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Das perfekte Geschenk

von Muecke49
Kurzbeschreibung
GeschichteHumor / P6 / Gen
Colt
27.09.2011
27.09.2011
1
3.118
 
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Disclaimer: Copyright liegt bei WEP, Handlung sowie erfundene Charaktere und Orte unterliegen meinem Copyright. Weitergabe – auch in Teilen – nur mit meinem Einverständnis.

Das perfekte Geschenk


Der Weihnachtsmorgen brach in Yuma City mit klirrender Kälte an. Noch wenige Tage zuvor hatte weißer, funkelnder Schnee die Gärten und Hausdächer geziert. Doch ein verirrter Frühlingseinbruch hatte den sauberen Schnee in grau-braunen Matsch verwandelt. Dieser sammelte sich nun am Straßenrand und wurde von der hektisch vorbeiziehenden Menschenmasse nicht weiter beachtet.
Heute war es jedoch alles andere als frühlingshaft. Der Winter kam mit aller Macht zurück und so verwandelte sich der Matsch, langsam aber sicher, in kleine, schmutzige Eisberge.

Für einen Moment geblendet schloss Colt kurz die Augen. Er hatte gerade die Halle zum Flugdeck verlassen, auf dem nun der Bronco Buster geparkt stand. Seine Hand fuhr unwillkürlich zu seinem Hut und zog die Krempe deutlich tiefer. So geschützt konnte der Star Sheriff nun die Straße vor sich erkennen. Allerdings wünschte er sich im selben Moment, die Aussicht wäre eine andere.  Die Straßen waren verstopft mit Last-Minute-Weihnachtsgeschenk-Schnäppchenjäger und ihm blieb nichts anderes übrig, als sich ebenfalls in dieses Getümmel zu werfen. Wo blieb nur der Outrider-Alarm, wenn man ihn mal brauchte? Doch seine Com schwieg.

Und so schob sich Colt planlos durchs Getümmel, während er noch am Grübeln war, in welchem Geschäft er am besten zuerst suchen sollte. Er verließ sich da auf seine Spontanität, doch diese wurde durch die ständigen Stöße und Rempler, der anderen Weihnachtseinkäufer, empfindlich gestört. Mütter mit jammernden Kleinkindern, Teenager die nur Augen für die neueste Mode bzw. neueste Technik hatten, je nach Geschlecht. Dazwischen ratlose Ehemänner und Rentner im Kriechgang.

Jetzt reichte es! Zum mittlerweile dritten Mal bückte er sich, um seinen Hut aufzuheben. Ständig wurde der Star Sheriff gestoßen und geschoben, während seine geliebte Kopfbedeckung achtlos von Regenschirmen runtergefegt wurde. Nun ging er dazu über, sich auf die einzig vernünftige und bewährte Art und Weise durch die Menschenmenge zu bewegen: Mit ausgefahrenen Ellenbogen.

Auf der Suche nach der Inspiration für das ultimative Geschenk, schweiften Colts Gedanken zu den  Weihnachtsfesten der vergangenen Jahre ab. In den letzten Jahren war er selten in die Verlegenheit gekommen nach Geschenken suchen zu müssen. Die Outrider hatten für die Feiertage der Fleischlinge nicht viel übrig. Und Nemesis schien besonderen Gefallen daran zu finden, seine Stinkfüße immer an den Festen der Menschen auszuschicken, damit sie just dann für Ärger sorgen konnten. Im Grunde hatte er seit dem Tod seiner Eltern kein Weihnachtsfest im üblichen Sinne mehr erlebt.

Doch nun herrschte Frieden im Grenzland und somit konnte das Team der Star Sheriffs zum ersten Mal seit langer Zeit Weihnachten im Kreise Ihrer Lieben verbringen. Saber war nun bestimmt schon auf dem Schloss seiner Eltern angekommen, April würde die Feiertage mit Ihrem Vater verbringen und Fireball hatte sich breitschlagen lassen bei einer Rennveranstaltung teilzunehmen, deren Erlös den Waisen des Krieges zugute kommen sollte. Und er?

