Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Allahs Wunsch - Puzzlegeschichte

von Altais
Kurzbeschreibung
KurzgeschichteMystery, Liebesgeschichte / P16 / Gen
16.10.2010
16.10.2010
1
7.551
4
Alle Kapitel
6 Reviews
Dieses Kapitel
6 Reviews
 
 
 
16.10.2010 7.551
 
„Der Himmel ist wolkenlos, kein Wind weht, und es ist so heiß, dass es einem die Haut verbrennt.“


Blabla. Ich achtete überhaupt nicht auf das Radio, denn es sagte tatsächlich seit Wochen dasselbe.

Der Ventilator ließ die fünfunddreißig Grad warme Luft zirkulieren und verschaffte mir damit kaum Erleichterung. Tja, der Chef hielt nicht viel von Klimaanlagen. Er meinte, die seien die schlimmsten Bakterienschleudern, ich hatte den Verdacht, dass er bloß zu gierig war, dieses Haus damit ausstatten zu lassen.
Er bezahlte mir ja auch nie die Überstunden.
Während andere sich in ihren Wohnungen vergruben oder die Schwimmbäder überbevölkerten, an einem wirklich überaus heißen Samstagnachmittag, saß ich noch hier und vervollständigte die Arbeit seiner Lieblingssekretärin, Tatjana. Am Vormittag hatte sie nämlich einen Schwächeanfall vorgetäuscht.
Warum machte ich das, und warf ihm das Zeug nicht um die Ohren? Genauso wie meine Kündigung?
Keine Ahnung. Vielleicht weil ich Angst hatte, während der Wirtschaftskrise so schnell keinen entsprechenden Job zu finden. Es war an sich kein schlechter Job. Eigentlich fand ich ihn recht angenehm. Vorher hatte ich fast zehn Jahre in einem Großraumbüro gearbeitet, dessen Wände geschimmelt hatten, und die veralteten, grün flimmernden Computer hatten mir die Augen ruiniert. Abgesehen davon war das Geld immer mindestens zehn Tage zu spät auf dem Konto gewesen. Als die Bude vor einem Jahr den Bach runter gegangen war, hatte ich beinahe gejauchzt, trotz der Angst, keine neue Arbeit zu finden.
Aber jetzt war ich ja hier, und machte die Arbeit anderer fertig. Vielleicht konnte ich mir nächste Woche mal einen Tag frei nehmen.

Nach dem Korrekturlesen nahm ich mir aus dem Kühlschrank in unserer kleinen Küche eine Dose Cola und legte sie an meine Stirn. Später öffnete ich sie und trank genüsslich einen Schluck. Ein paar Sachen musste ich noch erledigen, ehe ich hier endlich abschließen konnte. Ich hatte es nicht eilig. Da der Chef die Überstunden ohnehin nicht bezahlte, hatte ich auch keine Skrupel, mir etwas Zeit zu lassen, damit sich wenigstens ein ganzer Tag Zeitausgleich ausging. Außerdem wartete auf mich bloß eine ebenfalls fünfunddreißig Grad heiße Dachwohnung ohne Klimaanlage.

Als ich den engen Flur zurück zu meinem Büroraum ging, hörte ich ein Geräusch aus einem der hinteren Zimmer – einem derer, die als Archiv genützt wurden.
Erst dachte ich, dass ein Ordner umgekippt war. Hin und wieder machten die Dinger sich selbstständig, wenn man sie nicht ordentlich hineinschob in die Regale.

Als das Geräusch ein zweites Mal erklang, diesmal deutlicher, ein sehr lautes Schaben am Boden, bekam ich es mit der Angst zu tun. Es war niemand mehr anwesend. Das wusste ich ganz sicher. Die Putzfrau kam immer erst abends, auch am Freitag. Der Raum verfügte über kein Fenster, weswegen auch der Wind dort drin nichts bewegen konnte.

Ich hatte aber auch nichts am Flur gehört. Meine Bürotür stand schon den ganzen Tag offen, dass die Luft zumindest durchziehen konnte. Es war unwahrscheinlich, dass ich einen Einbrecher erst hören würde, wenn er im Archiv herumkramte. Abgesehen davon gab es dort nichts, was von Wert war – nicht mal für die Konkurrenz.

Das einzig Denkbare war, dass sich eine Ratte dort drin zu schaffen machte. Eine ziemlich große, wenn man mich fragte. Oder ein Kobold.

Sollte ich einfach gehen? Für die Ungezieferjagd wurde ich schließlich nicht bezahlt. Auch wenn ich keine Angst vor Ratten hatte. Nicht einmal vor bissigen, riesenhaften Ratten, die Stellagen herum schoben.
Andererseits gehöre ich eindeutig in die Kategorie der neugierigen Menschen, und es ließ mir keine Ruhe.

Leise schlich ich zurück in mein Büro und suchte nach etwas Brauchbarem, das ich als Waffe benützen konnte. Vorsicht war besser ist Nachsicht. Ein Brieföffner aus massivem Stahl kam mir in den Sinn, die Lavalampe, die meine Vorgängerin hier gelassen hatte, eine Coca Cola-Dose, die man eventuell als Wurfgeschoss einsetzen konnte, und ein Stanley-Messer. Ich entschied mich für den Brieföffner.

Diesen fest in der Hand, bereit damit zuzustechen, stahl ich mich zurück auf den Gang. Ich lauschte eine Weile, und abermals erklang dieses Schaben. Ein wenig stellten sich mir die Nackenhaare auf, aber ich wollte nicht den Schwanz einziehen. Auch wenn niemand mich dabei beobachten würde.

Das kalte Metall in meiner Hand beruhigte mich nur sehr mäßig. Ich glaubte nicht wirklich, dass ich es überhaupt benützen konnte, wenn es darauf ankam. Wenn es sich wirklich um eine Ratte handelte, würde ich sie aber ohnehin nicht erwischen. Ich bin nicht unbedingt ein flinker Mensch.

Mit sehr unsicheren, um nicht zu sagen zittrigen Fingern umfasste ich die Türklinke, genau während in dem dahinterliegenden Raum ein besonders lautes Rascheln und Rucken ertönte. Etwas Schweres ging mit einem ächzenden Krachen zu Boden. Vor Schreck drückte ich die Klinke runter. Ein leiser Aufschrei des Erschreckens entfleuchte meinem Mund, dem ein gezischter Fluch folgte. Ich zog meine Hand zurück und entfernte mich ein paar Zentimeter von der Tür, welche geschlossen blieb.

Trotz der hochofenähnlichen Hitze lief mir plötzlich kalter Schweiß vom Haaransatz über den Rücken.

Vielleicht sollte ich doch die Polizei rufen. Keine Ratte der Welt konnte einen solchen Radau machen. Wenn doch, dann war das gleichermaßen ein Fall für die Behörden, nicht für Büroangestellte mit Brieföffnern als Waffen. Mich jetzt da hineinzubegeben, war ähnlich dämlich, wie zu sagen: „Ich komme gleich wieder!“, wenn man in einem Horrorfilm nur die Nebenrolle spielte.
Trotzdem siegte meine Neugier über den gesunden Menschenverstand, und ehe ich mich versah, hatte ich wieder die Klinke in der Hand.
Ich riss in einem Anflug von Todesmut die Tür auf, so fest, dass sie gegen die Wand knallte, griff mit der Geschwindigkeit eines D-Zugs nach dem Lichtschalter und fand ihn wie durch ein Wunder sofort. Licht aus fünf an der Decke befestigten Halogenlampen flutete flackernd die gähnende Finsternis.

