Geschichte: Freie Arbeiten / Prosa / Action / Belongo

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Belongo

Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer / P16 / Gen
12.09.2011
23.02.2017
37
260.000
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Dieses Kapitel
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12.09.2011 5.527
 
Die kleine Flotte aus amerikanischen und deutschen Hubschraubern russischer Fertigung war noch gut zwölf Kilometer von Keounda City entfernt und folgte dafür dem Lauf des Lagabandas, der bis zur Stadt beinahe wie mit dem Lineal gezogen von Norden nach Süden verlief. Auf dem Fluss selbst herrschte für hiesige Zustände ein geradezu hektischer Betrieb. Sinclair hatte alleine zwölf Boote gezählt, und wenn auch nur die Hälfte von dem wahr war, was in ihren Briefingsunterlagen gestanden hatte, dann war dies das sicherste Anzeichen, dass der Beherrscher der ehemaligen Distrikthauptstadt seine Macht eingebüßt hatte. Eventuell ein für allemal. Ein wenig machte es ihr zu schaffen, dass sie so dicht am Fluss flogen. Ein Osprey war schon vom Himmel geholt worden, weil eine russische Panzerfaust einen Glückstreffer gelandet hatte. Ein zweites Mal, vor allem mit ihren Leuten, wollte sie ungern erleben. Vor allem nicht, wenn dies bedeutete, abseits der Stadt eine zweite Front eröffnen zu müssen, um auch die neue Absturzstelle absichern zu können. Denn ganz ehrlich, sie traute diesem Ldunga nicht weiter, als sie einen Humvee werfen konnte, also gar nicht. Der Mann war ein Warlord und beschäftigte Kindersoldaten, die er offensichtlich ihren Eltern geraubt hatte. Dass die Deutschen zu blöde waren oder vorgaben das Offensichtliche nicht zu sehen, damit ihr Geschäft funktionieren konnte, war ihre Sache. Sie als amerikanische Offizierin hingegen hatte einen Eid auf Freiheit und die Menschenrechte abgelegt. Damit war sie die natürliche Feindin jedes Warlords, egal welche Begründungen dieser für sein Tun aufzubringen vermochte. Kinder gehörten zudem in die Schule und nicht auf ein Schlachtfeld.
Ein kluger Mann hatte mal festgestellt, dass Krieg dann sei, wenn alte Männer redeten und junge Männer starben. Ihre Generation hatte dem sowohl bei alt als auch bei jung die Frauen hinzugefügt; nach ihrem Gusto machte es absolut keinen Sinn, da die Kinder hinzu zu addieren. Aber Gewalt fragte nicht nach dem Alter und Krieg tat dies erst Recht nicht. Tja. Die Untersuchungskommission, zu deren Schutz ihre Einheit eingeteilt war, würde jedenfalls verdammt viel zu tun bekommen. Und später, falls und wenn eine ndongoische Untersuchungskommission zugelassen wurde, würde es nicht unkomplizierter werden. Und egal, wie nett die Krauts an der Mine zu ihnen gewesen waren, auch ihre Rolle in diesem Spiel würde genauestens untersucht werden. Immerhin ging es hier um Millionenbeträge. Geld korrumpierte immer und jeden. Immer. Jeden.

"Captain Sinclair?", klang die Stimme von Lieutenant Cardiff in ihrem Kopfhörer auf.
"Was gibt es, Jagee?"
"Ma'am, wir haben auf dem Ostufer des Lagabandas Rauchentwicklung, etwa fünfzehn Kilometer weit im Landesinneren. Der Rauch ist schwarz, also liegt der Gedanke nahe, dass da Öl oder Plastik brennt."
Sie schnallte sich ab und trat auf die Backbordseite des Osprey, um durch die Luke zu sehen. "Nicht gerade viel Rauch da draußen, Jagee."
Lieutenant Junior Grade Marcus Cardiff bestätigte. "Viel gibt es ja auch nicht, was mit derart dunklem Rauch brennen kann. Ich habe den Wetterbericht eingesehen und einen Blick in den Klimachart geworfen. Von Trockenheit kann gerade keine Rede sein."
"Was also schlagen Sie vor, Jagee?"
"Vielleicht als erstes, dass Sie die Verballhornung von Junior Grade weglassen, Ma'am, und mich einfach Lieutenant rufen."
"Ich überlege es mir, Jagee. Und was noch?"
Der Pilot von der Abraham Lincoln seufzte ergeben. "Jemand sollte da drüben nachschauen. Soweit mein Dossier es hergibt, ist auf der anderen Seite Feindesland eines konkurrierenden Warlords zu unserem Warlord. So ein Feuer kann nie etwas Gutes verheißen."
"Vor allem nicht so nahe an der Stadt. Als wenn wir nicht schon genug Probleme hätten. Wir... Jagee, sehen Sie das auch?"
"Meinen Sie die zweite Rauchwolke, die aussieht, als hätte jemand eine Raffinerie hochgejagt?"
"Ja, genau die meine ich." Sinclair widerstand der Versuchung, sich die Augen zu reiben, um das eventuelle Trugbild zu vertreiben. Es würde nicht fortgehen, das wusste sie. "Wir machen eine Stippvisite, Jagee. Informieren Sie die Krauts. Wir tasten uns vorsichtig ran und hauen wieder ab. Alles nahe genug, um hinzuschauen und..."
