Die Herrschaft des Phönix
von Mirjam Lea
Kurzbeschreibung
General Smith konnte aus der Gefangenschaft entkommen und schickt sich ein zweites Mal an, die Herrschaft in der EAAU zu übernehmen. Aber auch seine grausamen Methoden schaffen es nicht, jeden Widerstand erlahmen zu lassen... (Anmerkung: Es handelt sich um eine radikale Neufassung von der Innere Zirkel, die jetzt auf Gleichgewicht des Schreckens ausbaut.)
GeschichteDrama / P16 / Gen
Gordon B. Smith
Samuel Hirschmann
19.08.2009
28.09.2010
27
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19.08.2009
5.061
Mariko Watanabe war am Morgen in das Büro ihres Chefs gerufen worden, der gute Nachrichten für sie hatte. Sie würde wieder in ihrer alten Position als Ingenieurin arbeiten können, obwohl es die Regierung gar nicht gerne sah, wenn ehemalige Bürger der VOR in solchen Aufgabengebieten beschäftigt wurden. Grundsätzlich schreckte sie vor keiner Arbeit zurück, aber die untergeordneten Aufgaben, die ihr seit Smiths Machtergreifung zugeteilt worden waren, hatten sie auf Dauer doch unterfordert. Aber sie hatte sich immer gesagt, dass sie in der heutigen Zeit froh sein konnte, überhaupt noch Arbeit zu haben und sich nie beklagt. Als ihr Abteilungsleiter ihr mitteilte, sie würde wieder in der Forschung tätig sein können, war ihr das wie ein Lottogewinn vorgekommen. Ihr Chef deutete an, die Beförderung geschähe auf Grund des besonderen Wunsches der Geschäftsleitung, man habe auf oberster Ebene Interesse daran, sie in einer für sie angemessenen Position zu beschäftigen. Sie konnte es kaum abwarten, ihrer Familie davon zu berichten. Der einzige Wermutstropfen bei der Beförderung war, dass sie den neuen Job in Europa antreten musste, in Madrid, in einer Niederlassung ihrer Firma. Aber selbst das hatte etwas Gutes, sie kamen fort aus der Machtzentrale der Partei. Zwar befand sich auch in Europa alles fest in der Hand der Reinigenden Flamme, aber angeblich wurden die Zügel dort ein wenig lockerer gelassen. Allein der Gedanke, aus der unmittelbaren Umgebung des Generals fort zu kommen, erschien ihr verlockend. Als sie Feierabend hatte, griff sie schnell nach ihrer Handtasche, zog ihren Mantel an und machte sich auf den Weg nach Hause.
Die Fahrt in der Metro glich seit dem Putsch einem Spießrutenlauf. Einige Fahrgäste ließen es bei misstrauischen, bösen Blicken bewenden, andere pöbelten sie unverhohlen an. Chinesenschlampe, riefen ein paar Jugendliche ihr nach und lachten gröhlend. Gerne hätte sie ihnen entgegen geschleudert, sie sei Japanerin, aber sie riss sich zusammen und schwieg. Heute konnte so etwas übel ausgehen. Sie hatte schon von Bekannten gehört, die tätlich angegriffen worden waren. Von der Polizei war keinerlei Unterstützung zu erwarten, die sahen bestenfalls weg, schlimmstenfalls unterstützten sie die Angreifer sogar noch. Es war, als wenn alle seit Jahrzehnten vorhandenen latenten Aggressionen und misstrauischen Gefühle jetzt plötzlich ungezähmt hervorbrechen und sich ihr Ventil an den ebenso lange eingebürgerten Asiaten suchen. Wenn man schon die Politiker in Peking nicht zu packen bekam, dann wenigstens die wenigen Menschen asiatische Herkunft, die sich noch in die Öffentlichkeit wagten. Seit jenem unheilvollen Tag im September, an dem Smith in die Hauptstadt einmarschiert war, wurde es immer schlimmer. Mariko hatte schon erlebt, in einigen Geschäften nicht mehr bedient zu werden. In einem Bekleidungsgeschäft hatte man in ihr sogar unmissverständlich mitgeteilt, es sei den ihr nachfolgenden Kunden nicht zuzumuten, von ihr anprobierte Kleidung nochmals anzuziehen. So als habe sie eine ansteckende Krankheit oder sei schmutzig. Noch niemals in ihrem Leben war sie so gedemütigt worden. Dabei waren sie und ihr Mann immer gute Bürger der EAAU gewesen, sogar aufrechte Patrioten. Schließlich waren sie nicht ohne Grund aus den VOR geflohen, sie hatten sich hier ein Leben in Freiheit und demokratischen Verhältnissen erträumt. Mit Smiths Machtergreifung waren alle diese Träume zerplatzt wie eine Seifenblase.
Und nun neue Hoffnung, vielleicht würde das Leben in einer anderen Stadt erträglicher werden. Vor allem würden sie sich keine finanziellen Sorgen mehr machen müssen. Das versprochene Gehalt entsprach ihrem alten Verdienst und würde ihnen ein angenehmes Leben ermöglichen. Nun musste nur noch ihr Mann mitspielen, sie war sich nicht sicher, ob er es ertragen konnte, wenn sie die Hauptverdienerin in der Familie wäre. Vielleicht würde es ihn zu sehr in seinem Stolz verletzen, er konnte in diesen Dingen sehr eigen sein, dachte recht konservativ. Es schmerzte ihn ohnehin sehr, nicht der Ernährer der Familie zu sein.
Als sie ihr Wohnhaus erreichte, begegnete ihr Anna Corvillo im Foyer und grüßte sie freundlich. Unschlüssig, ob sie ihr von den guten Nachrichten erzählen sollte, verharrte Mariko einen Moment auf der Stelle. Ihre Nachbarin war stets freundlich zu ihr gewesen, auch als die anderen Mitbewohner des Hauses sich schon längst von ihr abgewandt hatten. Sogar als ihre eigene Tochter sich von ihren Kindern distanziert hatte, hatte sie vermittelnd eingegriffen und sich so deutlich gegen die Wünsche der Jugendgruppe der kleinen Sophie gestellt. Andererseits schien sich Ms. Corvillo gut mit dem Kommissar aus dem fünften Stock zu verstehen, einem Vertreter der Reinigenden Flamme , mit dem sie sogar letztens zu dieser unseligen Militärparade gegangen war. Mariko hatte sie gemeinsam aus dem Haus gehen sehen.
„Hallo, Ms. Watanabe, wie geht es Ihnen?“ Anna Corvillo lächelte ihr freundlich zu. „Was machen die Kinder?“
Das aus schlechter Erfahrung geborene Misstrauen nagte an Mariko. „Es geht uns allen gut“, erwiderte sie. „Ich hoffe, Sophie ist auch in Ordnung?“
„Ja, sie ist noch mit der Schule unterwegs, sie gehen heute in den Zoo.“ Es war Anna Corvillo anzumerken, wie unangenehm es ihr war, dass ihr diese Bemerkung heraus gerutscht war. Denn auch von solchen harmlosen Vergnügen wurden die Kinder der Einwanderer inzwischen ausgeschlossen.
