Severus Snape und der Stein der Weisen
von sasa ray
Kurzbeschreibung
Ist eigentlich selbsterklärend: Der Stein der Weisen aus Sicht von Severus Snape. Warnung: Canonnah und keine Pairings. Kein Lemon und kein Dings und kein Bums und man weiß schon vorher, wie's ausgeht. Trotzdem wünsch' ich Euch mindestens soviel Vergnügen wie ich beim Schreiben hatte ...
GeschichteAbenteuer, Fantasy / P12 / Gen
Albus Dumbledore
Charity Burbage
Harry Potter
Minerva McGonagall
Severus Snape
26.03.2012
31.07.2012
18
54.707
33
Alle Kapitel
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Dieses Kapitel
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26.03.2012
2.427
Ich hab versucht, fleißig zu sein. Viel Spaß damit.
Briefe von niemandem
Ein Morgen wie jeder andere auch. Severus Snape schlich missmutig zum Frühstück in der Großen Halle und verfluchte sich selbst dafür, daß er es einfach nicht früher geschafft hatte. Er wäre dann immerhin von einem Großteil der Schüler verschont geblieben, die nun lärmend die Tische bevölkerten.
Noch fünfmal Frühstück, dann waren endlich Ferien und himmlische Ruhe würde einkehren in das uralte Gemäuer. Severus kam sich vor wie ein Häftling, der Tage bis zur Entlassung rückwärts zählte. Schlimmer als zu seiner Schulzeit. Da beinhalteten die Ferien auch immer den ungünstigen Umstand, daß er nach Hause, zu seinen Eltern musste.
Da hatte er es jetzt besser. Natürlich würde er auch einige Zeit in Spinner's End verbringen, aber immerhin war er sein eigener Herr — mehr oder weniger.
"Severus, gut, daß Sie da sind. Sie haben Post", grinste Albus ihm entgegen und legte einen kleinen, cremefarbigen Umschlag auf einen der unbenutzten Teller.
Wer sollte ihm wohl schreiben? Das musste ein Irrtum sein.
Severus setzte sich und bemühte sich, möglichst desinteressiert aus der Wäsche zu gucken. Das gelang ihm hervorragend.
Diesen gelangweilten, leicht blasierten Gesichtsaudruck sollte er sich patentieren lassen.
Belustigt nahm er wahr, daß ausgerechnet Minerva McGonagall einen langen Hals machte, um zu ihm und dem Brief herüberzuschielen. Ja ja, diese Gryffindors. Lustig. Wirklich.
Mit einem feinen Lächeln lehnte Snape den Brief an die Zuckerdose und goss sich zuerst einmal Tee ein.
Auf dem recht neutralem, cremfarbenem Pergament war kein Absender, nur mit nüchterner Schrift:
Ein Wappen auf dem Siegel und die Buchstaben BC. Snapes Gehirn hinter der desinteressierten Maske arbeitete auf Hochtouren. Aufreizend langsam bestrich er sich einen Toast mit Butter.
Seit er auf Hogwarts war, hatte er keine Post bekommen, wenn man mal von den offiziellen Dingen wie Steuerbescheiden und ein paar Fachzeitschriften absah. Im ersten Jahr seiner Anwesenheit hatte er regelrecht Angst vor der Post gehabt, bis dann endlich die Nachricht kam, daß das Verfahren gegen ihn, wegen aller möglichen Vergehen als Todesser, eingestellt worden war.
Persönliche Post erhielt er nicht. Von wem auch? Freunde schreiben einander Briefe. Der freundschaftliche Kontakt zu seinen Jugendfreunden, Malfoy, Mulciber, Avery und so weiter, war aus naheliegenden Gründen eingeschlafen. Als Freundschaften konnte man es auch nicht bezeichnen. Zweckgemeinschaft traf es besser.
Bedächtig wischte Snape sich die Finger an der Serviette ab und brach das Siegel des Briefes. Möglichst langsam zog er einen weiteren Bogen Pergament hervor, faltete ihn so auf, daß Minerva eben nichts sehen konnte und begann, zu lesen.
Lieber Severus,
Sei bitte nicht verstimmt, daß ich mich Dir einfach so aufdränge, aber unser Gespräch über die Anwendung von Thestralblut in Furunkeltränken geht mir einfach nicht aus dem Sinn. Ein wunderbar kurzweiliger Nachmittag.
Hagrid kam an den Tisch gepoltert und ließ sich geräuschvoll auf den Stuhl neben Severus fallen.
"Sieht aus wie'n Brief", röhrte er, "von wem iss'n der?"
