabei…“
„Und war da auch mehr…?“
„Marty!“
„Ach komm, du willst mir doch jetzt nicht weißmachen, dass du nicht mindestens einen heißen Engländer abgeschleppt hast.“
„Also… Erstens solltest du mich besser kennen – ich schleppe keine Typen ab. Und zweitens… fällt mir jetzt nichts ein…“
„Wirklich? Nicht einmal ein Date?“
„Naja, da war so ein Student im British Museum. Er wusste ziemlich viel über Mumien und als er bemerkt hat, dass ich mich auch sehr für die ägyptische Geschichte interessiere hat er mir quasi eine Privatführung gegeben. Sein Onkel arbeitet als Nachtwächter im Museum. Es war ziemlich cool und hinterher waren wir noch in einem Pub.“
„Und sah er gut aus?“
„Ich würde sagen, durchschnittlich. Nichts Besonderes. Schwarze Haare, braune Augen, vielleicht 1,80 groß und vom Kleidungsstil hat er mich irgendwie an Shia LaBeouf in ‚Indiana Jones 4‘ erinnert.“
„Wie passend“, kommentiert Marty trocken.
„Ganz ehrlich, auf den ersten Blick hätte ich nicht erwartet, dass er ein totaler Geschichtsfreak ist und so ziemlich jede unnötige Jahreszahl und Stadt kennt.“
„Tja, doch kennst doch den Spruch: Never judge a book by the cover!“
Ich muss nach Luft schnappen und lasse vor Überraschung beinahe mein Handy fallen. Genau dasselbe hat Logan heute Vormittag in dem Coffee-Shop zu mir gesagt. Never judge a book by the cover.
„Lou? Bist du noch dran?“
Ich fasse mich wieder und umklammere mein Handy. „Was?... Äh, ja… ich… ich bin noch dran.“
„Du klingst auf einmal so komisch? Stimmt irgendetwas nicht?“
„Äh… nein, alles okay. Ich… ich muss jetzt bloß Schluss machen. Meine Mutter ruft mich, ich soll runter kommen. Tee und Apfelstrudel“, schwindel ich, weil ich das Gespräch auf einmal so schnell wie möglich beenden will bevor mir noch die Sache mit Logan aus Versehen herausrutscht.
„Mhm… Apfelstrudel. Der von deinem Vater?“
„Ja, hat er heute extra für mich gebacken.“
„Na dann will ich dich nicht weiter aufhalten. Wir können ja dann morgen weiterreden.“
„Ja. Holst du mich dann ab? Das Auto ist in der Werkstatt und ich will bei der Affenhitze die sie für morgen vorhergesagt haben nicht mit dem Fahrrad rüberfahren…“
„Klar kann ich machen. Wann?“
„So um eins?“
„Okay. Aber dafür musst du mir ein Stück vom Apfelkuchen übriglassen.“
„Ich werd’s versuchen, kann aber nichts garantieren…“
„Na dann, bis morgen!“
„Bis morgen…“
„Und Lou?“
„Was ist noch?“
„Vergiss deine Schwimmsachen nicht…“
Eine Woche später
September
Aus dem Nachmittagsbesuch bei Marty war ein ganzer Sechs-Tage-Urlaub geworden. Wir hatten es uns so gut gehen lassen wie schon lange nicht mehr. Haben bis Mittag geschlafen (obwohl das bei mir eigentlich ohnehin die normale Aufstehzeit ist), dann ein bisschen im Pool rumgeplantscht, zwei ganze Staffeln „Gossip Girl“ geschaut, uns größtenteils nur von Junk Food in Form von Chips, Keksen, Pizza und Fertighamburger ernährt und bis tief in die Nacht PlayStation gespielt, während wir nebenher irgendwelche alten Horrorfilme von den alten Videokassetten ihrer Mutter, die wir vor ein paar Jahren auf den Dachboden gefunden haben, geschaut haben. Die meisten der Filme waren ab 18 gewesen, was uns nicht weiter störte. Die Filme haben wir schon vor vier Jahren mit 14 und 15 (Marty ist ein Jahr älter als ich) geschaut und das grauslichste an den Filmen waren meisten nicht die dargestellten Gräueltaten sondern vielmehr die miesen Special Effects und die grottige Farbqualität der Bänder. Alles in allem war es wie eine Zeitreise in die gute alte Zeit gewesen. Eine Zeit in der wir noch die ganze Oberstufe vor uns hatten. Eine Zeit ohne viel Drama oder Stress wegen Jungs. Eine Zeit wo man nicht viel über seine Zukunft nachdenken musste und was man später machen will um sich den Lebensunterhalt zu verdienen.
