Basilisk - Kouga Ninpo Chou Fanfiction
von Hinoko
Kurzbeschreibung
Wir schreiben das Jahr 1614. Ein Hass, der schon 400 Jahre bestand hatte, machte den Clan der Iga und den Clan der Kouga zu erbitterten Feinden. Einzig ein Friedensvertrag, vor einigen Jahren unterzeichnet von Hattori Hanzo, hielt die beiden verfeindeten Ninja Clans davon ab, sich gegenseitig zu töten… Dies ist die Geschichte zweier Liebender, zerbrochner Hoffnung und verlorenen Träumen. Eine Geschichte über verzweifelte Liebe, undurchdringlichen Hass und einem Paar dem man nicht die Wahl lässt, sich auszusuchen ob ihnen die Liebe oder die Zukunft ihrer Clans wichtiger ist…
GeschichteAllgemein / P18 / Gen
09.10.2010
05.07.2011
11
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09.10.2010
5.498
Kapitel 8: Enthüllung der blutigen Wahrheit
Gefangen im Sog des Hasses
Fielen sie in einen tiefen Abgrund.
Lüge und Wahrheit waren miteinander verschmolzen.
Ein blutiger Berg aus Leichen gebaut,
Der Weg dahin gepflastert mit Blut und Rachedurst.
Die schöne heile Welt ward zerfallen und zeigte
ihr hässliches Antlitz.
Liebste, mach dich bereit zu sterben!
Oboros Augen weiteten sich. Was hatte Tenzen da gerade gesagt? Seine Worte hallten immer noch in ihrem Kopf und sie konnte es nicht glauben, nicht realisieren.
Draußen hielten sich Koshirou, Hinoko und Akeginu auf. Alle drei mit gesenkten Gesichtern. Koshirou hatte sich wieder mit verschränkten Armen an einen Dachbalken gelehnt, während Hinoko neben ihm stand und zum verregneten Himmel aufsah. Ihre Fingernägel gruben sich tief in ihre Handinnenflächen.
Akeginu, die auf dem Boden, etwas abseits vor ihnen saß, sah kurz zu beiden rüber, seufzte schwer und traurig und drehte sich dann wieder um.
Donnergrollen erfüllte den schwarzen Himmel und Oboro starrte immer noch, mit vor Schreck geweiteten Augen Tenzen an. Das durfte einfach nicht wahr sein!…
Es regnete, als gäbe es keinen Morgen mehr. Als wüsste der Himmel bereits, dass dieser Abend in einem Blutbad enden würde.
Gennousuke saß noch vollkommen ahnungslos in dem Zimmer und starrte seine Flöte an. Er wirkte nachdenklich und unruhig. Es war ein instinktives Gefühl, das ihm sagte, dass sich etwas verändert hatte.
Er dachte an die Vorführung des Tanzes und es kam ihm fast wie ein Traum vor. Unwirklich und surreal. Eine innere Stimme sagte ihm, dass Jousuke nicht nach Kouga zurückgekehrt war. Er versuchte die Stimme zu ignorieren, aber sie schien immer lauter zu werden.
Er schüttelte den Kopf.
“Der Regen fällt überall gleich. Egal ob in Iga oder in Kouga…”, sagte er zu sich selbst. “Es gab keinen Regen, der aufhörte, zu fallen…”
Sein Blick fiel kurz zu Koshirous geschnitzten Holzeulen, die auf einem Regal in einer Ecke standen, dann glitten seine Augen wieder zu der Flöte in seinen Händen hinab. “Es gibt ihn nicht…”
Oboro war wie versteinert. “Was habt Ihr da gerade gesagt?”, sagte sie mit zitternden Lippen. Sie nahm ihre eigenen Worte kaum wahr.
Der Regen schien in jenem Moment noch lauter herab zu fallen. Das einzige Geräusch in dieser erdrückenden Stille.
“Die Iga und die Kouga haben seit 400 Jahren, seit der Tenshô-Ära, ihren Hass unterdrückt. Damit ist es jetzt vorbei.”, fuhr Tenzen fort, als würde er nur über das Wetter reden. “Wir müssen auf Befehl des Shoguns hin, gegeneinander kämpfen… auf Leben und Tod!”
“Nein…”, flüsterte Oboro nur. Es fiel ihr wirklich schwer, zu glauben, was Tenzen da sagte. Aber ihr war bewusst, dass Tenzen die Wahrheit sagen musste. Solch makabere Scherze würde er sich niemals erlauben.
“Seht Euch die Schriftrolle an, wenn Ihr es nicht glaubt.”, antwortete Tenzen nur.
“Schriftrolle?”, fragte Oboro leicht verwirrt.
Tenzen Augen wurden noch schmäler, als für gewöhnlich. “Ihr müsst von nun an Eure Gefühle in Zaum halten.”, sagte er.
Draußen scharrte Hinoko unruhig mit ihrem rechten Fuß auf dem Boden hin und her.
Koshirou, der noch immer am Holzbalken gelehnt stand und die Arme verschränkt hatte, starrte kurz zu ihr rüber.
Er spürte, wie aufgewühlt Hinoko in ihrem Inneren war. Wie es in ihr tobte und stürmte.
Das ihr am liebsten nach Schreien zumute war.
Hinoko fing seinen Blick auf und er schüttelte nur den Kopf und sah sie weiter fest an.
‘Bleib ruhig. Du kannst nichts tun.’ Das war es, was er ihr sagen wollte. Hinoko konnte es in seinen Augen lesen. Erneut biss sie sich auf die Unterlippe und blickte kurz zu Akeginu, die geistesabwesend vor sich hin starrte.
Dann suchte sie wieder den Augenkontakt mit Koshirou. ‘Ich weiß, aber… ich halte es kaum aus…’, sagte sie ihm mit ihrem Blick.
‘Du musst. Wir haben keine andere Wahl’, las sie die Antwort aus Koshirous Augen.
Sie nickte nur und kickte einen Kieselstein weg, der einige Meter über den Boden hüpfte.
“Das ist alles nicht wahr!”, hörten sie von drinnen Oboros verzweifelte Stimme rufen.
Oboro hatte ihre Hände auf ihren Schoß gestützt und krallte sich in den Stoff ihres dunkelvioletten Kimonos. “Die Iga sollen gegen die Kouga kämpfen?”
Ihre Hände verkrampften sich noch mehr. “Selbst wenn der Vertrag wirklich aufgelöst wurde, wäre es unmöglich, dass die Iga gegen die Kouga kämpfen…”
Tenzens Augen wurden noch schmäler. Diese Reaktion hatte er bereits befürchtet.
“Gennousuke-sama denkt genauso darüber!”, rief Oboro und stand auf. Sie ging langsam zur Tür, während Tenzen ihr mit finsterer Miene hinterher schaute.
“Wartet bitte.”
Oboro drehte sich noch einmal zu ihm um.
“Es ist nicht wichtig, wie die Kouga darüber denken.”, sagte Tenzen langsam.
Oboros Augen weiteten sich.
“Es ist bereits zu spät, um danach zu fragen!”
Derweil war Okoi noch immer damit beschäftigt, Jingorou das Blut auszusaugen. Dieser versuchte immer noch verzweifelt in die Nähe des ausgelaufenen Salzes zu gelangen.
“Verstehe… Du hast wirklich viel mehr Blut in dir, als der alte Mann!”, höhnte Okoi lachend und leckte sich über die Lippen. “Ich werde dir dein Blut bis zum letzten Tropfen aussaugen!”
Wie bei Rousai schon, biss sie nun auch Jingorou in den Hals, um noch mehr Blut aus ihm raussaugen zu können.
Jingorou schaffte es, unter den größten Anstrengungen immer mehr in Richtung des Salzes zu rutschen, bis er schließlich mit dem Hinterkopf halb in dem Haufen lag.
Langsam begann sein Körper sich zu verflüssigen und Okoi schrie angewidert auf und ließ von ihm ab.
Mit angeekeltem Blick starrte sie zu dem schleimigen Etwas, dass stöhnend und röchelnd nun vor ihr auf dem Boden kroch und langsam in einem Spalt zwischen den Salzfässern verschwand.
Was zur Hölle war das nur für eine abartige Fähigkeit, die dieser Iga da auf Lager hatte?, dachte sich Okoi nur.
Schnell fasste sie sich jedoch wieder und sah ihre Chance zu fliehen, endlich gekommen, Sie stand auf und hob das Messer auf, was Jingorou in all seiner Unachtsamkeit hatte fallen gelassen.
Geradewegs, sich den kurzen Kimono zuhaltend, rannte sie auf die Tür zu, die in jenem Moment jedoch aufgeschoben wurde.
“Rousai, bist du da? Tenzen will die Schriftrolle…”, ertönte Nenkis Stimme und Okoi blieb vollkommen erstarrt stehen.
Nenki wusste noch gar nicht recht, was geschah, da griff Okoi auch schon an und zerschnitt mit dem Messer Nenkis Bo-Stab, den er gerade noch rechtzeitig vor sich halten konnte.
“Du kleine Hure!”, rief Nenki wütend, während Okoi zu einem erneuten Angriff über ging und auf ihn los rannte.
Saemon, in Gestalt Yashamarus stand immer noch gemeinsam mit Hotarubi vor den Toren Igas.
“Wurde eine Frau aus Kouga gefangen genommen?”, fragte er langsam.
“Ja, ein Mädchen mit dem Namen Okoi.”, antwortete Hotarubi, die noch immer nicht ahnte, dass sie nicht ihren geliebten Yashamaru vor sich hatte, sondern einen Mann aus Kouga.
“Ihr Name steht auf der Schriftrolle.”, erklärte Hotarubi und lächelte leicht.
“Die Schriftrolle…”, murmelte Yashamaru alias Saemon nur und dachte nach.
“Ist Euch die Schriftrolle denn nicht bekannt, Yashamaru-dono?”, fragte Hotarubi.
“Doch, natürlich weiß ich davon…”, entgegnete Saemon.
Er wirkte sehr angespannt und nachdenklich. Er durfte nicht auffliegen und sich keinerlei Blöße geben, aber der Gedanke, dass seine Schwester Okoi in Gewalt der Iga war, bereitete ihm Unbehagen.
“Yashamaru-dono?”, fragte Hotarubi verwirrt, die bemerkte, dass etwas mit ihrem vermeintlichen Liebsten nicht stimmte.
Schließlich sah Saemon sie wieder an. “Bring mich zu diesem Mädchen.”, antwortete er ohne Umschweife.
Zur selben Zeit war der Kampf zwischen Okoi und Nenki in vollem Gange. Nenki hatte seinen Kosode geöffnet und mehr Angriffsfläche zu haben und Okoi versuchte immer wieder, ihn mit dem Messer zu erwischen, was ihr nicht gelang. Stattdessen bekam Nenki sie schließlich am Handgelenk zu packen, konnte sie, mit dem Rücken zu ihm gewendet zu sich ziehen und ihr das Messer aus der Hand schlagen. Mit einer Hand, hielt er sie an ihrer linken Brust fest, den anderen Arm drückte er ihr gegen den Hals, sodass Okoi keine große Chance hatte, sich zu befreien. Zumal Nenki als Mann körperlich auch viel mehr Kraft hatte, als sie.