"Von niemandem", erklärte Snape und die Kälte in seiner Simme ließ Hagid verstummen. Damit stand Snape auf und rauschte mit wehenden Roben hinaus, ohne gegessen zu haben.
Er war erstaunt. Und erfreut.
Black hatte die Begegnung mit ihm genossen und wollte sich mit ihm am Donnerstagabend zum Essen in einem kleinen Restaurant gar nicht weit von Hogwarts treffen.
Warum nicht?
Aus ihm unerfindlichen Gründen erfüllte ihn die Aussicht auf ein nettes Gespräch in wenigen Tagen, mit ähnlich guter Laune wie die Aussicht auf Ferien.
Bestens gelaunt und beschwingten Schrittes kam Severus am späten Abend, nach seiner Verabredung mit Black, nach Hogwarts zurück und es hätte eigentlich ein netter Abend bleiben können.
Wenn nicht Albus Dumbledore ihn schon in der Großen Halle abgefangen hätte. Immerhin zu nachtschlafender Zeit. Severus seufzte. Konnte man denn hier nicht ein einziges Mal seine Ruhe haben?
"Und war's nett?", fragte Albus.
"Ja sehr, danke der Nachfrage. Sie lauern mir doch hier nicht auf, um sich zu erkundigen, ob ich eine simple Verabredung überlebt habe?"
"Nein, um Sie habe ich mir da offengestanden weniger Sorgen gemacht", erwiderte Albus mit einem Zwinkern.
"Vielen herzlichen Dank auch", knurrte Snape.
"Nichts für ungut, ich habe da ein besonderes Anliegen, welches nichts mit Ihrer Freizeitgestaltung zu tun hat. Würden Sie mich bitte in mein Büro begleiten?"
Der Umstand, daß Albus sich sofort umdrehte und in besagte Richtung lief, unterstrich die Tatasche, daß es sich bei der Frage um keine Frage handelte. Severus folgte unwillig.
Er hasste das Büro und würde es immer hassen.
"Blaubeermuffin", sagte Albus und die Gargoyles schwangen zur Seite.
"Merken Sie sich das Passwort, falls ich mal nicht da sein sollte, es ist neu."
Als würde Severus freiwillig diese Räumlichkeiten aufsuchen. Auch noch in Albus' Abwesenheit — lächerlich. Sollte Severus jemals Schulleiter werden, was ganz sicher nicht passieren würde, wenn es nach ihm ginge, dann wäre er der erste Schulleiter, der niemals sein Büro aufsuchen würde.
Es kam, was kommen musste.
"Möchten Sie etwas trinken?", fragte Albus freundlich.
"Sicher nicht", fauchte Snape.
"Wie kann man nur so nachtragend sein, das ist fast zehn Jahre her ..."
"Ja! Und es kommt mir vor als wenn es gestern gewesen wäre! Weshalb wollten Sie mich sprechen?"
Bedächtig stand Albus aus seinem Sessel auf, auf dem er sich eben erst niedergelassen hatte, und stellte sich an eines der Fenster, aus denen man im Hellen das Quidditchstadion sehen konnte.
"Was wissen Sie vom Stein der Weisen?", fragte er, ohne Snape anzusehen.
Snape schüttelte das unangenehme Gefühl ab, daß es sich um so etwas wie eine Prüfung handelte und musste nicht lange nachdenken.
"El Iksir — jedes Kind hat davon schon gehört. Er verwandelt unedles Metall in Gold und kann einem zu ewigem Leben verhelfen. Die Alchemie ist nicht der seriöseste Zweig der Trankkunde, wenn ich das anmerken darf."
"Dürfen Sie. Ein wenig wie Wahrsagen und da halten Sie ja auch nichts von."
"Nein. Die Erfahrung hat mich gelehrt, daß es sich um einen ziemlich gefährlichen, windigen Blödsinn handelt."
Albus nickte fast unmerklich und fuhr dann fort.
"Wären Sie in der Lage, das Lebenselixier herzustellen?", fragte er unumwunden.
Severus schnaubte unwillig.
"Jeder Hohlkopf ist dazu in der Lage. Man gießt Rotwein auf den Stein und erhält das berühmte Aurum Potabile. Meines Erachtens ist dafür noch nicht mal Magie von Nöten."
Albus drehte sich um und fixierte Snape mit seinen stechend blauen Augen.
"Sollte unser gemeinsamer Freund, Tom Riddle, in den Besitz eines solchen Steins kommen, wäre er also in der Lage, das Lebenselixier herzustellen?"
Severus machte eine unwirsche Bewegung.
"Der Dunkle Lord ist nicht mehr", sagte er mit wenig Überzeugung. Albus blieb bewegungslos. Severus sah ihn fest an.
