Uneducated
von Cbraham
Kurzbeschreibung
Shane hat mit einem Mal besondere Selbstzweifel. Gleichzeitig taucht eine merkwürdige Unbekannte auf. Vielleicht gerade zur rechten Zeit ?
GeschichteDrama / P16 / FemSlash
Carmen de la Pica Morales
Shane McCutcheon
12.06.2011
04.07.2011
19
45.945
2
12.06.2011
6.623
Achtung Achtung Achtung!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Dieses Kapitel beinhaltet ein alternatives Ende und ist nicht für Sharmen-Fans geeignet.
Wirklich nicht. Alles klar? Alles klar! Dann viel Vergnügen.
Helena lenkte ihren Körper im federnden Laufschritt die Straße hinauf, bog gazellengleich um die Ecke, im Ohr die Kopfhörer durch die aufputschende Musik dröhnte und ihr half den Rhythmus zu halten. Ihr Ziel, das Planet, vor Augen machte sie zwischen zwei Autos, die geparkt am Straßenrand standen, Halt und begann mit abschließenden Stretchübungen.
„Jesus Christ!“ rief Shane entsetzt; das Gesicht farblos und bleich auf die Straße gerichtet. Vor ihr lag Helena mit schreckgeweiteten Augen, in einer Liegestütze erstarrt und schluckte sichtbar. Wütend kurbelte Shane das Seitenfenster herunter ehe sie schimpfend und schreiend den Kopf hinausstreckte :
„Helena. Fuck. Musst du ausgerechnet hier deine Gymnastik veranstalten? Du bist ja echt nicht mehr ganz dicht!“
Aufgelöst hockte Helena am Boden, streckte die Hand aus und stotterte: „Sorry Shane. Ich habe nicht....“
Shane, die inzwischen ausgestiegen und zu ihr hingegangen war, nahm ihre Hand und zog die Verstörte nach oben.
„Schon gut Helena. Ich wollte dich nicht anbrüllen. War nur der Schreck. Das hätte noch gefehlt, dich ausgerechnet vor dem Planet...“
„Puhh. Naja, stimmt. Dann müsstet du mir ja einen Gedenkstein hinstellen und das Planet wäre um einen Parkplatz ärmer, wo doch so schon nicht genug da sind“ erwiederte Helena in einem Anflug von Galgenhumor.
Kopfschüttelnd lachte Shane: „Jesus, du stammst echt von der Insel. Gedenkstein. Ich fass es nicht.“
„Komm, gehen wir rein. Die Frau von der Insel braucht jetzt erstmal einen Drink. Möchte die Amerikanerin auch einen?“
„Unbedingt.“ bejahte Shane, legte den Arm um sie, und gemeinsam betraten sie das Planet.
Während Helena ihnen einen Drink mixte meinte sie nebenher:“ Hast du heute keine Schule?“
„Nein, Mum“ gab Shane grinsend vom Barhocker an. Eigentlich begann ihr Unterricht genau in diesem Moment, nur das Shane dazu heute absolut nicht im Stande war.
„Mum? Gleich kriegst du ein Glas warme Milch wenn du so weitermachst. Nein, im Ernst. Ich frage nur weil ich dich schon seit Ewigkeiten um diese Tageszeit nicht mehr im Planet gesehen habe.“
„Im Grunde suche ich Kit. Ist sie da?“
Helena schüttelte den Kopf: „Nein, sie ist mit Sunny zu einer Club-Messe gefahren. Dekomaterial, Möbel, Musik-Equipment...eben alles für Clubbetreiber. Ahhh..ich wäre für mein Leben gern mitgekommen, aber eine muss die Stellung halten.“
Einen Moment schweifte ihr Blick träumerisch ab, fiel zurück auf Shane, die aber offensichtlich angestrengt überlegte was sie daran erkannte wie eifrig diese ihre Lippen knetete.
„Um was geht es denn? Vielleicht kann ich dir weiterhelfen.“
„Nein, nein. Helena ich möchte dich da lieber nicht mit reinziehen“
Fast schon erleichtert stimmte Helena zu, die sich bisher erfolgreich aus diesem speziellen Problemfeld heraushalten konnte, da ihrer Meinung nach mittlerweile genügend Leute damit beschäftigt waren und sie sowieso nur am Rande mitbekam was da jetzt genau wer mit wem und so weiter trieb.
Also zeigte sie einen nachsichtigen Gesichtsausdruck als Antwort darauf, überreichte ihr den Gin Tonic und prostete ihr zu.
Shane prostete zurück, nippte am Glas, während sie wieder kurz in Überlegungen versank. Wen sollte sie jetzt um Rat fragen, wegen diesem verflixten Brief? Alice? Nicht so gut. Ihre Augen schweiften nach oben auf Helena. Himmel, vielleicht war ihr Zusammenstoß mit Helena ja ein Zeichen desselben. Sie war nah genug an der Sache um in etwa Bescheid zu wissen, aber genauso distanziert davon um ein gewisses Maß an Objektivität beizusteuern und bisher hatte sie sich nur wenig bis gar nicht dazu geäußert. Ha! Da stand doch die passende Kandidatin direkt vor ihr.
„Äh, Helena?“
„Ja?“
„Hör mal, ich weiß du hast dich bisher aus der Geschichte mit Sara rausgehalten. Mehr oder weniger.“
„Naja, weißt du, nicht daß du das jetzt falsch verstehst....“war Helena dabei sich zu entschuldigen.
„Nein nein, das ist vollkommen ok. Im Gegenteil. Ich finde du hast dich genau richtig verhalten“ beweihräucherte Shane sie mit unschuldigem Blick.
Helena hingegen war anzusehen, daß ihr der Gedanke fortan dem Kreis der Involvierten anzugehören nicht sonderlich behagte. Verflucht. Dann eben ein Appell an ihr Gewissen überdachte Shane ihre Strategie.
„Ich weiß du willst das lieber Kit und....anderen überlassen. Schau ich brauch eigentlich nur einen kleinen Rat. Aber ok. Dann muss ich halt warten. Verdammt.“ wobei ein besonders zerknirschter Ausdruck auf ihrem Gesicht erschien.
Nach einer Weile schien der Appell seine Wirkung zu zeigen als sich Helena mit säuerlich-verzweifelter Miene zu ihr über den Tresen beugte:
„Ach Shane. In Ordnung. Alles klar. Wenns nur ein kleiner Rat sein soll, will ich dir natürlich helfen. Also gut. Worum gehts denn genau?“
Schnell zückte Shane den schicksalhaften Umschlag hervor: „Dieser Brief ist von Sara. Bevor du fragst, ich weiß daß weil ich die Handschrift auf der Vorderseite erkenne. Was ich nicht weiß ist, ob ich ihn öffnen soll oder nicht.“
„Oh. Was soll ich dir jetzt dazu sagen Shane? Ich meine, im Grunde hat sie dir ja schon dadurch daß sie....umgezogen ist, mitgeteilt was sie will. Oder? Meiner Meinung nach wird es wohl am ehesten ein Abschiedsbrief sein. Oder gibt es irgendwelche Tatsachen, die auf eine andere...Möglichkeit hinweisen?“ erkundigte Helena sich; zunehmend interessierter an der Geschichte.
„Eigentlich nicht, nein.“
„Kann ich dir eine bestimmte....Frage stellen?“
„Hey, für eine die sich raushalten will, gehst du aber ran“ frotzelte Shane, wurde aber ernster, als sie sah daß Helena die Erwiederung nicht so humorvoll aufnahm. „Sorry.... Klar, frag was du willst.“
„Hast du noch Interesse an Carmen?“
„Nein, also nicht in der Art wie du das meinst. Wir sind nur Freundinnen, und meine Gefühle für sie gehen auf keinen Fall weiter. Ehrlich. Ich geb zu kurzzeitig mal darüber nachgedacht zu haben. Aber da ist nichts mehr...nichts mehr was früher einmal war.“ gab Shane unumwunden zu.
„Ok. Aber bei Sara sieht die Sache anders aus, nicht wahr? Tut mir leid „meinte Helena, die Shanes entgleiste Gesichtszüge bemerkte. „aber für deine Frage ist das wichtig. Hast du Angst, daß in dem Brief ein endgültiges Nein stehen könnte, oder davor daß er eine...Ermutigung enthält?“
„Irgendwie vor beidem“
„Also ich an deiner Stelle hätte ihn schon lange aufgemacht. Egal was drinsteht. Ihn ungeöffnet wegzuschmeißen würde bedeuten, daß mich ständig der Gedanke plagen würde, was....“
„Ach, zur Hölle damit..“ rief Shane plötzlich und riss mit einemal kräftig den Umschlag auf. Mehre Herzschläge lang schauten beide vornübergebeugt hinein.
„Ein Brief“ meinte Shane abwesend.
„Was hast du erwartet? Los Shane. Mach schon.“ und von Helena ermutigt zog sie die handgeschriebene Seite Briefpapier heraus, faltete sie bedächtig auf und fing seufzend an zu lesen:
Hey Shane,
Ehrlich gesagt sitze ich seit Stunden da und langsam geht mir das Briefpapier aus. Es tut mir leid was alles passiert ist. Eine schöne Floskel, nicht wahr? Wir benutzen sie so oft für Dinge die wir warum auch immer getan haben und wünschen uns dann man könnte mit diesen paar Worten alles wieder ungeschehen machen. Doch das geht nicht.
Es wäre nur richtig von mir, direkt vor dich hinzu stehen und dir zu sagen was ich denke oder fühle. Warum ich das nicht tue, kannst du dir vielleicht denken. Deshalb will ich dir auf diesem Weg versuchen zu erklären, was passiert ist. Zuerst aber versichere ich dir von ganzem Herzen daß du keine Schuld daran trägst. Glaube mir wenn ich dir das sage. Wir sind beides erwachsene Menschen und für unsere Taten selbst verantwortlich. In meinem Leben sind mir nur wenige Menschen begegnet, die ich mit dir vergleichen könnte. Möglicherweise fehlt mir die Fähigkeit allzu lange in deren Gesellschaft zu verbringen. Eine Zeitlang gebe ich mich dann der Illusion hin, Herr der Lage zu sein aber meistens endet es dann mit Flucht oder, du weißt schon, worauf ich nicht besonders stolz bin. Ich habe lange mit Kit darüber geredet, und beschlossen das es besser für mich und vor allem für dich am Besten ist, wenn wir getrennte Wege gehen.
Ich wünsche dir alles Gute.
Und trotz allem war die Zeit schön mit dir und werde es nie bereuen dich gekannt zu haben.
Leb wohl
Sara
Lange Zeit waren ihre Augen gläsern auf das Papier gerichtet. Helena, die stumm mitgelesen hatte schaute mitfühlend abwartend auf sie. Einzelne Tränen tropften auf die Seite und verwischten die Tinte.
„Ach, Shane. Es tut mir ehrlich leid für dich.“ teilnahmsvoll strich sie ihr über die Haare.
Daraufhin riss sich Shane von dem Brief los und blickte mit geröteten Augen zu Helena.
„Helena. Was soll ich bloß machen? Ich liebe sie doch so sehr. Fuck.“ Sie schlug stumm schluchzend die Hände vors Gesicht, worauf Helena um die Theke herum schwang, die Verzweifelte an sich drückte, bis diese etwas zur Ruhe gekommen war. Danach führte sie sie in das Hinterzimmer, da immer mehr neugierige Blicke zu ihnen herüber wanderten. Öffentliche Szenen in kleinerem Umfang waren jetzt nicht so ungewöhnlich im Planet, aber sie zog es vor das Ganze in diskreterem Rahmen zu besprechen.
„Shane, ich weiß das so etwas verflucht schwer ist, und auf die Gefahr hin das ich mich wiederhole. Vergiss Sie. Du hast den Brief gelesen. Zudem dachte ich deinem Verhalten nach zu urteilen, daß du bereits über sie hinweg bist“ versuchte Helena sie zur Vernunft zu bringen.
„Mein Verhalten? Ja, Herrgott. Was sollte ich denn machen? Zuhause rumsitzen, hier herumsitzten? Du kennst mich. In Wahrheit bin ich nicht über sie hinweg, verstehst du? Und dieser Brief...“
„...sagt ganz klar und deutlich, daß ihr getrennte Wege gehen sollt. Shane, bitte!“ meinte Helena bestimmt. Irgendwie beschlich sie das Gefühl, das Shane zu einer anderen Interpretation gelangt war.
