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Immer auf die Kleinen

von Sunche
Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P12 / MaleSlash
Alex Suarez Gabe Saporta Nate Novarro
11.10.2010
11.10.2010
1
3.252
 
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Hurra, ich habs doch geschafft. Das hier ist für Roggowski! Danke für die tollen Reviews, für alle!


Immer Auf Die Kleinen


Pairing: Nalex
Rating: P12-Slash
POV: Nate
Disclaimer: Die Personen gehören sich, der größte Teil des Plot stammt von der lieben Deez (ich hatte einfach keine Idee!) und es tut mir sehr leid, dass Gabe so ein Arsch geworden ist!
Summary: New York, 1949. Die Inszenierung für ein Liebesdrama unter der Regie von Medienstar Gabriel Saporta wird vorbereitet und Nathan Novarro, Mädchen für alles, wird herumgescheucht wie ein Praktikant. Das geht irgendwann nicht nur ihm auf die Nerven…
Author’s Notes: ENDLICH hab ich es geschafft, für die liebe Roggowski, der dieser Oneshot danke ihres 100. Reviews bei Alex Im Wunderland gewidmet ist, einen Nalex zu schreiben. Hurra!

***************************************

Diese Stadt verschlang Menschen.
Unschuldige, nichts ahnende Touristen.
Kürzlich Zugezogene, die sich in ein Abenteuer stürzen wollten.
Selbst Leute, die seit Ewigkeiten hier wohnten, wurden nie richtig warm mit der überragenden Größe der Metropole.
Ich fühlte mich immer wie im Sog, wenn ich morgens, mittags, abends, nachts aus meiner schäbigen Wohnung in der Bronx auf die Straße trat, wenn ich mich mit anderen in die U-Bahn quetschte, weil ich kein Geld für ein Taxi hatte.
Ich hatte sowieso nie Geld, obwohl man doch erwarten könnte, etwas besser betucht zu sein, wenn man in Manhattan arbeitete. Und das sogar am Broadway.
Aber nein, nicht wenn man ein zwanzigjähriger Georgier ist, der es zuhause nicht mehr ausgehalten hat und massenhaft Glück gehabt hatte, dass das Theater gerade händeringend nach jemandem zum Herumscheuchen suchte und es dabei völlig egal war, woher man kam, wer man war oder ob man überhaupt Englisch konnte. Hauptsache, jemand machte die Drecksarbeit.
Willkommen im Leben des Nathan Novarro.

Jeden Morgen hieß es um sechs aufstehen, durch den Novemberregen zur nächsten Subwaystation laufen, um halb neun beim Theater erscheinen und bis Probenschluss und noch länger durcharbeiten, vor allem wenn die Schauspieler Pause hatten. Irgendwer musste ja Kaffee kochen – und zwar in Massen, Sandwiches machen, Blumen überbringen, kaputte Drehbücher zusammenflicken, Vorhänge auf- und zuziehen, Müll wegräumen, Mäntel aufhängen, Zigarren kaufen gehen, Hunde anleinen und allen möglichen anderen Kram tun, den die höhergestellten Mitarbeiter von einem verlangten.
Es war nie so schlimm gewesen wie jetzt, wo Gabriel Eduardo Saporta mit dem Ensemble sein Stück probte, der Mann musste nämlich alles perfekt haben, und wenn etwas nicht nach seiner Meinung lief, wurde er von einer Sekunde auf die nächste stinksauer und konnte Hasstiraden auf einen regnen lassen, dass man am liebsten nie wieder einen Fuß ins Theater setzen wollte.
Aber es war mein Job.
Ich hielt innerlich an der Meinung fest, dass Saporta auch mal in einem Township gelebt hatte, das noch schäbiger gewesen war als meine Wohngemeinschaft, in der ein arbeitsloser versoffener Collegeabbrecher, ein 18-jähriges Strichmädchen, ein Subz-Verkäufer und ich lebten.
Zum Glück musste ich nicht wirklich viel mit ihnen zusammenleben, da ich morgens früher aufstand als alle anderen, nach der Arbeit bei Subz aß („Freundschafts“dienst-Rabatt) und abends todmüde ins Bett fiel, bevor die Hure und der feierwütige Arbeitslose von ihren nächtlichen Touren zurückkehrten.

