Neonlichtgeschichten
von Hypothermie
Kurzbeschreibung
[ManaByou - Oneshot] Manabu und Byou verbringen zusammen einen Abend im verschneiten Finnland.
GeschichteSchmerz/Trost, Liebesgeschichte / P12 / MaleSlash
14.11.2011
14.11.2011
1
2.874
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Anmerkung: Die beschriebene Fußgängerstraße gibt es in meiner Heimatstadt Ivalo tatsächlich, und sie ist wunderschön <3
Neonlichtgeschichten - Pia Katri Lähtiyönen.
Das Ticken der Uhr machte Manabu nervös. Zudem war es unbeschreiblich kalt in dem Raum, in dem er saß, und eine Gänsehaut hatte sich über seine bleiche Haut gelegt.
Er erschauderte, strich mit seinen feinen Fingern über die dünnen Arme und presste die Lippen aufeinander. Es gab nichts, das er mehr hasste, als Kälte und das Ticken von analogen Uhren – allerdings hatte er beim besten Willen noch weniger Lust, draußen mit den anderen durch die noch kältere Stadt zu laufen. Wieso kamen die Manager überhaupt auf die Idee, im Winter einen Gig in Finnland zu geben? Und die zweite Frage war, warum Kazuki auch noch zustimmen musste.
Manabu seufzte, begann, mit den Fingern auf dem Tisch herumzutrommeln. Er wusste, dass er nur einige Schritte hätte gehen müssen, um zu seiner Jacke zu gelangen, und trotzdem konnte er sich nicht dazu durchringen, aufzustehen.
Er schüttelte stumm den Kopf und fragte sich, wie lange die Ruhe vor dem Sturm noch währen würde – bei dem Gedanken daran, dass er bald wieder ungeschützt von Jin und Kazuki umtanzt werden würde, wurde ihm bange, und er schloss die Augen für einen Moment.
Sein Gähnen durchbrach die Stille, die sich über dem Ticken der Uhr hinweg gebildet hatte, und Manabu schüttelte den Kopf, belächelte sich selbst. Es war gerade mal vier Uhr nachmittags und draußen war es bereits stockdunkel – das wirkte sich auch auf seinen Biorhythmus aus.
Er wollte gerade einen Arm auf dem Tisch ausstrecken und seinen Kopf darauf betten, als die Tür aufgerissen wurde, jemand fluchend reingestürmt kam, zu den Taschen hastete und sich zu ihnen beugte, um nach etwas zu suchen.
Manabu folgte Byou mit seinen Augen, und er kam um ein flüchtiges Lächeln nicht umher. So gehetzt der Vokalist auch war – mit Schnee im Haar und geröteten Wangen – er bewegte sich nach wie vor mit einer schier unglaubwürdigen Grazie.
Als er gefunden hatte, was er offensichtlich suchte, hielt er es mit einem triumphierenden „HA!“ in die Luft – es zauberte Manabu ein kleines Lächeln ins Gesicht –, steckte es in die Jeanstasche und drehte sich dann um, um wieder aus dem Raum zu hasten, bevor er innehielt, als er Manabu bemerkte: „Ah, Kleines, hier bist du!“, meinte er dann sichtbar erleichtert und zog sich auf den Tisch, an dem Manabu saß, schlug in einer eleganten Bewegung die Beine übereinander und strahlte Manabu an: „Ist alles gut bei dir?“
Der Angesprochene nickte, lächelte dann: „Mir ist nur etwas kalt.“
„Ich sehe es!“, Byou schüttelte den Kopf: „Kleines, ich hab‘ mir Sorgen gemacht. Niemand wusste, wo du bist! Willst du mit mir raus gehen? Dann musst du wenigstens nicht alleine hier rumsitzen.“
„Mit wem bist du weg?“, Manabu legte den Kopf schief. Wenn er jetzt auf jemanden keine Lust hatte, dann waren das entweder Kazuki, mit seiner hyperaufgedrehten Art, noch Jin, der nicht minder aufgedreht war. Rui wäre noch in Ordnung gewesen, aber Byou und Rui waren nicht unbedingt die besten Freunde, deswegen schloss er diese Option von vorneherein aus.
„Ich bin alleine.“, aufmunternd lächelte Byou und sprang filigran vom Tisch. Ein Stich in Manabus Magengegend. Byou war unglaublich schön, und seine Bewegungen dramatisierten den Effekt nur noch weiter. Mit klopfendem Herzen richtete er sich auf: „Wenn du ohnehin alleine unterwegs bist, dann denke ich, lässt sich da was einrichten.“, er wunderte sich selbst darüber, wie gelassen er blieb, als er aufstand und sich vom Haufen Taschen und Jacken seine Jacke nahm, und sich Schal und Handschuhe aus seinen Taschen kramte. Byou ging neben ihm in die Knie, wühlte in seiner Tasche herum und setzte Manabu dann schließlich eine Mütze auf den Kopf: „Deine Ohren sind empfindlich, Kleines.“
Manabu mochte es, wenn Byou ihn ‚Kleines‘ nannte, weil er niemandem sonst einen solch niedlichen Spitznamen gab, und weil es außerdem gut klang. Und so lächelte er Byou an, als dieser ihn zur Tür hinausschob, hinein in die Kälte.
