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Sweet Dreams

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama / P18 / MaleSlash
Alexander Cassander Cleitus Hephaestion Ptolemeäus
31.10.2010
10.09.2011
15
28.986
2
Alle Kapitel
154 Reviews
Dieses Kapitel
5 Reviews
 
31.10.2010 3.652
 
Huhu =)

Möchte mich nur eben noch für die Reviews von Raija und outtaker bedanken. Habe mich sehr gefreut ^^

nun viel Spaß mit dem neuen Kapitel.  =)



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Der König ging umsonst zu Hephaistions Räumen. Der braunhaarige war nicht dort. Alexander überlegte einen Moment, wo er sein könnte und ging durch die Stadt.
Ihm kam schließlich ein Gedanke und er ging zu dem See, an dem Hephaistion öfters saß, wenn er nachdachte und tatsächlich: Auch dieses Mal saß er dort.
Langsam ging Alexander an ihn heran. Er machte sich keine Mühe leise zu sein als das Gras unter seinen Füßen raschelte, und dennoch drehte Hephaistion sich nicht um. Er saß auf dem Boden, hatte seine Beine angewinkelt und warf Steine ins Wasser. Alexander kam die Situation komisch vor und er blickte auf den See.
Einige Enten hatten durch die fliegenden Steine schon das Weite gesucht und schwammen immer weiter weg, obwohl doch sonst immer alle möglichen Tiere um Hephaistion herum waren. War er etwa traurig?

„Ist alles in Ordnung mit dir?“
„Klar, was soll schon sein…“ Genau, was sollte eigentlich sein? Es war doch nur ein dämlicher, kleiner Traum. Oder nicht?
„Naja, du wirkst zerstreut.“
„Ich darf auch mal einen schlechten Tag haben, Alexander!“

Hephaistion drehte seinen Kopf um ihn anzusehen. Der blonde saß ein leichtes Funkeln des Zorns in den blauen Augen, was auch ihn verärgerte.
„Nun sei doch nicht gleich gereizt! Ich mach mir doch nur Sorgen um dich.“
„Ja…entschuldige…“

Der König setzte sich ins Gras neben Hephaistion und starrte auch auf den See.
„Weißt du, manchmal vermisse ich das Leben als es nur uns beide gab…“
„Ich auch, mein Alexander.“
Mutlos sah Hephaistion den blonden an, der stur weiter aufs Wasser sah und erstmal nichts weiter dazu sagte.

„Du hast dich verändert, Hephaistion. Du bist nicht mehr wie früher. Ich glaube du bist noch immer eifersüchtig wegen Roxane und das macht die ganze Sache immer mehr kaputt.“
„Was? Du hast dich doch auch verändert! Du bist derjenige, der geheiratet hat, du hast dir diesen Eunuch angelacht, du hast sämtliche Länder erobert und sagst dann, ich hätte mich verändert und das würde alles kaputt machen? Ich fass es nicht, Alexander! Wie kannst du nur so etwas sagen?“

Alexander hatte es mal wieder geschafft, Hephaistion aus der Fassung zu bringen und dazu brauchte es schon wirklich einiges. Verärgert stand der braunhaarige auf und ging schnurstracks in Richtung Stadt zurück.
Der blonde König blieb erstmal sitzen und wusste nicht, was er tun sollte. Eigentlich wusste er, dass Hephaistion Recht hatte. Auch er hatte sich verändert und eine Menge andere Sachen, wie die Hochzeit, spielten damit rein, dass zwischen ihm und Hephaistion vieles nicht mehr so gut lief, wie früher.

„Phae, warte doch!“ Der König stand auf und lief Hephaistion hinterher. Dass er keine Antwort erhielt und der andere einfach weiterging, wunderte ihn nicht.
Alexander nahm Anlauf und fegte auf Hephaistion zu. Er stieß einen lauten Schrei aus und Hephaistion drehte sich verwirrt zu dem anstürmen König um. Der blonde riss sie beide lachend zu Boden und blieb auf dem anderen sitzen.