„Ja, das haben wir auch mal wieder vor.“ Sie öffnete ihren Briefkasten, der sich rechts neben dem Eingang in einer Reihe weiterer Kästen befand. Neben Werbung gab es darin auch wieder einmal einen anonymen Schmähbrief, wie sie schon an der in ungelenken Druckbuchstaben verfassten Adressaufschrift erkannte. Sie mochte ihn kaum öffnen, tat es aber trotzdem. Es war immer das selbe. Sie wurden als Schlitzaugen beschimpft, die sich möglichst bald aus diesem Wohnviertel verziehen sollten, sonst werde man notfalls auch mit Gewalt nachhelfen. Tränen der Wut traten in ihre Augen. Für die Polizei wäre es ein leichtes gewesen, den Verfasser zu ermitteln, der seinen Drohbrief handschriftlich verfasst hatte, aber niemand dort würde auch nur einen Finger rühren.
„Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte Anna Corvillo besorgt. „Haben Sie eine schlechte Nachricht bekommen?“
„Ach es ist nichts“, erwiderte sie ausweichend. „Nur die üblichen Schmierereien. Wir bekommen fast täglich so etwas, allmählich gewöhnt man sich daran.“
„Aber können Sie denn nichts dagegen unternehmen?“, fragte ihre Nachbarin naiv.
„Ich wüsste nicht was“, meinte sie resigniert. „Die Polizei hat andere Dinge zu tun, als sich darum zu kümmern.“
„Das tut mir Leid“, entgegnete Anna Corvillo mit aufrichtigem Mitgefühl. „Haben Sie vielleicht Lust, auf einen Kaffee zu mir zu kommen und darüber zu reden? Ich würde mich wirklich freuen.“
„Sie wissen doch, dass das nicht gern gesehen wird“, flüsterte Mariko. „Sie werden noch Ärger bekommen deswegen. Was würde Kommissar Latour dazu sagen?“
Die Frage ließ Anna Corvillo erröten. „Darüber mache ich mir, ehrlich gesagt, keine Sorgen. Aber ich will Sie nicht überreden, wenn Sie nicht wollen. Aber Sie sollen wissen, dass meine Tür Ihnen offen steht, wenn sie zu mir kommen wollen.“
„Das ist wirklich nett von Ihnen, Ms. Corvillo. So freundlich ist in diesen Tagen nicht jeder zu uns. Ich rechne Ihnen das hoch an.“ Sie seufzte und gab sich einen Ruck. Anna Corvillo war so nett zu ihr, warum sollte sie ihr nichts von ihrem neuen Job erzählen?„Aber es gibt auch gute Nachrichten. Man hat mir einen guten Job in Spanien angeboten. In meinem alten Beruf. Sie erfahren es als erste, jetzt muss ich nur noch meine Familie überzeugen, mit mir die Koffer zu packen. Die wissen nämlich noch nichts von ihrem Glück, ich will sie überraschen.“
Anna Corvillo trat spontan einen Schritt vor und zog sie in eine Umarmung. Sie drückte Mariko herzhaft und ließ sie dann wieder los. „Das freut mich wirklich für Sie! Wann soll es losgehen?“
„So bald wie möglich.“ Die Umarmung machte sie verlegen, sie war es nicht gewöhnt, von fremden Menschen in den Arm genommen zu werden. Unter ihren japanischen Bekannten war das absolut unüblich, die verhielten sich eher distanziert, auch wenn sie schon an das Leben in der EAAU angepasst waren. „Mein Chef hätte es am liebsten, wenn ich gleich morgen abreise. Böse Zungen könnten behaupten, er kann es nicht erwarten, ein Ärgernis los zu werden. Aber vielleicht tue ich ihm damit unrecht, er hat mich immer fair behandelt.“
„Nun, ich wünsche Ihnen auf jeden Fall alles Gute für Ihren Neuanfang. Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, Ihre Abreise vorzubereiten, lassen Sie es mich wissen. Das wird sicher viel Arbeit werden.“
„Mein Chef hat mir schon eine Spedition vermittelt, die werden sich um alles kümmern, auch wenn ich nur darum beten kann, dass mein Porzellan dabei heil bleibt.“ Sie lachte leise. „Aber ich bin allemal froh, dass mir ein Großteil der Arbeit abgenommen wird. Mir graut es schon davor, die Umzugskisten zu packen.“
„Das kann ich mir lebhaft vorstellen, mir hat es schon gereicht, innerhalb von Metropolis umzuziehen.“
Sie verabschiedeten sich herzlich voneinander, wobei ihr Anna Corvillo das Versprechen abnahm, sich vor ihrer Abreise noch einmal bei ihr zu melden. Kurz bevor Anna Corvillo in ihrer Wohnung verschwand, murmelte sie etwas, das Mariko nicht verstand, es klang wie „er hat also doch Wort gehalten“, aber sie wollte nicht näher nachfragen. Die folgenden Tage vergingen dann auch wie im Flug, ihr Mann Ishiro zeigte sich wider Erwarten ebenfalls erfreut über ihre Versetzung, was ihr einigen Druck vom Herzen nahm. Wahrscheinlich lockte auch ihn der Gedanke, ein Stück aus Smiths Einflussbereich heraus zu kommen. Und er schien sogar ein wenig stolz auf sie zu sein. In der Familie herrschte Aufbruchstimmung, und bald begannen die Diskussionen darüber, was ins Handgepäck genommen werden sollte und welche Dinge vorerst in den Umzugskisten verschwinden sollten, welche die beauftragte Spedition bereits vorbei gebracht hatte. Mariko wunderte sich nur ein wenig darüber, dass die Firma eine genaue Aufstellung von ihr haben wollte, was in welcher Kiste verstaut war. Angeblich verlangte es die Versicherung so. Also machte sie sich daran, akribische Listen zu führen. Ihr Chef hatte ihr frei gegeben, also blieb ihr Zeit für diese Dinge. Wieder und wieder sah sie sich die Bilder der Wohnung an, welche ihnen die Firma in Madrid zur Verfügung stellen würde und gestaltete vor ihrem geistigen Auge schon die Einrichtung. Richtig gemütlich würde es natürlich erst werden, wenn sie erst einmal ein paar Tage dort lebten und die Dekorationsgegenstände ausgepackt waren. Einige davon hatte sie noch aus den VOR mitgebracht, vieles aber war in Metropolis gekauft, wie die ihr lieb gewordene Sammlung kleiner bemalter Porzellanteller, die sie mit besonderer Sorgfalt verstaute.
Dann war es endlich soweit. Die Spedition holte ihre Möbel ab, und wenig später warteten sie auf dem Dach des Hauses auf die Diana, die sie abholten sollte. Die Kinder zappelten unruhig am Rande des Landefeldes umher, und Ishiro sah an diesem Tage zum hundertsten Male auf seine Armbanduhr. Aber das kleine Flugzeug war pünktlich, der Pilot verhielt sich wider Erwarten freundlich und half ihnen sogar beim Verladen des Handgepäcks. Kurz darauf waren sie auf ihren Sitzen angeschnallt und starteten in den Himmel von Metropolis. Ishiro griff nach ihrer Hand.
„Jetzt wird alles gut, du wirst es sehen“, sagte er. „Wir können in Madrid noch einmal von vorne anfangen.“
„Ich freue mich schon wahnsinnig darauf“, erwiderte sie. „Hoffentlich wird es auch in der neuen Schule für die Kinder besser.“
„Es ist eine Schande, was man ihnen hier angetan hat“, meinte er verbittert, trotz des strafenden Blickes seiner Frau. Noch waren sie nicht aus dem dichten Abhörnetz heraus, und wer konnte schon wissen, was den aufmerksamen Mithörern der III. Abteilung noch in der letzten Minute einfiel, um sie zu schikanieren? „Die Kleinen werden noch eine Weile brauchen, um darüber hinweg zu kommen. Aber das ist sie wohl, die harte Schule des Lebens. Wir konnten sie ihnen wohl nicht ersparen.“
„Sei nicht so pessimistisch, die beiden hören dich doch.“ Unwillkürlich sah sie sich ängstlich um.
