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Fading Vision

Kurzbeschreibung
KurzgeschichteAngst, Schmerz/Trost / P16 / Gen
Graf Rochefort Kardinal Richelieu
23.04.2012
23.04.2012
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Meine erste FF in diesem Fandom...Tja, aber Rochefort aus dem 1993er Film ist einfach so genial, ich musste einfach über ihn schreiben. :D

Disclaimer: Die Drei Musketiere gehören Alexandre Dumas, mir gehört nichts, nada, niente~ *hust* Leider.

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Ein Regentropfen zerplatzte auf seinem nackten Oberarm, kühlte überhitzte Haut. Er beachtete es nicht. Vollends konzentriert betrachtete er den Klingentanz vor seinen Augen, wich unwillkürlich einen halben Schritt zurück, hob den Degen mit einer blitzschnellen Bewegung, um einem besonders tückischen Schlag entgegenzuwirken und wurde mit dem hellen Klirren von aufeinander treffendem Stahl belohnt. Ein Ausfallschritt, zu weit, um von einem vorsichtigen Menschen ausgeführt worden zu sein, brachte ihn seinem Gegner nah genug, um einen flinken Schlag auf die Lendengegend anzusetzen, der, als er auf die gegnerische Klinge traf, sein Ziel sofort auf den rechten Knöchel verlagerte. Sein Gegner schien genau das erwartet zu haben, und er wich dem Tritt nur mit einem schnellen Sprung zur Seite aus, rollte sich ab und stand innerhalb eines Augenblicks wieder auf den Beinen.
Er fixierte seinen Gegner. Setzte bedächtig einen Fuß vor den anderen. Umkreiste ihn. Ein plötzlicher Blitzschlag erhellte den Himmel, blendete ihn kurz. Doch es war genug. Sein Gegner hechtete vorwärts, er wich zurück und duckte sich rasch unter dem wilden Schlag hinweg. Mit einem kurzen Schnippen seines Degens, wischte er die Klinge des Anderen beiseite, war kurz davor endlich zu treffen und dieses sinnlose Duell ein für alle Mal zu beenden- ein weiterer Blitz durchbrach die Wolkendecke, jagte weißes Licht über die regennassen Klingen beider Kontrahenten; er schloss reflexartig die Augen, aufgrund der Helligkeit.
Fehler.
Das Sirren eines Degens, der die Luft zerschnitt, als wäre sie die feinste Seide. Einen Moment lang sah er sie. Eine silberne Schliere. Und er sah seinen Gegner. Das siegessichere Grinsen. Er riss seine Waffe hoch, wollte den Schlag abwehren. Doch zu spät.
Schmerz.
Die silberne Schliere kollidierte mit seinem Gesicht. Brennender, glühend heißer Schmerz jagte durch seinen Kopf, seine Sicht verschwamm, wurde ersetzt von hellem Rot. Blutigem Rot. Etwas Warmes lief seine Wange hinunter. Ein Schrei. Laut. War es sein eigener? Vermutlich. Er bemerkte kaum, dass seine Beine ihm einfach den Dienst versagten. Er fiel auf die Knie, die Hand auf seine linke Augenhöhle gepresst. Schmerz, reißend, vernichtend, heiß und unglaublich stark, jagte durch jede Faser seines Körpers, ließ ihn alles vergessen.
Etwas Hartes traf ihn in die Magengrube, zwang jeglichen Sauerstoff aus seinen Lungen, erstickte den Schrei zu einem schmerzerfüllten Keuchen. Er krümmte sich, als eine neue Welle Schmerz über ihn hereinbrach wie eine Flutwelle über die Küste. Verzweifelt versuchte er, nach Luft zu schnappen, doch die reißende Pein in seinem Körper hielt ihn mit ihren brennenden Klauen umklammert. Er glaubte, ein Geräusch zu hören. Waren es Worte? Nein...ein Lachen? Er sah auf, nur um die auf ihn zufliegende Faust zu spät zu bemerken. Der Schlag riss seinen Kopf zurück, entrang ihm ein weiteres Aufkeuchen. Ein kurzer Blitz zuckte durch den Himmel, und er sah für einen Moment klar. Sah seinen Gegner. Sah dessen Waffe mit seltsam blutiger Spitze. Sah seine Hände. Seine besudelten Handschuhe. Das Blut auf seinen Kleidern. Das leuchtende Rot verschwamm vor seinen Augen. Er spürte, wie ihm sein Degen aus der Hand glitt. Dann ergriff die Dunkelheit von ihm Besitz.