*****


„Du da! Wuschelkopf!“, brüllte Saporta und zeigte auf mich. Natürlich, auf wen denn sonst?
Ich ließ sofort von der Kaffeemaschine ab und lief zu ihm hinüber, denn warten lassen konnte man den Herren unmöglich.
Er drückte mir einen Stapel Papiere in den Arm, die bestimmt zehn Kilo wogen. Ich schwankte unter der Last und konnte meine Füße nicht mehr sehen.
„Nach draußen, in die Container“, befahl der Regisseur und ich stolperte in Richtung Hinterausgang. Ein paar Damen gingen mir aus dem Weg, als ich durch den Flur wankte, aber anscheinend waren nicht alle so aufmerksam.
Ehe ich reagieren konnte, war ich frontal mit jemandem zusammengestoßen.
„Oh Gott, das tut mir leid, Sir, verzeihen Sie, das war keine Absicht, ich wollte das nicht, Sir, bitte, Entschuldigung…“, murmelte ich und ließ mich auf die Knie fallen, um die heruntergefallenen Blätter wieder einzusammeln.
„Das muss dir doch nicht leid tun, du konntest doch gar nichts sehen“, hörte ich eine sanfte Stimme sagen und sah aus dem Augenwinkel, wie mein Gegenüber sich hingehockt hatte und mir half, die Zettel zusammenzusuchen.
Zögernd hob ich den Kopf und wollte widersprechen, aber als ich sah, wer mir gegenübersaß, verschlug es mir die Sprache.
„Außerdem hatte ich meine Brille nicht auf und habe dich gar nicht gesehen“, lächelte er und nahm mir die Hälfte des Stapels ab.
Alexandro Francisco Suarez ließ sich tatsächlich dazu hinab – im wahrsten Sinne des Wortes! – dem Nichtsnutz und unsichtbarsten Mitarbeiter zu helfen? Der Spanier spielte die andere männliche Hauptrolle neben Saporta, der sich sowieso den Hauptcharakter unter den Nagel gerissen und die schönste Dame als seine Geliebte besetzt hatte.

Alexandro hatte nach Saporta die meisten geschminkten Frauenaugen schmachtend auf sich liegen, was ihn aber nie zu stören schien, warum sollte es auch? Er nutzte es allerdings auch nicht aus, was mich darauf schließen ließ, dass er zuhause eine Frau hatte, der er treu war.
Im Gegensatz zu Saporta, der zwar offiziell die tollste und schönste Frau ganz Manhattans hatte, sich aber bei der Arbeit auch mal Spaß mit anderen Damen gönnte.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Alexandro und seine braunen Augen sahen besorgt auf mich herab. Er war bereits aufgestanden und hielt mir seine Hand hin, die ein schlichter silberner Ring zierte. Die konnte ich nicht annehmen, ich war in der inoffiziellen Hierarchie dieser Inszenierung nicht einmal erwähnt, während der Schauspieler vor mir direkt unter Gabriel Eduardo Saporta stand.
„Äh, ja, Sir, ja, danke“, stammelte ich und rappelte mich ohne Hilfe auf. „Sie, äh, können mir jetzt die Papiere wiedergeben, ich muss die hinausbringen.“
Alexandro lächelte nur sanft. „Ach was, ich komme mit. Du musst doch immer so viel machen, da kannst du auch Hilfe gebrauchen. Außerdem habe ich gerade Pause und nichts Besseres zu tun“, bestand er auf seinem Stapel und ich konnte ihm nicht widersprechen, schließlich hatte er mehr zu sagen als ich. Ich hatte nämlich nichts.
Ich folgte dem Spanier durch den Flur und erwischte mich wieder dabei, meine Blicke nicht zurückhalten zu können.