"Ma'am, Leutnant Möller meldet Artilleriebeschuss auf dem Ostufer!"
"Er meldet was?" Möller, das war einer der Kraut-Piloten, die die russischen Transporthubschrauber flogen, die ihre Leute zur Front zu schaffen halfen.
"Artillerie. Er ist sich ziemlich sicher, dass es sich dabei um die Kanonen von russischen Panzern handelt."
"Ach so. Weiß er auch, wie viele es sind, welche Farbe sie haben und in welchem Land sie gebaut wurden?", fragte die Army Ranger ironisch. "Und wieso glaubt er überhaupt, etwas hören zu können? Ist sein Hubschrauber mit einer Silent Running-Ausrüstung ausgestattet, die wir nicht haben?"
"Das funktioniert wohl deshalb, weil so ein Panzerschuss verdammt laut ist. Hat auch was mit Druckwellen zu tun. Aber ich kann ihn ja nochmal im Detail befragen."
Sinclair seufzte. "Lassen Sie das stecken. Wenn er Recht hat, stehen da Panzer, und zwar mindestens zwei. Und wir sind fern der Heimat und haben einen ganz anderen Auftrag."
"Also ignorieren?"
"Nein, Jagee. Wir fliegen weiter nach Keounda City. Aber bitten Sie die Panadianer, dass eine Rotte ihrer Flieger die Gegend absucht. Ach, und stellen Sie mir den Funk rüber."
"Aye, Ma'am.
Lincoln Flight 3-1, hier Lincoln Flight 3-1. Ich rufe unsere panadianischen Verbündeten, over."
"..."
"Lincoln Flight 3-1, hier Lincoln..."
"Wir hören, Lincoln Flight 3-1. PAF 327 Leader hier, Flightname Mincemeat."
"Schön, von Ihnen zu hören, Mincemeat. Sir, wir befinden uns auf dem Westufer des Lagabandas, zwölf Kilometer nördlich von Keounda City und kommen gut voran."
"Freut mich zu hören, Lincoln Flight 3-1. Wünschen Sie zusätzliche Eskorte?"
"Danke, Mincemeat, das ist nett von Ihnen. Tatsächlich aber haben wir auf der Ostseite des Lagabandas zwei große ölige Rauchwolken entdeckt, ein paar Kilometer im Landesinneren. Einer unserer Piloten sagte zudem, er hätte für russische Panzer übliches Artilleriefeuer gehört."
"Das ist untypisch, Lincoln Flight 3-1. Hier in Belongo gibt es niemanden mit Zugriff auf Panzer. Wenn man mal den Riki und seine uralten Weltkrieg II-Panzer in Keounda City nicht berücksichtigt, die Ihre Leute abgeschossen haben." Die Stimme des Panadianers pausierte kurz. "Ich werde eine Rotte schicken, die einen schnellen Überflug macht und ein paar Bilder schießt. In der Regione, in der Sie sich befinden, sollte es nicht allzu viel geben. Ein paar Kelegaba-Dörfer und die Residenz eines hiesigen Warlords, Wanagana."
"Danke, Mincemeat. Das war genau das, was wir von Ihnen wollten."
"Kein Problem, Lincoln Flight 3-1. Jetzt, wo Ihre Transportmaschine gelandet ist, habe ich eine Sorge weniger. Die dreißig Sorgen mehr wegen den dreißig unbekannten Flugzeugen, die im Westen Ndongos gelandet sind, mal nicht mitgerechnet."
Sinclair kniff bei diesen Worten die Augen zu Schlitzen. Als Kommandeurin im Einsatz hielt sie sich auf dem neuesten Stand, so gut sie es vermochte. Und natürlich hatte sie mitbekommen, dass da über dreißig Jagdflieger, augenscheinlich russische MiG, die aus dem Süd-Sinan herübergekommen waren. Ein paar bange Minuten hatten sie an Bord des Globemasters drauf gewartet, dass die Maschinen nach Süden einschwenken, in ihre Richtung, sodass sie den Anflug auf die Mine abbrechen und Fersengeld geben mussten. Dies war nicht geschehen, ebenso wenig dass die unbekannten Einheiten belongoischen Luftraum und das dortige Flugverbot verletzt hätten. Dass die Jagdflieger aber in Ndongo gelandet waren, war der schlechte Teil der Nachrichten. Gewiss, das waren Zahlen, mit denen das Bordgeschwader der Abe umgehen konnte. Aber eine direkte Konfrontation würde Kämpfe bedeuten, würde Verluste bedeuten. Und nach ihrem Geschmack gab es schon viel zu viele Tote bei dieser Geschichte. Es würde auch so noch mehr als genügend Tote geben, auch ohne dass sich amerikanische und russische Kampfflieger einen Kampf liefern würden.
"Sonny von Mincemeat. Lust auf ein kleines Abenteuer?", klang die Stimme des panadianischen Staffelführers in ihren Kopfhörern auf.
"Aber immer doch, Cap. Was darf es denn sein?", antwortete ihm eine Stimme, die den Fliegernamen Sonny mehr als verdient hatte.