Unter ihnen schrumpften die Gebäude der Stadt zu Spielzeugformat zusammen, und rasch erreichten sie das offene Meer. Die Kinder hingen fasziniert an den Sichtscheiben und drückten ihre Nasen dicht daran, um mehr sehen zu können. „Fliegen wir lange?“, fragte Desuke erwartungsvoll.
„Höchstens noch eine halbe Stunde“, antwortete Michiko geduldig. „Wir werden bald wieder über dem Festland sein.“
Der Pilot wandte sich lächelnd um und blickte vor allem die Kinder an. „Sie können sich etwas zu trinken aus dem Fach vor Ihren Sitzen nehmen“, meinte er freundlich. „Dann geht der Flug vielleicht schneller vorbei.“
„Wir wollen Ihnen keine Umstände machen.“
„Ach was, das ist im Service inbegriffen.“
Mariko war im Grunde erfreut über das Angebot, denn sie hatte angesichts der kurzen Flugzeit nur ein paar Kekse für unterwegs eingepackt und die Klimaanlage in der Diana erzeugte unangenehm trockene Luft. Sie bedankte sich und öffnete das besagte Fach. Für die Kinder suchte sie Limonade aus, für ihren Mann und sich ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk. Michiko und Desuke freuten sich sichtlich über die Erfrischung und tranken so hastig, dass sie sie ermahnen musste. Auch ihr Mann trank in gierigen Schlucken, so als wäre das Getränk eine Entschädigung der Firma für die in den letzten Monaten erlittenen Demütigungen. Also setzte auch sie die Flasche an die Lippen und kostete die Limonade.
Trotz des Koffeins fühlte sie sich bald schläfrig. Sie schob es auf das gleichmäßige Summen der Antriebsaggregate. Nun, ein kleines Schläfchen konnte kaum schaden, der Tag würde noch anstrengend genug werden. Also stellte sie die Lehne ihres Sessels in Ruheposition und lehnte sich zurück. Neben ihr tat Ishiro das gleiche. Auch er wirkte plötzlich sehr müde. Wahrscheinlich fiel der Stress der letzten Wochen von ihm ab. Bald schlief sie tief, fest und traumlos.
Ein Rucken ließ sie kurze Zeit später erwachen. Jedenfalls glaubte sie, es sei nur wenig Zeit vergangen, ihr kam es vor wie nur wenige Sekunden. Mühsam öffnete sie die Augen, alles verschwamm vor ihrem Blick. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass der Antrieb der Diana verstummt und sie inzwischen gelandet waren. Sie sah sich um und bemerkte, dass auch ihr Mann und ihre Kinder langsam aufwachten. Sie hatten wohl Madrid erreicht. Vorsichtig betätigte sie den Hebel, der ihren Sitz wieder aufrichtete. Vorsichtig rieb sie sich die Augen und sah aus dem Fenster.
„Willkommen in Ihrer neuen Heimat.“ Die Stimme des Piloten war plötzlich nicht mehr freundlich, sondern troff von Hohn. „Wenn ich Sie dann bitten dürfte auszusteigen? Und vergessen Sie Ihr Gepäck nicht!“ Er lachte spöttisch und griff an seine Hüfte. Mariko blickte in den Lauf einer kurzläufigen Laserpistole. Vor Angst konnte sie sich kaum rühren. „Na los, wird’s bald? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!“
„Was ist hier los?“, fragte Ishiro, der ebenfalls erst jetzt langsam begriff, was vor sich ging.
Mariko griff mit zitternden Fingern nach dem Öffnungsmechanismus der Seitentür. Schließlich gelang es ihr, den Griff zu packen und sie schob die Tür nach hinten, die sich mit einem Zischen bewegte. Auf den hinteren Sitzen wurden nun auch die Kinder wach und fingen an zu quengeln. Auch sie begriffen den Ernst der Situation noch nicht.
Mariko setzte einen Fuß auf den staubigen Boden des Platzes, auf dem die Diana gelandet war und zog ihre Reisetasche hinter sich her. Ihr Mann wiederholte seine Frage, aber er erntete dafür nur einen wütenden Befehl des Piloten. Also fügte auch er sich der Gewalt und verließ mit seiner Tasche den Passagierraum. Dann hoben sie die Kinder aus der Diana, die beide inzwischen zu weinen begonnen hatten.
Aus Gerüchten hatte Mariko von diesen Orten gehört, den reinsten Vorhöfen zur Hölle, aber sie hatte niemals geglaubt, dass der General wirklich so weit gehen würde. Aber Smith war wohl zu allem fähig, was man ihm zutraute. Sie warf einen Blick über die Schulter. Hinter ihnen befand sich praktisch nichts, nur Steppe und ein paar vertrocknete Büsche auf kleinen Hügeln.
Vor ihnen lag eine schäbige Zeltstadt, errichtet aus alten Armeebeständen, die für die Soldaten der EAAU nicht mehr geeignet schienen. Ein Transporter trug ein provisorisch aufgemaltes rotes Kreuz, davor hatten sich einige Kinder in schmutziger Kleidung versammelt um sich Kanister mit Wasser abzuholen. Zwischen den Zelten gingen Männer und Frauen hin und her, die sich in wenig besserem Zustand befanden. Etwa zweitausend Menschen waren hier notdürftig im Niemandsland zwischen den Machtblöcken untergebracht, mit kaum mehr Besitz als den Kleidern, die sie am Leibe trugen. Ihnen war alles genommen worden. Es war ein Lager für die Menschen, die in keinem der Machtblöcke mehr willkommen waren, in der EAAU nicht, weil sie plötzlich zu Staatsfeinden erklärt worden waren, und auch in den VOR nicht, die sie als Verräter betrachteten, weil sie einmal die Auswanderung gewählt hatten. Noch nicht einmal ein Zaun wurde benötigt, denn diese Zeltstadt befand sich mitten im Nichts, es gab keine Möglichkeit, von hier fort zu kommen. Marikos Knie drohten nachzugeben, als sie die volle Tragweite ihrer Anwesenheit hier begriff. Sie war getäuscht worden, auf die übelste Weise, denn niemand sollte erfahren, dass sie an diesen trostlosen Ort abgeschoben worden waren. In ihr zerbrach etwas, und nur der Gedanke an ihre Kinder hielt sie aufrecht.
„Na, gefällt es Euch nicht?“, fragte der Pilot spöttisch. „Das ist doch ein herrliches Ferienlager hier!“
Mariko nahm ihre Kinder schützend in den Arm, als die Diana wieder startete. Sie weinte. Weit in der Ferne sah sie etwas silbrig aufblitzen. Das mussten die Laserbatterien der Grenzbataillone der VOR sein. Aber auch diese würden ihnen nicht zu Hilfe kommen.