Ich war schon seit einigen Wochen von Alexandros Erscheinung abgelenkt worden. Die gut sitzenden Hosen machten mir besonders zu schaffen und seine Augen, die Haare, die Hände, alles ließ mich meine Arbeit im Saal langsamer verrichten oder ganz vergessen, wenn ich ihn auf der Bühne sah.
Ich wusste nicht, wie alt er war, wahrscheinlich älter als ich dachte – oder hoffte. Wobei er wahrscheinlich nicht älter als Saporta war, der mit seinen 27 Jahre doch ganz schön jung für seinen Ruhm war.

Alexandro stieß mit der Schulter die Tür nach draußen auf. Glücklicherweise standen die Container unter einem Vordach, sonst wären wir wohl ganz schön nass geworden. Während der Spanier sich in die Tür stellte, öffnete ich die Mülleimer und warf erst meinen, dann den anderen Stapel Papiere hinein.
„Das, äh, vielen Dank, Sir“, stammelte ich, als Alexandro mich anlächelte und mir bewies, durch die von ihm offengehaltene Tür zu gehen. Sowas war nicht notwendig und ganz sicher nicht normal, oder der Mann war einfach übertrieben nett zu jedem.
Ich schlüpfte durch die Tür, Alexandro hinterher. Er drückte sich im engen Flur an mir vorbei und klopfte mir auf die Schulter. Das wunderte mich schon, aber als er mir auch noch zuzwinkerte, wusste ich wirklich nicht mehr, in was für einem merkwürdigen Film ich hier gelandet war.

*****


Wie in den vorherigen Wochen bestand mein Job nur noch aus Zigarren kaufen, Kostüme in die Wäscherei bringen, Kostüme von der Wäscherei abholen, aufräumen, Kaffeekochen und Extrawünsche erfüllen. Nichts Neues eigentlich, wenn ich nicht das merkwürdige Gefühl hätte, Alexandro Suarez würde mich öfter als sonst ansehen, sich netter für den Kaffee bedanken als die anderen, mir öfter die Tür aufhalten als nötig und sich sowieso auffällig anders benehmen – zumindest mir gegenüber.
Er hatte mich noch nie mit meinem Namen angesprochen, ich zweifelte sowieso stark daran, dass irgendwer am Theater ihn wusste außer William, der ein Jahr älter war als ich und genauso herumgescheucht wurde. Verbünden konnte man sich mit ihm aber trotzdem nicht wirklich, dafür sah er viel zu unverschämt gut aus und war viel zu charmant zu jedem. So sehr, dass ich schon des Öfteren unverkennbare Blicke aus Saportas Augen hatte sprühen sehen, die verrieten, dass er sich gerne einmal anders vergnügen wollte, es aber nicht tat, weil das seinen Stolz verletzen würde. William genoss es aber trotzdem, praktisch mit seinen Blicken ausgezogen zu werden. Da das Theater groß war, sahen wir uns nicht so oft und durften uns auch selten gegenseitig helfen, sodass sich meine Sympathie für ihn ziemlich in Grenzen hielt.

