The Eagle
von Aiwendil
Kurzbeschreibung
Diese Geschichte spielt im Film "Der Adler der neunten Legion" (und nicht im Buch!). Der Römer Marcus Flavius Aquila bricht zusammen mit seinem Sklaven Esca auf, um die Standarte der 9. Legion aus Feindeshand zurück zu erobern und somit seine Ehre wieder herzustellen.
GeschichteAbenteuer, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
21.04.2011
29.09.2012
23
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6
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Dieses Kapitel
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21.04.2011
2.412
Hi, meine treuen Leser. Ich habe es endlich geschafft, ein neues Kapitel zu schreiben. Es hat leider so lange gedauert, da ich meine muse mehrmals wieder einfangen musste. Ich hoffe, ihr verzeiht mir. Ich danke allen, die mir einen Kommi hinterlassen haben. *feste knuddel*
Für evtl. Rechtschreibfehler übernehme ich keine Haftung!
Über Reviews, wie euch das Kapitel gefallen hat, würde ich mich freuen.
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Die wilden Krieger mit Esca und deren Anführer an der Spitze standen auf einer Erhebung und schauten auf das Dorf des Seehundclands herab. Der Häuptlingssohn wechselte mit dem Briganten einige Worte und der Stolz in dessen Stimme war nicht zu überhören.
Dann setzte sich die Gruppe wieder in einem schnellen Schritt in Bewegung den Hügel hinab in Richtung der Hütten. Marcus, der von dem ungewohnten Marsch noch außer Atem war, wurde fast von den Füßen gerissen, als sich die Männer in Bewegung setzten. Dennoch versuchte er Schritt zu halten, was ihm mehr schlecht als recht gelang und er wurde fast die ganze Zeit hinter dem Pferd her geschleift.
Als sie in der Talsenke angekommen waren, kam der Römer wieder auf die Beine und wurde sofort von einigen Kriegern gepackt und vorwärts getrieben. Marcus konnte sich nur mit Mühe beherrschen, um sie nicht abzuschütteln und zusammen mit seinem Hunger und den Anstrengungen der letzten Tage war seine Laune nun unter dem Nullpunkt angekommen. Aber er wusste, dass er erstmal still halten musste, wenn er hier den Adler finden wollte.
Unauffällig blickte er sich in dem Dorf ein wenig um und als er bemerkte, dass offensichtlich alle Clanmitglieder hier erschienen waren und ihn anstarrten, verbesserte seine Laune auch nicht. Ob der Clan gemessen an den anderen Stämmen wohlhabend war, konnte er anhand mangelnder Erfahrung in diesem Bereich nicht sagen. Er verstand immer noch nicht wirklich, wieso alle britannischen Stämme die Römer so sehr hassten. Als er so darüber nach dachte, musste er an ein Gespräch mit Esca denken, dass sie vor einiger Zeit am Lagerfeuer geführt hatten.
Flashback
Sie waren noch nicht lange im nicht römisch besetzten Teil Britanniens. An jenem Abend war Marcus zum ersten Mal richtig bewusst geworden, dass sie sich auf feindlichem Territorium befanden. Den Soldaten in ihm beunruhigte es sehr, dass sie nur zu zweit unterwegs waren und er nicht genau wusste, inwieweit er seinem Gefährten vertrauen konnte, nun, da sie den Hadrianischen Wall hinter sich gelassen hatten. Aber er wusste, dass es wichtig war, dass sie nicht entdeckt wurden.
Durch dieses Gefühl beobachtete er Esca ein wenig genauer um herauszufinden, was dieser dachte. Und da der Brigant seine einzige Gesellschaft hier draußen war und er wollte, dass dieser Verstand, weshalb er die Standarte der 9. Legion zurück bringen musste, beschloss er, offen und ehrlich mit diesem zu sein.
„Weißt du, manchmal, da träume ich, dass ich meinen Vater hier oben wiederfinde. Dass er an einem versteckten Ort überlebt hat.“
In dem Moment, in dem die Worte über seine Lippen gekommen waren, wusste er selbst, wie kindisch diese klangen. Wie von dem 10jährigen Jungen, der seinen Vater hatte davon reiten sehen und nun gegen jede Vernunft hoffte, dass er zu ihm zurückkehren würde. Unweigerlich musste er über sich selbst lächeln.
Esca dagegen sah in zweifelnd an.