Die Tage verschwammen, Sonne und Mond wurden eins, Licht und Dunkelheit verflochten sich bis zur völligen Unkenntlichkeit. Es kümmerte ihn nicht.
Ein Fehler. Ein einziger, fataler Fehler. Er war zu unvorsichtig gewesen, hatte die Herausforderung des Gascogners zu leichtfertig akzeptiert! Er hätte vorbereitet sein müssen, er hätte so etwas vorhersehen müssen!
Und nun?
Gezeichnet. Verstümmelt. Ein Nichts und ein Niemand. Was war ein Fechter mit nur einem Auge? Ein Krüppel, ein Veteran! Jemand, Etwas, was man auf einem Schlachtfeld nicht gebrauchen konnte! Die Gedanken schmerzten mehr, waren stärker als das träge Pochen unter dem schneeweißen Verband, fraßen sich förmlich in seinen Kopf, um sich dort mit beängstigender Beharrlichkeit festzubeißen. Er war ein Nichts. Nutzlos. Eine heiße Welle Schmerz jagte erneut durch seinen Körper, gefolgt vom lähmenden Mantel der Resignation, der sich wie eine Schneedecke hauchzart über seine Gedanken legte und sie zum Stillstand brachte. Doch die Gedanken waren keine, die er unbedingt in seinem Kopf hätte stillstehen lassen wollen.
Nutzlos. Nutzlos. Nutzlos.
Das Wort hämmerte sich förmlich in seinen Verstand hinein.
Er hatte seit seiner Ankunft in diesem Zimmer kein einziges Mal die Augen geöffnet. Warum sollte er auch? Was würde er sehen? Was wäre notwendig, gesehen zu werden? Mitleid. Nichts als verhasstes, unnötiges Mitleid. Einäugig, verstümmelt, verkrüppelt. Etwas Unnötiges im Korps der Musketiere. Und sein Gegner, dieser gottverdammte Gascogner würde vermutlich noch mit seiner Tat prahlen. Als ob er in einem fairen Kampf eine Chance gehabt hätte! Der Gascogner, d'Artagnan...in einem fairen Duell hätte er, Rochefort ihn besiegt, daran bestand kein Zweifel! Aber nun lag dieser Gedanke in unerreichbarer Ferne.
Er hörte Stimmen, gedämpft durch die Holztür zu seinem Raum. Waren es wieder Musketiere, gekommen, um ihn anzugaffen? Für ihn zu beten, ihm ihr Beileid auszusprechen? Als ob es ihn kümmern würde, was sie dachten...ihr Beileid, ihr Mitleid war unwichtig, es war verhasst, unnötig. Er mochte ein Krüppel sein, aber er war noch immer er selbst! Er war Rochefort, ein Musketier des Königs, ein Mann wie sie alle, ein Fechter, der seinesgleichen suchte- und nun anscheinend auch gefunden hatte.
Egal was er dachte, er konnte seine Gedanken nicht von diesem resignierenden, erzürnend niederschmetternden Weg abbringen. Egal was er tun würde, egal was passieren würde- sie alle würden ihn nicht mehr als das betrachten, was er einst gewesen war. Der Gedanke scheuchte den kleinen wütenden Funken, welcher seit den letzten Tagen in ihm schwelte, wieder auf, doch erneut schaffte der Funke es nicht, das Leuchtfeuer der Wut in ihm zu entzünden. Erneut wurde er erstickt, durch den lähmenden Mantel der Resignation.
Die Stimmen von draußen klangen aufgeregt, und näherten sich beständig. Rochefort zwang sich, regungslos zu bleiben. Keiner sollte merken, dass er wach war. Sie würden ihn nur bemitleiden. Und das tat er selbst schon zur Genüge.
Das leise Knarren der sich öffnenden Holztür war eine willkommene Abwechslung in der eintönig gewordenen Sammlung von Geräuschen, welche hauptsächlich aus Stimmen und gedämpftem Straßenlärm bestanden hatte.
