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Insomnia.

von Pola
Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P12 / MaleSlash
19.08.2011
19.08.2011
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1.687
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19.08.2011 1.687
 
„Gezwungenermaßen müssen wir heute Abschied von einem der besten Ritter nehmen – Flynn Scifo. Für viele ein Freund, ein Helfer, ein Zuhörer. Aber in erster Linie der Captain einer großen Brigade. Im Volk fand er viele gute Freundschaften, war der Freund und Helfer jeder Mann und Frau, jedes Kindes, jedes Tieres. Ein Engel.“
Leblanc erhob seine Stimme nach einem künstlerischen Schweigen ein weiteres Mal.
„Doch kein Körper kann eine Last für immer tragen. Deswegen legt Captain Flynn Scifo sein Amt nieder und verlässt die Ritterschaft. Denkt an ihn als einen Bruder und nehmt ihn euch zum Vorbild.“
Die Worte klangen durch die Halle und für viele war es so, als wäre die Person Flynn Scifo nun von der Erde verschwunden. Es klang wie eine Beerdigung, doch die Gesamtstimmung war drückend. Nur ein Ritter war nicht da, und das war er selber, zu seinem eigenen Abschiedsbuffet.
„Was ist denn mit Flynn, warum ist er nicht hier?“
„Er befürchtet, sein Anblick würde euch zu schaffen machen.“

Tatsächlich.
Das würde er mit hoher Wahrscheinlichkeit.
Der Blonde saß zusammengekauert auf einem Stuhl, lehnte sich an und stierte Löcher in die Luft. Ein kalter Windhauch zog durch das Fenster herein und er bewegte sich kein Stück, um es zu schließen. Zwar fror er, aber er ließ es sich nicht anmerken, sodass er die Kälte schließlich einfach vergaß.
Seine Augen brannten.
Es fühlte sich an, als hätte er sie tagelang offen gelassen und nicht geschlossen, als würden sie austrocknen. Als würde jemand mit einem Streichholz dagegenhalten. Es gab so viele passende Worte, es zu beschreiben, aber am ehesten konnte man es damit vergleichen: Qual.
All diese Dinge, die der Blonde über seine Reisen gesehen und miterlebt hatte.
Das Schlimmste davon war Yuuri.
Yuuri – Der ihn immer wieder stehen ließ.
Yuuri – Der ihn immer beleidigte.
Yuuri – Den er von ganzem Herzen vermisste.
Warum war er nicht geblieben, als Flynn es ihm angeboten hatte? Warum war er wieder gegangen? Er… wohnte nicht weit weg. Es waren vielleicht drei Stunden zu Fuß, doch das Schlimmste daran war, dass der Langhaarige so nah und doch so fern schien. Wie viele Nächte hintereinander hatte er ihm nun schon den Schlaf geraubt? Vier?
Die davor hatte er auch kaum geschlafen.
Er war körperlich und seelisch nicht weiter belastbar, halluzinierte und wollte am liebsten sterben. Sterben, um als Geist immer bei Yuuri sein zu können, der sich immer noch nicht hatte blicken lassen. Wie viele Sekunden waren seit dem letzten Gedanken an ihn vergangen? Keine? Es war, als würde er immer an ihn denken müssen, jede Sekunde seines Lebens, jede Minute, jede Stunde, jeden Tag, jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr.
Dieser Mensch hatte ihn verrückt gemacht.
Die Ringe unter Flynns Augen zogen sich lang, beinahe pechschwarz. Man könnte ihn für einen Pandabären halten, mit dieser blassen Haut. Er hatte recht wenig gegessen und getrunken, kauerte die meiste Zeit auf Stuhl oder Bett, wollte gar nicht mehr weggehen. Am liebsten wollte er schlafen.
Ewiger Schlaf.
Am besten solange, bis Yuuri wieder da war und ihn weckte, ganz sanft mit seiner wundervollen Stimme, die so sanft war, wie ein Sommerwind, und ebenso warm. Seine Augen, so dunkel, dass sie Flynn in den Bann zogen. Die Haare, so lang wie ihre Freundschaft. Yuuri hatte sie lange nicht mehr schneiden lassen. Immer, wenn er daran dachte, hatte Flynn das Gefühl ihn immer vor sich zu sehen, jedes Mal. Sein wunderschönes Gesicht, sein Körper, aber am allermeisten vermisste er dieses kleine Grinsen, wenn er Flynn mal wieder als einen Idioten oder Trottel beleidigte. Das… War so einzigartig und toll. Yuuri war der Einzige, der das perfekt konnte. So perfekt.
Yuuri war perfekt.
Flynn war es nicht.
Schon seit Yuuri ihn abgewiesen hatte, schlief er weniger als zehn Stunden in einer Woche.
Es war wieder Zeit für eine Stunde diese Nacht.
Doch… wie nur?
Ständig quälten ihn Albträume, er brauchte Stunden, um einzuschlafen und schlief dann nicht mehr, als ein paar Minuten am Stück, wurde wach, aber wusste nicht wieso. Dann schlief er nach einer weiteren Stunde wieder ein. Der Tag begann morgens wieder um vier Uhr. Er endete wieder um vier Uhr. Wenn überhaupt noch am selben Tag. Manchmal war es auch erst das „vier Uhr“ von übermorgen.
Flynn war verzweifelt.
Und dann… Dann gab es Tage, an denen er nur schlief. Die vorletzte Woche hatte er sechs Tage am Stück durchgeschlafen, natürlich zwischendurch noch Pausen für die Toilette und ein paar kleine Snacks. Aber den einzigen Weg, den er noch gehen konnte war Zimmer – Toilette – Küche – Zimmer. Für etwas anderes hatte er einfach keine Kraft mehr. Einen halben Schock hatte er schon beim letzten Blick auf die Waage bekommen, die sich eindeutig gegen ihn verschworen zu haben schien.
Zehn Kilogramm.
Abgenommen.
Was früher nur mit Sport und gesunder Ernährung erreichbar war, war nun allein die Schuld des Langhaarigen, der sein bester Freund war und den er wahrscheinlich nie wieder sehen würde. Was hatte er nur verbrochen, dass Yuuri ihn nicht mehr sehen wollte?