„Geh runter! Lass mich in Ruhe!“
„Verzeih mir meine Wortwahl. Natürlich liegt es nicht nur an dir.“
Alexander beugte sich ein Stück runter und nahm Hephaistion so gut es ging in den Arm. Zuerst sagte keiner was, bis Hephaistions traurige Stimme die Stille durchbrach.
„Alexander, ich wünschte es wäre wieder wie früher…“
„Es wird wieder wie früher werden. Wir werden wieder mehr Zeit miteinander verbringen, ich versprech's dir. Wir haben schon so oft zusammen schwere Zeiten überstanden. Lass uns die letzte Zeit vergessen und neu beginnen.“
Hephaistion nickte bloß. Die Zeit einfach vergessen? Die Zeit, die sie nicht zusammen hatten? Er bekam Zweifel und dennoch war er froh, dass sie es noch einmal versuchen wollten.

„Und kleide dich nicht so freizügig, die anderen Männer gucken schon.“
„Ist es dir aufgefallen?“ Hephaistion schlich ein Lächeln ins Gesicht. Hatte er also doch Erfolg gehabt!
„Natürlich ist es mir aufgefallen, was dachtest du denn? Hephaistion, ich träume ja schon nachts von dir. Wie du in deinem kurzen Chiton vor mir stehst und dich langsam ausziehst, wie du dann wie eine wilde Katze zu mir ins Bett kommst, und wie wir…sag mal, träumst du eigentlich auch von mir?“
„Äh…“
„Ach was frag ich eigentlich? Natürlich tust du das!“
Hephaistion zog unauffällig eine Grimasse. Er fühlte sich schlecht, aber er hatte ja nicht gelogen. Schließlich hatte Alexander das ja gesagt und wenn er ihm jetzt von dem Traum mit Kassander erzählen würde, wäre er unendlich enttäuscht gewesen. Und die zweite Chance für sie beide wäre höchstwahrscheinlich innerhalb einer Sekunde verpufft.

Alexander stütze sich auf seine Arme und blieb auf Hephaistion liegen. Die ganze Zeit sah er ihn einfach nur an.
Der König wollte am liebsten für immer so liegen bleiben, wurde jedoch nach einiger Zeit sanft weggedrückt.
„Was ist los?“ Alexander sah ihn nur verwirrt an, blieb aber zur Hälfte auf Hephaistion liegen.
„Ich glaube wir werden beobachtet.“
„Ach, das ist doch Unsinn.“
Mochte sein, dass es Unsinn war, doch Hephaistion fühlte sich nicht wohl. Eigentlich sollte er doch froh sein, Alexander nach so langer Zeit so frei von allen Sorgen auf sich drauf zu haben, doch irgendwie war das zu viel für den Anfang.

Hephaistion spürte auf einmal Alexanders Lippen auf seinen eigenen. Der blonde küsste ihn hungrig und strich durch seine Haare.
Hephaistion hatte das so sehr vermisst und stemmte dennoch mit leichtem Druck seine Hände gegen Alexanders Brust.
Nicht, weil er es nicht wollte, sondern vielmehr um zu spüren, dass er auch wirklich da war und die ganze Situation gerade wirklich stattfand.

Alexanders Hand wanderte nach unten. Er strich Hephaistion über die Schenkel und schob seinen Chiton ein Stück höher.
Der blonde hielt in seinen Bewegungen inne, als ein paar Meter weiter ein Stein auf der Erde aufschlug.
Beide sahen zu dem kleinen Loch, das der Stein beim Aufprall hinterlassen hatte.
„Ich sag doch, wir werden beobachtet“, murmelte Hephaistion vor sich hin.
Alexander zog Hephaistions Chiton wieder runter und stand blitzschnell auf.
Wie ein wildes Tier sah er sich nach einem Angreifer um.