Seine Haare entwickelten, wie immer, wenn er wütend war, ein Eigenleben und bewegten sich jetzt schon wild hin und her.
“Wirklich nicht schlecht, junges Fräulein aus Kouga.”, sagte er, während Okoi sich hin und her wand. “Aber ich bin auch noch da… Jedenfalls wird das dein Ende sein!”
Doch so leicht, würde Okoi nicht aufgeben. Verzweifelt versuchte sie mit ihrer Technik, sich aus dieser Situation zu retten und begann das Blut durch den Hautkontakt von Nenkis Hand auf ihrer Brust, aus ihm rauszusaugen, was aber kaum etwas brachte.
“W-Was ist das!?”, rief Nenki, als er es bemerkte, aber Okoi spürte, dass es nicht wirklich etwas brachte. Sie brauchte mehr Hautkontakt!
Mit einem Arm griff sie blind hinter sich und suchte verzweifelt nach Haut, aber stattdessen griff sie nur in lauter Harrgestrüpp.
Was? War dieser Kerl, der sie da festhielt, etwa am ganzen Körper beharrt, wie ein Affe!? Das konnte doch nicht wahr sein!
Nenki grinste nur dreckig. Das Vorhaben der jungen Frau sollte ihr nicht gelingen. Nicht bei ihm!
Okoi suchte verzweifelt weiter, als sie plötzlich aufschrak und zusammenzuckte. Ein fürchterlicher, unerträglicher Schmerz breitete sich in ihren Körper aus und Blut lief in vielen dünnen Rinnsälen ihren Körper und ihre Beine hinab. Immer mehr Blut tropfte aus dem Boden und Okoi stöhnte vor Schmerzen.
“Du machst ja Sachen…”, kam es von Nenki. “Du solltest mich wirklich nicht unterschätzen, Fräulein.”
Mit weit aufgerissenen Augen und schmerzverzerrtem Gesicht versuchte Okoi sich zu ihrem Peiniger umzudrehen, als noch mehr von Nenkis Haaren ihren Körper durchbohrten, wie lange, spitze Dornen. Er hatte sie komplett mit seinen Haaren aufgespießt. Okoi schrie auf. Letzte Zuckungen durchfuhren ihren Körper. Unter ihr hatte sich bereits eine Blutlache gebildet.
“Ich wollte dich gar nicht töten.”, sagte Nenki nur. “Aber es geht wohl nicht anders.”
Er zog sich komplett aus, so dass sein bepelzter Körper gänzlich zu sehen war. Nenki wirkte so mehr denn je wie ein Tier. “Außerdem steht dein Name auf der Schriftrolle…”, fügte er grinsend hinzu. “Lebend wärst du hier sowieso nicht raus gekommen.”
Mittlerweile hatte Hotarubi mit dem vermeintlichen Yashamaru Iga betreten und folgte diesem.
“Da der Friedensvertrag aufgelöst worden ist, muss sie wohl zum Sterben hergekommen sein”, redete Hotarubi vor sich hin. Sie wirkte ein wenig unsicher, weil ihr Liebster Yashamaru sich so schweigsam und merkwürdig verhielt.
“Ziemlich dumm von ihr,”, brabbelte sie dennoch weiter. “so ganz alleine hierher zu kommen. Findet Ihr nicht auch?”
Doch Saemon antwortete nicht. Seine Gedanken kreisten nur noch um seine kleine Schwester.
Auf Einmal ertönte ein lauter Schrei und jemand kam auf ihn und Hotarubi zu gerannt.
Saemon zuckte zusammen und war wie erstarrt, als er die Gestalt einer jungen Frau auf sich zu rennen sah.
“Yashamaru! Bist du es wirklich!?”
Hinoko stand völlig außer Atem und mit riesigen Augen vor ihm.
“Ich dachte schon, du wärest tot!”
Tränen standen in ihren Augen. “Bei den Göttern, was ist mit deinen Haaren geschehen!?”
Saemon starrte Hinoko an.
Er erinnerte sich an sie. Sie war, genauso wie diese Hotarubi auch, bei den Angreifern aus Iga dabei gewesen. Auch dieses Mädchen hatte brutal und ohne mit der Wimper zu zucken, viele Kouga abgeschlachtet.
“Hinoko-dono!”, kam es von Hotarubi.
“Hinoko…”, leise wiederholte Saemon diesen Namen.
Hinoko starrte ihn an. “Hotarubi hat sich fürchterliche Sorgen um dich gemacht! Und ich mir auch!”
“Es tut mir Leid…”, sagte Saemon langsam. “Es gab noch einige Dinge, die ich für Ogen-sama in Sunpu zu erledigen hatte und so…”
Hinoko nahm seine Hände und fing sich dafür einen strafenden Blick von Hotarubi ein.
“Tu so was nicht noch einmal, so spät einfach aufzutauchen, dass jeder denkt, du seiest tot! Ich war wirklich in Sorge, dich, als meinen teuren Freund, verloren zu haben!”
Dicke Tränen rannen nun Hinokos Wangen hinab.
Saemon wusste nicht, wie er reagieren sollte. Erst Hotarubi, die scheinbar die Geliebte, dieses Yashamaru gewesen war und nun diese Hinoko, die scheinbar gut mit ihm befreundet gewesen war. So oder so, war der Schlamassel in dem er steckte, groß. Aber das war egal. Was zählte war, seine Schwester und Gennousuke zu retten, bevor es zu spät war.
“Hinoko-dono!”, mahnte Hotarubi erneut und Hinoko ließ von dem vermeintlichen Yashamaru ab.
“Ihr habt doch Koshirou-dono an Eurer Seite!”
Hinoko blickte zu Hotarubi. “Ich weiß… und das ist auch gut so. Aber Yashamaru ist ein teurer Freund von mir und das weißt du auch, Hotarubi. Es gibt keinen Grund, so eifersüchtig zu sein.”
Saemon blickte verwirrt zwischen den beiden jungen Frauen hin und her.
Schließlich fasste er sich wieder. “Hotarubi, wolltest du mich nicht zu dem Mädchen aus Kouga bringen?”
“Oh ja. Natürlich…”, entsandt sich Hotarubi wieder. “Verzeiht…”
“Okoi?”, kam es von Hinoko. “Ich glaube, Nenki-dono ist gerade bei ihr.”
Ihr Mund verzog sich zu einem viel sagenden Grinsen. “Ich glaube, ich sollte ihr später auch einen Besuch abstatten…”
Saemon atmete scharf ein. Dieses dreckige Grinsen, hatte dieses Mädchen schon beim Angriff auf Kouga aufgesetzt gehabt.
Wie konnte so ein süßes Mädchen nur so grausame Gesichtszüge aufweisen, die so gar nicht zu diesen großen, unschuldigen Augen passten?
Hotarubi nickte Hinoko nur noch zu und zog den Fake-Yashamaru am Ärmel hinter sich her. “Ich glaube, Ihr werdet gerufen, Hinoko-dono. Und ich muss Yashamaru-dono zu dieser Okoi bringen. Er will unbedingt mit ihr sprechen.”
Und wirklich. Hinoko vernahm hinter sich, Koshirous Stimme.
“Hinoko! Komm hierher zurück. Du sollst nicht einfach deinen Posten verlassen! Tenzen-sama hat gesagt, das wir draußen warten sollen, bis er alles genau mit Oboro-sama durchgesprochen hat!”
Hinoko nickte. “Verzeih, Koshirou…”
Dann lief sie zu ihm zurück.
Sie lächelte leicht. “Yashamaru ist zurückgekehrt…”
“Dann bin ich ja froh.”, antwortete Koshirou und strich Hinoko sanft über den Kopf. “Das heißt, wir sind, bis auf Ogen-sama, wieder vollzählig und du hast einen guten Freund wieder.”
Hinoko kuschelte sich an seine Brust. “Ja.. Und Hotarubi ihren Liebsten…”
“Wir sind in der Überzahl… Die Kouga können nur noch verlieren…”, sagte Koshirou nur und strich ihr weiter durch die Haare. “Der Sieg ist uns gewiss.”
“Ja… Vermutlich hast du recht.”, antwortete Hinoko.
Akeginu beobachtete die Zwei mit einem schweren Seufzen.
Sie gab es nicht zu, aber es schmerzte sie, dass Koshirou bereits sein Herz an Hinoko verloren hatte. Sie war schon so lange unglücklich in Koshirou verliebt, aber er sah in ihr nichts weiter, als eine Art große Schwester.
Solange Koshirou jedoch glücklich war, wollte Akeginu es auch sein. Und wenn Hinoko es war, die ihn glücklich machte, dann war es gut so. Sie hatte sich bereits damit abgefunden, nur das dritte Rad am Wagen zu sein.
Hinoko schaute kurz zu Akeginu und seufzte ebenfalls. Sie wusste von Akeginus Gefühlen und es versetze ihr immer wieder einen Stich. Sie fühlte sich oft deswegen schuldig, obwohl sie es nicht musste und auch nichts dafür konnte. Trotzdem war genau jetzt wieder, wo sie Akeginu so einsam da sitzen sah, das schlechte Gewissen sehr stark.
“Ist irgend Etwas?”, fragte Koshirou, der Hinokos Blick bemerkt hatte.
Sie sah wieder zu ihm und schüttelte den Kopf. Koshirou war unwissend, was Akeginus Gefühle für ihn betraf und das war vermutlich auch besser so.
“Nein. Es ist nichts.”
Derweil waren Hotarubi und ihr vermeintlicher Liebster schon weiter gegangen und näherten sich immer mehr dem Salzlager. Saemon konnte an nichts mehr anderes, als seine Schwester denken, nicht ahnend, dass diese in jenen Minuten immer mehr ihr Leben aushauchte.
Blut tropfte von Nenkis Haarspitzen hinab auf den Boden. Noch immer hing Okoi da, durchbohrt von den nadelspitzen Haaren des Iga.
“Anii-sama…”, Immer wieder, wiederholte sie dieses Wort mit letzter Kraft. Ihr Bruder, den sie nicht mehr lebend zu Gesicht bekommen würde.
Saemon näherte sich der Tür des Salzlagers, dicht hinter ihm Hotarubi, und schob diese auf.
Der Anblick der sich ihm nun bot, ließ ihn erstarren.
Seine Augen oder in dem Fall, Yashamarus Augen, weiteten sich.
Da lag seine Schwester auf dem Boden. Halbnackt, der Körper mit Wunden überseht, eine Blutlache, die sich unter ihrem Körper ausgebreitet hatte und neben ihr saß seelenruhig dieser haarige Ninja, den er schon beim Angriff auf Kouga gesehen hatte, der nichts trug, aber aufgrund seines pelzigen Körpers, das jetzt nicht soviel ausmachte.