An all das muss ich denken, während ich in Martys Auto auf dem Beifahrersitz sitze und mich von ihr nach einer wilden Partynacht nach Hause fahren lasse. Gestern Nacht hat Sven nämlich angerufen und gemeint, dass ein Freund von ihm eine Home-Party schmeißt und hat gefragt, ob wir nicht Lust hätten vorbeizukommen. Eigentlich wollte ich ja nicht, aber Marty konnte mich dann doch noch überreden und so haben wir uns aufgebrezelt und sind zu Svens Freund gefahren. Die Party war ganz lustig, aber weil wir alle etwas getrunken hatten, haben Marty und ich dann bei Sven auf der Gästecoach übernachtet. Das heißt, ich hab mir auf der blöden Couch einen steifen Nacken zugezogen, während die beiden angetrunken Turteltauben in Svens Bett lagen und sich ständig irgendetwas zuflüsterten und leise kicherten. Ich kam mir furchtbar fehl am Platz vor, aber es gab keine andere Möglichkeit für mich um nach Hause zu kommen und irgendwo musste ich die Nacht schließlich verbringen.
Marty hält vor unserer Einfahrt und ich stoße die Beifahrertür förmlich auf. Ich steige aus und hole meinen Rucksack mit meinen Übernachtungssachen aus dem Kofferraum. Dann gehe ich noch einmal zu Beifahrertür und verabschiede mich von meiner besten Freundin. „Tschüss. Danke fürs Bringen. Und Marty?“
„Ja?“
„Viel Spaß auf der Familienfeier…“ Ich konnte mir diesen Kommentar einfach nicht verkneifen. Ich sehe wie Martys Gesicht rot anläuft, sie knapp mit dem Kopf nickt und dann ohne ein weiteres Wort losfährt. Ich schaue ihrem verschwindenden Auto grinsend hinterher. Marty konnte Familienfeiern nicht ausstehen, vor allem seit fast alle ihre Verwandten seit letztem Jahr glaubten sie sei lesbisch. Sagen wir es mal so, die meisten von ihnen sah sie nur einmal im Jahr und meistens wird sie gefragt, ob sie einen Freund hat oder nicht. Da Marty vor Sven noch nie einen festen Freund gehabt hat – und sie sind erst seit einem halben Jahr zusammen –, konnte sie die Frage auf den Tod nicht ausstehen. Irgendwann war ihr dann der Kragen geplatzt und sie antwortete folgendermaßen auf die Frage ob sie nun schon einen Freund habe oder nicht: „Nein, ich habe eine Freundin.“ Bumm! Und schon war die Bombe geplatzt! Ich wäre so gerne dabei gewesen, als sie das verkündet hat. Soweit ich dem Bericht ihrer Cousine vertrauen darf war es ein herrliches Spektakel gewesen.
Kopfschüttelnd und mit einem Grinsen im Gesicht ob dieser Erinnerung bleibe ich vor dem Tor stehen und klingle Sturm. Ich bin zu faul um in den Tiefen meines Rucksacks nach meinem Schlüsselbund zu suchen. Nachdem ich ungefähr fünf Minuten lang alle sich im Haus befindlichen Personen mit meinem nervigen Dauerläuten in den Wahnsinn getrieben habe, macht das Tor plötzlich einen Ruck und setzt sich langsam in Bewegung. Ich lasse den Klingelknopf los und schlüpfe durch die Öffnung. Kaum bin ich auf der anderen Seite fliegt auch schon die Haustür auf und ein wütender Martin steht auf der Türschwelle.
„Sag mal sind deine Finger mit der dämlichen Klingel verschmolzen, oder was?“
„Ist nicht meine Schuld, wenn du so lange brauchst um das Tor zu öffnen“, rufe ich ihm zu während ich gemütlich zum Hauseingang schlendere.