Hephaistion wusste nicht, ob er sich freuen oder weinen sollte, dass irgendjemand sie gerade jetzt störte. Auch er setzte sich auf und sah sich um.

„Komm!“
Alexander packte Hephaistion am Handgelenk, zog ihn hoch und zerrte ihn zur Stadt zurück. Der König sah ärgerlich aus und Hephaistion entschied sich, den dämlichen Kommentar, der ihm in den Kopf geschossen war, jetzt lieber für sich zu behalten. Er fragte sich, wer sie beobachtet und den Stein geworfen hatte, war für einen Moment aber ziemlich erleichtert gewesen.

Schämen tat Alexander sich nicht. Sollte sie doch jemand gesehen haben. Schließlich war er derjenige, der das Glück besaß Hephaistion so nahe zu kommen, wie kein anderer.
Und genau das hatte er vor. Er ging mit Hephaistion zu dessen Räumen und schubste ihn sanft auf das Bett.
Der braunhaarige lächelte, sah aber ein wenig unsicher aus.
„Was ist? Hast du Angst?“
Hephaistion schüttelte den Kopf. Natürlich hatte er keine Angst. Es ging ihm einfach nur zu schnell.
„Hast du keine Lust?“
„Doch...“

Hephaistion merkte, wie Alexander sich über seine Antwort freute. Sofort machte der blonde sich daran, sich auszuziehen und bevor Hephaistion irgendetwas weiteres sagen konnte, saß der andere auch schon nackt auf ihm und fummelte wieder an seiner Kleidung herum.

Der weiche Stoff glitt von seiner Haut und Hephaistion spürte das schöne Gefühl, wie Alexanders Lippen seine Haut liebkosten. Die Unsicherheit verflog und Hephaistion entspannte sich langsam.
Die starken Hände die ihn festhielten gaben ihm so viel Sicherheit. Sicherheit, die Gefühle, die Vertrauten Berührungen, all das, was Hephaistion so lange vermisst hatte, bekam er endlich wieder.

Sie küssten sich und als Hephaistion seine Augen wieder öffnete, blickte er in die Alexanders. In diese bernsteinfarbenen Augen, in denen Flammen der Lust emporloderten.
„Hephaistion, ich will dich! Die ganze Nacht will ich dich lieben und auch morgen…“, hauchte Alexander ihm entgegen.
Der König bekam seine Antwort, indem er hinuntergezogen und in einen weiteren heißen Kuss verwickelt wurde.

*****

Hephaistion war glücklich. Er hatte seit langem mal wieder erholsam geschlafen. Keine verrückten Träume oder ähnliches, was ihn sonst am schlafen hinderte, störte ihn diese Nacht.
Nach so langer Zeit hatte er endlich seinen Alexander wieder. Er drehte sich auf die Seite und fand niemanden vor. Ein wenig enttäuscht ließ er seine Hand über das weiche Kissen wandern, doch er lächelte nach kurzer Zeit sofort wieder. Er war da gewesen und es war schön gewesen.

Nachdem er ein Bad genommen hatte, sich die Augen ein wenig betont hatte und die Haare schnell durchgekämmt hatte, zog er sich einen hellblauen Chiton an und schritt fröhlich durch den Raum.
Das Sonnenlicht blendete Hephaistion als er vor die Tür trat und er musste erst ein paar mal blinzeln, bevor er die Person vor sich erkannte.
Schließlich ließ er den Kopf ein wenig hängen und stöhnte genervt als er die Person erkannte.

„Kassander, willst du mich jetzt eigentlich überall abfangen?“
„Hephaistion, nehmen wir an, du hättest ein Geheimnis, das keiner erfahren sollte, weil er es sonst Alexander erzählen könnte. Du hast dennoch das Bedürfnis, darüber zu reden, weißt aber nicht mit wem, weil keiner von Alexanders Männern es für sich behalten und somit dem König in den Rücken fallen würde. Sag mir, Hephaistion, wer würde dir spontan einfallen, mit dem du dein süßes kleines Geheimnis noch teilen könntest?“
Ein breites Grinsen schlich sich auf Kassanders Züge, während er mit jedem Satz ein kleines Stück näher an Hephaistion heran trat.