Sofort sah ich, dass ein Aktenschrank zu Boden gegangen war. Die Kartonbehälter waren teils unter dem schweren Stahl plattgedrückt, teilweise lagen sie auf dem Boden verteilt. Ordner waren bis vor die Tür geschleudert worden, und einzelne Papierblätter bewegten sich sogar noch.

Und dann sah ich sie. Ihn. Es. Das blecherne Geräusch, als der Metallbriefbeschwerer auf den Fliesenboden fiel, bekam ich nur sehr peripher mit. Dafür aber die Hitze, die hier noch extremer schien, um dieses … diese Kreatur herum.

Statt Schuhen trug das Ding gar nichts. Es hätte auch kein Schuh der Welt auf diese Hufe gepasst. Auch die „Hände“ waren seltsam. Sie ähnelten Pranken. Denen einer Großkatze. Jedenfalls sahen sie nicht wie die eines Menschen aus. Keine langen, geschickten Finger, mit denen man etwas halten konnte.

Es hatte auch Haare. Sehr lange Kopfhaare, in rötlich-gelblicher Farbe, wie Flammen. Struppig, strähnig und buschig fielen sie über den breiten, muskulösen Rücken. Die Hautfarbe war schwarz. Wenn das überhaupt Haut war und kein Latex-Anzug. Hörner staken aus seinem Kopf, geschwungene, leicht spiralförmig eingekerbte Hörner, die sich dick und lang von seinem Gesicht weg zu seinem Hinterkopf bogen. Unmöglich konnte das, was mir meine Augen zeigten, echt sein.
Oder was meine Ohren hörten. Sie vernahmen die ganze Zeit, seit die Türe offen war, dieses dumpfe Grollen. Und es schien lauter zu werden.
Ich konnte mich nicht bewegen, denn selbst wenn das hier bloß ein Trugbild war, oder eine komplizierte, täuschend echte Verkleidung, jagte es mir solche Angst ein, dass es jegliche Bewegung lähmte.

Stattdessen fing das Ding an, sich zu rühren. Es bückte sich, und versuchte erfolglos einen der Ordner aufzuheben.
Da brüllte es dröhnend und dunkel, während es sich aufrichtete und versetze dem Aktenbehälter einen Tritt, dass er gegen die Wand krachte.

Das Blut gefror mir in den Adern.

Die Kreatur drehte sich um. Langsam und gemächlich. Und ich konnte nichts tun, konnte nicht rückwärtsgehen, konnte nicht flüchten.
Mir wurde kurz schwarz vor Augen, ich fühlte, wie mein Herz zwei, drei Schläge lang aussetzte.
Glühend heiß lag sein Blick auf mir. Rote, leuchtende Augen in einem relativ … menschlichen Gesicht. Mein letztes Stündlein hatte geschlagen. Der Teufel kam mich holen, aus irgendeinem mir nicht bekannten Grund. Es musste so sein.

Ich hatte nie etwas Böses getan, nicht dass ich mich erinnere. Gut. Als Kind hatte ich öfter Pflaumen und Nüsse geklaut, beim Bauern drüben neben unserem Wochenendhaus. Als Teen hatte ich mal in einem Gewandladen ein hübsches T-Shirt mitgehen lassen, das ich mir nicht leisten konnte. Ich gebe zu, ich hatte sogar einen Ex-Freund von mir betrogen, und auch in meinen übrigen Beziehungen hatte ich öfter mal an andere Kerle gedacht, aber ich war treu geblieben. Wessen Gedanken waren schon immer rein? Kim Jong Il, der gehörte in die Hölle. Mein Nachbar, der regelmäßig seine Frau schlug, und nach außen den liebevollen Ehemann spielte. Der Amokläufer, der letzte Woche in der Zeitung gewesen war, der wegen einer Kündigung vier Kollegen und den Junior-Chef abgeknallt hatte, der …

Da fiel mir sein Blick auf. Er war keineswegs gierig, mordlüstern oder auch nur böse. Wütend vielleicht, eher frustriert. Und … traurig.
„Ich kriege ihn nicht zu fassen …“
Ich glaubte nicht, was ich da hörte.
Als er den Blick auf seine … Mordwerkzeuge richtete und den Kopf schüttelte, wusste ich, dass nicht mein Unterbewusstsein diese sanfte, dunkle Stimme erfunden hatte.

Keine Ahnung, warum ich nicht längst kehrt machte und lief, als sei der sprichwörtliche Teufel hinter mir her. Stattdessen stand ich immer noch da und hielt Maulaffen feil. Ich starrte das Wesen an, und dachte dabei nichts, weil ich keinen klaren Gedanken fassen konnte.

Erst als er mit einem Mal auf mich zukam, erwachte ich aus meiner Schockstarre. Ich heulte auf und wich nach hinten aus. Beinahe fiel ich über meine eigenen Füße. Er streckte die Pranke nach mir aus, „Hab keine Angst!“ Seinen verzweifelten Blick ignorierte ich, während ich die Tür zuschlug und die Beine in die Hand nahm.

„Bitte … lauf nicht weg …“, hörte ich ihn.

Ungläubig lachte ich auf, noch während des Rennens. Was verlangte der von mir? Nicht weglaufen. Na klar. Sonst ging es ihm aber noch gut.
Auf Höhe meines Büros blieb ich stehen. Nichts brach durch die Archivtür und versuchte mich zu fressen.
Was auch? Ich musste mir das Ganze eingebildet haben.
Musste einfach.

Das Wesen da drin war zu absurd, um wahr zu sein. Viel zu absurd. Es war die Hitze, musste einfach die Hitze sein. Ich war übermüdet. Hätte so ein Teufel nicht versucht, mich mit seinen Superkräften in die Hölle zu ziehen, statt mich zu bitten, nicht wegzulaufen?
Nein, ich musste wohl nach Hause. Musste mich kühl duschen und dann nackt und mit aufgedrehtem Ventilator ins Bett legen.
Vielleicht war ich ja auch auf dem Schreibtisch zusammengesunken und träumte bloß.
Dagegen sprach, dass es sich sehr real, sehr echt anfühlte, wie ich in Windeseile und mit zittrigen Fingern meine Sachen zusammensuchte und zum Aufzug lief.
Falls das doch keine Einbildung war, und zumindest der Teil mit der Archiveinrichtung stimmte, war ich bestimmt meinen Job los. Wie zum Henker sollte ich das erklären?
Aber das war mir in diesem Moment gerade herzlich egal.
Hauptsache weg, weg, weg.

Während ich zitternd und bibbernd darauf wartete, dass der klapprige Lift kam und bereits in Erwägung zog, die Treppe zu nehmen, warf sich kein etwa zwei Meter riesiger Fleischberg auf mich, nicht einmal gegen die Tür. Alles war still.
Dennoch atmete ich auf, als ich endlich hinunter fuhr.