"Schnappen Sie sich Sidecast und überfliegen Sie die Rauchspur im Nordosten. Ein schneller Überflug für Fotos. Danach kehren Sie zurück. Verstanden?"
"Wie jetzt? Nur ein schneller Überflug?", maulte der andere Pilot.
"Sonny, wollen Sie einen Stern verlieren?", mahnte der Staffelchef.
"Schon gut, Boss. Sidecast, an meine linke Flanke. Wir machen einen Überflug in zweitausend Metern Höhe. Das reicht für ein paar schöne Bilder der Bordkamera. Recht so, Mincemeat?"
"Sie sind ein braver Junge, Sonny. Weiter so, und ich lasse Sie öfters von der Leine."
"Ich nehme Sie beim Wort, Mincemeat." Der junge Pilot lachte fröhlich. "Auf geht's, Sidecast."
Für einen winzigen Moment hatte sie ein mulmiges Gefühl bei der Sache. Sie betätigte ihre Kommunikation. "Jagee? Off?"
"Ja, Ma'am, wir sind off."
"Gut, dann sagen Sie dem Kraut mal, dass sich unsere Verbündeten darum kümmern werden. Wir fliegen weiter nach Keounda City."
"War das eine Anweisung, Ma'am?"
"Ja, das war eine Anweisung, Second Lieutenant Cardiff. Bringen Sie uns endlich in diese dämliche Stadt."
"Tut mir leid, nach Ottawa ist es mir zu weit", scherzte der Pilot.
Sinclair fühlte sich bemüßigt, diesen schwachen Witz mit einem leichten Schmunzeln zu würdigen. Für einen Seitenhieb auf Kanada war immer Zeit, fand sie. "Sehen Sie einfach zu, dass wir da sind, bevor alles vorbei ist. Ich habe hier eine Kompanie Ranger, der wurden ein paar scharfe Kugeln versprochen, die ihnen um die Ohren fliegen."
"Ich sehe zu, was ich tun kann, Ma'am", erwiderte Cardiff fröhlich.

Etwa drei Minuten später meldete sich der Lieutenant Junior Grade erneut. "Ma'am, wir haben die beiden Tigris-Jäger in der Ortung."
"Gut. Schalten Sie uns wieder auf ihre Kommunikation auf, Jagee."
"Aye, Ma'am."
"...kann was erkennen, Sonny. Da unten brennt ein Haus."
"Na, deine scharfen Augen möchte ich haben, Sidecast", klang die fröhliche Stimme Sonnys auf. "Und, kannst du auch die Farbe der Wände erkennen?"
"Nein, aber da scheinen gerade noch mehr Feuer aufzulodern. Irgendwie... Militärische Baracken."
"Angeber. Wir sind zweitausend Meter hoch und noch drei Kilometer entfernt. Und du siehst das alles ohne Vergrößerung durch deine Bordkamera."
"Nur kein Neid, Sonny. Wer hat, der hat eben. Ich werde mit meiner guten Sicht noch ein Pilot sein, wenn sie dich bereits wegen deiner Blindheit aussortiert haben. Also nächste Woche", sagte Sidecast trocken.
Sonny wieherte dazu wie ein Pferd. Aber er verstummte recht schnell wieder. "Meine Elektronik identifiziert Ziele im fraglichen Gebiet."
"Meine auch. Klassifizierung ist... Ratel 20, fünf Stück. Ich kriege auch trotz des Rauchs ein recht gutes Bild... Das ist eine Art Farm, Sonny!"
"Eine Farm? Hier in Belongo?"
"Ja, und sie wird von den Besatzungen der Ratel 20-Radpanzer angegriffen! Erlaubnis, eingreifen zu dürfen, Sir!"
"Erlaubnis verweigert! Wir haben das Flugverbot durchzusetzen. Für Bodenkämpfe sind wir nicht ausgerüstet. Wir überfliegen das Geschehen, wie uns befohlen wurde, machen unsere Fotos und ziehen uns zurück."
"Typisch. Kaum wird es wirklich gefährlich, da..."
"Überlegen Sie sich genau, was Sie jetzt sagen, Second Lieutenant Moraki!", sagte Sonny scharf.
"Schon gut, Sir. Ich... Weitere Ortung. Zwei Panzer, Typ T-54. Wurden die nicht auch in Keounda City eingesetzt?"
"Ja, das ist richtig. Aber die können nicht zum Riki gehören, sonst hätte er sie gegen die Ranger in der Stadt eingesetzt... Mincemeat von Sonny, bitte kommen."
"Mincemeat hört."
"Sir, überfliegen jetzt das brennende Gelände. Sieht nach einer Farm aus, die gerade niedergebrannt wird. Identifizieren auf dem Gelände fünf... Nein, sieben Ratel 20-Radpanzer, sowie zwei T-54. Korrigiere. Fünf T-54."
"Überfliegen Sie die Farm nicht, Sonny. Brechen Sie ab."
Der junge panadianische Pilot antwortete mit einer eiskalten Stimme, die seinem fröhlichen Wesen vollkommen widersprach: "Roger und copy. Drehen ab. Sidecast, enge Kehre über den linken Flügel auf drei. Eins... Zwei..."
"ORTUNG! STEHE IN ZIELERFASSUNG! BRECHE AUS!"