Kaum draußen hielt Byou allerdings auch schon wieder inne, sah auf Manabu hinab: „Kleines, ich mache mir Sorgen um dich.“, sagte er dann nach einer kurzen Weile des Schweigens, in der Manabu versuchte, nicht allzu offensichtlich in die Augen des anderen zu starren.
„Warum?“, fragte er anstelle dessen und biss sich auf die Lippen, als Byou seinem Gesicht etwas näher kam: „Du sprichst kaum noch, du isst kaum noch. Vielleicht fällt es den anderen in ihrem Hype um Finnland nicht auf – Schnee, oh Schnee – aber mir fällt es auf. Wenn was ist, Kleines, dann friss es nicht in dich herein, sondern rede mit mir, okay?“, das Lächeln auf Byous Lippen war aufrichtig und aufmunternd, und Manabu nickte, hauchte ein „Danke“., und als Byou weiterlaufen wollte, hielt er doch noch inne, biss sich ein weiteres Mal auf die Unterlippe und als der Vokalist ihn fragend ansah, murmelte er ein kaum merkliches: „Darf ich… deine Hand halten?“, er wusste nicht, warum er das gefragt hatte, und mit regelrechter Angst im Bauch sah er nun zu Byou hoch, der wohl für einige Augenblicke nicht wusste, wie er reagieren sollte, dann aber breit lächelte: „Natürlich, Kleines.“, und ihm seine Hand hinstreckte.
Sie liefen eine Weile Hand in Hand umher, besprachen triviale Themen und das ein oder andere Problem, ließen den Schnee auf sich hinabrieseln, und die Weihnachtsbeleuchtung der Stadt spiegelte sich in ihren Augen wieder. Manabu hatte ein warmes Gefühl im Bauch, schloss die Augen für einen Moment und lächelte glücklich vor sich hin, wünschte sich, dass der Moment nie vergehen würde – in dem Moment hielt Byou auf einmal inne, und bevor Manabu auch nur irgendwie reagieren konnte, bemerkte er noch hinter geschlossenen Augen, dass etwas blitzte.
Er riss die Augen auf und sah noch, wie Byou sein Handy wieder wegsteckte: „Hast du das gepostet?“, fragte er fast schon entrüstet, und ein Lächeln zierte Byous volle Lippen: „Nein. Auf diesem Foto bist du viel zu hübsch, als dass es irgendeiner unserer Fans sehen dürfte. Das Bild von dir gehört mir, wie dieser Moment hier.“, er presste kurz die Lippen aufeinander, und bevor Manabu die Chance hatte, auch nur irgendetwas zu erwidern – oder gar irgendwie anders zu reagieren, als mit heftigem Herzklopfen – hatte Byou ihm eine Hand in den Nacken gelegt und ihm zunächst einen verführerischen Blick zugeworfen, um sich dann zu ihm hinunter zu beugen und ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken.
Manabus Puls schoss in die Höhe, und es dauerte einige Bruchteile einer Sekunde, bevor er Begriff, was da vor sich ging, die Augen schloss und den Kuss erwiderte. Als Byou den sanften Druck gegen seine Lippen spürte, legte er einen Arm um Manabus Hüften, zog ihn näher an sich und doch beließ er den Kuss bei derselben Zärtlichkeit, die den anderen schier um den Verstand brachte.
Als sie sich lösten, errötete Manabu sofort und fragte mit brüchiger Stimme: „Wo…für war das?“
Und mit einem verschlagenen Lächeln zeigte Byou nach oben: „Mistelzweig, Kleines.“, und strich ihm mit dem behandschuhten Handrücken über die gerötete Wange: „Du bist so hübsch, wenn du nervös bist, Kleines.“, und lächelte, drehte sich dann wieder zur Straße, bemerkte, dass einige Passanten sie ziemlich unverblümt ansahen, aber es ließ ihn nur noch breiter lächeln.
Es schmerzte Manabu zu sehen, dass der Grund für den Kuss tatsächlich nur ein Mistelzweig war, und doch bezweifelte er auf eine Art und Weise, dass Byou eines der anderen Bandmitglieder geküsst hätte. Er schüttelte den Kopf, sein Herz beruhigte sich langsam wieder, und er konnte dem schnellen Schritt folgen, den Byou wieder aufgenommen hatte.
Wenig später trafen sie zufällig Rui und Kazuki auf der Straße, und Manabu fürchtete schon um seine gemeinsame Zeit mit Byou, doch dieser wimmelte – wider Manabus Erwartungen – die beiden Männer nach einigen kurzen Worten ab, und kaum waren sie die beiden los, schlug Byou vor, etwas essen zu gehen. Er würde vor Hunger sterben, dramatisierte er sein Anliegen, und da beide nichts von den typisch finnischen Gerichten zu halten schienen, fiel die Entscheidung im beidseitigen Einverständnis auf Pizza.
Während sie im Restaurant auf das Essen warten, fiel es Manabu schwer, die Augen von seinem Gegenüber zu lassen. Byou hatte auf ihn schon immer eine Wirkung gehabt, die noch nie zuvor irgendjemand auf ihn ausübte. Allerdings hatte Manabu noch niemals zuvor jemanden mit einem solch makellosen Äußeren gesehen, und noch nie jemanden mit einer so atemberaubenden Persönlichkeit getroffen – er kam sich vor wie in Fan, meilenweit von Byou entfernt, obwohl sie sich doch nahezu täglich trafen.