„Aber sie schreibt doch gar nicht, daß sie meine Gefühle nicht erwiedert! Was ist, wenn wir beide genau dasselbe fühlen? Sie ist auf der Flucht? Vor was denn? Ich weiß doch wie es ist, wenn man sich nicht eingestehen will, was man wirklich für jemanden anderen empfindet.“
„Halt, halt, halt Shane“ warf Helena schnell ein. Die Entwicklung hier geriet langsam außer Kontrolle. „Du hast doch gesehen, was alles passiert ist. Shane! Willst du das Schicksal nochmals derart herausfordern? Bitte denk nochmal genau darüber nach. Das könnte alles sehr schlimm enden. Noch hast du die Chance alles gut enden zu lassen.“
Shane nahm einen tiefen Atemzug. Auf der einen Seite hat Helena Recht. Es konnte sehr gut sein, daß sie eine erneute Katastrophe verursachte, wenn sie mit ihrer Deutung falsch lag. Aber wenn sie richtig lag, dann würde sie durch ihr Abwenden eine Frau verlieren, die sie wie verrückt liebte.
Sara.
Nein, zu oft hatte sie ihre Liebe ziehen lassen und sogar das Herz einer Shane McCutcheon würde irgendwann unwiderruflich zerstört sein, wenn man zuviel daran herumreißt.
„Helena, das schaffe ich nicht. Das kannst du....könnt ihr nicht von mir verlangen. Ihr dürft mir die Chance nicht einfach verweigern. Gerade du weißt das.“ flehte Shane eindringlich.
Naja, an dem Punkt musste sie ihr Recht geben. Als sie wieder mit Dylan zusammen kommen wollte, versuchten auch alle ihr das wieder auszureden. Schnaufend ging sie auf und ab.
„Aber du weißt, daß sie übermorgen fährt?“
„Scheiße, daran habe ich nicht mehr gedacht. Fuck me.“ bleicher Schrecken durchfuhr sie. „Ok. Pass auf. Ich werde Sara nicht bedrängen, nicht verfolgen oder sie versuchen von ihrer Reise abzubringen. Ich sage dir jetzt genau was mir gerade durch den Kopf geht.“
Mit einer auffordernden Geste bedeutete sie Shane fortzufahren, gleichwohl wissend, daß jetzt der Teil kam wo sie um einen „Gefallen“ gebeten wurde.
„Das einzige was ich von Sara wissen will ist, ob sie meine Gefühle erwiedert. Und zwar von ihr selbst, während ich in ihr Gesicht schauen kann. Das ist alles. Ich schwöre hoch und heilig. Das ist alles.“
„Was glaubst du was Kit mit mir anstellt, wenn die Sache schief geht?“ fragte Helena skeptisch.
„Kit?“
„Shane. Keine Spielchen. Du willst von mir wissen wo Sara wohnt.“
„Shit, sorry. Das war dumm von mir. Ja. Hilf mir bitte.“ gab Shane beschämt zu.
Mit einem Blick der ungezogenen Kindern galt sah Helena kopfschüttelnd zu ihr, bis sie brummelnd zum Computer der auf dem Schreibtisch stand lief: „Ich hoffe sehr für dich, das du genau weißt was du da machst, wenn ich mir schon den Zorn des gesamten Porter-Clans zuziehe, der zweifellos über mich hereinbrechen wird, falls..“
Shane war zu ihr gelaufen und umarmte sie heftig: „Danke Helena. Danke“
„Schon gut. Schon gut. Also sehen wir mal. Ah ja. Da haben wir die Adresse.“
„Wie lautet sie?“
Doch anstatt zu antworten schaltete Helena den Rechner ab: „Ich fahre dich hin. Alleine schick ich dich nicht los. Viel zu gefährlich.“
„Ok. Ein bisschen gesunder Menschenverstand kann nie schaden“ ergab sich Shane und gemeinsam gingen sie los.
Erleichtert warf Sara ihre Jacke auf das schmale Bett in ihrem kleinen Ein-Zimmer-“Spar“-Appartement, daß diesen Namen wirklich verdiente. Bei mehr als zwei Besuchern würde sie eine Ampelanlage einbauen müssen denn sonst würden die Gäste einfach irgendwo zwischen Spüle und dem Tisch stecken bleiben.
Aber dafür war es sehr billig, sauber und übermorgen war sie schon auf dem Schiff und dort wären die Räumlichkeiten auch nicht sonderlich größer, so daß man dies hier als ihr persönliches Trainingscamp ansehen konnte.
Gerade war ihr letzter Arbeitstag zu Ende, bzw. sie war einfach früher gegangen, da sie ohnehin nie mehr dahin zurückkehren würde. Eigentlich wollte sie schon vor einem Monat kündigen, aber sie brauchte diesen Job nicht nur zum Geld verdienen, nein mehr als Ablenkung von....So, erst mal was essen, schoss es ihr durch den Kopf und machte sich daran ein Fertiggericht in die winzige Mikrowelle zu schieben. Da klingelte es an der Tür. Sie öffnete (die Sparversion beinhaltete leider keine Extravaganzen wie Türspion oder Gegensprechanlage) und meinte überrascht:
„Helena. Hallo.“
„Hay Sara“
„Möchtest du..ähm..reinkommen?“und deutete auf die freien zwei Quadratmeter Fußboden hinter ihr. Helena blickte gezwungen lächelnd hinein. Sie war selbst noch nie hier gewesen. Jesus, da war ihr begehbarer Kleiderschrank größer!
„Äh nein. Ich komme sozusagen als Vorhut.“
„Als Vorhut? Möchtest du meine Luxussuite hier übernehmen, oder wie meinst du das?“ witzelte Sara.
„Nein, nein. Ich meine ich habe jemanden mitgebracht....der gerne mit dir sprechen möchte.“
„Jemand möchte mit mir sprechen und schickt dich als.....“ schlagartig kam ihr nur ein Mensch in den Sinn, der eine Vorhut brauchte um mit ihr zu sprechen. Sämtliche Farbe verschwand aus ihrem Gesicht, das sie von Helena abwandte während sie kraftlos auf das Bett sank.
„Sie hat deinen Brief gelesen und....naja, ich kann verstehen wenn du nicht möchtest.“ fügte sie abwartend hinzu.
Sara saß starr und stumm da. Shane. Verdammt warum habe ich diesen Brief geschrieben. Besser ich hätte mich garnicht bemerkbar gemacht. Eine andere Stimme jedoch verwies zart auf gewisse andere Dinge unterhalb der Oberfläche.
Was war das jetzt hier? Eine letzte Chance oder eine Falltür nach unten? Ach, verflucht.
Helena kam zu dem Schluß daß ihr Verhalten ein Nein signalisierte und raunte eine Entschuldigung, ehe sie sich umwandte.
„Warte.“ rief Sara die aufstand, über ihre Haare fuhr und vor sie hintrat. „In Ordnung. Wenn sie mit mir sprechen möchte, bitte“
Bedächtig nickte Helena und verschwand. Saras Herz begann zu klopfen und sie musste sich zusammenreißen um nicht hin und her zu laufen. Ihre Augen weiteten sich, als dann mit einem Mal Shane auf sie zukam und ihr mit einem Blick entgegensah, den Kinder bei der Geschenkausgabe unter dem Weihnachtsbaum praktizierten. Oh, mein Gott. Warum schaut sie mich so an? Das übersteh ich nicht und schon war sie dabei die Tür vor ihrer Nase zu schließen aber Shane war schneller und nun stand sie keinen Meter von ihr entfernt:
„Hey Sara“
„Shane“ antwortete sie sehr leise. Helena stand mit strengen Argusaugen hinter ihnen im Flur.
„Ich habe deinen Brief gelesen“ meinte sie sanft.
„Warum bist du hergekommen“ fragte Sara mit leichter Verzweiflung in der Stimme.
„Ich wollte dir eine Frage stellen“ sie kam näher an sie heran „nur eine, dann geh ich wieder. Versprochen.“
Sara schaute auf und wenn die Stimme sie schon ins Trudeln brachte, dann die jetzige Nähe sowieso. Nur die Hand ausstrecken, ein ganz klein wenig ausstrecken....Ihre Vernunft wehrte diesen Angriff kühn ab.
„Frag“
„Liebst du mich?“
Nun verstopfte wiederum die Vernunft Saras Ohren. Vielleicht war es ja auch die Direktheit und die Angst vor dieser Frage, als nur ein Rauschen in ihr Gehirn drang.
„Was?“
Shane kam noch näher.
„Liebst du mich?“
Plötzlich flossen Tränen über Saras Wangen, die mit einem sehr gequälten Ausdruck sagte:“ Ich weiß es nicht“, dann vor Shane zurückwich und die Tür schloß.
Helena trat vor und brachte die ebenso erschütterte Shane weg von diesem Ort.
Die Augen offen an die dunkle Zimmerdecke gerichtet lag Shane grübelnd auf ihrem Bett. Dann drehte sie sich von einer Seite auf die anderen, während es in ihr unaufhörlich rumorte. Wie sollte sie nur diese Nacht überstehen? Ein leises Klopfen drang an ihre Ohren. Shit. Angst erfasste sie. Sofort kam ihr der Gedanke, daß Sara erneut in ein Desaster geschlittert war und nun Kit kam um sie dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Nur mit ihrer Unterwäsche bekleidet spähte sie vorsichtig durch die Küche, da das Klopfen von der Hintertür kam. Da stand jemand, nur wer?
Ok, wenn ich Scheiße gebaut habe, steh ich auch dazu. Hoffentlich war es keine Katastrophe.....
Die zugezogenen Vorhänge ließen nur eine Silhouette erkennen. Mit einem Ruck öffnete sie die Tür und bekam fast trotz ihrer jungen Jahre einen Herzinfarkt.
„S...“
Doch bevor sie den Namen aussprechen konnte, spürte sie die zuerst sachten, dann immer begierigeren Lippen ihrer Angebeteten auf ihren. Sie schmeckte die salzigen Tränen und fassungslos löste sie sich von ihr.
„Sara“ stieß sie atemlos aus. „Was...“
Dann spürte sie zwei verlangenden Hände die ihren Körper an den von Sara zogen.
„Ich liebe dich Shane. Ich liebe dich..“ flüsterte eine zugleich schluchzende und glückliche Stimme die magischen Worte in ihr Ohr. Beide fühlten wie die Bedenken, Vorbehalte und selbst auferlegten Fesseln von einem Moment auf den anderen von ihnen abfielen. Mit klopfendem Herzschlag ruhten die eng umschlungenen Körper dankbar in sich bevor Shane ihre geliebte Sara in das zuvor so einsame Bett geleitete.
„Oh mein Gott“ raunte Sara grinsend die Hände vors Gesicht haltend, als Shane neben ihr mit den Händen zärtlich über ihren Körper streichelte.
Grüne, glitzernde Auge fuhren lüstern über die sinnlichen Kurven den Händen hinterher, und ihre Besitzerin lachte kurz auf ehe sie neckisch fragte:
„Was ist. Gefällt es dir nicht?“
Stumm lächelnd bewegt Sara verneinend den Kopf.
„Was ist es dann? Warum hälst du dir die Augen zu?“
Keine Reaktion, nur ein genießerisches leises Stöhnen.
„Ist es weil du jetzt eine Lesbe bist?“ fragte Shane frech nach.
Da nahm Sara die Hände weg, schaute sie mit leichter Empörung an: „Ich bin keine Lesbe.“
„Ach so. Aha. Du bist nicht lesbisch?“
„Nein, bin ich nicht.“
Shane zog sie weiter auf: „Soso. Also soviel ich weiß, ist es so wenn einen Frau mit einer anderen schläft, nennt man das lesbisch. Also...ich bin eine Frau...und....du bist eine Frau..jedenfalls als ich das letzte Mal...nachgesehen habe. Aber wenn du dir nicht sicher bist, schau ich gerne...“
Kichernd legte Sara ihr eine Hand auf den Mund: „Ich weiß was lesbisch bedeutet. Was ich meine ist, daß ich nicht weiß ob ich generell auf Frauen stehe. Ich weiß nur das ich eine ganz besonders liebe...“ worauf sie schweigend ihre verklärten braunen Augen auf Shane richtete, die ihr für diese Bemerkung einen leidenschaftlichen Kuss spendierte.
„Aber jetzt raus mit der Sprache, was macht dir Sorgen?“
„Eigentlich nichts mehr „erwiderte Sara zufrieden. „Es war nur, wir hätten es auch einfacher haben können. All das was passiert ist....“
„Sara. Was passiert ist, ist passiert. Hauptsache wir sind jetzt zusammen...Ach ja, ich habe mir etwas überlegt.“
„Oh, und was?“
Shane richtete sich bedeutungsvoll auf: „Lass uns heute abend gemeinsam ins Planet gehen. Als Paar.“
Stöhnend blickte ihr Sara entgegen: „Ins Planet? Nein. Ich möchte lieber die verbleibende Zeit mit dir verbringen, bevor ich....“ der Hinweis auf die baldige Reise senkte die Stimmung etwas. Shane durchfuhr dabei jedes mal der blanke Horror.
