Einmal Hamburg und zurück
von wishyouawish
Kurzbeschreibung
Tatort München: Während Franz in Hamburg ist, versuchen Carlo und Ivo in München die Stellung zu halten. Follow-Up zu "Nicht dein Ernst"
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
Kriminalhauptkommissar Franz Leitmayr
Kriminalhauptkommissar Ivo Batic
14.04.2010
14.04.2010
1
2.784
2
14.04.2010
2.784
So, wie versprochen kommt hier die Follow-up Story. Dicker, dicker Dank geht wie immer an Katharina, die diese Story wahrscheinlich schon auswendig kann – so oft wie sie die lesen musste ;o)
Und „ich“, hättest du deine Ideen nicht vorher melden können? Jetzt ist es leider etwas anderes geworden ;o) Hoffe, du hast trotzdem Spaß beim Lesen – vielen Dank für deinen netten Review!
Keine Ahnung wie das mit einem Austausch funktioniert oder ob es überhaupt so etwas gibt (habe zwar im Internet gesucht, aber nichts gefunden). Falls sich da also jemand auskennt und es ist völlig falsch – seht’s mir nach ;o) Ist dann halt künstlerische Freiheit.
Viel Spaß beim Lesen. Reviews sind wie immer sehr willkommen!
Disclaimer: Mir gehört leider immer noch nichts :o(
*Einmal Hamburg und zurück *
„Carlo! Wo sind denn die verdammten Akten?“
Ivos genervter Ruf hallte durch ihre Büroräume.
Carlo hatte die Nase gestrichen voll. Seit Wochen war Ivos Laune auf dem Nullpunkt. Eigentlich war sie sogar schon im Minusbereich angekommen. Normalerweise hätte so eine „negative Phase“ wie Franz es nannte ein paar Stunden, allerhöchstens einen Tag angehalten. Ein gelöster Fall oder ein schönes Weißbier mit Franz nach Feierabend hätten Ivos Stimmung schnell gehoben.
Aber genau da lag das Problem, denn Franz war der Grund für Ivos schlechte Laune. Seit sich ihr Kollege vor genau sieben Wochen und fünf Tagen Richtung Hamburg verabschiedet hatte, um „Abstand zu gewinnen“ wie er es nannte, war mit dem kroatischen Kommissar nicht mehr viel anzufangen.
Ein bisschen konnte Carlo ihn sogar verstehen. Es war wirklich nicht nett von Franz gewesen, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen und gleich am nächsten Tag zu verschwinden.
„Seid’s mit halt net bös“, hatte Franz sie noch gebeten, bevor er mit seinem Gepäck in den Zug gestiegen war.
Und böse sein konnte Carlo Franz eigentlich nie. Bei Ivo war das anders. Der hatte so eine Art an sich, dass Carlo schon mal richtig nachtragend sein konnte. Aber an diesem Tag hatte sein Kollege so niedergeschlagen ausgesehen, dass er ihn am liebsten in den Arm genommen hätte.
Da er sich aber in etwa ausmalen konnte wie Ivo reagieren würde, waren sie dann beide nur schweigend zum Präsidium gefahren und Carlo hatte da schon die Befürchtung, dass diese Austauschzeit sehr, sehr lang werden würde.
„Scheiße!“ Carlo hörte ein Poltern und einen Schwall kroatischer Schimpfwörter. Dann flog die Tür zu seinem kleinen Büro krachend auf und Ivo stapfte in den Raum.
„Wo sind denn nun die Akten? Wenn’s net zu viel Arbeit macht hätt ich sie gern in 5 Sekunden auf meinem Schreibtisch! Ist das klar! Ich brauche unbedingt die ballistischen Ergebnisse. Ich hab nämlich keine Lust, dass die Bender den Fall alleine löst, Carlo! Hörst du!“
Ivo redete ohne Punkt und Komma und war dann so schnell verschwunden wie er aufgetaucht war.
Carlo atmete einmal tief durch, stand dann auf und suchte die gewünschten Akten heraus. Ohne ein Wort zu sagen legte er sie Ivo auf den Schreibtisch und kehrte an seinen Platz zurück.
Frau Bender.
Die Situation wurde dadurch erschwert, dass sich der Austauschkommissar aus der Hansestadt als Frau entpuppte. Carlo fand die Dame eigentlich sympathisch. Wenn man ehrlich war fand er sie sogar sehr sympathisch. Das durfte er Ivo nur nicht sagen, denn der hatte schon beim ersten Blickkontakt mit Frau Bender entschieden, dass er mit dieser Frau weder zusammenarbeiten wollte noch konnte.
„Kommst net mit ihr aus, weil sie a Frau ist oder weil sie nicht Franz ist?“ hatte Carlo seinen Kollegen damals gefragt.
Ivo hatte nur irgendetwas gemurmelt, war dann aus dem Büro gestürmt und hatte Carlo für den Rest des Tages ignoriert.
Carlo wusste, dass er gleich doppelt ins Schwarze getroffen hatte. Nur half ihm das leider überhaupt nicht weiter. Im Gegenteil, von da an ließ Ivo ihn alles erledigen, was Kontakt mit Frau Bender bedeutete. Normalerweise störte es ihn nicht, Zeit mit einer netten, attraktiven Frau zu verbringen, doch in diesem Fall erhöhte sich dadurch seine Arbeitszeit erheblich.