Lag es an der Tatsache, dass er Yuuri weinend darum angebettelt hatte zu bleiben?
Daran, dass er ihm versprochen hatte, ihn nie zu enttäuschen?
Dass er sein Leben für ihn opfern würde?
Verachtete Yuuri ihn wirklich so sehr?
Als Flynn dann weinend und krampfend am Boden lag hatte Yuuri sich nur noch mit einem bemitleidenden Blick abgewandt und war gegangen. Konnte er etwas für seine Gefühle? Wenn er sich in ihn verliebte, dann war es doch unmöglich seine Schuld. Wäre ein normaler Korb so schwer gewesen? Yuuri war geflüchtet und hatte ihn stehen gelassen. Nichts Neues eigentlich. Daran war der Blonde schon gewohnt. Doch trotzdem nahm es ihn dermaßen mit.
Er wurde einfach die Gedanken nicht los.
Schließlich aber schmerzten seine Augen zu sehr.
Sie fielen zu und er hoffte, es wäre für immer.
Doch wieder befürchtete er, dass seine Hoffnungen und Wünsche nicht erfüllt werden würden.
Kein ewiger Schlaf.

Warum nur?
Warum nicht?
Warum quälte man ihn nur so sehr?
Flynn… Flynn… Werd wach… Flynn… Werd doch wach.
Nein… nicht.
Ich will nicht wach werden.
Flynn, bitte, werd doch endlich wach.
Ich bin es.
Yuuri.

Yuuri?
Wieder einmal wollte der Blonde aufwachen, wollte wieder einmal nur halluzinieren, wollte wieder einmal feststellen, dass das alles nur ein Traum gewesen war. Ein viel zu schöner Traum. Yuuri würde schon wieder nicht hier sein und ein weiteres Mal würde er enttäuscht feststellen, dass es nie wahr werden würde.
So öffnete er deprimiert die Augen und blickte in das tiefe Schwarz des wahrscheinlich leeren Zimmers, konnte gar nichts mehr sehen. Es war immer so dunkel hier. Doch was war das…? Ein warmer Luftzug streifte seine Wange.
„Bist… Bist du wach?“
Was war das für eine Stimme?
Normalerweise halluzinierte er ja noch nicht so kurz nach dem Aufwachen.
Probeweise schlug er in die Luft, einfach so, damit er sich sicher war, dass es eine Halluzination war. Doch… Das Geräusch danach war mehr als eindeutig.
„Ugh… Sag mal, was soll das!?“

