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#bijoux#.mazes - Yuutos Tagebuch

von Byou
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama / P16 / MaleSlash
10.06.2010
10.06.2010
1
3.036
 
Alle Kapitel
2 Reviews
Dieses Kapitel
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10.06.2010 3.036
 
Titel: bijoux/mazes - Yuutos Tagebuch
Kapitel: 1/??
Rating: P16-Slash (vorerst)
Pairing: Yuuto x Jin, Yuuto x Manabu, Byou x Manabu, diverse weitere
Disclaimer:  Screw gehören mir nicht; Raya, Risa, Koko und alle weiteren Nebencharas dagegen schon =) Familienkonstellationen, Charakterzüge, Alter, Manabus Piercings und weiteres sind frei erfunden ;)

Welcome back! Wir machen einen kleinen Zeitsprung in die Vergangenheit. Dreht alle Uhren auf null Uhr und blättert mindestens 24 Kalenderseiten zurück…

[Ich weiß dass meine Titel keinen Sinn machen. Bijoux war schon sinnlos, und um die Sinnlosigkeit zu erhalten hab ich es stehen lassen (und damit man sich erinnert, dass die Geschichten zusammengehören ;3). Mazes wird sich früher oder später aber von selbst erklären.]

WARNUNG.

Es gibt einige - okay, eine MENGE Abweichungen von Fakten, die in #bijoux# erwähnt wurden. Größtenteils betreffen sie Jin, weil ich den Chara noch ziemlich überarbeitet habe, aber auch z.B. das Kennenlernen der Personen untereinander, und Manabus Vergangenheit. Der Grund dafür ist einfach, dass ich #bijoux# damals relativ planlos angefangen habe und den Hintergrund erst während dem Schreiben entwickelt habe. Da es aber schlussendlich eine Einheit bilden soll, wird #bijoux# am Ende sicher nochmal gründlichst überarbeitet werden. Das wird aber sicher noch eine ganze Weile dauern u.u

Diesmal spar ich mir die Suche nach Kapitelüberschriften und belasse es einfach bei den Monatsnamen. Trägt auch zur Übersichtlichkeit bei =) Auch wenn der Name es anders vermuten lässt, die Tagebucheinträge sind eher Randnotizen. Ich bleibe beim ganz normalen Erzählstil, weil es einfach deutlich weniger kompliziert ist. Die Geschichte ist nicht direkt fortlaufend, es ist eher eine chronologisch geordnete Ansammlung von kurzen oder längeren Ausschnitten.

Es sind sehr viele Klischees. Ihr kennt ja die ganzen typischen Highschool-FFs… aber ich denke mal, ich kann schon sagen, dass ich die coolsten Nebencharas habe =)  Ihr werdet schon sehen, wen ich meine ^^

Letzter Hinweis, dann halt ich die Klappe: Vorsicht! Perspektivenwechsel! Ihr könnt euch denken, was ich nach #bijoux# von Kazuki als Erzählcharakter halte >.<’’

#

:_Yuutos Tagebuch_:

Herzlich Willkommen in meinem Leben. Es ist nicht perfekt. Es tut mir Leid.

Es gibt Dinge, die muss man aufschreiben. Denn wenn man es nicht tut, geht die Erinnerung verloren. Und es gibt Dinge, die man lieber nicht aufschreibt. Dinge, die man vergessen muss, noch während sie geschehen. Die keine Erinnerung wert sind; das, was man vergessen möchte, das, was man nie gesehen haben will. Sag mir, was davon ich selber bin. Wäre ich es dir wert, auch nur eine Zeile an mich zu verschwenden?...