„Das möchte ich eigentlich auch. Nur....ich will das wir uns nicht verstecken. Ich hab von diesem verdrucksten Scheiß die Schnauze voll. Das ist nichts für mich.“ gestand Shane eindringlich.
Nach einigem Überlegen stimmte Sara zu: „Du hast Recht. Ja. Aber bis dahin meine Süße......“ vergnügt machte sie sich schamlos über Shane her.
Selbst der Herr im Himmel und alle seine Erzengel wären unter diesem strengen Blick zusammen gezuckt, den Kit, die Hände an die Hüfte gestemmt, auf ihre Partnerin Helena schleuderte. Sogar Alice und Tasha die gebannt dieses Schauspiel beobachteten saßen aufrechter als gewöhnlich da.
„Wie konntest du nur Helena? Herrgott nochmal. Soll ich jetzt wieder rumfahren und alle Dreckslöcher der Stadt nach Sara absuchen? Ich hab echt die Faxen dicke“
Kit hatte versucht Sara vor ihrer Abreise nochmals zu kontaktieren aber als ihr das nicht gelang, teilte ihr Helena schließlich aus Sorge mit was sie gestern mit Shane veranstaltet hatte.
Helena saß zusammen gedrückt in ihrem Stuhl, eine bemerkenswerte Schamesröte und Verlegenheit zierte ihr Gesicht derweil sie eine Antwort versuchte. Da fiel ihr Blick an Kit vorbei und als würde jemand Luft in sie pumpen richtete sie sich mit einem ungläubigen Grinsen auf.
Jetzt lacht die auch noch über mich, dachte Kit wütend, doch auch Tasha und Alice saßen mit offenem Mund da, worauf sich Kit schließlich umdrehte und Sara und Shane händchenhaltend mit strahlenden Gesichtern auf sich zulaufen sah.
„Was..äh...oh mein Gott. Das überleb ich nicht. Ich mach den Laden zu und zieh mit Sunny in ein anderes Land.“ murmelte Kit, die in einen Stuhl sank und nicht glaubte was sie da sah.
„Hey Leute“ grüßte Shane in die verblüffte Runde. Alle schauten ihr mithin vorwurfsvoll ins Gesicht, bis auf Tasha, die augenzwinkernd Shane zuprostete. Teufelsweib dachte sie humorig und lachte auf.
Dann trat Sara zu Kit und umarmte sie wobei sie ihr ins Ohr flüsterte. Nach einer Weile zeigte sich bei ihr ein leichtes Grinsen und meint schließlich:
„Na, dann willkommen in der Lesbengemeinde von WeHo.“ worauf Shane an Sara gerichtet die Augenbrauen hob.
Die anderen schlossen sich dem Gruß an, worauf Shane ihrer Sara einen Kuss gab und alle gemeinsam den Abend verbrachten.
„Hey ho!“
„Oh, Jesus“ stöhnte Shane, die mal wieder an die Mauer gelehnt eine rauchte.
Alice kicherte:“ Gib mir mal eine Zigarette“
„Wow. Hat dir das Tasha erlaubt?“
Sie streckte Shane die Zunge raus, entzündete die Zigarette und lehnte sich neben sie.
„Sie wirds verkraften. Schließlich feiern wir heute abend ein neues Mitglied.“
„Und?“
„Und was?“
„Du hast doch was auf dem Herzen.“
„Okay. Erst mal freu ich mich für dich. Ehrlich.“
„Danke Alice“
„Aber sie fährt ja morgen schon wieder, oder?“
„Ja“
Alice legte die Hand auf Shanes Schulter.
„Wie kommst du damit klar?“
Niedergeschlagen antwortete Shane:
„Keine Ahnung. Ich meine sie ist in einem halben Jahr wieder da. Also wirds so schlimm nicht werden“
„Du schaffst das schon. Außerdem sind in der Zwischenzeit noch andere...“
„Alice! Jesus. Kannst du nicht einmal...“
„Schon gut. Keine Panik“ Sie warf die halb gerauchte Kippe weg und zog Shane hinter sich her. „Dann laß deine Geliebte wenigstens nicht so lang allein.“
„Arme Shane“ meinte Kit zu Helena als sie am nächsten Abend im Planet standen. „Noch ein paar Minuten, dann ist die liebe Sara auf dem Weg in den Dschungel.“
„Du magst sie sehr was?“ fragte Helena lächelnd.
„Klar. Sie ist eine tolle Frau, und ich glaube sogar für unsere liebe Shane genau die Richtige.“
„Mhmm. Die wird ganz schön fertig sein, wenn sie nachher vorbeikommt. Ich habe sie dazu verdonnert. Sie soll an so einem Abend nicht alleine sein.“
„Ja. Nicht das wir die auch irgendwo aufsammeln müssen....Oh, Achtung. Da ist sie.“
„Shit.“ entfuhr es Helena, als sie sahen wie Shane langsam mit gesenktem Kopf um die Ecke kam.
„Hey Süße, wie geht es dir?“ fragte Kit besorgt.
Im selben Moment hob Shane den Kopf, grinste breit und zog mit einer Hand eine verlegene Sara hinter der Ecke hervor: „Gut. Sehr gut sogar.“
„Aber...aber. Du bist doch auf dem Schiff“ rief Kit entgeistert.
Sara lächelte sie an, nahm die Hände ihrer Geliebten in die ihren und meinte an diese gewandt: „Schiffe gibts noch viele, aber eine Shane McCutcheon eben nur einmal“ und versank überglücklich in dem zärtlichen Kuss "ihrer" Shane.
Epilog
Etwa ein Jahr später....
Sara schaute von der Zeitung, die auf dem Tisch ausgebreitet lag auf, nahm einen Schluck Kaffee als plötzlich ein leises Klicken ertönte und Shane auf Zehenspitzen durch die Hintertür trat.
„Hey Sweetheart.“ grüßte sie lächelnd, wobei ihr im selben Moment die Frage kam, weshalb ihre Geliebte um diese Uhrzeit schon umherwanderte. Sara, die inzwischen für die Universität arbeitete, hatte die gestrige Nacht im Labor verbracht und war eigentlich davon ausgegangen, wenn sie nach dem Frühstück Schlafen ging, Shane im Bett vorzufinden.
„Ähm, hey Süße“ grummelte Shane überrascht von der unerwarteten Begrüßung. Ihre Haltung zeigte deutlich, wie ungelegen ihr diese Begegnung kam.
„Wo kommst du denn so früh her? Sag bloß jemand brauchte schon um sechs Uhr morgens einen neuen Haarschnitt?“
„Nein. Äh. Nein. Tja, ich bin...habe gestern abend noch gelernt. Im Gartenhaus. Und dann muss ich wohl auf dem Bett eingeschlafen sein“
Immer noch lächelte Sara ruhig. Irgendwas an der Geschichte war faul. Nicht sicher was es war fragte sie stattdessen:
„Möchtest du einen Kaffee?“
„Ja, danke.“ meinte Shane stand seltsam hölzern dastehend. „Aber zuerst will ich noch schnell unter die Dusche springen. Ich rieche nicht besonders gut.“ Sie ließ ein kurzes Lächeln aufflammen, machte kehrt, doch scheinbar um Normalität zu vermitteln, gab sie Sara noch einen Kuss bevor ehe sie schließlich zum Badezimmer ging.
Zärtlich erwiederte Sara ihn doch ihre Miene wurde sehr nachdenklich, sobald Shane aus dem Blickfeld verschwand. Gerade während ihre Lippen sich noch berührten, der warme Geruch ihrer Geliebten sie umhüllte, fiel ihr eine weitere viel schwächere Duftnote; der Gewohnten kaum wahrnehmbar beigemischt, auf. Bevor der Gedanke richtig ausformuliert war spürte sie schon einen kleinen Stich im Herzen. Den dicken Kloß im Hals herunterwürgend fuhr sie mit beiden Händen beunruhigt über das Gesicht. Dann starrte sie, im Kopf die Gedanken ruhig sortierend, aus dem Fenster bis eine frisch geduschte Shane hereinkam und beide fröhlich plaudernd gemeinsam frühstückten.
Ruhig atmend schlief Shane eine Hand von sich gestreckt, währenddessen Saras Augen sanft auf deren Gesicht und dem unbedeckten Teil des Körpers ruhten, dabei stumm darüber sinnierend, welche Gefühle diese reizvollen Kurven in ihr auszulösen vermochten. Naja, Kürvchen dachte sie belustigt. Die Empfindungen der vergangenen Stunde, während sie miteinander schliefen waren nach wie vor präsent und genießerisch durchlebte sie in Gedanken alles noch einmal.
Seufzend nahm sie die Hand der Schlafenden, führte diese an ihre Lippen worauf der sanfte Kuss ein leichtes Stöhnen bei hervorrief.
Sara war schon vor einiger Zeit zu einem Entschluss gelangt. Aber ihre Entdeckung, die sie vorhin im Gartenhaus gemacht hatte ließ nur den Schluß zu, nochmals über Alles nachzudenken. Nicht hier. Nicht jetzt.
Vorsichtig hoben sich ihre Beine von denen Shanes und mit einer leichten Drehung schwang sie elegant aus dem Bett.
Leider ging der Plan nicht auf, denn im selben Moment schauten zwei verschlafene, grüne Augen ihr entgegen:
„Sara, willst du noch weg?“
„Hast du schon vergessen? Die Einladung?“
„Oh, Shit ja. „gähnte Shane und streckte den Rücken durch.
Saras Augen klebten förmlich an dem Anblick, den Shanes akrobatische Einlage bot. Soll ich das wirklich aufgeben? bemerkten die Gedanken innerlich flüsternd. Das was mich so glücklich macht? Ihr Blick wanderte auf das gähnende Gesicht. Aber gleichzeitig auch schmerzt? Warum musste ich mich ausgerechnet auf so ein Wesen einlassen, mit einer derart „interessanten“ Einstellung zur Liebe? Soll ich das?
„Also gut. Auf gehts.“ Ein Blick in Saras Augen ließ sie stocken. Gerade lag ihr noch die Frage nach dem Grund auf der Zunge, doch die seltsame Traurigkeit die sie kurz aufblitzen sah machten klar daß ihre Tat aufgeflogen war. Schweigend stand Shane auf, begann mit dem Anziehen und gab sich der Hoffnung hin ungeschoren aus der Nummer wieder rauszukommen.
Im Schatten der Yuccapalme lungerte Kit auf einer unerlaubt bequemen Gartenliege, ein Glas eisgekühlte Limonade in der Hand, während sie ihrem Freund Sunny ungefragt Ratschläge erteilte.
„Baby, ich weiß wie man einen Grill bedient. Und ja, ich achte darauf, daß die Steaks nicht mit den Sojawürstchen in Berührung kommen.“ gab der Gequälte zur Antwort.
„Laß ihn in Ruhe, Schwesterherz. Oder lös ihn doch einfach ab. Dazu müßtest du aber deinen Hintern aus der Sonnenliege erheben...“ kam Unterstützung von Bette, die die Beine in den Pool gestreckt einen Margeritha genoß.
„Ok, ok. Ich halte meinen Mund, mach du nur. Aber ich muß ja auch nicht in Saras Sauermiene schauen, wenn sie merkt daß ein Steak ihr vegetarisches Essen unkoscher gemacht hat.“
„Das merkt die im Leben nie“ erwiederte Sunny vom Grill aus. Kit winkte nur ab und drehte ihm den Rücken zu, um sich mit Bette und Tina zu unterhalten.
„Hast du eine Ahnung. Wo bleiben die eigentlich? Immer dasselbe. Die, die am nächsten Wohnen verspäten sich noch.“
„Mittagsschläfchen?“ bemerkte Tina spitz, ihren Kopf auf den Schoß von Bette gelegt.
„Du meinst die Art von Schläfchen, bei der man hinterher erschöpfter ist als vorher?“
„Genau die Liebling.“
„Mein Gott, wenn mir das voriges Jahr jemand erzählt hätte“ sagte Kit mit leichtem Kopfschütteln.
„Was meinst du?“
„Na, was wohl? Das unsere Donna Juana es....wie lange ist das mittlerweile? Ein ganzes Jahr mit nur einer einzigen Frau aushält. Unglaublich.“
Bettes Miene umwölkte sich leicht. Sofort kehrte wieder ein Lächeln auf die Lippen zurück, doch Kit war der kurze Ausdruck nicht entgangen.
„Bette? Was ist? Ich habe dein finsteres Gesicht gesehen. Sag mir jetzt nicht, daß nebenan schon wieder ein Drama im Gange ist. Oh guter Gott. Bloß nicht!“
„Naja, nicht daß ich jetzt konkret von was wüßte.“
„Worauf willst du dann hinaus? Meinst du wegen Shanes früherem Umgang mit dem Thema Treue?“ fragte Tina nach.