Außerdem hatte sich Ivo nach zwei Wochen Franz’ Ficus samt Düngestäbchen geschnappt und war in Carlos Büro umgezogen. Natürlich nicht, ohne ihm vorher auf seine charmante Art mitzuteilen, dass im großen Büro nun ein Platz frei wäre. Er hatte ihn praktisch aus seinem eigenen Büro geworfen.
Jetzt durfte Carlo sich also nicht mehr nur mit dem Papierkram und Frau Bender rumschlagen, sondern konnte auch noch Ivos Anrufe entgegennehmen.
Wenigstens hatte er nun Franz’ Espresso Maschine.
„Herr Menzinger, könnten Sie bitte Herrn Batic ausrichten, dass ich mich jetzt auf den Weg zu unserem Zeugen mache. Er kann mitkommen oder nachher meinen Bericht lesen. Es ist mir eigentlich ziemlich egal!“
Frau Bender hatte die Tür zum Büro geöffnet und ihn angesprochen. Sie sah heute mal wieder sehr elegant aus in ihrem dunkelblauen Kostüm.
Er lächelte sie an. „Natürlich. Kein Problem. Wird sofort erledigt Frau Bender!“
Seine Kollegin nickte kurz und war dann auch schon wieder verschwunden. Aber wie immer hinterließ sie eine regelrechte Parfümwolke. Offiziell war dies auch der Grund für Ivos Umzug gewesen. Wörtlich hatte Ivo gesagt, dass er „bei diesem Gestank nicht arbeiten“ könne.
Vielleicht hatte sein Kollege dabei sogar ein wenig Recht, aber abgesehen von den Duftmarken konnte Carlo einfach nicht verstehen, was Ivo an Frau Bender auszusetzen hatte. Sie war kompetent, höflich, blieb immer sachlich und sah auch noch gut aus.
Aber sie war halt nicht Franz.
Zu Beginn der Austauschzeit hatte Carlo noch versucht gegen Ivos Tief anzukämpfen und Franz so gut es ging zu ersetzen.
Natürlich war er nicht so dumm zu glauben, dass es überhaupt einen Ersatz geben konnte.
Schließlich hatte er schon lange genug mit den beiden Kommissaren zusammengearbeitet und erkannt, dass sie wie zwei Seiten einer Münze waren. Auf den ersten Blick sehr verschieden, aber im Kern doch gleich. Oder waren sie eher wie Ying und Yang und ergänzten sich vollkommen?
Wahrscheinlich ein bisschen von beiden. Wenn Carlo mal Leerlauf im Büro hatte, dachte er oft über Franz und Ivo nach.
Wenn er ganz ehrlich war beneidete er seine zwei Kollegen. Er selbst hatte zwar eine Menge Freunde und Bekannte und auch mit Ivo und Franz kam er die meiste Zeit sehr gut aus. Aber das, was die beiden verband, war etwas besonderes, das weit über sonst übliche Männerfreundschaft hinaus ging.
Oft schienen sie sich ohne Worte zu verstehen, wussten genau was der andere gerade dachte. Manchmal beendeten sie sogar die Sätze des anderen.
Natürlich gab es auch mal Streit. Auseinadersetzungen zwischen den beiden konnten sogar ziemlich heftig werden. Carlo hasste diese Zeiten, weil er dann immer in der Mitte zu stehen schien. Er hatte das Gefühl sich auf eine Seite schlagen zu müssen. Aber auf welche?
Zum Glück musste er sich meistens gar nicht entscheiden, denn so heftig die Auseinandersetzungen auch waren, so hielten sie doch nie lange an.
„Ist die Bender endlich weg?“
Vor lauter Grübeln hatte Carlo gar nicht gemerkt, dass Ivo den Raum betreten hatte. Sein Kollege hatte seine Jacke in der Hand und schien im Begriff, das Büro zu verlassen.
„Was? Äh, ja, schon ne Weile. Sie hat mich gebeten, dir auszurichten, dass sie zu eurem Zeugen fährt. Was du machst wäre ihr wurscht. Dein Charme hat auch schon mal besser funktioniert, Ivo.“ Carlo grinste Ivo an, aber der reagierte wie so oft in letzter Zeit überhaupt nicht auf diese Aufheiterungsversuche, sondern starrte Carlo nur böse an.
Carlo ließ sich nicht beirren: „Weißt Ivo, könntest glatt als Wetterkarte für a Tief durchgehen. So wie’st schaust ...“
„Mit deinem saudummen Gerede bringst du’s nie zum Hauptkommissar, Carlo.“ Mit einem weiteren finsteren Blick war Ivo verschwunden.
Heute musste er einen besonders schlechten Tag erwischt haben, denn solche persönlichen Beleidigungen war Carlo von ihm eigentlich nur sehr selten gewohnt. Aber in den letzten Wochen war Ivo manchmal richtig fies gewesen.
Vielleicht sollte er einfach mal in Hamburg anrufen. Überlegt hatte er das schon öfter, einfach anzurufen und Franz anzuflehen, so schnell wie möglich zurück zukommen. Er würde ihm schildern, wie schlecht es ihm gerade erging, dass er nah am Burnout war und psychische Qualen litt. Vielleicht sollte er nicht zu dick auftragen, aber er könnte auf alle Fälle mit Franz’ schlechtem Gewissen spielen. Wenn er das Ganze richtig angehen würde, wäre Franz in den nächsten 24 Stunden wieder da.
