Man beginnt zu träumen...
von RedFlower
Kurzbeschreibung
[Logan Lerman FF] Grelles Licht strahlte in meine Augen. Grässliche Scheinwerfer! Ich kniff die Augen zusammen und rieb mir mit den Händen den Schmerz aus den Augen. Wieso hatte ich überhaupt da hoch gesehen? Um mich herum sprachen mehrere Stimmen durcheinander, manche durch Megaphone. Eine Lagerhalle. Nein, Moment. Nach und nach begann ich das Bild zu erkennen, auch wenn ich es nicht verstand. Ein Filmset! ... Ich tauchte einfach an einem anderen Ort auf. Alles war fremd, bis auf eine Person: Logan Lerman...
GeschichteMystery, Liebesgeschichte / P12 / Gen
05.11.2011
27.05.2012
4
14.021
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05.11.2011
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Grelles Licht strahlte in meine Augen. Grässliche Scheinwerfer! Ich kniff die Augen zusammen und rieb mir den Schmerz mit den Händen aus den Augen. Wieso hatte ich überhaupt da hoch gesehen? Um mich herum sprachen mehrere Stimmen durcheinander und halten durch den riesigen Raum, manche durch Lautsprecher oder Megaphone. Ich sah mich verblüfft um. Eine Lagerhalle. Nein, Moment.
Verwundert beobachtete ich die großen verkabelten Kameras auf Rollen, die in Position geschoben wurden, die Klappstühle, die Metallgerüste, den abgedunkelten Bereich, in dem ich stand und die Scheinwerfer, die einen nahezu winzigen Bereich ausleuchteten, der nicht ins Bild passte…
Erst nach und nach begann ich das Bild zu erkennen, auch wenn ich es nicht verstand. Ein Filmset!
„…und sowas, also das übliche. Schon klar, aber trotzdem. Ich muss mal drüber nachdenken, vielleicht komme ich ja noch auf den Geschmack. Hallo?“ eine Hand, vermutlich zu der Stimme gehörend, wedelte vor meinem Gesichtsfeld. Ich folgte ihr und zuckte heftig zurück, als ich sah, wer mit mir sprechen wollte. Die strahlend blauen Augen von Logan Lerman beobachteten mein Gesicht, während er langsam auf irgendetwas kaute. „Alles okay? Du bist blass.“ bemerkte er und suchte dann weiter das Büfett nach irgendetwas ab. Ich schluckte. Wieso sprach Logan Lerman mit mir, als stünde ich schon Ewigkeiten hier? Und überhaupt… wie komme ich hier her? Und generell… Logan Lerman?! Mich durchflutete eine Welle aus heißem Blut, die den Farbpegel meines Kopfes wahrscheinlich von „blass“ auf „hochrot“ treiben musste. Meine Muskeln waren mit einem Schlag angespannt. Die Verwunderung darüber, was ich hier machte, verflog sofort und wurde durch einen Schrecken ersetzt, der sich gewaschen hatte! Mein Herz klopfte heftig gegen meine Brust.
Logan stopfte sich mehrere Weintrauben in den Mund, während er den reich gedeckten Tisch nach irgendetwas bestimmten durchsuchte. Paralysiert beobachtete ich jede seiner Bewegungen. Das merkte er. Er hielt im Suchen Inne und hörte sogar für meine Sekunde auf zu Kauen, als er meinen Blick erwiderte. Er schluckte und sah dann auf seine Armbanduhr, bevor er sich an mich wandte.
„Du siehst ehrlich geschafft aus. Geh schon mal vor, du musst ja nicht jede Minute mit am Set sein.“ sagte er. Es war mir peinlich, wie ich ihn anstarrte und ich wusste, dass er es komisch fand, aber ich konnte nicht aufhören. Ich konnte beim besten Willen nicht aufhören in dieses schöne Gesicht zu sehen. Er erwiderte meinen Blick einen Moment starr und sah dann aus, als ob er irgendetwas nachgeben würde, bevor er den Kopf schüttelte „10 Stunden… ist ja nicht so, als würdest du mitspielen.“ sagte er und kicherte. Er kicherte… Sein Lachen war so wunderschön, es klingelte in meinen Ohren. Er wandte sich wieder dem Büfett zu und klaubte ein paar Sachen zusammen. „Ich komm dann später nach…schätze mal es dauert noch einige Stunden.“
„Du kommst nach? Wohin?“ fragte ich. Er schnaubte kurz und warf mir einen Blick mit hochgezogener Augenbraue zu.
„Ins Zimmer?“
„Ins Zimmer…“
„Im Hotel. Sag mal ist irgendwas? Hab ich was Falsches gesagt?“ er wandte sich mir zu und sah besorgt aus, die Besorgnis in seinem Gesicht ließ meine Alarmglocken schrillen. Mir gefiel dieser Ausdruck in seinem Gesicht nicht.
„Nein!“ sagte ich sofort und er sah trotzdem noch skeptisch aus. Ich hatte keine Ahnung wovon er sprach, aber das war gerade auch total unwichtig. Ich stand hier und redete mit ihm, das war unglaublich! Allerdings nickte er dann und blickte sich nach irgendetwas oder irgendwem in der Halle um. Dann schien er gefunden zu haben was er suchte. Fasziniert beobachtete ich seinen Mund als er sprach.
„Du kannst gleich Lisa mitnehmen. Sie sieht auch nicht gerade so aus, als ob sie noch ewig durchhält.“ er nickte lächelnd zu einer Person, die sich noch weiter hinten im Schatten befand als wir. Sie saß in einem der Klappstühle, hatte die Beine überschlagen, auf denen ein Klemmbrett lag und rieb sich mit den Fingerspitzen die Schläfen, während ihr Gesicht schmerzhaft verzogen war. Ich nickte langsam. Logan lief vor mir am Büfett auf und ab und aß hin und wieder etwas von dem, was er sich auf einen Teller legte. Ich beobachtete hypnotisiert was er tat und wurde immer unruhiger, weil er mir so unglaublich nah war. Er war tatsächlich hier! Stand direkt vor mir! Plötzlich erklang von irgendwo her eine Lautsprecherdurchsage. Logan stellte den Teller ab und wischte sich die Hände an einer Serviette ab. In zwei langen Schritten war er bei mir, und zwar gleich so nah, dass ich schwören könnte, er würde mein Herz schlagen hören, dass mir vor Schreck fast aus der Brust sprang! Ich schnappte nach Luft, als er mir einen Kuss auf die Wange gab und ich seinen Arm um meine Taille spürte. Aber er schien es nicht zu merken.
„Bis dann.“ sagte er und verschwand dann eilig in Richtung Set. Es war nur ein flüchtiger Kuss, eine zarte Berührung und doch war mir schlagartig so heiß, dass ich schwören könnte, mein Blut wurde anfangen zu brodeln. Ich keuchte vor Unglauben und sah ihm hinterher, wie er davon lief. Logan Lerman… hatte…war…ich…mir! Mein Atem und Herzschlag waren so schnell, dass mir schwindlig wurde. Ich hatte mich in diesen wenigen Sekunden so angespannt, dass meine Beine und Arme vor Anstrengung zuckten. Hier wo ich stand, beachtete mich jetzt Gott sei Dank niemand mehr. Es wäre peinlich gewesen, wenn doch.
Bevor ich ohnmächtig werden konnte, tat ich einfach, was er gesagt hatte. Schlafen empfand ich als keine schlechte Idee, tatsächlich war ich irgendwie ausgelaugt nach diesem einen Moment... Zumindest ausruhen, würde ich auch hin bekommen. Selbst wenn das alles nur ein Traum war und ich vermutlich normalerweise versuchen sollte, so lang bei ihm zu sein, wie es ging, bevor mein Wecker klingeln würde. Aber ich war zu kraftlos um seinem Vorschlag nicht nachzukommen. Außerdem hätte ich eine Million bessere Ideen gehabt, als mich Logan Lerman zu widersetzen! Logan Lerman! Er hatte-! Nein. Meine Knie waren ganz weich. Ich brauchte fünf Minuten Ruhe, in denen ich sicher gleich wieder verstehen würde, was hier abging… aber irgendwie glaubte ich selbst nicht recht daran. Bevor ich in helle Panik verfallen konnte, lief ich los.
Wacklig auf den Beinen schlängelte ich mich zwischen Kisten, Holzpaletten und anderem Kram, der hier überall in vermeidlicher Ordnung im Schatten verstreut lag, vorbei zu der Frau im Klappstuhl. Sie sah mich erst an, als ich längst vor ihr stand und stockend anfing zu sprechen.
„H…Hi. Ich soll…ähm…Logan…Er hat gesagt, ich soll…schon mal vor- …gehen? Sie sollen mitkommen und sich auch ausruhen.“ sie hörte mir aufmerksam zu und sah mich weniger komisch an als Logan. Vermutlich war sie selbst einer Migräne nahe.
„Achso, hat er das? Tja dann lass uns gehen, dass lass ich mir nicht zwei Mal sagen.“ sie sprang sofort auf und lief los. Ich setzte ihr schnell hinterher, ohne zu fragen, immernoch halb gelähmt von dieser komischen Situation.
Wir liefen noch kurz durch tiefe Dunkelheit, bevor sie einen riesigen, dicken Vorhang aus schwarzem Filz beiseite schlug, der sich bis zur Decke spannte. Grelles Licht schlug mir wieder entgegen. Ich kniff die Augen zusammen, bis sie sich an das Licht gewöhnt hatten und folgte ihr dabei. Hier sah alles ganz anders aus und ich bemerkte auch, dass der Stoff eine Menge Schall abgehalten hatte. Hier waren viele Leute, bestimmt mindestens 80, die durcheinander liefen. Manche saßen auch und wurden an ewig langen Tischen, an denen Spiegel und grelle Lichter waren, geschminkt. Andere liefen in komischen futuristischen Kostümen durch die Gegend und andere, vermutlich Komparsen, waren vollkommen in Schwarz gekleidet und trugen irgendwelche Sachen durch die Gegend. Das alles war faszinierend. Aber Lisa lief so schnell, dass ich nur einen winzigen Teil von dem sah, was ich eigentlich hätte genauer betrachten wollen. Sie warf in ihrem schnellen Schritt einigen Leuten ein paar Worte zu, die sie ansprachen. Manche stellten ihr irgendwelche Fragen und dann lachte sie oder aber antwortete ernst, schnell und direkt. Am meisten verwunderten mich die Leute, die mich zuerst ansprachen und lächelten, aber einige sahen mich auch abfällig oder arrogant an. Woher kannten sie mich? Ich antwortete niemandem von ihnen sondern konnte nur scheu lächeln. Ich verstand immer noch nicht, was hier vor sich ging. Eigentlich komisch für einen Traum. Da fühlte man sich wenigstens wohl in seiner Haut…
Wir verließen den bunten Trubel auf der anderen Seite der Halle durch eine Metalltür, durchquerten einen dunklen Raum und ich verließ mich dabei einfach auf Lisa, die sicher ihren Weg lief. Sie schaltete an der Tür das Licht an und ich betrachtete sie das erste Mal genauer, als sie einen Schlüssel aus der Hosentasche holte. Sie trug ein geschäftsmäßiges Kostüm und um ihren Hals baumelte ein Zettel, der in einer Folie steckte. Die Schrift war groß und deutlich zu lesen.
