Blindgänger
von Mirfineth
Kurzbeschreibung
Jeremy Stinger, 31 Jahre, ist die Hauptperson dieser Geschichte. Er hat von seinen verstorbenen Eltern reich geerbt und bewohnt ganz allein eine Villa am Rand irgendeiner Metropole in den USA. Er hat eine Abneigung gegenüber behinderten Menschen, weil er sich selbst, an Leib und Seele gesund, für etwas Besseres hält. Ohne für seinen Lebensunterhalt arbeiten zu müssen, lebt er sorglos in den Tag hinein und beschäftigt sich hauptsächlich mit Partys, Alkohol, Drogen und Sex... bis zu dieser einen bestimmten Nacht im Juni, als plötzlich ein seltsam grün funkelndes Objekt über Jeremys Vorgarten schwebt. Ein echtes UFO! ... ... ... Was ist dann passiert? Auf welche Art und Weise hat das Schicksal Jeremys bisheriges Leben zunichte gemacht? Wie lernte Jeremy seine große Liebe kennen? Und ist es wirklich zu spät, um noch einmal von vorne anzufangen? Das könnt ihr hier lesen. :-D (Jeremys Meinung über behinderte Menschen ist übrigens, das sei ganz deutlich gesagt, NICHT meine eigene Meinung.)
GeschichteRomance, Schmerz/Trost / P16 / Het
21.04.2011
11.01.2023
145
140.490
6
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28.01.2022
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Noch bevor Nicolas Gelegenheit hatte, seinen Zweitschlüssel für Jeremys Haus aus der Hosentasche zu holen und die Haustür aufzuschließen, wurde diese bereits von innen geöffnet, und ein paar Sekunden später ertönte die Stimme von Matthew.
„Da seid ihr ja! Ihr kommt genau zur richtigen Zeit! Mrs Courteney ist soeben mit dem Kochen fertig geworden. Wie geht’s dir, Jerry? Also, wenn ich du wäre, dann könnte ich meine Freude kaum noch bändigen – immerhin darfst du heute wieder in deine eigenen vier Wände zurückkehren, der Aufenthalt im Krankenhaus hat dir bestimmt total aufs Gemüt geschlagen!“
Jeremy erschrak ein wenig, als er spürte, wie Matthew ihn stürmisch umarmte, ohne dies zuvor angekündigt zu haben. Jeremy konnte ja nicht mit seinen Augen vorhersehen, wann seine Mitmenschen die Absicht hatten, ihn körperlich zu berühren; so etwas kam für ihn immer wie aus heiterem Himmel. Dennoch erwiderte er die Umarmung, und als seine Fingerspitzen dabei Matthews Hinterkopf streiften, erfuhr er beiläufig, dass sich Matthew die Haare ebenso schweinchenrosa gefärbt hatte wie Stéphanie Mignereux. Jeremy grinste, und das Grinsen verweilte auch dann noch auf seinem Gesicht, als er sich schon wieder aus der Umarmung gelöst hatte.
Ein knallendes Geräusch verriet Jeremy, dass Nicolas die Reisetasche aus dem Kofferraum von Richards Cabrio geholt und danach den Deckel des Kofferraums energisch zugeklappt hatte.
„Jerry? Mattie? Ich hab keine Lust, hier noch länger mehr oder weniger nutzlos rumzustehen. Kommt, wir gehen rein. Außerdem hab ich Hunger.“
„Es gibt Spaghetti mit einer Käse-Schinken-Soße und zum Nachtisch selbstgemachtes Tiramisu!“, sagte Matthew, während er Jeremy am rechten Oberarm festhielt und auf diese Weise in den Hausflur lotste. „Ich würde sagen, Mrs Courteney hat sich mal wieder selbst übertroffen!“
Jeremy betrat das Haus, blieb im Hausflur stehen, zog seine Turnschuhe aus, entnahm seine Pantoffeln aus seiner Reisetasche und schlüpfte hinein. Dabei hatte er das äußerst befremdliche Gefühl, durch eine unzerstörbare, meterhohe, schwarze, bedrohliche Mauer für immer von seinen Freunden getrennt zu sein, und dieses Gefühl hielt weiterhin an, während er durch den Korridor ging, immer noch mit Matthews Hand an seinem rechten Oberarm. Er erinnerte sich an die Teppiche, an die Bilder an den Wänden, an sämtliche Möbel, an jedes Detail – doch er sah nichts. Er wusste, dass er eigentlich dazu in der Lage sein müsste, selbstständig den Weg durch sein eigenes Haus zu finden, ohne von Matthew am Arm geführt werden zu müssen – doch er traute sich nicht…
Seine Reisetasche ließ Jeremy einfach im Hausflur zurück. Dann ging er gemeinsam mit Nicolas und Matthew in die Küche.
Ihm lief ein kalter Schauder den Rücken runter, als er sich dessen bewusst wurde, was er erlebt hatte, als er zum letzten Mal diese Küche betreten hatte, damals vor knapp fünf Wochen…
Wie er das geheimnisvolle grüne Licht und schließlich das UFO draußen vor dem Fenster gesehen hatte, mitten in der Nacht, obwohl er eigentlich nur in die Küche hatte gehen wollen, um einen Schluck Wasser zu trinken…
Er erinnerte sich so deutlich an diese Situation, als habe sie sich erst vor zehn Minuten ereignet, und sie hatte sich so sehr in sein Gedächtnis eingebrannt, dass er sich sicher war, sie niemals wieder zu vergessen…
Das war die schicksalhafteste Nacht seines gesamten bisherigen Lebens gewesen, die Nacht, in der er sein Augenlicht verloren hatte, die Nacht, die auf ihn gewirkt hatte, als sei sie einem preisgekrönten Science-Fiction-Film entsprungen…
„Master Jeremy! Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie glücklich es mich macht, dass Sie endlich wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden sind. Das eine will ich Ihnen sagen – wenn die Ärzte und Krankenschwestern Sie noch länger dabehalten hätten, dann hätten die es mit mir zu tun bekommen! Meiner Meinung nach ist es das Beste für eine von einem Schicksalsschlag gepeinigte Seele, sich in ihrer vertrauten Umgebung aufhalten zu dürfen.“
Die höchst erfreute Stimme von Mrs Courteney riss Jeremy innerhalb von Sekundenbruchteilen aus seinen Gedanken. Dieses Mal war er innerlich darauf vorbereitet, dass Mrs Courteney ihn umarmen würde, und genau das tat sie auch – sie drückte ihm sogar einen liebevollen Kuss auf seine rechte Wange, so als sei er nach wie vor ein kleiner Junge von vielleicht sechs oder sieben Jahren. Jeremy fühlte sich ziemlich peinlich berührt, er errötete und schämte sich ein bisschen, zumal Nicolas und Matthew merkwürdige, leise Geräusche von sich gaben, so als müssten sie sich mit aller Gewalt selbst daran hindern, in lautes Kichern auszubrechen.
„Ich habe einen großen Blumenstrauß auf den Tisch gestellt!“, fuhr Mrs Courteney fort. „Und ich habe dem Blumenstrauß eine bunte Karte beigefügt, auf der ‚Willkommen zu Hause!‘ steht. Natürlich können Sie nichts davon sehen, aber vielleicht freuen Sie sich trotzdem – Sie haben schließlich ein Recht darauf, als blinder Mensch genauso freundlich zu Hause empfangen zu werden, wie als ob Sie Ihre Augen immer noch hätten.“
Matthew führte Jeremy hinüber zum Küchentisch, und Jeremy setzte sich langsam und vorsichtig auf seinen Platz. Vor ihm auf der Tischplatte entdeckten seine tastenden Hände einen tiefen Teller, einen Esslöffel, ein großes Glas, eine Serviette und eine Kuchengabel. Der Blumenstrauß und die beigefügte Karte schienen sich jedoch außerhalb seiner Reichweite zu befinden.
„Ich freue mich auch, wieder zu Hause zu sein“, sagte Jeremy zu Mrs Courteney, weil er sich an zwei Fingern ausrechnen konnte, dass dies genau das war, was sie jetzt am liebsten von ihm hören wollte. Auch wenn diese Aussage wahrscheinlich nur zur Hälfte der Wahrheit entsprach.
„Ach ja, noch etwas!“
Mrs Courteney sprach sofort weiter, und Jeremy erkannte an ihrer Stimme, dass sie wirklich über alle Maßen erleichtert und glücklich darüber war, dass er das Krankenhaus hatte verlassen dürfen und sie ihn nun wieder unter ihre Fittiche nehmen konnte.
„Vorgestern ist hier ein Paket für Sie angekommen. Ich traute meinen Augen nicht, als ich den Absender gelesen habe! Das Paket kommt von Ihrer Cousine Linda aus Missouri. Wenn ich richtig informiert bin, dann hatten Sie beide doch schon jahrelang keinen wirklichen Kontakt mehr zueinander? Und Geburtstag haben Sie doch schon vor zwei Monaten gehabt!“
Jeremy lächelte.
„Meine Cousine Linda hat mich im Krankenhaus zweimal angerufen“, sagte er. „Das ist eine lange Geschichte… Das Ende vom Lied war jedenfalls, dass wir uns so gut miteinander unterhalten haben wie schon seit unserer Kindheit nicht mehr, und dass sie mich eingeladen hat, sie und ihre Familie in Missouri besuchen zu kommen. So wie’s aussieht, haben wir uns tatsächlich wieder miteinander vertragen, was ich selbst noch bis vor wenigen Wochen für völlig undenkbar gehalten habe, aber es ist passiert. Ich würde sehr gerne wissen, was sie mir geschickt hat. Wo ist das Paket? Können Sie es mir bringen?“
„Da seid ihr ja! Ihr kommt genau zur richtigen Zeit! Mrs Courteney ist soeben mit dem Kochen fertig geworden. Wie geht’s dir, Jerry? Also, wenn ich du wäre, dann könnte ich meine Freude kaum noch bändigen – immerhin darfst du heute wieder in deine eigenen vier Wände zurückkehren, der Aufenthalt im Krankenhaus hat dir bestimmt total aufs Gemüt geschlagen!“
Jeremy erschrak ein wenig, als er spürte, wie Matthew ihn stürmisch umarmte, ohne dies zuvor angekündigt zu haben. Jeremy konnte ja nicht mit seinen Augen vorhersehen, wann seine Mitmenschen die Absicht hatten, ihn körperlich zu berühren; so etwas kam für ihn immer wie aus heiterem Himmel. Dennoch erwiderte er die Umarmung, und als seine Fingerspitzen dabei Matthews Hinterkopf streiften, erfuhr er beiläufig, dass sich Matthew die Haare ebenso schweinchenrosa gefärbt hatte wie Stéphanie Mignereux. Jeremy grinste, und das Grinsen verweilte auch dann noch auf seinem Gesicht, als er sich schon wieder aus der Umarmung gelöst hatte.
Ein knallendes Geräusch verriet Jeremy, dass Nicolas die Reisetasche aus dem Kofferraum von Richards Cabrio geholt und danach den Deckel des Kofferraums energisch zugeklappt hatte.
„Jerry? Mattie? Ich hab keine Lust, hier noch länger mehr oder weniger nutzlos rumzustehen. Kommt, wir gehen rein. Außerdem hab ich Hunger.“
„Es gibt Spaghetti mit einer Käse-Schinken-Soße und zum Nachtisch selbstgemachtes Tiramisu!“, sagte Matthew, während er Jeremy am rechten Oberarm festhielt und auf diese Weise in den Hausflur lotste. „Ich würde sagen, Mrs Courteney hat sich mal wieder selbst übertroffen!“
Jeremy betrat das Haus, blieb im Hausflur stehen, zog seine Turnschuhe aus, entnahm seine Pantoffeln aus seiner Reisetasche und schlüpfte hinein. Dabei hatte er das äußerst befremdliche Gefühl, durch eine unzerstörbare, meterhohe, schwarze, bedrohliche Mauer für immer von seinen Freunden getrennt zu sein, und dieses Gefühl hielt weiterhin an, während er durch den Korridor ging, immer noch mit Matthews Hand an seinem rechten Oberarm. Er erinnerte sich an die Teppiche, an die Bilder an den Wänden, an sämtliche Möbel, an jedes Detail – doch er sah nichts. Er wusste, dass er eigentlich dazu in der Lage sein müsste, selbstständig den Weg durch sein eigenes Haus zu finden, ohne von Matthew am Arm geführt werden zu müssen – doch er traute sich nicht…
Seine Reisetasche ließ Jeremy einfach im Hausflur zurück. Dann ging er gemeinsam mit Nicolas und Matthew in die Küche.