Es war Dezember und die Arbeiten für die Weihnachtspremiere liefen auf Hochtouren, schließlich musste für Saporta alles perfekt laufen und es würden wichtige Kritiker im Publikum sitzen.
Aber ich wäre ja nicht Nathan Novarro, wenn ich nicht irgendwann alles ruinieren würde, das war schon in meiner Kindheit so gewesen. Ich hatte immer Schuld und wusste das auch, ich konnte nichts dagegen tun.
Der Feuermelder hing einfach am falschen Quadratdezimeter Wand, und zwar genau an dem, gegen den ich stolperte, als ich über die Federboa stolperte, die aus dem riesigen Kleiderhaufen in meinen Armen heraushing. Der Haufen war so riesig gewesen, dass ich von vorne wahrscheinlich aussah wie ein Kleidermonster mit Beinen, kurzen Beinen, denn ich war nun mal nicht der Größte. Genauer genommen war Saporta ungefähr anderthalb Köpfe größer als ich und seine Stimme ungefähr dreimal so laut wie die eines jeden Anderen.
Die Tatsache, dass ich mit voller Wucht den Feuermelder gerammt hatte, löste eine ganze Kettenreaktion aus: Mein Arm begann zu bluten, weil ich das Glas mit dem Ellenbogen durchbrochen hatte, mir fiel die Hälfte der Kostüme aus dem Arm, aus jedem Wasserspender an der Decke spritzte es herunter, ein ohrenbetäubendes Klingeln ging los, alles schrie und rief und brüllte, alle liefen herum, rutschten auf dem nassen Boden aus, manche stürzten, die Kulissen wurden stehen und liegengelassen, als alle von der Bühne flohen und Gabriel Saporta kam wutentbrannt auf ebenjene gestürzt, um den Schuldigen zu finden und umzubringen. Sein Hemd war noch halb offen und seine Haare zerzaust, hinter dem Vorhang, aus dessen Richtung der Regisseur kam, lugte eine Nebendarstellerin hervor, die sich den Träger ihres Kleides wieder hochschob.
Saporta fand mich am Bühnenrand sitzen, inmitten des Kleiderhaufens. Jetzt konnte ich mich mental schon einmal von allem verabschieden, was sich Leben nannte und wartete auf seine Standpauke.
„DU!“, brüllte er los. „Warst du das??“
Ich nickte leicht und wagte es nicht, ihn anzusehen.
„Verdammt!! Du kleiner Nichtsnutz hast mir die ganze verdammte Aufführung ruiniert, ist dir das klar? Weißt du, wie ich daran geschuftet hab, nur damit du, wer auch immer du bist, mir mit diesem Desaster alles zerstörst?? Wer bist du überhaupt, arbeitest du hier? Warte, das ist völlig egal, selbst wenn, spätestens jetzt nicht mehr!! Du kannst gleich deine Sachen packen, du Taugenichts, ich weiß ja nicht mal, wie du heißt!! Oh Gott, wie ich diesen Dreck verachte!!“
Mitten in seiner Hasstirade hatte er mich hochgezogen und am Kragen gepackt. Niemand ging dazwischen, aber das war sowieso klar gewesen. Wenn Saporta jemanden fertigmachte, musste er das auch zu Ende bringen, und jeder, der ihn unterbrach, konnte das gleiche erleben.
Wutentbrannt ließ er von mir ab und stieß mich zurück in den Kleiderhaufen.
„Na los!! Such dir einen neuen Job, wo du nicht so viel falsch machen kannst wie hier! Du hast mein gesamtes aufgebautes Werk ruiniert, verd-“
„SAPORTA!!“
Immer noch wütend wirbelte der Regisseur herum, um denjenigen zur Sau zu machen, der es wagte, ihn zu unterbrechen.
„Das ist doch nicht dein Ernst, oder? Siehst du nicht, dass es eigentlich deine Schuld war? Mensch, der Kleine konnte unter diesem Haufen doch kein Stück sehen, glaubst du, man kann mich zwanzig Kilo Stoff im Arm die Balance halten? Wer hat ihm das denn aufgetragen, wenn nicht du? Und es ist Wasser, ja? Nur Wasser, das trocknet wieder und man kann wir vorher weiterarbeiten! Kannst du dein Temperament nicht einmal zügeln?“
Er war ein Geschenk des Himmels. Musste er sein, denn niemand legte sich ungestraft mit Gabriel Saporta an.
Alexandro schenkte mir zwar keinerlei Beachtung, aber er bewahrte mich gerade vor dem sicheren Tod und ich hätte ihm nicht dankbarer sein können.
Ich hatte schon öfter mitbekommen, dass der Spanier mit Saporta sprach, als wären sie normale Arbeitskollegen. Und genau das war wohl auch der Grund, warum der Medienstar ihn nicht umbrachte, sondern nur wutentbrannt schnaubte, weil Alexandro Recht hatte.
„Das ist mir zu viel. AUS!!“, brüllte er. „Geht nach Hause, das alles hier wird morgen aufgeräumt, ich will niemanden von euch hier mehr sehen!!“
Sprach’s, stapfte von der Bühne und kam eine Minute später mit Hut, Mantel und wehendem Schal durch die Tür neben der Bühne gerauscht.
„Geht nach Hause! Jetzt!!“, befahl er dem Team, während er an den Zuschauerreihen vorbeilief und knallte voller Wucht die Tür hinter sich zu.
Das Ensemble und alle Mitarbeiter, die vorher erstarrt waren und geschwiegen hatten, starrten jetzt Alexandro und mich an. Ich senkte den Kopf und blieb in dem Kleiderhaufen sitzen, ich würde als letztes gehen, damit mein Abgang nicht so dramatisch wirkte.
Als sich die ersten paar Leute aus ihrer Starre gelöst hatten und sich anziehen gingen, wagte ich es wieder, einen Blick nach oben zu werfen. Alexandro war verschwunden und ich seufzte. Irgendwie musste ich mich bei ihm bedanken, bevor ich meinen Job gezwungenermaßen an den Nagel hängte.