Hephaistion wusste genau, was Kassander jetzt hören wollte. Er lächelte kurz und setzte einen teilnahmslosen Gesichtsausdruck auf.
„Tut mir leid, da fällt mir leider keiner ein.“
Hephaistion drehte sich um. Er hatte keine Lust auf ein Gespräch mit Kassander. Schon gar nicht auf eines dieser Art. Es war nur ein Traum. Ein unbedeutender Traum. Die Sache hatte sich mit letzter Nacht erledigt.
Er machte sich daran in die andere Richtung zu gehen, wurde er aber plötzlich am Arm festgehalten und zurückgezogen.

„Es hat mit mir zu tun, nicht wahr?“
„Woher weißt du das?“
„Ich wusste es nicht, ich dachte, ich probier das mal aus, um mehr aus dir herauszukriegen. Hat prima geklappt. Es hat also mit mir zu tun…“
Hephaistions Gesichtsausdruck veränderte sich von Empörung in Wut. Wie konnte er nur auf diesen uralten Trick hereinfallen?
Nun musste er kontern. Er durfte keinesfalls zu viel Preisgeben.

„Vielleicht will ich dich ja auch gerade bloß testen, Kassander!“
„So schlau bist du nicht. Ich meine, wie dumm kann man nur sein, immer demselben Mann hinterherzulaufen, obwohl so viele andere Interessenten warten. Alexander behandelt dich wie Dreck und du merkst es nicht einmal.“
„Tut er nicht!“
„Ach nein? Hephaistion, denkst du wirklich Alexander empfindet noch so etwas wie Liebe oder Freundschaft für dich? Das war einmal. Er hat dich abgeschoben, du bist jetzt genau so eine willenslose Hure, wie dieser Eunuch Bagoas. Er holt euch mal aus der Schublade, wenn er keine Lust auf seine barbarische Frau hat. Na, ist es nicht so? Gestern habt ihr ja auch im Gras gelegen. Schade eigentlich, dass ich ihn mit dem Stein nicht am Kopf getroffen habe. Wäre sicher amüsant gewesen! Unser lieber Alexander konnte sich bei deinem Anblick ja anscheinend kaum halten und ich kann ihn da gut verstehen. Aber stell dir vor der Eunuch wäre dabei gewesen…wen von euch beiden hätte er wohl gewählt?“

Hephaistion war sprachlos. Aus dem Blickwinkel hatte er die Sache zwar schon mal betrachtet, jedoch erfolgreich verdrängt. Er hatte die ganze Zeit über einfach gedacht, er wäre nicht mehr interessant, weil Alexander durch seine Pläne so gestresst war. Dann hatte er angefangen, die Fehler an sich zu suchen. Doch was wenn Kassander wirklich recht hatte? Roxane war ja jetzt schließlich auch noch da und unbedingt mit ihr wollte Alexander ja einen Erben zeugen.

Kassander konnte sehen, wie Hephaistion über seine Worte nachdachte und lächelte trocken. Er beschloss noch ein wenig nachzuhelfen.
„Alexander will dich nicht mehr, damit musst du dich wohl abfinden. Ich weiß das tut weh, aber vielleicht solltest du dir jemand anderes suchen. Hephaistion, wir beide wissen, dass du etwas besseres verdient hast.“
„Und bei diesen Worten hast du keinerlei Hintergedanken, nicht wahr?!“
Hephaistion pustete kurz Luft durch seine Lippen und sah ihn verachtend an, während Kassander nur überheblich grinste. Am liebsten hätte Hephaistion sein gegenüber geschlagen, aber dann wüsste dieser nur, dass er ihn mit seinen Worten hart getroffen hatte.