„Hier ist er“, das war die Stimme Trevilles, was Rochefort außerordentlich verwunderte. Warum kam der Hauptmann der Musketiere zu ihm? Schließlich hatte er es die restlichen Tage über auch nicht für nötig gehalten, seinen Frieden zu stören- wofür Rochefort ihm ausgesprochen dankbar war. Ein leises Rascheln von Stoff, Schuhe mit leichtem Absatz, im Klang völlig anders, als die beschlagenen Stiefel der Musketiere. Also kein Mitglied des Korpses, welches ihm hier die Ehre erwies. Vielleicht wieder der Arzt...? Aber den hätte Treville niemals begleitet, erinnerte sich der Comte selbst. Nein, das hier musste weitaus höherer Besuch sein, wenn es der Hauptmann persönlich für nötig hielt, ihn zu eskortieren. „Er sieht nicht gut aus. Ist er in den vergangenen Tagen bei Bewusstsein gewesen?“, fragte eine Stimme, die Rochefort nicht einordnen konnte. Sie gehörte auf alle Fälle zu keinem Musketier, aber wer war es dann? „Nein“, kam die Antwort Trevilles, „Kein einziges Mal. Unser Arzt meinte, es könne ein Schockzustand sein, welcher es es ihm verbiete, wieder die Augen zu öffnen.“
Das Auge, meint Ihr“, erwiderte der Unbekannte ohne Zögern, und Rochefort dankte ihm unwillkürlich für das abwesende Mitleid. Ein trockener Fakt, nichts weiter. Allein diese vier Worte des Unbekannten, machten seine Situation ein klein wenig erträglicher.
Holz scharrte über Holz- ein Stuhl wurde herangezogen, schätzte er, und jemand setzte sich darauf, wie er anhand des lauten Raschelns schloss. Dieses Rascheln...eine Robe vielleicht? Dann standen die Chancen hoch, dass es womöglich ein Besucher geistlicher Natur war, der es für nötig gehalten hatte, ihn in seinem Selbstmitleid zu unterbrechen. Die Frage war nur, warum.
„Wer hat ihm das angetan? Ich hörte, er ist einer Eurer besten Fechter?“, Rochefort spürte den Blick des Unbekannten förmlich auf sich ruhen, als er diese Worte sprach.
„Ein Musketier namens d'Artagnan. Sorgt Euch nicht, Eminenz, er wurde bereits dafür bestraft“, antwortete Treville. Die grimmige Befriedigung, welche Rocheforts Geist mit einem Mal durchströmte, wurde durch die Überraschung, ausgelöst durch den Titel 'Eminenz', nur wenig gedämmt. 'Eminenz'...damit konnte doch unmöglich der Kardinal gemeint sein? Was suchte jemand, der im ständigen Zwist mit den Musketieren stand, hier? Vermutlich hatte er von dem kleinen Zwischenfall gehört und war nun hierher gekommen, um sich selbst von dieser Schande zu überzeugen. Rochefort war überrascht, wie wenig ihn das kümmerte, nein, wie sehr er es sogar genoss.
„D'Artagnan, also“, murmelte der vermeintliche Kardinal, „Ich hoffe, die Strafe ist nicht zu sanft ausgefallen. Ein solches Vergehen ist nichts, was man leichtfertig richten sollte. Auch wenn es höchst vorhersehbar war.“
Er hatte Mühe, sein Gesicht regungslos zu halten, hatte Mühe, dass schadenfrohe Grinsen zurückzuhalten, welches er Treville und genauso den anderen Musketieren nur allzu gern präsentiert hätte. Der Erzfeind der Musketiere, der Kardinal Richelieu höchstpersönlich war hier und wagte es auch noch, sich ohne jegliche Zurückhaltung öffentlich über die Musketiere lustig zu machen- und das sogar noch vor ihrem Hauptmann. Der Gedanke, dass die Beleidigung somit eigentlich auch ihm gegolten hätte, wurde erfolgreich in den hintersten Winkel seines Kopfes verbannt. Was würden ihm die Musketiere weiterhin bringen? Nichts. Absolut nichts.
Seine Schadenfreude wuchs noch mehr, als Trevilles Antwort ausblieb, doch er meinte, ein unterdrücktes Schnaufen zu hören. Mehrere Tage Dunkelheit hatten sein Gehör geschärft und er war außerordentlich dankbar dafür.
