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And I am here still waiting

von Caro88
Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P12 / MaleSlash
Elphaba Thropp Glinda/Galinda Upland of the Upper Uplands
13.09.2009
02.03.2010
9
8.406
 
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Dieses Kapitel
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13.09.2009 1.771
 
Disclaimer: Wicked gehört mir in keinster Weise, ich leihe es mir für meine Fanfic aus. "Fallen" (Songtext) ist von "Afterglow", gesungen von Sarah McLachlan. Wer reinhören möchte: http://www.youtube.com/watch?v=t0M5ZH-dn-o
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Wieder verstrichen vier Wochen in der leuchtend grünen Stadt im Herzen Oz‘. Edelsteine jedoch funkeln ohne ein Gefühl für die Zeit, die verging. Diamanten erstrahlten auch nach Generationen in heller Eleganz. Smaragde zierten die Stadt wie nirgends sonst, doch hinter all dem Glanz lag eine sehr trostlose Welt. Das Gefunkel war nur die Maske für eine Stadt, in der die Menschen Hunger litten, politische Gefangene in Southstairs verrotteten und eine dekadente Oberschicht, die blind für die bettelnden Augen, magere Körper und den Terror, ein Leben im Überfluss führte. Grüne Steine wachten über die Hauptstadt, ohne zu richten. Die Menschen würden sich früher oder später schon selbst vernichten. Wenn es soweit war, würden Holzbalken zerbröseln, Dächer einstürzen und Glas zerspringen. Die Natur würde sich zurückerobern, was die Ozianer ihr in unzähligen Jahren abgerungen hatten. Sie lauerte still, geduldig, denn der Untergang nahte schon. Dessen war sich Elphaba sicher, als sie schweigend auf ihrem Besen durch die neue Vollmondnacht flog. Sie war sich bewusst, dass in Oz größere Kräfte am Wirken waren als viele seiner Bewohner sich je vorstellen konnten.
Als Glindas Palast unter ihr zu erkennen war, vertrieb sie ihre destruktiven Gedanken mit einem unwirschen Kopfschütteln. Dafür war jetzt keine Zeit. Heute Nacht ging es nicht um eine sich selbst verschlingende Gesellschaft.
Es ging um Glinda.

Be the long awaited answer
To a long and painful fight

Das Zimmer der Blonden war, wie beim letzten Mal, von Kerzen erhellt, die sanfte Schatten auf die Möbel warfen. Als Elphaba den Raum betrat, saß Glinda vornübergebeugt an ihrem Schreibtisch. Ihr Kopf war auf ein Schriftstück gesunken, die Feder hielt sie noch in der Hand. Ein danebenliegendes Buch war schon mit dem Wachs der Kerze überzogen, die darauf stand. Schmunzelnd nahm die grüne Hexe den Federkiel aus der zierlichen Hand, um ihn beiseite zu legen. Sie schloss das tiefschwarze Tintenfass und löschte die Kerze. Dann schlang sie ihre Arme vorsichtig um Glindas Oberkörper. Elphaba drückte einen Kuss auf die blonden Locken, woraufhin Oz‘ Herrscherin seufzend aus ihrem erschöpften Schlaf erwachte.
„Guten Abend, mein Liebes.“
„Mmh … ´n Abend, Elphie“, kam die verschlafene Antwort, von einem Gähnen verwischt.
Die blonde Hexe richtete sich langsam auf und streckte sich, um ihren Rücken zu entspannen. Elphaba meinte amüsiert: „Schon in Shiz konntest du nachts nie lange arbeiten.“
„Im Gegensatz zu dir … am Anfang habe ich wirklich gedacht, du schläfst nie.“
Beide lachten und waren sofort von einer wohltuenden Unbefangenheit umschlossen.  Elphaba setzte sich auf einen der ausladenden Sessel, der vor der Wand voller Bücherregale stand. Sie holte tief Luft und der Geruch von alten Pergamentseiten füllte ihr Bewusstsein.
„Weißt du Elphie, all die alten Bücher und wie sie riechen – das hat mich immer an dich erinnert.“
Die grüne Frau zog eine Augenbraue nach oben und blickte Glinda fragend an.
„ … Also nicht, dass du nach altem, zerfallendem Papier riecht, aber du hast immer gelesen, als wir noch an der Universität waren.“
Elphaba schwieg einen Augenblick und sagte dann lächelnd: „Ich mag es, wie du unsere Erinnerungen in dir bewahrst.“
„Und ich, wie du aus Erinnerungen Realität machst.“
„Erzähl mir heute Nacht von dir, mein Liebes.“, sagte Elphaba.