"Er darf niemals in den Besitz eines solchen Steins kommen. Und ich bitte Sie, das mit dem Freund zu unterlassen."
"Nur eine Redensart", konterte Albus.
"Ja, und meinerseits eine Bitte."
Albus nickte und strich sich nachdenklich über den Bart.
Albus hatte die Informationen, die er brauchte und Snape war entlassen.
Mit langen Schritten flüchtete er hinab in seine Kerker. Mit einem merkwürdig engem Gefühl in der Brust. Seine beinahe euphorische Laune war wie weggeblasen und mit mildem Erstaunen nahm er zur Kenntnis, daß er doch lieber gut gelaunt war. Und daß er Albus viel zu ernst nahm.
Ebenso wie sich selbst.
Der nächste Morgen mit lärmenden Schülermassen zum Frühstück, zerrte an Severus' zum Zerreißen gespannten Nerven. Er hatte sich die ganze Nacht unruhig von einer Seite auf die andere geworfen und doch keinen Schlaf gefunden.
Etwa fünf Minuten, bevor er aufstehen musste, war er endlich eingeschlummert und als der Wecker ihn unerbittlich aus der Traumwelt in die Wirklichkeit riss, wusste er zuerst nicht, wo er sich befand.
Er fühlte sich wie von einem Mantikor niedergetrampelt. Und jetzt saß er paralysiert am Lehrertisch und fixierte seinen Toast, als wollte ihm dieser ans Leben. Der Tee schmeckte abgestanden. Noch nicht mal die Aussicht auf satte zehn Wochen Ferien konnte ihn aufmuntern.
Sein Kopf fühlte sich an wie ein Bombenkrater. Hätte er gestern wenigstens gesoffen, dann hätte er einen Grund. So aber war es ausschließlich lästig. Und ungerecht.
Die eintreffenden Posteulen verursachten ein zusätzliches Höllenspektakel und Snape begann, das helle Kreischen der Tiere als grelle Lichtblitze wahrzunehmen.
Die Situation eskalierte als eine der Eulen einen schreiend rosa Umschlag auf Snapes Teller plumpsen ließ, oder besser, auf den gebutterten Toast, der auf ebenjenem Teller lag.
Snape war wie versteinert.
Sofort erkannte er das Siegel mit den Initialen BC. Warum war der verdammte Brief jetzt rosa? Die Erkenntnis drang langsam zu ihm durch. Sehr langsam.
"Wie lange wollen Sie die Kleine eigentlich noch hinhalten?", giftete Minerva neben ihm, "Oder sind Sie nur auf ein billiges, kleines Vergnügen aus?"
Snape starrte weiter auf dem Brief. Der auf dem Toast lag. Dann starrte er Minerva an. Unfähig, irgendetwas zu sagen. Raffte den Brief vom Teller und verschwand aus der Großen Halle, wie er meistens aus der Großen Halle verschwand. Mit wehenden Roben.
Minuten später stand er auf dem Astronomieturm und versuchte, in der windigen Stille seine Gedanken zu ordnen. Eine Hand spielte mit dem fettigen, noch immer verschlossenen Brief in seiner Tasche.
Er hörte Schritte, die Stufen heraufkommen. Konnte man denn wirklich nirgendwo seine Ruhe haben? Nirgendwo? Und nie? Er wollte sich weder umdrehen, noch wollte er genau wissen, wer ihn jetzt nerven würde.
"Sie müssen Minerva entschuldigen. Bernadette ist ihre Nichte", sagte Charity Burbage leise.
Na toll. Snape schloss resigniert die Augen.
"Es liegt mir fern, auf irgendjemandes Gefühlen herumzutrampeln", erwiderte Snape, bevor er es verhindern konnte.
"Weiß ich", sagte Charity, "mir passieren so Sachen auch. Ich kann's verstehen."
"Wir haben uns einfach nett unterhalten. Da war überhaupt nichts dabei."
Snape klang irgendwie leicht verzweifelt. Charity lachte.
"Keine Frau der Welt lässt sich stundenlang über Zaubertrankzutaten erzählen, ohne einzuschlafen, außer sie will was."
"Wirklich?", fragte Snape.
"Wirklich", bestätigte Charity.
"Schade eigentlich", sagte Snape.
Charity lachte wieder und Snape drehte sich nun doch um. An die Brustwehr gelehnt betrachtete er seine Kollegin. Es war ihm als sähe er sie zum ersten Mal. Ihre braunen Locken umrahmten ein freundliches, offenes Gesicht. Sie zog ihren Umhang fester um sich, scheinbar war ihr ein wenig kühl.