Als ich mich nach dem Duschen im Spiegel betrachtete, sah ich nicht mal abgeschlagen oder krank aus. Meine Augen waren nicht blutunterlaufen, und glänzten nicht fiebrig, ich war unter meiner sommerlichen Bräune nicht blass, und keines meiner Augenlider hing herab, auch meine Mundwinkel nicht. Ich hatte also keinen Schlaganfall oder dergleichen. Einzig mein Wischmopp von schwarzem, korkenziehergelocktem Haar sah kränklich wie immer aus.

Mit dem Laptop auf dem Schoß saß ich etwas später auf meinem Bett. Eigentlich wollte ich schlafen und vergessen, aber es ließ mich nicht los.
Natürlich nicht. So einfach konnte man nach einem derartigen Ereignis doch nicht schlafen. Selbst wenn es bloß ein kranker Tagtraum war, was ich auch jetzt, als ich nicht mehr so überhitzt war, nicht wirklich glaubte.

In dem völligen Bewusstsein, dass ein normaler Mensch das wohl nicht tun würde, bevor er sich einer psychiatrischen Untersuchung unterzogen hatte, gab ich „Dämonen“ in die Suchmaschine ein. Und „schwarze Haut“.
Außer diversen Fantasy-Geschichten fand ich nichts. Was hatte ich auch erwartet?
Ich versuchte es mit „Hörner“ und „Hufe“, erhielt bedauerlicherweise aber bloß alte Sagen über den Teufel und Werbeseiten für Karneval-Kostüme.
Dann beschloss ich, im „Wikipedia“ über Dämonen nachzulesen. Dort wurde ich über einen Haufen gar nicht so böser Kreaturen der „Hölle“ fündig. Dennoch beschrieb keine der Dämonenarten den, welchen ich gesehen hatte.
Ich beschäftigte mich nicht mit solch esoterischem Firlefanz, allerhöchstens mit Astrologie und ein wenig Heilkräuterkunde, aber das konnte man doch nicht wirklich mit diesem Teufelsbeschwörungs-Hokuspokus-Humbug auf eine Stufe stellen.
Aber in einer solchen Situation hatte meine bodenständige Art einen entscheidenden Nachteil. Ich irrte bis in die tiefste Nacht ziellos im Netz umher, bis es endlich der Zufall wollte, dass ich auf den „Ifrit“ stieß.
Der Geist eines Getöteten, der aus einer Rauchsäule zurück an den Ort seines Unglücks zurückkehrte, um sich an seinem Mörder zu rächen.
Das Aussehen passte zumindest, auch die Tatsache, dass er mir nichts getan hatte. Ich erinnerte mich nicht, jemals jemanden getötet zu haben.
Schwarze Haut und rotglühende Augen wurden nicht erwähnt, aber vielleicht hatte nicht jeder Ifrit diese Farbkombination.

Jedenfalls war es für mich plötzlich sehr wahrscheinlich, dass falls ich mir das nicht eingebildet hatte, ein Ifrit an meiner baldigen Kündigung schuld war.
„Bitte lauf nicht weg“, hatte er gesagt. Und zuerst „Ich kriege ihn nicht zu fassen.“ Den Ordner. Er hatte den Ordner gemeint. Natürlich waren diese „Hände“ nicht gut dazu geeignet, zu greifen.
Keine Ahnung, was ein Ifrit in einem Archiv für alte Inkasso-Fälle wollen konnte. Doch sicher nicht seinen Mörder suchen …
Ich spürte den völlig irrationalen, ja, gestörten Drang, in die Firma zurückzufahren und nachzusehen, was er gesucht haben konnte.

Im Archiv putzten die Reinigungskräfte nur einmal im Monat, weil dort so gut wie nie irgendjemand etwas tat, darum standen die Chancen gut, dass niemand die Bescherung entdeckt hatte. Vielleicht konnte ich sogar genügend Ordnung schaffen, dass der Nächste, der den Raum betrat, nichts bemerkte. Ich wollte meinen Job behalten. Ich wollte auch nicht, dass die Putzfrau rausflog.

Den Gedanken, dass der Dämon vielleicht immer noch dort drin war und auf mich wartete, verdrängte ich. Ich hoffte nicht, dass der nichts Besseres zu tun hatte, als sich die ganze Nacht lang durch Ordner und Akten zu wühlen.

Den Entschluss gefasst, rappelte ich mich auf und zog mich an. Zur Sicherheit steckte ich mein Butterfly-Messer ein, das mein Ex-Freund bei mir vergessen hatte.

Kaum zu glauben, aber die Temperatur draußen war nicht erheblich gesunken, obwohl es mittlerweile dunkel war. Ich öffnete beide Fenster im Auto, um mir die Nachtluft um die Ohren blasen zu lassen.



Das beklemmende Gefühl holte mich ein, als ich im Aufzug stand, eine Hand an dem Messer. Seim Gewicht beruhigte mich ein Vielfaches mehr, als das des Brieföffners.

Ich machte das Licht im Flur an, sobald ich ausstieg. Die Putzfrau war dagewesen, das sah ich, als ich prüfend die Tür zum Büro aufmachte. Der Mistkübel war leer und die Blütenblätter, die meine große Wachsblume heute gelassen hatte, waren weg.
Entweder war die Kreatur tatsächlich verschwunden, oder sie hatte sich während Frau Steinkellner putzte ruhig verhalten.
Dennoch zog ich das Messer und hielt es sicher im Griff, während ich den Korridor bis zum Archiv entlangging.

Ich riss die Tür auf, mit zittrigen Händen. Immer noch brannte das Licht, und die Verwüstung war noch dieselbe, aber den Dämon sah ich nicht.

„Hallo?“

Ich drehte mich, das Messer hochhaltend, zu allen Seiten, aber er war weg. Verstecken konnte man sich hier drin nicht.
Also steckte ich, immer noch mit einem unangenehmen Gefühl, das Messer zurück in die Hosentasche und schickte mich an, das Chaos zumindest oberflächlich zu beseitigen. Es würde kaum noch jemand die Akten durchsehen, wir mussten sie nur wie alle bürokratischen Schriftstücke, die mit Immobilien und Ähnlichem zu tun hatten, zehn Jahre aufbewahren, fürs Finanzamt.

Vorsichtig hob ich das gefallene Regal an. Es war verdammt schwer, Schweiß brach mir aus, und die Luft hier drin schien plötzlich so zu glühen … Da wurde ich auf einmal um das Gewicht erleichtert. Ein heißer Luftzug erfasste mein Ohr.

Ich schrie auf, diesmal richtig laut, und stolperte ein paar Schritte zurück, rutschte dabei auf ein paar Bögen Papier aus, landete beinahe am Hintern und torkelte weg, so schnell ich konnte. Weg von dem Dämon.
Wieder hielt er mich nicht tätlich auf, noch einmal schnalzte ich die Tür vor seiner Nase zu.

„Bitte … hilf mir …“ Noch nie hatte eine Stimme in meinem Beisein so verzweifelt geklungen.

Ich lehnte an der Tür, und fühlte an einem Vibrieren, wie sich das Wesen ebenso dagegen fallen ließ und daran herabsank.