„Sind wir deswegen hier? Um Euren Vater zu finden?“
„Nein. Um den Adler zu finden!“ stellte Marcus nun klar. Denn natürlich wusste er, dass sein Vater nicht mehr lebte. Die Standarte zu finden, war die letzte Möglichkeit, die Ehre und den guten Namen seines Vaters wieder herzustellen. Denn seit seiner Verletzung und dem darauf folgenden Ausscheiden aus dem Militärdienst war es ihm nicht mehr möglich, dem Namen seines Vaters in Britannien so viel Ehre zu machen, dass diese Schmach ein für alle mal getilgt war.
„Wie kann Euch ein Stück Metall nur so viel bedeuten?“ fragte Esca in einem Tonfall, der verriet, dass er wirklich nicht verstand, weshalb die Standarte so wichtig für Marcus war.
Automatisch musste der Römer lächeln, als er versuchte zu erklären, was der Adler bedeutete.
„Der Adler ist nicht nur ein Stück Metall!
Der Adler ist Rom.
Er ist ein Symbol unserer Ehre, jedes Sieges, jeder Errungenschaft.
Wo der Adler ist, können wir sagen: Das hat Rom getan!“
Während Marcus sprach, betrachtete Esca ihn nachdenklich und nahm dabei auch den Stolz in dessen Stimme wahr.
Nach einem kurzen Moment des Schweigens meinte der Römer: „Das wirst du nicht verstehen. Wie sollest du auch?“
Esca verstand sehr gut, was die Anwesenheit der Römer für ihn und sein Volk bedeutete. Nun blickte Esca Marcus direkt an.
„Mein Vater war Cunoval. Träger des blauen Kriegsschildes der Briganten, Herr über 500 Speere. Vor 7 Jahren nahmt Ihr unser Land und wir erhoben uns gegen Euch.
Mein Vater und 2 Brüder starben.
Meine Mutter auch.
Mein Vater tötete sie, bevor die Legionäre durchbrachen.
Er wusste, was sie ihr antun würden.
Sie kniete vor ihm und er schnitt ihr die Kehle durch.
Auch das hat Rom getan!“
Bei den letzten Sätzen hatte Escas Stimme einen anklagenden Unterton angekommen, der Marcus schlucken ließ. Er konnte sich kaum vorstellen, was ihm der Brigant gerade berichtete, aber er wusste, dass er die Wahrheit sagte. Er begann allmählich zu begreifen, weshalb Esca Römer hasste.
Während des Berichts fixierte Esca den Römer hin und wider scharf und Marcus hatte den Schmerz in dessen Stimme wahrgenommen. Er wusste, dass es dem Sklaven sehr schwer gefallen sein musste, einer Person, die er hasste etwas so persönliches zu berichten. Aber der Brigant wollte, dass Marcus begriff, was das römische Reich, auf das er so Stolz war, ihm, seiner Familie und seinem Stamm angetan hatte.
Flashback Ende
Der Römer wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er unsanft vorwärts gestoßen wurde und einen Schritt hinter Esca zum stehen kam. Sie hatten vor einem großen Zelt angehalten und die Krieger starrten Erwartungsvoll in diese Richtung, was Marcus vermuten ließ, dass dort der Häuptling wohnte.
Der Mann, der einige Sekunden später aus dem Zelt kam, war mittleren Alters und wirkte in Marcus Augen auf den ersten Blick nicht wie der Häuptling des Clans, die eine römische Legion auf grausame Art vernichteten und deren Standarte raubten.
Doch als sich der Anführer der Gruppe nach einigen Worten leicht vor dem Älteren verbeugte, bestätigte dies die Vermutung des Römers.
Mit einem schlechten Gefühl in der Magengrube verfolgte Marcus das Gespräch zwischen den Britanniern und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Das leise Gelächter der Krieger ignorierte er einfach. Dann hörte er, wie Esca vorgestellt wurde. Sollte dieser es nicht schaffen, dass der Häuptling sie frei ließ, waren sie beide tot. Denn dieser Übermacht um sie herum konnten sie nicht lange standhalten.
Auf einmal kam der Anführer der Krieger auf Marcus zu und zog ihn an den Haaren, so dass der ganze Stamm seine Kinnriemennarbe sehen konnte. Er hörte, wie ein tuscheln um ihn herum anschwoll, als sie begriffen, dass sie es tatsächlich mit einem Römer zu tun hatten. Das bestätigte Marcus Verdacht, dass besonders die Frauen und Kinder noch nie, oder nur selten einen lebendigen Legionär zu Gesicht bekommen und deshalb neugierig waren.