„Hast etwa schon wiedermal deine Schlüssel zuhause liegen lassen?“
Ich bin an der Haustür angekommen und zwänge mich an meinem Bruder vorbei hinein ins Haus. „Nein, ich wollte bloß nicht den halben Rucksack umgraben.“ Ich streife mir meine Schuhe ab und gehe schnurstracks durchs Vorzimmer auf die Treppe zu die hinauf in den ersten Stock führt. Ich höre wie Martin hinter mir die Tür schließt und wieder absperrt. Ich will schon die Treppe hinauflaufen, als plötzlich die Stimme meines Vaters aus dem Büro nach mir fragt. „Lou? Bist du das?“
Ich verkneife mir ein genervtes Stöhnen, rollte mit den Augen und setzte dann mein strahlendstes Lächeln auf, bevor ich am Treppenabsatz kehrt mache und um die Ecke in das Büro meines Vaters gehe. „Jep, ich bin’s.“
„Schön das wir dich auch mal wieder zu Gesicht bekommen…“, meint mein Vater und wendet seinen Blick vom Computerbildschirm ab und mir zu.
„Ach komm, Pa. Das ist nicht das erste Mal, dass ich so lange bei Marty war.“
Mein Vater schüttelt langsam den Kopf, ein mildes Lächeln auf den Lippen. „Nein, das ist es nicht. Es ist nur… du warst jetzt eine ganze Woche weg in London und dann die nächste Woche gleich wieder außer Haus… Es ist bloß irgendwie so still hier im Haus, wenn du nicht da bist.“
„Ich glaube nicht, dass es bei Martins ständig auf volle Lautstärke gedrehter Stereoanlage in diesem Haus jemals still ist“, erwidere ich trocken.
Mein Vater lacht und nickt zustimmend. „Da hast du auch wieder recht.“
„Weißt du Pa, ich glaube langsam wird es Zeit, dass du dich daran gewöhnst, dass dein kleines Mädchen groß geworden ist…“
Mein Vater nimmt seine Lesebrille ab und reibt sich mit Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand die Augen, während er sich in seinem riesigen, schwarzen Bürostuhl zurücklehnt. „Du wirst immer mein kleines Mädchen bleiben, egal wie alt du bist.“
Daraufhin entsteht eine peinliche Stille. Ich trete ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Langsam wird der Rucksack, welchen ich nur über eine Schulter gehievt hab, schwer und ich will nur mehr noch rauf in mein Zimmer und mich auf mein Bett hauen und vielleicht ein bisschen schreiben. „Ähm… willst du noch irgendetwas von mir, sonst gehe ich jetzt rauf…“
Mein Vater sieht mich kurz etwas zerstreut an, doch dann nickt er und fängt an in dem Zettelchaos auf seinem Schreibtisch nach etwas zu suchen. Ich sehe ihm dabei mit gerunzelter Stirn zu, wie er auf einmal ein braunes Päckchen aus dem Chaos herauszieht und mir entgegenhält. „Ja, eigentlich wollte ich dir bloß das hier geben. Es war am Freitag in der Post… Aus Amerika. Der Absender ist irgendjemand namens Logan Lerman, wenn ich recht gelesen habe.“
Ohne es zu wollen lasse ich meinen Rucksack los, welcher krachend zu Boden fällt, und schnappe eilig nach dem großen, braunen Umschlag.
„Logan Lerman… Der Name kommt mir so bekannt vor… Heißt so nicht der Schauspieler, denn du so gerne hast?“
Ich schaue meinen Vater mit großen Augen entsetzt an. Woher…? Nein okay, so oft wie ich über Logan geschwärmt habe muss der Name irgendwann bei ihm im Kopf hängen geblieben sein. Aber ich kann doch jetzt nicht meinem Vater sagen, dass ich Post von einem berühmten Hollywoodschauspieler habe!
Ich richte meinen Blick auf den Umschlag in meiner Hand. Er ist ungefähr so groß wie ein DIN-A-4 Blatt, 8 oder 10 Zentimeter dick und fühlt sich ein bisschen schwer in meiner Hand an. Ich drehe den Umschlag um, sodass ich auf der Rückseite den Absender nachlesen kann und kann mir prompt ein Grinsen nicht verkneifen.
Da steht:
Logan Lermann
Lerman mit zwei N. Haha, sehr witzig – ich lach mich tot (Ist natürlich sarkastisch gemeint, so was kommt auf Papier bloß nie richtig rüber…). Das hat er bestimmt mit Absicht gemacht, weil ich gesagt habe, dass man meinen Nachnamen nur mit einem N schreibt.