Auch Hotarubi erstarrte kurz, als sie Nenki und Okoi erblickte.
Nenki wandte seinen Kopf, als er bemerkte, dass jemand herein gekommen war.
“Oh, Yashamaru, seit wann bist du wieder zurück?”, fragte er.
“Nenki-dono…”, kam es von Hotarubi in einem leicht anklagenden Tonfall.
“Sag jetzt besser nichts.”, sagte Nenki, der langsam aufstand und sich wieder anzog.
Saemon ging einfach an ihm vorbei, auf seine scheinbar tote Schwester zu.
“Hey, Yashamaru!”, rief Nenki, aber Saemon ignorierte ihn völlig.
Vor seiner Schwester blieb Saemon stehen.
“Ich bin gerade erst zurückgekehrt. Gerade eben erst…”, murmelte er apathisch vor sich hin.
Dann ließ er sich vor dem Mädchen einfach auf dem Boden sinken.
“Was ist denn los, Yashamaru?”, fragte Nenki etwas verwirrt über das Verhalten des vermeintlichen Clankollegen.
Saemon hob die Hand mit dem verletzten Finger, um den noch der Verband gewickelt war. “Hotarubis Schlange hat mich gebissen. Ihr Gift macht mir noch zu schaffen.”
Nenki musste Grinsen. “Sie hat dich gebissen?! Bist du vielleicht fremdgegangen?”
Saemon winkte ab.
“Ah… verstehe schon.”, sagte Nenki und spürte den stechenden Blick von Hotarubi, die ihn böse anstarrte.
Er drehte sich zu ihr um. “D-Das war ein Witz! Jetzt sieh mich doch nicht so an!”, rief er beschwichtigend.
Hotarubi trat auf ihn zu und zückte ihr Tantô. Immer noch starrte sie Nenki böse an. Nenki hob abwehrend die Hände: “Jetzt warte Mal. I-Ich hab doch gesagt, dass das ein Witz war!”, entschuldigte er sich erneut.
Saemon nahm Okois Hand und berührte diese sanft. “Okoi. Okoi!”, flüsterte er leise mit seiner normalen Stimme. Immer und immer, wiederholte er sich. Okoi Augenlieder zuckten noch schwach, als sie die Stimme ihres Bruders vernahm. Schwach legten sich ihre Finger um seine. “Anii-sama?”, flüsterte sie kaum hörbar. “Verzeih mir, Okoi.”, antwortete Saemon, immer noch flüsternd. “Ich bin zu spät hergekommen.”
“Anii-sama… Ich habe einen alten Mann getötet…”, kam es schwach von Okoi.
Saemon legte die andere Hand nun auch auf ihre. “Verstehe… Gut, Okoi… Das hast du gut gemacht…”
Okois Augen schlossen sich, beruhigt zu wissen, dass ihr Bruder ihr in den letzten Minuten, die ihr noch blieben, beistand und ihre Hand hielt.
“Zwischen den Salzsäcken… steckt eine verdächtige Schriftrolle…”, teilte sie ihm noch mit.
“Verstanden…”, gab Saemon als Antwort und hielt ihre Hand noch fester, während Tränen Okois Wangen hinab liefen.
“Anii-sama… A…nii-sama… A..nii…sa…ma”. Ihre Stimme wurde immer schwächer und verstummte schließlich ganz.
Saemon dachte an früher, an friedliche Tage, als sie zu zweit des Mittags unter einem Baum ruhten. Wie sie ihn immer zum Lachen gebracht hatte. Ihre fröhliche, liebenswerte Art. All das, würde er jetzt nie wieder sehen und erleben können.
Okois Hand entglitt seinen Händen und landete mit einem stumpfen Ton auf dem Boden.
Er hatte sie verloren. Seine einzige Schwester, die er so liebte. Er hatte sie für immer verloren. Es wollte gar nicht recht, bei ihm ankommen, das sie tot war. Der Schmerz über ihren Verlust war unglaublich groß und hinterließ eine fürchterliche Leere in ihm.
Es war unfassbar, welch Grausamkeit seiner Schwester angetan worden war. Sie war noch so jung gewesen und hatte niemandem etwas Böses gewollt.
Aber diese verdammten Iga hatten sie ihm weggenommen. Seine teure, kleine Schwester Okoi.
Nenki stand immer noch da und versuchte Hotarubi von sich fernzuhalten, die immer noch Anstalten machte, auf ihn loszugehen.
Die beiden waren mit ihrer Zankerei so beschäftigt gewesen, das sie nicht mitbekommen hatten, was sich hinter ihnen abgespielt hatte. Schließlich viel Nenki etwas ein. “Übrigens, Yashamaru. Was ist eigentlich in Sunpu passiert?”
Er drehte sich zu dem vermeintlichen Yashamaru um.
“Darüber muss ich zuerst mit Oboro-sama sprechen.”, antwortete Saemon nach einer kurzen Pause, wieder vollkommen in seiner Rolle vertieft. Er drehte den Kopf zu Nenki und zwang sich zu einem viel sagenden Grinsen.
“Du hast sie noch nicht gesehen?”, fragte Nenki.
“Oboro-sama hat gerade eine wichtige Besprechung mit Tenzen-sama.”, erklärte Hotarubi, die nun auch wieder zu dem Möchtegern-Yashamaru sah.
Nenki lachte bellend: “Eine schwere Aufgabe, Oboro-sama unsere Lage zu erklären. Der Ninja-Krieg zwischen Iga und Kouga hat bereits begonnen. Oboro-sama und Gennousuke sind so verliebt ineinander..”
Saemon war aufgestanden und Hotarubi ging auf ihn zu.
“Gennousuke habt ihr also am Leben gelassen?”, fragte Saemon.
“Allerdings!”, rief Nenki und hob eine Hand. “Tenzen hat viel zu viel Angst vor Gennousuke. Ich weiß zwar nicht, welche Technik er benutzt, aber wir, die Iga, sind ihm sowieso überlegen!”
“Soll ich ein Gegengift holen?”, fragte Hotarubi besorgt, als sie merkte, dass ihr vermeintlicher Liebster scheinbar noch Probleme hatte, sich auf den Beinen zu halten.
Saemon schüttelte den Kopf und Hotarubi entfernte sich wieder von ihm.
“Ha! Selbst wenn man ihn fürchten muss, wir haben schon Kazamachi Shougen, Jimushi Juubei und Udono Jousuke getötet und ich habe gerade Okoi erledigt.”, redete Nenki vor sich hin, obwohl ihm keiner mehr so wirklich zuhörte. “Wovor fürchtest du dich noch, Tenzen?”
Während Nenki munter vor sich hin redete, fischte Saemon die Schriftrolle zwischen den Salzfässern hervor und ließ sie in den weiten Ärmel von Yashamarus Kosode gleiten. Gerade noch rechtzeitig, denn Nenki drehte sich wieder zu ihm um.
“Ach ja. Die Schriftrolle… Ich muss Rousai suchen gehen.” Mit diesen Worten stapfte er los, Richtung Ausgang, als zwischen zwei Fässern ein kleines, schleimiges, graues Etwas aus der Lücke gekrochen kam. “Nen… Nenki…”, quäkte Jingorou in seiner nacktschneckenartigen Gestalt und hatte Probleme, sich komplett aus dem Loch zu befreien. Hilflos wedelte er mit den Armen um sich.
“Was machst du da, Jingorou?”, fragte Nenki und zog diesen aus der Lücke heraus. “G-Gib mir Wasser!”, röchelte Jingorou.
Nenki packte ihn, ging zur Tür und warf Jingorou in einem hohen Bogen hinaus ins Freie, wo es immer noch ununterbrochen regnete.
“Da hast du Wasser! So viel du willst!” Er starrte Jingorou an. “Du bist mir vielleicht einer…”
“ROUSAI-DONO!”
Der schrille Schrei Hotarubis ließ Nenki sofort herum fahren und ins Salzlager zurückstürmen.
“Was ist los, Hotarubi!?”, rief er auf halben Weg und erkannte schließlich den Grund, ihres aufgebrachten Aufschreis, als er neben ihr stand und den toten Rousai vor sich sah.
“Rousai…”
Saemon nutze die Gelegenheit und wollte mit der Schriftrolle, die er nun in den Kragen seines Kosode steckte, türmen, als plötzlich Tenzen Stimme erklang.
“Wartet bitte , Oboro-sama!
“Nein, das lasse ich nicht zu!”, ertönte Oboros Stimme von draußen und Saemon blieb kurz stehen. “Ich lasse nicht zu, dass ihr das Mädchen aus Manjidani festhaltet!”
Saemon traute seinen Ohren kaum. Was sagte Oboro da nur?
Tenzen lief hinter Oboro her. Diese rannte geradewegs auf das Salzlager zu.
Koshirou und Hinoko folgten ihm.
“Hört mir doch zu! Es gibt jetzt kein zurück mehr!”, versuchte Tenzen Oboro von ihrem Vorhaben abzubringen.
“Es war ein Fehler, ihr das mit dem Kouga-Mädchen zu sagen!”, rief Hinoko Koshirou während dem Laufen zu. “Sie wird sich weigern, den Krieg zu akzeptieren!”
Koshirou nickte Hinoko leicht zu. “Ich weiß…”
Tenzen konnte Oboro kaum einholen.
Diese stürmte gerade Wegs in das Salzlager hinein, wo sie mit weit aufgerissenen Augen Saemon begegnete.
Ihr Blick traf auf seinen und ohne es zu wollen, erweckte das Aufeinandertreffen ihrer Augen auf seine, ihre mystische Technik.
Saemon traf es, wie vom Blitz getroffen, als er spürte, wie seine Maske schwand. Ein Schrei entfuhr ihm, als sein Körper gewaltsam seine eigentliche Gestalt zurückforderte und er sich in sein richtiges Ich zurückverwandelte.
“Yashamaru?”, fragte Tenzen verwundert, der Oboro nun endlich eingeholt hatte. Hinoko war einfach mit reingestürmt und stand etwas hinter Tenzen. Sie sah den vermeintlichen Yashamaru ebenfalls verwundert an.
Auch Hotarubi und Nenki sahen verwirrt zu dem “Iga”, der scheinbar aus heiterem Himmel schreckliche Schmerzen zu haben schien.
“Was ist los?”, rief Nenki noch und Hotarubi kam langsam auf ihren “Liebsten” zu, der mit dem Rücken zu ihr auf dem Boden kauerte und sich das Gesicht zuhielt. Dann drehte sich Saemon zu ihr um. Er hatte wieder sein altes Gesicht zurück erlangt.
Hotarubi schrie entsetzt auf. Das konnte doch nicht wahr sein! Auch Hinoko hielt sich geschockt die Hände vor den Mund.
“Du Bastard!”, brüllte Nenki und griff mit seinen Haaren an. “Du bist ja ein Kouga!”