Mehrmals hatte er die Hand schon am Hörer gehabt, aber dann war er doch zu stolz gewesen. Herrschaftszeiten! Er würde ja wohl in der Lage sein, 3 Monate lang mit Ivo auszukommen. Dafür brauchte er nun wirklich keinen Franz als Schlichter. Schließlich kannte er Ivo auch schon über 15 Jahre. Da musste es doch möglich sein, die Zähne zusammenzubeißen und die Zeit bis zum 25. Mai durchzuhalten. Das Datum hatte sich Carlo rot in seinem Kalender markiert. An diesem Tag würde Franz zurückkehren und Carlo hoffte, dass dann alles wieder normal verlaufen würde.
Plötzlich hörte er, wie die Bürotür aufging. Wahrscheinlich hatte Ivo irgendetwas vergessen. Besser er tat so als wäre er beschäftigt. Er hatte wirklich keine Lust sich weiter mit Ivos mieser Laune auseinander zusetzen. Also begann er irgendetwas in seinen Computer zu tippen. Aber sein Kollege schien noch immer in der Tür zu stehen, denn er hörte ein leises Räuspern. Wenn Ivo etwas von ihm wollte, dann musste er sich schon ein bisschen anstrengen. Also ignorierte Carlo ihn einfach weiter.
Bis eine Stimme, die er nicht erwartet hatte, sagte: „Servus, Carlo!“
Carlo wirbelte auf seinem Schreibtischstuhl herum und glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
Hinter der Tür lugte ein breites Grinsen und die altbekannten ergrauten Locken hervor.
„Franz!? Aber… wie… was…“ stammelte Carlo.
„Freu mich auch dich zu sehen.“ Franz grinste ihn immer noch an.
„Was machst du denn hier? Ich mein, du bist doch in Hamburg. Wie kommst du denn hierher? Kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin, dich zu sehen!“ Carlo legte eine kleine Pause ein und musterte Franz. „Wie schaust‚n du aus?“
Diese Frage war durchaus berechtigt: Franz sah aus, als sei er mit einem Schwergewichtler in den Ring gestiegen oder gegen eine ziemlich dicke Tür gerannt. Sein rechtes Auge war fast zugeschwollen und nahm langsam die Farben des Regenbogens an. Seine Nase schien gebrochen und auf seiner Stirn klebte ebenfalls ein großes Pflaster.
„Das ... „ Franz zeigte auf sein Gesicht „... is a lange G’schicht. Wo is’n der Ivo?“
Carlo hätte sich ja denken können, dass dies die erste Frage von Franz sein würde. „Der musste eben mal kurz weg. Setz dich doch. Magst was trinken? Vielleicht an Espresso? Und was die lange Geschichte angeht, ich habe Zeit.“
Franz ließ sich auf seinen Bürostuhl fallen und seinen Blick durchs Büro schweifen. „Gegen an Espresso hätt ich nix einzuwenden. Sag mal Carlo, wo ist denn der Ficus?“
Carlo war froh, dass er mit dem Espresso beschäftigt war. Das gab ihm ein paar Sekunden Zeit, sich eine gute Antwort einfallen zu lassen.
„Ja weißt, deine Vertretung, die Frau Bender, also, die ist allergisch. Deswegen ham’ mer ihn in mein Büro gestellt.“ Der Espresso war fertig und Carlo stellte die Tasse vor Franz auf den Schreibtisch.
„Ach so, na dann ist ja gut!“
Komisch, Franz hatte ihm seine Antwort einfach so abgenommen. Ihm schien es anscheinend wirklich nicht so gut zu gehen. Vielleicht hatte er mehr als ein blaues Auge abbekommen.
„Dann schieß mal los. Kam dein bayerischer Charme nicht so gut an da im hohen Norden oder bist du gegen a Tür g’laufen?“ Carlo war so erleichtert, dass Franz wieder da war, dass er seine Sprüche einfach nicht zurück halten konnte.
„Ha ha. Wie ich sehe, bist du noch ganz der Alte.“ ‚Zum Glück’ fügte Franz in Gedanken hinzu.
„Wir ham da an Tipp bekommen, wo sich ein Verdächtiger aufhalten sollte. Na ja und da san mer dann so um 5 Uhr in der Früh auf diesen Fischmarkt gefahren. Mir haben den Kerl auch gefunden, aber leider war der nicht besonders interessiert daran mitzukommen. Also, mir hinterher.“
Franz unterbrach sich selbst und blickte Carlo eindringlich an: „Carlo, versprich mir, dass du’s nicht weitertratschst – an niemanden! Dem Ivo erzähl ich’s schon selbst.“ Franz blickte ihn schon fast verzweifelt an und umklammerte dabei die Espressotasse. Ihm schien die Sache wirklich sehr unangenehm zu sein.
„Ich kann doch noch gar nichts weitertratschen ...“
„Carlo!“ Franz sah ihn beleidigt an.
