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Moments of Immortality (Fragmente)

Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P18 / MaleSlash
Carlisle Cullen Esme Cullen
07.01.2011
09.01.2022
89
149.974
11
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208 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
 
09.05.2017 1.560
 
Die weniger guten Seiten des Wächterdaseins


Guten Morgen zusammen,

ich verweise auf den geänderten Dienstplan, der ab sofort in Kraft tritt.

Santiago

Diese Mitteilung verbreitete sich dank der modernen Kommunikationsmedien sehr schnell im Schloss und stieß, nachdem der Dienstplan von den Adressaten genau studiert wurde, auf allgemeine Begeisterung.

Bei den älteren Vampiren, da einige vom Dienst im Schloss entbunden waren, die Jüngeren freute es, aktiv am Dienst im Schloss teilhaben zu dürfen. Wie lange hatten sie daraufhin gefiebert und wie oft hatten sie die Beteuerungen der Älteren ignoriert, dass das Wachehalten im Schloss alles andere als spannend war? Besonders in Zeiten wie diesen, wo es ruhig geworden war in der unsterblichen Welt.

Diese Freude sollte jedoch nicht für lange anhalten, denn die jüngeren Gardenmitglieder hatten es sich spannender und vor allem abwechslungsreicher vorgestellt. Sie hatten ja nicht hören wollen und so sollten sie sich auch nicht beschweren, sie hätten sich ihre Pflichten spannender vorgestellt.

Therasia hatte das ganz große Los gezogen. (Das dachte sie zumindest.) Sie durfte den Platz von Corin einnehmen und bei Marcus Wache halten, jenem Meister, den stets eine geheimnisvolle Aura umgab, fand sie.

Alle im Schloss hatten von dem tragischen Ereignis gehört, wie er einst seine Gefährtin verloren hatte. Therasia hatte sich schon oft dabei ertappt, wie sie in Gedanken versunken vor einem Gemälde stand, welches Didyme, die Gefährtin von Marcus, zeigte. Lange hatte sie gebraucht, um ein Abbild von ihr zu finden. Nicht verwunderlich war es wohl, dass man dieses seltene Gemälde in einem weniger benutzten Korridor aufgehängt hatte. Die Erinnerungen derjenigen, die sie gekannt hatten, mussten immer noch sehr schmerzlich sein und Therasia vermochte nicht zu sagen, wie schwer es für diejenigen sein musste, die sie gekannt hatten, die Gemälde immer wieder anzusehen.

Natürlich war das eine große Ehre für Therasia und sie war unglaublich stolz darauf, aber Niemand hatte ihr gesagt, dass es so langweilig werden würde. Oder war es einmal erwähnt worden und sie hatte nicht hingehört? Sie wusste es nicht mehr so genau und nun konnte sie auch nichts mehr an der Tatsache ändern. Wie würde sie denn dastehen, wenn sie gleich am ersten Tag ihren Dienst quittierte, weil sie nicht das Durchhaltevermögen besaß und vor Langeweile einen erneuten Tod starb?

Es war ja zumindest ein Vorteil, dass sie nicht außerhalb des Zimmers auf dem Gang stehen musste, wo nun wirklich nichts los war sondern im Zimmer neben der Tür mit Blick auf den Sessel in dem der Meister sich niedergelassen hatte.

Allerdings war im Zimmer zusammen mit Marcus noch weniger los. Zumindest machte es für die junge Wächterin den Anschein. Sie sehnte schon das Ende dieses Dienstes herbei, wo sie doch gerade erst 20 Minuten hier war. Sie war sich darüber im Klaren, dass das ein Armutszeugnis für eine so junge Wächterin wie sie war. Was hatte sie sich für ihren ersten Dienst auch vorgestellt? Dass er mit ihr Smalltalk halten würde? Wohl kaum.

Marcus las konzentriert in einem Buch und sie wollte nun wirklich nicht stören, also stand sie stumm und still in einer Ecke und versuchte, keinerlei Geräusche zu verursachen, die ihn von seiner Lektüre ablenken konnten.