Diese Information schien das Interesse des Häuptlings erweckt zu haben, denn er kam mit einem aufmerksamen Ausdruck im Gesicht auf ihn zu und fragte offensichtlich nach seinem Namen. Denn Esca nannte ihm diesen. Marcus sandte seinem Gefährten einen überraschten Blick zu, wandte seine Aufmerksamkeit aber gleich wieder dem älteren Mann zu, als dieser seinen Namen in einem fehlerfreien Latein wiederholte.
Der Häuptling sah Marcus weiter in die Augen als er mit ihm sprach. Der Römer fand es alarmierend, dass seinem gegenüber sein Name so leicht über die Lippen gekommen war.
Als das ganze Dorf wieder zu einem lachen ansetzte, als habe ihr Anführer etwas Komisches gesagt. Marcus bekam bei dessen Unterton eine Gänsehaut, da er sich sicher war, dass dieser nichts Nettes über ihn gesagt hatte.
Als sich der Mann wieder Esca zuwandte, wirkte dieser völlig entspannt, aber Marcus erkannte an dessen verspanntem Hals, dass auch er nervös war. Da die Worte des Häuptlings wie eine Einladung klangen, konnte der Römer nicht mehr still sein und nur zuhören.
„Esca?“
Leichte Panik stieg in ihm auf, als der Angesprochene dem Häuptlingssohn in Richtung der Behausung folgte.
„Esca, was ist hier los?“
Endlich wandte der Brigant sich um und sah Marcus direkt in die Augen, ohne dabei eine Miene zu verziehen.
„Du bis mein Sklave!“ meinte dieser nur schlicht. Der Römer war wie vor den Kopf gestoßen und starrte seinen Gefährten einfach nur ungläubig an.
Ohne ihn nochmal zu Wort kommen zu lassen, gab Esca den umher stehenden Kriegern einen Befehl und verschwandt dann, ohne sich noch einmal umzusehen, in dem Zelt.
Der Häuptlingssohn starrte Marcus noch einige Sekunden mit einem sonderbaren Ausdruck im Gesicht nach und folgte dann den anderen beiden.
Die wilden Krieger zogen ihren Gefangenen von dem Zelt des Häuptlings weg und brachten ihn zu einem sehr viel kleineren am Rand des Dorfes. Dort angekommen, schubsten sie ihn unsanft in den Eingang und verschwanden wieder.
Marcus viel über einen Ast und sah sich auf dem Boden liegend im Halbdunkel um. Einige Kinder und alte Frauen blicken ihn verwundert an. Diese mussten wohl in der Hierarchie des Dorfes ganz unten stehen, wenn sie Sklaven dort unterbrachten.
Er erhob sich wieder und eine Alte winkte ihn zu sich. Er hoffte, dass wenigstens diese ihm halbwegs freundlich gesonnen war, aber große Auswahl blieb ihm sowieso nicht. Und das zahnlose grinsen der Frau gab ihm etwas Zuversicht, dass sie ihn gut behandelte. <Hatte sich Esca so gefühlt, als er im Haushalt seines Onkels aufgenommen worden war? > fragte er sich plötzlich.
Mit unsicheren Schritten ging Marcus zu ihr hinüber und ließ sich an dem kleinen Feuer, über dem ein kleiner Kessel hing, nieder. Die Frau goss etwas von der heißen Flüssigkeit aus dem Kessel in eine Holzschale und reichte sie dem Römer. Automatisch griff er danach und genoss für einige Sekunden die wärme, die das Holz an seine Hände abgab. Erst als er die Geste der Frau wahrnahm, die ihn zum Essen aufforderte, nahm er den Geruch der Suppe so richtig wahr und er begann damit, diese so schnell wie möglich zu trinken.
Währenddessen nahm die Fremde einen nassen Lappen zur Hand und reinigte damit die blutenden Schnitte und Schrammen auf Marcus Körper. Mit so viel Zuwendung hatte der Römer nicht gerechnet. Denn erst jetzt spürte er, dass ihm jeder einzelne Knochen im Körper weh tat und er war nach der ersten Schale Suppe noch lange nicht satt. Aber die Bewohner dieses Zeltes schienen es wirklich gut mit ihm zu meinen.