„Kleines, hörst du mir zu?“, fragte Byou nach einer Weile, in der er offensichtlich mit Manabu gesprochen hatte, dieser aber seinen Gedanken gefolgt und somit unempfänglich gewesen war.
Der Angesprochene errötete sofort und nickte eifrig: „Pardon, was hast du gesagt?“
–Ich meinte, dass ich mir die Haare wieder braun färben möchte, und ich habe dich nach deiner Meinung gefragt!“
–Braun und lockig steht dir am besten, ja!“
–Dir steht braun aber auch am besten, Kleines. Schwarz macht dich viel zu blass!“
Manabu wusste nicht recht, was er erwidern sollte, und so ließ er ein flüchtiges „Danke“ über die Lippen gleiten, worauf Byou nur lächelte: „Musst dich doch nicht bedanken, Kleines. Das ist nun mal so.“
Der Kellner brachte im selben Moment die mühsam auf Englisch bestellten Getränke und Pizzen – die Landessprache kam beiden doch sehr suspekt vor –, und mit einem Deut auf seinen auf dem Tisch liegenden Geldbeutel bedeutete er, dass er doch bitte gleich zahlen wollte. Der Kellner nickte und verschwand sogleich wieder, und Manabu dankte ihm im Stillen, dass er ihn vor einer erneuten, peinlichen Situation gerettet hatte. „Guten Appetit“, murmelte er stattdessen und Byou quittierte es mit einem strahlenden Lächeln: „Dir auch. Das wird vor allem deiner Figur gut tun.“, er nahm einen Schluck seines Bieres und nickte anerkennend: „Ist besser als Deutsches. Möchtest du probieren?“
Doch Manabu verneinte mit einem Kopfschütteln, aß ein paar Bissen und hielt dann inne: „Ich habe es leid.“, stieß er dann ohne Vorwarnung aus und biss sich auf die Unterlippe, beobachtete Byou dabei, wie er die Augen weitete, ihm mit der Hand ein Zeichen zum Warten gab und den Bissen schluckte, nur um dann beinahe entsetzt zu fragen: „Was?“
–Ich bin es leid, rumzureisen und jemand zu sein, der ich nicht bin, mit Personen zusammen zu sein, die mir viel zu aufgedreht sind… und vor allem bin ich es leid, dass Teenagermädchen einer auf mich abgeht.“
Bei Manabus letzten Worten verschluckte sich Byou beinahe an seinem unterdrückten Lachen, wurde in der nächsten Sekunde aber schon wieder ernst: „Ich habe schon gemerkt, dass dir das Ganze nicht sonderlich gut tut, und dass du… am glücklichsten bist, wenn du zuhause bist und zur Uni gehen kannst.“, er legte die Stirn in Falten: „Kann ich irgendetwas für dich tun? Mit Kazuki reden, dass er vielleicht mit dem Manager über eine Bandpause spricht, oder…“
Byou hielt abrupt inne, als er bemerkte, dass Manabus Kinn unkontrolliert zu zittern begann, stand rasch auf, zog seinen Stuhl mit sich, sodass er zumindest über’s Eck neben Manabu sitzen kann, griff nach seiner Hand und ließ die andere vorsichtig über eines der beiden dürren Knie des anderen fahren:
„Oh nein, Kleines, bitte… weine nicht!“, doch es war bereits zu spät, die ersten Tränen rollten über Manabus blasse Wangen, und er schloss die Augen.
„Sh…“, meinte Byou nur, als er mit einer Hand vorsichtig die Tränen von den bleichen Wangen nahm, mit der anderen Manabus Hand nur noch fester umschloss. Es half nichts, bereits wenige Sekunden später rannten weitere Tränen das unschuldige Gesicht hinunter, und nur gebrochen verließ ein: „Ich… möchte aussteigen. Byou, ich… kann nicht mehr!“, seine geröteten Lippen, er öffnete die Augen erneut, und sein Blick wisch immer hektischer zwischen dem schockierten Gesichtsausdruck Byous und ihren Händen hin und her, und irgendwann verdüsterte sich Byous Miene.
„Kleines, hör‘ mir gut zu: Ich möchte nur das Beste für dich, ich hoffe, du weißt es, und auch wenn ich nicht möchte, dass du die Band verlässt… aber wenn es dir gut tut und du es brauchst, dann unterstütze ich dich in jedem Fall!“, er nickte, wie um seine Worte zu bekräftigen, hauchte dann allerdings noch ein gebrochenes: „Ich hoffe, dass es dir nicht wegen mir schlecht geht, und dass… wir, wenn du uns verlässt, Freunde bleiben, denn…Kleines, du bist mir wichtig, sehr wichtig. Hörst du, Kleines? Du bist mir sehr wichtig!“
Und ein erneutes Schütteln durchfuhr Manabus dünnen Körper: „Es hat nichts mit dir… ich… natürlich will ich, dass wir Freunde bleiben!“, er lächelte, schmeckte die salzigen Tränen auf seinen Lippen und spürte Byous Zeigefinger wie er die Tränen von seinen Wangen strich, lächelte: „Kannst du mir helfen, mit den anderen zu sprechen?“, fragte er dann, sichtlich erleichtert, dass er die Worte nun ausgesprochen hatte, von denen er eigentlich gedacht hatte, dass er dafür auf andere Reaktion stoßen würde, und war noch erleichterter, als Byou lächelte: „Natürlich, Kleines. Alles, was dir gut tut!“
Eine kurze Weile später setzte Byou sich auf seinen eigentlichen Platz zurück, bezahlte die Rechnung, die der Kellner wohl irgendwann auf den Tisch gelegt hatte, und während sie aßen, besprachen sie fast schon im Plauderton die Aspekte, die Manabu zu seiner Entscheidung bewegten – zwar spielten auch seine Gefühle Byou gegenüber eine Rolle, doch Manabu erwähnte sie nicht – und im Endeffekt war er unglaublich erleichtert, fast schon froh darüber, dass Byou so verständnisvoll für seine Situation reagierte.