"Ruhig bleiben, Sidecast! Gehen Sie mit mir in die Kehre! Was... Verdammt, wurde ebenfalls erfasst! Raketen im Anflug! Ich wiederhole, Raketen im Anflug! Vermutlich Luftabwehrraketen von portablen Werfern!"
"SIE HABEN MICH! ABWEHRMAßNAHMEN FRUCHTEN NICHT!"
"Noch mal abwerfen und in die Kehre gehen, verdammt!", blaffte Sonny. "Kehre ausgeführt! Gehe auf Abstand zu den Panzern! Sidecast?"
"Uff, hat geholfen. Die Rakete ist auf die Abwehrmaßnahme reingefallen. Ich drehe nach Süden ab, fort von hier. Ist ja lebensgefährlich, sowas."
"Keine faulen Witze", klang die erleichterte Stimme von Sonny auf. "Schließen Sie auf und kommen Sie zu mir auf vierhundert Meter runter. Wir verkürzen den Winkel zu unseren Freunden zu den Raketen und...."
"PANZER! SONNY! PANZER!"
"GESEHEN! SO EINE VERFICKTE SCH...!"
"SONNY! SONNY! MINCEMEAT! SONNY IST GETROFFEN! UNTER UNS SIND WEITERE PANZER! SIE FAHREN RICHTUNG SÜDEN! VON DA KAM EINE RAKETE!"
"Ruhig Blut, Sidecast." Sonny hustete. "Planänderung. Wir ziehen auf die Westseite des Lagabandas rüber. Möglichst weit, okay? Ich zumindest, soweit ich diese Mühle noch manövrieren kann."
"SONNY! STEIGEN SIE AUS!"
"Würde ich ja gerne, aber irgendwie klemmt die Patrone vom Schleudersitz. Ich schätze, ich trete dem Chief kräftig in den Arsch, wenn ich wieder auf dem Stützpunkt bin. Mist, die Mühle lässt sich nicht mehr manövrieren. Sidecast, kannst du erkennen, wie es meinem Vogel geht?"
"Du hast nur noch einen Flügel, Sonny. Der rechte existiert nur noch zur Hälfte..."
"So? Sonstige Schäden?"
"Das Heck sieht aus, als würde es bald abfallen. Und dein halbes Cockpit fehlt."
"Das liegt daran, dass die Kanzelabsprengung funktioniert hat, im Gegensatz zum Schleudersitz. Mincemeat, hören Sie mich?"
"Laut und deutlich."
"Ich versuche, den Vogel so runterzubringen. Aber warnen Sie um Himmels Willen die Krauts und die Amis. Da waren noch mehr Panzer auf dem Weg nach Süden, Lastwagen und weitere Ratel 20! Da sie auf uns geschossen haben, werden sie denen wohl kaum helfen wollen."
"Registriert. Sidecast, bleiben Sie bei Sonny, bis er gelandet ist."
"Ja, Sir", erwiderte der Pilot, einem Schluchzen nahe.
"Lincoln Flight 3-1, hören Sie noch mit?"
"Copy, Mincemeat."
"Können Sie uns Hilfe gewähren und einen der Hubschrauber zu Sonny rausschicken?"
"Wir werden tun, was wir können, versprochen, Mincemeat."
"Danke. Wir werden uns derweil um das andere Problem kümmern. Sprich, die Panzer, die nach Süden ziehen."
"Warten Sie dafür auf die Flieger der Abraham Lincoln, Mincemeat! Ihre Tigris-Jäger sind nicht für den Bodenkampf ausgerüstet! Die Maschinen der Lincoln hingegen schon!"
Ein Laut erklang, irgendwo anzusiedeln zwischen Verächtlichkeit und rasender Wut. "Verstanden, Lincoln Flight 3-1. Beschränken uns auf Beobachtung. Aber wenn sie Keounda City zu nahe kommen, greifen wir an."
"Einverstanden, Mincemeat. Einverstanden", erwiderte Cardiff mit einer Stimme, die nur unwesentlich begeisterter klang als die des panadianischen Staffelführers.
"Mincemeat von Sidecast hier. Sir, Sonny ist unten. Ich wiederhole, Sonny ist unten. Ich kann nicht erkennen, ob er es in einem Stück geschafft hat. Aber immerhin konnte ich auch keine... Okay, jetzt sehe ich eine Explosion." Der Pilot machte einen Laut voller Verzweiflung. "Kehre zur Staffel zurück", verkündete er kurz darauf, wesentlich gefasster.
"Lincoln Flight 3-1, ich verlasse mich auf Sie", sagte Mincemeat. "Fliegen Sie einfach auf den Rauch der Explosion zu."
"Überlassen Sie den Rest uns. Lincoln Flight 3-1 Ende und aus."
"Danke, Lincoln Flight 3-1. Ende und aus auch hier."
Es knackte in Sinclairs Kopfhörer. "Ma'am?"
Sie überlegte kurz. Sollte sie einen der Krauts schicken? Oder einen der Ospreys? Sie selbst musste nach Keounda City, da biss die Maus keinen Faden ab. "Schicken Sie Leutnant Müllers Vogel. Sergeant Sokol ist an Bord, richtig?"
"Ja, Ma'am."