Sie kannte ihn zu wenig, um beurteilen zu können, wie er reagierte. Also lieber unauffällig bleiben und den ersten Dienst ohne Zwischenfälle meistern. Das machte sich doch sicher gut in einer eventuellen Beurteilung. Wenn es eine solche denn überhaupt gab. Sicher hatte man auch in einem Schloss voller Vampire Aufstiegschancen. Zum Leibwächter beispielsweise. Was für ein Wunschtraum … und dazu mussten die aktuellen Posten erst einmal frei werden und bei der geballten Erfahrung die dort aktuell vertreten war, sahen die Chancen wirklich schlecht aus.

Gab es eine Möglichkeit, als Wächter der Volturi eine andere Ausbildung anzustreben oder möglicherwiese sogar umzuschulen? Sie sollte sich vielleicht näher mit diesem Gedanken befassen und heimlich Erkundigungen einholen.

„Was sagst du zu …?“

„Bitte?“ Sie war so überrumpelt, dass er das Wort an sie richtete, dass sie nicht auf seine Frage geachtet hatte. Hoffentlich nahm er ihr das nicht übel. Das wäre kein guter Start für sie, gleich am ersten Tag einen Fehler zu begehen.

„Was sagst du zu der Tatsache, dass die Nomaden in ihren Rechten und ihrer Freiheit eingeschränkt werden?“

Wollte er tatsächlich ihre Meinung zu einem politischen Thema erfahren? Meinte er das ernst, oder wollte er sie testen?

„Ich habe mich mit den Nomaden noch nicht beschäftigt“, entgegnete sie zögernd und dennoch ehrlich. Die alten Vampire spürten eine Lüge. Und sie mochte die Strafpredigten nicht. Doch der Blick des Herrschers war auch nicht besser. „Interessiert es dich?“

„Selbstverständlich!“, versicherte sie schnell.

„Wir sind mit den Abläufen noch nicht so weit“, gab sie kleinlaut zu. Vampirpolitik war oft schlimmer als die Menschenpolitik. Und einige der jungen Vampire waren etwas unaufmerksam gewesen. Sie eingeschlossen. Und so wie der Mann vor ihr schaute, wusste er das auch bereits.

Marcus nickte und rief sie kurzerhand zu sich an den Tisch, bot ihr den Sessel neben sich an und erklärte ihr ausführlich die für Nomaden geltenden Gesetze. Es klang ganz anders, als die endlosen Erklärungen von Santiago oder andere Lehrmeister, die manchmal ins Schloss kamen. Fasziniert hörte Therasia ihm zu und fand keinen Grund dafür, warum diese Gesetze überhaupt  erlassen worden waren.

„Ich verstehe etwas nicht“, gab sie zu und als Marcus fragend von seinem Buch aufblickte erklärte sie: „Ich verstehe nicht, warum man einer solchen Minderheit so etwas antut. Ich meine, sie sind genauso Geschöpfe der Nacht, wie wir es sind. Sollten sie dann nicht die gleichen Gesetze, Rechte und Pflichten, wie wir haben? Soll man sie denn mehr einschränken, als jene, die unter Menschen leben und einen festen Wohnsitz gewählt haben?“

Marcus schien ernsthaft über ihre Argumentation nachzudenken und Therasia war gespannt auf seine Antwort. Oder hatte sie sich zu weit vorgewagt? Vorsichtig hob sie den Blick, den sie zuvor gesenkt hatte, als ihr klar geworden war, was sie da von sich gegeben hatte. Vielleicht wäre es doch klüger gewesen, einfach den Mund zu halten.