Lisa / Logan Lerman (Managerin)
Ich hatte es kaum gelesen, da sah sie zu mir hinrüber und lächelte aufmunternd. Wahrscheinlich sah ich immer noch geschockt aus. Ich wich ihrem Blick schnell aus und wartete angespannt, bis sie den Schlüssel gefunden hatte, mit dem sie die Tür vor uns aufsperrte. Davor erwarte uns ein bulliger Mann, den Lisa lächelnd mit ‚Eddy’ begrüßte und dem sie sofort ihren Ausweis entgegenstreckte. Er nickte nur flüchtig, als kannte er ihr Passbild und die Worte auf dem Zettel schon auswendig und hob kurz ein Scanngerät, dass an seinem Gürtel baumelte, um den Strichcode darauf zu scannen. Das Gerät gab einen Piepton von sich. Dann sah er wenig erwartungsvoll zu mir. Ich zuckte und sah an mir herab. Tatsächlich hatte ich auch so einen Ausweis. Ich laß ihn nicht zu genau, ich hatte Angst, dass ich ihn ihm nicht schnell genug zeigen würde und das irgendetwas nach sich ziehen würde. Irgendwie hatte ich auch Angst davor zu lesen, was darauf stand. Eigentlich auch komisch für einen Traum, wo Gefühle normalerweise nicht so schnell und intensiv wechselten…
Er scannte den Code und das Gerät hatte noch nicht mal bestätigend gepiept, da rannte Lisa schon weiter. Ich lief ihr eilig hinterher und schlang die Arme um meinen Körper. Es war eine frostige Nacht. Wir befanden uns auf dem Außengelände der Halle, das mit einen riesigen Maschendrahtzaun umrandet war und an dessen oberer Kante Kameras und Stacheldraht angebracht waren. Wie in einem Hochsicherheitstrakt. Neben Gabelstaplern und anderen Arbeitsfahrzeugen standen hier einige Edelkarossen auf dem Parkplatz. An einer davon flackerten kurz die Blinker auf, als Lisa auf ihren Autoschlüssel drückte. Sie zog die Tür auf und warf das Klemmbrett samt ihrer Tasche auf den Rücksitz. Ich öffnete ehrfürchtig die Beifahrertür des schicken schwarzen BMWs und nahm Platz. Lisa schlug die Fahrertür mit einem lauten Knall zu und sie bewegte sich auch sonst so ruckartig, dass ich annahm, sie fror genauso wie ich und hatte deshalb keine Lust sich langsam zu bewegen. Diese Annahme bestätigte sich noch, als sie mit einem Ruck den Motor anwarf, sofort mit einem Schlag den Rückwärtsgang einwarf und mit Vollgas zurück fuhr. Ich atmete erschrocken ein und krallte mich in den Sitz, in der Erwartung, sie würde die Kontrolle über den Wagen verlieren, aber es ging alles glatt. Umso erleichterter war ich, als sie dann in Schrittgeschwindigkeit auf das Tor zu fuhr. Ein kleines Licht flackerte an einer Kamera auf, die sich an einem hohen Mast befand, dann schob das Tor sich von selbst auf. Erst jetzt sah ich den Ausweis in der Scheibe, ebenfalls mit einem Code versehen, der uns wohl hier raus verhalf.
„An solchen Tagen bin ich unheimlich froh, dass das Hotel um die Ecke ist.“ sagte sie im Smalltalk. Ich nickte nur und schluckte eingeschüchtert. Wir fuhren wieder schneller eine Straße am Zaun entlang, einen kleinen Hügel hinab. Sie führte auf eine vierspurige Straße, die von einem grünen Mittelstreifen getrennt war. Allerdings waren keine Autos darauf, also fuhren wir sofort auf und zu meinem Erstaunen kaum 50 Meter, durch eine Lücke im grünen Streifen. Sie blinkte reichlich spät und gähnte dabei. Wir überquerten die Fahrbahn, um sofort auf den Vorplatz eines Hotels aufzufahren, dass direkt an dieser Straße stand. Das Hotel war nicht sonderlich riesig, wie man es vielleicht vermutet hätte, aber dennoch sah es schick aus. Wir hielten vor dem Eingang, wo mir ein junger Knabe in Dienstkleidung die Tür öffnete. Ich stieg peinlich berührt aus und wartete auf Lisa. Sie übergab einem anderen die Schlüssel und kam dann um das Auto herum.
„Guten Abend.“ wünschten uns die jungen Männer, als wir zusammen auf das Hotel zu liefen. Lisa antwortete nicht. Ängstlich wie ich war, tat ich es auch nicht. Ich ahnte ja nicht, worin ich mich hier verstrickte. Auch wenn ich immer noch mehr als verstört war, wollte ich nur kein Aufsehen erregen. Ich ließ mich einfach von diesem Traum tragen, denn es war ja einer. Konnte nur einer sein...
Wir gingen in das Hotel und direkt auf die Lobby zu. Lisa schien den Weg hier rüber, wortwörtlich, im Schlaf zu wissen. Auch hier legte sie kurz den Ausweis auf den Tisch und wieder wurde er von dem Hotelier gescannt. Wie bei einer Kasse, gab das Gerät ein Piepen von sich.
„Guten Abend Miss.“ sagte er erst dann und lächelte. Auch mich grinste er höflich an.
„Guten Abend. 215 und 219.“ antwortete Lisa. Sie hielt sich knapp und hob die Hand vor ihren Mund, als sie ein Gähnen unterdrückte. Er zögerte nicht lang und holte die Chipkarten, die uns als Schlüssel dienten, irgendwo hinter seinem Tresen hervor. Meinen Ausweis wollte er gar nicht sehen…
„Eine angenehme Nacht wünsche ich Ihnen.“ sagte er, immer noch mit demselben Grinsen und Lisa nickte nur verschlafen. Ich bedankte mich und lief dann mit ihr zum Aufzug. Als die Tür sich geschlossen hatte, gab sie mir eine der Karten und wandte sich dabei an mich.
„Hat Logan gesagt, wie lang es noch dauern könnte?“ fragte sie mich und klang dabei geschäftsmäßig. Ich atmete tief durch und betrachtete die Chipkarte in meiner Hand.
„Er sagte…einpaar Stunden.“ erinnerte ich mich. Lisa überging mein Zögern, bevor ich geantwortet hatte, als hätte ich es gar nicht getan.
„Alles klar. Wenn er kommt, erinnere ihn dran, dass ihr morgen erst abends los müsst, ja?“ bat sie mich. Ich schluckte, aber nickte dann schnell, als sie mich prüfend ansah. Erst als wir auf direktem Wege zum Zimmer waren, begann ich darüber nachzudenken, was ich hier tat...dass ich dort auf ihn warten sollte… mir wurde übel.
„Herrje. Du solltest drüber nachdenken eine Pause einzulegen, was denkst du?“ fragte sie mich.
„Eine P-Pause?“ erwiderte ich verwundert. Ich war doch schon auf dem Weg ins Hotelzimmer.
„Ja. Ein halbes Jahr bist du jetzt schon überall und jeden Tag mit dabei gewesen. Ist dir das gar nicht aufgefallen? Als hättest du einen Fulltimejob.“ sagte sie und lächelte müde. Ich verstand kein Wort.
„Ein halbes Jahr schon.“
„Ja. Allerdings. Gönn dir doch mal einpaar Tage zu Hause.“ schlug sie vor und sah wieder zu mir. Ich nickte, nur, damit sie beruhigt war. Sie erwiderte das Nicken. Kurz darauf klingelte der Fahrstuhl und die Türen gingen auf. Wir beide gingen zusammen hinaus und liefen schweigend den Gang entlang. Ganz unvermittelt sagte Lisa dann:
„Bevor ich’s vergesse: Sag Logan noch, dass ich übermorgen einen Termin mit ihm habe. Morgen seid ihr beiden ja erstmal alleine und abends denkt er sicher nicht mehr daran.“
„Okay ich sag’s ihm.“ versicherte ich ihr einfach. Allerdings stellte ich mit Erschrecken fest, dass ich die erste Sache, die ich ihm hatte sagen sollen, schon wieder vergessen hatte. Kein Wunder... ich versuchte das alles hier auch gerade erst zu verarbeiten... Das war gar nicht mal so untypisch für einen Traum…
„Du bist zu weit.“ sagte Lisa und blieb dann stehen. Ich stoppte abrupt.
„Was?“
„215 ist da.“ sagte sie und nickte in die Richtung aus der wir gerade gekommen waren. Ich spielte die Peinlich Berührte und lachte.
„Klar. Stimmt.“ Lisa erwiderte mein Lächeln verwundert und lief dann weiter. Im Gehen sagte sie ohne sich umzusehen:
„Und vergiss nicht die Tür abzuschließen, sonst gibt das wieder eine Menge ärger.“ Ich sah auf den Boden und versuchte zu verstehen was sie sagte, aber es blieb erfolglos. Schnell sah ich mich um und suchte die 215. Als ich sie gefunden hatte, war ich in wenigen Schritten bei ihr und zog die Karte durch das Schloss. Ich hörte das Klicken, dann sah ich ein kleines grünes Licht aufflackern. Unsicher sah ich Lisa hinterher. Wieso ließ sie mich allein? Ich fürchtete, ich würde durchdrehen, wenn ich vollkommen allein wäre! Sie trat gerade selbst in ihr Zimmer und schloss schnell die Tür hinter sich. Als meine Tür auf schwang, sah ich ehrfürchtig in das bewohnte Hotelzimmer.
Mit einem Finger schob ich respektvoll die Tür auf das löste damit das Licht im Zimmer aus. Ich blieb noch vor der Schwelle stehen. Was ich sah raubte mir den Atem. Keine Frage. Hier hatte sich ein Junge einquartiert. Sachen lagen überall verstreut auf dem Boden, der Couch oder dem Tisch, sodass die Möbel darunter kaum noch erkennbar waren. Neugierig trat ich ein und schloss die Tür hinter mir, die Karte ließ ich in meiner hinteren Hosentasche verschwinden. Achtungsvoll setzte ich einen Fuß vor den anderen und durchschritt das geteilte Zimmer. Auf dieser Seite befand sich eine Art Aufenthaltsbereich und daneben war… daneben…war....
„Oh man ist mir schlecht.“ ich hielt mir erschrocken die Hand vor den Mund, der sperrangelweit offen stand. Ein Bett. Ein einziges, verwühltes Bett. Weiße Kissen, zwei weiße Decken. In meinem Kopf ratterten die Zahnräder. Das war verrückt. Das alles war verrückt. Es war unmöglich! Es war ein Traum! Ich verfiel in Panik.
Ich sah mich um, nach irgendwelchen Beweisen dafür, dass das hier nicht echt war, aber fand natürlich nichts. Ich fing hektisch an mich zu kneifen und vor Verzweiflung sogar mir selbst auf den Fuß zu treten und ins Gesicht zu schlagen. Was ich erreichte waren Schmerzen, nichts weiter. Ich kniff die Augen zusammen und murmelte vor mich hin:
„Ich träume, ich träume, ich träume, ich träume! Verdammt, wach auf!“ Normalerweise half das immer. Wenn man erkannte das man schlief und wach werden wollte, dann lief das normalerweise immer glatt, aber in diesem Traum ging das nicht. Normalerweise untypisch für einen Traum, fiel mir ein, dass Schreien eigentlich sogar bei Fieberträumen funktionierte. Wenn man von selbst wie am Spieß schrie, dann wachte man immer auf. Einhundertprozentige Erfolgschance.
Aber ich zögerte und sah zur Tür. Ich schloss sie leise. Was, wenn das hier kein Traum war? Alle würden mich für verrückt halten und würden erschrocken in mein Zimmer stürmen. Sie würden fragen, was passiert sei. Ich könnte es nicht erklären. Ich konnte sowieso nicht sagen, was ich hier überhaupt machte! Der Fakt war aber, dass ich wahrscheinlich schon verrückt war. Also war es egal. Das hier machte mir viel zu viel Angst.
Ich spannte mich an, holte tief Luft, setzte zum Schrei an und –
Es klopfte.
„Ohh… das ist ein Scherz… ich werde wahnsinnig, wer-?!“ wimmerte ich gepeinigt. Ich fuhr herum und lief kraftlos zur Tür, um zu öffnen. Ich raffte mich zusammen und stand sofort aufrecht, als der Hotelier mit seinem immer währenden Lächeln vor mir stand.
„Ihre Nachrichten.“ sagte er und reichte mir in einem Fächer aufgereihte Zettel, stark wie Pappe, gleiche Größe, gleiche Farbe, gleiche Schrift… Ich sah zwischen ihm und den Zetteln hin und her und nahm sie.
„Nachrichten?“
„Sie haben verlangt, dass ich sie Ihnen immer nach oben bringe, sobald Sie angekommen sind.“ er lächelte unentwegt. Seit wann verlangte ich? Ich seufzte und schloss kurz die Augen.
