120 Leben, 120 Geschichten, 120 Welten, Mythen und Legenden,...
von eLa Dani
Kurzbeschreibung
120 Schlagwörter sind uns zu Eigen gegeben, daraus zu schmieden und mit unserem Worte zu schaffen was unserem Kopfe dazu entsprünge. Lasst euch sagen, das Wort eines jeden unsere Gruppe soll ein anderes sein, viele Cyber-Federn werden schon übers Cyberspace- Blatt geführt, viele mögen sicher noch folgen. Wieviel wer, da wird schaffen, das wissen nur die Sterne und die Wächter der Zeit zu sagen, jenen die es wert, jene die wissen und die es in Sternen und dem Zeitfluss zu lesen verstehen. In diesem Sinne, viel Spaß!
GeschichteMystery / P18 / MaleSlash
14.06.2010
31.03.2021
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14.06.2010
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7. Family – Familie (46)
„MAMIIII!“
Kevin seufzte, mühsam quälte er sich auf und setzte sich in Bewegung, doch als er im Kinderzimmer ankam standen die beiden älteren bereits vor dem Reisebettchen von Karyn- Noemi. Er gähnte und schaltete das Licht ein, wenn sie sowie so wieder alle wach waren, machte das nun auch keinen Unterschied mehr. Er hob das kleine Mädchen aus seinem Bettchen und setzte sich mit ihm auf das Gästebett, das sich Savannah diese Nacht scheinbar wieder mit Daniel geteilt hatte. Er drückte seine jüngste fest an sich und versuchte sie zu beruhigen, ehe auch alle anderen wach waren, aber er ahnte bereits das auch die vier Camdens die Kleine längst gehört hatten.
Savannah vor ihm griff die Hand ihres Bruders und kam mit Daniel zu ihm. Langsam streckte die sechsjährige ihre Hand nach Noemi aus und strich dem Kleinkind übers Köpfchen. „Daddy ist da. Und…ich bin da. Und Danny.“ Traurig und mit viel zu ernstem Gesicht blickte seine älteste ihn an. Er sah rasch zurück auf die Kleinste und wiegte sie zurück in den Schlaf. Eine halbe Stunde später legte er die zweijährige zurück in ihr Bettchen und nahm die zwei anderen mit hinaus, wobei er den vierjährigen auf den Arm nahm. Zurück in seinem Zimmer setzte er sich und winkte auch Savannah zu sich. „Ich…ich muss mit euch reden.“
„Tomt Mama wiedar?“
Kevin starrte den Jungen an und schloss die Augen. Savannahs Hand legte sich auf seinen Arm und die kleinen Finger bohrten sich in seine Haut. „Sie…sie kommt nicht wieder, richtig?“
Erschrocken sah er Savannah an. Ihre Lippen bebten, ihre großen, blauen Augen, Lucys Augen glitzerten und doch schaffte es das Kind ihn anzusehen. „Sie kommt nicht mehr,“ wiederholte Savannah fest und sah fragend auf. Kevin wollte ihr antworten aber er konnte nicht, er zog das Mädchen zu sich und nickte.
**~*~**
„Sie vermissen Lucy so sehr.“
Er nickte.
„Ich…ich…“ Annie brach ab. Eric nahm seine Frau in die Arme und nickte. „Ja, ich…weiß schon, Eltern sollten ihr Kind nicht…“
„Nein! Sprich es nicht aus, bitte. Es…nein.“
„Annie, es lässt sich nicht ändern, morgen….“
„Ich weiß,“ Annie schluchzte auf, „ich…kann es nicht verdrängen, nur ich…ich will es nicht…“
„Annie, wir müssen stark sein. Für Lucy, für ihre Kinder, die drei sind noch so klein und…Kevin.“
„Es ist einfach so unglaublich grausam. Warum Eric, warum unsere Tochter? Warum Lucy, sie hat nie jemandem etwas getan, sie war immer so…“
Sie fiel ihm in die Arme und beide schwiegen. Sie schluchzte, er weinte stumm.
***~*~***
Matt lag neben Sarah und fand auch jetzt nach Stunden noch keinen Schlaf. Irgendwann stand er auf und durchstreifte das Haus ihrer Eltern. Er sah in dem Zimmer seiner Kinder nach dem rechten. Alle beide schliefen tief und fest. Er schloss die Tür und sah sich unversehens seinem Schwiegervater gegenüber. „Matt. Wir…wir sollten reden, mmh?“
Matt antwortete nicht und mied den Blick des Rabbi, er wollte jetzt keine Seelsorge, keine tiefgründigen Gespräche, er wollte alleine sein und am liebsten wollte er seine kleine Schwester zurück, welche er früher immer aus allen Klemmen herausgeholfen hatte. Er schüttelte den Kopf. Richard aber nahm ihn an der Schulter und dem Arm, führte ihn hinunter und drückte ihn dort auf das Sofa.
„Ich…ich weiß genau wie du dich jetzt fühlst und…nein bleib sitzen und hör erst zu, zwei Minuten, dann kannst du gehen.“
Matt seufzte und nickte.
„Ich war damals siebzehn Matt, ich hatte noch eine Schwester, Yaddle, sie war dreizehn. Ich war immer ihr Beschützer gewesen und eines Tages…das Auto, es war einfach zu schnell gewesen. Sie lag noch vier Monate im Krankenhaus, ehe meine Eltern sich endlich entschieden und sie gehen ließen.
Ich wollte sie nicht verlieren, ich wollte nicht das sie mich alleine ließ, aber ich wollte auch nicht weiter zu sehen wie sie langsam immer weniger wurde, blasser und ohne wirklich zu leben.
Matt, willst du ihr das wirklich antun?“
„Nein, aber…sie ist….“
„Deine Schwester und sie bleibt es auch. Trauer um sie, weine, schreie um sie wenn es dir hilft, oder rede mit jemandem, du hast deine Familie und…“
„Du hast uns beide,“ Rosina kam näher und legte ihm von hinten die Hände auf die Schultern. „aber vergiss nicht, mehr noch als du werden ihre Kinder leiden. Vor allem Noemi, sie ist noch so klein und Luca, er wird seine wunderbare Mutter niemals kennen lernen.“
Matt sah auf, erst zu Richard, dann zu Rosina und nickte.
Richard warf seiner Frau einen Blick zu, die deutete nach oben und er verließ den Raum, ging hinauf seine Tochter wecken.
Rosina aber blieb bei ihrem Schwiegersohn und trat nun um ihn herum. „Matt, ich weiß alles was ich sagen könnte, kann deine Trauer, oder die deiner Familie nicht mindern, aber…wenn du reden willst, du weißt wo wir sind.“
Er nickte und Rosina entdeckte ihre Tochter. Sie drückte noch einmal Matts Hand und stand auf.
Sarah fand ihren Mann wie ein Häuflein elend vor ihrer Mutter sitzen und setzte sich rasch neben ihn. Stumm legte sie ihre Hände um ihn und zog ihn zu sich. „Ich bin da Schatz, ich bin da.“
**~*~**
„John, jetzt komm endlich ins Bett, es ist spät, unser Flug morgen ist früh.“
Sie wusste mangelnder Schlaf und die Zeit des Fluges waren im Moment sicher nichts was ihn interessierte und sie verstand ihn zu gut. Von allen Camden- Kindern hatten sie vor allem zu der sensiblen Lucy, der sanftmütigsten von Erics Kindern immer ein besonderes Verhältnis gehabt. Das ihnen nun ausgerechnet dieser erfrischende Sturrkopf und hilfsbereiter Engel genommen worden sein sollte, das wollten sie einfach nicht wahrhaben.
Der Colonel sah zu ihr, nickte stumm und trat mit hängendem Kopf an ihr vorbei zur Treppe. Ruth sah ihm besorgt nach und folgte ihm rasch.
„Ich…ich habe ihn noch nie so gesehen.“
„Das glaube ich dir, aber ich kenne diesen Blick und ich muss dir sagen, gewöhne dich daran, es wird eine Weile anhalten.“
„Dein Vater?“
Sie nickte. Georg seufzte.
„Ist noch was,“ fragte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
„Ich zweifle nur im Moment wirklich daran, das es so jemanden wie Gott gibt, ich meine…Lucy! Sie hat nie auch nur einer Fliege etwas zu Leide getan. Lucy hat immer allen geholfen, selbst als sie am Boden zerstört war, nach der Fehlgeburt mit den Zwillingen.“
„Ich wünschte ich hätte sie diesen Sommer kennen gelernt, ich wette wir hätten uns gut verstanden.“
„Vermutlich,“ Georg wischte sich übers Gesicht und sie sah demonstrativ weg. „Komm, deine Mutter hat Recht, wir sollten zumindest versuchen zu schlafen.“
***~*~***
Die Beerdigung fand auf Kevins Wunsch und um Rücksicht auf Lucys noch sehr kleine Kinder nur im Kreise der Familie statt. Es wurde sehr viel geweint und vor allem die Kleinsten konnten nicht wirklich verstehen was eigentlich los war.
Kevin blieb am Ende noch einen Moment alleine am Grab zurück und ging in die Knie. Er wusste seine Kleinen waren bei den Großeltern und nun konnte er den Tränen freien Lauf lassen. Eine Hand auf seiner Schulter ließ ihn aufsehen. Ben.
„Komm, du holst dir bei diesem Wetter noch de…eine schlimme Grippe.“
Kevin nickte, stand aber nur zögernd und sehr langsam auf. „Was soll ich nur ohne Lucy…“
„Dich um eure Kinder kümmern. Kevin, du bist ein hervorragender Vater, erziehe sie zu gewissenhaften Erwachsenen und lass sie ihre Mum nicht vergessen.“
Ben nahm seinen Bruder in die Arme und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich bin da wenn du mich brauchst. Ich komme dann sofort.“
Kevin sah ihm dankbar entgegen schüttelte aber den Kopf. „Du und Patricia habt bald selber ein Baby, da kannst du nicht…“
„Ich kann und ich werde wenn du mich brauchst, hörst du? Mum ist in Europa und Patty hat ihre ganze Familie in Buffalo. Sie ist dort nicht allein. Also, wenn ich bleiben soll, dann bleibe ich.“
Kevin nickte. „Wir sollten gehen, es wird mehr.“
Schnell rannten die zwei ungleichen Brüder hinüber zu den wartenden Autos, sie schafften es gerade noch rechtzeitig ehe der starke Regen in einen kräftigen Platzregen überging.
Am Abend stand Kevin alleine auf der Veranda seines und Lucys ersten Hauses und sah hinüber zum großen Nebengebäude. Er schloss die Augen und überlegte erneut, ob es wirklich die richtige Entscheidung gewesen war, mit den Kleinen nach Glanok zurückzukehren.
***~*~***
Sandy schloss müde die Augen und rieb sich die Seiten. Na das wird ja heiter, wenn es diesesmal schon jetzt anfängt, oh Simon, ich werde dich….
„Sandy?“
Überrascht schaute sie auf und entdeckte im Aufgang zum Apartment nicht nur einen, sondern gleich beide Zwillingsbrüder ihres Mannes. „David, Sam, kommt her, was habt ihr denn?“
„Wir…wir müssen dich etwas wichtiges fragen.“
„Naja, eigentlich wollen wir eher deine Meinung dazu wissen.“
„Wozu denn Jungs?“
„Na, wir…haben uns da was überlegt,“ David sah hinüber zu Sam, der nickte. „Nun, du und Simon, ihr wollt doch jetzt auch hier bleiben, aber habt noch keine Wohnung, richtig?“
Sie nickte. „Und hier ist es auch viel zu klein für euch vier.“
Sandy stand auf und stemmte sich die Hände in die Hüften. „Sagt mal Jungs, was seit ihr da am aushecken? Ich glaube…ihr macht mir da etwas Angst. Ich denke…ich hole mal euren Bruder rauf.“
„Nein!“ Sam vertrat ihr den Weg.
„Bitte, Sandy erst zu hören.“
Sie legte den Kopf schief und seufzte. „Also gut, aber ich warne euch, es sollte nichts verbotenes und nichts sein, womit ihr euch, oder mir Ärger bereiten könntet.“
„Ist es nicht, versprochen.“
„Versprochen.“
Sie nickte geschlagen und setzte sich wieder. „Also gut. Ich höre.“
„Na, wir haben uns gedacht, Mum, Dad und wir, wir sind doch nur noch zu viert, du, Simon und die Kleinen auch, bald fünf und mit Matt und Lucys Kleinen…“
„Sieben Kinder, wie wir früher und naja drei Erwachsene, aber ihr hättet doch bei uns viel mehr Platz und Kevin wäre nicht so alleine und ihr könntet zusammen jemanden für die Kinder bezahlen, richtig? Das wäre doch…“
„Mo-oment mal!“ Unterbrach sie die Zwillinge und schaute perplex von einem zum anderen. „Ihr wollt das wir, Simon und ich mit Kevin und den Kindern zusammen in Euer Haus ziehen, aber das geht doch nicht. Das Haus gehört euren Eltern und euch. Außerdem, wo wollt ihr vier dann wohnen? Mmmh?“
„Wir gehen doch im nächsten Jahr aufs College.“
„Und?“ Fragte sie.
„Wir haben schon gut Geld gespart,“ erklärte Sam ruhig und David nickte, als er fort fuhr. „Wir wollen auf den Campus ziehen, wir haben uns schon für eine Wohnung beworben, wir denken…Mum und Dad sollten wieder Zeit für sich haben. Und für zwei alleine…“
„…da ist das große Haus doch viel zu viel Arbeit, oder?“
Sandy lehnte sich im Sofa zurück und starrte die fünfzehnjährigen sprachlos an. Selbst wenn die Rechnung der beiden aufging und ihr derzeitiges Englandjahr, ihnen wie Ruthie einst ein verkürztes letztes HighSchool Jahr bescherte, so war sie sich nicht ganz sicher, ob sich die beiden der Tragweite ihrer Entscheidung auszuziehen bewusst war. Wobei ihre Überlegung an sich nicht so dumm war. Sie und Simon hatten die letzten Tage viel darüber gesprochen, das sie in der Nähe seines Elternhauses sein wollten um Kevin zu helfen, sollte es nötig sein. Sie seufzte.
„Was denkst du?“
„Ich denke das ich darüber nachdenken und mit Simon reden muss und…das die anderen mit entscheiden müssten.“
„Was musst du mit mir bereden?“
Sandy schaute auf und seufzte. „Jungs, ihr solltet gehen. Matt, du auch.“
Der älteste Camden nickte und folgte seinen jüngsten Geschwistern hinunter. Sandy wartete bis sich die Tür unten schloss, dann erzählte sie ihrem Mann von dem Gespräch mit seinen Brüdern. Simon brachte tatsächlich ein überraschtes Lächeln zustande und schüttelte den Kopf. „Man, ich wusste die zwei sind Ruthie ähnlich, aber das…,“ er zögerte, „Was denkst du?“
„Ich denke der Gedanke, die Idee an sich ist gut, aber Simon, wir können sie nicht aus ihrem eigenen Haus vertrei…“
„Würdet ihr nicht, wir würden freiwillig gehen. Sam und David haben uns von eurem Gespräch erzählt und…naja Eric und ich denken, es wäre sinnvoller als würden wir ihm anbieten zu uns zu kommen wenn er Hilfe braucht, oder bei uns einzuziehen. Immerhin…wir sind Lucys Eltern.“
„Ja, aber Simon ist ihr Bruder.“
Annie nickte und verließ, gefolgt von Eric die Treppe. „Ja, aber es wäre dennoch anders, ich denke nicht das es auf Dauer gut ginge, wir und er unter einem Dach, aber ich glaube auch nicht, das es für Kevin gut wäre Kinder und Beruf plötzlich ganz alleine unter einem Hut bringen zu müssen. Das…das ist schon mit fast erwachsenen Kindern ganz schön schwer.“
Simon fasste ihre Hand und Sandy sah ihn an. „Denkst du auch wir sollten es versuchen?“
Simon nickte. „Ich gehe zu ihm rüber.“
11 Monate später
„Anna! Aaron! Daniel! Kommt runter! Oder ihr kommt zu spät in die Schule!“
Sandy griff ihre Tasche und wartete am Thresen auf die drei Kinder. Der jüngste war der erste und sah sie tadelnd an. „Aber ich geh doch gar nicht in die Schule.“
Sie lächelte reichte ihm seinen Lunchbeutel und deutete eine Verbeugung an. „Natürlich, du hast ja Recht, Vorschule.“
„Genau!“
Sie fuhr ihrem Neffen durchs Haar und schüttelte den Kopf, während er zur Hintertür ging und dort wartete. Sandy warf einen weiteren Blick auf die Uhr. „SAVA…“ sie brach ihren Ruf ab, als die siebenjährige aus dem Eßzimmer kam, sich ihre Brottüte schnappte und mit einem raschen Tschuldigung zu ihrem Bruder an die Tür trat. Sie öffnete und nahm Daniel an die Hand. „Komm, wir gehen schon zum Auto.“
„Warte, die Schlüssel, Süße.“ Sandy warf dem Mädchen die Wagenschlüssel zu und trat zurück an die Treppe. Jetzt reichte es. „AARON BREWER CAMDEN!“
„Na, na, wieso schreist du denn so, am frühen Morgen?“ Simon trat ein, im Arm seine Nichte und deren Teddy, er gähnte.
„Was machst du hier unten, ich denke du liegst im Bett.“
„Mmmh, da war so ein Geschrei, das muss mich wohl geweckt haben,“ neckte er und küsste ihre Wange. Sie schnaubte. „Ich bräuchte nicht zu schreien, wenn dein Sohn mal eine Uhr benutzen würde.“
„Ach, nun ist es wieder meiner? Nicht deiner, oder Martins? Wie nett. Hörst du Noemi, so nett ist die Tante heute morgen wieder zum armen, müden Onkel Simon.“
„Hör nicht auf ihn, Noemi,“ Sandy schüttelte den Kopf und wollte eben schon nach oben und ihren Sohn herunter holen, als dieser angetrieben von seinem Onkel und mit einem Gesicht als habe er etwas angestellt herunter trottete. „Was zum…“
„Ganz ruhig Sandy, wir zwei haben das geklärt. Los Aaron ab jetzt zum Auto.“ Der Junge rannte ohne das Lunchpaket hinaus und seine Eltern hoben fragend den Kopf. Kevin knöpfte sich seine Uniformjacke zu und legte seine Mütze beiseite, setzte sich. „Hey echt entspannt euch, er wollte nur auf Krank spielen und ich habe ihn aus dem Bett gescheucht, er hatte das Thermometer auf der Lampe, 42, 4 Grad. Ich hab ihm gesagt da müsste er aber sicher jeden Moment gar sein und hinunter gejagt.“
Sandy schüttelte genervt den Kopf. „Martin, ich bringe ihn um.“
„Lieber nicht Schatz, ich brauch dich doch noch.“ Simon setzte seine Nichte auf den Schoss ihres Vaters und nahm sie in eine kurze Umarmung. „Ich liebe dich, du schaffst das schon, ich weiß es.“
„Na, wenigstens einer von uns,“ sie hob die Hand und winkte, dann war sie raus.
„Willst du dich wieder hinlegen? Ich komme mit meine Tochter schon zurecht, bis Amber kommt.“
„Danke, aber jetzt bin ich eh wach. Geh ruhig schon und ärgere die Kadetten.“
„Zu Befehl,“ Kevin salutierte mit Tochter auf dem Arm und beide Männer lachten. Simon nahm ihm das Kind wieder ab und er küsste die Kleine nochmal zum Abschied. „Bis heute Abend mein Spatz.“
„Nein! Daddy….ich mit! Ich mit!“
„Oh schau mal Noemi im Garten sind die Hunde, oh, schau mal.“
„Wauwau?“
„Ja, die wau wau sieh mal.“
Es klingelte zehn Minuten später und verwundert setzte er seine Nichte im Laufstall ab und öffnete. „Ähm, ja, kann ich helfen?“
„Wohnen hier die Camden- Kinkirks?
„Nein hier wohnen Familie Camden und Kinkirk und Sie sind?“
„Ähm ja, Tschuldigung, meinte ich. Ich, bin…Holly Simmens, Ambers Schwester. Die Agentur schickt mich, Amber hat sich das Bein gebrochen, gestern Abend.“
„Vorausgesetzt das stimmt, was Sie sagen, haben Sie Erfahrung in der Betreuung von mehreren Kindern?“
„Ja und nein. Ich habe bisher auf maximal vier aufgepasst.“
„Aber Sie wissen, das wir hier zwei mehr haben?“
„Das ist mir bewusst. Ja.“
„Haben Sie auch einen Beruf gelernt?“
„Erzieherin und Krankenpflegerin.“
„Okay, dann willkommen und bitte, Noemi ist im Wohnzimmer.“
***~*~***
Er packte den Arm seines Schwagers und deutete alarmiert zu der ihm Fremden Frau. „Wer zum Teufel ist das?“
„Holly, Ambers Schwester, die Agentur hat sie geschickt, Amber hat sich etwas gebrochen. Sie fällt für mindestens 6 Wochen aus.“
Kevin starrte ihn an. „Und du rufst nicht mal…du hast sie doch wohl nicht mit den Kinder…“
„Nein, sie waren nicht allein. Annie und Eric waren da während ich geschlafen habe. Komm runter, ich kenne die Vereinbarung, weisst du noch?“
„Ja, entschuldige.“
Zwei Tage später hatten sich Holly und die Kinder bestens aneinander gewöhnt, so gut, das Savannah ihn am Abend fragte, warum Holly nicht jetzt immer kommen konnte. Eine Tatsache die ihn in eine Zwickmühle brachte, aber nur, bis er am nächsten Mittag erfuhr, das auch Aaron Holly lieber mochte.
Eine Woche später dann hatte er früher Feierabend, nach bestandener Prüfung und so kam es, das er Holly noch beim Kochen half. Aus dem gemeinsamen Abendbrot mit den fünf Kindern und dem zu Bett bringen, wurde ein noch längerer Abend, als sie sich schließlich auf den Balkon setzten und noch miteinander sprachen.
Es folgten noch mehr solcher Abende und nach einer Weile wurde Kevin klar das ihm diese Abende fehlten, wenn sie noch zur Uni musste, oder ihrer Schwester. Gleichzeitig aber bekam er ein schlechtes Gewissen, weil der Tag, der ihm am meisten Angst gemacht hatte die letzten Monate unaufhörlich näher rückte. Und sie bemerkte es, als er sich statt Abends mit ihr und den anderen die Kinder ins Bett zu bringen, noch raus ging, folgte sie ihm um kurz nach acht Uhr, statt zu fahren.
Er drehte sich um und wollte sie fortschicken, aber Holly war schneller.
„Ich…ich weiß was du denkst, woran. Ihr Todestag kommt näher. Ich…ich weiß wie es ist. Seit bald zwei Jahren. Kevin, du wirst sie nie vergessen und das ist gut so, ihr habt euch geliebt, habt drei wundervolle Kinder, aber…das Leben geht weiter, auch für dich. Hätte sie das nicht gewollt?“
„Was fällt dir…geh!“
„Ich gehe, wenn du es wirklich willst. Ich sage der Agentur sie soll für die nächste Woche einen anderen Ersatz für Amber suchen. Aber…aber eines noch,… Kevin sei dir sicher, mach nicht den gleichen Fehler wie ich damals.“
Er hörte das sie weinte, aber er rührte sich nicht und sie lief davon.
***~*~***
Als er einige Zeit später auf dem Friedhof an ihrem Grab stand, wie jeden Montagmittag, sah er sie wenige Gänge weiter. Er ging rasch in die Hocke, er wollte nicht das sie ihn sah, nicht hier. Zugleich aber gingen ihm Annies Worte vom Vortag im Kopf herum. Annie hatte gemeint das Lucy sicher nicht gewollt hätte, das er wegen ihr keine neue Beziehung anfangen würde.
Sie hatte sich zu ihm in den Garten gesetzt und den Kindern beim spielen zugesehen, wie beiläufig war sie auf das Thema gekommen und er hatte keine Ahnung warum eigentlich. War es so offensichtlich? Hatten Simon, oder Sandy etwas…nein, Sandy wäre sicherlich direkt zu ihm gekommen.
Annie hatte auch noch davon gesprochen das sie und Eric und der Rest der Familie ihn sicherlich nicht verurteilen würden, das er noch jung sei und allen klar sei, das es früher oder später dazu kommen würde. Das er selbst sich nur sicher sein, mit sich ins Reine würde kommen müssen, ob er schon wieder soweit war, oder nicht. Bin ich schon soweit? Lucy. Meine geliebte Lucy, es ist…als betrüge ich dich, gleich was deine Mutter…
„Hilfe! Bitte Hilfe, helfen Sie mir doch! Bitte!“
Kevin sah auf und entdeckte vor sich ein kleines Mädchen, das kaum älter sein konnte als seine Tochter, oder Aaron. Das Mädchen wirkte verstört und ängstlich. Ruhig sah er ihr entgegen. „Es…es wird alles gut kleines. Hol schön tief Luft und sag was passiert ist?“
„Meine…meine Ma, sie…sie steht nicht mehr auf, sie…sie hört nicht.“
„Wo ist deine Mutter?“
„Bei…Papa.“
„Bei…“ Kevin starrte das Kind verwirrt an. „Ganz langsam, was ist mit deinen Eltern? Haben Sie gestritten? Ist einer gestürzt?“
„Nein, nein sie…Bitte, helfen Sie meiner Mama!“
Das Kind begann zu weinen und Kevin tastete nach seinem Handy und nahm gleichzeitig die Hand des Mädchens. „Komm, bring mich zu deinen Eltern.“
Das Kind führte ihn nur um den Busch und zwei Gänge weiter, dort lag eine Frau mit dem Gesicht nach unten auf dem matschigen Boden. Das Mädchen blieb am Hauptgang stehen und schluchtzte.
„Ist…ist sie auch tot?“
„Auch…“ Plötzlich kam ihm ein Verdacht was das Mädchen damit gemeint haben könnte, bei Papa.
Er tastete nach dem Hals und schüttelte den Kopf. „Nein, komm, kannst du den Notruf wählen?“
„Ja.“
„Hier ruf an und dann gib mir den Hörer, okay?“
Das Kind nickte und er drehte die Mutter des Mädchens herum. „Holly,“ stieß er erschrocken hervor und sah perplex von dem Kind zu ihr.
Das Mädchen streckte ihm das Handy wieder entgegen und starrte ihn an. Rasch machte er die nötigen Angaben und hob Holly dann hoch, trug sie zur nächsten Bank. Das Mädchen folgte stumm. Als die Sanitäter da waren weigerte sich das Kind mit ihnen mit ihnen in den Krankenwagen zu steigen.
So kam es das Kevin ganz gegen seinen Willen doch mit ins Krankenhaus fuhr. Den ganzen Weg über starrte das Kind ängstlich hinaus und in ihm schwirrten einfach zu viele Fragen herum, um sich ihrer vernünftig anzunehmen. Als sie dann aber wieder leise zu weinen begann, hielt er es nicht mehr aus. Er schloss an der Ampel haltend kurz die Augen. „Wie…wie heißt du Kleines?“
„Carry. Carry Lyn Simmens.“
„Und wie alt bist du?“
„Wie heißen Sie?“
Kevin sah durch den Spiegel zur Rückbank, sie wollte also gleiches Recht für beide? Er nickte. „Kevin Kinkirk. Und verrätst du mir jetzt dein Alter?“
„Neun. Du…du kennst Mama?“
Er nickte. „Sie hat auf meine Kinder aufgepasst, vor einigen Wochen.“
„Da wo der große Hund war und so ein kleiner?“
„Ja, genau.“
„Mama hat viel von euch erzählt und von Savannahs Papa, bist du das?“
„Was hat sie erzählt?“
„Das sie mit ihm reden kann, das er auch jemanden auf…dem Friedhof besucht. Bei wem warst du da? Wem…gehört der schöne Engel?“
„Savannahs Mutter,“ er schluckte.
„Mama ist traurig, das ihr nicht mehr redet. Warum redet ihr nicht mehr?“
Er stellte das Auto ab und zog den Schlüssel. Er schluckte. „Das…das frag die Mama, ja?“
„Aber…ich frag dich, Momy sagt nichts.“
Sie verschränkte die Arme und sah ihn sturr an, die Angst um ihre Mutter schien sie in dem Moment tatsächlich vergessen zu haben. Verwundert sah er sie an.
„Carry, es…es gibt zwischen Erwachsenen manchmal Dinge, die…“
„Das ist unfair! Immer wenn ihr was nicht sagen wollt, sagt ihr wir sind kleine Kinder!“ Sie warf ihm einen wütenden Blick zu und stieg aus. Zielstrebig lief sie auf das Krankenhaus zu. Kevin seufzte. Irgendetwas sagte ihm, das hier ein lebensechter Vorgeschmack auf Savannah in einigen Jahren vor ihm stand. Savannah. Annie, weiß sie es von Savannah?
Sie mussten nicht lange warten bis ein Arzt raus kam und Carry sprang direkt auf. „Wo ist meine Mama? Ich will zu Mama, jetzt!“
Der Arzt sah von dem Kind zu ihm und Kevin kam näher. „Hallo.“
„Hallo und Sie sind? Ihr Mann?“
Das Kind warf ihm einen hoffenden Blick zu und er schüttelte den Kopf. „Ich bin Polizist ich habe Miss Simmens gefunden und kenne sie privat. Ich…ich muss wissen, was mit ihr ist, wegen ihrer Tochter, hier.“
Der Arzt nickte. „Setzt dich doch noch mal Kleines, der nette Polizist ist gleich wieder bei dir, ja?“
„Nein, ich will zu Mama, ich will nicht alleine…“
Kevin ging in die Hocke und sah die Kleine genau an. „Ich verspreche dir, wir sehen nach der Mama, ja? Aber erst rede ich mit dem Arzt. Du bist doch ein großes Mädchen, oder?“
Carry nickte und er folgte dem Mediziner.
„Also?“
„Miss Simmens leidet an einer Anämie, nichts lebensbedrohliches, eigentlich, aber…nun, wie gut kennen Sie die junge Frau? Ich meine ist Ihnen mal etwas aufgefallen, sagen wir, was ihr Essen betrifft?“
„Ähm nein, warum diese Frage, meines Wissens hat das nicht unbedingt mit einer Anämie zu tun.“
„Stimmt, aber…in diesem Fall. Ich habe alte Akten geholt. Miss Simmens war bis vor einiger Zeit hier in Behandlung wegen einer Essstörung und Depressionen nach einem…Schicksalsschlag. Ich…ich habe Grund zu der Annahme, das sie einen Rückfall hat. Ihr Magen scheint fast vollkommen leer, außerdem fehlen ihr Vitamine und….“
„Wenn Sie recht haben, was bedeutet das dann genau?“
„Das ich dem Jugendamt Bescheid sagen muss, wegen der Kleinen, alleine kommt sie da nicht raus und diese Ohnmachtsanfälle werden sich häufen.“
„Bitte, warten sie noch damit, lassen Sie mich erst mit ihr reden, morgen.“
„Also gut, sie haben Zeit bis nach den Feiertagen.“
„Danke.“
Am nächsten Tag fuhr er alleine ins Krankenhaus, Carry hatte er bei Annie und Eric gelassen, wie auch seine eigenen Kinder. Als er das Zimmer betrat sah Holly erschrocken und verwundert auf. „Kevin? Was…was machst du hier?“
„Wir müssen reden.“
„Nein, wir…geh!“
„Das kann ich nicht, Carry ist bei mir zu Hause und dein Arzt will die Führsorge informieren, er…er denkt das du….wieder magersüchtig bist.“
Er zwang sich sie anzusehen. Sie war erschrocken, dennoch hielt sie seinem Blick einen Moment lang stand, ehe sie auf die Decke starrte und den Kopf schüttelte. „Nein, nur…ach verdammt! Ich habe keine Familie die sich mit um sie kümmert! Und…ich habe Zeitung ausgetragen Nachts, damit ich vor und nach der Schule da bin, Vormittags Prospekte, ich war ständig nass, ich war krank, lag im Bett, frag Amber und dann…es ist gestern genau 2 Jahre her gewesen das er, ins Koma fiel und nicht mehr… ja ich habe kaum gegessen, aber es blieb ja auch nicht drin!“
Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann zu weinen. Er war sich nicht sicher, ob er ihr glauben konnte, anderseits wenn Amber es bestätigte?
Er setzte sich auf das Bett und nahm sie in die Arme, strich ihr über den Rücken.
Die nächsten zwei Tage besuchte er sie erst nur mit Carry, dann nahm er auch seine Kinder mit. Der Verdacht des Arztes hatte sich tatsächlich nicht bestätigt und als sie am dritten Tag entlassen wurde hatte sie zwei Vitaminpräparate dabei. Dankbar blieb sie vor seinem Auto stehen und schaute ihn an.
„Danke Kevin, aber….warum tust du das? Warum hast du dir Urlaub genommen, hast dich um Carry gekümmert? Warum?“
Er ließ seine Tür los und umrundete den Wagen, trat auf sie zu, bis er vor ihr stand. „Ich…ich hatte dich vermisst, deine Nähe, unsere Gespräche. Auf dem Friedhof dann, ich…ich hatte Angst…um dich.“
„Um mich?“
Er nickte. Langsam ging er noch einen Schritt näher und sah ihr tief in die Augen. Er zögerte dann aber legte er ihr locker eine Hand in den Rücken. Sie zuckte zusammen, entfernte sich aber nicht und sah ihn weiter an. „Kevin?“
„Ja,…“
Ihr Lippen berührten sich, zaghaft, fast scheu… er löste sich von ihr, sah sie an. Sie wirkte überrascht, dann lächelte sie. „Ich…“
„Schscht.“ Er beugte sich vor und wartet, sie streckte sich und erneut trafen ihrer beider Lippen aufeinander, dieses mal länger. Sie küssten sich. Dann aber entzog sie sich ihm, musterte ihn. „Lucy?“
„Wir immer ein Teil von mir und meinen Kindern sein.“
Sie nickte und sank in seine Arme.
13 Monate später
„…Who can turn the world with her smile? Who can take a nothing day, and suddenly make it all seem worthwile? Well it’s you girl, and you should know it, with each glance and every little movement you show it. Love is all around, no need to waste it. You can have a town, why don’t you take it, you’re gonna make it after all….”
Kevin beugte sich zu ihr hinunter, die kleine Noemi im Arm und küsste ihre Stirn. Sie lächelte. „Ist das unser Baby?“
„Unser Bruder Noemi,“ antworteten Carry und Savannah unisono. Daniel stapfte mit dem Fuß auf. „Ich will aber auch was sehen!“
„Setzt sie hier aufs Bett und nimm ihn.“
„Sicher?“
„Noemi du bleibst brav sitzen?“
„Bin immer lieb.“
Kevin verzog die Stirn, seine Frau grinste. „Wie…wollen wir ihn nun nennen,“ fragte er leise. „Maria wäre wohl etwas unpassend, nicht?“
Holly nickte. „Was…was hälst du von Luca?“
„Luca?“
„Für Lucy und Cain.“
Kevin lächelte und nickte. „Also Luca.“ Er setzte Daniel auf einen der Stühle und Noemi daneben, dann ging er hinaus zu Annie und Eric. „Wollt ihr ihn sehen?“
„Ihn?“ Überrascht blickten die zwei ihm entgegen. Kevin nickte. „Ihn, es ist ein Junge.“
Eric klatschte in die Hände. „Ein Junge. Wie…wie nennt ihr ihn denn jetzt? Ich dachte, ihr hattet nur einen Mädchennamen.“
„Luca.“
„Luca?“ Annie wirkte nachdenklich. Kevin nickte. „In Gedenken an Lucy und Cain, Carrys Vater.“
„Das ist eine schöne Idee Kevin.“
„Es war Hollys.“
Gemeinsam gingen sie hinein. Eric betrachtete glücklich und entzückt das Baby, während Annie Holly gratulierte und sie in die Arme schloss. „Wie fühlst du dich?“
„Gut. Danke Annie, für alles.“
Die ältere Frau nickte. „Dafür doch nicht. Ist doch klar das wir die Kinder nehmen, mmh? Wir sind doch Familie, sie sind unsere Enkel.“
„Naja eigentlich…“
„Kein eigentlich.“
Kevin legte den Kopf, an den seiner Frau. „Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich.“
„MAMIIII!“
Kevin seufzte, mühsam quälte er sich auf und setzte sich in Bewegung, doch als er im Kinderzimmer ankam standen die beiden älteren bereits vor dem Reisebettchen von Karyn- Noemi. Er gähnte und schaltete das Licht ein, wenn sie sowie so wieder alle wach waren, machte das nun auch keinen Unterschied mehr. Er hob das kleine Mädchen aus seinem Bettchen und setzte sich mit ihm auf das Gästebett, das sich Savannah diese Nacht scheinbar wieder mit Daniel geteilt hatte. Er drückte seine jüngste fest an sich und versuchte sie zu beruhigen, ehe auch alle anderen wach waren, aber er ahnte bereits das auch die vier Camdens die Kleine längst gehört hatten.
Savannah vor ihm griff die Hand ihres Bruders und kam mit Daniel zu ihm. Langsam streckte die sechsjährige ihre Hand nach Noemi aus und strich dem Kleinkind übers Köpfchen. „Daddy ist da. Und…ich bin da. Und Danny.“ Traurig und mit viel zu ernstem Gesicht blickte seine älteste ihn an. Er sah rasch zurück auf die Kleinste und wiegte sie zurück in den Schlaf. Eine halbe Stunde später legte er die zweijährige zurück in ihr Bettchen und nahm die zwei anderen mit hinaus, wobei er den vierjährigen auf den Arm nahm. Zurück in seinem Zimmer setzte er sich und winkte auch Savannah zu sich. „Ich…ich muss mit euch reden.“
„Tomt Mama wiedar?“
Kevin starrte den Jungen an und schloss die Augen. Savannahs Hand legte sich auf seinen Arm und die kleinen Finger bohrten sich in seine Haut. „Sie…sie kommt nicht wieder, richtig?“
Erschrocken sah er Savannah an. Ihre Lippen bebten, ihre großen, blauen Augen, Lucys Augen glitzerten und doch schaffte es das Kind ihn anzusehen. „Sie kommt nicht mehr,“ wiederholte Savannah fest und sah fragend auf. Kevin wollte ihr antworten aber er konnte nicht, er zog das Mädchen zu sich und nickte.
**~*~**
„Sie vermissen Lucy so sehr.“
Er nickte.
„Ich…ich…“ Annie brach ab. Eric nahm seine Frau in die Arme und nickte. „Ja, ich…weiß schon, Eltern sollten ihr Kind nicht…“
„Nein! Sprich es nicht aus, bitte. Es…nein.“
„Annie, es lässt sich nicht ändern, morgen….“
„Ich weiß,“ Annie schluchzte auf, „ich…kann es nicht verdrängen, nur ich…ich will es nicht…“
„Annie, wir müssen stark sein. Für Lucy, für ihre Kinder, die drei sind noch so klein und…Kevin.“
„Es ist einfach so unglaublich grausam. Warum Eric, warum unsere Tochter? Warum Lucy, sie hat nie jemandem etwas getan, sie war immer so…“
Sie fiel ihm in die Arme und beide schwiegen. Sie schluchzte, er weinte stumm.
***~*~***
Matt lag neben Sarah und fand auch jetzt nach Stunden noch keinen Schlaf. Irgendwann stand er auf und durchstreifte das Haus ihrer Eltern. Er sah in dem Zimmer seiner Kinder nach dem rechten. Alle beide schliefen tief und fest. Er schloss die Tür und sah sich unversehens seinem Schwiegervater gegenüber. „Matt. Wir…wir sollten reden, mmh?“
Matt antwortete nicht und mied den Blick des Rabbi, er wollte jetzt keine Seelsorge, keine tiefgründigen Gespräche, er wollte alleine sein und am liebsten wollte er seine kleine Schwester zurück, welche er früher immer aus allen Klemmen herausgeholfen hatte. Er schüttelte den Kopf. Richard aber nahm ihn an der Schulter und dem Arm, führte ihn hinunter und drückte ihn dort auf das Sofa.
„Ich…ich weiß genau wie du dich jetzt fühlst und…nein bleib sitzen und hör erst zu, zwei Minuten, dann kannst du gehen.“
Matt seufzte und nickte.
„Ich war damals siebzehn Matt, ich hatte noch eine Schwester, Yaddle, sie war dreizehn. Ich war immer ihr Beschützer gewesen und eines Tages…das Auto, es war einfach zu schnell gewesen. Sie lag noch vier Monate im Krankenhaus, ehe meine Eltern sich endlich entschieden und sie gehen ließen.
Ich wollte sie nicht verlieren, ich wollte nicht das sie mich alleine ließ, aber ich wollte auch nicht weiter zu sehen wie sie langsam immer weniger wurde, blasser und ohne wirklich zu leben.
Matt, willst du ihr das wirklich antun?“
„Nein, aber…sie ist….“
„Deine Schwester und sie bleibt es auch. Trauer um sie, weine, schreie um sie wenn es dir hilft, oder rede mit jemandem, du hast deine Familie und…“
„Du hast uns beide,“ Rosina kam näher und legte ihm von hinten die Hände auf die Schultern. „aber vergiss nicht, mehr noch als du werden ihre Kinder leiden. Vor allem Noemi, sie ist noch so klein und Luca, er wird seine wunderbare Mutter niemals kennen lernen.“
Matt sah auf, erst zu Richard, dann zu Rosina und nickte.
Richard warf seiner Frau einen Blick zu, die deutete nach oben und er verließ den Raum, ging hinauf seine Tochter wecken.
Rosina aber blieb bei ihrem Schwiegersohn und trat nun um ihn herum. „Matt, ich weiß alles was ich sagen könnte, kann deine Trauer, oder die deiner Familie nicht mindern, aber…wenn du reden willst, du weißt wo wir sind.“
Er nickte und Rosina entdeckte ihre Tochter. Sie drückte noch einmal Matts Hand und stand auf.
Sarah fand ihren Mann wie ein Häuflein elend vor ihrer Mutter sitzen und setzte sich rasch neben ihn. Stumm legte sie ihre Hände um ihn und zog ihn zu sich. „Ich bin da Schatz, ich bin da.“
**~*~**
„John, jetzt komm endlich ins Bett, es ist spät, unser Flug morgen ist früh.“
Sie wusste mangelnder Schlaf und die Zeit des Fluges waren im Moment sicher nichts was ihn interessierte und sie verstand ihn zu gut. Von allen Camden- Kindern hatten sie vor allem zu der sensiblen Lucy, der sanftmütigsten von Erics Kindern immer ein besonderes Verhältnis gehabt. Das ihnen nun ausgerechnet dieser erfrischende Sturrkopf und hilfsbereiter Engel genommen worden sein sollte, das wollten sie einfach nicht wahrhaben.
Der Colonel sah zu ihr, nickte stumm und trat mit hängendem Kopf an ihr vorbei zur Treppe. Ruth sah ihm besorgt nach und folgte ihm rasch.
„Ich…ich habe ihn noch nie so gesehen.“
„Das glaube ich dir, aber ich kenne diesen Blick und ich muss dir sagen, gewöhne dich daran, es wird eine Weile anhalten.“
„Dein Vater?“
Sie nickte. Georg seufzte.
„Ist noch was,“ fragte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
„Ich zweifle nur im Moment wirklich daran, das es so jemanden wie Gott gibt, ich meine…Lucy! Sie hat nie auch nur einer Fliege etwas zu Leide getan. Lucy hat immer allen geholfen, selbst als sie am Boden zerstört war, nach der Fehlgeburt mit den Zwillingen.“
„Ich wünschte ich hätte sie diesen Sommer kennen gelernt, ich wette wir hätten uns gut verstanden.“
„Vermutlich,“ Georg wischte sich übers Gesicht und sie sah demonstrativ weg. „Komm, deine Mutter hat Recht, wir sollten zumindest versuchen zu schlafen.“
***~*~***
Die Beerdigung fand auf Kevins Wunsch und um Rücksicht auf Lucys noch sehr kleine Kinder nur im Kreise der Familie statt. Es wurde sehr viel geweint und vor allem die Kleinsten konnten nicht wirklich verstehen was eigentlich los war.
Kevin blieb am Ende noch einen Moment alleine am Grab zurück und ging in die Knie. Er wusste seine Kleinen waren bei den Großeltern und nun konnte er den Tränen freien Lauf lassen. Eine Hand auf seiner Schulter ließ ihn aufsehen. Ben.
„Komm, du holst dir bei diesem Wetter noch de…eine schlimme Grippe.“
Kevin nickte, stand aber nur zögernd und sehr langsam auf. „Was soll ich nur ohne Lucy…“
„Dich um eure Kinder kümmern. Kevin, du bist ein hervorragender Vater, erziehe sie zu gewissenhaften Erwachsenen und lass sie ihre Mum nicht vergessen.“
Ben nahm seinen Bruder in die Arme und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich bin da wenn du mich brauchst. Ich komme dann sofort.“
Kevin sah ihm dankbar entgegen schüttelte aber den Kopf. „Du und Patricia habt bald selber ein Baby, da kannst du nicht…“
„Ich kann und ich werde wenn du mich brauchst, hörst du? Mum ist in Europa und Patty hat ihre ganze Familie in Buffalo. Sie ist dort nicht allein. Also, wenn ich bleiben soll, dann bleibe ich.“
Kevin nickte. „Wir sollten gehen, es wird mehr.“
Schnell rannten die zwei ungleichen Brüder hinüber zu den wartenden Autos, sie schafften es gerade noch rechtzeitig ehe der starke Regen in einen kräftigen Platzregen überging.
Am Abend stand Kevin alleine auf der Veranda seines und Lucys ersten Hauses und sah hinüber zum großen Nebengebäude. Er schloss die Augen und überlegte erneut, ob es wirklich die richtige Entscheidung gewesen war, mit den Kleinen nach Glanok zurückzukehren.
***~*~***
Sandy schloss müde die Augen und rieb sich die Seiten. Na das wird ja heiter, wenn es diesesmal schon jetzt anfängt, oh Simon, ich werde dich….
„Sandy?“
Überrascht schaute sie auf und entdeckte im Aufgang zum Apartment nicht nur einen, sondern gleich beide Zwillingsbrüder ihres Mannes. „David, Sam, kommt her, was habt ihr denn?“
„Wir…wir müssen dich etwas wichtiges fragen.“
„Naja, eigentlich wollen wir eher deine Meinung dazu wissen.“
„Wozu denn Jungs?“
„Na, wir…haben uns da was überlegt,“ David sah hinüber zu Sam, der nickte. „Nun, du und Simon, ihr wollt doch jetzt auch hier bleiben, aber habt noch keine Wohnung, richtig?“
Sie nickte. „Und hier ist es auch viel zu klein für euch vier.“
Sandy stand auf und stemmte sich die Hände in die Hüften. „Sagt mal Jungs, was seit ihr da am aushecken? Ich glaube…ihr macht mir da etwas Angst. Ich denke…ich hole mal euren Bruder rauf.“
„Nein!“ Sam vertrat ihr den Weg.
„Bitte, Sandy erst zu hören.“
Sie legte den Kopf schief und seufzte. „Also gut, aber ich warne euch, es sollte nichts verbotenes und nichts sein, womit ihr euch, oder mir Ärger bereiten könntet.“
„Ist es nicht, versprochen.“
„Versprochen.“
Sie nickte geschlagen und setzte sich wieder. „Also gut. Ich höre.“
„Na, wir haben uns gedacht, Mum, Dad und wir, wir sind doch nur noch zu viert, du, Simon und die Kleinen auch, bald fünf und mit Matt und Lucys Kleinen…“
„Sieben Kinder, wie wir früher und naja drei Erwachsene, aber ihr hättet doch bei uns viel mehr Platz und Kevin wäre nicht so alleine und ihr könntet zusammen jemanden für die Kinder bezahlen, richtig? Das wäre doch…“
„Mo-oment mal!“ Unterbrach sie die Zwillinge und schaute perplex von einem zum anderen. „Ihr wollt das wir, Simon und ich mit Kevin und den Kindern zusammen in Euer Haus ziehen, aber das geht doch nicht. Das Haus gehört euren Eltern und euch. Außerdem, wo wollt ihr vier dann wohnen? Mmmh?“
„Wir gehen doch im nächsten Jahr aufs College.“
„Und?“ Fragte sie.
„Wir haben schon gut Geld gespart,“ erklärte Sam ruhig und David nickte, als er fort fuhr. „Wir wollen auf den Campus ziehen, wir haben uns schon für eine Wohnung beworben, wir denken…Mum und Dad sollten wieder Zeit für sich haben. Und für zwei alleine…“
„…da ist das große Haus doch viel zu viel Arbeit, oder?“
Sandy lehnte sich im Sofa zurück und starrte die fünfzehnjährigen sprachlos an. Selbst wenn die Rechnung der beiden aufging und ihr derzeitiges Englandjahr, ihnen wie Ruthie einst ein verkürztes letztes HighSchool Jahr bescherte, so war sie sich nicht ganz sicher, ob sich die beiden der Tragweite ihrer Entscheidung auszuziehen bewusst war. Wobei ihre Überlegung an sich nicht so dumm war. Sie und Simon hatten die letzten Tage viel darüber gesprochen, das sie in der Nähe seines Elternhauses sein wollten um Kevin zu helfen, sollte es nötig sein. Sie seufzte.
„Was denkst du?“
„Ich denke das ich darüber nachdenken und mit Simon reden muss und…das die anderen mit entscheiden müssten.“
„Was musst du mit mir bereden?“
Sandy schaute auf und seufzte. „Jungs, ihr solltet gehen. Matt, du auch.“
Der älteste Camden nickte und folgte seinen jüngsten Geschwistern hinunter. Sandy wartete bis sich die Tür unten schloss, dann erzählte sie ihrem Mann von dem Gespräch mit seinen Brüdern. Simon brachte tatsächlich ein überraschtes Lächeln zustande und schüttelte den Kopf. „Man, ich wusste die zwei sind Ruthie ähnlich, aber das…,“ er zögerte, „Was denkst du?“
„Ich denke der Gedanke, die Idee an sich ist gut, aber Simon, wir können sie nicht aus ihrem eigenen Haus vertrei…“
„Würdet ihr nicht, wir würden freiwillig gehen. Sam und David haben uns von eurem Gespräch erzählt und…naja Eric und ich denken, es wäre sinnvoller als würden wir ihm anbieten zu uns zu kommen wenn er Hilfe braucht, oder bei uns einzuziehen. Immerhin…wir sind Lucys Eltern.“
„Ja, aber Simon ist ihr Bruder.“
Annie nickte und verließ, gefolgt von Eric die Treppe. „Ja, aber es wäre dennoch anders, ich denke nicht das es auf Dauer gut ginge, wir und er unter einem Dach, aber ich glaube auch nicht, das es für Kevin gut wäre Kinder und Beruf plötzlich ganz alleine unter einem Hut bringen zu müssen. Das…das ist schon mit fast erwachsenen Kindern ganz schön schwer.“
Simon fasste ihre Hand und Sandy sah ihn an. „Denkst du auch wir sollten es versuchen?“
Simon nickte. „Ich gehe zu ihm rüber.“
11 Monate später
„Anna! Aaron! Daniel! Kommt runter! Oder ihr kommt zu spät in die Schule!“
Sandy griff ihre Tasche und wartete am Thresen auf die drei Kinder. Der jüngste war der erste und sah sie tadelnd an. „Aber ich geh doch gar nicht in die Schule.“
Sie lächelte reichte ihm seinen Lunchbeutel und deutete eine Verbeugung an. „Natürlich, du hast ja Recht, Vorschule.“
„Genau!“
Sie fuhr ihrem Neffen durchs Haar und schüttelte den Kopf, während er zur Hintertür ging und dort wartete. Sandy warf einen weiteren Blick auf die Uhr. „SAVA…“ sie brach ihren Ruf ab, als die siebenjährige aus dem Eßzimmer kam, sich ihre Brottüte schnappte und mit einem raschen Tschuldigung zu ihrem Bruder an die Tür trat. Sie öffnete und nahm Daniel an die Hand. „Komm, wir gehen schon zum Auto.“
„Warte, die Schlüssel, Süße.“ Sandy warf dem Mädchen die Wagenschlüssel zu und trat zurück an die Treppe. Jetzt reichte es. „AARON BREWER CAMDEN!“
„Na, na, wieso schreist du denn so, am frühen Morgen?“ Simon trat ein, im Arm seine Nichte und deren Teddy, er gähnte.
„Was machst du hier unten, ich denke du liegst im Bett.“
„Mmmh, da war so ein Geschrei, das muss mich wohl geweckt haben,“ neckte er und küsste ihre Wange. Sie schnaubte. „Ich bräuchte nicht zu schreien, wenn dein Sohn mal eine Uhr benutzen würde.“
„Ach, nun ist es wieder meiner? Nicht deiner, oder Martins? Wie nett. Hörst du Noemi, so nett ist die Tante heute morgen wieder zum armen, müden Onkel Simon.“
„Hör nicht auf ihn, Noemi,“ Sandy schüttelte den Kopf und wollte eben schon nach oben und ihren Sohn herunter holen, als dieser angetrieben von seinem Onkel und mit einem Gesicht als habe er etwas angestellt herunter trottete. „Was zum…“
„Ganz ruhig Sandy, wir zwei haben das geklärt. Los Aaron ab jetzt zum Auto.“ Der Junge rannte ohne das Lunchpaket hinaus und seine Eltern hoben fragend den Kopf. Kevin knöpfte sich seine Uniformjacke zu und legte seine Mütze beiseite, setzte sich. „Hey echt entspannt euch, er wollte nur auf Krank spielen und ich habe ihn aus dem Bett gescheucht, er hatte das Thermometer auf der Lampe, 42, 4 Grad. Ich hab ihm gesagt da müsste er aber sicher jeden Moment gar sein und hinunter gejagt.“
Sandy schüttelte genervt den Kopf. „Martin, ich bringe ihn um.“
„Lieber nicht Schatz, ich brauch dich doch noch.“ Simon setzte seine Nichte auf den Schoss ihres Vaters und nahm sie in eine kurze Umarmung. „Ich liebe dich, du schaffst das schon, ich weiß es.“
„Na, wenigstens einer von uns,“ sie hob die Hand und winkte, dann war sie raus.
„Willst du dich wieder hinlegen? Ich komme mit meine Tochter schon zurecht, bis Amber kommt.“
„Danke, aber jetzt bin ich eh wach. Geh ruhig schon und ärgere die Kadetten.“
„Zu Befehl,“ Kevin salutierte mit Tochter auf dem Arm und beide Männer lachten. Simon nahm ihm das Kind wieder ab und er küsste die Kleine nochmal zum Abschied. „Bis heute Abend mein Spatz.“
„Nein! Daddy….ich mit! Ich mit!“
„Oh schau mal Noemi im Garten sind die Hunde, oh, schau mal.“
„Wauwau?“
„Ja, die wau wau sieh mal.“
Es klingelte zehn Minuten später und verwundert setzte er seine Nichte im Laufstall ab und öffnete. „Ähm, ja, kann ich helfen?“
„Wohnen hier die Camden- Kinkirks?
„Nein hier wohnen Familie Camden und Kinkirk und Sie sind?“
„Ähm ja, Tschuldigung, meinte ich. Ich, bin…Holly Simmens, Ambers Schwester. Die Agentur schickt mich, Amber hat sich das Bein gebrochen, gestern Abend.“
„Vorausgesetzt das stimmt, was Sie sagen, haben Sie Erfahrung in der Betreuung von mehreren Kindern?“
„Ja und nein. Ich habe bisher auf maximal vier aufgepasst.“
„Aber Sie wissen, das wir hier zwei mehr haben?“
„Das ist mir bewusst. Ja.“
„Haben Sie auch einen Beruf gelernt?“
„Erzieherin und Krankenpflegerin.“
„Okay, dann willkommen und bitte, Noemi ist im Wohnzimmer.“
***~*~***
Er packte den Arm seines Schwagers und deutete alarmiert zu der ihm Fremden Frau. „Wer zum Teufel ist das?“
„Holly, Ambers Schwester, die Agentur hat sie geschickt, Amber hat sich etwas gebrochen. Sie fällt für mindestens 6 Wochen aus.“
Kevin starrte ihn an. „Und du rufst nicht mal…du hast sie doch wohl nicht mit den Kinder…“
„Nein, sie waren nicht allein. Annie und Eric waren da während ich geschlafen habe. Komm runter, ich kenne die Vereinbarung, weisst du noch?“
„Ja, entschuldige.“
Zwei Tage später hatten sich Holly und die Kinder bestens aneinander gewöhnt, so gut, das Savannah ihn am Abend fragte, warum Holly nicht jetzt immer kommen konnte. Eine Tatsache die ihn in eine Zwickmühle brachte, aber nur, bis er am nächsten Mittag erfuhr, das auch Aaron Holly lieber mochte.
Eine Woche später dann hatte er früher Feierabend, nach bestandener Prüfung und so kam es, das er Holly noch beim Kochen half. Aus dem gemeinsamen Abendbrot mit den fünf Kindern und dem zu Bett bringen, wurde ein noch längerer Abend, als sie sich schließlich auf den Balkon setzten und noch miteinander sprachen.
Es folgten noch mehr solcher Abende und nach einer Weile wurde Kevin klar das ihm diese Abende fehlten, wenn sie noch zur Uni musste, oder ihrer Schwester. Gleichzeitig aber bekam er ein schlechtes Gewissen, weil der Tag, der ihm am meisten Angst gemacht hatte die letzten Monate unaufhörlich näher rückte. Und sie bemerkte es, als er sich statt Abends mit ihr und den anderen die Kinder ins Bett zu bringen, noch raus ging, folgte sie ihm um kurz nach acht Uhr, statt zu fahren.
Er drehte sich um und wollte sie fortschicken, aber Holly war schneller.
„Ich…ich weiß was du denkst, woran. Ihr Todestag kommt näher. Ich…ich weiß wie es ist. Seit bald zwei Jahren. Kevin, du wirst sie nie vergessen und das ist gut so, ihr habt euch geliebt, habt drei wundervolle Kinder, aber…das Leben geht weiter, auch für dich. Hätte sie das nicht gewollt?“
„Was fällt dir…geh!“
„Ich gehe, wenn du es wirklich willst. Ich sage der Agentur sie soll für die nächste Woche einen anderen Ersatz für Amber suchen. Aber…aber eines noch,… Kevin sei dir sicher, mach nicht den gleichen Fehler wie ich damals.“
Er hörte das sie weinte, aber er rührte sich nicht und sie lief davon.
***~*~***
Als er einige Zeit später auf dem Friedhof an ihrem Grab stand, wie jeden Montagmittag, sah er sie wenige Gänge weiter. Er ging rasch in die Hocke, er wollte nicht das sie ihn sah, nicht hier. Zugleich aber gingen ihm Annies Worte vom Vortag im Kopf herum. Annie hatte gemeint das Lucy sicher nicht gewollt hätte, das er wegen ihr keine neue Beziehung anfangen würde.
Sie hatte sich zu ihm in den Garten gesetzt und den Kindern beim spielen zugesehen, wie beiläufig war sie auf das Thema gekommen und er hatte keine Ahnung warum eigentlich. War es so offensichtlich? Hatten Simon, oder Sandy etwas…nein, Sandy wäre sicherlich direkt zu ihm gekommen.
Annie hatte auch noch davon gesprochen das sie und Eric und der Rest der Familie ihn sicherlich nicht verurteilen würden, das er noch jung sei und allen klar sei, das es früher oder später dazu kommen würde. Das er selbst sich nur sicher sein, mit sich ins Reine würde kommen müssen, ob er schon wieder soweit war, oder nicht. Bin ich schon soweit? Lucy. Meine geliebte Lucy, es ist…als betrüge ich dich, gleich was deine Mutter…
„Hilfe! Bitte Hilfe, helfen Sie mir doch! Bitte!“
Kevin sah auf und entdeckte vor sich ein kleines Mädchen, das kaum älter sein konnte als seine Tochter, oder Aaron. Das Mädchen wirkte verstört und ängstlich. Ruhig sah er ihr entgegen. „Es…es wird alles gut kleines. Hol schön tief Luft und sag was passiert ist?“
„Meine…meine Ma, sie…sie steht nicht mehr auf, sie…sie hört nicht.“
„Wo ist deine Mutter?“
„Bei…Papa.“
„Bei…“ Kevin starrte das Kind verwirrt an. „Ganz langsam, was ist mit deinen Eltern? Haben Sie gestritten? Ist einer gestürzt?“
„Nein, nein sie…Bitte, helfen Sie meiner Mama!“
Das Kind begann zu weinen und Kevin tastete nach seinem Handy und nahm gleichzeitig die Hand des Mädchens. „Komm, bring mich zu deinen Eltern.“
Das Kind führte ihn nur um den Busch und zwei Gänge weiter, dort lag eine Frau mit dem Gesicht nach unten auf dem matschigen Boden. Das Mädchen blieb am Hauptgang stehen und schluchtzte.
„Ist…ist sie auch tot?“
„Auch…“ Plötzlich kam ihm ein Verdacht was das Mädchen damit gemeint haben könnte, bei Papa.
Er tastete nach dem Hals und schüttelte den Kopf. „Nein, komm, kannst du den Notruf wählen?“
„Ja.“
„Hier ruf an und dann gib mir den Hörer, okay?“
Das Kind nickte und er drehte die Mutter des Mädchens herum. „Holly,“ stieß er erschrocken hervor und sah perplex von dem Kind zu ihr.
Das Mädchen streckte ihm das Handy wieder entgegen und starrte ihn an. Rasch machte er die nötigen Angaben und hob Holly dann hoch, trug sie zur nächsten Bank. Das Mädchen folgte stumm. Als die Sanitäter da waren weigerte sich das Kind mit ihnen mit ihnen in den Krankenwagen zu steigen.
So kam es das Kevin ganz gegen seinen Willen doch mit ins Krankenhaus fuhr. Den ganzen Weg über starrte das Kind ängstlich hinaus und in ihm schwirrten einfach zu viele Fragen herum, um sich ihrer vernünftig anzunehmen. Als sie dann aber wieder leise zu weinen begann, hielt er es nicht mehr aus. Er schloss an der Ampel haltend kurz die Augen. „Wie…wie heißt du Kleines?“
„Carry. Carry Lyn Simmens.“
„Und wie alt bist du?“
„Wie heißen Sie?“
Kevin sah durch den Spiegel zur Rückbank, sie wollte also gleiches Recht für beide? Er nickte. „Kevin Kinkirk. Und verrätst du mir jetzt dein Alter?“
„Neun. Du…du kennst Mama?“
Er nickte. „Sie hat auf meine Kinder aufgepasst, vor einigen Wochen.“
„Da wo der große Hund war und so ein kleiner?“
„Ja, genau.“
„Mama hat viel von euch erzählt und von Savannahs Papa, bist du das?“
„Was hat sie erzählt?“
„Das sie mit ihm reden kann, das er auch jemanden auf…dem Friedhof besucht. Bei wem warst du da? Wem…gehört der schöne Engel?“
„Savannahs Mutter,“ er schluckte.
„Mama ist traurig, das ihr nicht mehr redet. Warum redet ihr nicht mehr?“
Er stellte das Auto ab und zog den Schlüssel. Er schluckte. „Das…das frag die Mama, ja?“
„Aber…ich frag dich, Momy sagt nichts.“
Sie verschränkte die Arme und sah ihn sturr an, die Angst um ihre Mutter schien sie in dem Moment tatsächlich vergessen zu haben. Verwundert sah er sie an.
„Carry, es…es gibt zwischen Erwachsenen manchmal Dinge, die…“
„Das ist unfair! Immer wenn ihr was nicht sagen wollt, sagt ihr wir sind kleine Kinder!“ Sie warf ihm einen wütenden Blick zu und stieg aus. Zielstrebig lief sie auf das Krankenhaus zu. Kevin seufzte. Irgendetwas sagte ihm, das hier ein lebensechter Vorgeschmack auf Savannah in einigen Jahren vor ihm stand. Savannah. Annie, weiß sie es von Savannah?
Sie mussten nicht lange warten bis ein Arzt raus kam und Carry sprang direkt auf. „Wo ist meine Mama? Ich will zu Mama, jetzt!“
Der Arzt sah von dem Kind zu ihm und Kevin kam näher. „Hallo.“
„Hallo und Sie sind? Ihr Mann?“
Das Kind warf ihm einen hoffenden Blick zu und er schüttelte den Kopf. „Ich bin Polizist ich habe Miss Simmens gefunden und kenne sie privat. Ich…ich muss wissen, was mit ihr ist, wegen ihrer Tochter, hier.“
Der Arzt nickte. „Setzt dich doch noch mal Kleines, der nette Polizist ist gleich wieder bei dir, ja?“
„Nein, ich will zu Mama, ich will nicht alleine…“
Kevin ging in die Hocke und sah die Kleine genau an. „Ich verspreche dir, wir sehen nach der Mama, ja? Aber erst rede ich mit dem Arzt. Du bist doch ein großes Mädchen, oder?“
Carry nickte und er folgte dem Mediziner.
„Also?“
„Miss Simmens leidet an einer Anämie, nichts lebensbedrohliches, eigentlich, aber…nun, wie gut kennen Sie die junge Frau? Ich meine ist Ihnen mal etwas aufgefallen, sagen wir, was ihr Essen betrifft?“
„Ähm nein, warum diese Frage, meines Wissens hat das nicht unbedingt mit einer Anämie zu tun.“
„Stimmt, aber…in diesem Fall. Ich habe alte Akten geholt. Miss Simmens war bis vor einiger Zeit hier in Behandlung wegen einer Essstörung und Depressionen nach einem…Schicksalsschlag. Ich…ich habe Grund zu der Annahme, das sie einen Rückfall hat. Ihr Magen scheint fast vollkommen leer, außerdem fehlen ihr Vitamine und….“
„Wenn Sie recht haben, was bedeutet das dann genau?“
„Das ich dem Jugendamt Bescheid sagen muss, wegen der Kleinen, alleine kommt sie da nicht raus und diese Ohnmachtsanfälle werden sich häufen.“
„Bitte, warten sie noch damit, lassen Sie mich erst mit ihr reden, morgen.“
„Also gut, sie haben Zeit bis nach den Feiertagen.“
„Danke.“
Am nächsten Tag fuhr er alleine ins Krankenhaus, Carry hatte er bei Annie und Eric gelassen, wie auch seine eigenen Kinder. Als er das Zimmer betrat sah Holly erschrocken und verwundert auf. „Kevin? Was…was machst du hier?“
„Wir müssen reden.“
„Nein, wir…geh!“
„Das kann ich nicht, Carry ist bei mir zu Hause und dein Arzt will die Führsorge informieren, er…er denkt das du….wieder magersüchtig bist.“
Er zwang sich sie anzusehen. Sie war erschrocken, dennoch hielt sie seinem Blick einen Moment lang stand, ehe sie auf die Decke starrte und den Kopf schüttelte. „Nein, nur…ach verdammt! Ich habe keine Familie die sich mit um sie kümmert! Und…ich habe Zeitung ausgetragen Nachts, damit ich vor und nach der Schule da bin, Vormittags Prospekte, ich war ständig nass, ich war krank, lag im Bett, frag Amber und dann…es ist gestern genau 2 Jahre her gewesen das er, ins Koma fiel und nicht mehr… ja ich habe kaum gegessen, aber es blieb ja auch nicht drin!“
Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann zu weinen. Er war sich nicht sicher, ob er ihr glauben konnte, anderseits wenn Amber es bestätigte?
Er setzte sich auf das Bett und nahm sie in die Arme, strich ihr über den Rücken.
Die nächsten zwei Tage besuchte er sie erst nur mit Carry, dann nahm er auch seine Kinder mit. Der Verdacht des Arztes hatte sich tatsächlich nicht bestätigt und als sie am dritten Tag entlassen wurde hatte sie zwei Vitaminpräparate dabei. Dankbar blieb sie vor seinem Auto stehen und schaute ihn an.
„Danke Kevin, aber….warum tust du das? Warum hast du dir Urlaub genommen, hast dich um Carry gekümmert? Warum?“
Er ließ seine Tür los und umrundete den Wagen, trat auf sie zu, bis er vor ihr stand. „Ich…ich hatte dich vermisst, deine Nähe, unsere Gespräche. Auf dem Friedhof dann, ich…ich hatte Angst…um dich.“
„Um mich?“
Er nickte. Langsam ging er noch einen Schritt näher und sah ihr tief in die Augen. Er zögerte dann aber legte er ihr locker eine Hand in den Rücken. Sie zuckte zusammen, entfernte sich aber nicht und sah ihn weiter an. „Kevin?“
„Ja,…“
Ihr Lippen berührten sich, zaghaft, fast scheu… er löste sich von ihr, sah sie an. Sie wirkte überrascht, dann lächelte sie. „Ich…“
„Schscht.“ Er beugte sich vor und wartet, sie streckte sich und erneut trafen ihrer beider Lippen aufeinander, dieses mal länger. Sie küssten sich. Dann aber entzog sie sich ihm, musterte ihn. „Lucy?“
„Wir immer ein Teil von mir und meinen Kindern sein.“
Sie nickte und sank in seine Arme.
13 Monate später
„…Who can turn the world with her smile? Who can take a nothing day, and suddenly make it all seem worthwile? Well it’s you girl, and you should know it, with each glance and every little movement you show it. Love is all around, no need to waste it. You can have a town, why don’t you take it, you’re gonna make it after all….”
Kevin beugte sich zu ihr hinunter, die kleine Noemi im Arm und küsste ihre Stirn. Sie lächelte. „Ist das unser Baby?“
„Unser Bruder Noemi,“ antworteten Carry und Savannah unisono. Daniel stapfte mit dem Fuß auf. „Ich will aber auch was sehen!“
„Setzt sie hier aufs Bett und nimm ihn.“
„Sicher?“
„Noemi du bleibst brav sitzen?“
„Bin immer lieb.“
Kevin verzog die Stirn, seine Frau grinste. „Wie…wollen wir ihn nun nennen,“ fragte er leise. „Maria wäre wohl etwas unpassend, nicht?“
Holly nickte. „Was…was hälst du von Luca?“
„Luca?“
„Für Lucy und Cain.“
Kevin lächelte und nickte. „Also Luca.“ Er setzte Daniel auf einen der Stühle und Noemi daneben, dann ging er hinaus zu Annie und Eric. „Wollt ihr ihn sehen?“
„Ihn?“ Überrascht blickten die zwei ihm entgegen. Kevin nickte. „Ihn, es ist ein Junge.“
Eric klatschte in die Hände. „Ein Junge. Wie…wie nennt ihr ihn denn jetzt? Ich dachte, ihr hattet nur einen Mädchennamen.“
„Luca.“
„Luca?“ Annie wirkte nachdenklich. Kevin nickte. „In Gedenken an Lucy und Cain, Carrys Vater.“
„Das ist eine schöne Idee Kevin.“
„Es war Hollys.“
Gemeinsam gingen sie hinein. Eric betrachtete glücklich und entzückt das Baby, während Annie Holly gratulierte und sie in die Arme schloss. „Wie fühlst du dich?“
„Gut. Danke Annie, für alles.“
Die ältere Frau nickte. „Dafür doch nicht. Ist doch klar das wir die Kinder nehmen, mmh? Wir sind doch Familie, sie sind unsere Enkel.“
„Naja eigentlich…“
„Kein eigentlich.“
Kevin legte den Kopf, an den seiner Frau. „Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich.“