Ich rutschte an den Bühnenrand und ließ mich in den Orchestergraben sinken, wo zum Glück keiner mehr war. Ich hatte keine Lust auf die vielen neugierigen und bösen Blicke, die mir sonst zugeworfen worden wären und wartete, bis das Stimmengewirr und Fußgetrappel verstummt war und ein letztes Mal die Tür zugeworfen wurde.
Dann kletterte ich zurück auf die Bühne, die wirklich mitgenommen aussah und besah mir meinen verletzten Arm. Das Glas hatte tief geschnitten und die Wunde sah genauso schmerzhaft aus, wie sie sich anfühlte.
„Autsch“, machte ich leise und war schon kurz davor, meinem weißen Hemd hinterherzutrauern, dessen Blutflecken ich jetzt wohl nie wieder herausbekommen würde, als ich plötzlich doch wieder Schritte hörte. Ich hatte gedacht, alle wären gegangen, aber als ich aufsah, beschleunigte sich mein Herzschlag um das Doppelte.
Unendlich ruhig kam Alexandro in seinem durchnässten weißen Hemd auf mich zu, seine Haare waren noch feucht und ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten.
Ich konnte mich nicht rühren, stand vor ihm wie das Kaninchen vor der Schlange und wartete einfach, was jetzt kam.
„Du bist ja noch hier“, sagte er, als er vor mir stand. Vielleicht bildete ich mir den Anflug eines Lächelns auf seinen Lippen ein.
„Das Gleiche könnte ich auch sagen“, rutschte es mir heraus und ich schlug mir sofort die Hand vor den Mund. Das hatte ich überhaupt nicht sagen wollen! Er hasste mich bestimmt.
Anstatt sich zu beschweren, lächelte Alexandro lieb. „Ich habe dich eigentlich gesucht“, sagte er.
„Es tut mir so leid, dass ich alles versaut habe, ich wollte das doch gar nicht, dieser Haufen war einfach zu viel und ich habe nichts gesehen, und dann bin ich…“, redete ich los, stockte dann aber. Er hatte mich gesucht?
„Warum haben Sie mich gesucht?“, unterbrach ich mich selber.
„Ich wollte sehen, wie es deinem Arm geht“, sagte Alexandro schlicht und schob meinen Ärmel noch ein Stück höher, um sich die Wunde anzusehen.
„Au, das sieht aber ganz schön schmerzhaft aus. Wir sollten dich ins Krankenhaus bringen“, sagte er.
Ich traute meinen Ohren nicht.
„Nein, das geht schon, Sir, ich… ich meine, danke. Dass Sie mich verteidigt haben vor Mr. Saporta, ich-“
„Hör auf damit!“
Ich schwieg. Jetzt hatte ich alles versaut, ich redete einfach zu viel und machte sowieso alles falsch. Wahrscheinlich war es wirklich besser, dass Saporta mich gefeuert hatte.
„Du redest ja mit mir wie mit deinem Chef! Hör’ gefälligst auf, mich ‚Sir’ zu nennen, da fühle ich mich ja alt! Und 25 ist nicht alt, oder? Außerdem musste das einmal gesagt werden, Saporta ist viel zu sehr von sich selbst überzeugt und rastet viel zu leicht aus. Das ist das südländische Temperament. Ich bin Alex“, sagte er und hielt mir seine Hand hin.
Mit großen Augen ergriff ich sie. 25 war er erst? Das beruhigte mich irgendwie.
„Du bist Nathan, oder?“
Ich nickte hastig. „Äh, ja, N-Nate könn- kannst du mich auch nennen“, stammelte ich und Alex lächelte.
„Hallo, Nate. Komm mal mit“, sagte er und verließ die Bühne nach hinten wieder. Ich folgte ihm unsicher an den nassen Requisiten vorbei und fühlte mich immer noch unendlich schuldig.
„Dank deiner Aktion ist hier hinten zwar das Licht ausgefallen, aber wir werden das vielleicht auch im Dunkeln hinbekommen“, sagte er und ich hörte das Lächeln in seiner Stimme. Alex schloss den Verbandskasten auf, der in den Katakomben hinter der Bühne hing und kramte gezielt einige Dinge heraus. Er wischte das Blut weg, desinfizierte die Wunde und band mir einen kleinen Verband um den Arm.
„Ich glaube nicht, dass du noch Glassplitter im Arm hast“, sagte er leise und schnitt die Mullbinde durch. „Ansonsten gehst du noch einmal zum Arzt, ja?“
„Ja“, hauchte ich, bezaubert von so viel Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit.
„Gut“, lächelte Alex und strich noch einmal über den Verband.
Dann schloss er den Verbandskasten. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Wahrscheinlich würde er gleich auch nach Hause gehen und ich würde ihn nie wieder sehen – es sei denn, ich käme zu einer Aufführung.
Aber er tat nichts dergleichen, sondern blieb stehen und wirkte im Halbdunkeln etwas unsicher.