„Er bereut seine Taten“, nach wenigen Momenten der Stille kam schließlich doch eine Antwort Trevilles, und die Schadenfreude verschwand so schnell wie sie gekommen war, „Es lag nie in d'Artagnans Absicht, einen Kameraden zu verletzen- er war immer ein Musketier voller Ehre. Es war ein Unfall, Eminenz.“
Da war er erneut, der wütende Funke in ihm. Ehre? Nicht in seiner Absicht? Lächerlich. Der Gascogner war weit entfernt von allem, was man Ehre hätte nennen können. Er hatte ihn spöttisch angelächelt, kurz bevor er ihn der Dunkelheit überlassen hatte. Er hatte einen Verwundeten geschlagen, nannte man das etwa Ehre? Schwächen auszunutzen war in Duellen etwas Notwendiges, doch einen Verletzten noch weiterhin zu attackieren, war- Rochefort stoppte seine Gedanken, bevor sie drohten, sich zu unzähmbarer Rage zu steigern. Er selbst mochte zeitweilig ruchlos und gnadenlos sein, doch Verwundete waren unter seiner Würde, das gebot allein schon seine Abstammung. Ein Graf hatte so zu handeln, wie man es von ihm erwartete- Verwundete anzugreifen, gehörte nicht dazu.
„Wenn Ihr das sagt, Monsieur Treville...“, der Kardinal klang alles andere als überzeugt, und die höflichen Worte, obgleich versetzt mit einer leicht spöttischen Note, linderten Rocheforts Zorn nur mäßig. Stoff raschelte, ganz in seiner Nähe. Ein Schatten fiel über sein Gesicht, er spürte es deutlich. Und als er die Worte hörte, die der Kardinal sprach, war es um jegliches Gefühl geschehen. Jegliches Gefühl, bis auf gleißenden Zorn.
„In nomine patris et filii et spiritus sa-“
Rochefort riss sein verbliebenes Auge auf. Seine Hand schoss nach oben. Packte den ausgestreckten Arm des Kardinals, der ihn gerade hatte bekreuzigen wollen. Sein Todesurteil sprechen. Sein Leben für verwirkt erklären.
Verwirkt. Ohne vorher Rache an dem Gascogner geübt zu haben? Niemals.
Der Kardinal war zusammengezuckt, wollte zurückweichen, doch Rocheforts Griff war härter als Stahl- wie ein Schraubstock hatte er sich um das Handgelenk des Ersten Ministers des Hofes gelegt, und wie ein Schraubstock hielt er ihn auch fest. Die Überraschung in den braunen Augen des Kardinals war erfreulich, doch hätte sie ihn kaum weniger kümmern können. Sein rechtes Auge blitzte vor Wut und er drehte den Kopf leicht, um den Kardinal besser ansehen zu können.
„Wagt es nicht, ein Leben zu beenden, bevor es völlig zur Neige gegangen ist. Ihr werdet es bereuen, Kardinal hin oder her.“
Seine Stimme war ein wütendes Zischen, rau, aufgrund der wenigen Benutzung in den letzten Tagen, doch es kümmerte ihn nicht. Treville war sofort auf das Bett zugestürzt, doch der Kardinal hielt ihn mit einer energischen Kopfbewegung zurück, bevor sich sein Blick wieder zu Rochefort wandte. Vieles war darin zu lesen. Angst, Beunruhigung, Spott, Unglaube. All das verwunderte Rochefort nicht, ihn erfreute lediglich die Tatsache, kein Mitleid in den Augen des Kardinals zu finden. Stattdessen sah er, zu seiner Überraschung, Neugier.
„Bereuen?“, wiederholte der Geistliche kurz und nicht ohne einen verächtlichen Unterton in der Stimme, „Mit dem Degen? Wohl kaum. Ebenso gut könnte man einen Ritter ohne Bewaffnung und Rüstung an die Frontlinie schicken. Der Grad des Nutzens wäre der Gleiche.“
Die Worte waren hart und brutal gesprochen worden, doch sie waren genau das, was Rochefort hatte hören wollen. Er wollte kein Mitleid, er wollte Tatsachen. Die Tatsache, dass er nicht mehr der war, der er noch vor wenigen Tagen gewesen war. Er war anders, jemand anders. Und dieser Jemand war trotz allem nicht schwach.
Falls der Kardinal erwartet hatte, dass diese Worte ihn trafen, seinen Griff lockerten, so hatte er sich geirrt. Die einzige Reaktion Rocheforts war ein amüsiertes, schiefes Lächeln.