Saemon kniff die Augen zusammen. In die Enge getrieben, griff er in eines, der Salzfässer und warf eine Ladung Salz mitten in Nenkis Gesicht, der wütend aufschrie. Dann nahm er das riesenhafte Beil, das Yashamaru am Rücken seines Kosode trug und warf es in Oboros Richtung.
Tenzen schubste sie gerade noch rechtseitig weg und das Beil streifte leicht seinen Arm. Hinoko hatte sich noch rechtzeitig wegducken können.
Oboro fiel die Treppe hinab, wurde aber von Koshirou, der unten stand, aufgefangen.
Auch die Schriftrolle, hatte Saemon durch die Luft geworfen.
"Hinoko!", rief Tenzen. Hinoko nickte, noch vollkommen verstört, sprang die Treppe in einem Satz hinab, warf Koshirou einen flüchtigen Blick zu und setzte der Schriftrolle nach, versuchte sie aufzufangen, doch sie entglitt ihren Händen, sodass Hinoko ins Leere griff.
“Verdammt!, zischte sie mit Tränen in den Augen.
“Die Schriftrolle!”, rief Akeginu, die auch gefolgt war und nun ebenfalls unten bei der Treppe zum Salzlager stand.
Sie sah zu Jingorou, der noch am Boden lag und hin und her strampelte. “Jingorou-dono! Beeilt Euch! Die Schriftrolle!”
“Wa-Was?”, stammelte Jingorou, setzte sich halb auf und wandte den Kopf.
Er sah, wie die Schriftrolle direkt in seine Richtung flog. “Ja, Ich hab sie gleich!”, quäkte er und streckte die Hände nach ihr aus, als Gyoubu hinter ihm aus der Erde auftauchte und die Schriftrolle auffing.
“Was zum…? Was ist das?!”, rief Jingorou verwirrt, wandte den Kopf in Gyoubus Richtung, der gerade zu einem Schlag ausholte und Jingorou mit voller Wucht in Akeginus Richtung schleuderte. Er knallte gegen sie und beide fielen auf den Boden.
"Akeginu! Jingorou-dono!", schrie Hinoko erschrocken.
Gyoubu kam noch etwas mehr aus dem Boden und lachte dreckig.
“Das ist…”, kam es von Akeginu entsetzt, die sich wieder versuchte, aufzuraffen und Gyoubu nun anstarrte.
“Kasumi Gyoubu…”, beendete Tenzen, der sich die verletze Schulter hielt, ihren Satz.
Oboro starrte entsetzt zu Gyoubu. Sie konnte nicht begreifen, was da geschehen war. Gestern Abend war doch noch alles gut und schön gewesen und nun war die Hölle auf Erden ausgebrochen.
“Wer ist dieser Mann aus Kouga, der sich in Yashamaru-dono verwandelt hat!?”, schrie Hotarubi hysterisch und wütend zugleich.
Gyoubu grinste noch mehr und rannte dann los.
Kuraiko derweil stand auf einem Baum in der Nähe. Sie hatte es glücklicherweise unbemerkt ins Dorf geschafft. Wie sie das geschafft hatte und auch, wie es ihr gelungen war, bisher unbemerkt zu bleiben, war ihr selbst ein Rätsel. Sie beobachtete das Szenario.
“Es fängt an, zu eskalieren…. “ Sie schüttelte sich und sah zum Salzlager. Saemon war weggelaufen und hatte scheinbar sein richtiges Gesicht wieder. Aber was war mit Okoi? War sie etwa…? Und wie ging es ihrem geliebtem Cousin? Sie musste der Sache auf den Grund gehen. Sie musste es wissen.
“Lasst ihn nicht entkommen!”, rief Tenzen laut, als Gyoubu davon lief. “Ihm nach!”
Alles nickte und lief los. Auch Koshirou stand auf und ließ Oboro zurück, um den anderen zu folgen.
“Alles in Ordnung, Oboro-sama?”, fragte Hinoko, die noch da stand, selber völlig verstört, diese. Oboro konnte nur leicht nicken. Eine andere Wahl hatte sie gar nicht.
Hinoko sah kurz zu Tenzen. Sie kämpfte mit den Tränen. Sie zitterte. Der Mann, den sie für Yashamaru gehalten hatte, den Hotarubi für Yashamaru gehalten hatte, war ein dreckiger Kouga gewesen! Wenn er diese Gestalt angenommen hatte, das wurde Hinoko schmerzhaft bewusst, dann war der echte Yashamaru vermutlich wirklich tot...
“GEH! LOS!”, herrschte Tenzen sie an und Hinoko schrak aus ihren Gedanken, nickte langsam und lief hinterher.
Selbst Hinoko, dachte sich Oboro. Selbst Hinoko, die laut Tenzen nicht auf der Schriftrolle stand, hatte sie hintergangen. Alle hatten sie belogen. Alle, denen Oboro vertraut hatte, hatten sie belogen. Ihre engsten Freunde. Einfach jeder.
Hinoko holte Koshirou ein und auch Tenzen und die restlichen Verbliebenen stürmten nun los. Nur Oboro blieb da.
Saemon hatte sich auf das Dach des Salzlagers gerettet und sah seine Hand an, an der noch immer Okois Blut klebte. Sein Gesicht nahm bittere Züge an. Er fuhr sich mit dem Blut über die Lippen.
Das würde er den Iga nicht verzeihen. Niemals!
Dann strich er Okois Namen mit ihrem Blut von der Liste und brach schweren Herzens auf, Gennousuke zu suchen.
Kuraiko sah ihm nach, wartete aber noch, bis Oboro aus dem Salzlager verschwinden würde. Sie ahnte schlimmes. Das Gesicht, das Saemon gemacht hatte, hatte mehr oder weniger schon alles gesagt.
Oboro war mittlerweile reingegangen und stand vollkommen verstört und entsetzt vor Okois Leiche.
Das ihre eigenen Leute nur zu solchen Grausamkeiten fähig waren.
Das Mädchen vor ihr hatte doch nichts getan. Sie war doch auch nur ein Mensch. Wie konnten ihre Leute sie nur einsperren und abschlachten wie ein Tier. Oboro konnte es einfach nicht fassen. Es war schrecklich. Ihre Heimat, Iga Tsubagakure, war zu einer dämonischen Kriegshölle geworden und sie war mitten drin. Akeginu, die Oboro gefolgt war, stand hinter ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter, doch Oboro drehte sich weg.
"Selbst du hast mich belogen, Akeginu...", sagte sie mit zittriger Stimme. "Ihr habt mich alle belogen und hintergangen!"
Akeginu senkte ihr Haupt und ließ Oboro gehen. Sie wusste, dass sie diese Tatsache mit nichts entschuldigen konnte. Also wandte sie sich zum gehen, um Oboro allein zu lassen.
Traurig und verzweifelt kniete diese sich kurz nieder und sprach ein stummes Gebet, bevor sie wieder aufstand und den anderen nachlief, in der Hoffnung, verhindern zu können, das noch schlimmeres passierte.
Kuraiko beobachtete, wie erst Akeginu und dann Oboro das Salzlager verließen. Kaum war sie außer Sichtweite, sprang sie vom Ast des Baumes hinab, landete auf allen Vieren auf dem Boden, wie eine Katze, stand auf und lief die Treppen vom Salzlager hoch und hinein.
Ihre Vermutung wurde zur schrecklichen Gewissheit, als sie Okoi sah.
“Okoi….”
Sie ballte unbewusst ihre Hände zu Fäusten und ihre Fingernägel gruben sich tief in das Fleisch ihrer Handinnenflächen. “Okoi…”
Sie biss die Zähne zusammen. “Okoi…”
Auch sie betete noch einmal für ihre gute Freundin. Sie hatte Okoi extrem gerne gemocht. Hatte immer viel Spaß mit ihr gehabt.
Sie wischte sich mit dem Arm einige Tränen vom Gesicht und drehte sich um.
Den Blick gen Ausgang gerichtet. Ihre Augen wirkten unnatürlich kalt und doch loderten sie vor Wut und Hass. Sie hatte sich entschieden. Das war nicht mehr länger nur der Kampf der anderen. Nun war es auch ihr Kampf.
“Das werden sie bereuen….”, sagte sie in die regnerische Nacht hinein. “Dafür werdet ihr bezahlen! HABT IHR GEHÖRT, IHR DRECKIGEN IGA BASTARDE!?”
Eine einzelne Träne lief erneut ihre Wange hinab. “Ich, Kouga Kuraiko, werde es euch allem heimzahlen! Das schwöre ich bei meinem Leben!”
Währendessen war Gyoubu immer noch auf der Flucht.
“Halt”, rief Nenki ihm nach und rannte hinter ihm her, als Gyoubu um eine Ecke bog und auf einmal verschwunden war.
Nenki sah sich zusammen mit Hotarubi, die auch gefolgt war, um. Koshirou, Hinoko und Tenzen erschienen hinter den Zweien.
“Koshirou.”, wandte sich Tenzen an diesen.
“Jawohl!”
“Versammle alle Männer.”
Koshirou nickte und lief los.
Hinoko wollte ihm nachlaufen, wurde aber von Tenzen festgehalten.
“Du bleibst. Koshirou kann das alleine.”
“A-Aber!”, begann Hinoko.
“Widersprich mir nicht!”, zischte Tenzen. “Du lenkst Koshirou nur von seinen Aufgaben ab!”
Hinoko starrte Tenzen lange mit aufgerissenen Augen an und schluckte die aufkommenden Tränen erneut runter.
Dann senkte sie ihren Blick. “Ich habe verstanden. Verzeiht.”
Etwas später. Gennousuke saß immer noch in dem Zimmer. Er sah auf, als die Tür aufgeschoben wurde und Saemon und Gyoubu herein kamen und ihm mitteilten was vorgefallen war.
Auch Kuraiko gesellte sich zu ihnen und obwohl sie mit einer Predigt gerechnet hatte, sagte keiner etwas.
Draußen versammelten sich die Iga und marschierten schnellen Schrittes zu dem Haus, wo Gennousuke sich befand.
Gennousuke stand draußen, mit der Schriftrolle in der Hand, links, rechts und vor ihm, knieten Gyoubu, Saemon und Kuraiko, als der Iga Trupp ankam. Die Fronten starrten sich gegenseitig an. Hier und da wurden bereits Schwerter gezückt.
Regen prasselte immer noch vom pechschwarzen Himmel und Hinoko war sofort, nachdem dieser mit Iga Truppen zurückgekehrt war, wieder zu Koshirou gelaufen. Nun stand sie da neben ihm.
Ihr Blick viel auf Kuraiko und es zuckte und kochte in ihr.
Auch Kuraiko bemerkte sie und starrte sie kurz an, bevor sie ihren Blick wieder dem Boden zuwandte.
Gennousuke starrte in den Himmel und dann zu den drei Leuten aus seinem Clan.