„Schon gut, schon gut. Ich versprech’s. Aber dann musst mir halt auch erzählen, was passiert ist.“
Franz schien erleichtert zu sein, immerhin hatte sein Freund noch nie ein Versprechen gebrochen. „Ok, gut! Also, wie g’sagt wir mussten leider ... „
Doch Carlo unterbrach ihn: „Moment, wer ist denn nun ‚wir’?“
„Der Ingo, also mein Kollege Ingo Bach. Auf jedenfall sind wir hinter dem Kerl her. Ich wollte ihn unbedingt schnappen. War wohl a bissel übermotiviert. Ich weiß noch, dass Ingo irgendetwas gerufen hat und ich mich zu ihm umgedreht hab. Dann gab’s an fürchterlichen Knall und ich bin später im Krankenhaus aufgewacht.“
Für Franz schien die Erklärung damit beendet, aber Carlo blickte ihn weiterhin erwartungsvoll an. „Das war’s schon? Du willst mir nicht erzählen, dass du gegen a Tür gelaufen bist und jetzt so aussiehst?“ Jetzt starrte ihn Carlo ungläubig an.
„Es war ne dicke Tür, von nem Kühlwagen!“, begann Franz sich zu rechtfertigen.
„Franz, du bist noch nie gegen eine ...“ Carlo wurde von einem Geräusch unterbrochen, das aus Franz’ Richtung kam und das man mit viel Phantasie als Wort erkennen konnte. „Zwei!!! Du bist gegen zwei Türen gelaufen? Du willst mich doch verarschen.“
„Den Tag davor bin ich beim Duschen ausgerutscht und gegen die Badezimmertür gekracht. Da habe ich mir die Nase gebrochen“
Franz schien sich ein bisschen erholt zu haben, denn nun sah er Carlo fast schon herausfordernd an.
„Und was machst du dann jetzt hier? Nein, sag’s mir nicht. Sie haben dich zurückgeschickt, weil sie nicht auf so einen bayrischen Tollpatsch aufpassen wollten.“ Nun konnte sich Carlo das Grinsen nicht mehr verkneifen. „Mensch Franz, da gehst nach Hamburg, um dich a bissel von uns zu erholen und ...“ er prustete fast los.
„Und wie war’s bei euch so?“ versuchte Franz betont ruhig abzulenken.
Nein, so einfach wollte Carlo seinen Freund nicht davon kommen lassen, Schließlich bot sich nicht häufig die Gelegenheit einen der beiden zu ärgern. Meistens war es nämlich andersrum.
In diesem Moment ging jedoch erneut die Bürotür auf.
Ivo stand in der Tür und blickte gleichzeitig überrascht, erfreut und verwirrt zwischen Carlo und Franz hin und her.
„Franz!“ ,war das Einzige, das aus seinem Mund kam. Sprachlos hatte Carlo Ivo nur sehr selten erlebt.
„Mensch Ivo! Deine bessere Hälfte ist zurück. Kannst dich schon a bissl freuen!“ Carlo war aufgestanden und gab Ivo einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter, aber noch immer kam kein Wort über dessen Lippen.
Trotz seiner Blessuren merkte Franz schnell, dass irgendetwas Ivo daran hinderte sich über seine Rückkehr zu freuen. „Ivo, schön dich zu sehen!“ Er macht einen Schritt nach vorne, um seinen Freund zu umarmen und bemerkte dabei einen Zettel, den Ivo etwas verkrampft in der Hand hielt.
Mit Blick auf den Zettel fragte er: „Schwieriger Fall?“
Ivo hielt ihm nur wortlos den Zettel hin. Franz blickte Carlo an und nahm das Papier. Er begann laut zu lesen: „Sehr geehrter Herr Batic. Ihrer Anfrage, an einem 3-monatigen Austausch mit der Mordkommission in Köln teilzunehmen wird hiermit stattgegeben.“
------------------------------------------------
Einige Stunden später saßen die drei in einem der vielen Biergärten und genossen ein Weißbier.
Nachdem der erste Schock überwunden war und Ivo seine Sprache wiedergefunden hatte, wollte er sofort mit Franz ins Krankenhaus fahren. Erst als dieser ihm mehrfach versicherte, dass es ihm gut ginge und dass er schon eine Nacht im Krankenhaus verbracht hätte, war Ivo einigermaßen beruhigt.
Als nächstes war er dann zu seinem Vorgesetzen marschiert, hatte ihm erklärt, dass alles nur ein Missverständnis war und leise gebeten, ob nicht eventuell jemand anders an dem Austausch teilnehmen könnte.
Er hatte Glück. Es hatte noch eine Bewerbung auf den Austauschplatz gegeben, so dass dieser Kollege nun nachrücken konnte.
Carlo war erstaunt wie schnell sich Ivos Laune verändert hatte. Ihn hatte es noch nicht mal groß gestört, als Frau Bender mitten in ihre „Franz-ist-wieder-da“ Feier platzte und selbstverliebt erklärte, sie hätte den Fall nun gelöst. Carlo fand sie auf einmal gar nicht mehr so sympathisch.
„Carlo! Du sagst ja gar nichts. Bist beleidigt, weil du wieder ins kleine Büro musst? Oder weil ich mit der Bender doch recht hatte?“ Ivo strahlte ihn an.
„Naa, ich überleg, an welche Zeitung ich Franz’ Geschichte verkaufe.“ Carlo grinst frech zurück.
„Carlo!“ Franz blickte ihn böse und flehend zugleich an.