„Nicht, wenn der Ritter eine Muskete bei sich trägt“, erwiderte er, und spürte, wie die Kraft in seine Glieder zurückkehrte, sobald die Worte seine spröden Lippen verlassen hatten.
Der Kardinal erwiderte sein Lächeln mit einem spöttischen Zucken seiner Mundwinkel. „Wie lautet Euer Name?“, fragte er, seine ruhige Fassade nun vollkommen wiederhergestellt. Rocheforts Lächeln wurde dünner, ebenso wieder ganz der höfliche Graf, zu welchem er erzogen worden war.
„Rochefort, Eminenz“, seine Stimme war noch immer rau, doch nun wusste er, wie er zu sprechen hatte. Er war schließlich ein Mann edlen Geblüts und musste auch diesen Eindruck hinterlassen- auch wenn seine Hand, die immer noch das Handgelenk des Kardinals umklammerte, eine vollkommen andere Sprache für sich sprach.
„Rochefort...“, der Kardinal sprach den Namen leise aus, nachdenklich, während er des Grafen Gesicht studierte, ließ ihn sich förmlich auf der Zunge zergehen.
„Ihr werdet einiges an Zeit brauchen, Eure Fertigkeiten wiederherzustellen, nehme ich an.“
Rocheforts Auge weitete sich ein Wenig in Überraschung. Deutete der Kardinal gerade an, dass er-
„Ich fürchte es, Eure Eminenz“, er spürte, wie seine Stimme praktisch mit jeder verstreichenden Sekunde immer kräftiger wurde, „Doch es wird nicht vergebens sein.“
Und ich werde stärker sein denn je, fügte er in Gedanken hinzu, das Lächeln nun vollends ersetzt durch Ernsthaftigkeit. Ganz im Gegensatz zum Kardinal, auf dessen Lippen sich nun ein unverkennbares, breites Lächeln ausbreitete, und Rochefort unwillkürlich dazu bewegte, seinen Griff zu lockern, um seine Hand schlussendlich wieder sinken zu lassen.
Der Kardinal musterte den Grafen noch einen Moment, bevor er seinen Blick zu Treville wandern ließ, der die ganze Zeit keinen Ton von sich gegeben hatte.
„Ich wünsche eine Mitteilung von Euch, wenn er vollständig genesen ist.“ Das Lächeln in seinen Zügen war verschwunden, der Ton war der eines strengen Befehlshabers.
Treville neigte wortlos den Kopf und der Kardinal erhob sich. Nun, ohne den schützenden Schatten seines Arms, traf die Sonne in Rocheforts Auge und er blinzelte aufgrund der Helligkeit. Er hob eine Hand, um sein Auge abzuschirmen und drehte den Kopf um Richelieu noch einen Blick zuzuwerfen. Der Kardinal nickte ihm mit einem Lächeln, so kurz wie ein Blitzschlag, zu, bevor er und Treville aus dem Raum verschwanden, und die Tür hinter sich schlossen.
Rochefort starrte noch einen Moment auf die Holzbarriere zwischen ihm und dem Hauptquartier der Musketiere, das ihm nun seltsam fremd erschien. Er hatte hier nichts mehr verloren. Er war nicht länger der Musketier Rochefort- er war mehr. Anders. Jemand anders. Und dieser Jemand fühlte sich zu den Musketieren nicht länger hingezogen...es gab nur eine Kleinigkeit, die seinem Bruch mit ihnen noch vollkommen im Wege stand. D'Artagnan.
Rochefort drehte den Kopf und starrte an die Decke, bevor er die Augen wieder schloss. Er brauchte Kraft für den nächsten Tag- er hatte sein Training lange genug vernachlässigt und würde nun umso härter beginnen müssen. Wenn nicht sogar vom absoluten Nullpunkt, schließlich hatte er keine vollständige Sicht mehr. Kühle Fakten. Kein Selbstmitleid mehr, keine Resignation. Sie waren nicht von Nutzen.
Morgen würde er neu beginnen und diese neue Person walten lassen. Er würde d'Artagnan töten, sich rächen. Dem Korps der Musketiere den Rücken kehren, ein für alle Mal. Sich dem Mann anschließen, der ihn so behandelt hatte, wie er es gewollt hatte. Ohne Mitleid.
Der Mann, der ihn als Krieger sah, nicht als Krüppel.
Dort würde sein Platz sein.
Bei Richelieu.
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