„Ja, klar.“
Als ich die Augen wieder öffnete sah ich, dass ihn mein Auftreten gar nicht gewundert hatte. Oder dass es ihm zumindest wahrscheinlich nicht erlaubt war, zu fragen. Eins von beiden. Er nickte aufmerksam und wandte sich dann zum Gehen. Ich trat aus der Tür und sah ihm so lang hinterher, bis er nach rechts aus dem Korridor verschwand.
Mein Atem ging schnell, als ich dort stand und auf den roten Boden sah. Ich konnte nicht dagegen ankämpfen. Und ich konnte es nicht länger leugnen.
Die Luft hier draußen war kälter als die im Zimmer.
Ich lachte kraftlos.
Es war kein Traum.
Egal was ich versuchen würde. Ich würde nicht aufwachen.
Mein Herz galoppierte und ich bekam Angst. Ich ging zurück ins Zimmer und schmiss die Tür zu. Es gab noch eine Sache. Etwas, das ich klar stellen musste. Ich quetschte die Pappzettel achtlos in meine Hosentasche und sah mich im gesamten Zimmer um. Es gab nur eine Tür, hinter der unweigerlich das Badezimmer sein musste.
Ich rannte zu ihr, riss die Tür auf und trat mit schallenden Schritten in das geflieste Bad. Es war wunderschön. Dunkelgrüne Fliesen - marmoriert, weiße, geschwungene Waschbecken. Aber was mich wirklich interessierte, war die lange Spiegelfront auf meiner Linken, über den Waschbecken. Ich atmete tief durch und trat einen Schritt vor, um mein Spiegelbild zu betrachten. Ich sackte verblüfft in mich zusammen und versuchte meinen schnellen Atem zu kontrollieren. Im Spiegel sah ich, wie sich meine Brust schnell hob und sank, als ich durch die Nase atmete. Meine Nase. Meins…es war alles meins, was ich sah. Ich war ich. Aber wieso? Das ergab noch viel weniger Sinn! Allerdings war ich auch erleichtert. Das machte die Sache ein wenig erträglicher, dass ich nicht auch noch in einem anderen Körper steckte. Ohnmächtig fiel ich gegen den Tresen und stützte mich mit den Händen ab. Ich kam wieder etwas zu mir selbst, als ich mich im Spiegel atmen sah, wurde ruhiger. Aber dann war mir plötzlich speiübel. Ich wandte mich um und suchte das Klo. Gerade nach rechtzeitig hatte ich den Deckel hochgeklappt und übergab mich. Es war frustrierend, aber auch erleichternd. Ich würgte noch einmal, aber mein Körper beschloss, dass es zunächst genug Erleichterung sein sollte... Ich streckte mich mühselig nach der Spülung aus und ließ mich dann neben die Toilette fallen. Über mir ging der Luftabzug an. Ich lachte kläglich und rieb mir das Gesicht. Mein Kopf fiel gegen die wunderschönen Fliesen und meine Augen fielen zu. Einpaar Minuten saß ich im Bad und kam zur Ruhe. Zwar bekam ich jetzt Kopfschmerzen, aber das war mir sowas von egal. Egaler ging es gar nicht.
Ich zog die Beine an, als ich meinen Kopf darauf legen wollte und hörte dabei, wie etwas scheppernd aus meiner Hosentasche fiel. Verwundert senkte ich den Kopf und sah ein schwarzes Telefon auf dem Boden liegen. Ich griff es und drehte es um.
„Verflucht.“ ich saß sofort aufrecht und drehte ungläubig das iPhone in meinen Händen. „Ein iPhone?!“ ich ließ den Kopf wieder gegen die Fliesen fallen und fragte mich, wem es gehörte. Ich wollte gerade durch die Menüs shuffeln, als ich diesen bitteren Geschmack in meinem Mund spürte. Ich verzog das Gesicht und stemmte mich auf, um mir den Mund auszuwaschen. Ich legte das Telefon auf den Tresen und wusch mir auch mein Gesicht. Ich hatte Glück, dass die Handtücher bereits ausgewechselt waren, die hier hingen, damit ich nichts durcheinander brachte. Ich ließ mich dann auf der geschlossenen Toilette fallen und griff nach dem Telefon. Als ich auf den Bildschirm tippte und die Sperre gelöst hatte, wurde mir kurz schwarz vor Augen. Die Luft, die ich einatmen wollte, kam nicht bei meinen Lungen an. Auf dem Hintergrundbild sah ich das Gesicht eines schlafenden Logan Lermanns, inmitten von weißen Kissen. Ich ging sofort davon aus, dass er selbst wohl ein anderes Hintergrundbild gewählt hätte und das würde bedeuten, dass dieses Handy… mir gehörte…samt diesem Bild. Ich schüttelte heftig den Kopf, mehrere Sekunden lang.
„Nein…nein…“ hektisch suchte ich auf diesem Handy einen Ordner mit Bildern. Als ich gefunden hatte, was ich suchte, klickte mich flüchtig durch das Menü und stellte fest, dass zwei Drittel davon von Logan Lerman waren und als ob mich das nicht schon genug faszinierte… zog mir etwas anderes viel mehr die Socken aus. Von diesen Zweidritteln waren auf sicherlich der Hälfte, er und ich. Ich hätte schwören könnten das Handy würde in meinem Griff bersten. Ich legte es schnell auf meinen Schoß und hielt meinen Kopf fest, weil ich fürchtete er würde explodieren. Ich dachte so viel auf einmal, wurde abwechselnd rot und dann kalt. Meine Hände waren schon kalt, seit dem ich in der Halle… seit Logan… Logan. Logan und ich…
Ich stemmte mich auf und lief aus dem Bad. Ich war unfähig den Lichtschalter zu betätigen und es war mir aber auch vollkommen egal, ob das Licht weiter brennen würde. Ich schlurfte zum Bett, im Begriff jeden Moment zusammen zu klappen und als das Bett dann in Reichweite war, tat ich es auch.
Ich plumpste auf das Bett, das unter mir federte und blieb regungslos liegen. Mein Herz und mein Atem waren vollkommen außer Kontrolle. Mein ganzer Körper spielte verrückt. Mir wurde immer wieder schwarz vor Augen, aber die Erlösung einfach ohnmächtig zu werden, wurde mir nicht zuteil.
Keine Ahnung wie lang ich mich nicht unter Kontrolle hatte. Mir dauerte es jedenfalls viel zu lang, bis ich mich selbst wieder hatte. Dann drehte ich mich auf den Rücken und starrte an die Decke, von der aus mich einzelne Strahler anstrahlten. Ich schloss die Augen und versuchte ruhig zu werden, wieder zu mir zu finden. Aber ich zitterte unentwegt, was das ziemlich schwierig gestaltete. Eine gefühlte halbe Stunde später schluckte ich. Ich war wieder weitestgehend ich selbst. Ich renkte meinen Kopf ein. Ich streckte meine Arme und Beine und ließ dabei die Knochen knacken. Ich verspürte wieder leichte Übelkeit, als ich mich aufsetzte, aber überging das einfach.
Ich setzte mich auf und sah mich um, versuchte mit dem Gedanken klar zu kommen, dass es so war, wie es war. Dass ich anscheinend nichts dafür konnte, wie es gerade war, allerdings auch nicht einfach wieder zum Normalzustand zurückkommen würde…
Im Zimmer war es erstaunlicherweise mucksmäuschenstill. Ich erkannte, dass meine eigenen Gedanken, angetrieben von Panik und mit Unterstützung meines Herzschlages so laut gewesen waren, dass es sich angefühlt hatte, als wären um mich einhundert Stimmen und ein riesiger Tumult gewesen.
Aber es war still. Komplett still. So still, dass die Ruhe in meinen Ohren dröhnte. Das machte es einfach runter zu temperieren und tief durchzuatmen. Ich atmete mehrere Male tief durch und rutschte dann zum Kopfende des Bettes, um mich anzulehnen. Das Handy lag immer noch in meiner Hand, ich hatte es so fest umklammert, dass meine Hand vollkommen verkrampft war. Ich lockerte die Finger und drehte das Telefon hin und her. Ein iPhone. Hinten mit dem unverkennbaren Symbol auf der metallisch spiegelnden Rückseite versehen. Ich verkniff mir absichtlich die Frage, wo ich es her hatte.
Wieder ich selbst, klickte ich mich wieder in das Bildermenü und shuffelte mit konzentriertem Blick jedes Bild einzeln über das Display. Dabei riss ich mich zusammen und versuchte nicht wieder einen Nervenzusammenbruch zu erleiden.
Was ich sah raubte mir dennoch den Atem und ließ mein Herz schnell und heftig gegen meine Brust pochen.
Logan an einem Check-In, in einem Flughafen…Logan, wie er sich mit einem Mann an einem anderen Filmset unterhielt…Logan, schlafend in einem Auto…generell sah ich viele Bilder davon, auf denen ich ihn schlafend fotografiert hatte. Ich musste aber zugeben, dass es eine ausgezeichnete Motivwahl von mir war und fand es bei keinem einzigen Bild schändlich, dass es immer wieder gleich aussah. Denn es sah unbeschreiblich süß aus. Die Bilder zogen mich in ihren Bann. Aber als dann vermehrt Bilder von ihm und mir zusammen kamen, plumpste mein Herz ein kleines Bisschen nach unten. Dadurch, dass ich bei den Fotos immer selbst abgedrückt hatte, sah man im Hintergrund nicht viel, dafür waren wir selbst umso größer darauf. Ich hielt die Luft an, bei einem Bild, auf dem er mich auf die Wange küsste. Er sah dabei gar nicht mal so unglücklich aus. Das musste heißen, er hat es tatsächlich freiwillig getan. Verblüfft shuffelte ich weiter und wäre beinahe aus dem Bett gefallen, als ich ein Bild sah, auf dem wir uns küssten. Meine freie Hand krallte sich in die Bettdecke unter mir und Luftholen war jetzt sowas von out…
Mein Mund stand offen, während meine Augen über das Bild flogen. Seine Hand an meinem Hinterkopf, sein Mund direkt auf meinem, dieses kleine Grinsen. Grinsen… Seine Lippen…
„…auf meinen?!“ fragte ich laut und sog erschrocken die Luft ein. Das Handy fiel aus meiner Hand und ich versuchte panisch Luft zu holen, was mir nur schwer gelang. Der Kuss vorhin in der Halle war keine einmalige Sache gewesen. Sie war nicht mal eine Sache gewesen. Es war nur für mich atemberaubend und besonders gewesen, herzzerreißend. Für Logan… und offenbar für alle anderen auch, war es… war es offenbar…Ich traute mich nicht weiter zu denken, sondern schloss die Augen und legte die Hände auf mein heißes Gesicht. Was zum Geier… ging hier nur vor?!
Ich griff wieder das Handy und scrollte schneller durch die Bilder. Noch mehr Küsse…oh Gott…wunderschöne Küsse…und dann auch Bilder, die jemand anderes von uns gemacht hatte. Händchenhaltend…nebeneinander schlafend, ich an seiner Schulter… Und dann ein Bild, was ich mindestens fünf Minuten anstarrte: Logan und ich, wie wir zusammen in einem großen Sessel in einer Art Wartebereich saßen. Ich saß neben ihm und hatte meine Beine über seine gelegt, seine eine Hand lag auf meinem Bein, mit der Handfläche nach oben, halb geöffnet und der andere Arm kam irgendwo hinter meinem Rücken hervor. Meine Hand lag dagegen an seiner Brust und mein Kopf neben seiner Schulter auf dem Polster.
Nach diesen fünf Minuten schloss ich wieder die Augen und atmete konzentriert ein und aus. Ich war plötzlich richtig müde und hätte einfach die Augen geschlossen lassen können um sofort ein zu schlafen. Aber da vibrierte plötzlich das Handy in meiner Hand. Ich gab einen erschrockenen Ton von mir und sah auf das Display. Ich wimmerte, als ich ein Bild von Logan darauf sah und mich das Handy fragte ob ich annehmen oder ablehnen wollte…
„Was für eine Frage…?“ sagte ich in verzweifeltem Ton und räusperte mich, was fast weinerlich klang. Ich setzte mich kurz auf und pustete ruckartig Luft aus meinen Lungen bevor ich annahm. Zitternd hielt ich das Telefon an mein Ohr.
