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Basilisk - Kouga Ninpo Chou Fanfiction

von Hinoko
Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P18 / Gen
09.10.2010
05.07.2011
11
53.386
 
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09.10.2010 6.350
 
Kapitel 10: Die sterbende Rose

Der Traum ward zerbrochen
All Glück und Freud' zerronnen.
Was übrig geblieben
Schmerz und Leid
Sie hatten sich zum Kampfe erhoben
Mit gezückten Schwertern
zogen sie in die Schlacht
Doch am Ende wartete nur der Tod
Seid bereit zu sterben!


Einige Krähen flogen in der abendlichen Dämmerung umher. Der goldene Schein, der untergehenden Sonne, tauchte den Himmel in ein wunderschönes orangerot.
Die letzten Strahlen fielen dabei auf die Burg Sunpu. Dem Sitz des Shoguns.
Es leuchtete durch die Gänge und Fenster.
Altshoguns Ieyasu saß auf dem Boden, links und rechts neben ihm, zwei Männer. Einer, der beiden, war Hattori Hanzo. Der andere Yagyu Munenori
"Es steht sechs zu neun?", fragte der Alt-Shogun.
Ein junger Mann, Kyouhachirou, der Adoptivsohn, von Hattori Hanzo, der einige Meter entfernt vor Ieyasu kniete, antwortete: "Ja. Vier Ninja aus Kouga sind bereits tot."
Einige Meter hinter ihm, in einer dunklen Ecke, regte sich eine junge Frau mit fast hüftlangen, dunkelbraunen Haaren, die mit einem blauen Band zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Zwei wellige Strähnen umrahmten links und rechts, ihr hübsches Gesicht, welches jedoch von einem sorgenvollen und traurigen Blick aus rehbraunen Augen beschattet war.
Mit der rechten Hand fuhr sie, unbewusst, über den linken Ärmel ihres weißen Kimonos, der mit einem schönen rosa-violetten Blütenmuster bestickt war.
"Die ersten Toten, waren Kouga Danjou und Iga no Ogen.", erzählte Kyouhachirou, der die meisten Kämpfe der Ninja beobachtet hatte. "Die beiden haben sich am Fluss Abe gegenseitig erstochen."
"Das ist alles so schnell passiert?! Unglaublich!", kam es von Yagyu Munenori erstaunt, beinahe erschrocken. "Was ist mit den Leichen geschehen? Wir sollten sie wenigstens..."
"Ja, aber aufgrund des Kampfplatzes... Haben wir sie dort gelassen, wo sie starben...", erklärte Kyouhachirou.

Die junge Frau hinter ihm zuckte leicht. Sie versuchte keine Miene zu verziehen, doch hätte man direkt vor ihr gesessen, hätte man gesehen, das ihre Lippen zitterten.
"Verstehe...", antwortete Munenori.
"Ich sehe, das der Clan, der Iga, Takechiyos Repräsentant, sich in einer besseren Position befindet. Das ist alles innerhalb von nur zwei Tagen, nach der Auflösung des Friedensvertrags, geschehen. Vielleicht entscheidet sich das doch schneller, als man denkt.", kam es von einem anderen Mann, der sich auch in dem Raum aufhielt.  
"Mataemon-dono!", sagte Hattori Hanzo, an den Mann gewandt. "Man kann nicht wissen, wie diese Sache ausgehen wird. Das ist kein Kampf zwischen gewöhnlichen Menschen."
Munenori sah kurz zur Decke hinauf. "Gewiss. Die beiden waren ja schon richtige Monster..."
Er entsinnte sich an den Showkampf von Yashamaru und Shougen.
"Ich bekomme schon eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke...."

Kyouhachirou erzählte, was weiterhin geschehen war. Von dem Kampf zwischen Udono Jousuke und Azuki Rousai, die noch nichts von der Auflösung des Friedensvertrags gewusst hatten und trotzdem gekämpft hatten, wie die Iga kurze Zeit später Shougen und Jimushi Juubei erledigt hatten, dem Kampf zwischen Akeginu und Jousuke, durch den er durch ein paar nützliche Informanten, die ihm untergeben waren, in Kenntnis gesetzt worden war und so weiter und so fort.
Munenori erzählte, dass es auch zwischen den beiden Erben Hidetadas immer heftiger wurde. Es hatte bereits einen Giftanschlag auf Takechiyo gegeben, den dieser nur durch Ofuku, seiner Kinderfrau, die ihm unter Einsatz ihres Lebens, das Gift ausgesaugt hatte, überlebt hatte.

Schließlich erhielt Kyouhachirou eine Schriftrolle, wo ihm mitgeteilt wurde, was in der Zwischenzeit Neues passiert war.
Auch davon erstattete er Bericht, während draußen, die Sonne untergegangen war.
Als er geendet hatte, stand er auf und wandte sich zum Gehen.
Auch die junge Frau stand auf und ging zu Hattori Hanzo, wo sie sich kurz verbeugte.
"Ich gehe nun nach draußen, Herr Vater. Ich brauche etwas frische Luft."
Hattori Hanzo nickte kaum merklich und die Frau ging hinaus.
Als sie die kühle Nachtluft einatmete, entrann ihr ein lautes Seufzen.
Tränen spiegelten sich nun in ihren Augen, als sie zum Mond hinauf blickte.
"Hyouma-dono... bitte seid in Sicherheit...", murmelte sie.
"Schwester!", ertönte hinter ihr die Stimme von Kyouhachirou, die sie jäh zusammenzucken ließ.
"Kyouhachirou, mein Bruder.", sagte sie. "Du hast mich erschreckt."
"Verzeih." Er sah sie an. "Du siehst unglücklich aus, Kimiko..."
Kimiko drehte sich weg, um die Tränen aus ihren Augen zu wischen.
"Es ist nichts... Es ist nur..."
Kyouhachirou sah sie lange und besorgt an.
"Die Ninja sind doch auch Menschen, wie wir. Ich verstehe nicht, was sich Ieyasu-sama und mein Vater dabei denken, sie wie Marionetten zu benutzen, nur um.... politische Angelegenheiten zu Regeln...."
Kyouhachirou seufzte: "Es hat keinen Sinn, nach dem 'Warum' oder 'Wieso' zu fragen. Ich weiß, dass dir die Menschen in Iga und Kouga durch unsere Besuche, sehr ans Herz gewachsen sind, aber dennoch... Du kannst in dieser Sache nichts tun."
Kimiko nickte. "Ich weiß..."

Zur selben Zeit, als auch Kyouhachirou in Sunpu mit den Neuigkeiten eingetroffen war, hatten sich in Iga Tsubagakure die verbliebenen sieben Ninja, deren Namen auf der Schriftrolle standen, im Haupthaus versammelt.
Akeginu und Tenzen hatten den schwerverletzten Koshirou in sein Zimmer gebracht und Tenzen hatte Hinoko, die immer noch völlig verstört war, und Akeginu dazu beauftrag, seine Wunde zu versorgen und sich um ihn zu kümmern.
Hinoko hatte so sehr gezittert, dass Akeginu das meiste hatte machen müssen.
Immer wieder von Tränenkrämpfen erschüttert und leise Kouga Gennousuke verfluchend, war Hinoko zu kaum mehr was im Stande.
Sie hatte sich lauthals weinend an Koshirous Brust geworfen und war kaum zu beruhigen. Immer und immer wieder schossen neue Tränen ihre Wangen hinab.
Akeginu fand kaum tröstende Worte. Sie selber stand ja auch unter Schock.
Es gab nichts auf dieser Welt, das dieses Leid lindern würde.
Hinoko schrie, zitterte, schlug gegen den Boden, ließ sich nicht einmal anfassen. Alles in ihr explodierte, loderte, brannte und schmerzte bis in ihre Knochen.
Die Trauer, der Schmerz, dass Koshirou so schwer verletzt worden war und diese unbändige Wut in ihr. Jeder! Sie alle! Sie alle waren in ihren Augen an Koshirous Verletzung schuld.
Sie hasste jeden. Am meisten hasste sie jedoch Kouga Gennousuke und Oboro.
Von ständigen Wutanfällen erschüttert, schrie sie Akeginu jedes mal an, wenn diese versuchte, sie zu beruhigen.
Schließlich gab Akeginu es auf. Sie stand auf und ging zu den anderen fünf Iga, im Haupthaus.
Leise schob sie die Tür beiseite und trat ein. Sie setzte sich neben Oboro, die den Kopf hängen ließ.
"Wie geht es Koshirou?", fragte Tenzen.
"Er hat es überlebt.", teilte sie den anderen mit belegter Stimme mit. "Aber er wird nie wieder sehen können. Hinoko ist bei ihm. Sie kümmert sich um ihn..."
"Verstehe.", antwortete Tenzen. "Und wie geht es ihr?"
Akeginu stieß einen lang gezogenen Seufzer aus. "Nicht gut. Ich konnte sie nicht beruhigen. Sie ist sehr aufgebracht und verzweifelt. Als ich ihr sagte, dass Koshirou-dono nie wieder sehen wird, ist sie ausgerastet. In dem Zustand, in dem sie sich gerade befindet, ist sie absolut unberechenbar. Ich fürchte, sie gibt jedem die Schuld, an dem was, geschehen ist. Am meisten Kouga Gennousuke und Oboro-sama...."
"Verstehe...", antwortete Tenzen wieder.
Nenki wirkte matt und sehr traurig, wenn er an Hinoko dachte.
"Nach dem, was geschehen ist, wird sie vermutlich nie mehr die Alte sein. Der Schock sitzt zu tief...", sagte Akeginu.

"Ich werde nachher noch einmal mit ihr reden.", kam es von Tenzen. "Ich werde sie schon noch zur Vernunft bringen."
Dann wandte er sich an Oboro, die immer noch geknickt da saß. Die Augen geschlossen und erneut den Tränen nahe.
"Nun zu Euch! Oboro-sama! was Ihr vorhin getan habt, kann ich nicht tolerieren!", schrie er sie an und Oboro zuckte zusammen.
"Wenn Ihr nicht Ogen-samas Erbin wärt..."
"Bitte entschuldigt mich, Tenzen...", antwortete Oboro mit zittriger Stimme und kauerte sich noch mehr zusammen.
"Entschuldigt euch bei den Vorfahren der Iga!", rief Tenzen. "Das war die Tat eines Verräters!"
Dann wurde Tenzens Stimme wieder ruhiger.
"Von unseren zehn Ninja wurden bereits Ogen-sama und Rousai getötet. Und es besteht kein Zweifel daran, dass wir auch Yashamaru verloren haben."
Hotarubis Blicke wanderte gen Boden und sie verkrampfte sich.
"Und auch Koshirou wurde schwer verletzt."
"Und man hat uns unsere Schriftrolle entwendet.", fügte Jingorou noch hinzu. "Wir müssen sie unbedingt zurückholen, auch wenn es uns das Leben kostet."
"Ha! Unsere Familien haben nur für diesen einen Moment gelebt!", mischte sich nun auch Nenki ein, der versuchte, nicht als an die arme Hinoko zu denken. "Wir haben nur auf diesen Tag gewartet!" Er grinste breit. "Diese verfluchten Kouga! Ich werde sie alle in das blutige Meer der Hölle stoßen!"

"Dafür müssen wir Oboro-sama überreden, sich dem Kampf an vorderster Front zu stellen!", warf Tenzen ein. "Oboro-sama! Schwört, Kouga Gennousuke zu töten - komme, was da wolle!"
Oboro schüttelte den Kopf und Tränen fielen auf den Boden hinab.
"Oboro-sama!"
"Nein... Ich kann Gennousuke-sama nicht töten...", flüsterte sie halblaut.
"Das ist unmöglich!", rief Tenzen und sprang auf. "Ob unsere Familien in Tsubagakure überleben oder sterben hängt von Euren Augen ab!"
"Ich verstehe das nicht...", sagte Oboro leise und traurig und sah schließlich Tenzen an. "Wieso hasst ihr die Leute aus Kouga so sehr?"
Alle starrten Oboro an und Tenzen setzte sich wieder auf sein rundes Sitzkissen zurück.
"Es geht nicht anders. Oboro-sama weiß nicht, was die Kouga getan haben, als die Oda die Iga angegriffen haben."
"Was die Kouga getan haben?", fragte Oboro leicht verwirrt.
"Ogen-sama hat uns verboten, Euch davon zu erzählen.", sagte Jingorou.
"Ja. Auch wenn ich nicht weiß, wieso...", murmelte Nenki.
"Was hat der Angriff aus der Tensho-Ära mit den Kouga zu tun?", fragte Oboro.
"Sehr viel!", rief Tenzen und Oboro wandte sich ihm zu. "Die Kouga haben damals Odas Angriff ausgenutzt, um die Iga anzugreifen und jeden zu töten, der aus dem Dorf fliehen wollte."

Oboros Augen weiteten sich geschockt.
"Sie behaupten natürlich, dass sie so etwas nie getan hätten.", erklärte Nenki.
"Seitdem hat sich der Hass zwischen Iga und Kouga noch weiter vertieft.", mischte sich nun auch Hotarubi ein.
"Wäre unter Hattori Hanzo I kein Friedensvertrag geschlossen worden, wäre es jetzt schlimmer.", sagte Jingorou.
"Aber das hat Gennousuke-sama doch nicht getan...", wollte Oboro verzweifelt widersprechen. "
Oboro-sama! Wie könnt Ihr eine würdige Nachfolgerin sein, wenn Ihr nicht bereit seid, Eure Vorfahren zu rächen? Seid Ihr dann wirklich eine Anführerin?"
Oboro verstummte und sah wieder gen Boden.
"Ogen-sama wurde an dem Tag von Kouga Danjou schwer verletzt. Er hat die Iga belogen!"
Oboro schreckte wieder auf.
"Und jetzt hat Danjou Ogen getötet. Er ist Gennousukes Großvater! Das ist die Wahrheit. Wir können unseren Groll nicht länger fortwischen. Vor allem können wir uns nicht länger zurückziehen."
Oboro saß wie versteinert da.
"Oboro-sama! Nur wenn Ihr Euch selbst in diesen grausamen Kampf begebt, werdet Ihr die Iga rächen können, die sinnlos sterben mussten! Eure Großmutter würde sich bestimmt freuen."
Nachdem Tenzen seine Predigt beendet hatte, stand Oboro mit gesenktem Haupt langsam auf. "Gebt mir bitte noch etwas Zeit, sagte sie und öffnete die Schiebetür hinter sich, die zu ihrem Schlafgemach führte.
"Tenzen...", sagte Nenki.

Oboro schloss die Tür fast und ließ nur einen Spalt breit offen, damit das Kerzenlicht aus dem Nebenzimmer auch ihr etwas Licht zum Sehen gab.
Sie stand eine Weile mitten in dem Raum, bis sie einen Entschluss gefasst hatte und zu einer alten Holzkommode ging, wo sie an einer Schublade zog und einen kleinen, Marmeladenglasförmigen, Behälter herausnahm.
"Obaba-sama...", flüsterte sie.
Schließlich kam sie schweigend aus dem Zimmer wieder heraus. Den Kopf gen Boden geneigt, mit dem Behälter in der Hand.
"Sagt uns, wofür Ihr Euch entschieden habt.", sagte Tenzen.
Oboro setzte sich wortlos an ihren Platz zurück.
"Was ist in diesem Gefäss?", fragte Jingorou, der den Behälter bemerkt hatte.
Tenzen starrte Oboro an und dann, als hätte ihn ein schrecklicher Geistesblitz ereilt, stand er auf, lief zu ihr und zog Oboros Kopf an ihren Ponysträhnen zu sich hoch.
Alle erstarrten.
Oboro hatte ihre Augen mit der Salbe, die sich in dem Gefäss befand, verschlossen.

"Oboro-sama!"
"Eure Augen!", rief Jingorou.
Auch Akeginu und Hotarubi wirkten völlig entsetzt.
Doch Tenzen war es, den es am meisten schockierte.
Mit zuckenden Mundwinkeln und knirschenden Zähnen, starrte er Oboro an.
In seinem Blick lag blanke Wut.
"Großmutter hat es mir eines Tages gesagt.", sagte Oboro.
Sie erzählte den anderen von jenem Tag, als Ogen es aufgegeben hatte, sie zu unterrichten, da Oboro keine einzige Ninjatechnik hatte meistern können.
Und wie sie ihr von der Macht ihrer Augen erzählt hatte, die keine Ninjatechnik waren und nicht nur für ihre Feinde sondern auch für ihre eigenen Leute gefährlich werden konnten.
Ogen hatte Oboros Augen schon seit jeher als unheimlich empfunden.
Oboro erzählte, wie Ogen ihr die Salbe "Finstere Sieben", gegeben hatte, die sie im Falle eines Krieges, um ihre eigenen Leute nicht zu gefährden, auftragen sollte.
"Sie wird meine Augen für sieben Tage und sieben Nächte versiegeln.", endete Oboro, ihre Geschichte.
"Eure Augen!", knurrte Tenzen. "Wie konnten Ihr nur Eure eigenen Augen versiegeln?" Seine Stimme wurde wieder lauter. "Habt Ihr denn nicht verstanden, was ich Euch vorhin mitgeteilt habe!?"