"Ich bin übrigens sehr glücklich verheiratet und werde unverzüglich einschlafen, wenn Sie mir etwas über Zaubertränke erzählen", sagte sie.
"Versprochen?"
"Hoch und heilig!"
Sie lachte. Snape war irritiert und fühlte eine merkwürdige Anziehungskraft, die von der Hexe ausging. Und er war irritiert, daß er das plötzliche Bedürfnis verspürte, mit ihr zu reden.
"Ich fand es einfach angenehm, mit jemandem zu sprechen. Ich dachte, wir wären irgendwie auf einer Wellenlänge ..."
"Sie haben eine Freundschaft gesucht und Bernadette, was für's Bett. Na ja, oder anders ... ihre Familie sitzt ihr im Genick, weil sie noch immer nicht verheiratet ist, mit sechsundzwanzig."
Snape zog eine Augenbraue hoch.
"Eine Verzweiflungstat also?"
"Ich weiß nicht, was steht denn in dem Brief?"
Eigentlich wollte Snape sie anblaffen, daß sie das nichts anginge. Stattdessen sagte er: "Ich habe ihn noch nicht gelesen. Ich werde ihr sagen müssen, daß es sich um ein Missverständnis handelt."
Er drehte sich wieder um und sein Blick schweifte über den Verbotenen Wald.
Er spürte mehr als daß er es sah, daß Charity neben ihm stand und seinem Blick folgte.
"Warum sind Sie eigentlich hier?", fragte er.
"Ich habe die ersten zwei Stunden keinen Unterricht, genau wie Sie."
"Aha", sagte er äußerst intelligent, räusperte sich dann.
"Sie sind doch ganz dicke mit Minerva, die hat Ihnen doch bestimmt alles Mögliche über mich erzählt."
"Sie sagte, daß Sie wohl ein wenig kauzig wären", Severus schnaubte unwillig, "aber auch, daß Slytherin immerhin das Haus ist, in dem man noch echte Freunde findet."
Severus lachte hell auf und erschrak selber über den ungewohnten Laut.
"Ach, dieser Häuserquatsch ... ich habe keine Freunde, schon gar keine echten."
Er schloss die Augen.
"Es gibt da so ein Muggelsprichwort: Wer Freunde sucht, ist sie zu finden wert: Wer keinen hat, hat keinen noch begehrt."
Wie ein jäher Schmerz bohrten sich Charitys Worte in seinen Geist. Er ließ den Kopf sinken.
"Lessing", fügte Charity hinzu. Er nickte.
"Kennen Sie Lessing?" Er nickte abermals. Und schluckte. Er war völlig überfordert mit der Situation. Und übermüdet und überhaupt urlaubsreif.
Als wäre das alles noch nicht genug, streichelte Charity ihm sanft über den Rücken, wobei sie ignorierte, daß er beinahe schmerzhaft zusammenfuhr.
"Ich werde heute Mittag mit dem Zug nach London fahren und erst am Ende der Ferien wiederkommen. Ich wünsch' dir schöne Ferien."
Das ´dir´ betonte sie auf eigenartige Weise. Snape duzte niemanden und wurde von niemandem geduzt. Und ausgerechnet Charity fing nun einfach damit an.
Der Schmerz, der in Severus' Inneren tobte, ließ nicht nach. Mit Mühe zwang er sich, ihr nachzublicken, sie hatte beinahe die Treppe hinab schon erreicht.
"Dir auch", sagte er mit belegter Stimme.
Sie stockte zwar kurz, drehte sich aber nicht mehr zu ihm um und verschwand hinab ins Schloss.
A/N
So, jetzt sind erst mal Ferien ... ok — Scherz! Ich halt mich ran, daß es schnell weitergeht.
Und jetzt noch:
In jede gute Fanfiction gehört mindestens ein Link, entweder mit der Musik, die der Autor bei Erstellung seines Machwerks in Endlosschleife gehört hat, oder noch besser, das unvermeidliche: "Wenn ihr das Kleid von irgendeiner total langweiligen Nebenfigur sehen wollt ..."
Ich hab mir länger überlegt wie ich Bernadette Caviar beschreiben soll. Und dann fiel mir ein, ich schreibe ja aus Sicht von Snape. Also habe ich Snape gefragt.
"Ey, Fledermaus, was hatte die Alte denn an?"
"Pfffft ... ja, sie hatte was an."
"WAS DENN?"
"Kleid und Umhang?"
"Wie kann man nur so verstockt sein? Wie sah denn das Kleid aus?"
"Pffffft ... irgendwie aus Stoff oder so ..."