„J-ja?“
„Hey. Ich stör' mich lange. Liegt irgendwo bei dir der Armreif rum?“ fragte seine wunderbare Stimme, deren Melodie zwar durch die Telefone verzerrt wurde, aber die trotzdem noch hypnotisierend klang. Ich zog die Augenbrauen zusammen und sah mich um. Armreif…Armreif… wozu brauchte er einen Armreif? Ich sah schließlich einen breiten goldenen Ring auf seinem Nachttisch und nickte. Ich schüttelte ruckartig den Kopf, als ich bemerkte, dass er das ja nicht sehen konnte. Ich rief fast in den Hörer:
„Ja!“ dann war eine kleine Pause, die eigentlich nicht lang war, aber mich total nervös machte.
„Oh…okay.“ ich hörte, wie etwas raschelte und dann hörte ich, wie seine leiser gewordene Stimme irgendwem zurief: „Ist im Hotel!“ und dann war wieder eine kleine Pause, in der ich fast geseufzt hätte. Dann raschelte es wieder und ich hörte seine Stimme zu mir sagen:
„Danke, hat sich erledigt. Tut mir Leid. Schlaf weiter, okay?“ ich brauchte einen Moment, um auf das was er gesagt hatte, reagieren zu können.
„Schon…gut, ich hab nicht-“
„Bis dann, ja?“ dann gab mein Telefon einen Ton von sich, als der Anruf beendet war. Ich holte laut Luft und nahm das Handy von meinem Ohr. Überlebt. Wahnsinn! Ich war fasziniert von diesem Telefonat, das eigentlich nicht mal ein richtiges gewesen war.
Ich ließ das Handy auf das Bett fallen und sah mich ein weiteres Mal im Raum um. Ich lächelte leicht, als ich sah, wie meine Sachen vergleichsmäßig ordentlich an der langen Fensterfront gefaltet und aufgereiht lagen, davon das meiste noch oder schon in der Reisetasche. Ich warf das erste Mal einen Blick durch das Fenster, das sich in diesem Teilraum und im anderen über die gesamte Wand erschreckte. Ich sah nicht viel, weil es hier drin so hell und draußen dunkel war. Aber ich erkannte die große Halle, die wie ein riesiger quaderförmiger Container aussah, der von Lichtern angestrahlt war. Irgendwann sah ich einpaar Leute auf dem spärlich ausgeleuchteten Gelände und sah erschrocken auf meine Armbanduhr, die, mal nebenbei, auch nicht von schlechten Eltern war… Aber ich erkannte, dass von den vielen Stunden, die Logan prophezeit hatte, noch Zeit für mich übrig war, bevor er hier ankommen würde. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was ich dann tun würde...
Dann erhaschte mein Blick einen Ringblock, der halb von der Bettdecke auf Logans Seite verdeckt gewesen war. Ich zog ihn mit spitzen Fingern heraus und ließ ihn auf meine Beine fallen. Es sah auf den ersten Blick ziemlich öde aus, was da stand. Es waren Tabellen, immer wieder mit unterschiedlicher Spaltenanzahl und anderem Aufbau. Ich blätterte einpaar Seiten. Hin und wieder waren Textstellen mit einem grellpinken Marker gekennzeichnet worden. An den Stellen tauchte ab und zu „Logan“ auf. Meine Hände zuckten zurück. Was ich da in den Händen gehalten hatte, war sowas wie ein Drehbuch gewesen, oder ein Script! Ich legte es schnell wieder möglichst genauso zurück, wie ich es gefunden hatte und starrte es allerdings weiter an.
„Oh man.“ sagte ich tonlos, innerlich packte mich die Unruhe. Das war so spannend! Ganz abgesehen davon, dass es schon total unglaublich war, wie nah mir Logan Lerman stand, war es noch viel abgefahrener, dass sich hier ein Traum für mich erfüllte! Ein Traum in einem Traum…Hm…
Es war jedenfalls absolut gigantisch, dass sich förmlich vor meiner Nase eine riesen Filmproduktion abspielte! Ich konnte es nicht glauben!
Ich lächelte das erste Mal wieder ernsthaft und dann fiel mir plötzlich ein kleines Lämpchen auf, dass ich aus meinen Augenwinkeln auf einem Tisch blinken sehen konnte. Ich stand auf und lief zu einem Laptop, der auf dem Tisch stand und mir anscheinend anzeigen wollte, dass er noch im Standby-Modus war. Topmodernes Teil, übrigens. Was sonst. McBook.
Ich legte neugierig meinen Finger auf das Touchpad und stellte triumphierend fest, dass der schwarze Bildschirmschoner verschwand und nicht mal das Passwort abgefragt wurde. Glück oder eine verpatzte Einstellung? Es war mir egal.
Ich zog schnell den Stuhl vor dem Tisch zurück und ließ mich fallen, in der Annahme, dass das, was ich hier tat, zumindest in einen gewissen Grad illegal war, wenn der Laptop Logans und nicht meiner wäre.
Was ich auf dem Schirm sah, war ein Ordner mit kleinen Bildersymbolen und ab und zu war eine PDF oder ein anderes Dokument dazwischen. Der Ordner nannte sich: Run. Ich zog eine ratlose Miene und scrollte durch den Ordner. Offensichtlich handelte es sich um den Streifen der gedreht wurde. Aber die Bilder ergaben auf den ersten Blick nur wenig Sinn. Es waren selten Szenenbilder, sondern nur irgendwelche Leute, vielleicht mir unbekannte Schauspieler, die posierten. Manchmal waren es Zeichnungen von komischen Wesen oder auch mal fotografierte Modelle von ihnen. Ich traute mich nicht irgendeine Datei davon zu öffnen. Stellte dafür aber fest, dass ich langsam kaum mehr die Augen aufhalten konnte.
Ich dachte nach.
Vermutlich wäre es nicht verfänglich duschen zu gehen und sich dann einwenig aufs Ohr zu hauen, oder?
Ich blickte mich zum Bett um.
„Nein. Das geht nicht.“ ich hätte beinahe losgeprustet. Ich würde mich natürlich auf die Couch legen. Mit ihm in ein und demselben Bett, das war undenkbar… Ich lachte über mich selbst und stand auf um ins Bad zu gehen.
Ich hatte mir viel Zeit gelassen. Das Wasser, das aus dem riesigen Duschkopf rann, wärmte meine Haut und ließ mich das erste Mal wieder Geborgenheit fühlen… in meinem eigenen Körper… Ich betrachtete argwöhnisch das Duschbad und das Shampoo. Amerikanisch. Natürlich. Aber es fühlte sich nicht an, als ob mir irgendetwas an ihnen unbekannt vorkam. Ich spürte zwar, dass irgendetwas nicht stimmte und erkannte, dass ich diese Marken eigentlich eher seltener nutze, aber…
Zum ersten Mal bemerkte ich verblüfft, dass mir die Sprachbarriere, die eigentlich, zumindest an manchen Stellen hätte da sein müssen, gar keine Probleme bereitete. Ich hatte bisher jedes Wort verstanden, als wäre es meine Muttersprache in der die Leute mit mir sprachen. Und das war normalerweise nicht Englisch. Das war... was war es gleich? Na, Englisch. Ich Depp. Nein, eben nicht! Da war doch was… da war… Ich schüttelte den Kopf. Egal. Ich müsste mir den Kopf darüber zerbrechen und darauf hatte ich heute Abend keine Lust mehr, geschweige denn Kraft.
Irgendwann trat ich aus der Dusche, trocknete mich, föhnte meine Haare und wickelte mich dann wieder im Handtuch ein.
Was sollte ich anziehen?
Ich blickte mich um und lief dabei im Bad umher. Normalerweise würde ich… ah, ja. Ich bückte mich und hob einen Pyjama auf. Ich betrachtete ihn zufrieden lächelnd. Ich war also in gewissen Dingen noch ich selbst... Ich zog ihn an und räumte dann das Bad auf. Auch wenn mein Mitbewohner selbst nicht gerade auf Ordnung zu stehen schien, würde ich es nie wagen, es ihm gleich zu tun. Einen Moment betrachtete ich mich im Pyjama und zweifelte daran, dass ich wollte, das Logan mich so sah. Allerdings wusste ich, dass er den Anblick offenbar kannte und außerdem war ich mit dem Nerven so am Ende, dass ich auch das Problem mit einem Abwinken verwarf.
Ich streckte müde meine Glieder, als ich aus dem Bad schlurfte, mit dem Bündel Klamotten im Arm, die ich vorher getragen hatte. Meine Muskeln waren trotz allem noch ganz steif und schmerzten. Ich blieb vor der Couch stehen, die mit Klamotten übersät war und nahm ein Shirt von Logan vorsichtig in die Hand, um es neben der Couch direkt wieder fallen zu lassen.
Die Couch die darunter zum Vorschein kam, sah unbequem aus.
Mein Blick glitt sehnsüchtig zum weichen Bett, dass ich schon ausprobiert hatte.
Ich zögerte.
Es schien nicht unnormal, dass ich normalerweise darin schlief. Zusammen. Mit ihm. Ich rieb mir meine Stirn. Es würde mir den Rest geben, wenn ich heute auch noch die Nacht nur wenige Zentimeter von ihm entfernt verbringen dürfte... Dann würde ich gar nicht mehr zur Ruhe kommen.
Meine Augen sahen wieder zwischen der Couch, die mit Sachen eingedeckt war und dem Bett, das mich einladend ansah, hin und her.
Auf der anderen Seite schlief es sich sicherlich gut im Bett, wenn man ohnmächtig war…und das würde ich sein, wenn er sich neben mich legen würde.
Ich lief in den nächsten Teilraum und warf meine Sachen achtlos auf meine Reisetasche. Dann ließ ich mich im Bett sinken und kuschelte mich wohlig in die Bettdecke. Ich atmete erleichtert durch. Das fühlte sich gut an. Es war die richtige Entscheidung gewesen. Bis jetzt.
Ich drehte mich zum Fenster und bemerkte, dass man wahrscheinlich schon von der Halle alles sehen konnte, was ich hier drin tat. Zwar kraftlos und unwillig, aber peinlich berührt pellte ich mich wieder aus den Federn und zog sämtliche Vorhänge zu. Dabei wunderte ich mich, dass keine Paparazzis hier waren. Nicht ein einziger. Niemand hatte uns vor dem Hotel abgepasst. Das verblüffte mich schon etwas. Aber ich dachte nicht lang darüber nach… einem geschenkten Gaul, sieht man schließlich nicht ins Maul…
Ich setzte mich wieder aufs Bett und sah in meiner Hosentasche die Zettel aufblitzen, die mir der Hotelier gegeben hatte. Nachrichten hatte er gesagt.
Ich zog sie raus und kuschelte mich dann wieder ins Bett. Als ich das Kissen unter meinen Kopf gestopft hatte, sodass ich angenehm lag, strich ich die Zettel auf meinem Bein glatt, bevor ich jeden einzeln laß. Es waren zusammen 4 Stück. Auf dreien war jeweils der Name eines Magazins geschrieben und darunter Sachen wie Interview, Reportage, Shooting. Ich überlegte einen Moment, bevor mir in den Sinn kam, dass das wohl Anfragen der jeweiligen Redaktionen sein mussten. An mich! Ich schnaubte. Shooting ...soweit kam es noch! Ich schüttelte den Kopf. Absurd. Und legte die drei Zettel auf meinen Nachttisch. Auf dem Letzten stand: ein Anruf Ihrer Mutter, wartet auf ihren Rückruf. Das fehlte mir jetzt noch. Ich war ziemlich sicher, dass ihre Nummer auf meinem Handy war, aber das würde mir mit Sicherheit den letzten Nerv rauben, jetzt auch noch mit meiner Mutter zu sprechen! Ich wurde etwas wehmütig. Normalerweise standen wir uns ziemlich nahe. Dass ich plötzlich so weit weg war, war eigenartig. Aber dann fiel mir ein, dass ich ja ‚schon ein halbes Jahr überall mit dabei gewesen war, was zumindest heißen müsste, dass ich in der Zeit nicht mehr zu Hause gewesen war. Das dürfte heißen, diesen einen Abend würde sie es noch ohne meinen Anruf aushalten können.