Als sie mit dem Essen fertig geworden waren, zogen sie sich Jacken, Schals, Handschuhe – und Manabu die Mütze, die er von Byou verpasst bekommen hatte – über und verließen das Restaurant Hand in Hand – es war Byous Hand gewesen, die ihren Weg zu Manabus fand, und es beflügelte ihn ungemein, trieb ihm erneut dieses verräterische Gefühl in den Bauch, aber dieses eine Mal ließ er es zu, ging fast schon leichtfüßig durch den Schnee, und bemerkte erst, wie Byou ihn ansah, als er dessen Blick auf sich spürte und er verstohlen zu ihm aufsah, in Überzeugung, dass Byou ihn regelrecht amüsiert beobachtete, vielleicht lächelte… aber was er sah, war Byou, der auf ihn hinabsah, mit zitterndem Kinn und tränenfeuchten Augen.
Manabu hielt sofort inne, und das Licht der Straßenbeleuchtung, der Weihnachtsbeleuchtung und der Autos, die links und rechts an der weihnachtlich hergerichteten Fußgängerstraße vorbeifuhren; all diese Lichter spiegelten sich in Byous Augen wieder, und als er Manabus Blick bemerkte, lächelte er und wischte sich die Tränen vom Gesicht: „Verzeih. Ich weine normalerweise nicht!“, doch es half nicht, die Tränen traten erneut aus seinen Augen, und er gab ein Geräusch von sich, das wie eine Mischung aus Lachen und Schluchzen klang.
Manabu zog Byou an der Hand auf eine am Rande des Weges stehenden Bank, wo er sich Byou zugewandt hinsetzte, die Beine übereinander schlug und Byous Hände mit den eigenen festhielt, ihn ansah, obwohl er es doch kaum ertrug, dass Byou selbst verheult noch so unglaublich gut aussah.
„Pass auf, Kleines. Ich habe nur so sehr Angst, dich zu verlieren, wie ich das noch nie hatte. Bei dir ist das irgendwie… anders, Kleines.“, er biss sich auf die Unterlippe und zuckte mit den Schultern: „Wahrscheinlich ist es albern, weil ich weiß, dass wir sehr gut miteinander auskommen und auch zukünftig viel privat unternehmen werden, aber bei so vielen Gründen, die du vorhin aufzähltest, hätte das alles anders laufen können, hätte ich nur etwas bemerkt!“, er biss sich noch einmal kurz auf die Unterlippe, bevor er die Lippen zusammenpresste: „Gib‘ mir noch eine Chance, Kleines, gib‘ mir bitte noch eine Chance, und ich werde das alles ändern!“
Wie Byou da vor ihm saß, die Augen und Wangen gerötet, beschienen von den Lichtern der Stadt und mit Schnee im Haar, so konnte Manabu schlichtweg nicht anders, als zu nicken: „Okay.“
Und über Byous Lippen schlich sich ein Lächeln, seine Augen strahlten, und im nächsten Moment befreite er seine Hände aus dem Griff Manabus, streifte die Handschuhe ab und legte die Finger auf die kalten Wangen seines Gegenübers, sah, wie dieser aus großen Augen und mit geröteten Lippen zu ihm aufsah, und es endlockte ihm ein Lächeln.
„Kleines…“, murmelte er, gerade so laut, dass Manabu es hören konnte, und er verharrte so für einen Moment, die Zeit strich vorbei wie die Autos und Passanten zu ihren Seiten – bevor er die Augen schloss, mit seinen Daumen Manabus Wangen zu streicheln begann, und das Gesicht näher zu dem seines Gegenübers führte, Stirn an Stirn, und der warme Atem, den Manabu spendete:
„Mein Kleines“, murmelte Byou dann ,und seine Lippen, die Manabus beim Sprechen unbeabsichtigt berührten, verursachten bei jeder Berührung ein schier unerträgliches Herzklopfen: „Mein Kleines, ich habe noch nie etwas so schönes und liebenswertes wie dich gesehen“, und Gänsehaut überzog seinen ganzen Körper, als er seine Lippen auf die Manabus legte, ihn vorsichtig küsste, und ein nahezu unangenehmes Glücksgefühl durchströmte ihn, als sein Kleines den Kuss erwiderte, ihm die Arme um die Hüfte legte, spürte, dass Manabu in den Kuss hineinlächelte.