Flynn riss die Augen geradezu auf, sprang vom Stuhl.
„Yuuri! Du bist es nicht wirklich, oder? Ich bilde mir das nur wieder ein und gleich bist du wieder weg! Du machst das immer so! Du lässt mich gleich wieder stehen. Lass mich doch in Ruhe… Hör auf damit…“
„Warum soll ich mit was aufhören? Ich wollte nur den guten alten Flynn besuchen kommen.“
Flynn senkte den Blick und bemerkte, dass seine Augen zum ersten Mal nach langer Zeit wieder feucht wurden und er nur beiläufig bemerkte, dass einige Tränen seine Wangen hinunterliefen.
„Ich… Ich will nicht wieder halluzinieren…“
Innerlich sträubte sich alles in ihm dagegen, zu glauben, dass es eine Halluzination war.
Er wollte doch nur seinen Yuuri wieder haben.
„Du halluzinierst nicht. Ich bin wirklich da. Du… Warum weinst du? Hey... Nicht. Hör sofort damit auf. Hör auf oder ich muss dich schlagen! ... F-Flynn…!?“
Der Blonde erstickte seine eigene Stimme im Schluchzen.
„Ja, schlag mich!“
„Flynn!?“
„Schlag mich! So hart wie es geht! Schlag mich, damit ich weiß, dass ich nicht träume!“
Eine Stille erfüllte den Raum und Flynn war sich beinahe sicher dass er wirklich nur halluziniert hatte, als er plötzlich einen harten Schlag gegen die Wange kassierte, die warm und kalt gleichzeitig war. War er wirklich da? Flynn hielt seine Wange und damit eine andere Hand. Eine kühle Hand. Es war Yuuris Hand.
„Gibst du jetzt Ruhe!?“
„…“
Nur wenige Sekunden später fühlte er einen leichten Atemzug gegen seinen Lippen.
„Yuuri. Was machst du? Ich dachte… Du… Du wolltest mich nicht.“
„Ich habe gesagt, ich will dich noch nicht.“
Flynn zögerte und war sprachlos, spürte dann einen leichten Druck gegen die eigenen Lippen. Ganz zärtlich.
Der Blonde streichelte über die Wange des anderen, bevor er den Kuss erwiderte und mit der Zunge in den Mund des Anderen eindrang. Aus dem normalen Kuss wurde ein feuriges Zungenspiel und die Beiden konnten sich absolut nicht zurückhalten, bevor er schon bemerkte, dass er von seinem Platz hochgezogen und auf das Bett gedrängt wurde – Von Yuuri. Es war kaum zu glauben, dass er wirklich da war. Er… Hatte es überdacht. Er hatte wirklich darüber nachgedacht. Und… Jetzt war er bereit?

„Yuuri…“
„Was ist?“
„Ich liebe dich. So sehr.“
„…“
Flynn hörte keine Antwort, doch ein plötzliches Gewicht auf ihm war Antwort genug und ein weiterer Kuss. War es wirklich eine Erwiderung? Hatte er auch Gefühle für ihn? Yuuri, der auf ihm lag, streichelte über seine Seite und zeigte sich durchaus dominanter als sonst.
„Yuuri… Bitte sag es mir.“
„Was denn?“
„Bitte sag mir, dass du mich liebst…“
„Ich… Flynn… Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt, ich will es mit dir versuchen.“
„Dann lass es uns versuchen.“
Und so geschah es, dass am frühen Morgen, um vier Uhr Flynns Tag nicht begann, sondern gerade endete. Er zog Yuuri in seine Arme, umarmte ihn zärtlich, als der Kopf des Anderen auf seinem Brustkorb lag, sein Brustkorb sich regelmäßig hob und senkte. Auch der Blonde merkte nun, dass seine Augenlider schwerer wurden, und seit langer Zeit sank er in einen erholsamen Schlaf. Gemeinsam mit Yuuri, den er so vermisst hatte.
Und diesmal…
Würde er am nächsten Morgen nicht allein aufwachen.
Er würde nie wieder allein aufwachen.
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