Ihr seht schon, es ist nicht so einfach. Ich will Euch aber nicht ganz auf dem Trockenen sitzen lassen. Deshalb hier ein sehr schöner Bericht über Black Caviar http://www.youtube.com/watch?v=W5JEYXrqo84&feature=related (immerhin trainiert von IMMER WACHSAM Peter Moody — kein Scheiß!)
Briefe von niemandem
Ein Morgen wie jeder andere auch. Severus Snape schlich missmutig zum Frühstück in der Großen Halle und verfluchte sich selbst dafür, daß er es einfach nicht früher geschafft hatte. Er wäre dann immerhin von einem Großteil der Schüler verschont geblieben, die nun lärmend die Tische bevölkerten.
Noch fünfmal Frühstück, dann waren endlich Ferien und himmlische Ruhe würde einkehren in das uralte Gemäuer. Severus kam sich vor wie ein Häftling, der Tage bis zur Entlassung rückwärts zählte. Schlimmer als zu seiner Schulzeit. Da beinhalteten die Ferien auch immer den ungünstigen Umstand, daß er nach Hause, zu seinen Eltern musste.
Da hatte er es jetzt besser. Natürlich würde er auch einige Zeit in Spinner's End verbringen, aber immerhin war er sein eigener Herr — mehr oder weniger.
"Severus, gut, daß Sie da sind. Sie haben Post", grinste Albus ihm entgegen und legte einen kleinen, cremefarbigen Umschlag auf einen der unbenutzten Teller.
Wer sollte ihm wohl schreiben? Das musste ein Irrtum sein.
Severus setzte sich und bemühte sich, möglichst desinteressiert aus der Wäsche zu gucken. Das gelang ihm hervorragend.
Diesen gelangweilten, leicht blasierten Gesichtsaudruck sollte er sich patentieren lassen.
Belustigt nahm er wahr, daß ausgerechnet Minerva McGonagall einen langen Hals machte, um zu ihm und dem Brief herüberzuschielen. Ja ja, diese Gryffindors. Lustig. Wirklich.
Mit einem feinen Lächeln lehnte Snape den Brief an die Zuckerdose und goss sich zuerst einmal Tee ein.
Auf dem recht neutralem, cremfarbenem Pergament war kein Absender, nur mit nüchterner Schrift:
Severus Snape
Hogwarts
Große Halle
Hogwarts
Große Halle
Ein Wappen auf dem Siegel und die Buchstaben BC. Snapes Gehirn hinter der desinteressierten Maske arbeitete auf Hochtouren. Aufreizend langsam bestrich er sich einen Toast mit Butter.
Seit er auf Hogwarts war, hatte er keine Post bekommen, wenn man mal von den offiziellen Dingen wie Steuerbescheiden und ein paar Fachzeitschriften absah. Im ersten Jahr seiner Anwesenheit hatte er regelrecht Angst vor der Post gehabt, bis dann endlich die Nachricht kam, daß das Verfahren gegen ihn, wegen aller möglichen Vergehen als Todesser, eingestellt worden war.
Persönliche Post erhielt er nicht. Von wem auch? Freunde schreiben einander Briefe. Der freundschaftliche Kontakt zu seinen Jugendfreunden, Malfoy, Mulciber, Avery und so weiter, war aus naheliegenden Gründen eingeschlafen. Als Freundschaften konnte man es auch nicht bezeichnen. Zweckgemeinschaft traf es besser.
Bedächtig wischte Snape sich die Finger an der Serviette ab und brach das Siegel des Briefes. Möglichst langsam zog er einen weiteren Bogen Pergament hervor, faltete ihn so auf, daß Minerva eben nichts sehen konnte und begann, zu lesen.
Lieber Severus,
Sei bitte nicht verstimmt, daß ich mich Dir einfach so aufdränge, aber unser Gespräch über die Anwendung von Thestralblut in Furunkeltränken geht mir einfach nicht aus dem Sinn. Ein wunderbar kurzweiliger Nachmittag.
Hagrid kam an den Tisch gepoltert und ließ sich geräuschvoll auf den Stuhl neben Severus fallen.
"Sieht aus wie'n Brief", röhrte er, "von wem iss'n der?"
"Von niemandem", erklärte Snape und die Kälte in seiner Simme ließ Hagid verstummen. Damit stand Snape auf und rauschte mit wehenden Roben hinaus, ohne gegessen zu haben.
Er war erstaunt. Und erfreut.
Black hatte die Begegnung mit ihm genossen und wollte sich mit ihm am Donnerstagabend zum Essen in einem kleinen Restaurant gar nicht weit von Hogwarts treffen.