***
„Für mich ist das Ziel des Generals nur allzu deutlich.“ Colonel Haymann, der Chef der internen Verteidigungseinheiten der Venus, schlug mit der Faust auf den Tisch. „Wir sollen unsere Ressourcen an Munition und Schiffen verschwenden. Zudem werden unsere Piloten immer nervöser, die ständigen Scheinangriffe zehren an ihrer Konzentration. Ich fürchte, wenn es einmal zu einem richtigen Gefecht kommt, werden sie kaum noch richtig reagieren können.“
„Sie sollten unsere Leute nicht unterschätzen“, widersprach Colonel Larriand gereizt. „Es handelt sich durchaus um fähige Piloten. Ich fürchte eher, sie könnten leichtfertig werden, weil sich bisher jeder Vorstoß des Generals als Finte erwiesen hat. Bestenfalls dürfen wir diese kleinen Kampfeinsätze als Übung für den Praxiseinsatz betrachten.“
Larriand und Haymann, beide im selben Offiziersrang, galten unter Eingeweihten nicht gerade als die besten Freunde. Bisher hatten sie sich immer wieder zusammen gerauft, wenn es um die Sicherheit der Kolonie ging, aber niemand wusste, wie lange dieser mühsam aufrecht erhaltene Frieden zwischen ihnen bestehen würde. Haymann war ein grundehrlicher Mensch, der dazu neigte, plötzlich laut los zu poltern, wenn ihm etwas nicht gefiel, aber er war fast ebenso schnell wieder versöhnt, denn im Grunde seines Herzens war er ein gutmütiger Mensch. Er war im Gegensatz zu Larriand bereits auf der Venus geboren, was ihm die Sympathien der Einheimischen einbrachte, die Larriand oft als Fremdkörper betrachteten. Der Chef der strategischen Raumflotte der Venus hingegen kalt als kühler, zurückhaltender Mann. Manchmal war er schwer zu durchschauen, aber bisher hatte er sich der Exilregierung Hirschmanns gegenüber stets als loyal erwiesen.
„So oder so, die Situation gefällt mir nicht.“ Samuel Hirschmann sah in den Kreis der Versammelten hinein und rieb sich müde die Augen. In den letzten Wochen hatte er kaum Zeit für Erholungspausen gefunden, die ständigen Krisensitzungen nahmen ihn zu sehr in Anspruch. Zudem setzte ihm das Leben auf der Venus mehr zu, als er sich eingestehen wollte. Ihm fehlte die vertraute Umgebung auf der Erde, die frische, natürliche Luft in Metropolis und der salzige Duft des Meeres, der stets über die Stadt geweht war. Auch unter den Kuppeln der Venus gab es zwar Grünanlagen, aber diese waren allzu offensichtlich als künstlich angelegt zu erkennen und ersetzten die Parks der Hauptstadt nur unzureichend. Zudem vermisste er sein Haus mit den liebevoll gepflegten antiken Möbeln – hier lebte er in einem bequemen, aber sterilen Apartment, das mit zweckmäßigen Einrichtungsgegenständen ohne Geschichte eingerichtet war. Doch er wollte sich nicht beklagen, andere Menschen hatte es härter als ihn getroffen, vor allem die Flüchtlinge, die in überfüllten Notunterkünften hausten. Und er war frei. Frei von der unmittelbaren Bedrohung durch den General.
Um die Freiheit der Venus auch weiterhin zu garantieren, war allerdings ständige Wachsamkeit vonnöten, aber diese wurde in den letzten Wochen ständig auf die Probe gestellt. Ein Alarm jagte den nächsten, Militärschiffe von der Erde tauchten auf den Radarschirmen auf und drehten wieder ab, kaum das die eigenen Tauruszerstörer sich in Marsch gesetzt hatten. Oder es kam zu den von Haymann geschilderten Scheinangriffen, die Zerstörer des Generals feuerten zwei oder drei Raketen scheinbar ziellos ab und brachten ihre Gegner so in Zugzwang. Larriands Geschwader setzten sich entschlossen zur Wehr und verschossen dringend benötigte Munition, die auf der Venus nur bedingt nachproduziert werden konnte. Das Schlimmste aber war, dass diese Gegenwehr nur zu geringen Erfolgen führte, da sich die strategische Raumflotte der Venus einer neuen Generation von Zerstörern gegenüber sah, die flinker und wendiger waren als deren alte Schiffe und sich den abgefeuerten Raketen durch rasante Manöver rasch entziehen konnten.
In Hirschmanns Amtszimmer hatten sich Alexander Repin, Larriand, Haymann und Major Bogdan Bjelowski versammelt, den der Präsident noch aus den unseligen Tagen des Raumzwischenfalles von 2062 kannte und schätzte. Damals hatte ihm der Major beigestanden, um einen Weltkrieg zu verhindern, seine Kontakte in die VOR hatten sich dabei als unschätzbar wertvoll erwiesen. Der besonnene Bjelowski gehörte nun seit einem Monat zu Hirschmanns Stab, auf verschlungenen Wegen war er auf die Venus gelangt, gerade noch rechtzeitig, um nicht durch die Leute des Generals verhaftet zu werden. Hirschmann hatte es vorgezogen, nicht näher nachzufragen, wie ihm dieses Kunststück gelungen war, er vertraute dem Major auf Grund seiner Vorerfahrung, zum Missfallen Larriands. Der Colonel erwies sich als ausgesprochen misstrauischer Mann, was seine Kollegen im Stab anging.
„Mir scheint es tatsächlich so“, fuhr Hirschmann fort, „als betreibe der General eine Politik der psychologischen Kriegsführung. Ich frage mich nur warum? Seine Flotte ist der unseren haushoch überlegen, das bekommen wir fast jeden Tag zu spüren, er könnte sie also einfach überrennen. Warum tut er es also nicht, sondern spielt mit uns Katz und Maus? Vielleicht verrenne ich mich ja in den Gedanken, aber ich werde den Eindruck nicht los, dass ein weitergehendes Ziel dahinter steckt, etwas, das wir noch nicht wissen.“
„Ohne die Bedeutsamkeit der Venus überschätzen zu wollen“, Repin räusperte sich, was er immer tat, wenn er den Eindruck gewann, Hirschmann hielte die Kolonie nur für einen gewöhnlichen Stützpunkt im Weltall, „denke ich doch, dass unsere Ressourcen eine Rolle in seinen Plänen gegen die VOR spielen. Smith mag ein verrückter Hardliner sein, aber er ist nicht der Idiot, als der er gern hingestellt wird. Er haushaltet mit seinen Kräften und ist ständig auf der Suche weiteren Quellen zum Ausbau seiner Flotte. Wieso soll er unsere zusammenschießen, wenn er sie vielleicht noch brauchen kann? Ich denke, er wartet darauf, bis wir ausgehungert sind und stellt dann ein weiteres Ultimatum.“
„Seit dem letzten hat er sich ja tatsächlich reichlich Zeit gelassen“, erwiderte Hirschmann mit leiser Ironie. „Wenn er uns nicht ab und zu mal jemanden vorbeischicken würde, könnte man beinahe glauben, er habe uns vergessen.“
„Smith vergisst nie etwas, er ist ein Mann, der geduldig warten kann.“ Bjelowskis Tonfall war ernst. „Das hat er ja nun schon bewiesen.“
„Ah, ich vergaß, Bjelowski“, bemerkte Larriand zynisch, „Sie sind ja ein ausgezeichneter Kenner der Psyche des Generals. Vielleicht werden Sie ja aus seinem Verhalten klug?“