"Wer sagt es denn? Die richtige Frau für den Job. Sie puzzelt gerne." Sinclair schüttelte sich in Gedanken. Eine Notlandung mit einem überschallschnellen Jet mitten im Dschungel, ohne eine Landepiste mit halb zerschossenem Leitwerk - der Pilot war weder am Leben, noch in einem Stück. "Geben Sie ihr Bescheid."
"Aye, Ma'am."
Sekunden darauf scherte einer der Kraut-Hubschrauber aus der Formation aus und flog gen Westen, in Richtung der Rauchwolke zu, die von der Explosion des verbündeten Flugzeugs stammte.
***
"Ärger, Sir!", rief Morelli seinem Anführer zu. "Die Panadianer haben einen Tigris verloren! Anscheinend durch den Einsatz von Luftabwehrraketen. Und das Schlimmste ist, die Dinger kommen in unsere Richtung, zusammen mit einem halben Dutzend T-54-Panzer und mindestens elf Ratel 20-Panzern."
"Verstärkung?", fragte Axel. "Wer zum Henker würde dem Riki Verstärkung schicken?"
"Jemand, der gerne möchte, dass Keounda City eine Stadt des Chaos bleibt, würde ich behaupten", erwiderte Scott. "Was ist mit den Rangern?"
"Kommen wie geplant in achtzehn Minuten an. Eine Firesquad sucht nach dem abgeschossenen Piloten. Oder vielmehr nach seinen Überresten, denn die Maschine ist bei der Bruchlandung explodiert."
Die Gesichtsmuskeln von Scott arbeiteten sichtlich. "Warnung an alle, Mörser und Scharfschützen in Bereitschaft. Bringt weitere Javelin nach vorne. Wir kriegen unangemeldeten Besuch. Und solange unsere verrückten Freunde stillhalten, tun wir das auch, damit unsere Kameraden aufschließen können. Einwände, Major Michael?"
"Keine Einwände. Übrigens, wir haben festgestellt, dass unser flügellahmes Vögelchen wieder fliegen kann. Nach zwanzig Reparaturstunden und mit den richtigen Ersatzteilen."
"Oh. Mist. Na, dann habe ich auch mal gute Nachrichten: Sie müssen auf Ihrer Flanke mit einem Mi-24 auskommen, weil wir jetzt anfangen werden, Sprit zu sparen für den Fall, dass ein Haufen Panzer mit schlechtgelaunter Besatzung auf Seiten des Riki in den Kampf eingreift."
"Es geht doch nichts über eine Ladung Partycrasher", erwiderte der Major bärbeißig. "Im Moment ist es ruhig bei uns. Und danke an Belongo eins für den Tipp mit der Kugel in den Kopf. Auch wenn ich davon Albträume haben werde - ich hätte definitiv mehr Albträume, wenn diese durchgeknallten Drogenopfer halbtot wieder aufgestanden wären, um mir die Eingeweide rauszuschneiden."
"Gern geschehen. Und Major - meine Albträume werden Sie garantiert nicht haben wollen", sagte Axel mit einem Hauch Galgenhumor in der Stimme.
"Keine Sorge, wenn das hier so weitergeht, werden schon noch genügend Gründe für Albträume dazu kommen", antwortete der Marine sarkastisch. Nun, er hatte Recht.
***
"Ähm, Colonel?"
"Was gibt es, Stacy?"
"Das kann ich noch nicht so genau sagen. Aber die Nachrichten, die ich gerade hereinbekomme, sind nicht sehr positiv."
Ty trat an das Superviser-Pult der Army-Offizierin heran. "Geht es genauer, Lieutenant Cormick?"
"Ja, Sir. Panadia meldet den Verlust eines Kampfjets durch Einsatz von Luftfäusten, zirka zwölf Kilometer nördlich von Keounda City. Die Raketen starteten aller Wahrscheinlichkeit nach von einem Konvoi aus Rad-, und Kettenpanzern der Typen Ratel 20 und T-54 mit Fahrtrichtung Süd."
"Das ist wirklich nicht sehr positiv." Ty drückte einen Knopf an seinem Headset. "Zentrale? Direktverbindung zu General Landsdale.
General? Ja, noch mehr Ärger. Sieht so aus, als hätten unsere Verbündeten einen Jet verloren. Ja, Sir, ich werde das prüfen, ob unsere Leute Hilfestellung bei der Suche nach dem Piloten leisten. Moment, Sir, Stacy nickt. Die Army Ranger tun ihre Pflicht und suchen nach ihm... Ja, Sir, ich weiß, nach der Nachricht über den Abschuss der Perry-Fregatte unserer ganboanischen Alliierten kommt das etwas fix hinterher. Aber es kommt noch dicker. Der Konvoi, von dem aus auf den Jet geschossen wurde, besteht aus Panzern und Radpanzern, Anzahl noch unbekannt und... Moment. Ja, Stacy?"
"Verifiziert sind sechs T-54 und zwölf Ratel 20, dazu vierzehn Lastwagen verschiedener Baureihen."