Unsicher blieb der Cowboy vor einem riesigen Kaufhaus, auch Einkaufstempel genannt, stehen und kratzte sich nachdenklich hinter dem Ohr. Ob er hier...? Bevor er noch eine Entscheidung treffen konnte, fand er sich in einer Menschenmenge eingeschlossen, welche geschlossen dem Eingang zustrebte. Colt blieb nichts anders übrig, als sich mit dem Strom zu bewegen. Die heizungstrockene, stickige, parfümgeschwängerte Luft raubte ihm für einen Moment den Atem, während sich die Käufer auf die verschiedenen Gänge verteilten und es ihm somit wieder möglich war, sich frei zu bewegen. Dieser Laden war so gut wie jeder andere um seine Suche zu beginnen und so schlenderte der Lockenkopf durch die Gänge und begutachtete die verschiedenen Angebote.



Um einen Verkaufstisch drängte sich eine interessierte Menschenmenge. Das sah doch vielversprechend aus...
"Sehen sie sich die Form an...und dann dieses Material...mit 10 Jahren Garantie und ich verspreche ihnen, sogar ein Outrider würde sich danach die Finger lecken..."
Colt rollte die Augen, manche Menschen hatten wirklich schnell das Leid des Krieges vergessen und versuchten nun mit allen Mitteln ihren Profit aus der Situation zu ziehen.
"Ihre Liebste wird ihnen unter aller Garantie um den Hals fallen, wenn sie dieses Geschenk auspackt..", sprach der Verkäufer, mit sich vor Begeisterung überschlagender Stimme.
Endlich konnte Colt einen Blick auf den angepriesenen Wundergegenstand erhaschen und für einen Moment blieb ihm vor Staunen der Mund offen stehen. Der Mann versuchte tatsächlich eine Bratpfanne als DAS Weihnachtsgeschenk anzupreisen. Völlig unerwartet drängte sich eine Kindheitserinnerung auf. Seine Mutter, die mit glänzenden Augen ein Geschenk seines Vaters auspackte. Oh ja, ihre Augen hatten immer noch geblitzt, nachdem sie die Küchenmaschine ausgepackt hatte. Doch nicht mehr vor Freude, während sein Vater mit begütigend erhobenen Händen versicherte, dass er ihr doch nur eine Freude machen wollte, indem er ihr die Hausarbeit erleichtere. Zwei Tage später tauschte sein Vater die Küchenmaschine um und die Augen seiner Mutter funkelten vor Freude, als er ihr die neue Halskette anlegte.

Ein triumphierendes Lächeln legte sich auf das Gesicht des Cowboys. Eifrig schiebend und unter vielen Entschuldigungen, bahnte sich der Star Sheriff seinen Weg aus der Menschentraube und suchte die Schmuckabteilung auf. Das ist ja einfacher als ein Kalb einzufangen, dachte Colt siegesicher und ging zielstrebig auf eine blonde Verkäuferin zu, welche die feste Absicht zu haben schien, die willigen Käufer zu ignorieren und statt dessen wild auf einem Laptop rumtippte.

"Schöne Frau, ich brauche ein Schmuckstück, dass ihrer Schönheit in nichts nachsteht.",
empört schnappte die Frau nach Luft. Sie drehte sich, mit einer genervten Erwiderung auf den Lippen, zu dem Mann mit dem kessen Kommentar um. Der Cowboy hatte allerdings ein entwaffnendes Lächeln aufgesetzt, nachdem er endlich die Aufmerksamkeit einer Verkäuferin erlangt hatte. Ein paar Männer in der Nähe, welche weniger Glück bei der Suche nach einer freien Angestellten hatten, schenkten Colt einen grimmigen Blick. Dieser ließ sich davon jedoch nicht stören und bald schon lag ein Goldkettchen, mit einem elegant geschnittenen Anhänger inklusive kleinem Stein, auf dem Verkaufstisch.