“Gyoubu! Saemon! Kuraiko!…” Er steckte sich die Schriftrolle ein. “…Wir kehren nach Manjidani zurück…”
Vorschau:
Auf jede Aktion folgt eine Reaktion,
eine so genannte "Konsequenz"
Die Konsequenz, die diejenigen, die bereits gesündet haben,
tragen müssen, ist bitter und schmerzhaft
Der Hund, der seinem Herrn loyal ergeben ist wird zur Geisel seiner Treue und muss Buße tun
Ein Sturm zieht über Tsubagakure auf und hinterlässt Wut und Verzweiflung
Das nächste Mal bei Basilisk:
Der Himmel, der blutrote Tränen weinte
Gefangen im Sog des Hasses
Fielen sie in einen tiefen Abgrund.
Lüge und Wahrheit waren miteinander verschmolzen.
Ein blutiger Berg aus Leichen gebaut,
Der Weg dahin gepflastert mit Blut und Rachedurst.
Die schöne heile Welt ward zerfallen und zeigte
ihr hässliches Antlitz.
Liebste, mach dich bereit zu sterben!
Oboros Augen weiteten sich. Was hatte Tenzen da gerade gesagt? Seine Worte hallten immer noch in ihrem Kopf und sie konnte es nicht glauben, nicht realisieren.
Draußen hielten sich Koshirou, Hinoko und Akeginu auf. Alle drei mit gesenkten Gesichtern. Koshirou hatte sich wieder mit verschränkten Armen an einen Dachbalken gelehnt, während Hinoko neben ihm stand und zum verregneten Himmel aufsah. Ihre Fingernägel gruben sich tief in ihre Handinnenflächen.
Akeginu, die auf dem Boden, etwas abseits vor ihnen saß, sah kurz zu beiden rüber, seufzte schwer und traurig und drehte sich dann wieder um.
Donnergrollen erfüllte den schwarzen Himmel und Oboro starrte immer noch, mit vor Schreck geweiteten Augen Tenzen an. Das durfte einfach nicht wahr sein!…
Es regnete, als gäbe es keinen Morgen mehr. Als wüsste der Himmel bereits, dass dieser Abend in einem Blutbad enden würde.
Gennousuke saß noch vollkommen ahnungslos in dem Zimmer und starrte seine Flöte an. Er wirkte nachdenklich und unruhig. Es war ein instinktives Gefühl, das ihm sagte, dass sich etwas verändert hatte.
Er dachte an die Vorführung des Tanzes und es kam ihm fast wie ein Traum vor. Unwirklich und surreal. Eine innere Stimme sagte ihm, dass Jousuke nicht nach Kouga zurückgekehrt war. Er versuchte die Stimme zu ignorieren, aber sie schien immer lauter zu werden.
Er schüttelte den Kopf.
“Der Regen fällt überall gleich. Egal ob in Iga oder in Kouga…”, sagte er zu sich selbst. “Es gab keinen Regen, der aufhörte, zu fallen…”
Sein Blick fiel kurz zu Koshirous geschnitzten Holzeulen, die auf einem Regal in einer Ecke standen, dann glitten seine Augen wieder zu der Flöte in seinen Händen hinab. “Es gibt ihn nicht…”
Oboro war wie versteinert. “Was habt Ihr da gerade gesagt?”, sagte sie mit zitternden Lippen. Sie nahm ihre eigenen Worte kaum wahr.
Der Regen schien in jenem Moment noch lauter herab zu fallen. Das einzige Geräusch in dieser erdrückenden Stille.
“Die Iga und die Kouga haben seit 400 Jahren, seit der Tenshô-Ära, ihren Hass unterdrückt. Damit ist es jetzt vorbei.”, fuhr Tenzen fort, als würde er nur über das Wetter reden. “Wir müssen auf Befehl des Shoguns hin, gegeneinander kämpfen… auf Leben und Tod!”
“Nein…”, flüsterte Oboro nur. Es fiel ihr wirklich schwer, zu glauben, was Tenzen da sagte. Aber ihr war bewusst, dass Tenzen die Wahrheit sagen musste. Solch makabere Scherze würde er sich niemals erlauben.
“Seht Euch die Schriftrolle an, wenn Ihr es nicht glaubt.”, antwortete Tenzen nur.
“Schriftrolle?”, fragte Oboro leicht verwirrt.
Tenzen Augen wurden noch schmäler, als für gewöhnlich. “Ihr müsst von nun an Eure Gefühle in Zaum halten.”, sagte er.
Draußen scharrte Hinoko unruhig mit ihrem rechten Fuß auf dem Boden hin und her.
Koshirou, der noch immer am Holzbalken gelehnt stand und die Arme verschränkt hatte, starrte kurz zu ihr rüber.
Er spürte, wie aufgewühlt Hinoko in ihrem Inneren war. Wie es in ihr tobte und stürmte.
Das ihr am liebsten nach Schreien zumute war.
Hinoko fing seinen Blick auf und er schüttelte nur den Kopf und sah sie weiter fest an.
‘Bleib ruhig. Du kannst nichts tun.’ Das war es, was er ihr sagen wollte. Hinoko konnte es in seinen Augen lesen. Erneut biss sie sich auf die Unterlippe und blickte kurz zu Akeginu, die geistesabwesend vor sich hin starrte.
Dann suchte sie wieder den Augenkontakt mit Koshirou. ‘Ich weiß, aber… ich halte es kaum aus…’, sagte sie ihm mit ihrem Blick.
‘Du musst. Wir haben keine andere Wahl’, las sie die Antwort aus Koshirous Augen.
Sie nickte nur und kickte einen Kieselstein weg, der einige Meter über den Boden hüpfte.
“Das ist alles nicht wahr!”, hörten sie von drinnen Oboros verzweifelte Stimme rufen.
Oboro hatte ihre Hände auf ihren Schoß gestützt und krallte sich in den Stoff ihres dunkelvioletten Kimonos. “Die Iga sollen gegen die Kouga kämpfen?”
Ihre Hände verkrampften sich noch mehr. “Selbst wenn der Vertrag wirklich aufgelöst wurde, wäre es unmöglich, dass die Iga gegen die Kouga kämpfen…”
Tenzens Augen wurden noch schmäler. Diese Reaktion hatte er bereits befürchtet.
“Gennousuke-sama denkt genauso darüber!”, rief Oboro und stand auf. Sie ging langsam zur Tür, während Tenzen ihr mit finsterer Miene hinterher schaute.
“Wartet bitte.”
Oboro drehte sich noch einmal zu ihm um.
“Es ist nicht wichtig, wie die Kouga darüber denken.”, sagte Tenzen langsam.
Oboros Augen weiteten sich.
“Es ist bereits zu spät, um danach zu fragen!”
Derweil war Okoi noch immer damit beschäftigt, Jingorou das Blut auszusaugen. Dieser versuchte immer noch verzweifelt in die Nähe des ausgelaufenen Salzes zu gelangen.
“Verstehe… Du hast wirklich viel mehr Blut in dir, als der alte Mann!”, höhnte Okoi lachend und leckte sich über die Lippen. “Ich werde dir dein Blut bis zum letzten Tropfen aussaugen!”
Wie bei Rousai schon, biss sie nun auch Jingorou in den Hals, um noch mehr Blut aus ihm raussaugen zu können.
Jingorou schaffte es, unter den größten Anstrengungen immer mehr in Richtung des Salzes zu rutschen, bis er schließlich mit dem Hinterkopf halb in dem Haufen lag.
Langsam begann sein Körper sich zu verflüssigen und Okoi schrie angewidert auf und ließ von ihm ab.
Mit angeekeltem Blick starrte sie zu dem schleimigen Etwas, dass stöhnend und röchelnd nun vor ihr auf dem Boden kroch und langsam in einem Spalt zwischen den Salzfässern verschwand.
Was zur Hölle war das nur für eine abartige Fähigkeit, die dieser Iga da auf Lager hatte?, dachte sich Okoi nur.
Schnell fasste sie sich jedoch wieder und sah ihre Chance zu fliehen, endlich gekommen, Sie stand auf und hob das Messer auf, was Jingorou in all seiner Unachtsamkeit hatte fallen gelassen.
Geradewegs, sich den kurzen Kimono zuhaltend, rannte sie auf die Tür zu, die in jenem Moment jedoch aufgeschoben wurde.
“Rousai, bist du da? Tenzen will die Schriftrolle…”, ertönte Nenkis Stimme und Okoi blieb vollkommen erstarrt stehen.
Nenki wusste noch gar nicht recht, was geschah, da griff Okoi auch schon an und zerschnitt mit dem Messer Nenkis Bo-Stab, den er gerade noch rechtzeitig vor sich halten konnte.
“Du kleine Hure!”, rief Nenki wütend, während Okoi zu einem erneuten Angriff über ging und auf ihn los rannte.
Saemon, in Gestalt Yashamarus stand immer noch gemeinsam mit Hotarubi vor den Toren Igas.
“Wurde eine Frau aus Kouga gefangen genommen?”, fragte er langsam.
“Ja, ein Mädchen mit dem Namen Okoi.”, antwortete Hotarubi, die noch immer nicht ahnte, dass sie nicht ihren geliebten Yashamaru vor sich hatte, sondern einen Mann aus Kouga.
“Ihr Name steht auf der Schriftrolle.”, erklärte Hotarubi und lächelte leicht.
“Die Schriftrolle…”, murmelte Yashamaru alias Saemon nur und dachte nach.
“Ist Euch die Schriftrolle denn nicht bekannt, Yashamaru-dono?”, fragte Hotarubi.
“Doch, natürlich weiß ich davon…”, entgegnete Saemon.
Er wirkte sehr angespannt und nachdenklich. Er durfte nicht auffliegen und sich keinerlei Blöße geben, aber der Gedanke, dass seine Schwester Okoi in Gewalt der Iga war, bereitete ihm Unbehagen.
“Yashamaru-dono?”, fragte Hotarubi verwirrt, die bemerkte, dass etwas mit ihrem vermeintlichen Liebsten nicht stimmte.
Schließlich sah Saemon sie wieder an. “Bring mich zu diesem Mädchen.”, antwortete er ohne Umschweife.
Zur selben Zeit war der Kampf zwischen Okoi und Nenki in vollem Gange. Nenki hatte seinen Kosode geöffnet und mehr Angriffsfläche zu haben und Okoi versuchte immer wieder, ihn mit dem Messer zu erwischen, was ihr nicht gelang. Stattdessen bekam Nenki sie schließlich am Handgelenk zu packen, konnte sie, mit dem Rücken zu ihm gewendet zu sich ziehen und ihr das Messer aus der Hand schlagen. Mit einer Hand, hielt er sie an ihrer linken Brust fest, den anderen Arm drückte er ihr gegen den Hals, sodass Okoi keine große Chance hatte, sich zu befreien. Zumal Nenki als Mann körperlich auch viel mehr Kraft hatte, als sie.
Seine Haare entwickelten, wie immer, wenn er wütend war, ein Eigenleben und bewegten sich jetzt schon wild hin und her.