„Bitte …“

„W … wieso ich?“, brachte ich mit dünner Stimme hervor. Mein Herz wollte sich gar nicht beruhigen, ich fühlte, wie schwer mir das Atmen fiel. Und mir war so heiß.
„Du bist … geeignet. Ich bitte dich … hilf mir …“ Diese Stimme passte einfach nicht zu dem Aussehen.
„Wobei überhaupt?“ Ich drehte mich zu der Tür um. Rauch kam durch den Spalt am Boden.
„Du musst jemanden für mich finden.“ Sein Opfer vielleicht? Was, wenn er doch keiner dieser Rache-Dämonen war, sondern einfach bloß ein böser Geist, der Menschen Schmerzen zufügen wollte?
„Warum sollte ich das tun?“ -
„Du bist mitfühlend. Verlasse dich darauf, dass niemand zu Schaden kommen wird, der das nicht auch verdient, es sei denn, ich kann meine Bestimmung nicht erfüllen.“
Wie konnte er glauben, dass ich ihm vertraute?
„Lass mich dir eine Geschichte erzählen. Noch ist Zeit. Wie du dir sicher denken kannst, wäre es für mich ein Leichtes, durch diese Tür zu brechen, aber ich tu es nicht. Komm zu mir herein, sodass ich dir beweisen kann, wie wenig bösartig meine Absichten sind. Ich gelobe bei Allah, dass dir nichts geschehen wird.“

Von schmeichelnden Dämonen hatte ich auch zur Genüge gelesen, während meiner Suche. Nur zeigten diese sich selten als … Ungetüme mit Hörnern, Eselshufen und Löwenpranken.
Andererseits beruhten bestimmt nicht alle dieser Beschreibungen auf tatsächlichen Erfahrungen …
Ich beschloss, mich zu vergewissern, ob ich überhaupt richtig mit meiner Vermutung lag, einen Ifrit bei der Suche nach etwas Bestimmtem aufgescheucht zu haben.
„Was bist du überhaupt?“, fragte ich und war überrascht, wie fest meine Stimme plötzlich klang.
„Man nennt mich einen Ifrit“, bestätigte er meine Vermutung, „Ich bin der Geist eines gewaltsam zu Tode Gekommenen, der zurückgekommen ist, um sich an seinem Mörder zu rächen. Dieser Mensch wird weiter töten, wenn ich ihn nicht aufhalte. Er empfindet große Freude dabei, Leben auszulöschen, am liebsten junge, gesunde Männer oder Liebespaare. Er hat mich mit größtmöglicher Brutalität ums Leben gebracht und dann zum Verbluten einfach liegen gelassen. Ich flehe dich an, du musst mir helfen. Es geht nur um eine kleine Gefälligkeit, die ich leider nicht selbst verrichten kann. Ich schwöre, dass du dabei kaum Umstände haben wirst.“

Tatsächlich klang seine Stimme weniger schmeichelnd als ehrlich verzweifelt, aber was wusste ich schon über Dämonenstimmen.

Trotzdem würde ich wahrscheinlich nicht mehr Indizien dafür erhalten, dass ich hier nicht dem Leibhaftigen half, der mich nach dieser „kleinen Gefälligkeit“ mit in die Hölle hinunter zerren wollte. Außerdem wollte ich nicht riskieren, schuld zu sein, wenn die Kreatur die Wahrheit sagte.
Auch die Neugier hatte mich längst gepackt und überwältigt.
Also drehte ich mich langsam um und ergriff die Klinke.
„Ich … komme jetzt rein. Bitte geh weg von der Tür!“ Ich wollte ihn nur nicht zu nahe an meiner Person haben. Das würde ich nicht ertragen, ohne mir vor Angst in die Hose zu machen.
„Selbstverständlich.“ Ein Dämon mit dem Anstand eines Gentleman. Ich fasste es nicht.
Trotzdem zitterten meine Hände sehr, als ich die Tür abermals öffnete.

Eine Welle heißer Luft strömte mir entgegen, sobald ich zögerlich, mit der Hand am Messer, den Raum betrat.

Glücklicherweise hatte er das Licht nicht abgedreht, denn im Dunklen wollte ich ihm bestimmt nicht begegnen. Misstrauisch beäugte ich sein Gesicht. Es war noch menschlich genug, um sagen zu können, dass er zu Lebzeiten nicht unhübsch gewesen war. Allerdings waren da eben diese unmenschlich pechschwarze Haut, diese Hörner und die glühenden Augen.

Als er sich mir näherte, wich ich wieder zur Tür hinaus, denn ich hatte den Verdacht, dass er hier nicht raus konnte. Ich hob die Hand. „Komm mir nicht zu nahe“, empfahl ich.
„Entschuldige.“ Er entfernte sich, und sein Gesichtsausdruck zeugte von Frustration. Nun, was erwartete er?
„Ich muss dich aber berühren, wenn ich dir zeigen soll, was ich weiß. Meine Macht ist nur sehr begrenzt.“Macht? Von welcher Macht sprach er? Ich wollte mit keiner Macht was zu tun haben! Ich wollte nicht –

„Meine Geschichte ist sehr unschön, und es würde Tage, vielleicht Wochen dauern, bis ich die richtigen Worte finde. Besser ist es, wenn ich dir meine Gedanken schicke. Es tut nicht weh, weder deinem Körper, noch deiner Seele.“
War er wirklich so naiv zu glauben, dass ich mir irgendetwas von ihm einimpfen ließ?
Nun, er hatte wohl sogar recht damit.
Als er die Pranken hob, um sie auf mein Gesicht zu legen, zuckte ich noch einmal kurz zurück, aber schließlich war meine Neugier stärker, als jegliche Zweifel. Ein Ifrit würde einen unschuldigen Menschen, also einen Menschen, der mit seinem Tode nichts zu tun hatte, schon nicht absichtlich verletzen. Und schworen denn böse Dämonen tatsächlich bei Allah? Wesen, die so aussahen und böse waren, schmeichelten doch nicht, die drohten.

Betend, dass ich mich nicht bitter täuschte, ließ ich mich auf seine „Macht“ ein.



Ich torkelte ein paar Schritte und schluckte einige Male, aus Angst, mein Abendessen gleich wieder zu sehen. Ohne mich zu dem Dämon umzudrehen, verließ ich den Raum, um in meinem Büro ein Fenster zu öffnen und durchzuatmen. Luft, ich benötigte Luft. Und einen Liter Wodka.

Kurz überlegte ich, ob ich nach diesen Bildern, die das Wesen mir gezeigt hatte, nicht doch besser einfach gehen sollte. Einfach abhauen und so zu tun, als hätte ich niemals etwas gesehen. Es wäre das Klügste. Ganz sicher.

Wenn sie die Wahrheit zeigten, war der „Mensch“, der den Ifrit zeit seines Lebens umgebracht hatte, ein Psychopath der schlimmsten Sorte. Ein Wunder, dass der Dämon so normal wirkte, bei dem, was dieses Vieh ihm angetan hatte. Normal. Ich lachte auf.
Ha, ha, normal. Ein so gut wie zwei Meter großes, schwarzhäutiges Monster mit gekrümmten Hörnern und Pferdehufen.
Kaum zu glauben, dass er früher ein ganz gewöhnlicher Chemiker in einem diagnostischen Labor gewesen war, dummerweise mit genau den Kriterien, die ihn für diesen kranken Mistkerl attraktiv machten. So attraktiv, dass er ihn genüsslich und langsam, mit einer perversen Präzision … ich musste würgen und füllte mir rasch ein Glas mit Wasser aus der Leitung.