'Wenn das bei April funktioniert hat, warum nicht auch bei Mandarin?'
Der Lockenkopf  konnte sich jedenfalls noch dran erinnern, dass Matchbox bei der blonden Navigatorin mächtig mit seinem Sternkometenanhänger gepunktet hatte. So in Gedanken versunken meinte Colt sich verhört zu haben, als die Verkäuferin ihm den Preis nannte.

"Wie bitte was? Ich wollte doch nicht ihr verfluchtes Kaufhaus kaufen, wollt ich doch nicht!" Erst jetzt wurde sich Colt der Leute bewusst, die um ihn herum standen und interessiert die Vorstellung beobachteten. Der Cowboy in ihm war mal wieder ins Fettnäpfchen getreten. Er grinste die Frau entschuldigend an und zog dabei den Kopf zwischen die Schultern, als könne er sich so unter seinem großen Hut verstecken. Etwas leiser fragte er:"Haben sie nicht auch etwas billigeres? Etwas wovon man nicht gleich eine ganze Ranch kaufen könnte?"

Der Lockenkopf versuchte es nochmal mit dem entwaffnenden Lächeln, doch diesmal wollte es nicht fruchten und die Verkäuferin meinte nur frostig:"Dann sollten sie es vielleicht in dem Rammschladen, zwei Häuser weiter, versuchen.", und wendete sich prompt wieder Ihrem Laptop zu.

'Pah, man sollte meinen, dass man die Retter des Grenzlandes, wie in alten Zeiten, zum Dank mit Gold überschüttet.' Doch zu Colts Leidwesen kämpften die Star Sheriffs wohl eher für die gerechte Sache, denn für Geld. Mit einem letzten, bedauernden Blick auf die Auslagen in der Schmuckabteilung, fädelte sich der Cowboy wieder in die Menschenmasse ein.

Ratlos, was er nun unternehmen sollte, ließ er sich von der Menge mal hierhin, mal dorthin treiben. Ein eiskalter Wind wehte ihm mit einem Mal um die Ohren und ließ ihn frösteln. Er stand wieder auf der Straße, gut zweiStunden später und immernoch ohne eine Idee.

"In dieses Irrenhaus gehe ich nicht nochmal", brummelte der Star Sheriff mit einem verächtlichen Blick auf das Kaufhaus. Statt dessen folgte er mit zügigem Schritt der Fußgängerzone und ließ sich schließlich treiben. Ein Musiker mit Gitarre und Cowboyhut spielte Countrymäßig angehauchte Weihnachtssongs, ein paar Meter weiter führte ein Zauberer einen spektakulären Kugeltrick mit einem antiken Schießeisen auf. Dieses wurde tatsächlich noch mit Patronen geladen. Zwar konnte er den Mann in eine Fachsimpelei über Schußwaffen verstricken, den Trick verriet er ihm jedoch nicht. Erst als sich die Einkaufsstraße langsam leerte, wurde Colt klar, dass ihm nicht mehr viel Zeit bis zum Geschäftsschluss blieb. Hektisch begann er an der Front der Geschäfte entlangzulaufen. Sein Blick blieb dabei an einem freundlichen Gesicht hängen, das ihn anlächelte.

Bücherkiste, las er die Aufschrift auf dem Schaufenster des kleinen und irgendwie urig wirkenden Ladens. Vergruben Frauen nicht auch gerne ihre Nase in irgendwelche Bücher? Mandarin schienen jedenfalls die Buchzitate nie auszugehen. Er beschloss dafür zu sorgen, dass diese Quelle auch in Zukunft nicht so schnell versiegen würde und betrat mit sicherem Schritt den Laden.

Doch seine Sicherheit schwand schnell, angesichts der riesigen Auswahl an Büchern in dem kleinen Lädchen. Welches war nun das richtige? Unschlüssig lief der Cowboy durch die Gänge, nahm hier ein Buch in die Hand, nur um es kurz darauf wieder hinzulegen und ein anderes zu ergreifen
welches er dann kopfschüttelnd wieder zurückstellte. Trotz der Dezemberkälte in den Straßen, brach dem Star Sheriff so langsam der Schweiß aus.

"Kann ich ihnen helfen?", durchbrach eine freundliche Stimme die verzweifelte Suche des Star Sheriffs.