APRIL

>>Guten Morgen. Es ist Frühling. Stell dir folgendes Bild vor: Eine Stadt, die sich heuchlerisch um ein paar Grünflächen bemüht und doch im Alltagsgrau versinkt; Menschen in überfüllten Zügen, mit kalten, desinteressierten Gesichtern; Gedränge, Stimmengewirr, völliges Chaos, das nur dein darauf gedrilltes und längst abgestumpftes Gehirn dir als die Ordnung dieser Welt - dieser Stadt - vorgaukelt. Dass es sowas wie Kirschblüten jemals gegeben hat, ist längst verdrängt oder vergessen. Stell dir eine Stadt vor, irgendeine. Jetzt streich den blauen Himmel, den du dir dazu denkst. Und setz für jedes hübsche kleine Haus eine eintönige Betonfassade hin. Jetzt weißt du, was Montagmorgen in Tokio bedeutet.<<

Und nicht irgendein Montagmorgen, dachte Yuuto, als er das schwarze Notizbuch zuschlug und in seine Tasche zurückstopfte, nur eine Sekunde bevor eine körperlose, monotone Stimme die nächste Haltestelle ansagte. Nicht irgendein Montagmorgen. Der beschissenste Tag des Jahres, wenn es sowas gab. Zweite Aprilwoche. Hallo, neues Schuljahr!...

#

„Na klasse. Ausgerechnet im letzten Schuljahr müssen sie nochmal alle Klassen durchmischen“, kommentierte Risa den Stundenplan, den sie gerade aus ihrem Postfach gefischt hatte. „Und warum zur Hölle kriegen die Kleinkinder die Klassenzimmer im Erdgeschoss und ich muss für JEDES Fach in 'nen anderen Gebäudeteil UND ins oberste Stockwerk?“
„Vielleicht ist das die Strafe dafür, dass wir Sport abgewählt haben, Ri-chan“, antwortete Naoko. Das Mädchen mit dem wilden Lockenschopf musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um halbwegs an ihr Fach heranzukommen, verlor dabei das Gleichgewicht und stolperte so unglücklich, dass sie sich den Kopf an Risas Ellbogen stieß, der gerade nichtsahnend in der Luft hing, während sie auf die Uhr sah.
„Yuuto hat wieder die Bahn verpasst“, stellte sie fest, tätschelte ihrer besten Freundin nebenbei entschuldigend den Kopf und holte für sie den Briefumschlag mit dem Stundenplan und den neuen Klassenlisten aus ihrem Fach. Dem Strom der uniformierten Masse an Schülern folgend, die sich wie jedesmal nach den Ferien absolut unkoordiniert und ohne Rücksicht auf die extra aufgestellten Verkehrsschilder bewegte, machten sie sich auf den Weg zu ihren Schließfächern.
„Und wenn schon, ich hab Modelmaße! Wozu zur Hölle brauch ich Sport?“, sagte Risa und strich sich genervt ihre langen schwarzen Haare zurück, die ihr wie ein Vorhang ins Gesicht fielen, sobald sie ihren Kopf nach vorne neigte. Sie bahnte sich blind ihren Weg durch eine Gruppe orientierungsloser Siebtklässler, während sie Naokos Stundenplan durchlas.
„Scheiße, Koko. Die haben dich in 'ne andere Klasse gesteckt.“
„Waaas?“
„Da. Schau.“ Risa hielt ihr den Plan hin, und ihren eigenen daneben.
„Seit neuestem geht’s nach dem Alphabet. Soll heißen, Yuuto und ich sind in einer Klasse, aber du nicht.“
„Plan A oder Plan B?“, fragte Naoko in verschwörerisch leisem Ton, während sie ihre Jacke in ihrem Schließfach verstaute.
„Was zur Hölle war nochmal Plan A?“
„... Hab ich vergessen. Den haben wir noch nie gebraucht.“
„Plan B, weil du 'ne Klassenlehrerin hast, die für Heulattacken empfänglich ist.“
„Okay. Wir sehen uns morgen in eurem Klassenzimmer. Oh! Da ist Yuuto!“