Er würde nie erfahren, dass Manabu gen Himmel sah, als Byou ihn küsste – gen Himmel sah und hoffte, keinen Mistelzwei über ihnen zu sehen. Und in der Tat waren dort nur tanzende Schneeflocken, die Weihnachtsbeleuchtung und die Sterne, die auf sie hinabschienen; und sie erlaubten ihm, die Augen zu schließen und sich fallen zu lassen.
Neonlichtgeschichten - Pia Katri Lähtiyönen.
Das Ticken der Uhr machte Manabu nervös. Zudem war es unbeschreiblich kalt in dem Raum, in dem er saß, und eine Gänsehaut hatte sich über seine bleiche Haut gelegt.
Er erschauderte, strich mit seinen feinen Fingern über die dünnen Arme und presste die Lippen aufeinander. Es gab nichts, das er mehr hasste, als Kälte und das Ticken von analogen Uhren – allerdings hatte er beim besten Willen noch weniger Lust, draußen mit den anderen durch die noch kältere Stadt zu laufen. Wieso kamen die Manager überhaupt auf die Idee, im Winter einen Gig in Finnland zu geben? Und die zweite Frage war, warum Kazuki auch noch zustimmen musste.
Manabu seufzte, begann, mit den Fingern auf dem Tisch herumzutrommeln. Er wusste, dass er nur einige Schritte hätte gehen müssen, um zu seiner Jacke zu gelangen, und trotzdem konnte er sich nicht dazu durchringen, aufzustehen.
Er schüttelte stumm den Kopf und fragte sich, wie lange die Ruhe vor dem Sturm noch währen würde – bei dem Gedanken daran, dass er bald wieder ungeschützt von Jin und Kazuki umtanzt werden würde, wurde ihm bange, und er schloss die Augen für einen Moment.
Sein Gähnen durchbrach die Stille, die sich über dem Ticken der Uhr hinweg gebildet hatte, und Manabu schüttelte den Kopf, belächelte sich selbst. Es war gerade mal vier Uhr nachmittags und draußen war es bereits stockdunkel – das wirkte sich auch auf seinen Biorhythmus aus.
Er wollte gerade einen Arm auf dem Tisch ausstrecken und seinen Kopf darauf betten, als die Tür aufgerissen wurde, jemand fluchend reingestürmt kam, zu den Taschen hastete und sich zu ihnen beugte, um nach etwas zu suchen.
Manabu folgte Byou mit seinen Augen, und er kam um ein flüchtiges Lächeln nicht umher. So gehetzt der Vokalist auch war – mit Schnee im Haar und geröteten Wangen – er bewegte sich nach wie vor mit einer schier unglaubwürdigen Grazie.
Als er gefunden hatte, was er offensichtlich suchte, hielt er es mit einem triumphierenden „HA!“ in die Luft – es zauberte Manabu ein kleines Lächeln ins Gesicht –, steckte es in die Jeanstasche und drehte sich dann um, um wieder aus dem Raum zu hasten, bevor er innehielt, als er Manabu bemerkte: „Ah, Kleines, hier bist du!“, meinte er dann sichtbar erleichtert und zog sich auf den Tisch, an dem Manabu saß, schlug in einer eleganten Bewegung die Beine übereinander und strahlte Manabu an: „Ist alles gut bei dir?“
Der Angesprochene nickte, lächelte dann: „Mir ist nur etwas kalt.“
„Ich sehe es!“, Byou schüttelte den Kopf: „Kleines, ich hab‘ mir Sorgen gemacht. Niemand wusste, wo du bist! Willst du mit mir raus gehen? Dann musst du wenigstens nicht alleine hier rumsitzen.“
„Mit wem bist du weg?“, Manabu legte den Kopf schief. Wenn er jetzt auf jemanden keine Lust hatte, dann waren das entweder Kazuki, mit seiner hyperaufgedrehten Art, noch Jin, der nicht minder aufgedreht war. Rui wäre noch in Ordnung gewesen, aber Byou und Rui waren nicht unbedingt die besten Freunde, deswegen schloss er diese Option von vorneherein aus.
„Ich bin alleine.“, aufmunternd lächelte Byou und sprang filigran vom Tisch. Ein Stich in Manabus Magengegend. Byou war unglaublich schön, und seine Bewegungen dramatisierten den Effekt nur noch weiter. Mit klopfendem Herzen richtete er sich auf: „Wenn du ohnehin alleine unterwegs bist, dann denke ich, lässt sich da was einrichten.“, er wunderte sich selbst darüber, wie gelassen er blieb, als er aufstand und sich vom Haufen Taschen und Jacken seine Jacke nahm, und sich Schal und Handschuhe aus seinen Taschen kramte. Byou ging neben ihm in die Knie, wühlte in seiner Tasche herum und setzte Manabu dann schließlich eine Mütze auf den Kopf: „Deine Ohren sind empfindlich, Kleines.“
Manabu mochte es, wenn Byou ihn ‚Kleines‘ nannte, weil er niemandem sonst einen solch niedlichen Spitznamen gab, und weil es außerdem gut klang. Und so lächelte er Byou an, als dieser ihn zur Tür hinausschob, hinein in die Kälte.
Kaum draußen hielt Byou allerdings auch schon wieder inne, sah auf Manabu hinab: „Kleines, ich mache mir Sorgen um dich.“, sagte er dann nach einer kurzen Weile des Schweigens, in der Manabu versuchte, nicht allzu offensichtlich in die Augen des anderen zu starren.