“Wirklich nicht schlecht, junges Fräulein aus Kouga.”, sagte er, während Okoi sich hin und her wand. “Aber ich bin auch noch da… Jedenfalls wird das dein Ende sein!”
Doch so leicht, würde Okoi nicht aufgeben. Verzweifelt versuchte sie mit ihrer Technik, sich aus dieser Situation zu retten und begann das Blut durch den Hautkontakt von Nenkis Hand auf ihrer Brust, aus ihm rauszusaugen, was aber kaum etwas brachte.
“W-Was ist das!?”, rief Nenki, als er es bemerkte, aber Okoi spürte, dass es nicht wirklich etwas brachte. Sie brauchte mehr Hautkontakt!
Mit einem Arm griff sie blind hinter sich und suchte verzweifelt nach Haut, aber stattdessen griff sie nur in lauter Harrgestrüpp.
Was? War dieser Kerl, der sie da festhielt, etwa am ganzen Körper beharrt, wie ein Affe!? Das konnte doch nicht wahr sein!
Nenki grinste nur dreckig. Das Vorhaben der jungen Frau sollte ihr nicht gelingen. Nicht bei ihm!
Okoi suchte verzweifelt weiter, als sie plötzlich aufschrak und zusammenzuckte. Ein fürchterlicher, unerträglicher Schmerz breitete sich in ihren Körper aus und Blut lief in vielen dünnen Rinnsälen ihren Körper und ihre Beine hinab. Immer mehr Blut tropfte aus dem Boden und Okoi stöhnte vor Schmerzen.
“Du machst ja Sachen…”, kam es von Nenki. “Du solltest mich wirklich nicht unterschätzen, Fräulein.”
Mit weit aufgerissenen Augen und schmerzverzerrtem Gesicht versuchte Okoi sich zu ihrem Peiniger umzudrehen, als noch mehr von Nenkis Haaren ihren Körper durchbohrten, wie lange, spitze Dornen. Er hatte sie komplett mit seinen Haaren aufgespießt. Okoi schrie auf. Letzte Zuckungen durchfuhren ihren Körper. Unter ihr hatte sich bereits eine Blutlache gebildet.
“Ich wollte dich gar nicht töten.”, sagte Nenki nur. “Aber es geht wohl nicht anders.”
Er zog sich komplett aus, so dass sein bepelzter Körper gänzlich zu sehen war. Nenki wirkte so mehr denn je wie ein Tier. “Außerdem steht dein Name auf der Schriftrolle…”, fügte er grinsend hinzu. “Lebend wärst du hier sowieso nicht raus gekommen.”
Mittlerweile hatte Hotarubi mit dem vermeintlichen Yashamaru Iga betreten und folgte diesem.
“Da der Friedensvertrag aufgelöst worden ist, muss sie wohl zum Sterben hergekommen sein”, redete Hotarubi vor sich hin. Sie wirkte ein wenig unsicher, weil ihr Liebster Yashamaru sich so schweigsam und merkwürdig verhielt.
“Ziemlich dumm von ihr,”, brabbelte sie dennoch weiter. “so ganz alleine hierher zu kommen. Findet Ihr nicht auch?”
Doch Saemon antwortete nicht. Seine Gedanken kreisten nur noch um seine kleine Schwester.
Auf Einmal ertönte ein lauter Schrei und jemand kam auf ihn und Hotarubi zu gerannt.
Saemon zuckte zusammen und war wie erstarrt, als er die Gestalt einer jungen Frau auf sich zu rennen sah.
“Yashamaru! Bist du es wirklich!?”
Hinoko stand völlig außer Atem und mit riesigen Augen vor ihm.
“Ich dachte schon, du wärest tot!”
Tränen standen in ihren Augen. “Bei den Göttern, was ist mit deinen Haaren geschehen!?”
Saemon starrte Hinoko an.
Er erinnerte sich an sie. Sie war, genauso wie diese Hotarubi auch, bei den Angreifern aus Iga dabei gewesen. Auch dieses Mädchen hatte brutal und ohne mit der Wimper zu zucken, viele Kouga abgeschlachtet.
“Hinoko-dono!”, kam es von Hotarubi.
“Hinoko…”, leise wiederholte Saemon diesen Namen.
Hinoko starrte ihn an. “Hotarubi hat sich fürchterliche Sorgen um dich gemacht! Und ich mir auch!”
“Es tut mir Leid…”, sagte Saemon langsam. “Es gab noch einige Dinge, die ich für Ogen-sama in Sunpu zu erledigen hatte und so…”
Hinoko nahm seine Hände und fing sich dafür einen strafenden Blick von Hotarubi ein.
“Tu so was nicht noch einmal, so spät einfach aufzutauchen, dass jeder denkt, du seiest tot! Ich war wirklich in Sorge, dich, als meinen teuren Freund, verloren zu haben!”
Dicke Tränen rannen nun Hinokos Wangen hinab.
Saemon wusste nicht, wie er reagieren sollte. Erst Hotarubi, die scheinbar die Geliebte, dieses Yashamaru gewesen war und nun diese Hinoko, die scheinbar gut mit ihm befreundet gewesen war. So oder so, war der Schlamassel in dem er steckte, groß. Aber das war egal. Was zählte war, seine Schwester und Gennousuke zu retten, bevor es zu spät war.
“Hinoko-dono!”, mahnte Hotarubi erneut und Hinoko ließ von dem vermeintlichen Yashamaru ab.
“Ihr habt doch Koshirou-dono an Eurer Seite!”
Hinoko blickte zu Hotarubi. “Ich weiß… und das ist auch gut so. Aber Yashamaru ist ein teurer Freund von mir und das weißt du auch, Hotarubi. Es gibt keinen Grund, so eifersüchtig zu sein.”
Saemon blickte verwirrt zwischen den beiden jungen Frauen hin und her.
Schließlich fasste er sich wieder. “Hotarubi, wolltest du mich nicht zu dem Mädchen aus Kouga bringen?”
“Oh ja. Natürlich…”, entsandt sich Hotarubi wieder. “Verzeiht…”
“Okoi?”, kam es von Hinoko. “Ich glaube, Nenki-dono ist gerade bei ihr.”
Ihr Mund verzog sich zu einem viel sagenden Grinsen. “Ich glaube, ich sollte ihr später auch einen Besuch abstatten…”
Saemon atmete scharf ein. Dieses dreckige Grinsen, hatte dieses Mädchen schon beim Angriff auf Kouga aufgesetzt gehabt.
Wie konnte so ein süßes Mädchen nur so grausame Gesichtszüge aufweisen, die so gar nicht zu diesen großen, unschuldigen Augen passten?
Hotarubi nickte Hinoko nur noch zu und zog den Fake-Yashamaru am Ärmel hinter sich her. “Ich glaube, Ihr werdet gerufen, Hinoko-dono. Und ich muss Yashamaru-dono zu dieser Okoi bringen. Er will unbedingt mit ihr sprechen.”
Und wirklich. Hinoko vernahm hinter sich, Koshirous Stimme.
“Hinoko! Komm hierher zurück. Du sollst nicht einfach deinen Posten verlassen! Tenzen-sama hat gesagt, das wir draußen warten sollen, bis er alles genau mit Oboro-sama durchgesprochen hat!”
Hinoko nickte. “Verzeih, Koshirou…”
Dann lief sie zu ihm zurück.
Sie lächelte leicht. “Yashamaru ist zurückgekehrt…”
“Dann bin ich ja froh.”, antwortete Koshirou und strich Hinoko sanft über den Kopf. “Das heißt, wir sind, bis auf Ogen-sama, wieder vollzählig und du hast einen guten Freund wieder.”
Hinoko kuschelte sich an seine Brust. “Ja.. Und Hotarubi ihren Liebsten…”
“Wir sind in der Überzahl… Die Kouga können nur noch verlieren…”, sagte Koshirou nur und strich ihr weiter durch die Haare. “Der Sieg ist uns gewiss.”
“Ja… Vermutlich hast du recht.”, antwortete Hinoko.
Akeginu beobachtete die Zwei mit einem schweren Seufzen.
Sie gab es nicht zu, aber es schmerzte sie, dass Koshirou bereits sein Herz an Hinoko verloren hatte. Sie war schon so lange unglücklich in Koshirou verliebt, aber er sah in ihr nichts weiter, als eine Art große Schwester.
Solange Koshirou jedoch glücklich war, wollte Akeginu es auch sein. Und wenn Hinoko es war, die ihn glücklich machte, dann war es gut so. Sie hatte sich bereits damit abgefunden, nur das dritte Rad am Wagen zu sein.
Hinoko schaute kurz zu Akeginu und seufzte ebenfalls. Sie wusste von Akeginus Gefühlen und es versetze ihr immer wieder einen Stich. Sie fühlte sich oft deswegen schuldig, obwohl sie es nicht musste und auch nichts dafür konnte. Trotzdem war genau jetzt wieder, wo sie Akeginu so einsam da sitzen sah, das schlechte Gewissen sehr stark.
“Ist irgend Etwas?”, fragte Koshirou, der Hinokos Blick bemerkt hatte.
Sie sah wieder zu ihm und schüttelte den Kopf. Koshirou war unwissend, was Akeginus Gefühle für ihn betraf und das war vermutlich auch besser so.
“Nein. Es ist nichts.”
Derweil waren Hotarubi und ihr vermeintlicher Liebster schon weiter gegangen und näherten sich immer mehr dem Salzlager. Saemon konnte an nichts mehr anderes, als seine Schwester denken, nicht ahnend, dass diese in jenen Minuten immer mehr ihr Leben aushauchte.
Blut tropfte von Nenkis Haarspitzen hinab auf den Boden. Noch immer hing Okoi da, durchbohrt von den nadelspitzen Haaren des Iga.
“Anii-sama…”, Immer wieder, wiederholte sie dieses Wort mit letzter Kraft. Ihr Bruder, den sie nicht mehr lebend zu Gesicht bekommen würde.
Saemon näherte sich der Tür des Salzlagers, dicht hinter ihm Hotarubi, und schob diese auf.
Der Anblick der sich ihm nun bot, ließ ihn erstarren.
Seine Augen oder in dem Fall, Yashamarus Augen, weiteten sich.
Da lag seine Schwester auf dem Boden. Halbnackt, der Körper mit Wunden überseht, eine Blutlache, die sich unter ihrem Körper ausgebreitet hatte und neben ihr saß seelenruhig dieser haarige Ninja, den er schon beim Angriff auf Kouga gesehen hatte, der nichts trug, aber aufgrund seines pelzigen Körpers, das jetzt nicht soviel ausmachte.
Auch Hotarubi erstarrte kurz, als sie Nenki und Okoi erblickte.
Nenki wandte seinen Kopf, als er bemerkte, dass jemand herein gekommen war.
“Oh, Yashamaru, seit wann bist du wieder zurück?”, fragte er.
“Nenki-dono…”, kam es von Hotarubi in einem leicht anklagenden Tonfall.
“Sag jetzt besser nichts.”, sagte Nenki, der langsam aufstand und sich wieder anzog.