#

Für den beschissensten Tag des Jahres hatte der Tag gar nicht so schlecht begonnen. Er hatte zwar die erste Bahn verpasst, aber die zweite war nicht so voll gewesen, wie er erwartet hatte, und ausnahmsweise auch gerade noch pünktlich. Es regnete nicht und sah auch nicht so aus als würde es demnächst anfangen, und auf dem Weg von der Haltestelle zur Schule war er nicht einmal angerempelt worden, trotz Massen von Erstklässlern und deutlich zuviel übertriebener guter Laune um ihn herum. Der unausstehliche alte Kerl am Schultor, der jeden nach Name und Klassenstufe fragte, hatte nicht viermal nach seinen Nachnamen gefragt, bis er ihn verstand, und auf dem Weg über den Hof hatte ihn niemand angesprochen. Das war schon beinahe zuviel Glück für Montagmorgen, acht Uhr.
Auf dem Flur vor den Schließfächern löste sich das Gedränge gerade auf, und als er sich gerade umdrehte, weil jemand seinen Namen rief, sprang ihn etwas wie ein großes wuscheliges... Ding an und knuddelte ihn quietschend.
„Yuuto! Du bist zu spät, Risa hat dein Frühstück gegessen! Ich hab dir Reisbällchen gemacht und jetzt werden sie in ihrem Drachenmagen von hundertprozentiger Salzsäure verätzt!“
„Hallo Koko“, keuchte Yuuto halblaut und stolperte einen Schritt zurück. Dann ließ sie ihn los, hüpfte aber immer noch wie ein Gummiball auf der Stelle, während sie ihn weiter vollplapperte.
„Oh Gott, ich muss dir so viel erzählen! Ich war in Europa! Ich hab die Mona Lisa gesehen und den Eiffelturm und Big Ben und das Kollosseum und… und den Rest hab ich vergessen.“
„Ksch, Koko. Du musst in den Unterricht. Viel Glück bei Plan B.“ Risa machte eine scheuchende Bewegung und winkte ihrer Freundin dann hinterher, während die um die Ecke verschwand.
„Hallo, Großer“, begrüßte sie Yuuto und umarmte ihn kurz, bevor sie ihm ebenfalls seinen Stundenplan unter die Nase hielt.
„Den hättest du vergessen, was? Bereit für ein letztes Jahr horrorfilmreifer Erlebnisse in den verfluchten Hallen dieses hässlichen Gemäuers? Brutzelnde Gehirnmasse im Matheunterricht, offene Knochenbrüche in Sport, reihenweise kotzende Kinder die in Bio Schafsköpfe sezieren dürfen. Mann, wär ich gern nochmal in der Unterstufe! Klingt doch gut, oder? Und wehe du fragst mich jetzt, womit ich meine Ferien verbracht hab.“
„Hatte ich nicht vor.“
„Uuuh, bloß nicht so geschwätzig so früh am Morgen. Das war jetzt schon ein Drittel deines Tagespensums an Worten, ich hab's nachgezählt! Und jetzt los, wir kommen zu spät in Geschichte. Im fünften Stock! Ich glaub bis zur Mittagspause begeh ich meinen ersten Mord dieses Jahr, nur aus Frust über Treppenstufen.“

#

„Wir sind in der ultimativen Spastenklasse“, erklärte Risa Yuuto auf dem Weg zum Klassenzimmer. „Die ganzen Pseudo-Yakuzas, erinnerst du dich an Kirito? Da hast du's. In unsrer Klasse. Angeblich auch noch vier Sitzenbleiber und eine die jetzt schon zum zweiten Mal überspringt. Dann noch so ein Nerd, der letztes Jahr Stress mit den Bullen hatte weil er sich ins Schulforum gehackt hat. Und weil das nicht reicht, Misato und der ganze Barbie-Clan. Und natürlich wir zwei. Und das Beste an der Sache ist, wir haben jetzt gleich Unterricht bei 'ner blutjungen winzig kleinen Referendarin. Ich geb ihr zwanzig Minuten bis sie schreiend rausrennt.“
Yuuto schob die nur angelehnte Tür zum Geschichtszimmer auf und hielt sie für Risa auf, bevor er selbst hineinging.
Sie hatte in jedem Punkt recht behalten. In einer Ecke des Klassenzimmers drängte sich eine Mädchentraube um Goldlöckchen Misato, die mit überschlagenen Beinen auf ihrem Tisch saß und gestikulierend von ihrem fabelhaften Urlaub mit irgendeinem stinkreichen Kerl erzählte, in der anderen hatte sich die Möchtegern-Schlägertruppe der Schule breitgemacht. Dazwischen sprenkelten sich die größten Freaks der Schule, das Mädchen mit der 6-Dioptrien-Brille, ein Kerl den alle nur Big Mac nannten und dessen Name wirklich alles über seine Figur und seinen Geisteszustand aussagte...
Risa und Yuuto steuerten aus Gewohnheit zielstrebig die Fensterplätze der letzten Reihe an, ließen aber einen Stuhl zwischen sich frei – vorsorglich. Wenn Kokos Weinkrampf-Masche und die Geschichte des armen, von den Eltern nie wertgeschätzten Kindes, das nur bei seiner Kindergartenfreundin Trost und Anerkennung fand, wirklich noch ein drittes Mal zogen, würden sie den Platz brauchen. Bis dahin nutzte Risa ihn als Fußstütze und streckte sich, den Rücken ans Fenstersims gelehnt, wie auf einem Sofa aus.
„Entschuldigung.“
Als er die Stimme neben sich hörte, hob Yuuto den Kopf. Neben seinem Tisch stand ein Mädchen mit langen, schokobraunen Locken, einem strahlenden Lächeln und riesengroßen Augen.
„Ist da noch frei?“, fragte sie schüchtern.
Er nickte und nahm seine Tasche von dem Stuhl neben ihm.
„Danke. Ich bin übrigens Raya“, sagte das Mädchen und strich sich ihre Locken aus dem Gesicht. „Wir waren glaube ich mal zusammen in irgendeiner Sport-AG. Die, die beim Radschlagen gegen den Pfosten vom Fußballtor geknallt ist“, fügte sie mit leicht verdrehten Augen und einem verlegenen Lachen hinzu.
Yuuto nutzte den Moment, während sie sich hinsetzte und ihre Sachen um sich herum ordenete, um sie genauer anzuschauen. Sie trug eine kleine Schleife im Haar, an ihrem Hals und ihren Handgelenken glitzerte Schmuck, an ihren Rock, ihre Kniestrümpfe und ihre Jacke war Spitze angenäht und ihre Schultasche war ein Plüschhäschen-Rucksack.
„Dann bist du die, die übersprungen hat?“, fragte Risa aus ihrer Ecke. Raya nickte.
„Ja, die meinen, ich soll zumindest die Abschlussprüfung machen, sonst wird mein Studium nachher vielleicht nicht anerkannt...“, murmelte sie.
Risa blies die Backen auf und warf Yuuto einen vielsagenden Blick zu. Bevor sie noch etwas sagen konnte, betrat ihre Lehrerin das Zimmer und begann mit unerwartet energischer Stimme den Unterricht.

#

„Bäääm! Wer geht nach Hollywood? Koko geht nach Hollywood! Bin ich die beste Schauspielerin der Welt? Was sagst du dazu, Yuuto, eh, warte, Risa, was sagt Yuuto dazu?“
„Frag ihn doch selber“, nuschelte Risa mit halbvollem Mund und steckte schnell und unauffällig den Schöpflöffel zurück in die Salatsoße. Mit dem Ellbogen trieb sie Koko weiter in Richtung Spaghetti Carbonara, während die vor lauter Stolz über ihre gelungene Darbietung vor ihrer jetzt-nicht-mehr-Klassenlehrerin beinahe ihr Tablett fallen ließ und in schlechtem Englisch vor sich hin geträllerte Disney-Songs zum Besten gab.
„Du hast das Beste noch nicht gehört, Yuuto.“ Risa hakte sich bei ihrem besten Freund ein und setzte eine geheimnisvolle Miene auf. „Das Beste kommt noch. Besser als Barbie und besser als Big Mac. Aber psst! Du weißt von nichts.“
Yuuto seufzte fast unhörbar. „Schieß los.“
„Kazuki ist in unserer Klasse!“, flüsterte Risa.
„Kazuki“, wiederholte er ungerührt und in normaler Lautstärke, und sofort klatschte Risa ihm ihre Hand auf den Mund.
„Yuuto!“, wimmerte sie. „Sonst muss man jedes Wort aus dir rausquetschen, und dann sollst du einmal den Mund halten und -...“
„Risa steht auf Kazuki“, murmelte Koko ihm zu, während sie sich zwischen die beiden quetschte und sich einen Apfel aus der Obstschale griff.
„Aha. Und das ist nochmal wer?“
Anstatt zu antworten gab Risa nur ein Geräusch von sich, das sich irgendwo zwischen entnervtem Stöhnen und schmerzerfülltem Jaulen bewegte. Yuuto schnappte sich die zwei Mandarinen, die sie sich gerade auf ihr Tablett gelegt hatte und folgte Koko an einen der letzten freien Tische.
„Dass er in unserer Klasse ist, heißt eh nichts, öfter als einmal die Woche lässt der sich hier nicht blicken. Er ist einer von den Sitzenbleibern, von denen war heute keiner da. Auf jeden Fall“, fing Koko wieder an, nachdem sie sich hingesetzt hatten und solange Risa noch außer Hörweite war. „Ich würde mein Mittagessen drauf verwetten, sie steht auf ihn. Ich find ihn... gruselig.“
„Wieso, ist das einer aus Kiritos Pseudo-Gang oder sowas?“
Koko hatte gerade angesetzt, in ihren Apfel zu beißen, und fror mit offenem Mund in der Bewegung ein, ihr Blick wandelte sich von enthusiastisch zu entgeistert und sie schüttelte den Kopf, dass ihre Locken nur so durch die Luft flogen.
„Eh. Nein. So etwa alles nur das nicht. Sag mal, nicht böse gemeint, aber in welcher Traumwelt hast du nochmal die letzten Jahre gelebt, Yuu-chan?“, lachte sie dann.
Yuuto zuckte mit den Schultern und gab keine Antwort. Er war nicht immer so auf dem Laufenden über seine Umwelt wie Koko und Risa, und um ehrlich zu sein war es ihm auch relativ egal. Er hatte entschieden, dass es nicht schlecht war, unsichtbar zu sein, und dass die Leute an dieser Schule ihn nicht interessierten. Risa und Naoko waren die einzigen Ausnahmen – und auch die einzigen, mit denen er mehr als ein paar knappe Wörter redete. Er war kein klassischer Außenseiter, keiner, der gemobbt wurde, aber auch keiner, vor dem man eher zurückwich, so wie der seltsame Kerl, der gerade am anderen Ende der Mensa den Raum betreten hatte.
Risa war neben ihm aufgetaucht und stieß ihm ihre Gabel in den Oberarm, damit er ihr Platz machte. Yuuto rutschte zur Seite und neigte den Kopf ein Stück, um über Kokos Wuschelkopf hinweg sehen zu können, was sich weiter hinten gerade abspielte. Einen Moment lang war es laut geworden, dann mit einem Mal totenstill. Ein paar Stühle wurden hin und her geschoben, einer fiel um. Dann hörte man nur noch die Schritte einer einzelnen Person, leises Getuschel hier und da, das dann aber doch noch verstarb.
„DAS ist Kazuki!“ Kokos Lippen formten die Worte lautlos, aber Yuuto beachtete weder sie noch Risa, die – vor Schreck? – wie zur Salzsäule erstarrt stocksteif dasaß und ihren Mund nicht schloss, obwohl noch eine halbe Ladung Spaghetti in ihrer Backe war.
Was da den Gang zwischen den Tischen entlang schlenderte, kaugummikauend, riesige Headphones um den Hals, aus denen laute Musik dröhnte, die zerfetzte Jeans schlampig in schwarze Lederstiefel gesteckt und die Nase weiter in der Luft als die eingebildetsten Püppchen der Schule, war ein wandelnder Verstoß gegen jede einzelne Schulregel, und dabei so über jeden Zweifel erhaben, dass all die selbsternannten Ordnungshüter, die so gerne ihre Mitschüler beim Rektor anschwärzten, nicht anders gekonnt hätten als in Ehrfurcht auf dem Boden zu kriechen und ihre Notizblöckchen mit den kleinen, gemeinen Aufschrieben über falsch gebundene Schnürsenkel und ungebügelte Hemden zu verspeisen. So... oder so ähnlich.
Das war also Kazuki. Knallrote Haare, mehr Metall im Gesicht als Kampfhunde Zähne im Maul hatten, und dermaßen frostig, dass man schon beim Hinschauen fror. Wo andere das Schulwappen auf ihrer Uniform trugen, war bei ihm ein Totenkopf aufgenäht. Knallhart.
Yuuto betrachtete ihn einen Moment mit immer noch schiefgelegtem Kopf, und auf einmal kam ihm eine Erinnerung in seine Gedanken, an eine gewisse Situation vor etwas mehr als anderthalb Jahrzehnten, als er im Kindergarten eine fiese kleine Wette verloren und zu Strafe eine Handvoll Sand hatte essen müssen. Und auf den zweiten Blick erkannte er das kleine Arschloch, das ihn damals dazu gezwungen hatte.
Er wollte sich gerade seinem Salat widmen und sich nicht mehr um die eisige Stille kümmern, die alle ergriffen hatte; aber die Schritte hatten dummerweise aufgehört, und zwar direkt neben dem Tisch, an dem er saß. Direkt neben Risa.
Risas Fingernägel krallten sich in sein Knie, und er unterdrückte einen Aufschrei.
Das Sandmonster ließ eine Kaugummiblase platzen und nahm tatsächlich seine Nase aus der Luft, um sie anzuschauen.
„Hey, Risa.“
„H-hey“, brachte Risa krächzend heraus. Die Krallen in Yuutos Bein wurden wieder eingezogen, er atmete erleichtert auf, und kassierte im nächsten Moment einen Tritt für das Geräusch, das in Risas Ohren wahrscheinlich eher nach einem entgeisterten Stöhnen geklungen hatte.
Kazuki grinste, ging dann aber weiter, ohne das tiefgründige Gespräch zu beginnen, nachdem Risa sich ihrem verklärten Blick nach wahrscheinlich gerade sehnte. Dann blieb er drei Schritte weiter plötzlich nochmal stehen und sah über die Schulter zu ihr zurück.
„Sag mal.. du hast doch bald Geburtstag, oder?“
„Hä?- ehm, ich meine, ja! Ja, habe ich“, brachte sie stotternd heraus und fuhr sich nervös durchs Haar, ihr strahlendstes Lächeln aufsetztend.
„Feierst du?“
„Ich denke schon, ich hab sturmfrei, aber bisher noch nichts geplant…“
Kazuki nickte. „Ich denke, du solltest feiern.“
Ein vieldeutiges Zwinkern, ein Lächeln, das Koko wie einen trüben, langweiligen Regentag aussehen ließ, und dann war er verschwunden. Die typischen Mensageräusche – Stimmengewirr, klirrende Teller, umfallende Stühle, der ganz normale Wahnsinn – alles ging wieder weiter, nur leider so schlagartig und so laut, dass es in den Ohren wehtat. Risas leises geschocktes Wimmern ging darin völlig unter. Yuuto wandte sich wieder seinem Salat zu, und schaffte es tatsächlich, sich ein halbes Salatblatt in den Mund zu schieben, bevor Risa ihn an den Schultern packte und durchschüttelte.
„Hast du das gehört? Er kennt meinen Namen! Er erinnert sich an mich! Sogar an meinen Geburtstag!“
„Ich weiß, ich bin doch nicht taub.“
„Yuu, weißt du was das heißt? Das heißt, er will, dass ich ihn einlade! Kazuki kommt zu meinem Geburtstag! Oh! Mein! Gott!!!“
„Oh. Mein. Gott. Das Sandmonster kommt zu deinem Geburtstag.“
„...Das was?“

#

___

Das war's auch schon fürs Erste. Danke an Mi-Chan, die keine Ahnung hat, dass sie und ihre Geschichten schuld dran sind dass ich wieder Fanfiction schreibe.
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