Bjelowski überhörte den Spott des Colonels geflissentlich. „Nun, ich habe mich damals 2062 tatsächlich ausgiebig mit der Person des Generals beschäftigt, immerhin gehörte ich zu der Delegation, die den Schaden wieder ausbügeln sollte, den er mit seinem Angriff auf Indira angerichtet hatte. Meines Erachtens geht es ihm nicht nur um die Ressourcen der Venus, das ganze ist eine persönliche Angelegenheit für ihn. Präsident Hirschmann ist ihm entkommen, Delta VII befindet sich in unserem Besitz, das sind zwei Schlappen, die seinem Ego enorm zusetzen sollten. Zudem hadert er damit, dass es einen Teil der EAAU gibt, der nicht unter seiner Kontrolle steht, egal wie groß oder klein dieser Teil ist. Smith ist extrem paranoid veranlagt, diese Situation raubt ihm sicherlich den Schlaf. Nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, das heißt nicht, dass ich die Situation als unbedenklich einschätze, im Gegenteil, sie ist deshalb nur umso bedrohlicher. Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Wut in ihm wachsen, und ich möchte nicht erleben, wenn sie sich gegen uns entlädt.“
„Ich teile Ihre Einschätzung, Major.“ Hirschmann nickte bedächtig. „Der General betrachtet uns als Symbol der Opposition, das mit allen Mitteln unterworfen werden muss. Vielleicht ist das der Grund, warum er uns nicht einfach vernichtet, der Triumph für ihn wäre einfach nicht so groß. Er will uns am Boden sehen, mit allen Konsequenzen.“
„Wenn ich mal einen anderen Punkt aufgreifen dürfte, der von Major Bjelowski angeschnitten wurde“, mischte sich Repin ein, „was tun wir mit Delta VII? Das Schiff fliegt im Namen der VEGA weiterhin seine Testflüge, als wäre nichts gewesen. Ist es nicht denkbar, es in unseren Verteidigungsverband einzugliedern?“
„Wie haben ja sogar schon über einen Nachbau nachgedacht“, sagte Haymann, „aber erstens fehlen uns dazu die Mittel, und zweitens stellt sich VEGA quer. Sie beharren auf dem Standpunkt, dass Delta VII ein Zivilschiff ist, inklusive der Besatzung. Ihr Einsatz kann also nur allerletztes Mittel sein und wir müssten sie zwangsweise requirieren.“
„Mit VEGA sollten wir uns gewiss nicht anlegen“, Hirschmann schüttelte energisch den Kopf, „schließlich haben sie sich bisher immer als kooperativ erwiesen, wenn es Wartungs- und Reparaturengpässe gab. Professor Westhoff ist ein sehr umgänglicher Mann, und ich zweifele nicht daran, dass er uns Delta VII im Ernstfall zur Verfügung stellt, aber wir sollten das Schiff nicht in Scharmützeln verheizen. Schließlich haben wir nur eins davon.“
„Meine Herren, ich habe den Eindruck, unsere Diskussionen drehen sich immer wieder im Kreis“, Repin rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her. „Dabei brauchen wir dringend Lösungen. Wer weiß, was morgen ist? Smith könnte seine Zurückhaltung jeden Moment aufgeben und dann sitzen wir hier auf dem Präsentierteller. Oder uns geht irgendwann von selbst die Puste aus und wir müssen kapitulieren, eine Vorstellung, die mir unerträglich ist und sicherlich nicht nur mir, schließlich haben wir den Menschen hier ein Versprechen gegeben. Wir wollten sie vor dem Terror auf der Erde schützen, und jetzt sitzen wir hier und wissen nicht wie.“
Auch wenn Hirschmann es nie öffentlich zugegeben hätte nagte dieser Gedanke auch an ihm schon seit Wochen. Repin und er waren zu Beginn voller Idealismus und Engagement gewesen, auch hatten sie heimlich gehofft, dass sie ein Beispiel für den Widerstand auf der Erde werden würden. Doch dieser blieb aus, grausam unterdrückt von der Geheimpolizei des Generals. Die Revolution fand nicht statt und somit gab es auch niemanden auf der Erde, der die Menschen auf der Venus unterstützen konnte. Hatten sie sich alles zu einfach vorgestellt?
„Natürlich gebe es eine Möglichkeit, sich Unterstützung zu holen“, sagte Bjelowski. „Aber sie wird vielen nicht gefallen.“
„Da der Vorschlag von Ihnen kommt, ahne ich schon, worauf Sie hinauswollen.“ Larriand blickte entnervt an die Decke. „Aber ich gebe Ihnen vollkommen Recht, viele Menschen werden das ablehnen, und ich bin einer von ihnen. Wir wollen doch nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, oder?“
„Nun, der Beelzebub hat ein ebenso berechtigtes Interesse an der Bekämpfung des Teufels wie wir, schließlich steht er als nächstes auf seiner schwarzen Liste.“ Repin griff nach einer Wasserflasche und einem Glas, die auf dem Tisch für den Rat bereit standen. Er goss sich ein großes Glas Mineralwasser ein und trank ein paar Schlucke, bevor er weiter sprach. „Aber ihn um Hilfe bitten, da bin ich allerdings auch ein wenig skeptisch. Ich frage mich, ob das langfristig unseren Interessen dient.“
„Vielleicht haben wir bald keine langfristigen Interessen mehr, Repin“, meinte Hirschmann nachdenklich. „Mir gefällt der Gedanke auch nicht, bei den VOR Unterstützung zu suchen, zumal sie ein Regierungssystem haben, das nur wenig demokratischer ist als das des Generals. Aber es wird uns vielleicht bald nichts mehr anderes übrig bleiben.“
„Zumal Sie, Herr Präsident und ich dort einige Menschen kennen, die aufgeschlossen für Gespräche sind und dazu bekennende Reformer. Es würde doch Sinn machen, hier einmal vorsichtig Kontakte aufzubauen.“
„Wenn das in Metropolis bekannt wird, könnte die Situation eskalieren“, gab Larriand zu bedenken. „Der General könnte sich veranlasst sehen, seine Pläne schneller in die Tat umzusetzen. Wir sollten äußerst vorsichtig mit solchen Schritten sein.“
„Es müsste ja nicht gleich auf ein militärisches Bündnis hinauslaufen.“ Repin schien sich langsam mit dem Gedanken anzufreunden. „Sondern auf so etwas wie einen Handelspakt. Seitdem wir keine Rohstoffe mehr an die Erde liefern – ich spreche hier von dem Venal, von dem wir mehr als genug auf Lager haben, solange wir keine eigenen Schiffe bauen können, quellen unsere Lager davon über. Für uns ist es nutzlos, aber die VOR könnten Interesse daran haben. Wir könnten es gegen Lebensmittel und andere Versorgungsgüter eintauschen.“ Venal, das überaus kostbare Metall, das auf der Venus abgebaut wurde, würde sicherlich ein interessantes Lockmittel für die VORs darstellen, war es doch für den Ausbau der Raumflotte von unschätzbarem Wert.
„Was ist mit den immer wieder zitierten Versorgungsengpässen in den VOR selbst?“ Larriand gab sich nicht geschlagen. „Hat man dort überhaupt genug Lebensmittel, um sie an uns zu liefern?“
„Was ist schon unsere Bevölkerung im Vergleich zu diesem Milliardenvolk? Ein kleines Dorf, das ein paar Säcke Reis braucht. Also, wir verfolgen diesen Plan weiter, bis morgen möchte ich, dass Sie mir Ihre Ideen einreichen.“
Damit war die Sitzung für Hirschmann beendet und die Beteiligten wandten sich wieder ihren Aufgaben zu. Auch Colonel Larriand begab sich unverzüglich in sein Büro in den Quartieren der strategischen Raumflotte. Seine Gedanken waren noch immer bei Bjelowskis unerhörtem Vorschlag, ein Bündnis mit den VOR schien ihm unerträglich zu sein. Jahrzehnte lang waren diese sein Feind gewesen, er hatte seine Laufbahn der Verteidigung der EAAU gegen die Bedrohung aus dem Osten gewidmet. Als er sich allein in seinem Büro wusste, schlug er mit der Faust zornig auf die Schreibtischplatte, so heftig, dass die dort abgestellte Tasse zu wackeln begann. Fluchend wandte er sich seinem Computerterminal zu.