Also warf ich auch diesen Zettel auf den kleinen Tisch und drehte mich wieder auf die Seite. Schlafen. Das wollte ich jetzt. Und ich bildete mir ein, dass ich das auch konnte. Ich griff kurz nach meinem Telefon um zu sehen, wie spät es war und legte es dann auch auf den Nachttisch. Ich zog die Bettdecke bis zu meinem Kinn und schloss die Augen. Wenn Logan Recht gehabt haben sollte, dann hatte ich noch einige Zeit zum schlafen. Wenn er hier ankommen würde, würde ich natürlich auf die Couch ziehen. Ganz klar… ganz…klar…
Verwundert beobachtete ich die großen verkabelten Kameras auf Rollen, die in Position geschoben wurden, die Klappstühle, die Metallgerüste, den abgedunkelten Bereich, in dem ich stand und die Scheinwerfer, die einen nahezu winzigen Bereich ausleuchteten, der nicht ins Bild passte…
Erst nach und nach begann ich das Bild zu erkennen, auch wenn ich es nicht verstand. Ein Filmset!
„…und sowas, also das übliche. Schon klar, aber trotzdem. Ich muss mal drüber nachdenken, vielleicht komme ich ja noch auf den Geschmack. Hallo?“ eine Hand, vermutlich zu der Stimme gehörend, wedelte vor meinem Gesichtsfeld. Ich folgte ihr und zuckte heftig zurück, als ich sah, wer mit mir sprechen wollte. Die strahlend blauen Augen von Logan Lerman beobachteten mein Gesicht, während er langsam auf irgendetwas kaute. „Alles okay? Du bist blass.“ bemerkte er und suchte dann weiter das Büfett nach irgendetwas ab. Ich schluckte. Wieso sprach Logan Lerman mit mir, als stünde ich schon Ewigkeiten hier? Und überhaupt… wie komme ich hier her? Und generell… Logan Lerman?! Mich durchflutete eine Welle aus heißem Blut, die den Farbpegel meines Kopfes wahrscheinlich von „blass“ auf „hochrot“ treiben musste. Meine Muskeln waren mit einem Schlag angespannt. Die Verwunderung darüber, was ich hier machte, verflog sofort und wurde durch einen Schrecken ersetzt, der sich gewaschen hatte! Mein Herz klopfte heftig gegen meine Brust.
Logan stopfte sich mehrere Weintrauben in den Mund, während er den reich gedeckten Tisch nach irgendetwas bestimmten durchsuchte. Paralysiert beobachtete ich jede seiner Bewegungen. Das merkte er. Er hielt im Suchen Inne und hörte sogar für meine Sekunde auf zu Kauen, als er meinen Blick erwiderte. Er schluckte und sah dann auf seine Armbanduhr, bevor er sich an mich wandte.
„Du siehst ehrlich geschafft aus. Geh schon mal vor, du musst ja nicht jede Minute mit am Set sein.“ sagte er. Es war mir peinlich, wie ich ihn anstarrte und ich wusste, dass er es komisch fand, aber ich konnte nicht aufhören. Ich konnte beim besten Willen nicht aufhören in dieses schöne Gesicht zu sehen. Er erwiderte meinen Blick einen Moment starr und sah dann aus, als ob er irgendetwas nachgeben würde, bevor er den Kopf schüttelte „10 Stunden… ist ja nicht so, als würdest du mitspielen.“ sagte er und kicherte. Er kicherte… Sein Lachen war so wunderschön, es klingelte in meinen Ohren. Er wandte sich wieder dem Büfett zu und klaubte ein paar Sachen zusammen. „Ich komm dann später nach…schätze mal es dauert noch einige Stunden.“
„Du kommst nach? Wohin?“ fragte ich. Er schnaubte kurz und warf mir einen Blick mit hochgezogener Augenbraue zu.
„Ins Zimmer?“
„Ins Zimmer…“
„Im Hotel. Sag mal ist irgendwas? Hab ich was Falsches gesagt?“ er wandte sich mir zu und sah besorgt aus, die Besorgnis in seinem Gesicht ließ meine Alarmglocken schrillen. Mir gefiel dieser Ausdruck in seinem Gesicht nicht.
„Nein!“ sagte ich sofort und er sah trotzdem noch skeptisch aus. Ich hatte keine Ahnung wovon er sprach, aber das war gerade auch total unwichtig. Ich stand hier und redete mit ihm, das war unglaublich! Allerdings nickte er dann und blickte sich nach irgendetwas oder irgendwem in der Halle um. Dann schien er gefunden zu haben was er suchte. Fasziniert beobachtete ich seinen Mund als er sprach.
„Du kannst gleich Lisa mitnehmen. Sie sieht auch nicht gerade so aus, als ob sie noch ewig durchhält.“ er nickte lächelnd zu einer Person, die sich noch weiter hinten im Schatten befand als wir. Sie saß in einem der Klappstühle, hatte die Beine überschlagen, auf denen ein Klemmbrett lag und rieb sich mit den Fingerspitzen die Schläfen, während ihr Gesicht schmerzhaft verzogen war. Ich nickte langsam. Logan lief vor mir am Büfett auf und ab und aß hin und wieder etwas von dem, was er sich auf einen Teller legte. Ich beobachtete hypnotisiert was er tat und wurde immer unruhiger, weil er mir so unglaublich nah war. Er war tatsächlich hier! Stand direkt vor mir! Plötzlich erklang von irgendwo her eine Lautsprecherdurchsage. Logan stellte den Teller ab und wischte sich die Hände an einer Serviette ab. In zwei langen Schritten war er bei mir, und zwar gleich so nah, dass ich schwören könnte, er würde mein Herz schlagen hören, dass mir vor Schreck fast aus der Brust sprang! Ich schnappte nach Luft, als er mir einen Kuss auf die Wange gab und ich seinen Arm um meine Taille spürte. Aber er schien es nicht zu merken.
„Bis dann.“ sagte er und verschwand dann eilig in Richtung Set. Es war nur ein flüchtiger Kuss, eine zarte Berührung und doch war mir schlagartig so heiß, dass ich schwören könnte, mein Blut wurde anfangen zu brodeln. Ich keuchte vor Unglauben und sah ihm hinterher, wie er davon lief. Logan Lerman… hatte…war…ich…mir! Mein Atem und Herzschlag waren so schnell, dass mir schwindlig wurde. Ich hatte mich in diesen wenigen Sekunden so angespannt, dass meine Beine und Arme vor Anstrengung zuckten. Hier wo ich stand, beachtete mich jetzt Gott sei Dank niemand mehr. Es wäre peinlich gewesen, wenn doch.
Bevor ich ohnmächtig werden konnte, tat ich einfach, was er gesagt hatte. Schlafen empfand ich als keine schlechte Idee, tatsächlich war ich irgendwie ausgelaugt nach diesem einen Moment... Zumindest ausruhen, würde ich auch hin bekommen. Selbst wenn das alles nur ein Traum war und ich vermutlich normalerweise versuchen sollte, so lang bei ihm zu sein, wie es ging, bevor mein Wecker klingeln würde. Aber ich war zu kraftlos um seinem Vorschlag nicht nachzukommen. Außerdem hätte ich eine Million bessere Ideen gehabt, als mich Logan Lerman zu widersetzen! Logan Lerman! Er hatte-! Nein. Meine Knie waren ganz weich. Ich brauchte fünf Minuten Ruhe, in denen ich sicher gleich wieder verstehen würde, was hier abging… aber irgendwie glaubte ich selbst nicht recht daran. Bevor ich in helle Panik verfallen konnte, lief ich los.
Wacklig auf den Beinen schlängelte ich mich zwischen Kisten, Holzpaletten und anderem Kram, der hier überall in vermeidlicher Ordnung im Schatten verstreut lag, vorbei zu der Frau im Klappstuhl. Sie sah mich erst an, als ich längst vor ihr stand und stockend anfing zu sprechen.
„H…Hi. Ich soll…ähm…Logan…Er hat gesagt, ich soll…schon mal vor- …gehen? Sie sollen mitkommen und sich auch ausruhen.“ sie hörte mir aufmerksam zu und sah mich weniger komisch an als Logan. Vermutlich war sie selbst einer Migräne nahe.
„Achso, hat er das? Tja dann lass uns gehen, dass lass ich mir nicht zwei Mal sagen.“ sie sprang sofort auf und lief los. Ich setzte ihr schnell hinterher, ohne zu fragen, immernoch halb gelähmt von dieser komischen Situation.
Wir liefen noch kurz durch tiefe Dunkelheit, bevor sie einen riesigen, dicken Vorhang aus schwarzem Filz beiseite schlug, der sich bis zur Decke spannte. Grelles Licht schlug mir wieder entgegen. Ich kniff die Augen zusammen, bis sie sich an das Licht gewöhnt hatten und folgte ihr dabei. Hier sah alles ganz anders aus und ich bemerkte auch, dass der Stoff eine Menge Schall abgehalten hatte. Hier waren viele Leute, bestimmt mindestens 80, die durcheinander liefen. Manche saßen auch und wurden an ewig langen Tischen, an denen Spiegel und grelle Lichter waren, geschminkt. Andere liefen in komischen futuristischen Kostümen durch die Gegend und andere, vermutlich Komparsen, waren vollkommen in Schwarz gekleidet und trugen irgendwelche Sachen durch die Gegend. Das alles war faszinierend. Aber Lisa lief so schnell, dass ich nur einen winzigen Teil von dem sah, was ich eigentlich hätte genauer betrachten wollen. Sie warf in ihrem schnellen Schritt einigen Leuten ein paar Worte zu, die sie ansprachen. Manche stellten ihr irgendwelche Fragen und dann lachte sie oder aber antwortete ernst, schnell und direkt. Am meisten verwunderten mich die Leute, die mich zuerst ansprachen und lächelten, aber einige sahen mich auch abfällig oder arrogant an. Woher kannten sie mich? Ich antwortete niemandem von ihnen sondern konnte nur scheu lächeln. Ich verstand immer noch nicht, was hier vor sich ging. Eigentlich komisch für einen Traum. Da fühlte man sich wenigstens wohl in seiner Haut…
Wir verließen den bunten Trubel auf der anderen Seite der Halle durch eine Metalltür, durchquerten einen dunklen Raum und ich verließ mich dabei einfach auf Lisa, die sicher ihren Weg lief. Sie schaltete an der Tür das Licht an und ich betrachtete sie das erste Mal genauer, als sie einen Schlüssel aus der Hosentasche holte. Sie trug ein geschäftsmäßiges Kostüm und um ihren Hals baumelte ein Zettel, der in einer Folie steckte. Die Schrift war groß und deutlich zu lesen.