„Ja. Ich will ihr nichts unterstellen, aber so recht kann ich mir nicht vorstellen, daß Shane plötzlich ein Ausbund an partnerschaftlicher Treue sein soll. Sie ist niemand den man einfach umprogrammieren kann“ erklärte Bette.
„Vielleicht haben sie sich irgendwie damit arrangiert?“ kam ein unerwarteter Einwurf von Sunny.
Mit verdrehten Augen drehte Kit sich zu ihm: „Arrangiert? Was soll das heißen? Meinst du Sara sagt ab und zu: Du Liebling warum gehst du heute nicht mal eine andere vögeln?“
„Ich mein ja nur...“
„Weißt du was, Süßer? Grill einfach weiter. Jesus.“ erwiederte Kit mit nervigem Unterton, worauf Sunny lachte und sich wieder seiner Beschäftigung widmete. Im selben Moment tauchte der Gegenstand ihrer Unterhaltung im Garten auf und beendete die Diskussion. Vorerst.
„Fuck, gleich platz ich“ stöhnte Shane, die bereits das dritte Steak verputzte und nun nach dem letzten Bissen träge das Besteck aus der Hand legte.
„Jaja, pass bloß auf daß du keine Wampe bekommst“ sagte Kit reserviert. Jedesmal erstaunte sie die schiere Menge an Essen, die Shane vertilgen konnte und dennoch dürr wie ein Stecken daherkam. „Normale Leute platzen bei dem, was du in dich reinschaufelst. Keine Ahnung wie du das machst, aber wenns einen Trick gibt, nur her damit.“
„Shane bewegt sich halt viel. Besonders eine Art der Bewegung soll ja viele Kalorien verbrennen“ Tina grinste verstohlen bei ihrer Andeutung wobei die Angesprochene lediglich kurz die Augenbrauen hob.
„Natürlich, das ist das Geheimnis. Vielleicht sollten wir alle einen kleinen Mittagsschlaf halten, um in Form zu bleiben“ meinte Bette zweideutig lächelnd.
Auch Sara hatte ein Lächeln aufgesetzt, nur kostete es sie einige Mühe diese aufrecht zu erhalten. Ihr Blick fiel auf den eigenen Bauch, der um einiges kurvenreicher als der ihrer Lebensgefährtin war. Nicht unbedingt dick oder gar fett aber mit Idealmaßen konnte sie nicht aufwarten. War das ein Grund mit dafür, weshalb Shane andere Frauen aufsuchte?
Nein, so einfach ist es nicht überlegte Sara. Denn wenn sie Sex miteinander hatten, spürte sie wie Shane sich voll und ganz mit ihr beschäftigte. Was am Ende die Sache aber auch nicht leichter für sie machte.
„Funktioniert aber halt nur mit dem richtigen Trainingspartner“ sagte Sunny abwartend und genau zwei Sekunden später haute ihm Kit mit gespieltem Ernst auf den Oberarm.
„Oder aber man hat mehr als einen...Partner“ kam es leise aus Saras Mund. Der Ärger und die Wut, welche sie bisher vor sich herumschob rutschen ungewollt heraus.
Schlagartig verflog die heitere Gelöstheit am Tisch.
„Äh, Sara. Wie? Wie meinst du?“ fragte Shane zunehmend betreten.
Jetzt wars draußen. Gesprochene Worten kehren nie zurück. Okay, möglicherweise nicht der beste Zeitpunkt dafür. Einerlei. Ein Rückzieher kommt nicht mehr in Frage. Mit diesen Gedanken antwortete Sara mit ruhiger Stimme:
„ Ich meine nicht jeder hat nur einen sogenannten Trainingspartner, nicht wahr? Sagen dir die Namen Lisa, Robin, Tammy...“
„ Was?“ Tiefrot blickte Shane hilfesuchend in die Runde. Aber von dort kamen nur stumme Vorwürfe und Neugier. „Woher? Ich meine, wer..?“
„Kennst du OurChart.com? Mittlerweile kann ich die vielen gestrichelten und nichtgestrichelten Linien die dort von deinem Namen ausgehen oder hinführen, seis wies will, interpretieren. Zudem sind die Posts mit Datum versehen.“ Ein bitterer Unterton begleitete diese Erklärung.
Shane schlug die Hände vors Gesicht, fühlte nackte Panik aufsteigen und eh sie recht darüber nachdachte sprang sie auf und ergriff die Flucht.
Einen Moment schauten die Anderen betreten zur Seite. Doch bevor auch nur einer etwas sagen konnte, murmelte Sara eine Entschuldigung und lief Shane hinterher.
„Oh mein Gott.“ raunte Kit.
„Verdammt kaltblütig unsere Sara.“ kommentierte Bette die Szene.
„Ja vielleicht. Dennoch gerechtfertigt. Shit.“
Dann, auf einmal waren Stimmen von jenseits des Zauns zu hören. Jeder richtete unbewußt seine Ohren in Richtung der Geräusche, aber so richtig war nichts zu verstehen.
„Würde mich interessieren....“
„Was? Nein, wir sollten uns da raus halten!“
„Richtig.“
„Ja“
„Genau“
Schweigend nickten alle kurz. Die gespannte Neugier hing fühlbar in der Luft.
„Andererseits sind wir ihre Freunde.“ meinte Bette erneut. „Wäre es da nicht sinnvoll wenn man...“
Tina meinte nur noch:“ Shit, wenn Alice das erfährt, reibt sie uns das jedesmal unter die Nase, wenn wir sie wieder wegen ihrer Neugier aufziehen“
„Scheiß drauf“ erklärte Kit und plötzlich hingen vier Gestalten, die Augen gerade so über die Oberkante gehoben am Gartenzaun.
Verzweifelt blieb Shane vor dem Hauseingang stehen. Rasch hielt sie nach hinten Ausschau und drehte den Rücken zu Sara die auf einmal hinter ihr stand. Dann wand sie sich den Blick auf den Boden gerichtet um, wohlweislich wissend was jetzt folgen würde. Den Verlauf solcher Situation konnte sie gebetsmühlenartig rauf und runterbeten.
Offensichtlich besaß Sara dagegen keine genauere Kenntnis über den gewöhnlichen Ritus solcher Szenen. Ohne ein Wort schob sie den Zeigefinger unter Shanes Kinn, drückte sanft den Kopf in die Höhe und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss.
„Ich liebe dich Shane“ raunte sie mit traurigem Unterton.
Ungläubiges Gemurmel erhob sich mit dem gleichzeitigen Befehl zur Funkstille von der Bretterwand her.
Das war sogar für Shane ganz neu. Auf die Art hatte noch nie jemand reagiert, wenn die aufgedeckten Seitensprünge ans Licht kamen. Aber Sara hatte ihren kleinen Moment der Rache gehabt. Unbeabsichtigt, möglicherweise sogar kindisch aber diese Genugtuung verschaffte den nötigen Ausgleich um das eigentliche Problem zu lösen.
„Sara. Es tut mir leid. Ehrlich“
„Hör auf Shane. Ich habe es schon lange gewußt. Aber gestern bist du einfach zu weit gegangen. Verflucht noch mal.“ unterbrach Sara, gleichzeitig den aufkeimenden Ärger unterdrückend.
Shane steckte die Hände unschlüssig in die hinteren Hosentaschen. Was sollte sie jetzt sagen. Billige Entschuldigungen? Das würde ihre Geliebte eher noch mehr verletzten.
„Warum hast du diese Schlampe ausgerechnet in unserem...deinem scheiß Arbeitszimmer flachgelegt? Gottverdammt noch mal.“ Zornig ballte sie die Fäuste.
„Ich bin eben eine abgefuckte, beschissene....“
„Oh Jesus, Shane. Laß diese blöden Sprüche. Warum nicht mal zur Abwechslung eine ehrlich Antwort, anstatt dieser abgedroschenen Phrasen? Ich bin alt genug für harte Tatsachen. Und du auch. Also, was ist? Ich höre!“
Nicht nur Sara harrte erwartungsvoll der Dinge die da nun gesagt werden würden.
Verbissen druckste die Angeklagte herum. Schließlich schaute sie direkt in Saras Augen:
„Ich bin Shane. Damit meine ich nicht nur meinen Namen, sondern die Tatsache, daß ich keine so rechte Ahnung davon habe, was Liebe eigentlich genau ist. Und verdammt noch mal ich kann mich mit der ganzen Sache was ihr da alle unter Beziehung und Treue und fuck, was weiß ich noch alles versteht, einfach nicht anfreunden. Noch nie. So ist es einfach. So bin ich.“
„Ok“ Sara nickte langsam „Was meinst du dann, wenn du zu mir sagst Ich liebe dich? Erklärs mit bitte“
„Gottverdammt noch mal. Das heißt das ich mit dir zusammen sein will. Das ich immer wieder zu dir zurückkehren werde. Das ich mich in deiner Gesellschaft wohlfühle.“ verzweifelt hob sie die Hände „ Herrgott, ich habe es auch schon versucht mit nur einer Frau zu schlafen, es versprochen, aber jedesmal ist es in die Hosen gegangen. Für mich ist eben der Sex mit einer anderen....Ich meine in meinem Herzen bist du. Sonst niemand.“
„Nur im Bett...“
„Nur im Bett eben nicht unbedingt.“
Sara trat vor sie hin, legte die Arme um ihre Seite und flüsterte: „Was soll ich jetzt machen? Allein wenn ich jetzt hier so stehe könnte ich auf der Stelle über dich herfallen. So glücklich habe ich mich seit Ewigkeiten nicht mehr gefühlt. Einfach nur neben dir zu sitzen, mit dir zu sprechen, was zu unternehmen. Dafür lasse ich jede Shakespeareaufführung sausen.“
„Herje, so ernst?“ raunte Shane frech, aber der Gesichtsausdruck der ihr entgegenkam, ließ sie verstummen.
„Warum demütigst du mich so? Wenn dir das alles zu eng ist, falls ich dir nicht mehr gefalle, sags einfach. Besser als so eine kranke Scheiße abzuzuiehen. Ich ertrage es sogar, wenn du mit einer anderen schläfst. Lieber teile ich dich ab und an mit einer anderen, als alleine ohne dich aufwachen zu müssen. Aber musst du es mir unbedingt unter die Nase reiben, indem du keine fünf Meter von mir entfernt rumfickst? Das ist zuviel für mich.“ ohne Hass auf Shane zu empfinden, löste sie sich traurig von ihr, bereit eventuell den letzten schmerzhaften Strich zu ziehen.
„Das wollte ich nicht. Das war wirklich abgefuckt. Es tut mir selber weh dich gedemütigt zu haben. Wie zur Hölle kommst du darauf daß du mir nicht gefällst? Ich mag deine Kurven sehr. Oder hattest du vorhin einen anderen Eindruck?“
„Nein.“
Schweigend verharrten sie wieder.
„Was nun, Sara? Ich habe dir alles gesagt, was ich für dich empfinde. Das einzige was ich dir versprechen kann ist dich nie wieder derart zu demütigen. Mehr kann ich nicht. Ich will nicht daß du gehst, aber ich kann verstehen wenn du dich anders entscheidest“
Schnaubend umschlang Sara sie daraufhin.
„Verdammt ich will nicht gehen. Ich werde versuchen damit umzugehen, aber das kann ich dir nicht versprechen. Und jetzt zeig mir auf der Stelle, was dir an mir so gefällt!“
„Jesus bloody Christ.“ Ah, offenbar war Helena inzwischen dazugestoßen.
„Komm, die haben genug gesehen“ meinte Shane leise zärtlich Sara an sich gedrückt, nahm sie an den Händen und zog sie mit sich ins Haus.
„Aha, aha, aha. Oh mein Gott.“
„Fuck“ stöhnte Bette die Augen schließend. Dann öffnete sie sie wieder, setzte ein strahlendes Lächeln auf und rief sich umdrehend: „Alice! Tasha! Hm. Schön das ihr doch noch gekommen seid“ Auch die anderen blickten den beiden mit gemischtem Lächeln entgegen.
Alice grinste überlegen, offenbar in Hochform und genoß unverschämt diesen Augenblick. Neben ihr starrte Tasha ungläubig auf die Zauntruppe.
„Wir haben nur...“ stotterte Kit los, aber schon stand Alice mit ausgestrecktem Zeigefinger vor ihnen und deutete auf die Abdrücke, die die Holzmaßerung auf der Wange einzelner hinterlassen hatte.
„Schau an. Die Lauschertruppe. Auf frischer Tat ertappt. Fuck me!“
Tasha lachte mit blitzenden Augen hinter ihr und deutete mit dem Kinn auf Alice, was Bette verdrossen quittierte. Von jetzt an würde Alice schier unerträglich sein. Diese stand erfreut da und lachte alle aus.