Erst bei der zweiten Schüssel nahm sich Marcus die Zeit, den Inhalt richtig zu kosten. Die Suppe schmeckte nach nichts, was er kannte, war aber dennoch kräftig im Geschmack und sättigte ihn erstaunlich schnell. Es war zwar kein Fleisch darin, aber er wusste, dass er nicht wählerisch sein durfte.
Am liebsten hätte der Römer sich mit der Frau unterhalten, um einige nützlich zu erhalten. Er bereute es zum wiederholten male, dass er Esca nicht darum gebeten hatte, ihm dessen Sprache beizubringen, als sie beide alleine unterwegs gewesen waren.
<Vielleicht lag der Brigant mit seiner Ansicht doch richtig, dass er, wie alle anderen Römer, Rom für den Nabel der Welt hielt und deswegen alle, die sie für weniger zivilisiert hielten, als Wilde betrachteten.> schoss es Marcus auf einmal durch den Kopf, bevor er sich in eine Decke einrollte, die ihm eine der Frauen reichte. Er schlief ein, kaum dass sein Kopf den Boden berührte.
Währenddessen saß Esca dem Häuptling des Seehundclans gegenüber und musterte diesen aus den Augenwinkeln. Er ließ sich nicht von dessen harmlosen Aussehen täuschen. Da er die Position des Häuptlings erlangt und diese auch verteidigen konnte, sagte dem Briganten, dass der Mann einen eisernen Willen, eine gewisse List besaß und sehr vorsichtig war. Das machte die Suche nach der Standarte nicht leichter. Auch nicht, wenn sie wirklich zu zeremoniellen Zwecken benutzt wurde, wie die Gerüchte besagten, da darüber mit außenstehenden nicht gerne gesprochen wurde. Aber Esca setzte darauf, dass man ihn als Sohn eines hochgeachteten Häuptlings, der im Kampf gegen Rom gefallen war, bei dem Ritual zusehen lassen durfte. Er musste es nur schaffen, das Thema darauf zu lenken, ohne dabei verdächtig zu wirken.
Auch der Häuptling beobachtete Esca eine Weile. Als er dem durchdringenden Blick der eisblauen Augen des älteren Mannes nicht mehr standhalten konnte und den blick senkte, hörte er ein kurzes, kehliges Lachen des anderen und der Bann des Misstrauens schien gebrochen zu sein.
„Ihr seid mein Gast. Bleibt solange Ihr wollt!“ Damit schien das Thema für das Clanoberhaupt erledigt zu sein. Es wunderte den Briganten zwar ein wenig, dass er nicht gefragt wurde, wie er zu einem römischen Sklaven gekommen war, aber er wollte das Thema auch nicht von sich aus zur Sprache bringen, da er nicht wusste, was er ihnen sagen sollte.
Während sich Vater und Sohn über die Jagd und Stammespolitik unterhielten, musste Esca, ohne es zu wollen, an Marcus denken. Er wusste, dass dessen Stolz nun tief gekränkt war, da er nun offiziell der Sklave eines Britanniers in einem Dorf voller Wilden war. Innerlich musste er bei der Vorstellung lächeln, da der ehemalige Legionär nun in der gleichen Lage war wie er, als er von den Römern gefangen genommen worden war.
Sofort bekam er allerdings wieder ein schlechtes Gewissen, da er immer noch mit seinem Ehrenwort an Marcus gebunden war. Fast tat es Esca leid, dass er dem anderen geschworen hatte, diesem zu dienen, bis er ihn freiwillig davon befreite. Denn nun war er außerhalb des römischen Reiches und nur sein Wort hielt ihn noch bei dem Römer. Aber dann erinnerte er sich daran, dass er ohne Marcus in der Arena von Calewa gestorben wäre und wenn er endlich von seinem Eid befreit war, konnte er immer noch seine Freiheit genießen.
„Esca, wollt Ihr mit mir und meinen Kriegern morgen auf die Jagd gehen?“ riss ihn die Stimme des Häuptlingssohnes au seinen Gedanken. Er nickte nur und beteiligte sich nun an dem Gespräch der beiden Männer. Zwar war er vorsichtig mit dem, was er sagte, aber dennoch taute er im Laufe des Gespräches merklich auf.