Lisa / Logan Lerman (Managerin)
Ich hatte es kaum gelesen, da sah sie zu mir hinrüber und lächelte aufmunternd. Wahrscheinlich sah ich immer noch geschockt aus. Ich wich ihrem Blick schnell aus und wartete angespannt, bis sie den Schlüssel gefunden hatte, mit dem sie die Tür vor uns aufsperrte. Davor erwarte uns ein bulliger Mann, den Lisa lächelnd mit ‚Eddy’ begrüßte und dem sie sofort ihren Ausweis entgegenstreckte. Er nickte nur flüchtig, als kannte er ihr Passbild und die Worte auf dem Zettel schon auswendig und hob kurz ein Scanngerät, dass an seinem Gürtel baumelte, um den Strichcode darauf zu scannen. Das Gerät gab einen Piepton von sich. Dann sah er wenig erwartungsvoll zu mir. Ich zuckte und sah an mir herab. Tatsächlich hatte ich auch so einen Ausweis. Ich laß ihn nicht zu genau, ich hatte Angst, dass ich ihn ihm nicht schnell genug zeigen würde und das irgendetwas nach sich ziehen würde. Irgendwie hatte ich auch Angst davor zu lesen, was darauf stand. Eigentlich auch komisch für einen Traum, wo Gefühle normalerweise nicht so schnell und intensiv wechselten…
Er scannte den Code und das Gerät hatte noch nicht mal bestätigend gepiept, da rannte Lisa schon weiter. Ich lief ihr eilig hinterher und schlang die Arme um meinen Körper. Es war eine frostige Nacht. Wir befanden uns auf dem Außengelände der Halle, das mit einen riesigen Maschendrahtzaun umrandet war und an dessen oberer Kante Kameras und Stacheldraht angebracht waren. Wie in einem Hochsicherheitstrakt. Neben Gabelstaplern und anderen Arbeitsfahrzeugen standen hier einige Edelkarossen auf dem Parkplatz. An einer davon flackerten kurz die Blinker auf, als Lisa auf ihren Autoschlüssel drückte. Sie zog die Tür auf und warf das Klemmbrett samt ihrer Tasche auf den Rücksitz. Ich öffnete ehrfürchtig die Beifahrertür des schicken schwarzen BMWs und nahm Platz. Lisa schlug die Fahrertür mit einem lauten Knall zu und sie bewegte sich auch sonst so ruckartig, dass ich annahm, sie fror genauso wie ich und hatte deshalb keine Lust sich langsam zu bewegen. Diese Annahme bestätigte sich noch, als sie mit einem Ruck den Motor anwarf, sofort mit einem Schlag den Rückwärtsgang einwarf und mit Vollgas zurück fuhr. Ich atmete erschrocken ein und krallte mich in den Sitz, in der Erwartung, sie würde die Kontrolle über den Wagen verlieren, aber es ging alles glatt. Umso erleichterter war ich, als sie dann in Schrittgeschwindigkeit auf das Tor zu fuhr. Ein kleines Licht flackerte an einer Kamera auf, die sich an einem hohen Mast befand, dann schob das Tor sich von selbst auf. Erst jetzt sah ich den Ausweis in der Scheibe, ebenfalls mit einem Code versehen, der uns wohl hier raus verhalf.
„An solchen Tagen bin ich unheimlich froh, dass das Hotel um die Ecke ist.“ sagte sie im Smalltalk. Ich nickte nur und schluckte eingeschüchtert. Wir fuhren wieder schneller eine Straße am Zaun entlang, einen kleinen Hügel hinab. Sie führte auf eine vierspurige Straße, die von einem grünen Mittelstreifen getrennt war. Allerdings waren keine Autos darauf, also fuhren wir sofort auf und zu meinem Erstaunen kaum 50 Meter, durch eine Lücke im grünen Streifen. Sie blinkte reichlich spät und gähnte dabei. Wir überquerten die Fahrbahn, um sofort auf den Vorplatz eines Hotels aufzufahren, dass direkt an dieser Straße stand. Das Hotel war nicht sonderlich riesig, wie man es vielleicht vermutet hätte, aber dennoch sah es schick aus. Wir hielten vor dem Eingang, wo mir ein junger Knabe in Dienstkleidung die Tür öffnete. Ich stieg peinlich berührt aus und wartete auf Lisa. Sie übergab einem anderen die Schlüssel und kam dann um das Auto herum.
„Guten Abend.“ wünschten uns die jungen Männer, als wir zusammen auf das Hotel zu liefen. Lisa antwortete nicht. Ängstlich wie ich war, tat ich es auch nicht. Ich ahnte ja nicht, worin ich mich hier verstrickte. Auch wenn ich immer noch mehr als verstört war, wollte ich nur kein Aufsehen erregen. Ich ließ mich einfach von diesem Traum tragen, denn es war ja einer. Konnte nur einer sein...
Wir gingen in das Hotel und direkt auf die Lobby zu. Lisa schien den Weg hier rüber, wortwörtlich, im Schlaf zu wissen. Auch hier legte sie kurz den Ausweis auf den Tisch und wieder wurde er von dem Hotelier gescannt. Wie bei einer Kasse, gab das Gerät ein Piepen von sich.
„Guten Abend Miss.“ sagte er erst dann und lächelte. Auch mich grinste er höflich an.
„Guten Abend. 215 und 219.“ antwortete Lisa. Sie hielt sich knapp und hob die Hand vor ihren Mund, als sie ein Gähnen unterdrückte. Er zögerte nicht lang und holte die Chipkarten, die uns als Schlüssel dienten, irgendwo hinter seinem Tresen hervor. Meinen Ausweis wollte er gar nicht sehen…
„Eine angenehme Nacht wünsche ich Ihnen.“ sagte er, immer noch mit demselben Grinsen und Lisa nickte nur verschlafen. Ich bedankte mich und lief dann mit ihr zum Aufzug. Als die Tür sich geschlossen hatte, gab sie mir eine der Karten und wandte sich dabei an mich.
„Hat Logan gesagt, wie lang es noch dauern könnte?“ fragte sie mich und klang dabei geschäftsmäßig. Ich atmete tief durch und betrachtete die Chipkarte in meiner Hand.
„Er sagte…einpaar Stunden.“ erinnerte ich mich. Lisa überging mein Zögern, bevor ich geantwortet hatte, als hätte ich es gar nicht getan.
„Alles klar. Wenn er kommt, erinnere ihn dran, dass ihr morgen erst abends los müsst, ja?“ bat sie mich. Ich schluckte, aber nickte dann schnell, als sie mich prüfend ansah. Erst als wir auf direktem Wege zum Zimmer waren, begann ich darüber nachzudenken, was ich hier tat...dass ich dort auf ihn warten sollte… mir wurde übel.
„Herrje. Du solltest drüber nachdenken eine Pause einzulegen, was denkst du?“ fragte sie mich.
„Eine P-Pause?“ erwiderte ich verwundert. Ich war doch schon auf dem Weg ins Hotelzimmer.
„Ja. Ein halbes Jahr bist du jetzt schon überall und jeden Tag mit dabei gewesen. Ist dir das gar nicht aufgefallen? Als hättest du einen Fulltimejob.“ sagte sie und lächelte müde. Ich verstand kein Wort.
„Ein halbes Jahr schon.“
„Ja. Allerdings. Gönn dir doch mal einpaar Tage zu Hause.“ schlug sie vor und sah wieder zu mir. Ich nickte, nur, damit sie beruhigt war. Sie erwiderte das Nicken. Kurz darauf klingelte der Fahrstuhl und die Türen gingen auf. Wir beide gingen zusammen hinaus und liefen schweigend den Gang entlang. Ganz unvermittelt sagte Lisa dann:
„Bevor ich’s vergesse: Sag Logan noch, dass ich übermorgen einen Termin mit ihm habe. Morgen seid ihr beiden ja erstmal alleine und abends denkt er sicher nicht mehr daran.“
„Okay ich sag’s ihm.“ versicherte ich ihr einfach. Allerdings stellte ich mit Erschrecken fest, dass ich die erste Sache, die ich ihm hatte sagen sollen, schon wieder vergessen hatte. Kein Wunder... ich versuchte das alles hier auch gerade erst zu verarbeiten... Das war gar nicht mal so untypisch für einen Traum…
„Du bist zu weit.“ sagte Lisa und blieb dann stehen. Ich stoppte abrupt.
„Was?“
„215 ist da.“ sagte sie und nickte in die Richtung aus der wir gerade gekommen waren. Ich spielte die Peinlich Berührte und lachte.
„Klar. Stimmt.“ Lisa erwiderte mein Lächeln verwundert und lief dann weiter. Im Gehen sagte sie ohne sich umzusehen:
„Und vergiss nicht die Tür abzuschließen, sonst gibt das wieder eine Menge ärger.“ Ich sah auf den Boden und versuchte zu verstehen was sie sagte, aber es blieb erfolglos. Schnell sah ich mich um und suchte die 215. Als ich sie gefunden hatte, war ich in wenigen Schritten bei ihr und zog die Karte durch das Schloss. Ich hörte das Klicken, dann sah ich ein kleines grünes Licht aufflackern. Unsicher sah ich Lisa hinterher. Wieso ließ sie mich allein? Ich fürchtete, ich würde durchdrehen, wenn ich vollkommen allein wäre! Sie trat gerade selbst in ihr Zimmer und schloss schnell die Tür hinter sich. Als meine Tür auf schwang, sah ich ehrfürchtig in das bewohnte Hotelzimmer.
Mit einem Finger schob ich respektvoll die Tür auf das löste damit das Licht im Zimmer aus. Ich blieb noch vor der Schwelle stehen. Was ich sah raubte mir den Atem. Keine Frage. Hier hatte sich ein Junge einquartiert. Sachen lagen überall verstreut auf dem Boden, der Couch oder dem Tisch, sodass die Möbel darunter kaum noch erkennbar waren. Neugierig trat ich ein und schloss die Tür hinter mir, die Karte ließ ich in meiner hinteren Hosentasche verschwinden. Achtungsvoll setzte ich einen Fuß vor den anderen und durchschritt das geteilte Zimmer. Auf dieser Seite befand sich eine Art Aufenthaltsbereich und daneben war… daneben…war....
„Oh man ist mir schlecht.“ ich hielt mir erschrocken die Hand vor den Mund, der sperrangelweit offen stand. Ein Bett. Ein einziges, verwühltes Bett. Weiße Kissen, zwei weiße Decken. In meinem Kopf ratterten die Zahnräder. Das war verrückt. Das alles war verrückt. Es war unmöglich! Es war ein Traum! Ich verfiel in Panik.
Ich sah mich um, nach irgendwelchen Beweisen dafür, dass das hier nicht echt war, aber fand natürlich nichts. Ich fing hektisch an mich zu kneifen und vor Verzweiflung sogar mir selbst auf den Fuß zu treten und ins Gesicht zu schlagen. Was ich erreichte waren Schmerzen, nichts weiter. Ich kniff die Augen zusammen und murmelte vor mich hin:
„Ich träume, ich träume, ich träume, ich träume! Verdammt, wach auf!“ Normalerweise half das immer. Wenn man erkannte das man schlief und wach werden wollte, dann lief das normalerweise immer glatt, aber in diesem Traum ging das nicht. Normalerweise untypisch für einen Traum, fiel mir ein, dass Schreien eigentlich sogar bei Fieberträumen funktionierte. Wenn man von selbst wie am Spieß schrie, dann wachte man immer auf. Einhundertprozentige Erfolgschance.
Aber ich zögerte und sah zur Tür. Ich schloss sie leise. Was, wenn das hier kein Traum war? Alle würden mich für verrückt halten und würden erschrocken in mein Zimmer stürmen. Sie würden fragen, was passiert sei. Ich könnte es nicht erklären. Ich konnte sowieso nicht sagen, was ich hier überhaupt machte! Der Fakt war aber, dass ich wahrscheinlich schon verrückt war. Also war es egal. Das hier machte mir viel zu viel Angst.
Ich spannte mich an, holte tief Luft, setzte zum Schrei an und –
Es klopfte.
„Ohh… das ist ein Scherz… ich werde wahnsinnig, wer-?!“ wimmerte ich gepeinigt. Ich fuhr herum und lief kraftlos zur Tür, um zu öffnen. Ich raffte mich zusammen und stand sofort aufrecht, als der Hotelier mit seinem immer währenden Lächeln vor mir stand.
„Ihre Nachrichten.“ sagte er und reichte mir in einem Fächer aufgereihte Zettel, stark wie Pappe, gleiche Größe, gleiche Farbe, gleiche Schrift… Ich sah zwischen ihm und den Zetteln hin und her und nahm sie.
„Nachrichten?“
„Sie haben verlangt, dass ich sie Ihnen immer nach oben bringe, sobald Sie angekommen sind.“ er lächelte unentwegt. Seit wann verlangte ich? Ich seufzte und schloss kurz die Augen.
„Ja, klar.“
Als ich die Augen wieder öffnete sah ich, dass ihn mein Auftreten gar nicht gewundert hatte. Oder dass es ihm zumindest wahrscheinlich nicht erlaubt war, zu fragen. Eins von beiden. Er nickte aufmerksam und wandte sich dann zum Gehen. Ich trat aus der Tür und sah ihm so lang hinterher, bis er nach rechts aus dem Korridor verschwand.
Mein Atem ging schnell, als ich dort stand und auf den roten Boden sah. Ich konnte nicht dagegen ankämpfen. Und ich konnte es nicht länger leugnen.
Die Luft hier draußen war kälter als die im Zimmer.
Ich lachte kraftlos.
Es war kein Traum.
Egal was ich versuchen würde. Ich würde nicht aufwachen.