„Ja, schon gut. Versprochen ist versprochen!“ Aber innerlich überlegte Carlo schon, was für einen Nutzen er aus Franz’ Missgeschick ziehen konnte. Vielleicht konnte er ihm ja die Espressomaschine abschwatzen ...
Die Welt war wieder in Ordnung in München.
Und „ich“, hättest du deine Ideen nicht vorher melden können? Jetzt ist es leider etwas anderes geworden ;o) Hoffe, du hast trotzdem Spaß beim Lesen – vielen Dank für deinen netten Review!
Keine Ahnung wie das mit einem Austausch funktioniert oder ob es überhaupt so etwas gibt (habe zwar im Internet gesucht, aber nichts gefunden). Falls sich da also jemand auskennt und es ist völlig falsch – seht’s mir nach ;o) Ist dann halt künstlerische Freiheit.
Viel Spaß beim Lesen. Reviews sind wie immer sehr willkommen!
Disclaimer: Mir gehört leider immer noch nichts :o(
*Einmal Hamburg und zurück *
„Carlo! Wo sind denn die verdammten Akten?“
Ivos genervter Ruf hallte durch ihre Büroräume.
Carlo hatte die Nase gestrichen voll. Seit Wochen war Ivos Laune auf dem Nullpunkt. Eigentlich war sie sogar schon im Minusbereich angekommen. Normalerweise hätte so eine „negative Phase“ wie Franz es nannte ein paar Stunden, allerhöchstens einen Tag angehalten. Ein gelöster Fall oder ein schönes Weißbier mit Franz nach Feierabend hätten Ivos Stimmung schnell gehoben.
Aber genau da lag das Problem, denn Franz war der Grund für Ivos schlechte Laune. Seit sich ihr Kollege vor genau sieben Wochen und fünf Tagen Richtung Hamburg verabschiedet hatte, um „Abstand zu gewinnen“ wie er es nannte, war mit dem kroatischen Kommissar nicht mehr viel anzufangen.
Ein bisschen konnte Carlo ihn sogar verstehen. Es war wirklich nicht nett von Franz gewesen, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen und gleich am nächsten Tag zu verschwinden.
„Seid’s mit halt net bös“, hatte Franz sie noch gebeten, bevor er mit seinem Gepäck in den Zug gestiegen war.
Und böse sein konnte Carlo Franz eigentlich nie. Bei Ivo war das anders. Der hatte so eine Art an sich, dass Carlo schon mal richtig nachtragend sein konnte. Aber an diesem Tag hatte sein Kollege so niedergeschlagen ausgesehen, dass er ihn am liebsten in den Arm genommen hätte.
Da er sich aber in etwa ausmalen konnte wie Ivo reagieren würde, waren sie dann beide nur schweigend zum Präsidium gefahren und Carlo hatte da schon die Befürchtung, dass diese Austauschzeit sehr, sehr lang werden würde.
„Scheiße!“ Carlo hörte ein Poltern und einen Schwall kroatischer Schimpfwörter. Dann flog die Tür zu seinem kleinen Büro krachend auf und Ivo stapfte in den Raum.
„Wo sind denn nun die Akten? Wenn’s net zu viel Arbeit macht hätt ich sie gern in 5 Sekunden auf meinem Schreibtisch! Ist das klar! Ich brauche unbedingt die ballistischen Ergebnisse. Ich hab nämlich keine Lust, dass die Bender den Fall alleine löst, Carlo! Hörst du!“
Ivo redete ohne Punkt und Komma und war dann so schnell verschwunden wie er aufgetaucht war.
Carlo atmete einmal tief durch, stand dann auf und suchte die gewünschten Akten heraus. Ohne ein Wort zu sagen legte er sie Ivo auf den Schreibtisch und kehrte an seinen Platz zurück.
Frau Bender.
Die Situation wurde dadurch erschwert, dass sich der Austauschkommissar aus der Hansestadt als Frau entpuppte. Carlo fand die Dame eigentlich sympathisch. Wenn man ehrlich war fand er sie sogar sehr sympathisch. Das durfte er Ivo nur nicht sagen, denn der hatte schon beim ersten Blickkontakt mit Frau Bender entschieden, dass er mit dieser Frau weder zusammenarbeiten wollte noch konnte.
„Kommst net mit ihr aus, weil sie a Frau ist oder weil sie nicht Franz ist?“ hatte Carlo seinen Kollegen damals gefragt.
Ivo hatte nur irgendetwas gemurmelt, war dann aus dem Büro gestürmt und hatte Carlo für den Rest des Tages ignoriert.
Carlo wusste, dass er gleich doppelt ins Schwarze getroffen hatte. Nur half ihm das leider überhaupt nicht weiter. Im Gegenteil, von da an ließ Ivo ihn alles erledigen, was Kontakt mit Frau Bender bedeutete. Normalerweise störte es ihn nicht, Zeit mit einer netten, attraktiven Frau zu verbringen, doch in diesem Fall erhöhte sich dadurch seine Arbeitszeit erheblich.
Außerdem hatte sich Ivo nach zwei Wochen Franz’ Ficus samt Düngestäbchen geschnappt und war in Carlos Büro umgezogen. Natürlich nicht, ohne ihm vorher auf seine charmante Art mitzuteilen, dass im großen Büro nun ein Platz frei wäre. Er hatte ihn praktisch aus seinem eigenen Büro geworfen.