„Fuck you, Alice.“ meinte Bette während sich wieder alle setzten.
„So und jetzt erzählt mal „forderte Alice vergnügt auf. „Oh mein Gott wer hätte das geahnt. Die Neugierigste von Allen? Haha...“
Dieses Kapitel beinhaltet ein alternatives Ende und ist nicht für Sharmen-Fans geeignet.
Wirklich nicht. Alles klar? Alles klar! Dann viel Vergnügen.
Helena lenkte ihren Körper im federnden Laufschritt die Straße hinauf, bog gazellengleich um die Ecke, im Ohr die Kopfhörer durch die aufputschende Musik dröhnte und ihr half den Rhythmus zu halten. Ihr Ziel, das Planet, vor Augen machte sie zwischen zwei Autos, die geparkt am Straßenrand standen, Halt und begann mit abschließenden Stretchübungen.
„Jesus Christ!“ rief Shane entsetzt; das Gesicht farblos und bleich auf die Straße gerichtet. Vor ihr lag Helena mit schreckgeweiteten Augen, in einer Liegestütze erstarrt und schluckte sichtbar. Wütend kurbelte Shane das Seitenfenster herunter ehe sie schimpfend und schreiend den Kopf hinausstreckte :
„Helena. Fuck. Musst du ausgerechnet hier deine Gymnastik veranstalten? Du bist ja echt nicht mehr ganz dicht!“
Aufgelöst hockte Helena am Boden, streckte die Hand aus und stotterte: „Sorry Shane. Ich habe nicht....“
Shane, die inzwischen ausgestiegen und zu ihr hingegangen war, nahm ihre Hand und zog die Verstörte nach oben.
„Schon gut Helena. Ich wollte dich nicht anbrüllen. War nur der Schreck. Das hätte noch gefehlt, dich ausgerechnet vor dem Planet...“
„Puhh. Naja, stimmt. Dann müsstet du mir ja einen Gedenkstein hinstellen und das Planet wäre um einen Parkplatz ärmer, wo doch so schon nicht genug da sind“ erwiederte Helena in einem Anflug von Galgenhumor.
Kopfschüttelnd lachte Shane: „Jesus, du stammst echt von der Insel. Gedenkstein. Ich fass es nicht.“
„Komm, gehen wir rein. Die Frau von der Insel braucht jetzt erstmal einen Drink. Möchte die Amerikanerin auch einen?“
„Unbedingt.“ bejahte Shane, legte den Arm um sie, und gemeinsam betraten sie das Planet.
Während Helena ihnen einen Drink mixte meinte sie nebenher:“ Hast du heute keine Schule?“
„Nein, Mum“ gab Shane grinsend vom Barhocker an. Eigentlich begann ihr Unterricht genau in diesem Moment, nur das Shane dazu heute absolut nicht im Stande war.
„Mum? Gleich kriegst du ein Glas warme Milch wenn du so weitermachst. Nein, im Ernst. Ich frage nur weil ich dich schon seit Ewigkeiten um diese Tageszeit nicht mehr im Planet gesehen habe.“
„Im Grunde suche ich Kit. Ist sie da?“
Helena schüttelte den Kopf: „Nein, sie ist mit Sunny zu einer Club-Messe gefahren. Dekomaterial, Möbel, Musik-Equipment...eben alles für Clubbetreiber. Ahhh..ich wäre für mein Leben gern mitgekommen, aber eine muss die Stellung halten.“
Einen Moment schweifte ihr Blick träumerisch ab, fiel zurück auf Shane, die aber offensichtlich angestrengt überlegte was sie daran erkannte wie eifrig diese ihre Lippen knetete.
„Um was geht es denn? Vielleicht kann ich dir weiterhelfen.“
„Nein, nein. Helena ich möchte dich da lieber nicht mit reinziehen“
Fast schon erleichtert stimmte Helena zu, die sich bisher erfolgreich aus diesem speziellen Problemfeld heraushalten konnte, da ihrer Meinung nach mittlerweile genügend Leute damit beschäftigt waren und sie sowieso nur am Rande mitbekam was da jetzt genau wer mit wem und so weiter trieb.
Also zeigte sie einen nachsichtigen Gesichtsausdruck als Antwort darauf, überreichte ihr den Gin Tonic und prostete ihr zu.
Shane prostete zurück, nippte am Glas, während sie wieder kurz in Überlegungen versank. Wen sollte sie jetzt um Rat fragen, wegen diesem verflixten Brief? Alice? Nicht so gut. Ihre Augen schweiften nach oben auf Helena. Himmel, vielleicht war ihr Zusammenstoß mit Helena ja ein Zeichen desselben. Sie war nah genug an der Sache um in etwa Bescheid zu wissen, aber genauso distanziert davon um ein gewisses Maß an Objektivität beizusteuern und bisher hatte sie sich nur wenig bis gar nicht dazu geäußert. Ha! Da stand doch die passende Kandidatin direkt vor ihr.
„Äh, Helena?“
„Ja?“
„Hör mal, ich weiß du hast dich bisher aus der Geschichte mit Sara rausgehalten. Mehr oder weniger.“
„Naja, weißt du, nicht daß du das jetzt falsch verstehst....“war Helena dabei sich zu entschuldigen.
„Nein nein, das ist vollkommen ok. Im Gegenteil. Ich finde du hast dich genau richtig verhalten“ beweihräucherte Shane sie mit unschuldigem Blick.
Helena hingegen war anzusehen, daß ihr der Gedanke fortan dem Kreis der Involvierten anzugehören nicht sonderlich behagte. Verflucht. Dann eben ein Appell an ihr Gewissen überdachte Shane ihre Strategie.
„Ich weiß du willst das lieber Kit und....anderen überlassen. Schau ich brauch eigentlich nur einen kleinen Rat. Aber ok. Dann muss ich halt warten. Verdammt.“ wobei ein besonders zerknirschter Ausdruck auf ihrem Gesicht erschien.
Nach einer Weile schien der Appell seine Wirkung zu zeigen als sich Helena mit säuerlich-verzweifelter Miene zu ihr über den Tresen beugte:
„Ach Shane. In Ordnung. Alles klar. Wenns nur ein kleiner Rat sein soll, will ich dir natürlich helfen. Also gut. Worum gehts denn genau?“
Schnell zückte Shane den schicksalhaften Umschlag hervor: „Dieser Brief ist von Sara. Bevor du fragst, ich weiß daß weil ich die Handschrift auf der Vorderseite erkenne. Was ich nicht weiß ist, ob ich ihn öffnen soll oder nicht.“
„Oh. Was soll ich dir jetzt dazu sagen Shane? Ich meine, im Grunde hat sie dir ja schon dadurch daß sie....umgezogen ist, mitgeteilt was sie will. Oder? Meiner Meinung nach wird es wohl am ehesten ein Abschiedsbrief sein. Oder gibt es irgendwelche Tatsachen, die auf eine andere...Möglichkeit hinweisen?“ erkundigte Helena sich; zunehmend interessierter an der Geschichte.
„Eigentlich nicht, nein.“
„Kann ich dir eine bestimmte....Frage stellen?“
„Hey, für eine die sich raushalten will, gehst du aber ran“ frotzelte Shane, wurde aber ernster, als sie sah daß Helena die Erwiederung nicht so humorvoll aufnahm. „Sorry.... Klar, frag was du willst.“
„Hast du noch Interesse an Carmen?“
„Nein, also nicht in der Art wie du das meinst. Wir sind nur Freundinnen, und meine Gefühle für sie gehen auf keinen Fall weiter. Ehrlich. Ich geb zu kurzzeitig mal darüber nachgedacht zu haben. Aber da ist nichts mehr...nichts mehr was früher einmal war.“ gab Shane unumwunden zu.
„Ok. Aber bei Sara sieht die Sache anders aus, nicht wahr? Tut mir leid „meinte Helena, die Shanes entgleiste Gesichtszüge bemerkte. „aber für deine Frage ist das wichtig. Hast du Angst, daß in dem Brief ein endgültiges Nein stehen könnte, oder davor daß er eine...Ermutigung enthält?“
„Irgendwie vor beidem“
„Also ich an deiner Stelle hätte ihn schon lange aufgemacht. Egal was drinsteht. Ihn ungeöffnet wegzuschmeißen würde bedeuten, daß mich ständig der Gedanke plagen würde, was....“
„Ach, zur Hölle damit..“ rief Shane plötzlich und riss mit einemal kräftig den Umschlag auf. Mehre Herzschläge lang schauten beide vornübergebeugt hinein.
„Ein Brief“ meinte Shane abwesend.
„Was hast du erwartet? Los Shane. Mach schon.“ und von Helena ermutigt zog sie die handgeschriebene Seite Briefpapier heraus, faltete sie bedächtig auf und fing seufzend an zu lesen:
Hey Shane,
Ehrlich gesagt sitze ich seit Stunden da und langsam geht mir das Briefpapier aus. Es tut mir leid was alles passiert ist. Eine schöne Floskel, nicht wahr? Wir benutzen sie so oft für Dinge die wir warum auch immer getan haben und wünschen uns dann man könnte mit diesen paar Worten alles wieder ungeschehen machen. Doch das geht nicht.
Es wäre nur richtig von mir, direkt vor dich hinzu stehen und dir zu sagen was ich denke oder fühle. Warum ich das nicht tue, kannst du dir vielleicht denken. Deshalb will ich dir auf diesem Weg versuchen zu erklären, was passiert ist. Zuerst aber versichere ich dir von ganzem Herzen daß du keine Schuld daran trägst. Glaube mir wenn ich dir das sage. Wir sind beides erwachsene Menschen und für unsere Taten selbst verantwortlich. In meinem Leben sind mir nur wenige Menschen begegnet, die ich mit dir vergleichen könnte. Möglicherweise fehlt mir die Fähigkeit allzu lange in deren Gesellschaft zu verbringen. Eine Zeitlang gebe ich mich dann der Illusion hin, Herr der Lage zu sein aber meistens endet es dann mit Flucht oder, du weißt schon, worauf ich nicht besonders stolz bin. Ich habe lange mit Kit darüber geredet, und beschlossen das es besser für mich und vor allem für dich am Besten ist, wenn wir getrennte Wege gehen.
Ich wünsche dir alles Gute.
Und trotz allem war die Zeit schön mit dir und werde es nie bereuen dich gekannt zu haben.
Leb wohl
Sara
Lange Zeit waren ihre Augen gläsern auf das Papier gerichtet. Helena, die stumm mitgelesen hatte schaute mitfühlend abwartend auf sie. Einzelne Tränen tropften auf die Seite und verwischten die Tinte.
„Ach, Shane. Es tut mir ehrlich leid für dich.“ teilnahmsvoll strich sie ihr über die Haare.
Daraufhin riss sich Shane von dem Brief los und blickte mit geröteten Augen zu Helena.
„Helena. Was soll ich bloß machen? Ich liebe sie doch so sehr. Fuck.“ Sie schlug stumm schluchzend die Hände vors Gesicht, worauf Helena um die Theke herum schwang, die Verzweifelte an sich drückte, bis diese etwas zur Ruhe gekommen war. Danach führte sie sie in das Hinterzimmer, da immer mehr neugierige Blicke zu ihnen herüber wanderten. Öffentliche Szenen in kleinerem Umfang waren jetzt nicht so ungewöhnlich im Planet, aber sie zog es vor das Ganze in diskreterem Rahmen zu besprechen.
„Shane, ich weiß das so etwas verflucht schwer ist, und auf die Gefahr hin das ich mich wiederhole. Vergiss Sie. Du hast den Brief gelesen. Zudem dachte ich deinem Verhalten nach zu urteilen, daß du bereits über sie hinweg bist“ versuchte Helena sie zur Vernunft zu bringen.
„Mein Verhalten? Ja, Herrgott. Was sollte ich denn machen? Zuhause rumsitzen, hier herumsitzten? Du kennst mich. In Wahrheit bin ich nicht über sie hinweg, verstehst du? Und dieser Brief...“
„...sagt ganz klar und deutlich, daß ihr getrennte Wege gehen sollt. Shane, bitte!“ meinte Helena bestimmt. Irgendwie beschlich sie das Gefühl, das Shane zu einer anderen Interpretation gelangt war.
„Aber sie schreibt doch gar nicht, daß sie meine Gefühle nicht erwiedert! Was ist, wenn wir beide genau dasselbe fühlen? Sie ist auf der Flucht? Vor was denn? Ich weiß doch wie es ist, wenn man sich nicht eingestehen will, was man wirklich für jemanden anderen empfindet.“
„Halt, halt, halt Shane“ warf Helena schnell ein. Die Entwicklung hier geriet langsam außer Kontrolle. „Du hast doch gesehen, was alles passiert ist. Shane! Willst du das Schicksal nochmals derart herausfordern? Bitte denk nochmal genau darüber nach. Das könnte alles sehr schlimm enden. Noch hast du die Chance alles gut enden zu lassen.“
Shane nahm einen tiefen Atemzug. Auf der einen Seite hat Helena Recht. Es konnte sehr gut sein, daß sie eine erneute Katastrophe verursachte, wenn sie mit ihrer Deutung falsch lag. Aber wenn sie richtig lag, dann würde sie durch ihr Abwenden eine Frau verlieren, die sie wie verrückt liebte.