„Ich wusste die ganze Zeit, dass du Nathan heißt“, sagte er plötzlich leise. „Ich habe gleich am ersten Tag William gefragt und er hat es mir gesagt.“
Ich war mehr als überrascht, als Alex mir das eröffnete. Ich wollte den Grund wissen, warum er William gefragt hatte, aber ich konnte immer noch nichts sagen.
Er kam einen Schritt auf mich zu und wenn ich zurückgegangen wäre, wäre ich dumm gewesen. Aber meine Füße blieben auf dem Boden.
„Achte mal nur auf meinen Finger, ohne den Kopf zu bewegen“, sagte Alex aus dem Blauen heraus.
„Was?“, fragte ich verwirrt, blickte aber auf seinen Finger, den er mir nun vor das Gesicht hielt.
„Tu es einfach, ich will einmal etwas ausprobieren“, sagte er und ich gehorchte.
Sein Finger ging hoch und hinunter, nach links und nach rechts und im Kreis. Kurz, bevor ich mich wirklich fragte, was er da tat, senkte sich sein Finger so weit nach unten, dass ich ihn nicht mehr sah und die Augen schloss.
Anscheinend war genau das sein Plan gewesen, denn im nächsten Moment spürte ich zwei Hände auf meinen Wangen und den Druck von weichen Lippen auf meinen.
Ich glaubte, träumen zu müssen und öffnete für eine Sekunde die Augen, aber es war wirklich Alexandro Francisco Suarez, der mich küsste, und er hatte seine schönen Augen genießerisch geschlossen. Auch meine fielen wieder zu, als ich den Kuss erwiderte und vorsichtig meine Arme um seine Taille legte, wogegen er nichts einzuwenden hatte. Im Gegenteil, lieber fuhren seine Finger durch mein Haar und er zog mich noch ein Stück näher zu sich heran.

Das Desaster hatte zwar seine Spuren hinterlassen, aber das war egal. Wir brauchten keinen Saporta, um uns zu beherrschen, kein Krankenhaus, um mich zu verarzten und kein Licht, um uns zu finden.
Und ich wusste, dass keiner von uns diesen Ort so schnell verlassen würde, wie uns befohlen worden war. Es war nämlich gerade viel zu schön hier.

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Ich freu mich auf und über Reviews. Das ist mein erster Nalex, seid lieb zu mir! :D
<3
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