Truth to be told I tried my best
But somewhere along the way
I got caught up in all there was to offer
But the cost was so much more than I could bear

Seufzend setzte sich Glinda zu der anderen Hexe. Sie hatte gewusst, dass dieses Gespräch früher oder später auf sie zukommen wurde. Allerdings wäre ihr Letzteres lieber gewesen.
„Hab keine Angst vor mir, Glinda“, sagte die grüne Frau leise, während sie sanft die zierliche, helle Hand drückte.
„Ach Elphie, alles ist so schief gegangen, nachdem du verschwunden warst. Die ganze Welt hat an mir gezerrt. Jeder wollte Auskunft darüber, was in der Smaragdstadt geschehen ist und wo du warst. Madame Morrible hat mich unzählige Male zu sich ins Büro geladen um zu erfahren, warum wir fort waren und weshalb du nicht mit mir zurückgekehrt bist. Ich stand wieder im Mittelpunkt, wie ich es immer wollte. Doch im Gegensatz zu früher machte es mich nicht mehr glücklich. Trotzdem redete ich mir ein, dass die Aufmerksamkeit genau das war, was ich brauchte, um die Lücke zu füllen, die du hinterlassen hattest.“
Beschämt richtete Glinda ihren Blick zu Boden. Sie spürte, wie ihr die Schamesröte ins Gesicht stieg. Sie war sich durchaus bewusst, dass sie nach außen selbstbewusst wirkte, sicher und standhaft. Doch nur wenige Menschen wussten, dass hinter dieser Fassade Zweifel brüteten, die nach Elphabas Verschwinden beständig an ihrem Herz genagt hatten.

Though I’ve tried I’ve fallen
I have sunk so low
I messed up
Better I should know
So don’t come round here and
Tell me I told you so

Behutsam legte Elphaba ihre Hand unter das Kinn der blonden Hexe und hob deren Blick zu sich hinauf. Sie hatte schon sehr früh nach ihrer ersten Begegnung gesehen, dass dieses Mädchen eine ungeahnte Tiefe in sich barg. Nur nahm jeder ihrer oberflächlichen Freunde die gutaussehende Hülle als Wahrheit an, ohne sie je zu hinterfragen. „Sprich weiter. Es ist alles in Ordnung.“
Glinda zögerte kurz, doch die dunklen Augen ermutigten sie, fortzufahren.
„Ich habe mir irgendwann selbst geglaubt. Ich dachte, dass Popularität ein Heilmittel für den Schmerz sei, ein Trost. Ich habe mich im Getümmel von Bällen verloren. Ich habe mich mit Reichtum betäubt. Ich habe angefangen, dich dafür zu verachten, dass du mich verlassen hast. Weißt du, es war so viel einfacher, wütend auf dich zu sein als traurig. Niemand sah die Tränen, also warum sollte ich sie überhaupt weinen? Sie erschienen mir bedeutungslos. Ich wurde bedeutungslos. »Glinda, die Gute« haben sie mich genannt. Doch wer ist diese eigenartige Person in wahnsinnigen Kleidern, die in einer Blase durch Oz fliegt?“
Voller Bitterkeit hatte die blonde Frau die letzten Worte ausgesprochen. So oft war sie schon durch diesen inneren Tumult gegangen. So oft hatte sie schon nachts wach gelegen und sich Vorwürfe wegen ihrem Verhalten gemacht. Aber dieses Mal hielt eine beruhigende Stimme ihre Gedanken vom Strudel der Selbstzerrüttung ab. „Du bist Glinda, die Gute, weil du den Ozianern Hoffnung gibst. Du hast ihnen Mut gemacht, dass sie es allein schaffen können, als der Zauberer verschwunden ist. Du bist die Personifizierung von Güte.“

We all begin with good intent
Love was raw and young
We believed that we could change ourselves
The past can be undone