"Haben Sie gehört, General? Ja, die sind auf dem Weg nach Keounda City. Ich stimme Ihnen zu. Wir müssen sie als feindlich einstufen... Nein, Sir, ich habe auch keine Ahnung, wer so verrückt ist, ausgerechnet einen Verrückten wie den Riki mit Panzern zu unterstützen, aber es muss nur genügend Geld im Spiel sein, wie es scheint. Was? Okay... Okay... Okay... Ich leite es in die Wege. Viel Glück beim Präsidenten." Ty deaktivierte die Verbindung. "Stacy, geben Sie mir die Abraham Lincoln. Ich schätze, jetzt macht es sich bezahlt, dass Admiral Philips einen Teil seiner Flieger, die über Belongo patrouillieren sollen, für den Bodenkampf ausgerüstet hat."
"Heißt das, wir haben Feuerbefehl, Sir?"
"Ja, das heißt es, Stacy. Die Vögel der Abe sollen dafür Sorge tragen, dass nicht eine Schraube von diesen Kampfpanzern Keounda City erreicht."
Cormick nickte knapp. Bisher hatte eine Bombardierung der Stadt, also zumindest der Osthälfte, die noch nicht unter Kontrolle der vereinigten Truppen war, im Raum gestanden. Einfach, um die überlegene Waffentechnik der Navy auszuspielen und die Chancen der Truppen am Boden zu verbessern. Man hatte nur noch über mögliche zivile Verluste diskutiert, in Gang gesetzt von der Meldung, man hätte Kindersoldaten und vergewaltigte Frauen entdeckt. Nun, der Teil des Themas hatte sich erledigt. Die Super Hornets der Abe würden weit lohnendere Ziele haben. Ab jetzt.
"Scheint so, als wäre das echt nicht unser Tag, Sir", murmelte Lieutenant Cormick mehr zu sich selbst als zu Ty. "Jedesmal, wenn wir es nicht erwarten, passiert irgendein Scheiß mit unseren Leuten und Verbündeten. Entweder werden sie mit Napalm bombardiert, von einer Panzerfaust vom Himmel geholt, man schießt mit Anti-Schiffsraketen auf sie, oder man holt sie mit russischen Luftfäusten runter."
"Stimmt, Lieutenant. Sie haben vollkommen Recht. Solche Tage gibt es und man kann nicht immer Glück haben", sagte Colonel Ty, der die junge und vielversprechende Offizierin wohl gehört hatte. "Aber das ist es, was uns von den Amateuren da draußen unterscheidet. Wir brauchen kein Glück, weil wir die Planung auf unserer Seite haben. Wir sind so gut aufgestellt, dass wir selbst das größte Pech kompensieren können. Also machen Sie sich nicht mehr Sorgen, als Sie für diesen Job brauchen und machen Sie einen guten Job wie immer, Stacy."
Kurz lächelte sie ihren Vorgesetzten an. Dann wandte sie sich wieder ihrem Pult zu. "Sir, ich habe die Abraham Lincoln jetzt auf der Leitung."
"Zu Admiral Philips durchstellen."
"Jawohl, Sir."
***
"Mr. President, ich habe schlechte Neuigkeiten", sagt Landsdale, als er den Konferenzraum betrat. "Die Karuma hat mit Sizzlern auf die Pierre geschossen. Eine ist im Heck des Schiffs explodiert, neueste Nachrichten stehen noch aus. Aber der Sea Hawk der Pierre ist unterwegs zurück zum Schiff, wir haben ein Schnellbootgeschwader aus Ganbo auf dem Weg und die Abraham Lincoln hat ebenfalls eine Fregatte, die Chicago, vorausgeschickt, um zu helfen und die Karuma zu jagen. Zudem kommt immer noch die Colorado von Norden heran."
"Reicht die Hilfe für die Pierre, oder müssen wir die Colorado von der Jagd abziehen, Isaac?"
"Es gibt noch keine Daten dazu, Mr. President. Wir wissen noch nicht, wie schwer die Schäden auf der Perry-Klasse sind. Wir wissen nicht einmal, ob sie noch schwimmt. Oder ob die Karuma ihr nicht gerade den Fangschuss versetzt."
"Die Pierre ist etwas veraltet, Mr. President. Sowohl, was die Raketenabwehr angeht, als auch bei der Ausrüstung ihres Sea Hawks", sagte Admiral Blueberry. "Wir hatten vor, unseren ganboanischen Verbündeten bei der Aufrüstung zu helfen, sobald ihr zweiter Perry zum Long Hull umgebaut wurde."
"Wollen Sie mir sagen, eine US-Fregatte wäre nicht so leicht getroffen worden?"
"Die Colorado ist ein Arleigh Burke. Ich schätze, sie hat wesentlich bessere Chancen. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es sich jetzt noch lohnt, den Frachter aufzubringen und die Sizzler zu bergen. Wer einmal eiskalt genug ist, auf ein Kriegsschiff zu feuern und auch noch die Frechheit hat zu treffen, der schießt auch ein zweites Mal, Mr. President."
"Was also raten Sie mir, Jonas?"
Admiral Blueberry wechselte einen kurzen Blick mit Willem van Fitz, dem Secretary of War, der zustimmend nickte.
"Mr. President, ich denke, es ist das Beste, wir schicken ein paar Drohnen von Diego Garcia los und suchen damit die Karuma, halten sie, sobald die Drohnen sie gefunden haben, per Laserzielsucher erfasst und starten dann von der Chicago so viele Harpoons, wie wir brauchen, um die Bastarde zu den Fischen zu schicken. Wenn danach noch irgendetwas übrig ist, können wir sicher ein U-Boot von der Abe entsenden, um es vom Grund des Meeres zu fischen."