Egal. Ich wusste ja noch nicht, was der Ifrit von mir erbitten würde. Ob ich mich nicht damit in Gefahr brachte. Vielleicht wollte er ja, dass ich für ihn Detektiv spielte, oder Ähnliches! Vielleicht konnte er aus irgendeinem Grund das Archiv nicht verlassen. Vielleicht wollte er, dass ich den Psycho hierher lockte! Man hörte doch von allen möglichen Kreaturen, von denen ich bisher gedacht hatte, sie entsprängen nur den Köpfen brillanter Geschichtenerzähler, dass sie an gewisse Orte gebunden waren. Vampire durften nicht über Türschwellen, bis man sie einlud, Geister konnten die Plätze, an denen sie gestorben waren, nicht verlassen, manche Kobolde konnten nur in Schränken wohnen … oder waren es Zwerge?

Ich trank mein Wasser aus, dann trugen mich meine Beine zurück zum Archiv. Welcher Teufel mich auch immer ritt, meine Neugier war größer als meine Angst und meine Abscheu. Oder war es auch das Mitleid?

Er atmete auf, als ich zurück zu ihm ins Archiv kam.

„Du … ähm, kannst das Archiv verlassen?“, stellte ich eine wie ich fand sehr intelligente Frage.

Er schmunzelte. Erriet vielleicht, was in meinem Kopf vorging. Und dieses Lächeln sah merkwürdig aus in diesem Gesicht. „Ja, natürlich. Wie soll ich sonst dem …“ Das Grinsen erstarb und wich einer wütenden Grimasse. Seine Lippen teilten sich und gaben zweifellos messerscharfe Zähne frei. „Wie soll ich sonst diesem … Vieh …“ Er knurrte. Dann hielt er sich die Hand vor den Mund. Seine Augen weiteten sich.
„Ver … verzeih.“
Zugegebenermaßen hatte mein armes, geplagtes Herz tatsächlich gerade eben ein kleines bisschen den Takt verloren.
„S … sag mir lieber, wie ich dir helfen soll“, brachte ich schließlich hervor und versuchte einen vorsichtigen Blick auf die Kreatur.
„Bitte nenn mir zuerst deinen Namen, damit ich dich nicht mit ‚du da‘ ansprechen muss.“ Seltsam. Verdächtig, verdächtig. Wozu brauchte er meinen Namen wohl wirklich? Ich konnte ihn anlügen. Ihm erzählen, dass ich Kreszentia Walpurga von Hohenstein hieß. Oder auch etwas Glaubwürdigeres. Ich entschied mich dann gnädigerweise, ihm meinen Vornamen zu nennen: „Simone.“
„Schön. Ich bin Khalis.“ Er streckte die Pranke aus, wie zum Händeschütteln. Zuerst starrte ich sie nur an, dann näherte ich mich ihr mit meiner eigenen zittrigen Hand. Vorsichtig, langsam. Beinahe fürchtete ich, mich zu verbrennen, aber seine Haut war nur sehr warm und fühlte sich tatsächlich an, wie eine Katzenpfote.
Er lächelte freundlich. Nur die spitzen Eckzähne wirkten dabei … deplatziert.
„Bist du bereit?“
Ich verdrehte die Augen und nickte. Eingewilligt hatte ich schon, und ich war kein Mensch, der seine Entscheidungen minutenweise ändert.

„Ich kann sie nicht aufheben. Diese … Hand ist nicht dafür geschaffen, damit etwas zu ergreifen, nicht so wie eine menschliche Hand. Außerdem sehe ich … sehr schlecht.“
Dass es Dämonen gab, die kurzsichtig waren, verwunderte mich nun schwer.
„Ich bevorzuge die Bezeichnung ‚Geist‘. Und meine Augen sind nicht mehr von dieser Welt …“
Trotzdem, dass er nicht beleidigt über meine Gedankengänge klang, zuckte ich ein wenig zusammen, nickte aber verständnisvoll.

Ich hob die Akte auf, die er mit der Pranke berührte, und sofort fiel mir eine Zettelwirtschaft entgegen. Fluchend bückte ich mich. Im rechten oberen Rand sah ich den Namen: „Manfred Schober, Dipl. Ing.“
Mein Chef hieß auch Schober, allerdings Markus. Ohne den Dipl. Ing., dafür mit einem PHD vor dem Namen. Kaum zu glauben, dass er ein solcher Geizkragen war. Möglicherweise war Dipl. Ing. Manfred mit ihm verwandt.
„Dipl. Ing. Manfred Schober? Was willst du mit dem?“ Ich konnte mir die Frage nicht verkneifen. „Glaubst du, er hat was mit dem M – damit zu tun?“
Der Ifrit seufzte. „Ich … weiß es nicht.“ Er hatte das Gesicht des Monsters nicht gesehen. Aber was brachte ihn zu dieser Akte?
Ich überflog die ersten paar Blätter. Der Dipl. Ing. hatte ein Wohnhaus gekauft, dessen einzelne Apartments er an andere Leute vermietete. Offenbar hatte einer der Bewohner eine hohe Mietschuld gehabt, und der Herr Ingenieur hatte den Fall an uns weitergegeben.
Ich suchte instinktiv nach dem Namen dieses Schuldners.
„Henri Chevrier“, las ich laut.
Der Ifrit schüttelte sich.
Sollte ich auf etwas gestoßen sein? Vorsichtig sah ich ihn an. Seine Augen standen in Flammen. Sein Gesicht war wutverzerrt. Ich hatte gar nicht bemerkt, wann er sich zu mir auf den Boden gesetzt hatte. Ich war froh, dass seine verkrampften Klauen mich gerade nicht anfassten.
Er nickte leicht, als er meinen Blick bemerkte.
„Bitte sag mir seine Adresse.“
Ich zögerte. „Woher weißt du, dass es sich … um ihn handelt?“
„Ich kann es spüren. Er wechselt die Namen und die Identitäten mit jedem Mord, den er begeht, und alles worauf ich mich verlassen kann, ist mein Gefühl. Je länger ich ihn verfolge, desto schwächer wird es. Nun stehe ich schon nicht mehr in leeren Zimmern, die er gerade noch bezogen hat, sondern ich kenne auch seine Namen nicht mehr. Es ist, als würde ihn etwas vor mir schützen. Etwas Dunkles, Böses …“, sagte er, und klang dabei herzerweichend verzweifelt.
Er tat mir wirklich leid. „Und glaubst du, dass du ihn dieses Mal erwischen wirst?“
Er seufzte leise. „Wenn er schon eine Mietklage am Hals hatte, dann ist es doch sehr wahrscheinlich, dass er sich bald wieder verabschiedet, oder? Wenn er das nicht längst getan hat …“ Ich sah mir das Datum an, an dem die Akte angelegt worden war. „Elfter August 2009. Der Fall ist beinahe ein Jahr alt!“

Khalis verbarg sein Gesicht in den Pranken. „Oh nein … Du hast ja so recht. Dann kann er gar nicht der … Gesuchte sein. Vor einem Jahr jagte ich ihm noch in Belgien nach. Dort hatte er ein Pärchen getötet, während seiner Flitterwochen an der Nordsee. Ich konnte es nicht verhindern. Er war mir immer einen Schritt voraus. Und von Tag zu Tag werden meine Augen und meine Sinne schlechter …“