Als sich Esca einige Stunden später auf seinem Lager in seine Decke einwickelte, fühlte er sich seit langer Zeit wieder wie zu hause, aber etwas nagte an ihm, dass er nicht näher definieren konnte. Aber als ihm aus der Decke Marcus Geruch entgegenschlug und er wie von selbst an ihre erste gemeinsame Nacht in jener Höhle denken musste, wusste er wieder, was dieses leere Gefühle in ihm auslöste.
Für evtl. Rechtschreibfehler übernehme ich keine Haftung!
Über Reviews, wie euch das Kapitel gefallen hat, würde ich mich freuen.
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Die wilden Krieger mit Esca und deren Anführer an der Spitze standen auf einer Erhebung und schauten auf das Dorf des Seehundclands herab. Der Häuptlingssohn wechselte mit dem Briganten einige Worte und der Stolz in dessen Stimme war nicht zu überhören.
Dann setzte sich die Gruppe wieder in einem schnellen Schritt in Bewegung den Hügel hinab in Richtung der Hütten. Marcus, der von dem ungewohnten Marsch noch außer Atem war, wurde fast von den Füßen gerissen, als sich die Männer in Bewegung setzten. Dennoch versuchte er Schritt zu halten, was ihm mehr schlecht als recht gelang und er wurde fast die ganze Zeit hinter dem Pferd her geschleift.
Als sie in der Talsenke angekommen waren, kam der Römer wieder auf die Beine und wurde sofort von einigen Kriegern gepackt und vorwärts getrieben. Marcus konnte sich nur mit Mühe beherrschen, um sie nicht abzuschütteln und zusammen mit seinem Hunger und den Anstrengungen der letzten Tage war seine Laune nun unter dem Nullpunkt angekommen. Aber er wusste, dass er erstmal still halten musste, wenn er hier den Adler finden wollte.
Unauffällig blickte er sich in dem Dorf ein wenig um und als er bemerkte, dass offensichtlich alle Clanmitglieder hier erschienen waren und ihn anstarrten, verbesserte seine Laune auch nicht. Ob der Clan gemessen an den anderen Stämmen wohlhabend war, konnte er anhand mangelnder Erfahrung in diesem Bereich nicht sagen. Er verstand immer noch nicht wirklich, wieso alle britannischen Stämme die Römer so sehr hassten. Als er so darüber nach dachte, musste er an ein Gespräch mit Esca denken, dass sie vor einiger Zeit am Lagerfeuer geführt hatten.
Flashback
Sie waren noch nicht lange im nicht römisch besetzten Teil Britanniens. An jenem Abend war Marcus zum ersten Mal richtig bewusst geworden, dass sie sich auf feindlichem Territorium befanden. Den Soldaten in ihm beunruhigte es sehr, dass sie nur zu zweit unterwegs waren und er nicht genau wusste, inwieweit er seinem Gefährten vertrauen konnte, nun, da sie den Hadrianischen Wall hinter sich gelassen hatten. Aber er wusste, dass es wichtig war, dass sie nicht entdeckt wurden.
Durch dieses Gefühl beobachtete er Esca ein wenig genauer um herauszufinden, was dieser dachte. Und da der Brigant seine einzige Gesellschaft hier draußen war und er wollte, dass dieser Verstand, weshalb er die Standarte der 9. Legion zurück bringen musste, beschloss er, offen und ehrlich mit diesem zu sein.
„Weißt du, manchmal, da träume ich, dass ich meinen Vater hier oben wiederfinde. Dass er an einem versteckten Ort überlebt hat.“
In dem Moment, in dem die Worte über seine Lippen gekommen waren, wusste er selbst, wie kindisch diese klangen. Wie von dem 10jährigen Jungen, der seinen Vater hatte davon reiten sehen und nun gegen jede Vernunft hoffte, dass er zu ihm zurückkehren würde. Unweigerlich musste er über sich selbst lächeln.
Esca dagegen sah in zweifelnd an.
„Sind wir deswegen hier? Um Euren Vater zu finden?“
„Nein. Um den Adler zu finden!“ stellte Marcus nun klar. Denn natürlich wusste er, dass sein Vater nicht mehr lebte. Die Standarte zu finden, war die letzte Möglichkeit, die Ehre und den guten Namen seines Vaters wieder herzustellen. Denn seit seiner Verletzung und dem darauf folgenden Ausscheiden aus dem Militärdienst war es ihm nicht mehr möglich, dem Namen seines Vaters in Britannien so viel Ehre zu machen, dass diese Schmach ein für alle mal getilgt war.