Jetzt durfte Carlo sich also nicht mehr nur mit dem Papierkram und Frau Bender rumschlagen, sondern konnte auch noch Ivos Anrufe entgegennehmen.
Wenigstens hatte er nun Franz’ Espresso Maschine.
„Herr Menzinger, könnten Sie bitte Herrn Batic ausrichten, dass ich mich jetzt auf den Weg zu unserem Zeugen mache. Er kann mitkommen oder nachher meinen Bericht lesen. Es ist mir eigentlich ziemlich egal!“
Frau Bender hatte die Tür zum Büro geöffnet und ihn angesprochen. Sie sah heute mal wieder sehr elegant aus in ihrem dunkelblauen Kostüm.
Er lächelte sie an. „Natürlich. Kein Problem. Wird sofort erledigt Frau Bender!“
Seine Kollegin nickte kurz und war dann auch schon wieder verschwunden. Aber wie immer hinterließ sie eine regelrechte Parfümwolke. Offiziell war dies auch der Grund für Ivos Umzug gewesen. Wörtlich hatte Ivo gesagt, dass er „bei diesem Gestank nicht arbeiten“ könne.
Vielleicht hatte sein Kollege dabei sogar ein wenig Recht, aber abgesehen von den Duftmarken konnte Carlo einfach nicht verstehen, was Ivo an Frau Bender auszusetzen hatte. Sie war kompetent, höflich, blieb immer sachlich und sah auch noch gut aus.
Aber sie war halt nicht Franz.
Zu Beginn der Austauschzeit hatte Carlo noch versucht gegen Ivos Tief anzukämpfen und Franz so gut es ging zu ersetzen.
Natürlich war er nicht so dumm zu glauben, dass es überhaupt einen Ersatz geben konnte.
Schließlich hatte er schon lange genug mit den beiden Kommissaren zusammengearbeitet und erkannt, dass sie wie zwei Seiten einer Münze waren. Auf den ersten Blick sehr verschieden, aber im Kern doch gleich. Oder waren sie eher wie Ying und Yang und ergänzten sich vollkommen?
Wahrscheinlich ein bisschen von beiden. Wenn Carlo mal Leerlauf im Büro hatte, dachte er oft über Franz und Ivo nach.
Wenn er ganz ehrlich war beneidete er seine zwei Kollegen. Er selbst hatte zwar eine Menge Freunde und Bekannte und auch mit Ivo und Franz kam er die meiste Zeit sehr gut aus. Aber das, was die beiden verband, war etwas besonderes, das weit über sonst übliche Männerfreundschaft hinaus ging.
Oft schienen sie sich ohne Worte zu verstehen, wussten genau was der andere gerade dachte. Manchmal beendeten sie sogar die Sätze des anderen.
Natürlich gab es auch mal Streit. Auseinadersetzungen zwischen den beiden konnten sogar ziemlich heftig werden. Carlo hasste diese Zeiten, weil er dann immer in der Mitte zu stehen schien. Er hatte das Gefühl sich auf eine Seite schlagen zu müssen. Aber auf welche?
Zum Glück musste er sich meistens gar nicht entscheiden, denn so heftig die Auseinandersetzungen auch waren, so hielten sie doch nie lange an.
„Ist die Bender endlich weg?“
Vor lauter Grübeln hatte Carlo gar nicht gemerkt, dass Ivo den Raum betreten hatte. Sein Kollege hatte seine Jacke in der Hand und schien im Begriff, das Büro zu verlassen.
„Was? Äh, ja, schon ne Weile. Sie hat mich gebeten, dir auszurichten, dass sie zu eurem Zeugen fährt. Was du machst wäre ihr wurscht. Dein Charme hat auch schon mal besser funktioniert, Ivo.“ Carlo grinste Ivo an, aber der reagierte wie so oft in letzter Zeit überhaupt nicht auf diese Aufheiterungsversuche, sondern starrte Carlo nur böse an.
Carlo ließ sich nicht beirren: „Weißt Ivo, könntest glatt als Wetterkarte für a Tief durchgehen. So wie’st schaust ...“
„Mit deinem saudummen Gerede bringst du’s nie zum Hauptkommissar, Carlo.“ Mit einem weiteren finsteren Blick war Ivo verschwunden.
Heute musste er einen besonders schlechten Tag erwischt haben, denn solche persönlichen Beleidigungen war Carlo von ihm eigentlich nur sehr selten gewohnt. Aber in den letzten Wochen war Ivo manchmal richtig fies gewesen.
Vielleicht sollte er einfach mal in Hamburg anrufen. Überlegt hatte er das schon öfter, einfach anzurufen und Franz anzuflehen, so schnell wie möglich zurück zukommen. Er würde ihm schildern, wie schlecht es ihm gerade erging, dass er nah am Burnout war und psychische Qualen litt. Vielleicht sollte er nicht zu dick auftragen, aber er könnte auf alle Fälle mit Franz’ schlechtem Gewissen spielen. Wenn er das Ganze richtig angehen würde, wäre Franz in den nächsten 24 Stunden wieder da.