Saemon ging einfach an ihm vorbei, auf seine scheinbar tote Schwester zu.
“Hey, Yashamaru!”, rief Nenki, aber Saemon ignorierte ihn völlig.
Vor seiner Schwester blieb Saemon stehen.
“Ich bin gerade erst zurückgekehrt. Gerade eben erst…”, murmelte er apathisch vor sich hin.
Dann ließ er sich vor dem Mädchen einfach auf dem Boden sinken.
“Was ist denn los, Yashamaru?”, fragte Nenki etwas verwirrt über das Verhalten des vermeintlichen Clankollegen.
Saemon hob die Hand mit dem verletzten Finger, um den noch der Verband gewickelt war. “Hotarubis Schlange hat mich gebissen. Ihr Gift macht mir noch zu schaffen.”
Nenki musste Grinsen. “Sie hat dich gebissen?! Bist du vielleicht fremdgegangen?”
Saemon winkte ab.
“Ah… verstehe schon.”, sagte Nenki und spürte den stechenden Blick von Hotarubi, die ihn böse anstarrte.
Er drehte sich zu ihr um. “D-Das war ein Witz! Jetzt sieh mich doch nicht so an!”, rief er beschwichtigend.
Hotarubi trat auf ihn zu und zückte ihr Tantô. Immer noch starrte sie Nenki böse an. Nenki hob abwehrend die Hände: “Jetzt warte Mal. I-Ich hab doch gesagt, dass das ein Witz war!”, entschuldigte er sich erneut.
Saemon nahm Okois Hand und berührte diese sanft. “Okoi. Okoi!”, flüsterte er leise mit seiner normalen Stimme. Immer und immer, wiederholte er sich. Okoi Augenlieder zuckten noch schwach, als sie die Stimme ihres Bruders vernahm. Schwach legten sich ihre Finger um seine. “Anii-sama?”, flüsterte sie kaum hörbar. “Verzeih mir, Okoi.”, antwortete Saemon, immer noch flüsternd. “Ich bin zu spät hergekommen.”
“Anii-sama… Ich habe einen alten Mann getötet…”, kam es schwach von Okoi.
Saemon legte die andere Hand nun auch auf ihre. “Verstehe… Gut, Okoi… Das hast du gut gemacht…”
Okois Augen schlossen sich, beruhigt zu wissen, dass ihr Bruder ihr in den letzten Minuten, die ihr noch blieben, beistand und ihre Hand hielt.
“Zwischen den Salzsäcken… steckt eine verdächtige Schriftrolle…”, teilte sie ihm noch mit.
“Verstanden…”, gab Saemon als Antwort und hielt ihre Hand noch fester, während Tränen Okois Wangen hinab liefen.
“Anii-sama… A…nii-sama… A..nii…sa…ma”. Ihre Stimme wurde immer schwächer und verstummte schließlich ganz.
Saemon dachte an früher, an friedliche Tage, als sie zu zweit des Mittags unter einem Baum ruhten. Wie sie ihn immer zum Lachen gebracht hatte. Ihre fröhliche, liebenswerte Art. All das, würde er jetzt nie wieder sehen und erleben können.
Okois Hand entglitt seinen Händen und landete mit einem stumpfen Ton auf dem Boden.
Er hatte sie verloren. Seine einzige Schwester, die er so liebte. Er hatte sie für immer verloren. Es wollte gar nicht recht, bei ihm ankommen, das sie tot war. Der Schmerz über ihren Verlust war unglaublich groß und hinterließ eine fürchterliche Leere in ihm.
Es war unfassbar, welch Grausamkeit seiner Schwester angetan worden war. Sie war noch so jung gewesen und hatte niemandem etwas Böses gewollt.
Aber diese verdammten Iga hatten sie ihm weggenommen. Seine teure, kleine Schwester Okoi.
Nenki stand immer noch da und versuchte Hotarubi von sich fernzuhalten, die immer noch Anstalten machte, auf ihn loszugehen.
Die beiden waren mit ihrer Zankerei so beschäftigt gewesen, das sie nicht mitbekommen hatten, was sich hinter ihnen abgespielt hatte. Schließlich viel Nenki etwas ein. “Übrigens, Yashamaru. Was ist eigentlich in Sunpu passiert?”
Er drehte sich zu dem vermeintlichen Yashamaru um.
“Darüber muss ich zuerst mit Oboro-sama sprechen.”, antwortete Saemon nach einer kurzen Pause, wieder vollkommen in seiner Rolle vertieft. Er drehte den Kopf zu Nenki und zwang sich zu einem viel sagenden Grinsen.
“Du hast sie noch nicht gesehen?”, fragte Nenki.
“Oboro-sama hat gerade eine wichtige Besprechung mit Tenzen-sama.”, erklärte Hotarubi, die nun auch wieder zu dem Möchtegern-Yashamaru sah.
Nenki lachte bellend: “Eine schwere Aufgabe, Oboro-sama unsere Lage zu erklären. Der Ninja-Krieg zwischen Iga und Kouga hat bereits begonnen. Oboro-sama und Gennousuke sind so verliebt ineinander..”
Saemon war aufgestanden und Hotarubi ging auf ihn zu.
“Gennousuke habt ihr also am Leben gelassen?”, fragte Saemon.
“Allerdings!”, rief Nenki und hob eine Hand. “Tenzen hat viel zu viel Angst vor Gennousuke. Ich weiß zwar nicht, welche Technik er benutzt, aber wir, die Iga, sind ihm sowieso überlegen!”
“Soll ich ein Gegengift holen?”, fragte Hotarubi besorgt, als sie merkte, dass ihr vermeintlicher Liebster scheinbar noch Probleme hatte, sich auf den Beinen zu halten.
Saemon schüttelte den Kopf und Hotarubi entfernte sich wieder von ihm.
“Ha! Selbst wenn man ihn fürchten muss, wir haben schon Kazamachi Shougen, Jimushi Juubei und Udono Jousuke getötet und ich habe gerade Okoi erledigt.”, redete Nenki vor sich hin, obwohl ihm keiner mehr so wirklich zuhörte. “Wovor fürchtest du dich noch, Tenzen?”
Während Nenki munter vor sich hin redete, fischte Saemon die Schriftrolle zwischen den Salzfässern hervor und ließ sie in den weiten Ärmel von Yashamarus Kosode gleiten. Gerade noch rechtzeitig, denn Nenki drehte sich wieder zu ihm um.
“Ach ja. Die Schriftrolle… Ich muss Rousai suchen gehen.” Mit diesen Worten stapfte er los, Richtung Ausgang, als zwischen zwei Fässern ein kleines, schleimiges, graues Etwas aus der Lücke gekrochen kam. “Nen… Nenki…”, quäkte Jingorou in seiner nacktschneckenartigen Gestalt und hatte Probleme, sich komplett aus dem Loch zu befreien. Hilflos wedelte er mit den Armen um sich.
“Was machst du da, Jingorou?”, fragte Nenki und zog diesen aus der Lücke heraus. “G-Gib mir Wasser!”, röchelte Jingorou.
Nenki packte ihn, ging zur Tür und warf Jingorou in einem hohen Bogen hinaus ins Freie, wo es immer noch ununterbrochen regnete.
“Da hast du Wasser! So viel du willst!” Er starrte Jingorou an. “Du bist mir vielleicht einer…”
“ROUSAI-DONO!”
Der schrille Schrei Hotarubis ließ Nenki sofort herum fahren und ins Salzlager zurückstürmen.
“Was ist los, Hotarubi!?”, rief er auf halben Weg und erkannte schließlich den Grund, ihres aufgebrachten Aufschreis, als er neben ihr stand und den toten Rousai vor sich sah.
“Rousai…”
Saemon nutze die Gelegenheit und wollte mit der Schriftrolle, die er nun in den Kragen seines Kosode steckte, türmen, als plötzlich Tenzen Stimme erklang.
“Wartet bitte , Oboro-sama!
“Nein, das lasse ich nicht zu!”, ertönte Oboros Stimme von draußen und Saemon blieb kurz stehen. “Ich lasse nicht zu, dass ihr das Mädchen aus Manjidani festhaltet!”
Saemon traute seinen Ohren kaum. Was sagte Oboro da nur?
Tenzen lief hinter Oboro her. Diese rannte geradewegs auf das Salzlager zu.
Koshirou und Hinoko folgten ihm.
“Hört mir doch zu! Es gibt jetzt kein zurück mehr!”, versuchte Tenzen Oboro von ihrem Vorhaben abzubringen.
“Es war ein Fehler, ihr das mit dem Kouga-Mädchen zu sagen!”, rief Hinoko Koshirou während dem Laufen zu. “Sie wird sich weigern, den Krieg zu akzeptieren!”
Koshirou nickte Hinoko leicht zu. “Ich weiß…”
Tenzen konnte Oboro kaum einholen.
Diese stürmte gerade Wegs in das Salzlager hinein, wo sie mit weit aufgerissenen Augen Saemon begegnete.
Ihr Blick traf auf seinen und ohne es zu wollen, erweckte das Aufeinandertreffen ihrer Augen auf seine, ihre mystische Technik.
Saemon traf es, wie vom Blitz getroffen, als er spürte, wie seine Maske schwand. Ein Schrei entfuhr ihm, als sein Körper gewaltsam seine eigentliche Gestalt zurückforderte und er sich in sein richtiges Ich zurückverwandelte.
“Yashamaru?”, fragte Tenzen verwundert, der Oboro nun endlich eingeholt hatte. Hinoko war einfach mit reingestürmt und stand etwas hinter Tenzen. Sie sah den vermeintlichen Yashamaru ebenfalls verwundert an.
Auch Hotarubi und Nenki sahen verwirrt zu dem “Iga”, der scheinbar aus heiterem Himmel schreckliche Schmerzen zu haben schien.
“Was ist los?”, rief Nenki noch und Hotarubi kam langsam auf ihren “Liebsten” zu, der mit dem Rücken zu ihr auf dem Boden kauerte und sich das Gesicht zuhielt. Dann drehte sich Saemon zu ihr um. Er hatte wieder sein altes Gesicht zurück erlangt.
Hotarubi schrie entsetzt auf. Das konnte doch nicht wahr sein! Auch Hinoko hielt sich geschockt die Hände vor den Mund.
“Du Bastard!”, brüllte Nenki und griff mit seinen Haaren an. “Du bist ja ein Kouga!”
Saemon kniff die Augen zusammen. In die Enge getrieben, griff er in eines, der Salzfässer und warf eine Ladung Salz mitten in Nenkis Gesicht, der wütend aufschrie. Dann nahm er das riesenhafte Beil, das Yashamaru am Rücken seines Kosode trug und warf es in Oboros Richtung.
Tenzen schubste sie gerade noch rechtseitig weg und das Beil streifte leicht seinen Arm. Hinoko hatte sich noch rechtzeitig wegducken können.
Oboro fiel die Treppe hinab, wurde aber von Koshirou, der unten stand, aufgefangen.