"Wäre es nicht ökonimischer, das Bordgeschwader des Trägers suchen zu lassen? Sie sind näher", sagte der Präsident der USA nachdenklich.
"Dazu wollte ich auch gerade noch kommen, Mr. President", sagte Landsdale hastig. "Es bewegt sich ein Konvoi aus Panzern und Radpanzern auf Keounda City zu. Von diesem Konvoi startete eine Boden-Luft-Rakete und hat eine Tigris unserer panadianischen Verbündeten abgeschossen. Die Ranger suchen bereits nach dem Wrack. Ich habe bereits Admiral Philips informieren lassen, dass seine Super Hornets die augenscheinlich feindlichen Kampffahrzeuge im Bodenkampf vernichten, bevor diese die alte Distrikthauptstadt erreichen können. Mit anderen Worten: Wir sollten das Geschwader der Abe erst einmal zusammenhalten, vor allem angesichts des fremden Geschwaders, das aus dem Süd-Sinan nach Ndongo gekommen ist und dort ungehindert landen konnte."
Präsident Etranger rieb sich nachdenklich die Nasenwurzel. "Dennoch. Ich muss kein Offizier sein um zu wissen, dass die Drohnen von Diego Garcia zu lange brauchen werden, und das ihr Operationsfenster zudem auch noch zu klein ist. Admiral Philips soll ein zusätzliches Radarflugzeug hochschicken, das die Region absuchen kann."
"Eine weitere E-2C zu detachieren erhöht den Stress auf das Geschwader und bringt die Dienstpläne durcheinander", gab Blueberry zu bedenken.
"Ja, Himmel, wollen Sie die Jagd nach der Karuma dem Kaiserreich Ndongo überlassen? Wir haben  keine Verträge mit ihnen", murrte der Präsident. "Ich bin sicher, das Bordgeschwader der Abe kann ein zusätzliches Suchflugzeug verkraften. Vor allem, wenn es schnell fündig wird. Und schließlich und endlich muss es den Frachter nur markieren, bis die Chicago ihre Harpoons ins Ziel gebracht hat."
"Heißt das, Mr. President...", fragte van Fitz vorsichtig.
"Ja. Schicken Sie das Ding mit allen restlichen Sizzlers zu den Fischen. Ich bin nicht bereit, noch mehr Leute zu riskieren, weder unsere, noch von unseren Verbündeten. Lassen Sie das Radarflugzeug der Abe ab der Position der Pierre suchen. Die Karuma kann wohl kaum so schnell unterwegs sein, dass sie nicht mehr gefunden werden kann."
"Verstanden, Mr. President." Admiral Blueberry salutierte knapp und verließ das Büro, um seine Anweisungen zu geben. Die Tage der Karuma waren gezählt. Und nummeriert. Die Zahlen strebten dem Ende zu.
***
Es dauerte einige Zeit, bis Kapitän Leluc wieder etwas sehen konnte, geschweige denn hören. "Be... Bericht", haspelte er hervor. Er schüttelte den Kopf und versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Der Einschlag der Sizzler hatte ihn von seinem Platz gefegt, und wie ihm war es sicher dem Großteil der Besatzung ergangen. "Bericht!"
"Die Pierre brennt!", rief ihm jemand zu, dessen Stimme er nicht sofort identifizieren konnte.
"Wie sieht es im Heck aus? Wurde es rechtzeitig geräumt? Halten die Schotts?"
Wilson Aganami, Zweiter Rudergänger, beugte sich über den Kapitän und half ihm, sich wieder aufzurichten. Er blutete aus einer hässlichen Platzwunde auf der Stirn. Sein linkes Auge war zugeschwollen und ein weiterer tiefer Cut bedeckte seine linke Wange. Das Blut versaute seine Khaki-Uniform, aber er schien es nicht zu bemerken. Nein, korrigierte sich Leluc selbst, er ignorierte es wie ein guter Seefahrer.
"Bericht!", blaffte eine zweite Stimme.
"Schon gut, Jurgen, ich bin noch da", sagte Leluc zu seinem Ersten Offizier, der sich ebenfalls gerade wieder aufrappelte. "Stellen Sie Gefechtsbereitschaft auf der Brücke und in der CIC her. Wilson, was ist mit dem Heck?"
"Keine Ahnung, Skipper. Aber so, wie wir durchgeschüttelt wurden und angesichts der Schlagseite in Richtung Heck würde es mich wundern, wenn noch etwas davon da wäre."
"Schauen Sie nach, Wilson. Aber nur vom Turm aus." Leluc griff nach seinem Telefon. "Maschinenraum!"
"Chief Kelelanga hier, Skipper. Wir wurden hier unten mächtig durchgerüttelt. Wollen Sie die gute, oder wollen Sie die schlechte Nachricht zuerst?"
"Die gute Nachricht, bitte."
"Okay, Skipper, die Gute zuerst. Die Diesel laufen und schnurren wie Kätzchen."
Erleichtert atmete Leluc auf. "Und jetzt die Schlechte."