Als er aufschluchzte, bekam ich eine Gänsehaut. Ich glaubte schon lange nicht mehr, was ich da sah, aber das war einfach zu viel für mich. Ein dämonisches Monster, neben mir auf dem Boden sitzend, hilflos das Gesicht in den Händen verborgen, weinend. Das überstieg meine Vorstellungskraft.
Sollte er nicht der Überlegene sein? Eine mächtige, übermenschliche Kreatur, ausgestattet mit Kräften, die man als Mensch nicht fassen konnte? So stellte man sich das jedenfalls vor, wenn man schon an das Übernatürliche glaubte. Dass der Mensch diesem immer unterlegen war. Dass er es nicht bekämpfen konnte.
Aber dieses Häufchen Elend neben mir bewies das genaue Gegenteil. Das heißt, wenn ich nicht träumte. Wenn ich nicht gerade dieser Affenhitze meinen Tribut zahlte. Irgendwo zusammengeklappt war und nun einen Komatraum hatte.
Trotzdem fuhren mir seine gequälten Geräusche durch Mark und Bein, so sehr, dass ich am liebsten selbst mitheulen wollte. Statt genau das zu tun, legte ich zaghaft eine Hand auf seine Pranke, um sie vorsichtig von seinem Gesicht herunterzuziehen, und tat das mit Abstand Dümmste, was mir je in meinem Leben eingefallen war: „Ich werde dir helfen!“

Wenn Kreaturen aus der Mythenwelt hier solche Grenzen hatten, wie dieser Ifrit, dann benötigten sie offensichtlich jemanden aus dem Diesseits, der sie ausglich. Und warum sollte ich das nicht sein? Ich tat schließlich, außer dass ich mich in akute Lebensgefahr brachte, auch etwas furchtbar Gutes. Etwas, das meinen Alltagstrott aufpeppte. Ich hatte bisher doch nie die Gelegenheit gehabt, etwas wirklich Nützliches zu tun!
Bestimmt war das alles hier sowieso bloß ein seltsamer Traum, was sollte schon passieren? Und wenn nicht, dann konnte ich endlich mal den Helden spielen.
Allerdings schien der Ifrit davon nicht begeistert zu sein. Er packte meine Hand, ehe ich sie wegziehen konnte, mit seinen von den Tränen feuchten Klauen. „Das ist viel zu gefährlich. Falls er wirklich die Hilfe einer dunklen Macht hat … nicht auszudenken, was geschieht, wenn es auf dich aufmerksam wird. Und er muss die Hilfe eines Höllenwesens haben, sonst könnte er nicht immer flüchten, ehe ich ihn erwische! Irgendetwas muss ihn warnen. Es muss mich beobachten, während ich zwischen den Welten wechsle, um schneller von einem Ort zum anderen zu gelangen.“

Das leuchtete ein. Er hatte recht. Ich wollte nicht irgendeiner dämonischen Macht zum Opfer fallen. Dann doch lieber ein normales Leben führen. „Aber wenn du ihn nicht fängst, weil du nichts von Menschen Geschriebenes mehr lesen kannst, dann wird er weitermorden. Und wenn du damit recht hast, dass er unterstützt wird, dann wird das, was ihm hilft, vielleicht irgendwann so stark werden, dass du ihn nie kriegen kannst.“ Konnte ich nicht meine blöde Klappe halten? „Momentan ist es dir wahrscheinlich noch unterlegen, sonst hätte es dich längst gestellt. Aber was, wenn es im Gegensatz zu dir mit der Zeit stärker wird?“ Geniale Logik. Warum war ich sonst nicht so einfallsreich? Warum nur dann, wenn ich jemanden überreden wollte, mir zu erlauben, dass ich mein kleines menschliches Leben in Gefahr brachte?

„Du bist sehr gescheit. Aber ich will dich trotzdem nicht in Gefahr bringen. Wenn dir etwas passieren würde, könnte ich mir das nie verzeihen.“

Mein Kopf verlangte von mir, demütig zu nicken und ihm zuzustimmen, aber meine blöden Hände hatten ein Eigenleben: Sie ergriffen Khalis´ Kopf, sodass er mich ansehen musste. Seine Wangen waren tränenfeucht, aber glühend heiß. Das Wasser verdunstete langsam unter meinen Handflächen. „Lass uns das hinter uns bringen. Sie sind zu zweit, wie du glaubst. Einer davon hat Zugriff in deine Welt, der andere ist menschlich, naja, zumindest seine Gene sind es, und leidet nicht unter den Einschränkungen, die du hier hast. Was spricht dagegen, wenn ich diese Einschränkungen für dich ausgleiche? Ist nicht sowieso alles … Kismet? Vielleicht ist es Allahs Wunsch, dass du mich gefunden hast, sodass ich dir helfen kann?“ Ich sollte Politikerin werden.

Noch einmal seufzte er schwer. „Ach, ich weiß nicht …“

„Gib dir einen Ruck! Vielleicht schaffst du es diesmal!“ Ein Teil von mir hoffte, dass er trotzdem ablehnte, und der andere, erheblich größere, wollte, dass er einwilligte.

Er nickte langsam. „Wo fangen wir an?“



*



Ich brachte das Archiv so gut es ging wieder auf Vordermann, nachdem ich die Akte kopiert hatte. Khalis half mir zwar ein wenig, aber tatsächlich waren seine Pranken kein geeignetes Werkzeug für menschliche Verrichtungen.

Dann fuhr ich erst mal heim, mit dem Ifrit auf dem Beifahrersitz. Hoffentlich beobachtete uns niemand. Ich musste schlafen. Schließlich war ich ein Mensch, und konnte nicht ewig wach bleiben. Zudem musste es Tag sein, wenn ich herausfinden wollte, ob dieser Chevrier noch existierte. Niemand mit dem Namen stand im Telefonbuch. Hätte mich auch gewundert, wenn es so gewesen wäre.  Vielleicht hatten wir ja Glück, und der Dipl. Ing. Schober wollte uns ein wenig Auskunft geben, aber ihn mitten in der Nacht anzurufen, war nicht unbedingt klug.

Ich ließ Khalis gewähren, als er darauf bestand, über meinen Schlaf zu wachen. Seltsamerweise war es mir nicht unangenehm, dass er neben meinem Bett auf dem Boden saß. Normalerweise hasste ich es, beim Schlafen beobachtet zu werden, wie so viele andere Menschen auch.

Als ich wieder munter wurde, war helllichter Tag. Zuerst dachte ich, alles nur geträumt zu haben, aber Khalis, der immer noch neben meinem Bett auf dem Fußboden saß, an die Wand gelehnt, mit überkreuzten Beinen, belehrte mich eines Besseren. Er lächelte mich gequält an, als ich im ersten Moment bei seinem Anblick zusammenzuckte.
„Und, hast du es dir anders überlegt?“
Ich brauchte einige Zeit, bis mir einfiel, was er damit meinte.
„Nein“, antwortete ich mit heiserer Stimme und räusperte mich. Ich griff nach meinem Glas Wasser, das am Nachttischchen stand, trank ein paar Schluck und sprach weiter: „Ich stehe zu meinem Wort.“ Ich hob die Hand, als er etwas sagen wollte, „Und ich will dir immer noch helfen.“
Er nickte. Sein Blick war sorgenvoll und traurig.