„Hephaistion, hast du etwa Angst, ich gehe zu Alexander und petze ihm dein Geheimnis?“
„Nein, das würdest du nicht tun. Du würdest dich eher in dem Ruhm suhlen und protzen, wenn du von dem Traum wüsstest…“

Kassanders Grinsen wurde so breit, dass es ihm eigentlich gar nicht mehr ins Gesicht passte.
Hephaistion merkte, er hatte zu viel gesagt. Unsicher blickte er hin und her, ob irgendwelche Wachen sie beobachtet oder schlimmstenfalls mitgehört hatten.

Auf irgendeine Art und Weise schaffte Kassander es immer wieder die Leute zum Reden zu bringen und er wurde da leider nicht verschont. Diesmal wollte er sich nicht zurückhalten lassen und ging beleidigt weg.

Er hatte ihn glücklicherweise nicht mehr vor seiner Nase, doch Kassanders Worte beschäftigten ihn weiterhin. Gedankenversunken machte er seinen Weg durch den Palast, während seine Hand an dem rauen Stein der Mauer entlang strich.
Von weitem hörte er eine Stimme leise reden und irgendjemand kicherte.
Abrupt blieb er stehen.
Er sah Alexander, der Bagoas breit grinsend an den Hintern fasste und ihn an sich zog. Als wäre das nicht genug, begann Alexander auch noch ihn zu küssen.
Hephaistion fühlte, wie sein Herz in tausend Teile zersprang und ihm sein inneres aufschlitzte. Die schwarzen Scherben lagen Blutverschmiert in seiner Brust und begannen fürchterlich zu brennen als Alexander den Eunuch schließlich auch noch mit in seine Räumen nahm.
Tränen stiegen in seine Augen.
Kassander hatte also die Wahrheit gesagt. Alexander hatte ihn wirklich nur benutzt um ein paar schöne Stunden zu haben.
Wie sagte er noch? 'Es wird wie früher werden?' Alexander hatte mal wieder das blaue vom Himmel heruntergelogen, nur um sich zu amüsieren. So sehr hatte er Hephaistion noch nie verletzt.

Es dauerte nicht lange, da hörte er trotz geschlossener Tür auch schon das Gestöhne der beiden. Er hielt es im Kopf nicht aus. Gestern dachte er noch alles wäre wieder gut. Es gäbe nur noch ihn und Alexander, und Bagoas und Roxane wären unbedeutsame Nebenfiguren. Hatte er sich gestern Abend so sehr gehen lassen, dass er dabei jeglichen Sinn zur Realität verloren hatte? Er war scheinbar hier die Nebenfigur und nicht die anderen.

Hephaistion ging erst ein paar Schritte rückwärts, dann drehte er sich um und sah zu, dass er schnell von Alexander und Bagoas und vor allem von ihrem Gestöhne wegkam. Besonders das von Alexander tat weh. Es hörte sich genau so an, wie das, wenn sie miteinander schliefen. War er denn wirklich nichts besonderes mehr? Wieder ertönten Kassanders Worte in seinem Kopf und er verzweifelte mehr und mehr.

Er lehnte sich gegen eine Wand und rutschte niedergedrückt an ihr herunter. Er starrte ins leere und schloss nach einem Moment lang die Augen.
Hephaistion fühlte nichts mehr. Er saß bloß in einer einsamen Welt auf dem kalten Boden.
'…er hat dich abgeschoben…du bist eine willenslose Hure…wen hätte er wohl gewählt…Alexander will dich nicht mehr…'
Von allen Seiten flogen diese schmerzlichen Wörter auf ihn zu und zerdrückten jegliche Emotion, die in diesem Moment noch übrig war. Nichts zählte mehr. Nur diese Wörter.
Plötzlich spürte er das dringende Bedürfnis, in den Arm genommen zu werden. Irgendjemand, der ihm Halt gab, sollte jetzt um die Ecke kommen und ihn finden, doch niemand tauchte auf.
Niemand, nur die besorgte, kalte Stimme der Person, die Hephaistion jetzt am liebsten irgendeine Treppe hinunterschubsen würde.