"Öhh, nein.... Danke...Oder doch, ja vielleicht..." Colt verstummte, als er bemerkte, dass er gerade wie ein verwirrter Narr herumstammelte. Mit einem tiefen Seufzer startete er einen zweiten Versuch sein Problem klar zu formulieren:"Ich brauche wirklich Hilfe und ...und sie sind eine Frau." Das geschäftsmäßige Lächeln der Frau wich einem durch und durch misstrauischen Blick. Verwundert zog sie eine Augenbraue in die Höhe und trat vorsichtig einen Schritt zurück.

"Ich bezweifle, dass ich ihnen diese Art Hilfe bieten kann", erwiderte sie etwas schrill und warf einen unsicheren Blick über die Schulter. Der Star Sheriff konnte im Schatten der Buchregale eine unscheinbare Tür erkennen, die wohl ins Lager führte.

In dem Moment wurde Colt bewusst wie seine Bitte auf die brünette Verkäuferin gewirkt haben musste und so hob er schnell beschwichtigend die Hände, bevor sie durch die Tür stürzen und laut nach der Polizei rufen konnte.

"Oh Gott, nein, so meinte ich das gar nicht. Wirklich nicht. Bitte bleiben sie hier, ich meine ja nur..."
Keiner hatte ihm gesagt, dass es so anstrengend war, das richtige Geschenk für eine Frau, nein für DIE Frau, zu finden. Der Lockenkopf atmete einmal tief durch und startete einen erneuten Versuch.
"Ich brauche ein Geschenk für meine Freundin."
Dabei war die Miene des Cowboys eine Maske reiner Verzweiflung. Der jungen Frau aus dem Laden blieb nichts anderes übrig, als dabei zu kichern. "DAS erklärt so Manches", antwortete sie zwinkernd.

Die folgende Stunde wühlten sich die beiden durch das Sortiment des Geschäfts.Bis Maria, mittlerweile war Colt mit der Verkäuferin per Du, schließlich seufzend kapitulierte. "So wird das nichts. Du kennst weder ihren Musikgeschmack, noch weißt Du, ob sie Krimis liest oder Liebesromane bevorzugt. Und einem Gutschein fehlt die Romantik. Außerdem muss ich das Geschäft bald schließen. Colt, du solltest Deiner Angebeteten vielleicht einfach ein Parfüm kaufen. Ich bin eine Frau, ich weiß wovon ich rede."

"Du hast wohl recht. Doch nächstes Jahr weiß ich, was Mandarin gerne liest und dann komme ich wieder und kaufe ein Buch." Mit einem breiten Grinsen und einem Winken zu Maria verließ der Star Sheriff den Laden.

"Puh, hoffentlich nicht", stöhnte Maria, als sich die Tür schloss und drehte augenrollend den Schlüssel im Schloss herum.

Quasi im letzten Moment betrat Colt den Parfümladen. 'Come In and find out' prangte in großen Buchstaben auf dem Schaufenster.
'Drinnen bin ich schonmal, mal sehen was ich so alles finde.'  Eine ältere Frau steckte demonstrativ einen großen Schlüsselbund in ihre Hosentasche. Offensichtlich war er wirklich im allerletzten Moment hereingestürmt und hatte so die Feierabendpläne der guten Dame durcheinandergebracht. Dementsprechend reserviert war ihre Miene, als sie zu dem Cowboy trat."Sie wünschen?"

Hui, die Luft draußen konnte kaum frostiger sein.
"Ich suche ein Parfüm", flötete der Star Sheriff fast, um die Stimmung der Verkäuferin wieder etwas aufzutauen. Doch scheinbar war Tauwetter erst wieder im Januar gemeldet.
"Das sollte ihnen ja hier gelingen", war die Antwort, der ein demonstrativer Blick über die Vielzahl von Parfümfläschchen folgte.