Bei einer Tasse Kaffee griff ich zum Telefon und rief Dipl. Ing. Schober an. Er war unwirsch, weil er am Sonntag gestört wurde. Seine Stimme klang schon etwas älter. Dann erwähnte ich jedoch Chevrier. Ich log, dass er mir ins Auto gekracht war, und einen Zettel dort gelassen hatte, mit der Adresse. Und diese Telefonnummer, die ich gerade gewählt hatte, sei dabei gestanden.

Da fing der Dipl. Ing. an zu schimpfen. Was für ein Nichtsnutz dieser Chevrier sei. Ständig werde er von den anderen Mietern wegen ihm behelligt, weil dieser seinen Müll tagelang vor der Tür stehen ließ und damit das Stiegenhaus verpestete. Und andauernd hätte der „verdammte Franzose“ Besuch, und würde dann lautstark irgendwelchen orgiastischen Aktivitäten nachgehen, so laut, dass schon die Polizei dort gewesen sei. Andauernd würde er sich neue Möbel kaufen, die er sich nicht leisten könne, und ausziehen wollte er auch nicht, obwohl er ihn schon zweimal verklagt hatte, einmal sogar mit Inkassobüro. Aber jedes Mal habe er am Ende bezahlt. Woher er dann plötzlich das Geld habe, wollte der Dipl. Ing. gar nicht wissen. Telefon habe er auch keines, weswegen man ihn nur über E-Mail erreichen konnte, oder indem man ihn persönlich besuchte, was auch jedes Mal ein solcher Umweg war. Schließlich wohnte der Dipl. Ing. jetzt in Grieskirchen, und das sei über 50 Kilometer entfernt. Und das aktuellste Ärgernis sei sein neuer Mitbewohner. Ein ganz normaler, eher stiller Mann zwar, laut den anderen Mietern, aber er selbst habe dem nicht zugestimmt. „Der einzige Grund, weswegen ich diesen Mann nicht hinausschmeißen habe lassen, ist dass ich Hoffnung habe, die Miete endlich pünktlicher zu bekommen, wenn Chevrier sie mit ihm teilt“, schloss er, während ich eifrig Khalis´ Pranke packte.
Nachdem ich als Alibihandlung die E-Mailadresse von Chevrier erbeten hatte, bedankte ich mich bei dem Dipl. Ing.

Der Ifrit lächelte freudig. „Kaum hilfst du mir, scheine ich weiterzukommen!“
Ich fühlte, wie ich errötete.

„Du sagst, dass der Mistkerl gewarnt wird, bevor du kommst, wenn du, ehm, ‚die Welten wechselst‘. Aber wie transportieren wir dich dann zum Haus, wo der Kerl wohnt? Sei mir nicht böse, Khalis, aber momentan ist weder Karneval, noch ein Perchtenlauf …“ Ich bereute meine Wortwahl gleich wieder. Wie ein Percht sah er nun wirklich nicht aus. Dazu war sein Gesicht zu hübsch.

Aber er schien nicht beleidigt, sondern eher belustigt. Ein schiefes Lächeln zierte seinen Mund. „Das Rot auf deinen Wangen steht dir“, sagte er, „Wir könnten auf die Nacht warten. Und wenn wir vor seinem Haus stehen, ist es zu spät für seinen Gehilfen aus der Hölle, ihm zu helfen. Dann werde ich mich mitten in die Wohnung teleportieren, und dann Gnade ihm Allah.“
Das alles war doch einfacher, als gedacht.

Den restlichen Tag verbrachten wir damit, im Internet über Dämonen zu recherchieren, die auf die kleinen Indizien passten, welche wir zusammengetragen hatten. Ein Wesen, das böse genug war, einem Serienkiller zu helfen, aber nicht so mächtig, dass es einen Ifrit zur Seite räumen konnte. Khalis war kein Experte in Sachen Höllenwesen – schließlich war er keines. Und seine einzige Bestimmung war die Rache. Von der Allwissenheit des Jenseits hatte er noch nicht viel abbekommen.

Es kamen einige Kreaturen in Frage, aber ich bezweifelte, dass wir das richtige fanden. Wir hatten nicht viele Anhaltspunkte, und wahrscheinlich war auch nicht alles richtig, was da im Netz stand. Das war nicht gut, denn seinen Feind zu kennen, war im Kampf wohl eine der wichtigsten Regeln. Trotzdem mussten wir uns beeilen. Gerade weil wir kaum etwas in Erfahrung hatten bringen können.

So schlichen wir wie zwei Diebe in die Tiefgarage zu meinem Auto. Ich verfrachtete Khalis auf die Rückbank. Er war viel zu groß, und die Hörner waren im Weg. Wie ich ihn gestern auf den Beifahrersitz bekommen hatte können, und niemand uns gesehen hatte, war mir ein Rätsel. Mein Auto war nicht gerade ein amerikanischer Geländewagen. Aber er rollte sich zusammen. Ich legte eine Decke über seinen Körper. Er tat mir leid. Es musste draußen immer noch knappe dreißig Grad Celsius haben.

Zum Glück kannte ich mich in den Straßen meiner Heimatstadt gut aus, daher fand ich die Adresse sofort. Ich konnte Khalis knurren hören. „Ich spüre ihn“, grollte er, und ich begann auch, hibbelig zu werden.
Ich vertraute Khalis, stellte ich fest. Ich wusste, dass er alles tun würde, um Schaden von mir fernzuhalten. Aber die Gewissheit, gleich einem Serienkiller gegenüberzustehen, vielleicht mit einem höllischen Helfer, beängstigte mich dann doch etwas. Auch wenn ich nicht seinem Beuteschema entsprach.

„Bleib im Auto. Rühr dich bloß nicht von der Stelle. Wenn du etwas hörst, das dir nicht geheuer ist, dann fahr weg!“, warnte der Ifrit mich, „Und vielen, vielen Dank, falls wir uns nicht mehr sehen …“ Er legte eine Pranke auf meine Wange. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er sich aufgerichtet hatte. Schnell drehte ich mich zu ihm um, um ihn anzusehen. Sein Gesicht war meinem ganz nahe. „Wenn ich doch noch leben würde“, flüsterte er plötzlich und küsste meinen Mund, dann war er weg.
Die unmenschliche Hitze seiner Lippen brannte auf meinen. So sehr, dass ich minutenlang an nichts anderes denken konnte.

Erst Schreie aus dem Haus rissen mich aus meiner schwärmerischen Trance heraus. Ein unmenschliches Brüllen, Fauchen und Knurren jagte mir einen Schauer über den Rücken. „Bleib stehen, du Kreatur! Ha ...!“ Khalis! Es war seine Stimme! Im ganzen Haus gingen die Lichter an, jemand schrie „Hilfe! Polizei! Hiiilfeee!“
Dann polterte es. Die Tür ging auf.
Ich wollte aussteigen und zu dem Haus laufen, um meinem neuen, geisterhaften Freund zu helfen, ohne eine Sekunde mein Gehirn einzuschalten, da rannte jemand auf mein Auto zu. Er riss die Tür auf, „Fahr, du Schlam …“
Und fahren tat ich.
Mit quietschenden Reifen fuhr ich los, während der Mensch noch an der Tür hing. Krachte in ein zirka vierzig Meter entferntes parkendes Auto. Der Kerl landete in hohem Bogen auf der Straße. Ich starrte hinaus. Wie jeder gute Bösewicht richtete er sich auf, um bedrohlich auf mich zuzugehen. Ich legte den Rückwärtsgang ein, um … was zu tun? Davonzufahren? Ihn niederzufahren?