„Wie kann Euch ein Stück Metall nur so viel bedeuten?“ fragte Esca in einem Tonfall, der verriet, dass er wirklich nicht verstand, weshalb die Standarte so wichtig für Marcus war.
Automatisch musste der Römer lächeln, als er versuchte zu erklären, was der Adler bedeutete.
„Der Adler ist nicht nur ein Stück Metall!
Der Adler ist Rom.
Er ist ein Symbol unserer Ehre, jedes Sieges, jeder Errungenschaft.
Wo der Adler ist, können wir sagen: Das hat Rom getan!“
Während Marcus sprach, betrachtete Esca ihn nachdenklich und nahm dabei auch den Stolz in dessen Stimme wahr.
Nach einem kurzen Moment des Schweigens meinte der Römer: „Das wirst du nicht verstehen. Wie sollest du auch?“
Esca verstand sehr gut, was die Anwesenheit der Römer für ihn und sein Volk bedeutete. Nun blickte Esca Marcus direkt an.
„Mein Vater war Cunoval. Träger des blauen Kriegsschildes der Briganten, Herr über 500 Speere. Vor 7 Jahren nahmt Ihr unser Land und wir erhoben uns gegen Euch.
Mein Vater und 2 Brüder starben.
Meine Mutter auch.
Mein Vater tötete sie, bevor die Legionäre durchbrachen.
Er wusste, was sie ihr antun würden.
Sie kniete vor ihm und er schnitt ihr die Kehle durch.
Auch das hat Rom getan!“
Bei den letzten Sätzen hatte Escas Stimme einen anklagenden Unterton angekommen, der Marcus schlucken ließ. Er konnte sich kaum vorstellen, was ihm der Brigant gerade berichtete, aber er wusste, dass er die Wahrheit sagte. Er begann allmählich zu begreifen, weshalb Esca Römer hasste.
Während des Berichts fixierte Esca den Römer hin und wider scharf und Marcus hatte den Schmerz in dessen Stimme wahrgenommen. Er wusste, dass es dem Sklaven sehr schwer gefallen sein musste, einer Person, die er hasste etwas so persönliches zu berichten. Aber der Brigant wollte, dass Marcus begriff, was das römische Reich, auf das er so Stolz war, ihm, seiner Familie und seinem Stamm angetan hatte.
Flashback Ende
Der Römer wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er unsanft vorwärts gestoßen wurde und einen Schritt hinter Esca zum stehen kam. Sie hatten vor einem großen Zelt angehalten und die Krieger starrten Erwartungsvoll in diese Richtung, was Marcus vermuten ließ, dass dort der Häuptling wohnte.
Der Mann, der einige Sekunden später aus dem Zelt kam, war mittleren Alters und wirkte in Marcus Augen auf den ersten Blick nicht wie der Häuptling des Clans, die eine römische Legion auf grausame Art vernichteten und deren Standarte raubten.
Doch als sich der Anführer der Gruppe nach einigen Worten leicht vor dem Älteren verbeugte, bestätigte dies die Vermutung des Römers.
Mit einem schlechten Gefühl in der Magengrube verfolgte Marcus das Gespräch zwischen den Britanniern und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Das leise Gelächter der Krieger ignorierte er einfach. Dann hörte er, wie Esca vorgestellt wurde. Sollte dieser es nicht schaffen, dass der Häuptling sie frei ließ, waren sie beide tot. Denn dieser Übermacht um sie herum konnten sie nicht lange standhalten.
Auf einmal kam der Anführer der Krieger auf Marcus zu und zog ihn an den Haaren, so dass der ganze Stamm seine Kinnriemennarbe sehen konnte. Er hörte, wie ein tuscheln um ihn herum anschwoll, als sie begriffen, dass sie es tatsächlich mit einem Römer zu tun hatten. Das bestätigte Marcus Verdacht, dass besonders die Frauen und Kinder noch nie, oder nur selten einen lebendigen Legionär zu Gesicht bekommen und deshalb neugierig waren.
Diese Information schien das Interesse des Häuptlings erweckt zu haben, denn er kam mit einem aufmerksamen Ausdruck im Gesicht auf ihn zu und fragte offensichtlich nach seinem Namen. Denn Esca nannte ihm diesen. Marcus sandte seinem Gefährten einen überraschten Blick zu, wandte seine Aufmerksamkeit aber gleich wieder dem älteren Mann zu, als dieser seinen Namen in einem fehlerfreien Latein wiederholte.
Der Häuptling sah Marcus weiter in die Augen als er mit ihm sprach. Der Römer fand es alarmierend, dass seinem gegenüber sein Name so leicht über die Lippen gekommen war.
Als das ganze Dorf wieder zu einem lachen ansetzte, als habe ihr Anführer etwas Komisches gesagt. Marcus bekam bei dessen Unterton eine Gänsehaut, da er sich sicher war, dass dieser nichts Nettes über ihn gesagt hatte.
Als sich der Mann wieder Esca zuwandte, wirkte dieser völlig entspannt, aber Marcus erkannte an dessen verspanntem Hals, dass auch er nervös war. Da die Worte des Häuptlings wie eine Einladung klangen, konnte der Römer nicht mehr still sein und nur zuhören.
„Esca?“
Leichte Panik stieg in ihm auf, als der Angesprochene dem Häuptlingssohn in Richtung der Behausung folgte.
„Esca, was ist hier los?“
Endlich wandte der Brigant sich um und sah Marcus direkt in die Augen, ohne dabei eine Miene zu verziehen.
„Du bis mein Sklave!“ meinte dieser nur schlicht. Der Römer war wie vor den Kopf gestoßen und starrte seinen Gefährten einfach nur ungläubig an.
Ohne ihn nochmal zu Wort kommen zu lassen, gab Esca den umher stehenden Kriegern einen Befehl und verschwandt dann, ohne sich noch einmal umzusehen, in dem Zelt.
Der Häuptlingssohn starrte Marcus noch einige Sekunden mit einem sonderbaren Ausdruck im Gesicht nach und folgte dann den anderen beiden.
Die wilden Krieger zogen ihren Gefangenen von dem Zelt des Häuptlings weg und brachten ihn zu einem sehr viel kleineren am Rand des Dorfes. Dort angekommen, schubsten sie ihn unsanft in den Eingang und verschwanden wieder.
Marcus viel über einen Ast und sah sich auf dem Boden liegend im Halbdunkel um. Einige Kinder und alte Frauen blicken ihn verwundert an. Diese mussten wohl in der Hierarchie des Dorfes ganz unten stehen, wenn sie Sklaven dort unterbrachten.
Er erhob sich wieder und eine Alte winkte ihn zu sich. Er hoffte, dass wenigstens diese ihm halbwegs freundlich gesonnen war, aber große Auswahl blieb ihm sowieso nicht. Und das zahnlose grinsen der Frau gab ihm etwas Zuversicht, dass sie ihn gut behandelte. <Hatte sich Esca so gefühlt, als er im Haushalt seines Onkels aufgenommen worden war? > fragte er sich plötzlich.
Mit unsicheren Schritten ging Marcus zu ihr hinüber und ließ sich an dem kleinen Feuer, über dem ein kleiner Kessel hing, nieder. Die Frau goss etwas von der heißen Flüssigkeit aus dem Kessel in eine Holzschale und reichte sie dem Römer. Automatisch griff er danach und genoss für einige Sekunden die wärme, die das Holz an seine Hände abgab. Erst als er die Geste der Frau wahrnahm, die ihn zum Essen aufforderte, nahm er den Geruch der Suppe so richtig wahr und er begann damit, diese so schnell wie möglich zu trinken.
Währenddessen nahm die Fremde einen nassen Lappen zur Hand und reinigte damit die blutenden Schnitte und Schrammen auf Marcus Körper. Mit so viel Zuwendung hatte der Römer nicht gerechnet. Denn erst jetzt spürte er, dass ihm jeder einzelne Knochen im Körper weh tat und er war nach der ersten Schale Suppe noch lange nicht satt. Aber die Bewohner dieses Zeltes schienen es wirklich gut mit ihm zu meinen.
Erst bei der zweiten Schüssel nahm sich Marcus die Zeit, den Inhalt richtig zu kosten. Die Suppe schmeckte nach nichts, was er kannte, war aber dennoch kräftig im Geschmack und sättigte ihn erstaunlich schnell. Es war zwar kein Fleisch darin, aber er wusste, dass er nicht wählerisch sein durfte.