Warum nicht?
Aus ihm unerfindlichen Gründen erfüllte ihn die Aussicht auf ein nettes Gespräch in wenigen Tagen, mit ähnlich guter Laune wie die Aussicht auf Ferien.
Bestens gelaunt und beschwingten Schrittes kam Severus am späten Abend, nach seiner Verabredung mit Black, nach Hogwarts zurück und es hätte eigentlich ein netter Abend bleiben können.
Wenn nicht Albus Dumbledore ihn schon in der Großen Halle abgefangen hätte. Immerhin zu nachtschlafender Zeit. Severus seufzte. Konnte man denn hier nicht ein einziges Mal seine Ruhe haben?
"Und war's nett?", fragte Albus.
"Ja sehr, danke der Nachfrage. Sie lauern mir doch hier nicht auf, um sich zu erkundigen, ob ich eine simple Verabredung überlebt habe?"
"Nein, um Sie habe ich mir da offengestanden weniger Sorgen gemacht", erwiderte Albus mit einem Zwinkern.
"Vielen herzlichen Dank auch", knurrte Snape.
"Nichts für ungut, ich habe da ein besonderes Anliegen, welches nichts mit Ihrer Freizeitgestaltung zu tun hat. Würden Sie mich bitte in mein Büro begleiten?"
Der Umstand, daß Albus sich sofort umdrehte und in besagte Richtung lief, unterstrich die Tatasche, daß es sich bei der Frage um keine Frage handelte. Severus folgte unwillig.
Er hasste das Büro und würde es immer hassen.
"Blaubeermuffin", sagte Albus und die Gargoyles schwangen zur Seite.
"Merken Sie sich das Passwort, falls ich mal nicht da sein sollte, es ist neu."
Als würde Severus freiwillig diese Räumlichkeiten aufsuchen. Auch noch in Albus' Abwesenheit — lächerlich. Sollte Severus jemals Schulleiter werden, was ganz sicher nicht passieren würde, wenn es nach ihm ginge, dann wäre er der erste Schulleiter, der niemals sein Büro aufsuchen würde.
Es kam, was kommen musste.
"Möchten Sie etwas trinken?", fragte Albus freundlich.
"Sicher nicht", fauchte Snape.
"Wie kann man nur so nachtragend sein, das ist fast zehn Jahre her ..."
"Ja! Und es kommt mir vor als wenn es gestern gewesen wäre! Weshalb wollten Sie mich sprechen?"
Bedächtig stand Albus aus seinem Sessel auf, auf dem er sich eben erst niedergelassen hatte, und stellte sich an eines der Fenster, aus denen man im Hellen das Quidditchstadion sehen konnte.
"Was wissen Sie vom Stein der Weisen?", fragte er, ohne Snape anzusehen.
Snape schüttelte das unangenehme Gefühl ab, daß es sich um so etwas wie eine Prüfung handelte und musste nicht lange nachdenken.
"El Iksir — jedes Kind hat davon schon gehört. Er verwandelt unedles Metall in Gold und kann einem zu ewigem Leben verhelfen. Die Alchemie ist nicht der seriöseste Zweig der Trankkunde, wenn ich das anmerken darf."
"Dürfen Sie. Ein wenig wie Wahrsagen und da halten Sie ja auch nichts von."
"Nein. Die Erfahrung hat mich gelehrt, daß es sich um einen ziemlich gefährlichen, windigen Blödsinn handelt."
Albus nickte fast unmerklich und fuhr dann fort.
"Wären Sie in der Lage, das Lebenselixier herzustellen?", fragte er unumwunden.
Severus schnaubte unwillig.
"Jeder Hohlkopf ist dazu in der Lage. Man gießt Rotwein auf den Stein und erhält das berühmte Aurum Potabile. Meines Erachtens ist dafür noch nicht mal Magie von Nöten."
Albus drehte sich um und fixierte Snape mit seinen stechend blauen Augen.
"Sollte unser gemeinsamer Freund, Tom Riddle, in den Besitz eines solchen Steins kommen, wäre er also in der Lage, das Lebenselixier herzustellen?"
Severus machte eine unwirsche Bewegung.
"Der Dunkle Lord ist nicht mehr", sagte er mit wenig Überzeugung. Albus blieb bewegungslos. Severus sah ihn fest an.
"Er darf niemals in den Besitz eines solchen Steins kommen. Und ich bitte Sie, das mit dem Freund zu unterlassen."
"Nur eine Redensart", konterte Albus.
"Ja, und meinerseits eine Bitte."
Albus nickte und strich sich nachdenklich über den Bart.