Mein Herz galoppierte und ich bekam Angst. Ich ging zurück ins Zimmer und schmiss die Tür zu. Es gab noch eine Sache. Etwas, das ich klar stellen musste. Ich quetschte die Pappzettel achtlos in meine Hosentasche und sah mich im gesamten Zimmer um. Es gab nur eine Tür, hinter der unweigerlich das Badezimmer sein musste.
Ich rannte zu ihr, riss die Tür auf und trat mit schallenden Schritten in das geflieste Bad. Es war wunderschön. Dunkelgrüne Fliesen - marmoriert, weiße, geschwungene Waschbecken. Aber was mich wirklich interessierte, war die lange Spiegelfront auf meiner Linken, über den Waschbecken. Ich atmete tief durch und trat einen Schritt vor, um mein Spiegelbild zu betrachten. Ich sackte verblüfft in mich zusammen und versuchte meinen schnellen Atem zu kontrollieren. Im Spiegel sah ich, wie sich meine Brust schnell hob und sank, als ich durch die Nase atmete. Meine Nase. Meins…es war alles meins, was ich sah. Ich war ich. Aber wieso? Das ergab noch viel weniger Sinn! Allerdings war ich auch erleichtert. Das machte die Sache ein wenig erträglicher, dass ich nicht auch noch in einem anderen Körper steckte. Ohnmächtig fiel ich gegen den Tresen und stützte mich mit den Händen ab. Ich kam wieder etwas zu mir selbst, als ich mich im Spiegel atmen sah, wurde ruhiger. Aber dann war mir plötzlich speiübel. Ich wandte mich um und suchte das Klo. Gerade nach rechtzeitig hatte ich den Deckel hochgeklappt und übergab mich. Es war frustrierend, aber auch erleichternd. Ich würgte noch einmal, aber mein Körper beschloss, dass es zunächst genug Erleichterung sein sollte... Ich streckte mich mühselig nach der Spülung aus und ließ mich dann neben die Toilette fallen. Über mir ging der Luftabzug an. Ich lachte kläglich und rieb mir das Gesicht. Mein Kopf fiel gegen die wunderschönen Fliesen und meine Augen fielen zu. Einpaar Minuten saß ich im Bad und kam zur Ruhe. Zwar bekam ich jetzt Kopfschmerzen, aber das war mir sowas von egal. Egaler ging es gar nicht.
Ich zog die Beine an, als ich meinen Kopf darauf legen wollte und hörte dabei, wie etwas scheppernd aus meiner Hosentasche fiel. Verwundert senkte ich den Kopf und sah ein schwarzes Telefon auf dem Boden liegen. Ich griff es und drehte es um.
„Verflucht.“ ich saß sofort aufrecht und drehte ungläubig das iPhone in meinen Händen. „Ein iPhone?!“ ich ließ den Kopf wieder gegen die Fliesen fallen und fragte mich, wem es gehörte. Ich wollte gerade durch die Menüs shuffeln, als ich diesen bitteren Geschmack in meinem Mund spürte. Ich verzog das Gesicht und stemmte mich auf, um mir den Mund auszuwaschen. Ich legte das Telefon auf den Tresen und wusch mir auch mein Gesicht. Ich hatte Glück, dass die Handtücher bereits ausgewechselt waren, die hier hingen, damit ich nichts durcheinander brachte. Ich ließ mich dann auf der geschlossenen Toilette fallen und griff nach dem Telefon. Als ich auf den Bildschirm tippte und die Sperre gelöst hatte, wurde mir kurz schwarz vor Augen. Die Luft, die ich einatmen wollte, kam nicht bei meinen Lungen an. Auf dem Hintergrundbild sah ich das Gesicht eines schlafenden Logan Lermanns, inmitten von weißen Kissen. Ich ging sofort davon aus, dass er selbst wohl ein anderes Hintergrundbild gewählt hätte und das würde bedeuten, dass dieses Handy… mir gehörte…samt diesem Bild. Ich schüttelte heftig den Kopf, mehrere Sekunden lang.
„Nein…nein…“ hektisch suchte ich auf diesem Handy einen Ordner mit Bildern. Als ich gefunden hatte, was ich suchte, klickte mich flüchtig durch das Menü und stellte fest, dass zwei Drittel davon von Logan Lerman waren und als ob mich das nicht schon genug faszinierte… zog mir etwas anderes viel mehr die Socken aus. Von diesen Zweidritteln waren auf sicherlich der Hälfte, er und ich. Ich hätte schwören könnten das Handy würde in meinem Griff bersten. Ich legte es schnell auf meinen Schoß und hielt meinen Kopf fest, weil ich fürchtete er würde explodieren. Ich dachte so viel auf einmal, wurde abwechselnd rot und dann kalt. Meine Hände waren schon kalt, seit dem ich in der Halle… seit Logan… Logan. Logan und ich…
Ich stemmte mich auf und lief aus dem Bad. Ich war unfähig den Lichtschalter zu betätigen und es war mir aber auch vollkommen egal, ob das Licht weiter brennen würde. Ich schlurfte zum Bett, im Begriff jeden Moment zusammen zu klappen und als das Bett dann in Reichweite war, tat ich es auch.
Ich plumpste auf das Bett, das unter mir federte und blieb regungslos liegen. Mein Herz und mein Atem waren vollkommen außer Kontrolle. Mein ganzer Körper spielte verrückt. Mir wurde immer wieder schwarz vor Augen, aber die Erlösung einfach ohnmächtig zu werden, wurde mir nicht zuteil.
Keine Ahnung wie lang ich mich nicht unter Kontrolle hatte. Mir dauerte es jedenfalls viel zu lang, bis ich mich selbst wieder hatte. Dann drehte ich mich auf den Rücken und starrte an die Decke, von der aus mich einzelne Strahler anstrahlten. Ich schloss die Augen und versuchte ruhig zu werden, wieder zu mir zu finden. Aber ich zitterte unentwegt, was das ziemlich schwierig gestaltete. Eine gefühlte halbe Stunde später schluckte ich. Ich war wieder weitestgehend ich selbst. Ich renkte meinen Kopf ein. Ich streckte meine Arme und Beine und ließ dabei die Knochen knacken. Ich verspürte wieder leichte Übelkeit, als ich mich aufsetzte, aber überging das einfach.
Ich setzte mich auf und sah mich um, versuchte mit dem Gedanken klar zu kommen, dass es so war, wie es war. Dass ich anscheinend nichts dafür konnte, wie es gerade war, allerdings auch nicht einfach wieder zum Normalzustand zurückkommen würde…
Im Zimmer war es erstaunlicherweise mucksmäuschenstill. Ich erkannte, dass meine eigenen Gedanken, angetrieben von Panik und mit Unterstützung meines Herzschlages so laut gewesen waren, dass es sich angefühlt hatte, als wären um mich einhundert Stimmen und ein riesiger Tumult gewesen.
Aber es war still. Komplett still. So still, dass die Ruhe in meinen Ohren dröhnte. Das machte es einfach runter zu temperieren und tief durchzuatmen. Ich atmete mehrere Male tief durch und rutschte dann zum Kopfende des Bettes, um mich anzulehnen. Das Handy lag immer noch in meiner Hand, ich hatte es so fest umklammert, dass meine Hand vollkommen verkrampft war. Ich lockerte die Finger und drehte das Telefon hin und her. Ein iPhone. Hinten mit dem unverkennbaren Symbol auf der metallisch spiegelnden Rückseite versehen. Ich verkniff mir absichtlich die Frage, wo ich es her hatte.
Wieder ich selbst, klickte ich mich wieder in das Bildermenü und shuffelte mit konzentriertem Blick jedes Bild einzeln über das Display. Dabei riss ich mich zusammen und versuchte nicht wieder einen Nervenzusammenbruch zu erleiden.
Was ich sah raubte mir dennoch den Atem und ließ mein Herz schnell und heftig gegen meine Brust pochen.
Logan an einem Check-In, in einem Flughafen…Logan, wie er sich mit einem Mann an einem anderen Filmset unterhielt…Logan, schlafend in einem Auto…generell sah ich viele Bilder davon, auf denen ich ihn schlafend fotografiert hatte. Ich musste aber zugeben, dass es eine ausgezeichnete Motivwahl von mir war und fand es bei keinem einzigen Bild schändlich, dass es immer wieder gleich aussah. Denn es sah unbeschreiblich süß aus. Die Bilder zogen mich in ihren Bann. Aber als dann vermehrt Bilder von ihm und mir zusammen kamen, plumpste mein Herz ein kleines Bisschen nach unten. Dadurch, dass ich bei den Fotos immer selbst abgedrückt hatte, sah man im Hintergrund nicht viel, dafür waren wir selbst umso größer darauf. Ich hielt die Luft an, bei einem Bild, auf dem er mich auf die Wange küsste. Er sah dabei gar nicht mal so unglücklich aus. Das musste heißen, er hat es tatsächlich freiwillig getan. Verblüfft shuffelte ich weiter und wäre beinahe aus dem Bett gefallen, als ich ein Bild sah, auf dem wir uns küssten. Meine freie Hand krallte sich in die Bettdecke unter mir und Luftholen war jetzt sowas von out…
Mein Mund stand offen, während meine Augen über das Bild flogen. Seine Hand an meinem Hinterkopf, sein Mund direkt auf meinem, dieses kleine Grinsen. Grinsen… Seine Lippen…
„…auf meinen?!“ fragte ich laut und sog erschrocken die Luft ein. Das Handy fiel aus meiner Hand und ich versuchte panisch Luft zu holen, was mir nur schwer gelang. Der Kuss vorhin in der Halle war keine einmalige Sache gewesen. Sie war nicht mal eine Sache gewesen. Es war nur für mich atemberaubend und besonders gewesen, herzzerreißend. Für Logan… und offenbar für alle anderen auch, war es… war es offenbar…Ich traute mich nicht weiter zu denken, sondern schloss die Augen und legte die Hände auf mein heißes Gesicht. Was zum Geier… ging hier nur vor?!
Ich griff wieder das Handy und scrollte schneller durch die Bilder. Noch mehr Küsse…oh Gott…wunderschöne Küsse…und dann auch Bilder, die jemand anderes von uns gemacht hatte. Händchenhaltend…nebeneinander schlafend, ich an seiner Schulter… Und dann ein Bild, was ich mindestens fünf Minuten anstarrte: Logan und ich, wie wir zusammen in einem großen Sessel in einer Art Wartebereich saßen. Ich saß neben ihm und hatte meine Beine über seine gelegt, seine eine Hand lag auf meinem Bein, mit der Handfläche nach oben, halb geöffnet und der andere Arm kam irgendwo hinter meinem Rücken hervor. Meine Hand lag dagegen an seiner Brust und mein Kopf neben seiner Schulter auf dem Polster.
Nach diesen fünf Minuten schloss ich wieder die Augen und atmete konzentriert ein und aus. Ich war plötzlich richtig müde und hätte einfach die Augen geschlossen lassen können um sofort ein zu schlafen. Aber da vibrierte plötzlich das Handy in meiner Hand. Ich gab einen erschrockenen Ton von mir und sah auf das Display. Ich wimmerte, als ich ein Bild von Logan darauf sah und mich das Handy fragte ob ich annehmen oder ablehnen wollte…
„Was für eine Frage…?“ sagte ich in verzweifeltem Ton und räusperte mich, was fast weinerlich klang. Ich setzte mich kurz auf und pustete ruckartig Luft aus meinen Lungen bevor ich annahm. Zitternd hielt ich das Telefon an mein Ohr.
„J-ja?“
„Hey. Ich stör' mich lange. Liegt irgendwo bei dir der Armreif rum?“ fragte seine wunderbare Stimme, deren Melodie zwar durch die Telefone verzerrt wurde, aber die trotzdem noch hypnotisierend klang. Ich zog die Augenbrauen zusammen und sah mich um. Armreif…Armreif… wozu brauchte er einen Armreif? Ich sah schließlich einen breiten goldenen Ring auf seinem Nachttisch und nickte. Ich schüttelte ruckartig den Kopf, als ich bemerkte, dass er das ja nicht sehen konnte. Ich rief fast in den Hörer:
„Ja!“ dann war eine kleine Pause, die eigentlich nicht lang war, aber mich total nervös machte.