Sara.
Nein, zu oft hatte sie ihre Liebe ziehen lassen und sogar das Herz einer Shane McCutcheon würde irgendwann unwiderruflich zerstört sein, wenn man zuviel daran herumreißt.
„Helena, das schaffe ich nicht. Das kannst du....könnt ihr nicht von mir verlangen. Ihr dürft mir die Chance nicht einfach verweigern. Gerade du weißt das.“ flehte Shane eindringlich.
Naja, an dem Punkt musste sie ihr Recht geben. Als sie wieder mit Dylan zusammen kommen wollte, versuchten auch alle ihr das wieder auszureden. Schnaufend ging sie auf und ab.
„Aber du weißt, daß sie übermorgen fährt?“
„Scheiße, daran habe ich nicht mehr gedacht. Fuck me.“ bleicher Schrecken durchfuhr sie. „Ok. Pass auf. Ich werde Sara nicht bedrängen, nicht verfolgen oder sie versuchen von ihrer Reise abzubringen. Ich sage dir jetzt genau was mir gerade durch den Kopf geht.“
Mit einer auffordernden Geste bedeutete sie Shane fortzufahren, gleichwohl wissend, daß jetzt der Teil kam wo sie um einen „Gefallen“ gebeten wurde.
„Das einzige was ich von Sara wissen will ist, ob sie meine Gefühle erwiedert. Und zwar von ihr selbst, während ich in ihr Gesicht schauen kann. Das ist alles. Ich schwöre hoch und heilig. Das ist alles.“
„Was glaubst du was Kit mit mir anstellt, wenn die Sache schief geht?“ fragte Helena skeptisch.
„Kit?“
„Shane. Keine Spielchen. Du willst von mir wissen wo Sara wohnt.“
„Shit, sorry. Das war dumm von mir. Ja. Hilf mir bitte.“ gab Shane beschämt zu.
Mit einem Blick der ungezogenen Kindern galt sah Helena kopfschüttelnd zu ihr, bis sie brummelnd zum Computer der auf dem Schreibtisch stand lief: „Ich hoffe sehr für dich, das du genau weißt was du da machst, wenn ich mir schon den Zorn des gesamten Porter-Clans zuziehe, der zweifellos über mich hereinbrechen wird, falls..“
Shane war zu ihr gelaufen und umarmte sie heftig: „Danke Helena. Danke“
„Schon gut. Schon gut. Also sehen wir mal. Ah ja. Da haben wir die Adresse.“
„Wie lautet sie?“
Doch anstatt zu antworten schaltete Helena den Rechner ab: „Ich fahre dich hin. Alleine schick ich dich nicht los. Viel zu gefährlich.“
„Ok. Ein bisschen gesunder Menschenverstand kann nie schaden“ ergab sich Shane und gemeinsam gingen sie los.
Erleichtert warf Sara ihre Jacke auf das schmale Bett in ihrem kleinen Ein-Zimmer-“Spar“-Appartement, daß diesen Namen wirklich verdiente. Bei mehr als zwei Besuchern würde sie eine Ampelanlage einbauen müssen denn sonst würden die Gäste einfach irgendwo zwischen Spüle und dem Tisch stecken bleiben.
Aber dafür war es sehr billig, sauber und übermorgen war sie schon auf dem Schiff und dort wären die Räumlichkeiten auch nicht sonderlich größer, so daß man dies hier als ihr persönliches Trainingscamp ansehen konnte.
Gerade war ihr letzter Arbeitstag zu Ende, bzw. sie war einfach früher gegangen, da sie ohnehin nie mehr dahin zurückkehren würde. Eigentlich wollte sie schon vor einem Monat kündigen, aber sie brauchte diesen Job nicht nur zum Geld verdienen, nein mehr als Ablenkung von....So, erst mal was essen, schoss es ihr durch den Kopf und machte sich daran ein Fertiggericht in die winzige Mikrowelle zu schieben. Da klingelte es an der Tür. Sie öffnete (die Sparversion beinhaltete leider keine Extravaganzen wie Türspion oder Gegensprechanlage) und meinte überrascht:
„Helena. Hallo.“
„Hay Sara“
„Möchtest du..ähm..reinkommen?“und deutete auf die freien zwei Quadratmeter Fußboden hinter ihr. Helena blickte gezwungen lächelnd hinein. Sie war selbst noch nie hier gewesen. Jesus, da war ihr begehbarer Kleiderschrank größer!
„Äh nein. Ich komme sozusagen als Vorhut.“
„Als Vorhut? Möchtest du meine Luxussuite hier übernehmen, oder wie meinst du das?“ witzelte Sara.
„Nein, nein. Ich meine ich habe jemanden mitgebracht....der gerne mit dir sprechen möchte.“
„Jemand möchte mit mir sprechen und schickt dich als.....“ schlagartig kam ihr nur ein Mensch in den Sinn, der eine Vorhut brauchte um mit ihr zu sprechen. Sämtliche Farbe verschwand aus ihrem Gesicht, das sie von Helena abwandte während sie kraftlos auf das Bett sank.
„Sie hat deinen Brief gelesen und....naja, ich kann verstehen wenn du nicht möchtest.“ fügte sie abwartend hinzu.
Sara saß starr und stumm da. Shane. Verdammt warum habe ich diesen Brief geschrieben. Besser ich hätte mich garnicht bemerkbar gemacht. Eine andere Stimme jedoch verwies zart auf gewisse andere Dinge unterhalb der Oberfläche.
Was war das jetzt hier? Eine letzte Chance oder eine Falltür nach unten? Ach, verflucht.
Helena kam zu dem Schluß daß ihr Verhalten ein Nein signalisierte und raunte eine Entschuldigung, ehe sie sich umwandte.
„Warte.“ rief Sara die aufstand, über ihre Haare fuhr und vor sie hintrat. „In Ordnung. Wenn sie mit mir sprechen möchte, bitte“
Bedächtig nickte Helena und verschwand. Saras Herz begann zu klopfen und sie musste sich zusammenreißen um nicht hin und her zu laufen. Ihre Augen weiteten sich, als dann mit einem Mal Shane auf sie zukam und ihr mit einem Blick entgegensah, den Kinder bei der Geschenkausgabe unter dem Weihnachtsbaum praktizierten. Oh, mein Gott. Warum schaut sie mich so an? Das übersteh ich nicht und schon war sie dabei die Tür vor ihrer Nase zu schließen aber Shane war schneller und nun stand sie keinen Meter von ihr entfernt:
„Hey Sara“
„Shane“ antwortete sie sehr leise. Helena stand mit strengen Argusaugen hinter ihnen im Flur.
„Ich habe deinen Brief gelesen“ meinte sie sanft.
„Warum bist du hergekommen“ fragte Sara mit leichter Verzweiflung in der Stimme.
„Ich wollte dir eine Frage stellen“ sie kam näher an sie heran „nur eine, dann geh ich wieder. Versprochen.“
Sara schaute auf und wenn die Stimme sie schon ins Trudeln brachte, dann die jetzige Nähe sowieso. Nur die Hand ausstrecken, ein ganz klein wenig ausstrecken....Ihre Vernunft wehrte diesen Angriff kühn ab.
„Frag“
„Liebst du mich?“
Nun verstopfte wiederum die Vernunft Saras Ohren. Vielleicht war es ja auch die Direktheit und die Angst vor dieser Frage, als nur ein Rauschen in ihr Gehirn drang.
„Was?“
Shane kam noch näher.
„Liebst du mich?“
Plötzlich flossen Tränen über Saras Wangen, die mit einem sehr gequälten Ausdruck sagte:“ Ich weiß es nicht“, dann vor Shane zurückwich und die Tür schloß.
Helena trat vor und brachte die ebenso erschütterte Shane weg von diesem Ort.
Die Augen offen an die dunkle Zimmerdecke gerichtet lag Shane grübelnd auf ihrem Bett. Dann drehte sie sich von einer Seite auf die anderen, während es in ihr unaufhörlich rumorte. Wie sollte sie nur diese Nacht überstehen? Ein leises Klopfen drang an ihre Ohren. Shit. Angst erfasste sie. Sofort kam ihr der Gedanke, daß Sara erneut in ein Desaster geschlittert war und nun Kit kam um sie dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Nur mit ihrer Unterwäsche bekleidet spähte sie vorsichtig durch die Küche, da das Klopfen von der Hintertür kam. Da stand jemand, nur wer?
Ok, wenn ich Scheiße gebaut habe, steh ich auch dazu. Hoffentlich war es keine Katastrophe.....
Die zugezogenen Vorhänge ließen nur eine Silhouette erkennen. Mit einem Ruck öffnete sie die Tür und bekam fast trotz ihrer jungen Jahre einen Herzinfarkt.
„S...“
Doch bevor sie den Namen aussprechen konnte, spürte sie die zuerst sachten, dann immer begierigeren Lippen ihrer Angebeteten auf ihren. Sie schmeckte die salzigen Tränen und fassungslos löste sie sich von ihr.
„Sara“ stieß sie atemlos aus. „Was...“
Dann spürte sie zwei verlangenden Hände die ihren Körper an den von Sara zogen.
„Ich liebe dich Shane. Ich liebe dich..“ flüsterte eine zugleich schluchzende und glückliche Stimme die magischen Worte in ihr Ohr. Beide fühlten wie die Bedenken, Vorbehalte und selbst auferlegten Fesseln von einem Moment auf den anderen von ihnen abfielen. Mit klopfendem Herzschlag ruhten die eng umschlungenen Körper dankbar in sich bevor Shane ihre geliebte Sara in das zuvor so einsame Bett geleitete.
„Oh mein Gott“ raunte Sara grinsend die Hände vors Gesicht haltend, als Shane neben ihr mit den Händen zärtlich über ihren Körper streichelte.
Grüne, glitzernde Auge fuhren lüstern über die sinnlichen Kurven den Händen hinterher, und ihre Besitzerin lachte kurz auf ehe sie neckisch fragte:
„Was ist. Gefällt es dir nicht?“
Stumm lächelnd bewegt Sara verneinend den Kopf.
„Was ist es dann? Warum hälst du dir die Augen zu?“
Keine Reaktion, nur ein genießerisches leises Stöhnen.
„Ist es weil du jetzt eine Lesbe bist?“ fragte Shane frech nach.
Da nahm Sara die Hände weg, schaute sie mit leichter Empörung an: „Ich bin keine Lesbe.“
„Ach so. Aha. Du bist nicht lesbisch?“
„Nein, bin ich nicht.“
Shane zog sie weiter auf: „Soso. Also soviel ich weiß, ist es so wenn einen Frau mit einer anderen schläft, nennt man das lesbisch. Also...ich bin eine Frau...und....du bist eine Frau..jedenfalls als ich das letzte Mal...nachgesehen habe. Aber wenn du dir nicht sicher bist, schau ich gerne...“
Kichernd legte Sara ihr eine Hand auf den Mund: „Ich weiß was lesbisch bedeutet. Was ich meine ist, daß ich nicht weiß ob ich generell auf Frauen stehe. Ich weiß nur das ich eine ganz besonders liebe...“ worauf sie schweigend ihre verklärten braunen Augen auf Shane richtete, die ihr für diese Bemerkung einen leidenschaftlichen Kuss spendierte.
„Aber jetzt raus mit der Sprache, was macht dir Sorgen?“
„Eigentlich nichts mehr „erwiderte Sara zufrieden. „Es war nur, wir hätten es auch einfacher haben können. All das was passiert ist....“
„Sara. Was passiert ist, ist passiert. Hauptsache wir sind jetzt zusammen...Ach ja, ich habe mir etwas überlegt.“
„Oh, und was?“
Shane richtete sich bedeutungsvoll auf: „Lass uns heute abend gemeinsam ins Planet gehen. Als Paar.“
Stöhnend blickte ihr Sara entgegen: „Ins Planet? Nein. Ich möchte lieber die verbleibende Zeit mit dir verbringen, bevor ich....“ der Hinweis auf die baldige Reise senkte die Stimmung etwas. Shane durchfuhr dabei jedes mal der blanke Horror.
„Das möchte ich eigentlich auch. Nur....ich will das wir uns nicht verstecken. Ich hab von diesem verdrucksten Scheiß die Schnauze voll. Das ist nichts für mich.“ gestand Shane eindringlich.