„Hephaistion, wieso sitzt du hier? Ist dir schwindelig? Komm, vielleicht musst du mal was essen.“
Alexander stand vor ihm. Wie lange hatte er denn hier gesessen?
Hephaistion antwortete nicht. Wieso sollte er noch mit ihm sprechen? Depressiv blickte er kurz zu ihm hoch und sah genau so schnell wieder weg.
Der blonde König zog ihn hinauf und führte ihn hinter sich her zum Speisesaal.

Hephaistion aß nichts. Er war mal wieder eigentlich nur anwesend und zupfte an dem Stängel einer verwelkten Blume herum, die er aus der Vase auf dem Tisch gerupft hatte. Inzwischen fragte er sich, wieso er überhaupt mitgekommen war.
Und wieso war er überhaupt noch hier bei Alexander? Es war doch eh alles zerstört… Was hielt ihn eigentlich noch davon ab, in eine andere Stadt zu gehen und nochmal neu anzufangen?

Hephaistion merkte nicht, wie die anderen Soldaten sich langsam auf den Weg machten. Er sah weiterhin gedankenversunken aus dem Fenster. Nur noch er und Alexander saßen in dem großen Raum und genau darauf hatte der König wohl auch gewartet.

„Hephaistion, wieso bist du seit gestern so komisch?“
„Alexander…liebst du mich nicht mehr?“
„Was? Hephaistion, wieso fragst du so etwas?“
„Naja, weil Kass…ach egal…“
„Nein, sag es mir.“
„Nein, sag du mir, ob du mich noch liebst! Ich habe euch gesehen. Dich und diesen hässlichen Eunuch…“
„Hephaistion, was soll denn das? Natürlich liebe ich dich noch.“
Alexander verstand ihn einfach nicht. Wieso fragte er ihn solche Sachen, die für ihn doch selbstverständlich waren? Als der braunhaarige nickte und sich umdrehte um den Raum zu verlassen, hielt Alexander ihn auf.

„Was wolltest du davor sagen? Kass…?“
„Lass mich los! Und lass mich in Ruhe!“
Hephaistion riss sich los und stieß die Tür auf. Die Diskussion war für ihn beendet und er machte sich daran zurück zu seinen Räumen zu gehen. Alexander kam hinterher und hielt ihn erneut auf.
„Verdammt Hephaistion, was geht nur in deinem Kopf vor? Ich verstehe dich nicht!“
„Was in meinem Kopf vorgeht? Ach nichts, Alexander. Nur ein paar bedeutungslose Gefühle auf denen du tagtäglich herumtrampelst ohne es zu merken!“

So! Endlich hatte er es ihm gesagt. Hephaistion war ein wenig stolz auf sich, dass er Alexander endlich mal gesagt hatte, was er überhaupt hatte.
Alexander hingegen verstand die Welt nicht mehr. Wieso trampelte er auf Hephaistions Gefühlen herum? Er wusste doch ganz genau, dass Roxane nur da war um einen Erben zu zeugen. Und Bagoas… Er diente doch nur zur Befriedigung, da er Hephaistion nicht überfordern wollte. Abgesehen davon konnte er nichts dafür, dass der Eunuch so anziehend auf ihn wirkte…

Perdikkas, Ptolemaios, Kleitos und ein paar andere kamen des Weges und grüßten den König.
Hephaistion witterte die Chance, sich unbemerkt von Alexander zu entfernen und machte sich daran unauffällig wegzugehen. Er wusste schon lange, dass dieses Gespräch zu nichts mehr führen würde. Es war vorbei!
Der König merkte, dass Hephaistion wegging und ließ die anderen nach einer kurzen Begrüßung sofort links liegen.
Er hob einen Arm und zeigte auf den Boden neben sich.