Ihm lief ein kalter Schauder den Rücken runter, als er sich dessen bewusst wurde, was er erlebt hatte, als er zum letzten Mal diese Küche betreten hatte, damals vor knapp fünf Wochen…
Wie er das geheimnisvolle grüne Licht und schließlich das UFO draußen vor dem Fenster gesehen hatte, mitten in der Nacht, obwohl er eigentlich nur in die Küche hatte gehen wollen, um einen Schluck Wasser zu trinken…
Er erinnerte sich so deutlich an diese Situation, als habe sie sich erst vor zehn Minuten ereignet, und sie hatte sich so sehr in sein Gedächtnis eingebrannt, dass er sich sicher war, sie niemals wieder zu vergessen…
Das war die schicksalhafteste Nacht seines gesamten bisherigen Lebens gewesen, die Nacht, in der er sein Augenlicht verloren hatte, die Nacht, die auf ihn gewirkt hatte, als sei sie einem preisgekrönten Science-Fiction-Film entsprungen…
„Master Jeremy! Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie glücklich es mich macht, dass Sie endlich wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden sind. Das eine will ich Ihnen sagen – wenn die Ärzte und Krankenschwestern Sie noch länger dabehalten hätten, dann hätten die es mit mir zu tun bekommen! Meiner Meinung nach ist es das Beste für eine von einem Schicksalsschlag gepeinigte Seele, sich in ihrer vertrauten Umgebung aufhalten zu dürfen.“
Die höchst erfreute Stimme von Mrs Courteney riss Jeremy innerhalb von Sekundenbruchteilen aus seinen Gedanken. Dieses Mal war er innerlich darauf vorbereitet, dass Mrs Courteney ihn umarmen würde, und genau das tat sie auch – sie drückte ihm sogar einen liebevollen Kuss auf seine rechte Wange, so als sei er nach wie vor ein kleiner Junge von vielleicht sechs oder sieben Jahren. Jeremy fühlte sich ziemlich peinlich berührt, er errötete und schämte sich ein bisschen, zumal Nicolas und Matthew merkwürdige, leise Geräusche von sich gaben, so als müssten sie sich mit aller Gewalt selbst daran hindern, in lautes Kichern auszubrechen.
„Ich habe einen großen Blumenstrauß auf den Tisch gestellt!“, fuhr Mrs Courteney fort. „Und ich habe dem Blumenstrauß eine bunte Karte beigefügt, auf der ‚Willkommen zu Hause!‘ steht. Natürlich können Sie nichts davon sehen, aber vielleicht freuen Sie sich trotzdem – Sie haben schließlich ein Recht darauf, als blinder Mensch genauso freundlich zu Hause empfangen zu werden, wie als ob Sie Ihre Augen immer noch hätten.“
Matthew führte Jeremy hinüber zum Küchentisch, und Jeremy setzte sich langsam und vorsichtig auf seinen Platz. Vor ihm auf der Tischplatte entdeckten seine tastenden Hände einen tiefen Teller, einen Esslöffel, ein großes Glas, eine Serviette und eine Kuchengabel. Der Blumenstrauß und die beigefügte Karte schienen sich jedoch außerhalb seiner Reichweite zu befinden.
„Ich freue mich auch, wieder zu Hause zu sein“, sagte Jeremy zu Mrs Courteney, weil er sich an zwei Fingern ausrechnen konnte, dass dies genau das war, was sie jetzt am liebsten von ihm hören wollte. Auch wenn diese Aussage wahrscheinlich nur zur Hälfte der Wahrheit entsprach.
„Ach ja, noch etwas!“
Mrs Courteney sprach sofort weiter, und Jeremy erkannte an ihrer Stimme, dass sie wirklich über alle Maßen erleichtert und glücklich darüber war, dass er das Krankenhaus hatte verlassen dürfen und sie ihn nun wieder unter ihre Fittiche nehmen konnte.
„Vorgestern ist hier ein Paket für Sie angekommen. Ich traute meinen Augen nicht, als ich den Absender gelesen habe! Das Paket kommt von Ihrer Cousine Linda aus Missouri. Wenn ich richtig informiert bin, dann hatten Sie beide doch schon jahrelang keinen wirklichen Kontakt mehr zueinander? Und Geburtstag haben Sie doch schon vor zwei Monaten gehabt!“
Jeremy lächelte.
„Meine Cousine Linda hat mich im Krankenhaus zweimal angerufen“, sagte er. „Das ist eine lange Geschichte… Das Ende vom Lied war jedenfalls, dass wir uns so gut miteinander unterhalten haben wie schon seit unserer Kindheit nicht mehr, und dass sie mich eingeladen hat, sie und ihre Familie in Missouri besuchen zu kommen. So wie’s aussieht, haben wir uns tatsächlich wieder miteinander vertragen, was ich selbst noch bis vor wenigen Wochen für völlig undenkbar gehalten habe, aber es ist passiert. Ich würde sehr gerne wissen, was sie mir geschickt hat. Wo ist das Paket? Können Sie es mir bringen?“