"Wir haben keinen Abnehmer mehr im Heck. Der Motor für die Schiffsschraube ist entweder komplett vom Maschinenraum getrennt worden, oder er existiert nicht mehr. Ach, und wenn ich schon mal bei den schlechten Nachrichten bin, die Schotts nach Achtern halten zwar, aber wir haben aus der Richtung mehrere Mikrolecks, durch die wir Wasser nehmen."
"Geben Sie Ihr Bestes, Chief, um den Maschinenraum trocken zu halten. Aber riskieren Sie nichts. Wenn Sie merken, es wird nichts, dann sagen Sie mir das rechtzeitig. Wir evakuieren lieber, als dass wir unnötig Leben riskieren."
"Skipper! Das Heck ist weg! Runter bis zum Hangar! Und ein Teil der Aufbauten fehlt! Außerdem habe ich mindestens dreißig Treffer auf dem Deck und in den Aufbauten gezählt!", rief der Rudergänger, als er wieder zurückgehetzt kam.
Lelucs Miene versteinerte. "Wie gesagt, wir riskieren nichts. Ich will in zehn Minuten eine Einschätzung von Ihnen, wie lange die Pierre noch schwimmen wird, Chief."
"Aye, Sir."
"Gefechtsbereitschaft wiederhergestellt, Skipper", meldete der Eins O. "Siebzehn Verletzte, zum Teil schwer, in CIC und Brücke. Die Sanis sind dran. CIC meldet außerdem, dass die Karuma nach Osten abdreht. Leider außer Reichweite der Kanone."
"Sind die Rohre klar? Auch wenn unser Bug in die falsche Richtung zeigt, wir können ihnen sechs Torpedos hinterherschicken. Dieser Frachter mag Raketen haben, aber garantiert keine Torpedo-Abwehr."
"Ich werde es feststellen, Skipper." Der Eins O hastete davon.
Ehrlich gesagt wäre Leluc überrascht gewesen, wenn die Torpedorohre gefechtsklar gewesen wären.  Ein derartiger Schlag, der durch das ganze Schiff gezogen war - wahrscheinlich konnten sie froh sein, dass die bereits geladenen Torpedos nicht durch widrige Umstände hochgegangen waren. Und so fürchtete er auch mehr die sehr effektiven Sicherheitssysteme der Amerikaner, die den Abschuss der Torpedos verhindern würden, weniger die widrigen Umstände.
Leluc zögerte. "Wilson, wie weit ist der Brand?"
"Achtern, kommt näher."
Der Kapitän der Pierre zögerte, dann griff er zum Sprechfunk. "Achtung, hier spricht der Kapitän. Die Pierre ist havariert, aber noch nicht gesunken. Die Karuma dreht ab und interessiert sich nicht mehr für uns. Deshalb haben wir Zeit, einen Rettungsversuch zu unternehmen. Noch schwimmt das Schiff und der Wassereinbruch hält sich in Grenzen. Der Maschinenraum arbeitet. Aber das Heck wurde uns weggeschossen und ein Brand wütet achtern. Wir setzen alles auf einen Löschversuch. Sollten wir damit nicht erfolgreich sein, evakuieren wir das Schiff. Alle Mann, die nicht im Maschinenraum arbeiten, oder bei der Leckabwehr eingesetzt werden, arbeiten den Löschteams zu. Offiziere und Unteroffiziere koordinieren die Aktion. Achtung, das Lazarett wird an Deck evakuiert, ebenso die Küchencrew. Sollte es zum Äußersten kommen, will ich keine Verzögerungen sehen."
Der Skipper der Pierre atmete tief durch und setzte das Mikrofon erneut an. "Wir sind nicht am Ende. Davon sind wir noch weit entfernt. Wenn wir jetzt zusammenhalten, dann retten wir nicht nur das Schiff, sondern wir zeigen Freund und Feind, was die ganboanische Marine zu leisten imstande ist. Jungs, ich verlasse mich auf euch. Kapitän Leluc Ende."
Damit hatte er alles getan, was er in dieser Situation tun konnte.
"Skipper, die Rohre lassen sich nicht abfeuern", meldete Jügen Otamba. "Zwanzig Minuten, bevor das erste Rohr klar ist."
"Gut. Das heißt, schlecht. Aber nicht zu ändern. Geben Sie der Admiralität unseren Status durch. Und funken Sie auch die Amerikaner an. Vielleicht können sie ja noch was retten an dieser beschissenen Situation. Und sagen Sie ihnen auch, dass die Karuma nach Osten zieht."
"Jawohl, Skipper. Ach, und, Skipper? Auf den ersten Blick gibt es einige Schwerverletzte, aber es scheint, dass das Heck mehr oder weniger erfolgreich evakuiert werden konnte, bevor der Sizzler einschlug."
Das Gesicht des Schwarzafrikaners im Stuhl des Kapitäns wurde zu einer steinernen Maske. "Tun Sie Ihren Job, Jürgen."
"Aye, Sir."
Leluc hielt die stoische Miene aufrecht, obwohl ihm eher nach Weinen zumute war. Seine Dummheit schien nicht allzu vielen seiner Leute das Leben gekostet zu haben. Das war mehr Glück, als er zu hoffen gewagt hatte, seit ihm bewusst geworden war, dass der vierte Sizzler durchkommen würde.
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