"Es soll für meine Freundin sein." Ratlos nahm Colt eine der bunten Flaschen in die Hand. Nach welchen Kriterien wählte man ein Parfüm aus? Die Farbe? Der Duft? Die Form der Flasche?... Manche dieser Flaschen wiesen durchaus interessante, anatomische Ähnlichkeiten mit einem Frauenkörper...Der Cowboy unterbrach die genauere Betrachtung einer dieser Flaschen, als ihm der raubvogelartige Blick der Verkäuferin bewusst wurde. Mit leicht geröteten Wangen stellte Colt die Flasche zurück. Himmel, diese Frau konnte mit ihrem Blick einem Outrider das Fürchten lehren.

"Nehmen sie diese hier. Sie ist bereits verpackt. Das macht dann 39.95!" Verblüfft starrte der Star Sheriff auf die ausgestreckte Hand, welche nun ungeduldig unter seiner Nase hin und her wedelte.

"Und wie riecht das Parfüm?" Im selben Moment, in dem er die Frage stellte, bereute er dies auch schon. Der folgende Blick hätte sogar Nemesis zurück in die Phantomzone geschickt, wo die Knie seines Exo-Skelettes wahrscheinlich heute noch klappernd gegeneinanderschlagen würden.
"Ist auch nicht so wichtig. Ich zahl ja schon", quiekte der Lockenkopf und zog eilig seine Brieftasche aus der Hosentasche raus.

Mit einem Gefühl, das der Erleichterung nach einem lebensgefährlichen Einsatz noch zu atmen schon verdächtig nahe kam, verließ Colt beschwingt das Geschäft. Hinter ihm rasselte lautstark das Türgitter herunter und ein Schlüssel wurde im Türschloss gedreht. Schlagartig wurde die Straße vor ihm in Dunkelheit getaucht, als auch die Ladenbeleuchtung ausgeschaltet wurde. Das war es wohl mit "Come In".

Und wiedermal hatte er, Colt, der Schrecken aller Outrider, der Beschützer von Witwen und Waisen, in letzter Minute seine Mission erfüllt. Von diesem triumphalen Hochgefühl erfüllt, legte der Cowboy ein paar schnelle Tanzschritte auf den Asphalt.

Das hätte er allerdings besser nicht gemacht.

Der Streudienst hatte am Morgen ganze Arbeit geleistet, um den Menschenmassen einen sicheren Weg zwischen den Geschäften zu garantieren. Das Streusalz hatte den Schneematsch auf den Wegen aufgetaut, doch nun zog die Temperatur an und der geschmolzene Matsch hatte sich in eine glatte Eisfläche gewandelt. Tückisch und nahezu unsichtbar, wartete sie auf ein paar arglose Cowboystiefel, die allzu sorglos unterwegs waren.

Der Schwung, mit dem es Colt die Beine wegzog, war viel zu groß, um noch reagieren zu können. Während sein Allerwertester die heftige Bekanntschaft mit dem Straßenasphalt Yumas noch ohne Bruch überstand, erging es der Parfümflasche nicht ganz so gut. Zwar trug der Star Sheriff einen dick gepolsterten Wintermantel, doch wie sich zeigte war das Polster der Jackentaschen nicht dick genug. Beim Aufschlagen auf den Boden, hatte es das feine Glas des Parfümfläschchens in unzählige Bruchstücke zerschlagen. Ein süßlicher Geruch breitete sich aus und ließ den Cowboy laut aufstöhnen.

"Verdammt, VERDAMMT, VERDAMMT!"

Doch alles Fluchen half nicht. Er würde mit leeren Händen vor Mandarins Tür stehen, dafür aber unheimlich gut riechen.
Auf dem Weg zu Mandys Appartment verfluchte er die Ungerechtigkeit der Welt im Allgemeinen und sein eigenes Pech im Besonderen. Colt versuchte  sich ihre Reaktionen auf die Geschichte seines "verunglückten Weihnachtsgeschenk-Einkaufs" vorzustellen. In seiner Vorstellung reichte dies von bitter enttäuscht, über unglaublich wütend zu ungläubigem Staunen. Letzteres hätte er da noch bevorzugt, doch er tippte eher auf die bittere Enttäuschung.

Für Colts Geschmack viel zu schnell, kamen die Lichter des Hauses  in Sicht, in dem Mandarin eine gemütliche Wohnung bezogen hatte.