„Warum?“, fragte er anstelle dessen und biss sich auf die Lippen, als Byou seinem Gesicht etwas näher kam: „Du sprichst kaum noch, du isst kaum noch. Vielleicht fällt es den anderen in ihrem Hype um Finnland nicht auf – Schnee, oh Schnee – aber mir fällt es auf. Wenn was ist, Kleines, dann friss es nicht in dich herein, sondern rede mit mir, okay?“, das Lächeln auf Byous Lippen war aufrichtig und aufmunternd, und Manabu nickte, hauchte ein „Danke“., und als Byou weiterlaufen wollte, hielt er doch noch inne, biss sich ein weiteres Mal auf die Unterlippe und als der Vokalist ihn fragend ansah, murmelte er ein kaum merkliches: „Darf ich… deine Hand halten?“, er wusste nicht, warum er das gefragt hatte, und mit regelrechter Angst im Bauch sah er nun zu Byou hoch, der wohl für einige Augenblicke nicht wusste, wie er reagieren sollte, dann aber breit lächelte: „Natürlich, Kleines.“, und ihm seine Hand hinstreckte.
Sie liefen eine Weile Hand in Hand umher, besprachen triviale Themen und das ein oder andere Problem, ließen den Schnee auf sich hinabrieseln, und die Weihnachtsbeleuchtung der Stadt spiegelte sich in ihren Augen wieder. Manabu hatte ein warmes Gefühl im Bauch, schloss die Augen für einen Moment und lächelte glücklich vor sich hin, wünschte sich, dass der Moment nie vergehen würde – in dem Moment hielt Byou auf einmal inne, und bevor Manabu auch nur irgendwie reagieren konnte, bemerkte er noch hinter geschlossenen Augen, dass etwas blitzte.
Er riss die Augen auf und sah noch, wie Byou sein Handy wieder wegsteckte: „Hast du das gepostet?“, fragte er fast schon entrüstet, und ein Lächeln zierte Byous volle Lippen: „Nein. Auf diesem Foto bist du viel zu hübsch, als dass es irgendeiner unserer Fans sehen dürfte. Das Bild von dir gehört mir, wie dieser Moment hier.“, er presste kurz die Lippen aufeinander, und bevor Manabu die Chance hatte, auch nur irgendetwas zu erwidern – oder gar irgendwie anders zu reagieren, als mit heftigem Herzklopfen – hatte Byou ihm eine Hand in den Nacken gelegt und ihm zunächst einen verführerischen Blick zugeworfen, um sich dann zu ihm hinunter zu beugen und ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken.
Manabus Puls schoss in die Höhe, und es dauerte einige Bruchteile einer Sekunde, bevor er Begriff, was da vor sich ging, die Augen schloss und den Kuss erwiderte. Als Byou den sanften Druck gegen seine Lippen spürte, legte er einen Arm um Manabus Hüften, zog ihn näher an sich und doch beließ er den Kuss bei derselben Zärtlichkeit, die den anderen schier um den Verstand brachte.
Als sie sich lösten, errötete Manabu sofort und fragte mit brüchiger Stimme: „Wo…für war das?“
Und mit einem verschlagenen Lächeln zeigte Byou nach oben: „Mistelzweig, Kleines.“, und strich ihm mit dem behandschuhten Handrücken über die gerötete Wange: „Du bist so hübsch, wenn du nervös bist, Kleines.“, und lächelte, drehte sich dann wieder zur Straße, bemerkte, dass einige Passanten sie ziemlich unverblümt ansahen, aber es ließ ihn nur noch breiter lächeln.
Es schmerzte Manabu zu sehen, dass der Grund für den Kuss tatsächlich nur ein Mistelzweig war, und doch bezweifelte er auf eine Art und Weise, dass Byou eines der anderen Bandmitglieder geküsst hätte. Er schüttelte den Kopf, sein Herz beruhigte sich langsam wieder, und er konnte dem schnellen Schritt folgen, den Byou wieder aufgenommen hatte.
Wenig später trafen sie zufällig Rui und Kazuki auf der Straße, und Manabu fürchtete schon um seine gemeinsame Zeit mit Byou, doch dieser wimmelte – wider Manabus Erwartungen – die beiden Männer nach einigen kurzen Worten ab, und kaum waren sie die beiden los, schlug Byou vor, etwas essen zu gehen. Er würde vor Hunger sterben, dramatisierte er sein Anliegen, und da beide nichts von den typisch finnischen Gerichten zu halten schienen, fiel die Entscheidung im beidseitigen Einverständnis auf Pizza.
Während sie im Restaurant auf das Essen warten, fiel es Manabu schwer, die Augen von seinem Gegenüber zu lassen. Byou hatte auf ihn schon immer eine Wirkung gehabt, die noch nie zuvor irgendjemand auf ihn ausübte. Allerdings hatte Manabu noch niemals zuvor jemanden mit einem solch makellosen Äußeren gesehen, und noch nie jemanden mit einer so atemberaubenden Persönlichkeit getroffen – er kam sich vor wie in Fan, meilenweit von Byou entfernt, obwohl sie sich doch nahezu täglich trafen.
„Kleines, hörst du mir zu?“, fragte Byou nach einer Weile, in der er offensichtlich mit Manabu gesprochen hatte, dieser aber seinen Gedanken gefolgt und somit unempfänglich gewesen war.