Da sauste plötzlich vor meinen Augen ein Bündel aus Fleisch auf ihn zu. Von der Ferne hörte ich Polizeisirenen, und vom Haus her Geschrei und Gekeife. „Ich hab genug von dir, du depperter Froschfresser!“ Das galt wohl dem armen Chevrier.

Noch mehr Fauchen und Grollen, und der Mistkerl wich zurück. „Sprich einen Wunsch aus, verdammt noch mal, du Mensch!“ Diese Stimme kannte ich nicht. Sie musste von dem Wesen kommen, das ich nicht sah, weil es sich gerade mit meinem Ifrit auf dem Asphalt wälzte und momentan kläglich unterlag.

Ehe der Killer einen Mucks machen konnte, erreichte ihn Khalis´ Pranke am Fuß und hieb ihm ins Bein. Vor Schmerz stöhnte er auf und ging zu Boden. Dann ging alles ganz schnell. Der Ifrit bäumte sich auf und stand mitsamt der anderen Kreatur auf, die auf seinem Rücken hing, wie ein Affe. Der Mörder hockte, sich den Fuß haltend, auf dem Boden, und Khalis warf sich auf ihn. Ich hörte den Kerl schreien und heulen, hielt mir die Ohren zu und sah weg.


Wenige Momente später saß Khalis plötzlich in meinem Auto.

„Ich muss jetzt gehen“, sagte er. Er klang erleichtert und traurig. Tatsächlich wirkte seine riesenhafte Gestalt durchscheinend. Ich hatte den Wagen nicht nachgeben gespürt, als er sich materialisiert hatte.
Aber seine Pranke in meinem Gesicht fühlte ich noch, auch wenn sie etwas kälter war, als zuvor.
Ich kannte ihn so kurz, und trotzdem musste ich heulen. „Ich danke dir so sehr … Über ein Jahr lang habe ich ihn gesucht. All die Zeit konnte er mir entwischen, und ich wurde immer schwächer. Nur dir ist es zu verdanken, dass ich ihn bestrafen konnte! Ohne deine Augen hätte ich es nicht geschafft. Nicht wenn ein Dschinn ihn die ganze Zeit vor mir warnte! Dieser wird ihm nun die Hölle heiß machen, dafür, dass er ihn beschworen hat.“
Ich brachte kein Wort heraus. Nichts hätte beschrieben, was ich gerade empfand. Es war so vieles gleichzeitig: das Nachhallen der Todesangst, der Panik, unter der ich gerade noch gelitten hatte, eine Art Trauer, immer noch Ungläubigkeit, da das alles so surreal war. Rachegeister, Serienkiller .. Dschinn! Und ich mittendrin. Innerhalb so kurzer Zeit hatte sich mein Weltbild einfach so verabschiedet! Und das während zusammengerechnet nicht mal zwei Tagen.

Noch einmal spürte ich eine zarte, sehr zarte Berührung auf den Lippen.

Ich wollte ihn festhalten, wollte ihn nicht gehen lassen, wollte ihm Fragen stellen, die er selbst gar nicht beantworten konnte, aber da löste er sich in dünne Luft auf, und mir liefen die Tränen in Strömen über die Wangen.


Dann hörte ich auch schon das Ankommen mehrerer Autos. Jemand kam auf meines zu und öffnete die Tür.

Und ich musste innerhalb von Sekunden eine plausible Geschichte erfinden, während eine Frau vom Roten Kreuz mein körperliches Befinden untersuchte. Gut, dass ich den Schock nicht spielen musste.
Andere bestätigten, dass der Mistkerl mich angreifen wollte und ich darum keine Hilfeleistung unterlassen hatte, und mehr wurde ich nicht gefragt. Es war sehr offensichtlich, dass ich schwer traumatisiert war, so wie ich heulte und zitterte und mehr oder weniger vergeblich nach Luft schnappte.



*



Man kam nicht darauf, was für ein Monster der Kerl war, den „ein Unbekannter im Perchtenkostüm“ getötet hatte. Über seine Herkunft wurde zwar spekuliert, da man herausfand, dass seine Papiere alle nicht gültig waren, und er aber auch keinerlei Verwandtschaft oder Bekannte hatte, aber die Vermutungen gingen eher in die Richtung, dass er nur ein illegaler Einwanderer war. Ein Flüchtling, vielleicht vor der Mafia oder Ähnlichem. Unter seinen persönlichen Sachen, so sagte ein Zeitungsbericht, fanden sich zahlreiche Bücher in aramäischer, hebräischer und arabischer Sprache, und in einem waren Fotos von verschiedenen Menschen eingeklemmt, mit einer schlechten Kamera gemacht, schlecht entwickelt, deren Ursprung jetzt geprüft werden sollte.
Früher hatte ich ungerne Zeitung gelesen, aber seit das alles passiert war, hatte ich eine Faszination entwickelt, diesen Fall zu verfolgen, bis er die Medien nicht mehr interessierte.
Als ich den heutigen Bericht darüber gelesen hatte, blätterte ich über den Rest nur noch drüber, aber ein Artikel fiel mir ins Auge, dessen Überschrift „Seit April 2010 im Wachkoma liegender Mann wieder aufgewacht!“
Mit klopfendem Herzen las ich die darunter stehenden Zeilen.
Was ich sah, ließ mich beinahe in Ohnmacht fallen.
Er war in der Waschküche eines Wohnhauses gefunden worden, von einem Hausmeister, übelst zugerichtet, mit zahlreichen Verbrennungen übersät, unter enormem Blutverlust leidend, nackt, mehr tot als lebendig. Der Hausmeister schien den Täter überrascht zu haben, denn das Kellerfenster stand noch offen, und ein brennendes Stück Sperrholz lag neben dem stöhnenden, wimmernden Mann. Man hatte ihn im Krankenhaus in ein künstliches Koma gelegt, aus dem er allerdings nicht mehr aufgewacht war, obwohl sein Gesundheitszustand sich ständig besserte. Bis gestern. Genau drei Tage nach dem Tod dieses Monsters.

Tränen tropften in meinen Frühstückskaffee und auf die Zeitung. Der Name „Khalis R.“ verschwamm vor meinen Augen.

Das war der Grund, weshalb er immer schwächer geworden war. Natürlich. Sein Körper hatte gedrängt, aufzuwachen, die ganze Zeit. Der „Traum“ war immer verschwommener geworden.

Als ich gerade im Internet nach mehr Informationen über den aus dem Koma Erwachten suchen wollte, schrie mir mein Kollege Tom aus dem Nebenbüro: „Simone! Irgendjemand will was von dir! Ich stelle den Anruf durch!“

Ich hob ab. Die Stimme eines älteren Mannes drang an mein Ohr. „Ich soll Sie für meinen Sohn fragen: glauben Sie an Kismet, Simone?“
Review schreiben
 
 
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast