Das Rasthaus
von knightley
Kurzbeschreibung
Ein weißes Kleid, das Geld ihres verstorbenen Vaters im Hut und ein Pferd - mehr braucht Susan nicht, um mit ihrem heimlichen Verlobten durchzubrennen. Doch als ihr Plan misslingt, ist sie plötzlich auf sich allein gestellt, wäre da nicht Roland, der missmutige, verschlossene Revolvermann... [Stephen King, Der Dunkle Turm] Die Geschichte von Roland Deschain und seiner einzig wahren Liebe Susan Delgado anders erzählt, mit vielen Unterschieden, doch auch vielen Gemeinsamkeiten. (Gewalt, explizite Szenen, bitte Altersvorgabe beachten! Danke.)
GeschichteLiebesgeschichte / P18 / Gen
15.08.2010
15.08.2010
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1.297
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15.08.2010
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Das Rasthaus
Autor: knightley
Rating: P18
Genre: Western/ Romance
Alle Personen, Orte und Handlungen aus Stephen Kings „Dunkler Turm- Zyklus“ gehören ihm. Meine Personen, Orte und Handlungen gehören mir. Danke- sai.
“Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm.“
Stephen King, Schwarz
I.
Das alte Rasthaus lag mehrere Meilen außerhalb von Topeka an einer inzwischen verlassenen Handelsstraße. Genau wie alle Rasthäuser, Saloons und Puffs in dem Teil Amerikas, den die Ostküstler verträumt den „Wilden Westen“ nannten, hatte es im Erdgeschoss eine schmuddelige Wirtsstube gegeben; im Obergeschoss lebten Ratten und Waschbären friedlich zusammen in den fünf kleinen Zimmern. Ihre Spuren im Staub waren die einzigen Lebenszeichen der verfallenen Ruine, bis Susan Delgado die Abdrücke ihrer spitzen Stiefel dazwischen setzte.
Sie war um Mitternacht in Topeka los geritten, um pünktlich zum Morgengrauen das alte Rasthaus, ihren Treffpunkt, zu erreichen. Geduldig und mehr vor Erregung als vor Angst zitternd hatte sie drei Stunden draußen vor dem Haus gekauert (denn die Gegenwart ihres Pferdes beruhigte sie ein wenig); als sich der Himmel im Osten zart rosa verfärbte, öffnete sie die quietschende Tür und trat ein. Dreck und Spinnweben empfingen sie. Voller Ekel stieß Susan einen Rattenkadaver zur Seite und stieg die knarrende Treppe hinauf in eines der Zimmer, um sich in dem fast blinden Spiegel zu betrachten.
Drei Stunden später sie noch immer in der Kammer gegenüber der Treppe. Ihr erfreut- gespannter Gesichtsausdruck war purem Zorn gewichen. Susan Delgado trat von einem Fuß auf den anderen und ballte abwechselnd die Fäuste.
„Der blöde Scheißkerl hat mich versetzt!“, flüsterte sie ihrem Spiegelbild mit zusammengekniffenen Lippen zu. „Er hat mich versetzt!“
„Scheiße!“, schrie sie plötzlich auf und schlug mit der Faust gegen den Spiegel, dorthin, wo ihr Gesicht gewesen war. Das Glas zersprang in kleine Scherben, purpurrot gefärbt von ihrem Blut. Sie wischte die Hand am Rock ihres Kleides ab.
Cesare Bandiera, ihr Freund, Verlobter, SEELENVERWANDTER... er hatte sie versetzt. Nachdem er wochenlang vom gemeinsamen Durchbrennen gesprochen hatte, er hatte alles geplant, die Zeit, den Ort – nun stand sie hier in einem weißen Kleid unter ihrem langen Reitmantel, den Satteltaschen voller Kleidung und anderen Kram, das gesamte Geld ihres verstorbenen Vaters, eines Zahnarztes, in ihren braunen Hut eingenäht, während draußen die Sonne ihrem Höchststand zuwanderte. Er hatte sie versetzt, er hatte sie verarscht...
„Susan?“ Zögernd, sehnsuchtsvoll. Cesares Stimme.
Ihr Herz machte einen Satz. Susan öffnete den Mund, um zu antworten. Doch sie schloss ihn wieder.
„Lass ihn warten“, flüsterte eine kleine Stimme in ihrem Kopf. „Lass den Mistkerl warten. Er hat dich warten lassen, nun lass du ihn ein wenig schmoren.“
„Susan?“
Ihre trotzig verschränkten Arme und ihr Herz verkrampften sich. Sie holte tief Luft und machte einen Schritt auf die Tür zu.
„Wo ist das Weib?“, fragte eine tiefe Stimme. Susan verharrte in der Bewegung, mit weit aufgerissenen Augen. Wer auch immer da sprach, es war nicht ihr Cesare.
„Ja, wo ist sie?“, echote eine keifende weibliche Stimme.
„Halt dein Maul!“, blaffte der Erste, und man hörte das Rascheln eines Kleides und das Knarren von Leder, akustische Entsprechung einer kleinen Rangelei. Cesare hob seine helle, klare Stimme, die Susans Herz zum Flattern brachte.
„Sie muss hier sein. Wir haben das alte Rasthaus als Treffpunkt vereinbart. Und sie liebt mich“, er lachte höhnisch auf.
„Wenn sie dein Geld nicht hat, dann...“
„Sie wird das Geld haben. Immerhin wollten wir zusammen durchbrennen.“
„Dann lass uns das Gör suchen.“
Susan zuckte von der Tür zurück und sah sich hektisch im Raum um. Auch wenn sie nicht verstand, was genau dort unten zwischen Cesare, der keifenden Frau und dem bedrohlich klingenden Mann vorging, das Gerede über das Geld ihres Vaters gefiel ihr nicht. Leise schlich sie zum Fenster und öffnete lautlos die staubblinden Scheiben. Auch wenn sie sich im ersten Stock befand, fürchtete sie die Höhe nicht. Den Mantel zog sie auf und ließ ihn lautlos zu Boden gleiten; dann drückte sie ihren Hut tiefer in die Stirn und kletterte aus dem Fenster.
Susan erwachte am nächsten Morgen steif vor Kälte und mit wild knurrendem Magen. Sie war den ganzen Tag und die halbe Nacht gelaufen (denn sie hatte vor dem Rasthaus nicht gewagt, ihr Pferd mit sich zu nehmen, und bereute es bitterlich), nun war sie müde, verängstigt und schlecht gelaunt. Zudem stank sie wie ein Iltis. Ein Bad im nahen Fluss schien am besten geeignet, ihre Laune zu heben.
Nur mit dem Hut, der ihr gesamtes Vermögen enthielt, stieg sie die seichte Böschung hinab und streckte den nackten Fuß ins eiskalte Wasser. Kurz blieb ihr die Luft weg, dann tauchte sie vollständig ein und schwamm leise plätschernd vor sich hin.
„Schwimmt der Hut?“, ertönte eine heisere Stimme vom Ufer hinter ihr. Das Mädchen fuhr herum und erblickte einen Mann auf einem Pferd, der seinen Hut vom Kopf gezogen hatte und sie verlegen anlächelte.
Roland hatte lange mit sich gerungen, ob er das Mädchen, das nur mit einem Hut gekleidet leise singend im Fluss trieb, ansprechen sollte. Im Allgemeinen gab er nicht viel auf die Gesellschaft anderer Menschen, und dieses Exemplar hier war entweder herausragend gelassen oder überragend dumm, schwamm sie doch seelenruhig im kalten Wasser, während mindestens vier schwer bewaffnete und sehr wütende Leute nach ihr suchten. Eigentlich war sie ihm egal, aber er war so erzogen worden, Damen in Not zu helfen. Noch war Susan nicht in Not, aber eine Zwangslage war abzusehen.
„Schwimmt der Hut?“, fragte er und ärgerte sich über seine immer heisere Stimme. Mit seiner schmerzenden Rechten zog er den seinen vom Kopf. Die Nixe fuhr herum und starrte ihn an. Dann riss sie den Hut vom Kopf, brachte dabei ihre Frisur in Unordnung und versuchte mit ihm und ihren Händen, sich zu bedecken. Roland errötete leicht und ärgerte sich darüber maßlos.
Susan lachte auf.
„Ob er schwimmt, weiß ich nicht, aber er hält mich über Wasser.“ Ihre Stimme spiegelte kaum den Schrecken wieder, den sie bekommen hatte, als sie Roland am Flussufer erblickt hatte. Seine hagere Gestalt auf dem dunklen Pferd, die langen dünnen Arme und Beine und vor allem die beiden Revolver, die er an den Hüften trug, verliehen ihm eine merkwürdige Autorität. Die Geste, mit der er seinen Hut in die von dunkelblonden Strähnen Stirn drückte, strahlte Ruhe und Überlegenheit aus. Sie setzte wiederum den ihren ebenfalls auf ihre langen Locken.
„Wie kommt ihr eigentlich dazu, eine Dame beim Baden zu stören?“, sie watete auf das Ufer und ihre Kleider zu. „Und wer seid ihr eigentlich?“
„Es tut mir leid, Miss.“ Sie suchte in seinem Gesicht nach einem Anflug von Ironie, fand jedoch nur die Aufrichtigkeit eines Menschen, dem der Respekt von frühester Kindheit an mit dem Stock eingeprügelt worden war. Susan bereute ihre Bissigkeit sofort.
„Mein Name ist Roland Deschain, Miss. Ich reise über Land, und ich dachte, es könnte euch interessieren, dass euch drei Männer und eine Frau folgen, alle vier schwer bewaffnet und euch sicher nicht allzu wohl gesonnen.“
Susan fuhr wie vom Blitz getroffen zusammen.
„Sie folgen mir?“, keuchte sie. Roland nickte langsam und ließ sie dabei nicht aus den Augen. Zitternd zog Susan ihr Kleid zu Ende an, dann stemmte sie die Hände in die Hüften. Wut gegen den Fremden, der sie beim Baden überrascht hatte, keimte in ihr auf.
„Woher will ich wissen, dass du nicht zu ihnen gehörst? Bisher habe ich nicht als einen fremden Namen. Noch nicht einmal dein Gesicht habe ich gesehen. Wärst du ein Mann wahrer Familie und Ehre, würdest du mir nicht Auge in Auge gegenübertreten?“
Sie wandte sich ab und schlüpfte in ihre Stiefel. Roland stöhnte lautlos auf und schwang sich aus dem Sattel, wobei er die Zähne vor Schmerzen zusammen kneifen musste. Wäre er doch nur einfach vorbei geritten... danke, Regeln und Traditionen. Ich danke euch für viel Ärger.
Er zog seinen Hut abermals vom Kopf.