Der Angesprochene errötete sofort und nickte eifrig: „Pardon, was hast du gesagt?“
–Ich meinte, dass ich mir die Haare wieder braun färben möchte, und ich habe dich nach deiner Meinung gefragt!“
–Braun und lockig steht dir am besten, ja!“
–Dir steht braun aber auch am besten, Kleines. Schwarz macht dich viel zu blass!“
Manabu wusste nicht recht, was er erwidern sollte, und so ließ er ein flüchtiges „Danke“ über die Lippen gleiten, worauf Byou nur lächelte: „Musst dich doch nicht bedanken, Kleines. Das ist nun mal so.“
Der Kellner brachte im selben Moment die mühsam auf Englisch bestellten Getränke und Pizzen – die Landessprache kam beiden doch sehr suspekt vor –, und mit einem Deut auf seinen auf dem Tisch liegenden Geldbeutel bedeutete er, dass er doch bitte gleich zahlen wollte. Der Kellner nickte und verschwand sogleich wieder, und Manabu dankte ihm im Stillen, dass er ihn vor einer erneuten, peinlichen Situation gerettet hatte. „Guten Appetit“, murmelte er stattdessen und Byou quittierte es mit einem strahlenden Lächeln: „Dir auch. Das wird vor allem deiner Figur gut tun.“, er nahm einen Schluck seines Bieres und nickte anerkennend: „Ist besser als Deutsches. Möchtest du probieren?“
Doch Manabu verneinte mit einem Kopfschütteln, aß ein paar Bissen und hielt dann inne: „Ich habe es leid.“, stieß er dann ohne Vorwarnung aus und biss sich auf die Unterlippe, beobachtete Byou dabei, wie er die Augen weitete, ihm mit der Hand ein Zeichen zum Warten gab und den Bissen schluckte, nur um dann beinahe entsetzt zu fragen: „Was?“
–Ich bin es leid, rumzureisen und jemand zu sein, der ich nicht bin, mit Personen zusammen zu sein, die mir viel zu aufgedreht sind… und vor allem bin ich es leid, dass Teenagermädchen einer auf mich abgeht.“
Bei Manabus letzten Worten verschluckte sich Byou beinahe an seinem unterdrückten Lachen, wurde in der nächsten Sekunde aber schon wieder ernst: „Ich habe schon gemerkt, dass dir das Ganze nicht sonderlich gut tut, und dass du… am glücklichsten bist, wenn du zuhause bist und zur Uni gehen kannst.“, er legte die Stirn in Falten: „Kann ich irgendetwas für dich tun? Mit Kazuki reden, dass er vielleicht mit dem Manager über eine Bandpause spricht, oder…“
Byou hielt abrupt inne, als er bemerkte, dass Manabus Kinn unkontrolliert zu zittern begann, stand rasch auf, zog seinen Stuhl mit sich, sodass er zumindest über’s Eck neben Manabu sitzen kann, griff nach seiner Hand und ließ die andere vorsichtig über eines der beiden dürren Knie des anderen fahren:
„Oh nein, Kleines, bitte… weine nicht!“, doch es war bereits zu spät, die ersten Tränen rollten über Manabus blasse Wangen, und er schloss die Augen.
„Sh…“, meinte Byou nur, als er mit einer Hand vorsichtig die Tränen von den bleichen Wangen nahm, mit der anderen Manabus Hand nur noch fester umschloss. Es half nichts, bereits wenige Sekunden später rannten weitere Tränen das unschuldige Gesicht hinunter, und nur gebrochen verließ ein: „Ich… möchte aussteigen. Byou, ich… kann nicht mehr!“, seine geröteten Lippen, er öffnete die Augen erneut, und sein Blick wisch immer hektischer zwischen dem schockierten Gesichtsausdruck Byous und ihren Händen hin und her, und irgendwann verdüsterte sich Byous Miene.
„Kleines, hör‘ mir gut zu: Ich möchte nur das Beste für dich, ich hoffe, du weißt es, und auch wenn ich nicht möchte, dass du die Band verlässt… aber wenn es dir gut tut und du es brauchst, dann unterstütze ich dich in jedem Fall!“, er nickte, wie um seine Worte zu bekräftigen, hauchte dann allerdings noch ein gebrochenes: „Ich hoffe, dass es dir nicht wegen mir schlecht geht, und dass… wir, wenn du uns verlässt, Freunde bleiben, denn…Kleines, du bist mir wichtig, sehr wichtig. Hörst du, Kleines? Du bist mir sehr wichtig!“
Und ein erneutes Schütteln durchfuhr Manabus dünnen Körper: „Es hat nichts mit dir… ich… natürlich will ich, dass wir Freunde bleiben!“, er lächelte, schmeckte die salzigen Tränen auf seinen Lippen und spürte Byous Zeigefinger wie er die Tränen von seinen Wangen strich, lächelte: „Kannst du mir helfen, mit den anderen zu sprechen?“, fragte er dann, sichtlich erleichtert, dass er die Worte nun ausgesprochen hatte, von denen er eigentlich gedacht hatte, dass er dafür auf andere Reaktion stoßen würde, und war noch erleichterter, als Byou lächelte: „Natürlich, Kleines. Alles, was dir gut tut!“
Eine kurze Weile später setzte Byou sich auf seinen eigentlichen Platz zurück, bezahlte die Rechnung, die der Kellner wohl irgendwann auf den Tisch gelegt hatte, und während sie aßen, besprachen sie fast schon im Plauderton die Aspekte, die Manabu zu seiner Entscheidung bewegten – zwar spielten auch seine Gefühle Byou gegenüber eine Rolle, doch Manabu erwähnte sie nicht – und im Endeffekt war er unglaublich erleichtert, fast schon froh darüber, dass Byou so verständnisvoll für seine Situation reagierte.