„Ich bin es nicht! Ich bin lediglich ein Symbol, ein Gefäß, in das die Menschen ihre Hoffnungen gekippt haben. Nur habe ich Risse bekommen. Ich habe ja wirklich versucht, ihren Anforderungen gerecht zu werden. Irgendwo bin ich dabei verloren gegangen. Ich wollte Oz helfen, wieder auf die Beine zu kommen, nachdem sein Herrscher weg war. Er hat ein riesiges Chaos aus Verboten und Regularien hinterlassen, durch das niemand steuern konnte. Ich habe mich so hin- und hergerissen gefühlt zwischen der Sehnsucht nach dir und einer Regierung, die alles daran gesetzt hat, dich als »Böse Hexe des Westens« zu verschreien. Manchmal dachte ich, ich müsste daran verrückt werden.“

But we carry on our back, the burden
Time always reveals
In the lonely light of morning
In the wound that would not heal
It’s the bitter taste of losing everything
That I’ve held so dear

Elphaba schluckte und fragte unbehaglich: „Hast du niemanden gefunden, mit dem du deinen Schmerz hättest teilen können?“
„Nein, Elphie. Natürlich waren da permanent Herren, insgeheim sogar auch Damen, die um meine Aufmerksamkeit gebuhlt haben. Heimliche Verehrer, Schwerstverliebte. Meine Eltern hatten durchgängig Heiratsanträge für mich auszuhalten, und Schwüre ewiger Liebe und Treue. Doch kein einziger von ihnen konnte dich ersetzen. Du warst ... du bist mir so wertvoll, Elphie. Nur wusste niemand, dass mein Herz eigentlich schon vergeben war. Viele haben sich darüber gewundert, wieso ich all die Angebote – und gute waren definitiv dabei – ausgeschlagen habe. Irgendwann habe ich dann trotzdem geheiratet, Lord Chuffrey. Ein alter Mann mit viel Geld, der nie sehr viel mehr von mir wollte als meine Gesellschaft. Ich war umgeben von so vielen Menschen und doch immer allein.“

I’ve fallen
I have sunk so low
I messed up
Better I should know
So don’t come round here and
Tell me I told you so

Glinda stand auf. Sie fühlte sich aufgewühlt. Das unruhige Gefühl der ausgesprochenen Wahrheit pulsierte durch ihren Körper. Sie war sich dessen immer gewusst gewesen, aber niemals hatte sie ihr eine Stimme gegeben. Nicht einmal ihre engsten Vertrauten wussten von diesen Gedanken.
Die blonde Frau trat ans Fenster und schaute hinaus in die Dunkelheit. So viel hatte sie verkehrt gemacht. Niemals wollte sie ohne Elphaba sein und doch war sie jahrelang allein gewesen. Niemals wollte sie einfach irgendwen heiraten und doch war sie jetzt Lady Glinda Chuffrey. Und niemals wollte sie davon erzählen und doch waren die Worte ausgesprochen.

I’ve nowhere left to turn
I’m lost to those I thought were friends
To everyone I know
They turn their heads embarrassed
Pretend that they don’t see
But it’s one missed step you’ll slip before you know it
And there doesn’t seem a way to be redeemed

Elphaba trat leise hinter sie und legte die Arme um ihre Taille. Sie zog sie an ihren warmen Körper, beugte sich ganz nah zu Glindas Ohr und flüsterte: „Du hast so viel Gutes getan, mein Liebes. Du erkennst es vielleicht nicht, weil dein Kopf und auch dein Herz nur sehen, was noch zu tun ist und was noch vor dir liegt. Nimm die einen Moment Zeit und blick zurück, was du geschafft hast.“
„Elphie, ich kann nicht, es tut –“
„Sscht! Ich weiß, dass dort Dinge verborgen liegen, die dir wehtun. Doch dafür bin ich hier. Ich hab dich, du wirst nicht fallen.“ Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, küsste die grüne Hexe liebevoll das Ohr bei ihren Lippen.
„Du verzeihst mir also, dass ich dich verflucht habe? Dass ich Oz nicht zu dem Ort gemacht habe, den du gewollte hast? Und dass ich einen Greis geheiratet habe, den ich nicht liebe?“, fragte Glinda leise und unsicher.
„Ich habe dir verziehen, als ich zu dir zurückgekommen bin.“

Sie waren wieder auf Augenhöhe. Jede hatte Fehler gemacht, die andere verletzt und Entscheidungen getroffen, die sie zwar nicht mehr verstehen, jedoch aber verzeihen konnten. Die beiden Hexen gingen beim Morgengrauen mit einer neuen Gewissheit füreinander ihrer Wege, voller Vorfreude auf eine weitere Vollmondnacht, in der sie frei von ihrer Vergangenheit waren.
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