Albus hatte die Informationen, die er brauchte und Snape war entlassen.
Mit langen Schritten flüchtete er hinab in seine Kerker. Mit einem merkwürdig engem Gefühl in der Brust. Seine beinahe euphorische Laune war wie weggeblasen und mit mildem Erstaunen nahm er zur Kenntnis, daß er doch lieber gut gelaunt war. Und daß er Albus viel zu ernst nahm.
Ebenso wie sich selbst.
Der nächste Morgen mit lärmenden Schülermassen zum Frühstück, zerrte an Severus' zum Zerreißen gespannten Nerven. Er hatte sich die ganze Nacht unruhig von einer Seite auf die andere geworfen und doch keinen Schlaf gefunden.
Etwa fünf Minuten, bevor er aufstehen musste, war er endlich eingeschlummert und als der Wecker ihn unerbittlich aus der Traumwelt in die Wirklichkeit riss, wusste er zuerst nicht, wo er sich befand.
Er fühlte sich wie von einem Mantikor niedergetrampelt. Und jetzt saß er paralysiert am Lehrertisch und fixierte seinen Toast, als wollte ihm dieser ans Leben. Der Tee schmeckte abgestanden. Noch nicht mal die Aussicht auf satte zehn Wochen Ferien konnte ihn aufmuntern.
Sein Kopf fühlte sich an wie ein Bombenkrater. Hätte er gestern wenigstens gesoffen, dann hätte er einen Grund. So aber war es ausschließlich lästig. Und ungerecht.
Die eintreffenden Posteulen verursachten ein zusätzliches Höllenspektakel und Snape begann, das helle Kreischen der Tiere als grelle Lichtblitze wahrzunehmen.
Die Situation eskalierte als eine der Eulen einen schreiend rosa Umschlag auf Snapes Teller plumpsen ließ, oder besser, auf den gebutterten Toast, der auf ebenjenem Teller lag.
Snape war wie versteinert.
Sofort erkannte er das Siegel mit den Initialen BC. Warum war der verdammte Brief jetzt rosa? Die Erkenntnis drang langsam zu ihm durch. Sehr langsam.
"Wie lange wollen Sie die Kleine eigentlich noch hinhalten?", giftete Minerva neben ihm, "Oder sind Sie nur auf ein billiges, kleines Vergnügen aus?"
Snape starrte weiter auf dem Brief. Der auf dem Toast lag. Dann starrte er Minerva an. Unfähig, irgendetwas zu sagen. Raffte den Brief vom Teller und verschwand aus der Großen Halle, wie er meistens aus der Großen Halle verschwand. Mit wehenden Roben.
Minuten später stand er auf dem Astronomieturm und versuchte, in der windigen Stille seine Gedanken zu ordnen. Eine Hand spielte mit dem fettigen, noch immer verschlossenen Brief in seiner Tasche.
Er hörte Schritte, die Stufen heraufkommen. Konnte man denn wirklich nirgendwo seine Ruhe haben? Nirgendwo? Und nie? Er wollte sich weder umdrehen, noch wollte er genau wissen, wer ihn jetzt nerven würde.
"Sie müssen Minerva entschuldigen. Bernadette ist ihre Nichte", sagte Charity Burbage leise.
Na toll. Snape schloss resigniert die Augen.
"Es liegt mir fern, auf irgendjemandes Gefühlen herumzutrampeln", erwiderte Snape, bevor er es verhindern konnte.
"Weiß ich", sagte Charity, "mir passieren so Sachen auch. Ich kann's verstehen."
"Wir haben uns einfach nett unterhalten. Da war überhaupt nichts dabei."
Snape klang irgendwie leicht verzweifelt. Charity lachte.
"Keine Frau der Welt lässt sich stundenlang über Zaubertrankzutaten erzählen, ohne einzuschlafen, außer sie will was."
"Wirklich?", fragte Snape.
"Wirklich", bestätigte Charity.
"Schade eigentlich", sagte Snape.
Charity lachte wieder und Snape drehte sich nun doch um. An die Brustwehr gelehnt betrachtete er seine Kollegin. Es war ihm als sähe er sie zum ersten Mal. Ihre braunen Locken umrahmten ein freundliches, offenes Gesicht. Sie zog ihren Umhang fester um sich, scheinbar war ihr ein wenig kühl.
"Ich bin übrigens sehr glücklich verheiratet und werde unverzüglich einschlafen, wenn Sie mir etwas über Zaubertränke erzählen", sagte sie.
"Versprochen?"
"Hoch und heilig!"