Am liebsten hätte der Römer sich mit der Frau unterhalten, um einige nützlich zu erhalten. Er bereute es zum wiederholten male, dass er Esca nicht darum gebeten hatte, ihm dessen Sprache beizubringen, als sie beide alleine unterwegs gewesen waren.
<Vielleicht lag der Brigant mit seiner Ansicht doch richtig, dass er, wie alle anderen Römer, Rom für den Nabel der Welt hielt und deswegen alle, die sie für weniger zivilisiert hielten, als Wilde betrachteten.> schoss es Marcus auf einmal durch den Kopf, bevor er sich in eine Decke einrollte, die ihm eine der Frauen reichte. Er schlief ein, kaum dass sein Kopf den Boden berührte.
Währenddessen saß Esca dem Häuptling des Seehundclans gegenüber und musterte diesen aus den Augenwinkeln. Er ließ sich nicht von dessen harmlosen Aussehen täuschen. Da er die Position des Häuptlings erlangt und diese auch verteidigen konnte, sagte dem Briganten, dass der Mann einen eisernen Willen, eine gewisse List besaß und sehr vorsichtig war. Das machte die Suche nach der Standarte nicht leichter. Auch nicht, wenn sie wirklich zu zeremoniellen Zwecken benutzt wurde, wie die Gerüchte besagten, da darüber mit außenstehenden nicht gerne gesprochen wurde. Aber Esca setzte darauf, dass man ihn als Sohn eines hochgeachteten Häuptlings, der im Kampf gegen Rom gefallen war, bei dem Ritual zusehen lassen durfte. Er musste es nur schaffen, das Thema darauf zu lenken, ohne dabei verdächtig zu wirken.
Auch der Häuptling beobachtete Esca eine Weile. Als er dem durchdringenden Blick der eisblauen Augen des älteren Mannes nicht mehr standhalten konnte und den blick senkte, hörte er ein kurzes, kehliges Lachen des anderen und der Bann des Misstrauens schien gebrochen zu sein.
„Ihr seid mein Gast. Bleibt solange Ihr wollt!“ Damit schien das Thema für das Clanoberhaupt erledigt zu sein. Es wunderte den Briganten zwar ein wenig, dass er nicht gefragt wurde, wie er zu einem römischen Sklaven gekommen war, aber er wollte das Thema auch nicht von sich aus zur Sprache bringen, da er nicht wusste, was er ihnen sagen sollte.
Während sich Vater und Sohn über die Jagd und Stammespolitik unterhielten, musste Esca, ohne es zu wollen, an Marcus denken. Er wusste, dass dessen Stolz nun tief gekränkt war, da er nun offiziell der Sklave eines Britanniers in einem Dorf voller Wilden war. Innerlich musste er bei der Vorstellung lächeln, da der ehemalige Legionär nun in der gleichen Lage war wie er, als er von den Römern gefangen genommen worden war.
Sofort bekam er allerdings wieder ein schlechtes Gewissen, da er immer noch mit seinem Ehrenwort an Marcus gebunden war. Fast tat es Esca leid, dass er dem anderen geschworen hatte, diesem zu dienen, bis er ihn freiwillig davon befreite. Denn nun war er außerhalb des römischen Reiches und nur sein Wort hielt ihn noch bei dem Römer. Aber dann erinnerte er sich daran, dass er ohne Marcus in der Arena von Calewa gestorben wäre und wenn er endlich von seinem Eid befreit war, konnte er immer noch seine Freiheit genießen.
„Esca, wollt Ihr mit mir und meinen Kriegern morgen auf die Jagd gehen?“ riss ihn die Stimme des Häuptlingssohnes au seinen Gedanken. Er nickte nur und beteiligte sich nun an dem Gespräch der beiden Männer. Zwar war er vorsichtig mit dem, was er sagte, aber dennoch taute er im Laufe des Gespräches merklich auf.
Als sich Esca einige Stunden später auf seinem Lager in seine Decke einwickelte, fühlte er sich seit langer Zeit wieder wie zu hause, aber etwas nagte an ihm, dass er nicht näher definieren konnte. Aber als ihm aus der Decke Marcus Geruch entgegenschlug und er wie von selbst an ihre erste gemeinsame Nacht in jener Höhle denken musste, wusste er wieder, was dieses leere Gefühle in ihm auslöste.