Nach einigem Überlegen stimmte Sara zu: „Du hast Recht. Ja. Aber bis dahin meine Süße......“ vergnügt machte sie sich schamlos über Shane her.
Selbst der Herr im Himmel und alle seine Erzengel wären unter diesem strengen Blick zusammen gezuckt, den Kit, die Hände an die Hüfte gestemmt, auf ihre Partnerin Helena schleuderte. Sogar Alice und Tasha die gebannt dieses Schauspiel beobachteten saßen aufrechter als gewöhnlich da.
„Wie konntest du nur Helena? Herrgott nochmal. Soll ich jetzt wieder rumfahren und alle Dreckslöcher der Stadt nach Sara absuchen? Ich hab echt die Faxen dicke“
Kit hatte versucht Sara vor ihrer Abreise nochmals zu kontaktieren aber als ihr das nicht gelang, teilte ihr Helena schließlich aus Sorge mit was sie gestern mit Shane veranstaltet hatte.
Helena saß zusammen gedrückt in ihrem Stuhl, eine bemerkenswerte Schamesröte und Verlegenheit zierte ihr Gesicht derweil sie eine Antwort versuchte. Da fiel ihr Blick an Kit vorbei und als würde jemand Luft in sie pumpen richtete sie sich mit einem ungläubigen Grinsen auf.
Jetzt lacht die auch noch über mich, dachte Kit wütend, doch auch Tasha und Alice saßen mit offenem Mund da, worauf sich Kit schließlich umdrehte und Sara und Shane händchenhaltend mit strahlenden Gesichtern auf sich zulaufen sah.
„Was..äh...oh mein Gott. Das überleb ich nicht. Ich mach den Laden zu und zieh mit Sunny in ein anderes Land.“ murmelte Kit, die in einen Stuhl sank und nicht glaubte was sie da sah.
„Hey Leute“ grüßte Shane in die verblüffte Runde. Alle schauten ihr mithin vorwurfsvoll ins Gesicht, bis auf Tasha, die augenzwinkernd Shane zuprostete. Teufelsweib dachte sie humorig und lachte auf.
Dann trat Sara zu Kit und umarmte sie wobei sie ihr ins Ohr flüsterte. Nach einer Weile zeigte sich bei ihr ein leichtes Grinsen und meint schließlich:
„Na, dann willkommen in der Lesbengemeinde von WeHo.“ worauf Shane an Sara gerichtet die Augenbrauen hob.
Die anderen schlossen sich dem Gruß an, worauf Shane ihrer Sara einen Kuss gab und alle gemeinsam den Abend verbrachten.
„Hey ho!“
„Oh, Jesus“ stöhnte Shane, die mal wieder an die Mauer gelehnt eine rauchte.
Alice kicherte:“ Gib mir mal eine Zigarette“
„Wow. Hat dir das Tasha erlaubt?“
Sie streckte Shane die Zunge raus, entzündete die Zigarette und lehnte sich neben sie.
„Sie wirds verkraften. Schließlich feiern wir heute abend ein neues Mitglied.“
„Und?“
„Und was?“
„Du hast doch was auf dem Herzen.“
„Okay. Erst mal freu ich mich für dich. Ehrlich.“
„Danke Alice“
„Aber sie fährt ja morgen schon wieder, oder?“
„Ja“
Alice legte die Hand auf Shanes Schulter.
„Wie kommst du damit klar?“
Niedergeschlagen antwortete Shane:
„Keine Ahnung. Ich meine sie ist in einem halben Jahr wieder da. Also wirds so schlimm nicht werden“
„Du schaffst das schon. Außerdem sind in der Zwischenzeit noch andere...“
„Alice! Jesus. Kannst du nicht einmal...“
„Schon gut. Keine Panik“ Sie warf die halb gerauchte Kippe weg und zog Shane hinter sich her. „Dann laß deine Geliebte wenigstens nicht so lang allein.“
„Arme Shane“ meinte Kit zu Helena als sie am nächsten Abend im Planet standen. „Noch ein paar Minuten, dann ist die liebe Sara auf dem Weg in den Dschungel.“
„Du magst sie sehr was?“ fragte Helena lächelnd.
„Klar. Sie ist eine tolle Frau, und ich glaube sogar für unsere liebe Shane genau die Richtige.“
„Mhmm. Die wird ganz schön fertig sein, wenn sie nachher vorbeikommt. Ich habe sie dazu verdonnert. Sie soll an so einem Abend nicht alleine sein.“
„Ja. Nicht das wir die auch irgendwo aufsammeln müssen....Oh, Achtung. Da ist sie.“
„Shit.“ entfuhr es Helena, als sie sahen wie Shane langsam mit gesenktem Kopf um die Ecke kam.
„Hey Süße, wie geht es dir?“ fragte Kit besorgt.
Im selben Moment hob Shane den Kopf, grinste breit und zog mit einer Hand eine verlegene Sara hinter der Ecke hervor: „Gut. Sehr gut sogar.“
„Aber...aber. Du bist doch auf dem Schiff“ rief Kit entgeistert.
Sara lächelte sie an, nahm die Hände ihrer Geliebten in die ihren und meinte an diese gewandt: „Schiffe gibts noch viele, aber eine Shane McCutcheon eben nur einmal“ und versank überglücklich in dem zärtlichen Kuss "ihrer" Shane.
Epilog
Etwa ein Jahr später....
Sara schaute von der Zeitung, die auf dem Tisch ausgebreitet lag auf, nahm einen Schluck Kaffee als plötzlich ein leises Klicken ertönte und Shane auf Zehenspitzen durch die Hintertür trat.
„Hey Sweetheart.“ grüßte sie lächelnd, wobei ihr im selben Moment die Frage kam, weshalb ihre Geliebte um diese Uhrzeit schon umherwanderte. Sara, die inzwischen für die Universität arbeitete, hatte die gestrige Nacht im Labor verbracht und war eigentlich davon ausgegangen, wenn sie nach dem Frühstück Schlafen ging, Shane im Bett vorzufinden.
„Ähm, hey Süße“ grummelte Shane überrascht von der unerwarteten Begrüßung. Ihre Haltung zeigte deutlich, wie ungelegen ihr diese Begegnung kam.
„Wo kommst du denn so früh her? Sag bloß jemand brauchte schon um sechs Uhr morgens einen neuen Haarschnitt?“
„Nein. Äh. Nein. Tja, ich bin...habe gestern abend noch gelernt. Im Gartenhaus. Und dann muss ich wohl auf dem Bett eingeschlafen sein“
Immer noch lächelte Sara ruhig. Irgendwas an der Geschichte war faul. Nicht sicher was es war fragte sie stattdessen:
„Möchtest du einen Kaffee?“
„Ja, danke.“ meinte Shane stand seltsam hölzern dastehend. „Aber zuerst will ich noch schnell unter die Dusche springen. Ich rieche nicht besonders gut.“ Sie ließ ein kurzes Lächeln aufflammen, machte kehrt, doch scheinbar um Normalität zu vermitteln, gab sie Sara noch einen Kuss bevor ehe sie schließlich zum Badezimmer ging.
Zärtlich erwiederte Sara ihn doch ihre Miene wurde sehr nachdenklich, sobald Shane aus dem Blickfeld verschwand. Gerade während ihre Lippen sich noch berührten, der warme Geruch ihrer Geliebten sie umhüllte, fiel ihr eine weitere viel schwächere Duftnote; der Gewohnten kaum wahrnehmbar beigemischt, auf. Bevor der Gedanke richtig ausformuliert war spürte sie schon einen kleinen Stich im Herzen. Den dicken Kloß im Hals herunterwürgend fuhr sie mit beiden Händen beunruhigt über das Gesicht. Dann starrte sie, im Kopf die Gedanken ruhig sortierend, aus dem Fenster bis eine frisch geduschte Shane hereinkam und beide fröhlich plaudernd gemeinsam frühstückten.
Ruhig atmend schlief Shane eine Hand von sich gestreckt, währenddessen Saras Augen sanft auf deren Gesicht und dem unbedeckten Teil des Körpers ruhten, dabei stumm darüber sinnierend, welche Gefühle diese reizvollen Kurven in ihr auszulösen vermochten. Naja, Kürvchen dachte sie belustigt. Die Empfindungen der vergangenen Stunde, während sie miteinander schliefen waren nach wie vor präsent und genießerisch durchlebte sie in Gedanken alles noch einmal.
Seufzend nahm sie die Hand der Schlafenden, führte diese an ihre Lippen worauf der sanfte Kuss ein leichtes Stöhnen bei hervorrief.
Sara war schon vor einiger Zeit zu einem Entschluss gelangt. Aber ihre Entdeckung, die sie vorhin im Gartenhaus gemacht hatte ließ nur den Schluß zu, nochmals über Alles nachzudenken. Nicht hier. Nicht jetzt.
Vorsichtig hoben sich ihre Beine von denen Shanes und mit einer leichten Drehung schwang sie elegant aus dem Bett.
Leider ging der Plan nicht auf, denn im selben Moment schauten zwei verschlafene, grüne Augen ihr entgegen:
„Sara, willst du noch weg?“
„Hast du schon vergessen? Die Einladung?“
„Oh, Shit ja. „gähnte Shane und streckte den Rücken durch.
Saras Augen klebten förmlich an dem Anblick, den Shanes akrobatische Einlage bot. Soll ich das wirklich aufgeben? bemerkten die Gedanken innerlich flüsternd. Das was mich so glücklich macht? Ihr Blick wanderte auf das gähnende Gesicht. Aber gleichzeitig auch schmerzt? Warum musste ich mich ausgerechnet auf so ein Wesen einlassen, mit einer derart „interessanten“ Einstellung zur Liebe? Soll ich das?
„Also gut. Auf gehts.“ Ein Blick in Saras Augen ließ sie stocken. Gerade lag ihr noch die Frage nach dem Grund auf der Zunge, doch die seltsame Traurigkeit die sie kurz aufblitzen sah machten klar daß ihre Tat aufgeflogen war. Schweigend stand Shane auf, begann mit dem Anziehen und gab sich der Hoffnung hin ungeschoren aus der Nummer wieder rauszukommen.
Im Schatten der Yuccapalme lungerte Kit auf einer unerlaubt bequemen Gartenliege, ein Glas eisgekühlte Limonade in der Hand, während sie ihrem Freund Sunny ungefragt Ratschläge erteilte.
„Baby, ich weiß wie man einen Grill bedient. Und ja, ich achte darauf, daß die Steaks nicht mit den Sojawürstchen in Berührung kommen.“ gab der Gequälte zur Antwort.
„Laß ihn in Ruhe, Schwesterherz. Oder lös ihn doch einfach ab. Dazu müßtest du aber deinen Hintern aus der Sonnenliege erheben...“ kam Unterstützung von Bette, die die Beine in den Pool gestreckt einen Margeritha genoß.
„Ok, ok. Ich halte meinen Mund, mach du nur. Aber ich muß ja auch nicht in Saras Sauermiene schauen, wenn sie merkt daß ein Steak ihr vegetarisches Essen unkoscher gemacht hat.“
„Das merkt die im Leben nie“ erwiederte Sunny vom Grill aus. Kit winkte nur ab und drehte ihm den Rücken zu, um sich mit Bette und Tina zu unterhalten.
„Hast du eine Ahnung. Wo bleiben die eigentlich? Immer dasselbe. Die, die am nächsten Wohnen verspäten sich noch.“
„Mittagsschläfchen?“ bemerkte Tina spitz, ihren Kopf auf den Schoß von Bette gelegt.
„Du meinst die Art von Schläfchen, bei der man hinterher erschöpfter ist als vorher?“
„Genau die Liebling.“
„Mein Gott, wenn mir das voriges Jahr jemand erzählt hätte“ sagte Kit mit leichtem Kopfschütteln.
„Was meinst du?“
„Na, was wohl? Das unsere Donna Juana es....wie lange ist das mittlerweile? Ein ganzes Jahr mit nur einer einzigen Frau aushält. Unglaublich.“
Bettes Miene umwölkte sich leicht. Sofort kehrte wieder ein Lächeln auf die Lippen zurück, doch Kit war der kurze Ausdruck nicht entgangen.
„Bette? Was ist? Ich habe dein finsteres Gesicht gesehen. Sag mir jetzt nicht, daß nebenan schon wieder ein Drama im Gange ist. Oh guter Gott. Bloß nicht!“
„Naja, nicht daß ich jetzt konkret von was wüßte.“
„Worauf willst du dann hinaus? Meinst du wegen Shanes früherem Umgang mit dem Thema Treue?“ fragte Tina nach.
„Ja. Ich will ihr nichts unterstellen, aber so recht kann ich mir nicht vorstellen, daß Shane plötzlich ein Ausbund an partnerschaftlicher Treue sein soll. Sie ist niemand den man einfach umprogrammieren kann“ erklärte Bette.