Als sie mit dem Essen fertig geworden waren, zogen sie sich Jacken, Schals, Handschuhe – und Manabu die Mütze, die er von Byou verpasst bekommen hatte – über und verließen das Restaurant Hand in Hand – es war Byous Hand gewesen, die ihren Weg zu Manabus fand, und es beflügelte ihn ungemein, trieb ihm erneut dieses verräterische Gefühl in den Bauch, aber dieses eine Mal ließ er es zu, ging fast schon leichtfüßig durch den Schnee, und bemerkte erst, wie Byou ihn ansah, als er dessen Blick auf sich spürte und er verstohlen zu ihm aufsah, in Überzeugung, dass Byou ihn regelrecht amüsiert beobachtete, vielleicht lächelte… aber was er sah, war Byou, der auf ihn hinabsah, mit zitterndem Kinn und tränenfeuchten Augen.
Manabu hielt sofort inne, und das Licht der Straßenbeleuchtung, der Weihnachtsbeleuchtung und der Autos, die links und rechts an der weihnachtlich hergerichteten Fußgängerstraße vorbeifuhren; all diese Lichter spiegelten sich in Byous Augen wieder, und als er Manabus Blick bemerkte, lächelte er und wischte sich die Tränen vom Gesicht: „Verzeih. Ich weine normalerweise nicht!“, doch es half nicht, die Tränen traten erneut aus seinen Augen, und er gab ein Geräusch von sich, das wie eine Mischung aus Lachen und Schluchzen klang.
Manabu zog Byou an der Hand auf eine am Rande des Weges stehenden Bank, wo er sich Byou zugewandt hinsetzte, die Beine übereinander schlug und Byous Hände mit den eigenen festhielt, ihn ansah, obwohl er es doch kaum ertrug, dass Byou selbst verheult noch so unglaublich gut aussah.
„Pass auf, Kleines. Ich habe nur so sehr Angst, dich zu verlieren, wie ich das noch nie hatte. Bei dir ist das irgendwie… anders, Kleines.“, er biss sich auf die Unterlippe und zuckte mit den Schultern: „Wahrscheinlich ist es albern, weil ich weiß, dass wir sehr gut miteinander auskommen und auch zukünftig viel privat unternehmen werden, aber bei so vielen Gründen, die du vorhin aufzähltest, hätte das alles anders laufen können, hätte ich nur etwas bemerkt!“, er biss sich noch einmal kurz auf die Unterlippe, bevor er die Lippen zusammenpresste: „Gib‘ mir noch eine Chance, Kleines, gib‘ mir bitte noch eine Chance, und ich werde das alles ändern!“
Wie Byou da vor ihm saß, die Augen und Wangen gerötet, beschienen von den Lichtern der Stadt und mit Schnee im Haar, so konnte Manabu schlichtweg nicht anders, als zu nicken: „Okay.“
Und über Byous Lippen schlich sich ein Lächeln, seine Augen strahlten, und im nächsten Moment befreite er seine Hände aus dem Griff Manabus, streifte die Handschuhe ab und legte die Finger auf die kalten Wangen seines Gegenübers, sah, wie dieser aus großen Augen und mit geröteten Lippen zu ihm aufsah, und es endlockte ihm ein Lächeln.
„Kleines…“, murmelte er, gerade so laut, dass Manabu es hören konnte, und er verharrte so für einen Moment, die Zeit strich vorbei wie die Autos und Passanten zu ihren Seiten – bevor er die Augen schloss, mit seinen Daumen Manabus Wangen zu streicheln begann, und das Gesicht näher zu dem seines Gegenübers führte, Stirn an Stirn, und der warme Atem, den Manabu spendete:
„Mein Kleines“, murmelte Byou dann ,und seine Lippen, die Manabus beim Sprechen unbeabsichtigt berührten, verursachten bei jeder Berührung ein schier unerträgliches Herzklopfen: „Mein Kleines, ich habe noch nie etwas so schönes und liebenswertes wie dich gesehen“, und Gänsehaut überzog seinen ganzen Körper, als er seine Lippen auf die Manabus legte, ihn vorsichtig küsste, und ein nahezu unangenehmes Glücksgefühl durchströmte ihn, als sein Kleines den Kuss erwiderte, ihm die Arme um die Hüfte legte, spürte, dass Manabu in den Kuss hineinlächelte.
Er würde nie erfahren, dass Manabu gen Himmel sah, als Byou ihn küsste – gen Himmel sah und hoffte, keinen Mistelzwei über ihnen zu sehen. Und in der Tat waren dort nur tanzende Schneeflocken, die Weihnachtsbeleuchtung und die Sterne, die auf sie hinabschienen; und sie erlaubten ihm, die Augen zu schließen und sich fallen zu lassen.