„Oh…okay.“ ich hörte, wie etwas raschelte und dann hörte ich, wie seine leiser gewordene Stimme irgendwem zurief: „Ist im Hotel!“ und dann war wieder eine kleine Pause, in der ich fast geseufzt hätte. Dann raschelte es wieder und ich hörte seine Stimme zu mir sagen:
„Danke, hat sich erledigt. Tut mir Leid. Schlaf weiter, okay?“ ich brauchte einen Moment, um auf das was er gesagt hatte, reagieren zu können.
„Schon…gut, ich hab nicht-“
„Bis dann, ja?“ dann gab mein Telefon einen Ton von sich, als der Anruf beendet war. Ich holte laut Luft und nahm das Handy von meinem Ohr. Überlebt. Wahnsinn! Ich war fasziniert von diesem Telefonat, das eigentlich nicht mal ein richtiges gewesen war.
Ich ließ das Handy auf das Bett fallen und sah mich ein weiteres Mal im Raum um. Ich lächelte leicht, als ich sah, wie meine Sachen vergleichsmäßig ordentlich an der langen Fensterfront gefaltet und aufgereiht lagen, davon das meiste noch oder schon in der Reisetasche. Ich warf das erste Mal einen Blick durch das Fenster, das sich in diesem Teilraum und im anderen über die gesamte Wand erschreckte. Ich sah nicht viel, weil es hier drin so hell und draußen dunkel war. Aber ich erkannte die große Halle, die wie ein riesiger quaderförmiger Container aussah, der von Lichtern angestrahlt war. Irgendwann sah ich einpaar Leute auf dem spärlich ausgeleuchteten Gelände und sah erschrocken auf meine Armbanduhr, die, mal nebenbei, auch nicht von schlechten Eltern war… Aber ich erkannte, dass von den vielen Stunden, die Logan prophezeit hatte, noch Zeit für mich übrig war, bevor er hier ankommen würde. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was ich dann tun würde...
Dann erhaschte mein Blick einen Ringblock, der halb von der Bettdecke auf Logans Seite verdeckt gewesen war. Ich zog ihn mit spitzen Fingern heraus und ließ ihn auf meine Beine fallen. Es sah auf den ersten Blick ziemlich öde aus, was da stand. Es waren Tabellen, immer wieder mit unterschiedlicher Spaltenanzahl und anderem Aufbau. Ich blätterte einpaar Seiten. Hin und wieder waren Textstellen mit einem grellpinken Marker gekennzeichnet worden. An den Stellen tauchte ab und zu „Logan“ auf. Meine Hände zuckten zurück. Was ich da in den Händen gehalten hatte, war sowas wie ein Drehbuch gewesen, oder ein Script! Ich legte es schnell wieder möglichst genauso zurück, wie ich es gefunden hatte und starrte es allerdings weiter an.
„Oh man.“ sagte ich tonlos, innerlich packte mich die Unruhe. Das war so spannend! Ganz abgesehen davon, dass es schon total unglaublich war, wie nah mir Logan Lerman stand, war es noch viel abgefahrener, dass sich hier ein Traum für mich erfüllte! Ein Traum in einem Traum…Hm…
Es war jedenfalls absolut gigantisch, dass sich förmlich vor meiner Nase eine riesen Filmproduktion abspielte! Ich konnte es nicht glauben!
Ich lächelte das erste Mal wieder ernsthaft und dann fiel mir plötzlich ein kleines Lämpchen auf, dass ich aus meinen Augenwinkeln auf einem Tisch blinken sehen konnte. Ich stand auf und lief zu einem Laptop, der auf dem Tisch stand und mir anscheinend anzeigen wollte, dass er noch im Standby-Modus war. Topmodernes Teil, übrigens. Was sonst. McBook.
Ich legte neugierig meinen Finger auf das Touchpad und stellte triumphierend fest, dass der schwarze Bildschirmschoner verschwand und nicht mal das Passwort abgefragt wurde. Glück oder eine verpatzte Einstellung? Es war mir egal.
Ich zog schnell den Stuhl vor dem Tisch zurück und ließ mich fallen, in der Annahme, dass das, was ich hier tat, zumindest in einen gewissen Grad illegal war, wenn der Laptop Logans und nicht meiner wäre.
Was ich auf dem Schirm sah, war ein Ordner mit kleinen Bildersymbolen und ab und zu war eine PDF oder ein anderes Dokument dazwischen. Der Ordner nannte sich: Run. Ich zog eine ratlose Miene und scrollte durch den Ordner. Offensichtlich handelte es sich um den Streifen der gedreht wurde. Aber die Bilder ergaben auf den ersten Blick nur wenig Sinn. Es waren selten Szenenbilder, sondern nur irgendwelche Leute, vielleicht mir unbekannte Schauspieler, die posierten. Manchmal waren es Zeichnungen von komischen Wesen oder auch mal fotografierte Modelle von ihnen. Ich traute mich nicht irgendeine Datei davon zu öffnen. Stellte dafür aber fest, dass ich langsam kaum mehr die Augen aufhalten konnte.
Ich dachte nach.
Vermutlich wäre es nicht verfänglich duschen zu gehen und sich dann einwenig aufs Ohr zu hauen, oder?
Ich blickte mich zum Bett um.
„Nein. Das geht nicht.“ ich hätte beinahe losgeprustet. Ich würde mich natürlich auf die Couch legen. Mit ihm in ein und demselben Bett, das war undenkbar… Ich lachte über mich selbst und stand auf um ins Bad zu gehen.
Ich hatte mir viel Zeit gelassen. Das Wasser, das aus dem riesigen Duschkopf rann, wärmte meine Haut und ließ mich das erste Mal wieder Geborgenheit fühlen… in meinem eigenen Körper… Ich betrachtete argwöhnisch das Duschbad und das Shampoo. Amerikanisch. Natürlich. Aber es fühlte sich nicht an, als ob mir irgendetwas an ihnen unbekannt vorkam. Ich spürte zwar, dass irgendetwas nicht stimmte und erkannte, dass ich diese Marken eigentlich eher seltener nutze, aber…
Zum ersten Mal bemerkte ich verblüfft, dass mir die Sprachbarriere, die eigentlich, zumindest an manchen Stellen hätte da sein müssen, gar keine Probleme bereitete. Ich hatte bisher jedes Wort verstanden, als wäre es meine Muttersprache in der die Leute mit mir sprachen. Und das war normalerweise nicht Englisch. Das war... was war es gleich? Na, Englisch. Ich Depp. Nein, eben nicht! Da war doch was… da war… Ich schüttelte den Kopf. Egal. Ich müsste mir den Kopf darüber zerbrechen und darauf hatte ich heute Abend keine Lust mehr, geschweige denn Kraft.
Irgendwann trat ich aus der Dusche, trocknete mich, föhnte meine Haare und wickelte mich dann wieder im Handtuch ein.
Was sollte ich anziehen?
Ich blickte mich um und lief dabei im Bad umher. Normalerweise würde ich… ah, ja. Ich bückte mich und hob einen Pyjama auf. Ich betrachtete ihn zufrieden lächelnd. Ich war also in gewissen Dingen noch ich selbst... Ich zog ihn an und räumte dann das Bad auf. Auch wenn mein Mitbewohner selbst nicht gerade auf Ordnung zu stehen schien, würde ich es nie wagen, es ihm gleich zu tun. Einen Moment betrachtete ich mich im Pyjama und zweifelte daran, dass ich wollte, das Logan mich so sah. Allerdings wusste ich, dass er den Anblick offenbar kannte und außerdem war ich mit dem Nerven so am Ende, dass ich auch das Problem mit einem Abwinken verwarf.
Ich streckte müde meine Glieder, als ich aus dem Bad schlurfte, mit dem Bündel Klamotten im Arm, die ich vorher getragen hatte. Meine Muskeln waren trotz allem noch ganz steif und schmerzten. Ich blieb vor der Couch stehen, die mit Klamotten übersät war und nahm ein Shirt von Logan vorsichtig in die Hand, um es neben der Couch direkt wieder fallen zu lassen.
Die Couch die darunter zum Vorschein kam, sah unbequem aus.
Mein Blick glitt sehnsüchtig zum weichen Bett, dass ich schon ausprobiert hatte.
Ich zögerte.
Es schien nicht unnormal, dass ich normalerweise darin schlief. Zusammen. Mit ihm. Ich rieb mir meine Stirn. Es würde mir den Rest geben, wenn ich heute auch noch die Nacht nur wenige Zentimeter von ihm entfernt verbringen dürfte... Dann würde ich gar nicht mehr zur Ruhe kommen.
Meine Augen sahen wieder zwischen der Couch, die mit Sachen eingedeckt war und dem Bett, das mich einladend ansah, hin und her.
Auf der anderen Seite schlief es sich sicherlich gut im Bett, wenn man ohnmächtig war…und das würde ich sein, wenn er sich neben mich legen würde.
Ich lief in den nächsten Teilraum und warf meine Sachen achtlos auf meine Reisetasche. Dann ließ ich mich im Bett sinken und kuschelte mich wohlig in die Bettdecke. Ich atmete erleichtert durch. Das fühlte sich gut an. Es war die richtige Entscheidung gewesen. Bis jetzt.
Ich drehte mich zum Fenster und bemerkte, dass man wahrscheinlich schon von der Halle alles sehen konnte, was ich hier drin tat. Zwar kraftlos und unwillig, aber peinlich berührt pellte ich mich wieder aus den Federn und zog sämtliche Vorhänge zu. Dabei wunderte ich mich, dass keine Paparazzis hier waren. Nicht ein einziger. Niemand hatte uns vor dem Hotel abgepasst. Das verblüffte mich schon etwas. Aber ich dachte nicht lang darüber nach… einem geschenkten Gaul, sieht man schließlich nicht ins Maul…
Ich setzte mich wieder aufs Bett und sah in meiner Hosentasche die Zettel aufblitzen, die mir der Hotelier gegeben hatte. Nachrichten hatte er gesagt.
Ich zog sie raus und kuschelte mich dann wieder ins Bett. Als ich das Kissen unter meinen Kopf gestopft hatte, sodass ich angenehm lag, strich ich die Zettel auf meinem Bein glatt, bevor ich jeden einzeln laß. Es waren zusammen 4 Stück. Auf dreien war jeweils der Name eines Magazins geschrieben und darunter Sachen wie Interview, Reportage, Shooting. Ich überlegte einen Moment, bevor mir in den Sinn kam, dass das wohl Anfragen der jeweiligen Redaktionen sein mussten. An mich! Ich schnaubte. Shooting ...soweit kam es noch! Ich schüttelte den Kopf. Absurd. Und legte die drei Zettel auf meinen Nachttisch. Auf dem Letzten stand: ein Anruf Ihrer Mutter, wartet auf ihren Rückruf. Das fehlte mir jetzt noch. Ich war ziemlich sicher, dass ihre Nummer auf meinem Handy war, aber das würde mir mit Sicherheit den letzten Nerv rauben, jetzt auch noch mit meiner Mutter zu sprechen! Ich wurde etwas wehmütig. Normalerweise standen wir uns ziemlich nahe. Dass ich plötzlich so weit weg war, war eigenartig. Aber dann fiel mir ein, dass ich ja ‚schon ein halbes Jahr überall mit dabei gewesen war, was zumindest heißen müsste, dass ich in der Zeit nicht mehr zu Hause gewesen war. Das dürfte heißen, diesen einen Abend würde sie es noch ohne meinen Anruf aushalten können.
Also warf ich auch diesen Zettel auf den kleinen Tisch und drehte mich wieder auf die Seite. Schlafen. Das wollte ich jetzt. Und ich bildete mir ein, dass ich das auch konnte. Ich griff kurz nach meinem Telefon um zu sehen, wie spät es war und legte es dann auch auf den Nachttisch. Ich zog die Bettdecke bis zu meinem Kinn und schloss die Augen. Wenn Logan Recht gehabt haben sollte, dann hatte ich noch einige Zeit zum schlafen. Wenn er hier ankommen würde, würde ich natürlich auf die Couch ziehen. Ganz klar… ganz…klar…