Mehrmals hatte er die Hand schon am Hörer gehabt, aber dann war er doch zu stolz gewesen. Herrschaftszeiten! Er würde ja wohl in der Lage sein, 3 Monate lang mit Ivo auszukommen. Dafür brauchte er nun wirklich keinen Franz als Schlichter. Schließlich kannte er Ivo auch schon über 15 Jahre. Da musste es doch möglich sein, die Zähne zusammenzubeißen und die Zeit bis zum 25. Mai durchzuhalten. Das Datum hatte sich Carlo rot in seinem Kalender markiert. An diesem Tag würde Franz zurückkehren und Carlo hoffte, dass dann alles wieder normal verlaufen würde.
Plötzlich hörte er, wie die Bürotür aufging. Wahrscheinlich hatte Ivo irgendetwas vergessen. Besser er tat so als wäre er beschäftigt. Er hatte wirklich keine Lust sich weiter mit Ivos mieser Laune auseinander zusetzen. Also begann er irgendetwas in seinen Computer zu tippen. Aber sein Kollege schien noch immer in der Tür zu stehen, denn er hörte ein leises Räuspern. Wenn Ivo etwas von ihm wollte, dann musste er sich schon ein bisschen anstrengen. Also ignorierte Carlo ihn einfach weiter.
Bis eine Stimme, die er nicht erwartet hatte, sagte: „Servus, Carlo!“
Carlo wirbelte auf seinem Schreibtischstuhl herum und glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
Hinter der Tür lugte ein breites Grinsen und die altbekannten ergrauten Locken hervor.
„Franz!? Aber… wie… was…“ stammelte Carlo.
„Freu mich auch dich zu sehen.“ Franz grinste ihn immer noch an.
„Was machst du denn hier? Ich mein, du bist doch in Hamburg. Wie kommst du denn hierher? Kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin, dich zu sehen!“ Carlo legte eine kleine Pause ein und musterte Franz. „Wie schaust‚n du aus?“
Diese Frage war durchaus berechtigt: Franz sah aus, als sei er mit einem Schwergewichtler in den Ring gestiegen oder gegen eine ziemlich dicke Tür gerannt. Sein rechtes Auge war fast zugeschwollen und nahm langsam die Farben des Regenbogens an. Seine Nase schien gebrochen und auf seiner Stirn klebte ebenfalls ein großes Pflaster.
„Das ... „ Franz zeigte auf sein Gesicht „... is a lange G’schicht. Wo is’n der Ivo?“
Carlo hätte sich ja denken können, dass dies die erste Frage von Franz sein würde. „Der musste eben mal kurz weg. Setz dich doch. Magst was trinken? Vielleicht an Espresso? Und was die lange Geschichte angeht, ich habe Zeit.“
Franz ließ sich auf seinen Bürostuhl fallen und seinen Blick durchs Büro schweifen. „Gegen an Espresso hätt ich nix einzuwenden. Sag mal Carlo, wo ist denn der Ficus?“
Carlo war froh, dass er mit dem Espresso beschäftigt war. Das gab ihm ein paar Sekunden Zeit, sich eine gute Antwort einfallen zu lassen.
„Ja weißt, deine Vertretung, die Frau Bender, also, die ist allergisch. Deswegen ham’ mer ihn in mein Büro gestellt.“ Der Espresso war fertig und Carlo stellte die Tasse vor Franz auf den Schreibtisch.
„Ach so, na dann ist ja gut!“
Komisch, Franz hatte ihm seine Antwort einfach so abgenommen. Ihm schien es anscheinend wirklich nicht so gut zu gehen. Vielleicht hatte er mehr als ein blaues Auge abbekommen.
„Dann schieß mal los. Kam dein bayerischer Charme nicht so gut an da im hohen Norden oder bist du gegen a Tür g’laufen?“ Carlo war so erleichtert, dass Franz wieder da war, dass er seine Sprüche einfach nicht zurück halten konnte.
„Ha ha. Wie ich sehe, bist du noch ganz der Alte.“ ‚Zum Glück’ fügte Franz in Gedanken hinzu.
„Wir ham da an Tipp bekommen, wo sich ein Verdächtiger aufhalten sollte. Na ja und da san mer dann so um 5 Uhr in der Früh auf diesen Fischmarkt gefahren. Mir haben den Kerl auch gefunden, aber leider war der nicht besonders interessiert daran mitzukommen. Also, mir hinterher.“
Franz unterbrach sich selbst und blickte Carlo eindringlich an: „Carlo, versprich mir, dass du’s nicht weitertratschst – an niemanden! Dem Ivo erzähl ich’s schon selbst.“ Franz blickte ihn schon fast verzweifelt an und umklammerte dabei die Espressotasse. Ihm schien die Sache wirklich sehr unangenehm zu sein.
„Ich kann doch noch gar nichts weitertratschen ...“
„Carlo!“ Franz sah ihn beleidigt an.