Kurz darauf war er in seinem Kommunikationsprogramm eingeloggt, das allerdings ein Untermenü hatte, von dem niemand etwas ahnte. Larriand klickte einen Button an, der scheinbar zum Ausdruck des Bildschirminhalts diente, aber in Wirklichkeit eine ganz andere Funktion hatte. Kurz darauf erschien ein Eingabefeld, in das der Colonel einen zwölfstelligen Code eingab. Ein kleiner Balken am unteren Rand des Bildschirms zeigte nun an, dass das Programm zu arbeiten begonnen hatte. Binnen weniger Sekunden baute es eine geschützte Satellitenleitung auf, die eigentlich gar nicht existieren dürfte, hatte der General doch dafür gesorgt, alle dementsprechenden Schaltstellen außer Betrieb zu setzen. Larriands Programm jedoch fand eine kleine Hintertür, die nur wenigen Menschen bekannt war. Ein weiteres, diesmal größeres Eingabefeld erschien auf dem Bildschirm.
Larriand begann zu schreiben. Nicht nur Bjelowski hatte seine Kontakte zur Erde, er auch. Und diese Menschen sollten erfahren, was heute in der Konferenz vor sich gegangen war.
Die Fahrt in der Metro glich seit dem Putsch einem Spießrutenlauf. Einige Fahrgäste ließen es bei misstrauischen, bösen Blicken bewenden, andere pöbelten sie unverhohlen an. Chinesenschlampe, riefen ein paar Jugendliche ihr nach und lachten gröhlend. Gerne hätte sie ihnen entgegen geschleudert, sie sei Japanerin, aber sie riss sich zusammen und schwieg. Heute konnte so etwas übel ausgehen. Sie hatte schon von Bekannten gehört, die tätlich angegriffen worden waren. Von der Polizei war keinerlei Unterstützung zu erwarten, die sahen bestenfalls weg, schlimmstenfalls unterstützten sie die Angreifer sogar noch. Es war, als wenn alle seit Jahrzehnten vorhandenen latenten Aggressionen und misstrauischen Gefühle jetzt plötzlich ungezähmt hervorbrechen und sich ihr Ventil an den ebenso lange eingebürgerten Asiaten suchen. Wenn man schon die Politiker in Peking nicht zu packen bekam, dann wenigstens die wenigen Menschen asiatische Herkunft, die sich noch in die Öffentlichkeit wagten. Seit jenem unheilvollen Tag im September, an dem Smith in die Hauptstadt einmarschiert war, wurde es immer schlimmer. Mariko hatte schon erlebt, in einigen Geschäften nicht mehr bedient zu werden. In einem Bekleidungsgeschäft hatte man in ihr sogar unmissverständlich mitgeteilt, es sei den ihr nachfolgenden Kunden nicht zuzumuten, von ihr anprobierte Kleidung nochmals anzuziehen. So als habe sie eine ansteckende Krankheit oder sei schmutzig. Noch niemals in ihrem Leben war sie so gedemütigt worden. Dabei waren sie und ihr Mann immer gute Bürger der EAAU gewesen, sogar aufrechte Patrioten. Schließlich waren sie nicht ohne Grund aus den VOR geflohen, sie hatten sich hier ein Leben in Freiheit und demokratischen Verhältnissen erträumt. Mit Smiths Machtergreifung waren alle diese Träume zerplatzt wie eine Seifenblase.
Und nun neue Hoffnung, vielleicht würde das Leben in einer anderen Stadt erträglicher werden. Vor allem würden sie sich keine finanziellen Sorgen mehr machen müssen. Das versprochene Gehalt entsprach ihrem alten Verdienst und würde ihnen ein angenehmes Leben ermöglichen. Nun musste nur noch ihr Mann mitspielen, sie war sich nicht sicher, ob er es ertragen konnte, wenn sie die Hauptverdienerin in der Familie wäre. Vielleicht würde es ihn zu sehr in seinem Stolz verletzen, er konnte in diesen Dingen sehr eigen sein, dachte recht konservativ. Es schmerzte ihn ohnehin sehr, nicht der Ernährer der Familie zu sein.
Als sie ihr Wohnhaus erreichte, begegnete ihr Anna Corvillo im Foyer und grüßte sie freundlich. Unschlüssig, ob sie ihr von den guten Nachrichten erzählen sollte, verharrte Mariko einen Moment auf der Stelle. Ihre Nachbarin war stets freundlich zu ihr gewesen, auch als die anderen Mitbewohner des Hauses sich schon längst von ihr abgewandt hatten. Sogar als ihre eigene Tochter sich von ihren Kindern distanziert hatte, hatte sie vermittelnd eingegriffen und sich so deutlich gegen die Wünsche der Jugendgruppe der kleinen Sophie gestellt. Andererseits schien sich Ms. Corvillo gut mit dem Kommissar aus dem fünften Stock zu verstehen, einem Vertreter der Reinigenden Flamme , mit dem sie sogar letztens zu dieser unseligen Militärparade gegangen war. Mariko hatte sie gemeinsam aus dem Haus gehen sehen.
„Hallo, Ms. Watanabe, wie geht es Ihnen?“ Anna Corvillo lächelte ihr freundlich zu. „Was machen die Kinder?“
Das aus schlechter Erfahrung geborene Misstrauen nagte an Mariko. „Es geht uns allen gut“, erwiderte sie. „Ich hoffe, Sophie ist auch in Ordnung?“
„Ja, sie ist noch mit der Schule unterwegs, sie gehen heute in den Zoo.“ Es war Anna Corvillo anzumerken, wie unangenehm es ihr war, dass ihr diese Bemerkung heraus gerutscht war. Denn auch von solchen harmlosen Vergnügen wurden die Kinder der Einwanderer inzwischen ausgeschlossen.
„Ja, das haben wir auch mal wieder vor.“ Sie öffnete ihren Briefkasten, der sich rechts neben dem Eingang in einer Reihe weiterer Kästen befand. Neben Werbung gab es darin auch wieder einmal einen anonymen Schmähbrief, wie sie schon an der in ungelenken Druckbuchstaben verfassten Adressaufschrift erkannte. Sie mochte ihn kaum öffnen, tat es aber trotzdem. Es war immer das selbe. Sie wurden als Schlitzaugen beschimpft, die sich möglichst bald aus diesem Wohnviertel verziehen sollten, sonst werde man notfalls auch mit Gewalt nachhelfen. Tränen der Wut traten in ihre Augen. Für die Polizei wäre es ein leichtes gewesen, den Verfasser zu ermitteln, der seinen Drohbrief handschriftlich verfasst hatte, aber niemand dort würde auch nur einen Finger rühren.
„Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte Anna Corvillo besorgt. „Haben Sie eine schlechte Nachricht bekommen?“
„Ach es ist nichts“, erwiderte sie ausweichend. „Nur die üblichen Schmierereien. Wir bekommen fast täglich so etwas, allmählich gewöhnt man sich daran.“
„Aber können Sie denn nichts dagegen unternehmen?“, fragte ihre Nachbarin naiv.