„Vielleicht haben sie sich irgendwie damit arrangiert?“ kam ein unerwarteter Einwurf von Sunny.
Mit verdrehten Augen drehte Kit sich zu ihm: „Arrangiert? Was soll das heißen? Meinst du Sara sagt ab und zu: Du Liebling warum gehst du heute nicht mal eine andere vögeln?“
„Ich mein ja nur...“
„Weißt du was, Süßer? Grill einfach weiter. Jesus.“ erwiederte Kit mit nervigem Unterton, worauf Sunny lachte und sich wieder seiner Beschäftigung widmete. Im selben Moment tauchte der Gegenstand ihrer Unterhaltung im Garten auf und beendete die Diskussion. Vorerst.
„Fuck, gleich platz ich“ stöhnte Shane, die bereits das dritte Steak verputzte und nun nach dem letzten Bissen träge das Besteck aus der Hand legte.
„Jaja, pass bloß auf daß du keine Wampe bekommst“ sagte Kit reserviert. Jedesmal erstaunte sie die schiere Menge an Essen, die Shane vertilgen konnte und dennoch dürr wie ein Stecken daherkam. „Normale Leute platzen bei dem, was du in dich reinschaufelst. Keine Ahnung wie du das machst, aber wenns einen Trick gibt, nur her damit.“
„Shane bewegt sich halt viel. Besonders eine Art der Bewegung soll ja viele Kalorien verbrennen“ Tina grinste verstohlen bei ihrer Andeutung wobei die Angesprochene lediglich kurz die Augenbrauen hob.
„Natürlich, das ist das Geheimnis. Vielleicht sollten wir alle einen kleinen Mittagsschlaf halten, um in Form zu bleiben“ meinte Bette zweideutig lächelnd.
Auch Sara hatte ein Lächeln aufgesetzt, nur kostete es sie einige Mühe diese aufrecht zu erhalten. Ihr Blick fiel auf den eigenen Bauch, der um einiges kurvenreicher als der ihrer Lebensgefährtin war. Nicht unbedingt dick oder gar fett aber mit Idealmaßen konnte sie nicht aufwarten. War das ein Grund mit dafür, weshalb Shane andere Frauen aufsuchte?
Nein, so einfach ist es nicht überlegte Sara. Denn wenn sie Sex miteinander hatten, spürte sie wie Shane sich voll und ganz mit ihr beschäftigte. Was am Ende die Sache aber auch nicht leichter für sie machte.
„Funktioniert aber halt nur mit dem richtigen Trainingspartner“ sagte Sunny abwartend und genau zwei Sekunden später haute ihm Kit mit gespieltem Ernst auf den Oberarm.
„Oder aber man hat mehr als einen...Partner“ kam es leise aus Saras Mund. Der Ärger und die Wut, welche sie bisher vor sich herumschob rutschen ungewollt heraus.
Schlagartig verflog die heitere Gelöstheit am Tisch.
„Äh, Sara. Wie? Wie meinst du?“ fragte Shane zunehmend betreten.
Jetzt wars draußen. Gesprochene Worten kehren nie zurück. Okay, möglicherweise nicht der beste Zeitpunkt dafür. Einerlei. Ein Rückzieher kommt nicht mehr in Frage. Mit diesen Gedanken antwortete Sara mit ruhiger Stimme:
„ Ich meine nicht jeder hat nur einen sogenannten Trainingspartner, nicht wahr? Sagen dir die Namen Lisa, Robin, Tammy...“
„ Was?“ Tiefrot blickte Shane hilfesuchend in die Runde. Aber von dort kamen nur stumme Vorwürfe und Neugier. „Woher? Ich meine, wer..?“
„Kennst du OurChart.com? Mittlerweile kann ich die vielen gestrichelten und nichtgestrichelten Linien die dort von deinem Namen ausgehen oder hinführen, seis wies will, interpretieren. Zudem sind die Posts mit Datum versehen.“ Ein bitterer Unterton begleitete diese Erklärung.
Shane schlug die Hände vors Gesicht, fühlte nackte Panik aufsteigen und eh sie recht darüber nachdachte sprang sie auf und ergriff die Flucht.
Einen Moment schauten die Anderen betreten zur Seite. Doch bevor auch nur einer etwas sagen konnte, murmelte Sara eine Entschuldigung und lief Shane hinterher.
„Oh mein Gott.“ raunte Kit.
„Verdammt kaltblütig unsere Sara.“ kommentierte Bette die Szene.
„Ja vielleicht. Dennoch gerechtfertigt. Shit.“
Dann, auf einmal waren Stimmen von jenseits des Zauns zu hören. Jeder richtete unbewußt seine Ohren in Richtung der Geräusche, aber so richtig war nichts zu verstehen.
„Würde mich interessieren....“
„Was? Nein, wir sollten uns da raus halten!“
„Richtig.“
„Ja“
„Genau“
Schweigend nickten alle kurz. Die gespannte Neugier hing fühlbar in der Luft.
„Andererseits sind wir ihre Freunde.“ meinte Bette erneut. „Wäre es da nicht sinnvoll wenn man...“
Tina meinte nur noch:“ Shit, wenn Alice das erfährt, reibt sie uns das jedesmal unter die Nase, wenn wir sie wieder wegen ihrer Neugier aufziehen“
„Scheiß drauf“ erklärte Kit und plötzlich hingen vier Gestalten, die Augen gerade so über die Oberkante gehoben am Gartenzaun.
Verzweifelt blieb Shane vor dem Hauseingang stehen. Rasch hielt sie nach hinten Ausschau und drehte den Rücken zu Sara die auf einmal hinter ihr stand. Dann wand sie sich den Blick auf den Boden gerichtet um, wohlweislich wissend was jetzt folgen würde. Den Verlauf solcher Situation konnte sie gebetsmühlenartig rauf und runterbeten.
Offensichtlich besaß Sara dagegen keine genauere Kenntnis über den gewöhnlichen Ritus solcher Szenen. Ohne ein Wort schob sie den Zeigefinger unter Shanes Kinn, drückte sanft den Kopf in die Höhe und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss.
„Ich liebe dich Shane“ raunte sie mit traurigem Unterton.
Ungläubiges Gemurmel erhob sich mit dem gleichzeitigen Befehl zur Funkstille von der Bretterwand her.
Das war sogar für Shane ganz neu. Auf die Art hatte noch nie jemand reagiert, wenn die aufgedeckten Seitensprünge ans Licht kamen. Aber Sara hatte ihren kleinen Moment der Rache gehabt. Unbeabsichtigt, möglicherweise sogar kindisch aber diese Genugtuung verschaffte den nötigen Ausgleich um das eigentliche Problem zu lösen.
„Sara. Es tut mir leid. Ehrlich“
„Hör auf Shane. Ich habe es schon lange gewußt. Aber gestern bist du einfach zu weit gegangen. Verflucht noch mal.“ unterbrach Sara, gleichzeitig den aufkeimenden Ärger unterdrückend.
Shane steckte die Hände unschlüssig in die hinteren Hosentaschen. Was sollte sie jetzt sagen. Billige Entschuldigungen? Das würde ihre Geliebte eher noch mehr verletzten.
„Warum hast du diese Schlampe ausgerechnet in unserem...deinem scheiß Arbeitszimmer flachgelegt? Gottverdammt noch mal.“ Zornig ballte sie die Fäuste.
„Ich bin eben eine abgefuckte, beschissene....“
„Oh Jesus, Shane. Laß diese blöden Sprüche. Warum nicht mal zur Abwechslung eine ehrlich Antwort, anstatt dieser abgedroschenen Phrasen? Ich bin alt genug für harte Tatsachen. Und du auch. Also, was ist? Ich höre!“
Nicht nur Sara harrte erwartungsvoll der Dinge die da nun gesagt werden würden.
Verbissen druckste die Angeklagte herum. Schließlich schaute sie direkt in Saras Augen:
„Ich bin Shane. Damit meine ich nicht nur meinen Namen, sondern die Tatsache, daß ich keine so rechte Ahnung davon habe, was Liebe eigentlich genau ist. Und verdammt noch mal ich kann mich mit der ganzen Sache was ihr da alle unter Beziehung und Treue und fuck, was weiß ich noch alles versteht, einfach nicht anfreunden. Noch nie. So ist es einfach. So bin ich.“
„Ok“ Sara nickte langsam „Was meinst du dann, wenn du zu mir sagst Ich liebe dich? Erklärs mit bitte“
„Gottverdammt noch mal. Das heißt das ich mit dir zusammen sein will. Das ich immer wieder zu dir zurückkehren werde. Das ich mich in deiner Gesellschaft wohlfühle.“ verzweifelt hob sie die Hände „ Herrgott, ich habe es auch schon versucht mit nur einer Frau zu schlafen, es versprochen, aber jedesmal ist es in die Hosen gegangen. Für mich ist eben der Sex mit einer anderen....Ich meine in meinem Herzen bist du. Sonst niemand.“
„Nur im Bett...“
„Nur im Bett eben nicht unbedingt.“
Sara trat vor sie hin, legte die Arme um ihre Seite und flüsterte: „Was soll ich jetzt machen? Allein wenn ich jetzt hier so stehe könnte ich auf der Stelle über dich herfallen. So glücklich habe ich mich seit Ewigkeiten nicht mehr gefühlt. Einfach nur neben dir zu sitzen, mit dir zu sprechen, was zu unternehmen. Dafür lasse ich jede Shakespeareaufführung sausen.“
„Herje, so ernst?“ raunte Shane frech, aber der Gesichtsausdruck der ihr entgegenkam, ließ sie verstummen.
„Warum demütigst du mich so? Wenn dir das alles zu eng ist, falls ich dir nicht mehr gefalle, sags einfach. Besser als so eine kranke Scheiße abzuzuiehen. Ich ertrage es sogar, wenn du mit einer anderen schläfst. Lieber teile ich dich ab und an mit einer anderen, als alleine ohne dich aufwachen zu müssen. Aber musst du es mir unbedingt unter die Nase reiben, indem du keine fünf Meter von mir entfernt rumfickst? Das ist zuviel für mich.“ ohne Hass auf Shane zu empfinden, löste sie sich traurig von ihr, bereit eventuell den letzten schmerzhaften Strich zu ziehen.
„Das wollte ich nicht. Das war wirklich abgefuckt. Es tut mir selber weh dich gedemütigt zu haben. Wie zur Hölle kommst du darauf daß du mir nicht gefällst? Ich mag deine Kurven sehr. Oder hattest du vorhin einen anderen Eindruck?“
„Nein.“
Schweigend verharrten sie wieder.
„Was nun, Sara? Ich habe dir alles gesagt, was ich für dich empfinde. Das einzige was ich dir versprechen kann ist dich nie wieder derart zu demütigen. Mehr kann ich nicht. Ich will nicht daß du gehst, aber ich kann verstehen wenn du dich anders entscheidest“
Schnaubend umschlang Sara sie daraufhin.
„Verdammt ich will nicht gehen. Ich werde versuchen damit umzugehen, aber das kann ich dir nicht versprechen. Und jetzt zeig mir auf der Stelle, was dir an mir so gefällt!“
„Jesus bloody Christ.“ Ah, offenbar war Helena inzwischen dazugestoßen.
„Komm, die haben genug gesehen“ meinte Shane leise zärtlich Sara an sich gedrückt, nahm sie an den Händen und zog sie mit sich ins Haus.
„Aha, aha, aha. Oh mein Gott.“
„Fuck“ stöhnte Bette die Augen schließend. Dann öffnete sie sie wieder, setzte ein strahlendes Lächeln auf und rief sich umdrehend: „Alice! Tasha! Hm. Schön das ihr doch noch gekommen seid“ Auch die anderen blickten den beiden mit gemischtem Lächeln entgegen.
Alice grinste überlegen, offenbar in Hochform und genoß unverschämt diesen Augenblick. Neben ihr starrte Tasha ungläubig auf die Zauntruppe.
„Wir haben nur...“ stotterte Kit los, aber schon stand Alice mit ausgestrecktem Zeigefinger vor ihnen und deutete auf die Abdrücke, die die Holzmaßerung auf der Wange einzelner hinterlassen hatte.
„Schau an. Die Lauschertruppe. Auf frischer Tat ertappt. Fuck me!“
Tasha lachte mit blitzenden Augen hinter ihr und deutete mit dem Kinn auf Alice, was Bette verdrossen quittierte. Von jetzt an würde Alice schier unerträglich sein. Diese stand erfreut da und lachte alle aus.
„Fuck you, Alice.“ meinte Bette während sich wieder alle setzten.
„So und jetzt erzählt mal „forderte Alice vergnügt auf. „Oh mein Gott wer hätte das geahnt. Die Neugierigste von Allen? Haha...“