Mandarin hatte ihren Cowboy schon seit einigen Wochen nicht mehr gesehen. Ständig gab es irgendwelche Sitzungen, Patrouillenflüge oder sonstige Verpflichtungen, die ein privates Treffen unmöglich gemacht hatten. In ihrer Wiedersehensfreude entging der jungen Frau, dass der Star Sheriff ungewöhnlich still war.


Dieser betrat ihre Wohnung mit einem flauen Gefühl im Magen. Nervös drehte er seinen Hut in den Händen, fing schließlich sogar an ihn zu wringen. Zum Glück konnte auch dies einem echten Cowboyhut nicht schaden und so wirkte die Kopfbedeckung nur etwas windschief, als Colt sie wieder nervös auf seinen Kopf setze. Irgendwie fühlte er sich im Schatten der breiten Hutkrempe etwas wohler. Mandarin warf ihm nämlich gerade jetzt wieder einen forschenden Blick zu.
"Colt? Fühlst du dich nicht wohl? Musst Du etwa wieder weg?"

Im Blick der Rothaarigen lag echte Besorgnis und da der Lockenkopf dies als letztes wollte, Mandarin zu beunruhigen, antwortete er schnell: "Nein, alles ok und ich muss auch nicht wieder weg. Es ist nur...ich muss Dir was erzählen. Lass uns ins Wohnzimmer gehen und wir setzen uns bei einem Glühwein auf die Couch und ich erzähle dir alles in Ruhe." Innerlich beglückwünschte er sich zu der Idee mit dem Glühwein. Kerzenschein, Glühwein, eventuell noch etwas ruhige Musik, da konnte doch keine Frau wütend werden, oder?

Anfangs unsicher, begann Colt von seinem Morgeneinkauf in Yuma City zu berichten. Um das bittere Ende herauszuzögern, fing er an den Tag in allen Einzelheiten zu beschreiben. Durch Mandarins helles Lachen ermutigt, wurden seine Schilderungen farbenfroher und er verschwieg ihr auch nicht die zahlreichen Fettnäpfchen, die heute auf ihn gewartet hatten. Bis er bei der grimmigen Parfümverkäuferin angelangt war, lag die Landschaft hinter den Fenstern schon in tiefer Dunkelheit und dicke Schneeflocken tanzten vom Himmel. Mandarin liefen die Lachtränen über die Wangen, als Colt versuchte die böse Miene der Verkäuferin zu kopieren. Schließlich musste der Cowboy aufgeben, da er ebenfalls vor lauter Lachen schon nicht mehr böse dreinschauen konnte.

Als er jedoch die Szene vor dem Geschäft beschrieb, wurde sein Gesicht wieder traurig und er konnte der rothaarigen Frau gar nicht in die Augen sehen.

"Es tut mir so leid, Mandarin. Ich wollte das perfekte Weihnachtsgeschenk für dich finden...und nun habe ich gar kein Geschenk für dich." Der Lockenkopf traute sich nicht aufzuschauen und fuhr stattdessen mit dem Finger das Muster auf der Couch nach. Still wartete er Mandys Reaktion ab.

Auf der anderen Seite der Couch blieb es verdächtig ruhig. Colt wartete noch einen Moment.

Immer noch Stille.

Letztlich hielt er es nicht mehr aus und sah auf, direkt in Mandarins Gesicht. Und diese...
lächelte.

"Colt", sagte der Star Sheriff sanft, "ich habe doch bereits das perfekte Geschenk erhalten."
Verständnislos konnte sie der Lockenkopf nur anstarren.
"Nur jemand, der wirklich liebt, würde sich so viele Gedanken um das perfekte Geschenk machen. Dieses Wissen ist für mich viel schöner als der teuerste Schmuck, das spannendste Buch oder das süßeste Parfüm."

Überglücklich schloss Colt seine Mandarin in die Arme. Sie hatte auch ohne das perfekte Geschenk verstanden, was er ihr damit eigentlich sagen wollte. Nämlich:

"Ich liebe dich."
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