Sie lachte. Snape war irritiert und fühlte eine merkwürdige Anziehungskraft, die von der Hexe ausging. Und er war irritiert, daß er das plötzliche Bedürfnis verspürte, mit ihr zu reden.
"Ich fand es einfach angenehm, mit jemandem zu sprechen. Ich dachte, wir wären irgendwie auf einer Wellenlänge ..."
"Sie haben eine Freundschaft gesucht und Bernadette, was für's Bett. Na ja, oder anders ... ihre Familie sitzt ihr im Genick, weil sie noch immer nicht verheiratet ist, mit sechsundzwanzig."
Snape zog eine Augenbraue hoch.
"Eine Verzweiflungstat also?"
"Ich weiß nicht, was steht denn in dem Brief?"
Eigentlich wollte Snape sie anblaffen, daß sie das nichts anginge. Stattdessen sagte er: "Ich habe ihn noch nicht gelesen. Ich werde ihr sagen müssen, daß es sich um ein Missverständnis handelt."
Er drehte sich wieder um und sein Blick schweifte über den Verbotenen Wald.
Er spürte mehr als daß er es sah, daß Charity neben ihm stand und seinem Blick folgte.
"Warum sind Sie eigentlich hier?", fragte er.
"Ich habe die ersten zwei Stunden keinen Unterricht, genau wie Sie."
"Aha", sagte er äußerst intelligent, räusperte sich dann.
"Sie sind doch ganz dicke mit Minerva, die hat Ihnen doch bestimmt alles Mögliche über mich erzählt."
"Sie sagte, daß Sie wohl ein wenig kauzig wären", Severus schnaubte unwillig, "aber auch, daß Slytherin immerhin das Haus ist, in dem man noch echte Freunde findet."
Severus lachte hell auf und erschrak selber über den ungewohnten Laut.
"Ach, dieser Häuserquatsch ... ich habe keine Freunde, schon gar keine echten."
Er schloss die Augen.
"Es gibt da so ein Muggelsprichwort: Wer Freunde sucht, ist sie zu finden wert: Wer keinen hat, hat keinen noch begehrt."
Wie ein jäher Schmerz bohrten sich Charitys Worte in seinen Geist. Er ließ den Kopf sinken.
"Lessing", fügte Charity hinzu. Er nickte.
"Kennen Sie Lessing?" Er nickte abermals. Und schluckte. Er war völlig überfordert mit der Situation. Und übermüdet und überhaupt urlaubsreif.
Als wäre das alles noch nicht genug, streichelte Charity ihm sanft über den Rücken, wobei sie ignorierte, daß er beinahe schmerzhaft zusammenfuhr.
"Ich werde heute Mittag mit dem Zug nach London fahren und erst am Ende der Ferien wiederkommen. Ich wünsch' dir schöne Ferien."
Das ´dir´ betonte sie auf eigenartige Weise. Snape duzte niemanden und wurde von niemandem geduzt. Und ausgerechnet Charity fing nun einfach damit an.
Der Schmerz, der in Severus' Inneren tobte, ließ nicht nach. Mit Mühe zwang er sich, ihr nachzublicken, sie hatte beinahe die Treppe hinab schon erreicht.
"Dir auch", sagte er mit belegter Stimme.
Sie stockte zwar kurz, drehte sich aber nicht mehr zu ihm um und verschwand hinab ins Schloss.
A/N
So, jetzt sind erst mal Ferien ... ok — Scherz! Ich halt mich ran, daß es schnell weitergeht.
Und jetzt noch:
In jede gute Fanfiction gehört mindestens ein Link, entweder mit der Musik, die der Autor bei Erstellung seines Machwerks in Endlosschleife gehört hat, oder noch besser, das unvermeidliche: "Wenn ihr das Kleid von irgendeiner total langweiligen Nebenfigur sehen wollt ..."
Ich hab mir länger überlegt wie ich Bernadette Caviar beschreiben soll. Und dann fiel mir ein, ich schreibe ja aus Sicht von Snape. Also habe ich Snape gefragt.
"Ey, Fledermaus, was hatte die Alte denn an?"
"Pfffft ... ja, sie hatte was an."
"WAS DENN?"
"Kleid und Umhang?"
"Wie kann man nur so verstockt sein? Wie sah denn das Kleid aus?"
"Pffffft ... irgendwie aus Stoff oder so ..."
Ihr seht schon, es ist nicht so einfach. Ich will Euch aber nicht ganz auf dem Trockenen sitzen lassen. Deshalb hier ein sehr schöner Bericht über Black Caviar http://www.youtube.com/watch?v=W5JEYXrqo84&feature=related (immerhin trainiert von IMMER WACHSAM Peter Moody — kein Scheiß!)