„Ich wüsste nicht was“, meinte sie resigniert. „Die Polizei hat andere Dinge zu tun, als sich darum zu kümmern.“
„Das tut mir Leid“, entgegnete Anna Corvillo mit aufrichtigem Mitgefühl. „Haben Sie vielleicht Lust, auf einen Kaffee zu mir zu kommen und darüber zu reden? Ich würde mich wirklich freuen.“
„Sie wissen doch, dass das nicht gern gesehen wird“, flüsterte Mariko. „Sie werden noch Ärger bekommen deswegen. Was würde Kommissar Latour dazu sagen?“
Die Frage ließ Anna Corvillo erröten. „Darüber mache ich mir, ehrlich gesagt, keine Sorgen. Aber ich will Sie nicht überreden, wenn Sie nicht wollen. Aber Sie sollen wissen, dass meine Tür Ihnen offen steht, wenn sie zu mir kommen wollen.“
„Das ist wirklich nett von Ihnen, Ms. Corvillo. So freundlich ist in diesen Tagen nicht jeder zu uns. Ich rechne Ihnen das hoch an.“ Sie seufzte und gab sich einen Ruck. Anna Corvillo war so nett zu ihr, warum sollte sie ihr nichts von ihrem neuen Job erzählen?„Aber es gibt auch gute Nachrichten. Man hat mir einen guten Job in Spanien angeboten. In meinem alten Beruf. Sie erfahren es als erste, jetzt muss ich nur noch meine Familie überzeugen, mit mir die Koffer zu packen. Die wissen nämlich noch nichts von ihrem Glück, ich will sie überraschen.“
Anna Corvillo trat spontan einen Schritt vor und zog sie in eine Umarmung. Sie drückte Mariko herzhaft und ließ sie dann wieder los. „Das freut mich wirklich für Sie! Wann soll es losgehen?“
„So bald wie möglich.“ Die Umarmung machte sie verlegen, sie war es nicht gewöhnt, von fremden Menschen in den Arm genommen zu werden. Unter ihren japanischen Bekannten war das absolut unüblich, die verhielten sich eher distanziert, auch wenn sie schon an das Leben in der EAAU angepasst waren. „Mein Chef hätte es am liebsten, wenn ich gleich morgen abreise. Böse Zungen könnten behaupten, er kann es nicht erwarten, ein Ärgernis los zu werden. Aber vielleicht tue ich ihm damit unrecht, er hat mich immer fair behandelt.“
„Nun, ich wünsche Ihnen auf jeden Fall alles Gute für Ihren Neuanfang. Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, Ihre Abreise vorzubereiten, lassen Sie es mich wissen. Das wird sicher viel Arbeit werden.“
„Mein Chef hat mir schon eine Spedition vermittelt, die werden sich um alles kümmern, auch wenn ich nur darum beten kann, dass mein Porzellan dabei heil bleibt.“ Sie lachte leise. „Aber ich bin allemal froh, dass mir ein Großteil der Arbeit abgenommen wird. Mir graut es schon davor, die Umzugskisten zu packen.“
„Das kann ich mir lebhaft vorstellen, mir hat es schon gereicht, innerhalb von Metropolis umzuziehen.“
Sie verabschiedeten sich herzlich voneinander, wobei ihr Anna Corvillo das Versprechen abnahm, sich vor ihrer Abreise noch einmal bei ihr zu melden. Kurz bevor Anna Corvillo in ihrer Wohnung verschwand, murmelte sie etwas, das Mariko nicht verstand, es klang wie „er hat also doch Wort gehalten“, aber sie wollte nicht näher nachfragen. Die folgenden Tage vergingen dann auch wie im Flug, ihr Mann Ishiro zeigte sich wider Erwarten ebenfalls erfreut über ihre Versetzung, was ihr einigen Druck vom Herzen nahm. Wahrscheinlich lockte auch ihn der Gedanke, ein Stück aus Smiths Einflussbereich heraus zu kommen. Und er schien sogar ein wenig stolz auf sie zu sein. In der Familie herrschte Aufbruchstimmung, und bald begannen die Diskussionen darüber, was ins Handgepäck genommen werden sollte und welche Dinge vorerst in den Umzugskisten verschwinden sollten, welche die beauftragte Spedition bereits vorbei gebracht hatte. Mariko wunderte sich nur ein wenig darüber, dass die Firma eine genaue Aufstellung von ihr haben wollte, was in welcher Kiste verstaut war. Angeblich verlangte es die Versicherung so. Also machte sie sich daran, akribische Listen zu führen. Ihr Chef hatte ihr frei gegeben, also blieb ihr Zeit für diese Dinge. Wieder und wieder sah sie sich die Bilder der Wohnung an, welche ihnen die Firma in Madrid zur Verfügung stellen würde und gestaltete vor ihrem geistigen Auge schon die Einrichtung. Richtig gemütlich würde es natürlich erst werden, wenn sie erst einmal ein paar Tage dort lebten und die Dekorationsgegenstände ausgepackt waren. Einige davon hatte sie noch aus den VOR mitgebracht, vieles aber war in Metropolis gekauft, wie die ihr lieb gewordene Sammlung kleiner bemalter Porzellanteller, die sie mit besonderer Sorgfalt verstaute.
Dann war es endlich soweit. Die Spedition holte ihre Möbel ab, und wenig später warteten sie auf dem Dach des Hauses auf die Diana, die sie abholten sollte. Die Kinder zappelten unruhig am Rande des Landefeldes umher, und Ishiro sah an diesem Tage zum hundertsten Male auf seine Armbanduhr. Aber das kleine Flugzeug war pünktlich, der Pilot verhielt sich wider Erwarten freundlich und half ihnen sogar beim Verladen des Handgepäcks. Kurz darauf waren sie auf ihren Sitzen angeschnallt und starteten in den Himmel von Metropolis. Ishiro griff nach ihrer Hand.
„Jetzt wird alles gut, du wirst es sehen“, sagte er. „Wir können in Madrid noch einmal von vorne anfangen.“
„Ich freue mich schon wahnsinnig darauf“, erwiderte sie. „Hoffentlich wird es auch in der neuen Schule für die Kinder besser.“
„Es ist eine Schande, was man ihnen hier angetan hat“, meinte er verbittert, trotz des strafenden Blickes seiner Frau. Noch waren sie nicht aus dem dichten Abhörnetz heraus, und wer konnte schon wissen, was den aufmerksamen Mithörern der III. Abteilung noch in der letzten Minute einfiel, um sie zu schikanieren? „Die Kleinen werden noch eine Weile brauchen, um darüber hinweg zu kommen. Aber das ist sie wohl, die harte Schule des Lebens. Wir konnten sie ihnen wohl nicht ersparen.“
„Sei nicht so pessimistisch, die beiden hören dich doch.“ Unwillkürlich sah sie sich ängstlich um.
Unter ihnen schrumpften die Gebäude der Stadt zu Spielzeugformat zusammen, und rasch erreichten sie das offene Meer. Die Kinder hingen fasziniert an den Sichtscheiben und drückten ihre Nasen dicht daran, um mehr sehen zu können. „Fliegen wir lange?“, fragte Desuke erwartungsvoll.