Auch die Schriftrolle, hatte Saemon durch die Luft geworfen.
"Hinoko!", rief Tenzen. Hinoko nickte, noch vollkommen verstört, sprang die Treppe in einem Satz hinab, warf Koshirou einen flüchtigen Blick zu und setzte der Schriftrolle nach, versuchte sie aufzufangen, doch sie entglitt ihren Händen, sodass Hinoko ins Leere griff.
“Verdammt!, zischte sie mit Tränen in den Augen.
“Die Schriftrolle!”, rief Akeginu, die auch gefolgt war und nun ebenfalls unten bei der Treppe zum Salzlager stand.
Sie sah zu Jingorou, der noch am Boden lag und hin und her strampelte. “Jingorou-dono! Beeilt Euch! Die Schriftrolle!”
“Wa-Was?”, stammelte Jingorou, setzte sich halb auf und wandte den Kopf.
Er sah, wie die Schriftrolle direkt in seine Richtung flog. “Ja, Ich hab sie gleich!”, quäkte er und streckte die Hände nach ihr aus, als Gyoubu hinter ihm aus der Erde auftauchte und die Schriftrolle auffing.
“Was zum…? Was ist das?!”, rief Jingorou verwirrt, wandte den Kopf in Gyoubus Richtung, der gerade zu einem Schlag ausholte und Jingorou mit voller Wucht in Akeginus Richtung schleuderte. Er knallte gegen sie und beide fielen auf den Boden.
"Akeginu! Jingorou-dono!", schrie Hinoko erschrocken.
Gyoubu kam noch etwas mehr aus dem Boden und lachte dreckig.
“Das ist…”, kam es von Akeginu entsetzt, die sich wieder versuchte, aufzuraffen und Gyoubu nun anstarrte.
“Kasumi Gyoubu…”, beendete Tenzen, der sich die verletze Schulter hielt, ihren Satz.
Oboro starrte entsetzt zu Gyoubu. Sie konnte nicht begreifen, was da geschehen war. Gestern Abend war doch noch alles gut und schön gewesen und nun war die Hölle auf Erden ausgebrochen.
“Wer ist dieser Mann aus Kouga, der sich in Yashamaru-dono verwandelt hat!?”, schrie Hotarubi hysterisch und wütend zugleich.
Gyoubu grinste noch mehr und rannte dann los.
Kuraiko derweil stand auf einem Baum in der Nähe. Sie hatte es glücklicherweise unbemerkt ins Dorf geschafft. Wie sie das geschafft hatte und auch, wie es ihr gelungen war, bisher unbemerkt zu bleiben, war ihr selbst ein Rätsel. Sie beobachtete das Szenario.
“Es fängt an, zu eskalieren…. “ Sie schüttelte sich und sah zum Salzlager. Saemon war weggelaufen und hatte scheinbar sein richtiges Gesicht wieder. Aber was war mit Okoi? War sie etwa…? Und wie ging es ihrem geliebtem Cousin? Sie musste der Sache auf den Grund gehen. Sie musste es wissen.
“Lasst ihn nicht entkommen!”, rief Tenzen laut, als Gyoubu davon lief. “Ihm nach!”
Alles nickte und lief los. Auch Koshirou stand auf und ließ Oboro zurück, um den anderen zu folgen.
“Alles in Ordnung, Oboro-sama?”, fragte Hinoko, die noch da stand, selber völlig verstört, diese. Oboro konnte nur leicht nicken. Eine andere Wahl hatte sie gar nicht.
Hinoko sah kurz zu Tenzen. Sie kämpfte mit den Tränen. Sie zitterte. Der Mann, den sie für Yashamaru gehalten hatte, den Hotarubi für Yashamaru gehalten hatte, war ein dreckiger Kouga gewesen! Wenn er diese Gestalt angenommen hatte, das wurde Hinoko schmerzhaft bewusst, dann war der echte Yashamaru vermutlich wirklich tot...
“GEH! LOS!”, herrschte Tenzen sie an und Hinoko schrak aus ihren Gedanken, nickte langsam und lief hinterher.
Selbst Hinoko, dachte sich Oboro. Selbst Hinoko, die laut Tenzen nicht auf der Schriftrolle stand, hatte sie hintergangen. Alle hatten sie belogen. Alle, denen Oboro vertraut hatte, hatten sie belogen. Ihre engsten Freunde. Einfach jeder.
Hinoko holte Koshirou ein und auch Tenzen und die restlichen Verbliebenen stürmten nun los. Nur Oboro blieb da.
Saemon hatte sich auf das Dach des Salzlagers gerettet und sah seine Hand an, an der noch immer Okois Blut klebte. Sein Gesicht nahm bittere Züge an. Er fuhr sich mit dem Blut über die Lippen.
Das würde er den Iga nicht verzeihen. Niemals!
Dann strich er Okois Namen mit ihrem Blut von der Liste und brach schweren Herzens auf, Gennousuke zu suchen.
Kuraiko sah ihm nach, wartete aber noch, bis Oboro aus dem Salzlager verschwinden würde. Sie ahnte schlimmes. Das Gesicht, das Saemon gemacht hatte, hatte mehr oder weniger schon alles gesagt.
Oboro war mittlerweile reingegangen und stand vollkommen verstört und entsetzt vor Okois Leiche.
Das ihre eigenen Leute nur zu solchen Grausamkeiten fähig waren.
Das Mädchen vor ihr hatte doch nichts getan. Sie war doch auch nur ein Mensch. Wie konnten ihre Leute sie nur einsperren und abschlachten wie ein Tier. Oboro konnte es einfach nicht fassen. Es war schrecklich. Ihre Heimat, Iga Tsubagakure, war zu einer dämonischen Kriegshölle geworden und sie war mitten drin. Akeginu, die Oboro gefolgt war, stand hinter ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter, doch Oboro drehte sich weg.
"Selbst du hast mich belogen, Akeginu...", sagte sie mit zittriger Stimme. "Ihr habt mich alle belogen und hintergangen!"
Akeginu senkte ihr Haupt und ließ Oboro gehen. Sie wusste, dass sie diese Tatsache mit nichts entschuldigen konnte. Also wandte sie sich zum gehen, um Oboro allein zu lassen.
Traurig und verzweifelt kniete diese sich kurz nieder und sprach ein stummes Gebet, bevor sie wieder aufstand und den anderen nachlief, in der Hoffnung, verhindern zu können, das noch schlimmeres passierte.
Kuraiko beobachtete, wie erst Akeginu und dann Oboro das Salzlager verließen. Kaum war sie außer Sichtweite, sprang sie vom Ast des Baumes hinab, landete auf allen Vieren auf dem Boden, wie eine Katze, stand auf und lief die Treppen vom Salzlager hoch und hinein.
Ihre Vermutung wurde zur schrecklichen Gewissheit, als sie Okoi sah.
“Okoi….”
Sie ballte unbewusst ihre Hände zu Fäusten und ihre Fingernägel gruben sich tief in das Fleisch ihrer Handinnenflächen. “Okoi…”
Sie biss die Zähne zusammen. “Okoi…”
Auch sie betete noch einmal für ihre gute Freundin. Sie hatte Okoi extrem gerne gemocht. Hatte immer viel Spaß mit ihr gehabt.
Sie wischte sich mit dem Arm einige Tränen vom Gesicht und drehte sich um.
Den Blick gen Ausgang gerichtet. Ihre Augen wirkten unnatürlich kalt und doch loderten sie vor Wut und Hass. Sie hatte sich entschieden. Das war nicht mehr länger nur der Kampf der anderen. Nun war es auch ihr Kampf.
“Das werden sie bereuen….”, sagte sie in die regnerische Nacht hinein. “Dafür werdet ihr bezahlen! HABT IHR GEHÖRT, IHR DRECKIGEN IGA BASTARDE!?”
Eine einzelne Träne lief erneut ihre Wange hinab. “Ich, Kouga Kuraiko, werde es euch allem heimzahlen! Das schwöre ich bei meinem Leben!”
Währendessen war Gyoubu immer noch auf der Flucht.
“Halt”, rief Nenki ihm nach und rannte hinter ihm her, als Gyoubu um eine Ecke bog und auf einmal verschwunden war.
Nenki sah sich zusammen mit Hotarubi, die auch gefolgt war, um. Koshirou, Hinoko und Tenzen erschienen hinter den Zweien.
“Koshirou.”, wandte sich Tenzen an diesen.
“Jawohl!”
“Versammle alle Männer.”
Koshirou nickte und lief los.
Hinoko wollte ihm nachlaufen, wurde aber von Tenzen festgehalten.
“Du bleibst. Koshirou kann das alleine.”
“A-Aber!”, begann Hinoko.
“Widersprich mir nicht!”, zischte Tenzen. “Du lenkst Koshirou nur von seinen Aufgaben ab!”
Hinoko starrte Tenzen lange mit aufgerissenen Augen an und schluckte die aufkommenden Tränen erneut runter.
Dann senkte sie ihren Blick. “Ich habe verstanden. Verzeiht.”
Etwas später. Gennousuke saß immer noch in dem Zimmer. Er sah auf, als die Tür aufgeschoben wurde und Saemon und Gyoubu herein kamen und ihm mitteilten was vorgefallen war.
Auch Kuraiko gesellte sich zu ihnen und obwohl sie mit einer Predigt gerechnet hatte, sagte keiner etwas.
Draußen versammelten sich die Iga und marschierten schnellen Schrittes zu dem Haus, wo Gennousuke sich befand.
Gennousuke stand draußen, mit der Schriftrolle in der Hand, links, rechts und vor ihm, knieten Gyoubu, Saemon und Kuraiko, als der Iga Trupp ankam. Die Fronten starrten sich gegenseitig an. Hier und da wurden bereits Schwerter gezückt.
Regen prasselte immer noch vom pechschwarzen Himmel und Hinoko war sofort, nachdem dieser mit Iga Truppen zurückgekehrt war, wieder zu Koshirou gelaufen. Nun stand sie da neben ihm.
Ihr Blick viel auf Kuraiko und es zuckte und kochte in ihr.
Auch Kuraiko bemerkte sie und starrte sie kurz an, bevor sie ihren Blick wieder dem Boden zuwandte.
Gennousuke starrte in den Himmel und dann zu den drei Leuten aus seinem Clan.
“Gyoubu! Saemon! Kuraiko!…” Er steckte sich die Schriftrolle ein. “…Wir kehren nach Manjidani zurück…”
Vorschau:
Auf jede Aktion folgt eine Reaktion,
eine so genannte "Konsequenz"
Die Konsequenz, die diejenigen, die bereits gesündet haben,
tragen müssen, ist bitter und schmerzhaft
Der Hund, der seinem Herrn loyal ergeben ist wird zur Geisel seiner Treue und muss Buße tun
Ein Sturm zieht über Tsubagakure auf und hinterlässt Wut und Verzweiflung
Das nächste Mal bei Basilisk:
Der Himmel, der blutrote Tränen weinte