"Ich bin eine Frau aus Iga.", sagte Oboro und Tränen liefen an ihren Wimpern ihr Gesicht hinab. "Ich habe sehr wohl verstanden, was Ihr gesagt habt, Tenzen."
Tenzen starrte sie weiter wütend an.
"Ich weiß auch, was auf dem Spiel steht... So viele Menschen aus Tsubagakure sind bereits getötet worden.... Aber ich kann nicht gegen Gennousuke-sama kämpfen."
Stille herrschte im Raum. Alle wirkten ernst und auch wütend.
"Außerdem könnten meine Augen in der Hitze des Gefechts eure Fähigkeiten außer Kraft setzen..."
Immer noch diese erdrückende Stille.
Oboro begrub ihr Gesicht in den Händen. "Das macht mir schreckliche Angst!..."
So ein Unsinn!, dachte sich Tenzen nur wütend, als plötzlich eine Männerstimme von draußen seinen Namen rief.
Tenzen öffnete die Schiebetür nach draußen und trat hervor.
Vor ihm kniete einer, der niedrig rangingen Ninja aus Iga mit einer Schriftrolle in den Händen.
"Was ist los?", fragte Tenzen.
"Das hier lag vor dem Tor.", erklärte der Mann und zeigte Tenzen die Schriftrolle.
Tenzens Blick verfinsterte sich.
Er nahm die Schriftrolle an sich und ging mit ihr wieder herein.
Ausgebreitet auf dem Boden, scharrten sich Tenzen, Jingorou, Akeginu, Nenki und Hotarubi drum herum. Oboro saß abseits und mit dem Gesicht von den anderen abgewendet.
Es war die Schriftrolle, mit ihren Namen und denen der Kouga, die Saemon ihnen entwendet hatte.

"Sie haben uns die Schriftrolle zurückgebracht...", sagte Nenki leicht verwirrt. "Ist Gennousuke verrückt geworden?"
"Nein, sieh doch!", rief Jingorou. "Koshirous Name..."
"Er ist nicht durchgestrichen....", sagte Hotarubi verwundert.
"Dieser Mistkerl!", kam es von Jingorou. "Er wusste ganz genau, dass Koshirous Verletzung nicht tödlich war..."
Er wandte sich an Tenzen. "Er ist nicht verrückt geworden, sondern nur ein verdammt guter Beobachter."
"Warum hat er das getan?", fragte Nenki aufgebracht. "Wieso bringt er die Schriftrolle zurück, wo sie doch dem Gewinner gebührt?!"
Tenzen antwortete nicht. Er hatte den Brief geöffnet, der bei der Schriftrolle gelegen hatte.
Er erstarrte und seine Hände zerknitterten die Ränder des Papiers, als sie sich vor Entrüstung verkrampften.
"Was steht in dem Brief?", fragte Akeginu.
Tenzen fauchte leise zwischen zusammengepressten Zähnen. "Kouga Gennousuke fordert uns heraus!"
Alle starrten auf Tenzen, der anfing, den Brief vorzulesen:

"Der unter Hattori Hanzo, dem ersten, geschlossene Friedensvertrag wurde aufgelöst. Aber ich will keinen Kampf mit euch. Ich weiß immer noch nicht, weshalb wir gegeneinander kämpfen müssen. Ich werde umgehend nach Sunpu reisen, um dort eine Antwort zu erhalten. Aus diesem Grund gebe ich euch die Schriftrolle zurück. Es werden mich begleiten: Kasumi Gyoubu, Kisaragi Saemon, Muroga Hyouma und Kagerou. Wenn ihr nach Kouga Manjidani kommen solltet, werden wir bereits auf dem Weg sein. Falls ihr vorhabt, den Kouga Clan dort anzugreifen, so sollt ihr wissen, dass es dann das Schicksal der Iga ist, ausgelöscht zu werden. Ich will nicht gegen euch kämpfen, aber ich werde eurer Verfolgung auch nicht ausweichen. Ihr seid noch sieben. Den fünf Kouga und den sieben Iga steht ein grausamer Kampf bevor, bis wir schließlich in Sunpu ankommen werden. Zückt eure Peitsche und macht euch schnell auf den Weg, wenn ihr keine Angst vor mir habt!"

Tenzen zerknitterte den Brief wütend, nachdem er geendet hatte.
"Wir werden ihnen so schnell, wie möglich folgen", sagte er. "Ich werde nur noch eben mit Hinoko reden und sie von Gennousukes Brief in Kenntnis setzen."
Dann wandte er sich an Nenki und Hotarubi: "Ihr zwei seht zu, dass ihr vorausgeht und sie findet. Benachrichtigt mich und wir treffen uns dann wieder."
"Verstanden!", sagte Hotarubi und stand auf. Auch Nenki erhob sich.
"Aber beginnt unter keinen Umständen einen Kampf! Verstanden?", ermahnte er die Zwei.
"Verstanden!", antwortete Nenki, obwohl er gar nicht daran dachte, sich von Tenzen verbieten zu lassen, zu kämpfen, wenn sich die Gelegenheit bot.
"Oboro-sama.", ich werde alles vorbereiten.", sagte Akeginu, die Oboro sanft an der Schulter berührte und dann aufstand.
Auf dem Weg sah sie die Blutspritzer vom Kampf, an den Wänden des Häuserkomplexes.
Dann entdeckte sie Gennousukes Flöte, die er liegen gelassen hatte...

Tenzen derweil war auch aufgestanden und machte sich auf den Weg zu Hinoko.
Sacht schob er die Schiebetür zu ihrem Zimmer beiseite, dass neben dem von Koshirou war.
Als er sie nicht sah, klopfte er an die Nebentür von Koshirous Zimmer...

Hinoko saß da und hatte ihren Kopf auf Koshirous Brust gelegt. Immer noch schluchzte sie jämmerlich.
"Du Idiot.... Warum hast du nur auf ihn gehört? Wenn du nicht auf ihn gehört hättest... wäre das nie... Koshirou du dummer, dummer...", weinte sie vor sich hin.
Koshirous warme Hand lag auf ihrer.
"Hinoko... Verzeih....", sagte er flüsternd und Hinoko weinte noch mehr.
Doch dann ließ ein lautes Klopfen sie verstummen.
Die Tür wurde hinter ihr aufgeschoben und jemand kam herein.
Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer es war.
"Tenzen-sama...?"
Tenzen starrte lange auf Hinokos Nacken.
"Ich muss mit dir reden. Unter vier Augen.", sagte er ohne Umschweife.
Hinoko drehte sich immer noch nicht um. Sie betrachtete nur traurig Koshirous Gesicht, dessen obere Hälfte über und über mit Verbänden bedeckt war.
"Um was geht es?", fragte sie. Tenzen konnte deutlich die Kälte und Schärfe in ihrem Tonfall hören. Abweisend und verbittert.
"Folge mir nach Nebenan, dann sage ich es dir.", antwortete Tenzen nur.
Hinoko sah immer noch Koshirou an. Ihre Hand drückte noch einmal kurz die seine.
Sie schloss die Augen, atmete tief ein, öffnete sie wieder und stand auf, um Tenzen in ihr Zimmer, nebenan zu folgen.

Sie setzte sich auf ihr Sitzkissen und Tenzen sich ihr Gegenüber. Ein paar Minuten herrschte Stille.
Tenzen musterte Hinoko, die ihn aus kalten Augen ansah.
Sein Blick wanderte von ihrem noch recht kindlich wirkenden Gesicht, langsam ihren kurvigen Körper hinab und wieder zurück.
„Was ist nun, Tenzen-sama?“, fragte Hinoko, die sich nicht wohl fühlte, bei Tenzens bohrenden Blicken,  und Tenzen sah ihr wieder in die Augen.
Er räusperte sich kurz, dann sagte er schließlich: „Kouga Gennousuke hat uns herausgefordert. Er hat uns die Schriftrolle zurückgeschickt und uns einen Brief geschrieben.“
Hinoko verzog keine Miene. „So? Und jetzt? Was werdet Ihr unternehmen?“, fragte sie.
„Er hat sich mit den verbliebenen vier Kouga auf den Weg nach Sunpu begeben, um den Shogun zu fragen, warum der Friedensvertrag aufgelöst wurde. Er schrieb, das wir ihm folgen sollen, wenn wir keine Angst vor ihm haben.“ Tenzen machte eine kurze Pause. „Und genau das werden wir auch tun. Noch heute Nacht!“
Hinokos Augen weiteten sich kaum merklich. „Heute Nacht noch? Aber wie... Ich meine... Was ist mit Oboro-sama? Und Koshirou ist verletzt und geschwächt und... warum erzählt Ihr mir das?“, sprudelte es aus ihr heraus.
Tenzen bedachte Hinoko mit einem ernsten Blick. „Ich habe bereits Nenki und Hotarubi vorgeschickt, damit sie die Kouga finden. Und was Oboro-sama betrifft. Sie weigert sich, gegen Kouga Gennousuke zu kämpfen und hat ihre Augen mit einer Salbe versiegelt, die Ogen-sama ihr einst gab!“
„Was!?“, rief Hinoko. Dann sah sie zur Seite und knirschte wütend mit den Zähnen.

„Ich weiß, was du denkst.“, sagte Tenzen. „Was Oboro-sama getan hat, war feige und verräterisch! Dennoch ist sie unsere Clanführerin und wird mit uns in den Krieg ziehen. Genauso wie auch du uns begleiten wirst und Koshirou!“
Hinoko sah wieder zu Tenzen. Ihr kalter Blick verschwand und ihre eiserne Miene, die sie zu bewahren versucht hatte, zerbröckelte. Völlig erschüttert saß sie da.
„Was...? Ihr... Ich stehe nicht auf der Schriftrolle und außerdem... Ihr könnt Koshirou nicht mitnehmen! Er ist noch zu geschwächt und außerdem... Wie soll er.... Er kann nichts sehen... Was wenn er...“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie blickte zu Boden.
„Das könnt Ihr nicht machen!“, flüsterte sie halblaut. „Jetzt, wo er blind ist, werden die Kouga ihn als erstes ins Visier nehmen.... Er... das geht nicht... Er kann nicht mitkommen....“
Tenzen starrte Hinoko an.
„Wie kannst du nur so reden!? Koshirou ist ein Ninja! Er wird mit dieser Schwäche zurechtkommen müssen und sie mit anderen Dingen wieder ausgleichen! Er kann immer noch hören und sich bewegen!“

Hinoko zuckte zusammen: „Aber... Aber... Die Kouga.... Sie werden sich seine Blindheit bestimmt zu nutze machen. Dieser Kisaragi Saemon... Er hatte Yashamarus Gestalt angenommen und kann seine Stimme verstellen. Was, wenn er...“
Sie zitterte und schluckte einigen Tränen runter.
Tenzens Blick wurde sehr wütend und er stand auf und ging einige Schritte auf Hinoko zu.
„Du dummes Weib!“, fuhr er sie an. „Ist dir klar, was du da redest!? Du kommst mit und wirst für ihn sehen! Und außerdem...!“
„A-Aber... Wenn ich... was wenn ich... Ich will das nicht... Ich... „
Nun war Tenzen direkt vor ihr. Er kniete sich zu ihr runter und packte sie unsanft am Kinn.
„Wenn Koshirou dir wirklich etwas bedeutet, lässt du ihn mitkämpfen! Oder willst ihn in seiner Ehre als Ninja beleidigen!? Denkst du ernsthaft, es wäre nach Koshirous Wunsch, hier zu bleiben und Däumchen zu drehen, nachdem, was Kouga Gennousuke ihm angetan hat!?“
Das war zuviel für Hinoko.
„Im Grunde ist es allein Eure Schuld, dass das überhaupt passiert ist! Wenn Ihr nicht ihm den Befehl gegeben hättet, könnte Koshirou jetzt noch sehen!“, schrie Hinoko und erneut rannen Tränen ihre Wangen hinab.

Sie hatte einen Fehler gemacht. Sie hatte einen furchtbaren Fehler gemacht. Das wusste sie.
Tenzen sah Hinoko an. Mit einem Blick, weit jenseits von Wut und Zorn. Etwas viel grausameres lag darin.
Hinoko rechnete mit einer Tracht Prügel, aber stattdessen drückte Tenzen sie hart zu Boden und hielt ihre Arme fest.
„Wie kannst du es nur  wagen!? Du erdreistest dich, mir die Schuld daran zu geben!?“
Sein Gesicht kam ihrem unglaublich nahe. „So dankst du es mir also, dass ich dich großgezogen habe, nachdem deine Eltern getötet wurden!?“
Er schwieg kurz und dann wurde seine Stimme wieder ruhiger. „Es geht wohl nicht anders... „, sagte er und schob eine dicke, schwarze Haarsträhne beiseite, die über Hinokos Brust fiel.
„Scheinbar muss ich dir deinen Starrsinn und deine Dreistigkeit mit Gewalt austreiben!“

Nun weiteten sich Hinokos Augen wirklich. Vor Schreck und Angst ganz starr, sah sie Tenzen nur mit offenem Mund an.
„Was...“
Tenzen hielt sie noch fester und Hinoko versuchte sich aus seinem Griff zu winden. Vergebens.
„Lasst mich los!“, rief sie. „Was soll das!?“
In Tenzens Augen trat ein unheimliches Glimmen.
„Du bist genauso stur, wie deine Mutter...“, flüsterte er. „Und genauso dumm und naiv, wie Oboro-sama... Aber diesen Blick... diese Lebensmüdigkeit.... die hast du eindeutig von deinem Vater.“ Ein breites Grinsen huschte über Tenzens Gesicht und mit der rechten Hand ließ er ihren rechten Arm los und wanderte damit unter den Kragen ihres kurzen, violetten Kimonos.
Hinoko wollte gar nicht wissen, was Tenzen da redete. So verwirrend es auch war, aber jetzt hatte sie eindeutig andere Probleme.
Sie konnte sich kaum rühren und doch versuchte sie verzweifelt, Tenzen wegzuschieben. Ein unmögliches Unterfangen, denn Tenzen war nicht nur großer, sondern vor allem auch stärker.
„Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dich nie wieder wagen, dich mir zu widersetzen!“, kam es von ihm und er begann damit, Hinokos Brüste unter dem Kimono zu massieren.
„Hört auf damit!“, schrie Hinoko und wurde immer verzweifelter. Neue Tränen glitzerten in ihren Augen.
„Lasst mich los! Aufhören!“

Doch Tenzen dachte nicht im Traum daran, aufzuhören. Er grinste nur noch breiter.
„Ich werde dir das nehmen, was du solange für Koshirou aufbewahrt hast. Danach wird er sicher nie mehr etwas von dir wissen wollen. Kein Mann will eine Frau heiraten, die ihre Unschuld an einen anderen verloren hat...“
Er leckte sich über die Lippen und ließ auch ihren anderen Arm los, nur um ihren Obi zu öffnen.
Hinoko sah ihn geschockt an. „Nein... NEIIIIIIIIIIIIN!“
Sie schrie und wand sich unter ihm. Immer und immer wieder, doch nichts half.
„KOSHIROU!“, schrie sie laut.
Tenzen lachte trocken: „Koshirou wird dir nicht helfen. Dazu geht es ihm noch viel zu schlecht.“
Hinoko hatte Tränen in den Augen.
Sie unternahm einen letzten verzweifelten Versuch und schaffte es, Tenzen an den Schultern zu packen und ihr Gesicht näherte sich dem seinen. Ein Rauschen durchdrang die Luft, doch bevor Hinoko ihr Vorhaben überhaupt beginnen konnte, hatte Tenzen ihren Hals gepackt und drückte gegen ihre Kehle.
„WAGE ES DICH JA NICHT!“, schrie er. „So nicht, mein Fräulein. So nicht!“
Hinoko keuchte und hustete und Tenzen ließ wieder lockerer, wurde dafür aber immer dreister und gröber.
Mittlerweile lag Hinoko mit offenem Kimono da. Nur noch ihre schwarze, enge kurze Hose hatte sie an.
Heiße Tränen rannen ihr Gesicht hinab.
„Koshirou...“, wimmerte sie. „AKEGINU! NENKI-DONOOO! JINGOROU-DONO! HOTARUBIIIIIIIII!“

Tenzen lachte noch mehr: „Nenki und Hotarubi sind nicht mehr hier, sagte ich bereits und die anderen werden dir auch nicht helfen. Niemand wird dir helfen!
Hinoko schüttelte den Kopf. „Nein! NEIIIIIIN! NEIIIN!“

Hinokos laute, verzweifelte Schreie drangen durch die Nacht.
Koshirou lag im Zimmer nebenan und konnte nichts tun.
„Tenzen-sama... was tut Ihr da bloß?“, murmelte er und versuchte aufzustehen. Doch er schaffte es nicht. „Hinoko...“
Auch Nenki, der gerade dabei war, für die bevorstehende Mission zu packen, erstarrte, als ihn die Schreie erreichten.
„Tenzen... Was um Himmels willen tut er da bloß?!“, sagte er und auch Hotarubi war zusammengezuckt.
„Ist es das, was du unter „reden“ verstehst, Tenzen!?“, knurrte Nenki und ließ seine Sachen liegen, um zurückzulaufen.
„Nenki-dono!?“, rief Hotarubi ihm nach. „Unser Auftrag... Tenzen-samas Auftrag! Ihr könnt doch nicht einfach....“

„Was war das?“, kam es von Oboro verwirrt, die immer noch im Haupthaus saß, zusammen mit Jingorou und Akeginu, die wieder zurückgekehrt war.
„Es ist nichts... Wirklich Oboro-sama...“, sagte Akeginu beschwichtigend, doch Oboro wusste, das es nicht „nichts“ war.
„War das Hinoko? Was tut Tenzen mit ihr?“, rief sie.
„Oboro-sama. Es ist wirklich...“, versuchte sie erneut. „Ignoriert es einfach...“
Akeginu seufzte schwer und blickte traurig zu Boden.
„Wie kannst du nur so tun, als wäre nichts, Akeginu! Tenzen tut Hinoko doch gerade etwas furchtbares an!“, sagte Oboro und wollte aufstehen, doch Akeginu hielt sie fest. „Ihr dürft Euch da nicht einmischen! Bitte bleibt hier.“

Hinter den Wolken, am Ende des Horizonts drangen die ersten goldenen Lichtstrahlen hervor und färbten den Himmel in ein morgendliches Rot.
Tenzen verließ wortlos das Zimmer und warf Nenki einen gehässigen Blick zu, als dieser plötzlich vor ihm stand.
„Oh, immer noch hier, Nenki? Ich dachte, du seiest bereits mit Hotarubi auf dem Weg.“
„Was hast du getan, Tenzen!?“
Tenzen lächelte nur süffisant. „Ihr eine kleine Lektion erteilt. Mehr nicht.“
Dann schritt er an Nenki vorbei, der wütend knurrte.

Nachdem Tenzen außer Sicht war ging Nenki zur Tür und klopfte. Doch niemand antwortete, also öffnete er die Schiebetür einfach und betrat den Raum.
Dort sah er sie dann. In der hintersten Ecke des Raumes. Ein zusammengekauertes, wie Espenlaub zitterndes, die Arme um ihren nackten Körper geschlungen und Rotz und Wasser heulendes Etwas, namens Hinoko.
Erst als Nenki die Tür hinter sich schloss, verstummte sie und sah zu ihm.
Nenki spürte, wie pure Wut in ihm aufstieg.
Wie konnte Tenzen es nur wagen, so etwas seiner eigenen Ziehtochter anzutun?
Nenki ging langsam zu ihr und ging vor ihr in die Hocke. „Hinoko...“
Hinoko sah Nenki immer noch stumm an. Doch dann flüsterte sie: „Töte mich... bitte...“
Nenki sah sie traurig an. Der Anblick Hinokos schmerzte ihn.
„Das kann ich nicht tun. Selbst wenn ich es wöllte, aber ich will es auch nicht. Dafür bist du mir zu wichtig und Koshirou will ich das auch nicht antun...“, sagte er leise.
Doch seine Worte gingen in einem erneuten Weinkrampf Hinokos unter.
„Koshirou wird mich hassen! Es hat alles keinen Sinn mehr! Ich bin wertlos!“
Nenki ertrug es nicht länger.
Er nahm Hinoko in den Arm.  Diese wehrte sich nicht einmal.
„Hinoko. Koshirou würde dich niemals hassen. Dazu liebt er dich zu sehr.“, sagte er. „Du bist nicht wertlos. Für niemanden. Ach Hinoko...“
Hinoko weinte noch mehr.
Nenki strich ihr behutsam durchs Haar und sah sie erneut an.
Er kannte Hinoko schon sehr, sehr lange. Schon seit sie ein kleines Baby war. Er war ein guter Freund ihrer Eltern gewesen und war gleich nach ihnen der erste gewesen, der Klein-Hinoko auf dem Arm halten durfte. Und was hätte er nicht dafür gegeben Hinoko nach dem Tod ihrer Eltern großzuziehen, anstatt das Tenzen es getan hatte.  

Jetzt, wo sie allein waren, ließ Hinoko sämtliche Höflichkeit fallen.
„Nenki...“, schluchzte sie nur. „Nenki, du...“
Vor den anderen redete sie ihn immer mit „Nenki-dono“, an. Selbst vor Koshirou. Der Form halber, weil er älter war und weil die anderen, bis auf Tenzen, Jingorou und Rousai nicht wirklich wussten, wie eng das Band der Freundschaft wirklich zwischen ihnen war.
„Was soll ich nur tun? Ich k-kann Koshirou nie mehr so begegnen wie früher. Ich...“
Wieder kullerten Tränen herab.
Nur zögerlich erwiderte sie Nenkis Umarmung und drückte ihren Kopf in sein Oberteil.
„Hinoko... Das, was Tenzen da getan hat; kann und will ich weder gut heißen, noch akzeptieren.“, sagte Nenki. „Aber leider kann ich es auch nicht ungeschehen machen. Alles, was ich kann ist, dir zu sagen, dass Koshirou weiterhin an deiner Seite sein wird und du stark sein musst. Sehr stark...“

Er sah Hinoko lange an und lächelte leicht traurig. „Du hast die Augen deiner Mutter. Yaes Augen...“
„Nenki...?“
Nenki schüttelte den Kopf. „Es gibt da etwas, was ich dir schon sehr, sehr lange sagen wollte, Hinoko.“
Hinoko, die nun neugierig geworden war, vergaß für einen Moment ihre Sorgen und sah Nenki schief an.
„Was denn?“
„Ich hatte mal eine Schwester und diese hatte eine Tochter...“
Hinoko sah Nenki nun noch verwirrter an.
„Der Name, der Tochter war Yae....“
Hinokos Augen wurden groß.
„Yae... , doch nicht?“
Nenki nickte. „Yae war meine Nichte. Ich bin dein Großonkel. Wir sind verwandt, du und ich.“
Hinoko traf fast der Schlag.
Wie viele schockierende Nachrichten, hatte sie in den vergangen zwei Tagen bereits erfahren müssen.
Aber das war die erste, die sie positiv schockte.
„Du... Du bist....“, stammelte sie.
„Dein Großonkel, ja.“
Hinokos Augen schwammen wieder und sie warf sich Nenki nun an den Hals.
„Warum hast du mir das nicht früher gesagt!? All die Jahre dachte ich, ich sei alleine und hätte kein einziges Familienmitglied mehr!“, heulte sie los. „Die ganze Zeit... die ganze Zeit warst du da und hast mir nichts gesagt.“
„Weil ich das nicht vor Tenzen tun wollte und weil die Gelegenheiten meistens ungünstig waren... Verzeih“, sagte Nenki und strich Hinoko erneut durchs Haar. „Meine Kleine...“

Während Hinoko sich bei Nenki ausheulte, sagte dieser: „Tenzen hat mit deiner Mutter mal das gleiche gemacht, wie mit dir jetzt. Ich weiß nicht genau, das war kurz bevor sie Kyôjirou geheiratet hat. Da müsste sie schon mit dir schwanger gewesen sein. Sie hat es deinem Vater natürlich nie erzählt. Zuviel Angst vor Tenzen...“
Er seufzte schwer. „Ich hätte ihn am liebsten umgebracht!“
Hinoko konnte kaum glauben, was Nenki das sagte.
All die Jahre hatte sie Tenzen vertraut, ihn wie einen Vater verehrt, bewundert und geliebt. Doch nun war alles Vertrauen dahin. Ihr ganzes Bild von dem Mann, der sie großgezogen hatte, war in tausend Teile zersprungen. Nichts von dem, was sie für ihn empfunden hatte, war mehr übrig, nachdem er sich so grausam an ihr vergriffen hatte und sie nun wusste, dass er es sogar bei ihrer Mutter getan hatte.
Sie gab es nicht zu, aber sie hasste ihn. Innerlich hasste sie Tenzen, mit jeder Faser ihres Körpers.
Dieses Scheusal war an allem schuld.