„Schon gut, schon gut. Ich versprech’s. Aber dann musst mir halt auch erzählen, was passiert ist.“
Franz schien erleichtert zu sein, immerhin hatte sein Freund noch nie ein Versprechen gebrochen. „Ok, gut! Also, wie g’sagt wir mussten leider ... „
Doch Carlo unterbrach ihn: „Moment, wer ist denn nun ‚wir’?“
„Der Ingo, also mein Kollege Ingo Bach. Auf jedenfall sind wir hinter dem Kerl her. Ich wollte ihn unbedingt schnappen. War wohl a bissel übermotiviert. Ich weiß noch, dass Ingo irgendetwas gerufen hat und ich mich zu ihm umgedreht hab. Dann gab’s an fürchterlichen Knall und ich bin später im Krankenhaus aufgewacht.“
Für Franz schien die Erklärung damit beendet, aber Carlo blickte ihn weiterhin erwartungsvoll an. „Das war’s schon? Du willst mir nicht erzählen, dass du gegen a Tür gelaufen bist und jetzt so aussiehst?“ Jetzt starrte ihn Carlo ungläubig an.
„Es war ne dicke Tür, von nem Kühlwagen!“, begann Franz sich zu rechtfertigen.
„Franz, du bist noch nie gegen eine ...“ Carlo wurde von einem Geräusch unterbrochen, das aus Franz’ Richtung kam und das man mit viel Phantasie als Wort erkennen konnte. „Zwei!!! Du bist gegen zwei Türen gelaufen? Du willst mich doch verarschen.“
„Den Tag davor bin ich beim Duschen ausgerutscht und gegen die Badezimmertür gekracht. Da habe ich mir die Nase gebrochen“
Franz schien sich ein bisschen erholt zu haben, denn nun sah er Carlo fast schon herausfordernd an.
„Und was machst du dann jetzt hier? Nein, sag’s mir nicht. Sie haben dich zurückgeschickt, weil sie nicht auf so einen bayrischen Tollpatsch aufpassen wollten.“ Nun konnte sich Carlo das Grinsen nicht mehr verkneifen. „Mensch Franz, da gehst nach Hamburg, um dich a bissel von uns zu erholen und ...“ er prustete fast los.
„Und wie war’s bei euch so?“ versuchte Franz betont ruhig abzulenken.
Nein, so einfach wollte Carlo seinen Freund nicht davon kommen lassen, Schließlich bot sich nicht häufig die Gelegenheit einen der beiden zu ärgern. Meistens war es nämlich andersrum.
In diesem Moment ging jedoch erneut die Bürotür auf.
Ivo stand in der Tür und blickte gleichzeitig überrascht, erfreut und verwirrt zwischen Carlo und Franz hin und her.
„Franz!“ ,war das Einzige, das aus seinem Mund kam. Sprachlos hatte Carlo Ivo nur sehr selten erlebt.
„Mensch Ivo! Deine bessere Hälfte ist zurück. Kannst dich schon a bissl freuen!“ Carlo war aufgestanden und gab Ivo einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter, aber noch immer kam kein Wort über dessen Lippen.
Trotz seiner Blessuren merkte Franz schnell, dass irgendetwas Ivo daran hinderte sich über seine Rückkehr zu freuen. „Ivo, schön dich zu sehen!“ Er macht einen Schritt nach vorne, um seinen Freund zu umarmen und bemerkte dabei einen Zettel, den Ivo etwas verkrampft in der Hand hielt.
Mit Blick auf den Zettel fragte er: „Schwieriger Fall?“
Ivo hielt ihm nur wortlos den Zettel hin. Franz blickte Carlo an und nahm das Papier. Er begann laut zu lesen: „Sehr geehrter Herr Batic. Ihrer Anfrage, an einem 3-monatigen Austausch mit der Mordkommission in Köln teilzunehmen wird hiermit stattgegeben.“
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Einige Stunden später saßen die drei in einem der vielen Biergärten und genossen ein Weißbier.
Nachdem der erste Schock überwunden war und Ivo seine Sprache wiedergefunden hatte, wollte er sofort mit Franz ins Krankenhaus fahren. Erst als dieser ihm mehrfach versicherte, dass es ihm gut ginge und dass er schon eine Nacht im Krankenhaus verbracht hätte, war Ivo einigermaßen beruhigt.
Als nächstes war er dann zu seinem Vorgesetzen marschiert, hatte ihm erklärt, dass alles nur ein Missverständnis war und leise gebeten, ob nicht eventuell jemand anders an dem Austausch teilnehmen könnte.
Er hatte Glück. Es hatte noch eine Bewerbung auf den Austauschplatz gegeben, so dass dieser Kollege nun nachrücken konnte.
Carlo war erstaunt wie schnell sich Ivos Laune verändert hatte. Ihn hatte es noch nicht mal groß gestört, als Frau Bender mitten in ihre „Franz-ist-wieder-da“ Feier platzte und selbstverliebt erklärte, sie hätte den Fall nun gelöst. Carlo fand sie auf einmal gar nicht mehr so sympathisch.
„Carlo! Du sagst ja gar nichts. Bist beleidigt, weil du wieder ins kleine Büro musst? Oder weil ich mit der Bender doch recht hatte?“ Ivo strahlte ihn an.
„Naa, ich überleg, an welche Zeitung ich Franz’ Geschichte verkaufe.“ Carlo grinst frech zurück.
„Carlo!“ Franz blickte ihn böse und flehend zugleich an.
„Ja, schon gut. Versprochen ist versprochen!“ Aber innerlich überlegte Carlo schon, was für einen Nutzen er aus Franz’ Missgeschick ziehen konnte. Vielleicht konnte er ihm ja die Espressomaschine abschwatzen ...
Die Welt war wieder in Ordnung in München.