Ich blicke von dem Umschlag auf und in das erwartungsvolle Gesicht meines Vaters. Dann schüttele ich langsam den Kopf. „Nein, das ist nicht der Schauspieler. Denn schreibt man nur mit einem N und der hier schreibt sich mit zwei, siehst du?“ Ich zeige meinem Vater den Absender noch einmal. Er setzt sich seine Lesebrille auf und liest den Namen mit zusammengekniffenen Augen. Als er wieder aufblickt schaut er nicht sonderlich überzeugt aus. „Könnte bloß ein Schreibfehler sein…“
„Ich bitte dich Pa! Wer schreibt bitte seinen eigenen Namen falsch, hm? Er heißt nur zufällig genauso, solche Zufälle gibt es. Außerdem, wo soll ich bitte DEN Logan Lerman kennengelernt haben und woher soll er bitte meine Adresse haben. Und wieso sollte er mir einen Brief schicken. Kannst du mir das sagen?“
Mein Vater zuckt ratlos mit den Schultern. „Die Fragen habe ich mir auch schon gestellt. Naja, vielleicht hast du ja recht. Bei 7 Milliarden Menschen auf der Welt ist es nicht unwahrscheinlich, dass zwei Menschen zufälligerweise den gleichen oder ähnlichen Namen haben.“
„Eben. Sag ich doch.“ Ich gehe zurück zu meinem Rucksack und hebe ihn vom Boden auf. „Wenn du mich jetzt entschuldigst – ich werde jetzt hinauf in mein Zimmer gehen und herausfinden was in diesem Umschlag drinnen ist.“
„Okay. Ich nehme an wir sehen uns dann erst beim Abendessen wieder.“
„Höchstwahrscheinlich“, antworte ich geistesabwesend und verlasse das Büro. Im Türrahmen bleibe ich jedoch noch einen Moment stehen und drehe mich noch einmal zu meinem Vater um. „Ach, und bevor ich es vergesse... Ich steh jetzt wieder auf Zac Efron.“
Ich sehe noch wie mein Vater grinsend den Kopf schüttelt und leise etwas murmelt, dass ich nicht verstehe, bevor ich auf dem Absatz kehrt mache und hinauf in mein Zimmer eile.
Dort angekommen pfeffere ich meinen Rucksack gleich mal in die nächste Ecke und lasse mich dann auf mein Bett fallen. Was wohl in diesem Umschlag drinnen ist? Und... oh mein Gott, er hat mir wirklich geschrieben! Ich, Lou Zimmerman, habe Post von Logan Lerman!!!
Ich kann nicht umhin ein erfreutes Quietschen von mir zu geben und vor lauter Freude von meinem Bett aufzuspringen und wild auf und ab zu hüpfen. Als ich mich wieder halbwegs eingekriegt habe, unterdrücke ich den Drang den Umschlag sofort aufzureißen sondern gehe zu meinem Schreibtisch und öffne ihn feinsäuberlich mit meinem silbernen Brieföffner. Ich werfe einen Blick in den Umschlag und schnappe nach Luft. Da ist ein Buch drinnen. Eilig fische ich das Buch aus dem Umschlag heraus und will zuerst meinen Augen nicht glauben. Mein „Artemis Fowl“-Buch, dass ich am Flughafen im Coffee-Shop habe liegen lassen!
Auf der Vorderseite klebt ein gelbes Post-It, auf dem in geschwungener Schrift folgendes auf Englisch steht:
Dachte mir, du willst das hier vielleicht wiederhaben… ;-)
Ich muss grinsen und lasse mich langsam auf meinen Schreibtischstuhl niedersinken. Ich lege das Buch auf meinen Schoß und werfe noch einmal einen Blick in den Umschlag in der Hoffnung dort noch einen Brief vorzufinden, aber der Umschlag ist leer. Enttäuscht lege ich den leeren Umschlag und das Buch auf meinen vollgeräumten Schreibtisch und gehe zurück zu meinem Bett. Ich lege mich hin, verschränke die Arme hinter meinen Kopf und starre hinauf auf meine weiße Zimmerdecke.
„Was hast du erwartet, Lou? Einen Liebesbrief?! Sei froh, dass du dein Buch wieder hast und vergiss die ganze Sache am besten ganz schnell wieder…“, flüstere ich zu mir selbst und schließe meine Augen. Es wäre ja auch zu schön gewesen um wahr zu sein…