Eine ganze Weile saßen sie nur da, bis Nenki langsam aufstand und Hinoko ihre Sachen zuschob.
„Du solltest dich anziehen, bevor du krank wirst...“, sagte er zu ihr und wandte ihr den Rücken zu.
Hinoko sah auf ihren Kimono. Ein Schauder durchfuhr sie, doch sie zog sich langsam wieder an.
„Es ist nun Zeit für mich, zu gehen.“, sagte Nenki.
Hinoko stand mit zittrigen Beinen nun auch auf, konnte sich aber kaum halten.
Ihr Unterleib schmerzte fürchterlich. Nenki, der bemerkte, wie Hinoko wankte, drehte sich zu ihr um und hielt sie an den Schultern fest.
„Alles in Ordnung?“, fragte Nenki, obwohl er wusste, dass überhaupt nichts in Ordnung war.
Hinoko nickte nur leicht und umarmte Nenki noch einmal.
Dann schluchzte sie wieder.
„Ich dachte, du wärest schon fort! Tenzen-sama...“; In ihr zog sich alles krampfartig zusammen, als sie an ihn dachte, „, sagte, du wärest schon mit Hotarubi vorgegangen  und...“
Nenki sah sie an. „In der Tat. Eigentlich sollten wir schon längst unterwegs sein... Aber als ich dich hab Schreien hören... da konnte ich nicht... Ich musste zu dir... Außerdem wollte ich mich eh von dir verabschieden, bevor ich gehe.“
Hinoko nickte langsam und schluckte. „Verstehe...“
Dann sah sie Nenki an. In ihren Wimpern hingen glitzernde Tränen.
„Bitte passt auf euch auf. Du und Hotarubi. Ich mache mir Sorgen.“
Zu ihrer Überraschung lächelte Nenki sie an und tätschelte ihren schwarzen Haarschopf.  
„Wir werden uns wiedersehen. Wir schauen nur, wo Gennousuke und die anderen sich zurzeit aufhalten und dann treffen wir wieder auf euch.“
„Hoffentlich...“, seufzte Hinoko.
„Ich verspreche es dir. Mir wird nichts geschehen. Sei unbesorgt, meine Kleine...“
Hinoko nickte wieder, doch schluchzte weiter. „Koshirou hat das auch gesagt und nun...“
Sie trat von Nenki zurück und wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen.
„Es wird nichts passieren. Das schwöre ich dir. Bei meiner Ehre als Ninja.“
Noch einmal tätschelte er ihren Kopf und lächelte sie an. „Gib nicht auf.“, sagte er zu ihr. „Iga hat den Sieg so gut wie in der Tasche. Es ist nur noch eine Frage der Zeit.“
Er winkte ihr zum Abschied und wollte gehen, doch Hinoko lief ihm wackelig hinterher und umarmte ihn noch mal.
„Verzeih...“, sagte sie.

Dann ging die Schiebetür auf und Hotarubi trat herein. „Nenki-dono! Wir müssen los, sonst holen wir die Kouga nie mehr ein!“, rief sie und erstarrte.
Hinoko schreckte auf und starrte Hotarubi an, die ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, sodass man ihre pinkfarbenen Ohrringe sehen konnte (Ein Geschenk Yashamarus) und ihren Kimono gegen einen, für Ninja typischen, violetten Spionageanzug ausgetauscht hatte.
„N-Nenki-dono? W-Was hat das zu bedeuten?“, fragte sie verwirrt.
„Nicht das, was du denkst. Ich wollte mich nur von Hinoko verabschieden.“, leitete dieser ein.
Hotarubi starrte ihn weiter verwirrt aus ihren amethystfarbenen Augen an.
„Wir sehen uns wieder, Hinoko.“, sagte Nenki hastig, drückte Hinoko noch einmal kurz und verließ dann mit Hotarubi den Raum.

„Seit wann seid ihr so vertraut miteinander?“, fragte Hotarubi Nenki noch einmal, als sie draußen waren und langsam zu den Toren Igas gingen.
Nenki lachte leicht. „Oh, Hotarubi. Das ist eine lange Geschichte...“
So gingen sie langsam dem Sonnenaufgang entgegen. Nenki sah nur kurz zurück zu dem Haus. Draußen stand Hinoko, an einen Holzbalken gelehnt und sah ihm nach.
Beide wussten nicht, dass dies das letzte mal war, dass sie sich sahen. Das diese Momente, die letzten gewesen waren, die sie miteinander verbracht hatten...

Als Nenki weg war, ging Hinoko in ihr Zimmer zurück. Sie wollte zu Koshirou, doch sie traute sich nicht.
Sie ließ sich an der Wand gelehnt auf den Holzboden sinken.
Alles tat weh. Ihr Kopf, ihr Körper, aber am allermeisten ihr Herz. Es schmerzte so sehr, dass sie am liebsten laut geschrieen hätte.  
Eine eisige Kälte durchzog ihren Körper und sie zog ihre Beine nahe an sich und umschlang diese mit ihren Armen. Den Kopf dabei im Schoß begraben, fing sie wieder an zu weinen.
Schlaf fand sie keinen mehr. Sie weinte und weinte stundenlang. So kam es ihr zumindest vor.
Bis Akeginu in ihr Zimmer kam und ihr sagte, dass alles vorbereitet war und sie aufbrechen würden.
Zu einer Reise mit einer ungewissen Zukunft und einem ebenso ungewissen Ende...

Vorschau:

Die Reise beginnt.
Die strahlende Frühlingssonne ist trügerisch.
Hochmut wird zum Verhängnis
Sie kann erdrückend sein und wird zur tödlichen Falle für den,
der seine Gegner unterschätzt
Eine traurige Flötenmelodie erklingt in der Einsamkeit
Eine Schlange windet sich durch die Nacht und greift an.
Dunkelheit umhüllt den jungen Clanführer
Wo endet die Wahrheit und wo beginnt die Lüge?
Das nächste Mal bei Basilisk:
Die Strafe des Hochmuts
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