***




Im Gemeinschaftsraum der Garde war der Altersdurchschnitt im Gegensatz zu sonst deutlich gestiegen. Manch einen der älteren Gardisten freute es, etwas unverhoffte Freizeit zu haben und es wurde eifrig darüber diskutiert, wie sich die jüngere Generation bei ihrer ersten Wache so anstellen würde. Oft genug hatten sie darum ersucht, endlich aktiv ins Schlossleben eingebunden zu werden und oft genug hatte Santiago die Gesuche ignoriert. Die Gruppe war oft ungewöhnlich unruhig. Aber Santiago war es nur recht, dass sie sich nun in Geduld üben mussten. Und so hatte er sie etwas an der Nase herumgeführt und gezögert, bis er irgendwann nachgegeben hatte, um diese elendigen Anfragen ein für alle Mal zu stoppen und endlich seine Ruhe davor zu haben. Diese endlosen Fragen der jungen Vampire.

„Ich bin gespannt, ob sie etwas erzählen werden“, gab Corin ihre Gedanken preis. Sie wollte wirklich wissen, wie Therasia sich angestellt hatte. „Immerhin wird sie inzwischen verstanden haben, dass eigentlich nie jemand im Zimmer von Meister Marcus wachen muss.“

„Das werden sie“, war sich Alec sicher. Der Hexenzwilling grinste.

„Was macht dich da so sicher?“

„Sie sind mitteilungsbedürftig und können die Dinge nicht so lange für sich behalten. Dafür sind sie viel zu impulsiv.“

„Aber sie werden sich nicht blamieren, wenn sie zugeben, dass es langweilig war. Dazu sind sie teilweise zu stolz.“

„Sei dir da mal nicht so sicher“, hielt Alec dagegen. „Sie werden alles erzählen. Auch von den weniger guten Seiten, die unser Leben zu bieten hat. Jeder muss sich irgendwann auch seinen Frust von der Seele reden, auch, wenn er ein Vampir ist.“



***




„Nun frag schon Corin, bevor du vor Neugierde noch platzt!“

Angesprochene lächelte, dass Meister Marcus gewillt war, ihr Informationen bezüglich der ersten Wache von Therasia zu geben. Sie hatte die jüngere Wächterin vor etwa zwei Stunden abgelöst. Dem Gesichtsausdruck Therasias hatte sie nicht entnehmen können, wie ihre erste Wache verlaufen war.

„Ich wüsste nicht…“

„Du und die anderen ihr fragt euch doch sicher, wie eure nachfolgende Generation sich angestellt hat an ihrem ersten Tag. Du kannst nicht leugnen, dass du neugierig bist. Dafür kenne ich dich schon zu lange.“

„Etwas Neugierde ist schon dabei, da habt Ihr Recht Meister Marcus. Immerhin hat Santiago erzählt, dass Sie eingeweiht waren.“

„Sie haben sich allesamt besser geschlagen, als wir es vermutet hatten. Ihr habt gute Arbeit geleistet, um sie darauf vorzubereiten.“

Corin war erstaunt, über diese Worte und fragte sich, was für eine Vorbereitung Marcus meinte. Sie hatten nichts dergleichen getan, hatten den Eifer der jüngeren Gardisten sogar etwas dämpfen wollen, indem sie ihnen weiszumachen versuchten, dass der Großteil des Wachestehens langweilig war. Aber sie wollte ihn lieber in diesem Glauben lassen, als diesen Umstand richtig zu stellen.

„Das freut mich“, entgegnete sie daher.

„Nicht, dass ihr erfahrenen Wächter jetzt denkt, dass ihr euch ausruhen könnt, jetzt, wo eure Nachfahren so langsam beginnen, nützlich zu werden.“

Corin konnte ein irritiertes Stottern nicht unterdrücken. „Wie … wie kommt Ihr darauf Meister Marcus?“

„Meine liebe Corin. Ich kenne euch Wächter gut genug, um das beurteilen zu können. Sollte ich den Eindruck haben, dass Santiago diesbezüglich nur minimal etwas am Dienstplan abändert, damit ihr  nicht mehr so oft Wachen halten müsst, werde ich Caius und Aro informieren und ich glaube, das wollt ihr alle nicht.“

Diese unterschwellige Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht und Corin war so überrumpelt, dass sie es versäumte, eine Antwort darauf zu geben. Das amüsierte Lächeln, welches sich auf Marcus Gesicht ausbreitete, sah sie nicht.
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