„Hephaistion, komm zurück!“
„Nein!“
„Beweg deinen Hintern hierher!“
„Ach, deshalb willst du dich also mit mir vertragen!“
„Verdammt, du machst mich wahnsinnig mit deiner kratzbürstigen Art! Sieh zu, dass du deinen Arsch hierher bewegst! Sofort!“

Hephaistion erstarrte kurz, dann drehte er sich um und sah ihn wütend an. Alexander entgleisten kurz alle Gesichtszüge als er dem braunhaarigen in die Augen schaute. Wenn Hephaistions Blicke töten könnten, wäre wahrscheinlich ganz Makedonien ausgestorben. Alexander fühlte sich plötzlich klitzeklein und unbedeutend, während der andere ihn in Grund und Boden starrte.

„Du hast Recht, Alexander. Ich bin derjenige der sich verändert hat. Ich allein. Und zwar habe ich mich dementsprechend verändert, dass ich mir so etwas von dir nicht mehr bieten lasse! Kassander hatte Recht, was dich angeht. Vielleicht sollte ich mir andere Freunde suchen… Und nun lass mich in Ruhe! Für immer!“

Hephaistion ging weiter und schluckte ein paar Tränen hinunter. Er wollte erst weinen, wenn er weg von den anderen war. Es war schon schlimm genug, dass die anderen ihren Streit mitbekommen hatten, doch niemand sollte ihn weinen sehen.

Alexander klappte der Mund auf. Wie konnte Hephaistion so etwas zu ihm sagen? Er war doch schließlich der König…
Alexander war unfähig etwas zu sagen. Er merkte auch erst nicht, wie Kleitos und Ptolemaios näher an ihn herantraten
„Habt ihr seinen Blick gesehen? Da bekommt man es ja mit der Angst zu tun.“ Ungläubig sah Kleitos Hephaistion hinterher. So außer sich hatte er ihn noch nie gesehen und obwohl er ein wenig darüber schmunzeln musste, wollte er ihn von nun an auch nie wieder so erleben.

Ptolemaios fasste Alexander an den Schultern. Der blonde, sonst so mächtig wirkende König sah ohne Hephaistion an seiner Seite total verloren aus.
„Alexander, was ist da gerade zwischen euch vorgefallen?“
„Ich…Ich weiß es nicht genau. Hephaistion spinnt sich irgendwelche Dinge zusammen. Er ist total hysterisch. Kassander… Er sprach von Kassander… Der hat ihm irgendwas eingeredet!“
„Alexander, ich glaube du interpretierst da zu viel hinein… Hephaistion ist einfach aus irgendwelchen Gründen wütend auf dich. Da faselt man schon mal was daher…“
„Kassander hat auf ihn eingeredet und jetzt hat Hephaistion den Verstand verloren und hasst mich!“
Kleitos stellte sich vor Alexander um ihm in die Augen zu sehen.
„Komm, Alexander, wir wissen doch alle, dass Hephaistion der letzte wäre, der sich von irgendjemanden, besonders Kassander etwas einreden lassen würde…“
Ptolemaios sah Kleitos ärgerlich an. Lieber hätte er den König in dem Glauben gelassen, Kassander sei Schuld, anstatt zuzusehen, wie dieser in seinem Selbstmitleid unterging.

„Du hast Recht. Ptolemaios, Kleitos, was habe ich denn getan? Was mach ich denn jetzt bloß?“
„Alexander, Hephaistion ist ein wenig wütend…naja…sehr wütend... Aber er hasst dich nicht. Lass ihm einfach jetzt ein wenig Zeit für sich, der beruhigt sich auch wieder.“
Ptolemaios und Kleitos warfen sich einen kurzen Blick zu. Beide wussten im Grunde genommen, dass das mehr war als eine kleine Meinungsverschiedenheit und dass es für Alexander jetzt ziemlich schwer werden würde, Hephaistion wieder zu besänftigen.


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tbc.

Ähm... Ich glaube nicht, dass die früher das Wort "Arsch" kannten, aber ich fand das passte gut. Jedenfalls besser als Popo oder so... ich bitte da um euer Verständnis ;)  

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