„Höchstens noch eine halbe Stunde“, antwortete Michiko geduldig. „Wir werden bald wieder über dem Festland sein.“
Der Pilot wandte sich lächelnd um und blickte vor allem die Kinder an. „Sie können sich etwas zu trinken aus dem Fach vor Ihren Sitzen nehmen“, meinte er freundlich. „Dann geht der Flug vielleicht schneller vorbei.“
„Wir wollen Ihnen keine Umstände machen.“
„Ach was, das ist im Service inbegriffen.“
Mariko war im Grunde erfreut über das Angebot, denn sie hatte angesichts der kurzen Flugzeit nur ein paar Kekse für unterwegs eingepackt und die Klimaanlage in der Diana erzeugte unangenehm trockene Luft. Sie bedankte sich und öffnete das besagte Fach. Für die Kinder suchte sie Limonade aus, für ihren Mann und sich ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk. Michiko und Desuke freuten sich sichtlich über die Erfrischung und tranken so hastig, dass sie sie ermahnen musste. Auch ihr Mann trank in gierigen Schlucken, so als wäre das Getränk eine Entschädigung der Firma für die in den letzten Monaten erlittenen Demütigungen. Also setzte auch sie die Flasche an die Lippen und kostete die Limonade.
Trotz des Koffeins fühlte sie sich bald schläfrig. Sie schob es auf das gleichmäßige Summen der Antriebsaggregate. Nun, ein kleines Schläfchen konnte kaum schaden, der Tag würde noch anstrengend genug werden. Also stellte sie die Lehne ihres Sessels in Ruheposition und lehnte sich zurück. Neben ihr tat Ishiro das gleiche. Auch er wirkte plötzlich sehr müde. Wahrscheinlich fiel der Stress der letzten Wochen von ihm ab. Bald schlief sie tief, fest und traumlos.
Ein Rucken ließ sie kurze Zeit später erwachen. Jedenfalls glaubte sie, es sei nur wenig Zeit vergangen, ihr kam es vor wie nur wenige Sekunden. Mühsam öffnete sie die Augen, alles verschwamm vor ihrem Blick. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass der Antrieb der Diana verstummt und sie inzwischen gelandet waren. Sie sah sich um und bemerkte, dass auch ihr Mann und ihre Kinder langsam aufwachten. Sie hatten wohl Madrid erreicht. Vorsichtig betätigte sie den Hebel, der ihren Sitz wieder aufrichtete. Vorsichtig rieb sie sich die Augen und sah aus dem Fenster.
„Willkommen in Ihrer neuen Heimat.“ Die Stimme des Piloten war plötzlich nicht mehr freundlich, sondern troff von Hohn. „Wenn ich Sie dann bitten dürfte auszusteigen? Und vergessen Sie Ihr Gepäck nicht!“ Er lachte spöttisch und griff an seine Hüfte. Mariko blickte in den Lauf einer kurzläufigen Laserpistole. Vor Angst konnte sie sich kaum rühren. „Na los, wird’s bald? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!“
„Was ist hier los?“, fragte Ishiro, der ebenfalls erst jetzt langsam begriff, was vor sich ging.
Mariko griff mit zitternden Fingern nach dem Öffnungsmechanismus der Seitentür. Schließlich gelang es ihr, den Griff zu packen und sie schob die Tür nach hinten, die sich mit einem Zischen bewegte. Auf den hinteren Sitzen wurden nun auch die Kinder wach und fingen an zu quengeln. Auch sie begriffen den Ernst der Situation noch nicht.
Mariko setzte einen Fuß auf den staubigen Boden des Platzes, auf dem die Diana gelandet war und zog ihre Reisetasche hinter sich her. Ihr Mann wiederholte seine Frage, aber er erntete dafür nur einen wütenden Befehl des Piloten. Also fügte auch er sich der Gewalt und verließ mit seiner Tasche den Passagierraum. Dann hoben sie die Kinder aus der Diana, die beide inzwischen zu weinen begonnen hatten.
Aus Gerüchten hatte Mariko von diesen Orten gehört, den reinsten Vorhöfen zur Hölle, aber sie hatte niemals geglaubt, dass der General wirklich so weit gehen würde. Aber Smith war wohl zu allem fähig, was man ihm zutraute. Sie warf einen Blick über die Schulter. Hinter ihnen befand sich praktisch nichts, nur Steppe und ein paar vertrocknete Büsche auf kleinen Hügeln.
Vor ihnen lag eine schäbige Zeltstadt, errichtet aus alten Armeebeständen, die für die Soldaten der EAAU nicht mehr geeignet schienen. Ein Transporter trug ein provisorisch aufgemaltes rotes Kreuz, davor hatten sich einige Kinder in schmutziger Kleidung versammelt um sich Kanister mit Wasser abzuholen. Zwischen den Zelten gingen Männer und Frauen hin und her, die sich in wenig besserem Zustand befanden. Etwa zweitausend Menschen waren hier notdürftig im Niemandsland zwischen den Machtblöcken untergebracht, mit kaum mehr Besitz als den Kleidern, die sie am Leibe trugen. Ihnen war alles genommen worden. Es war ein Lager für die Menschen, die in keinem der Machtblöcke mehr willkommen waren, in der EAAU nicht, weil sie plötzlich zu Staatsfeinden erklärt worden waren, und auch in den VOR nicht, die sie als Verräter betrachteten, weil sie einmal die Auswanderung gewählt hatten. Noch nicht einmal ein Zaun wurde benötigt, denn diese Zeltstadt befand sich mitten im Nichts, es gab keine Möglichkeit, von hier fort zu kommen. Marikos Knie drohten nachzugeben, als sie die volle Tragweite ihrer Anwesenheit hier begriff. Sie war getäuscht worden, auf die übelste Weise, denn niemand sollte erfahren, dass sie an diesen trostlosen Ort abgeschoben worden waren. In ihr zerbrach etwas, und nur der Gedanke an ihre Kinder hielt sie aufrecht.
„Na, gefällt es Euch nicht?“, fragte der Pilot spöttisch. „Das ist doch ein herrliches Ferienlager hier!“
Mariko nahm ihre Kinder schützend in den Arm, als die Diana wieder startete. Sie weinte. Weit in der Ferne sah sie etwas silbrig aufblitzen. Das mussten die Laserbatterien der Grenzbataillone der VOR sein. Aber auch diese würden ihnen nicht zu Hilfe kommen.
***
„Für mich ist das Ziel des Generals nur allzu deutlich.“ Colonel Haymann, der Chef der internen Verteidigungseinheiten der Venus, schlug mit der Faust auf den Tisch. „Wir sollen unsere Ressourcen an Munition und Schiffen verschwenden. Zudem werden unsere Piloten immer nervöser, die ständigen Scheinangriffe zehren an ihrer Konzentration. Ich fürchte, wenn es einmal zu einem richtigen Gefecht kommt, werden sie kaum noch richtig reagieren können.“
„Sie sollten unsere Leute nicht unterschätzen“, widersprach Colonel Larriand gereizt. „Es handelt sich durchaus um fähige Piloten. Ich fürchte eher, sie könnten leichtfertig werden, weil sich bisher jeder Vorstoß des Generals als Finte erwiesen hat. Bestenfalls dürfen wir diese kleinen Kampfeinsätze als Übung für den Praxiseinsatz betrachten.“
Larriand und Haymann, beide im selben Offiziersrang, galten unter Eingeweihten nicht gerade als die besten Freunde. Bisher hatten sie sich immer wieder zusammen gerauft, wenn es um die Sicherheit der Kolonie ging, aber niemand wusste, wie lange dieser mühsam aufrecht erhaltene Frieden zwischen ihnen bestehen würde. Haymann war ein grundehrlicher Mensch, der dazu neigte, plötzlich laut los zu poltern, wenn ihm etwas nicht gefiel, aber er war fast ebenso schnell wieder versöhnt, denn im Grunde seines Herzens war er ein gutmütiger Mensch. Er war im Gegensatz zu Larriand bereits auf der Venus geboren, was ihm die Sympathien der Einheimischen einbrachte, die Larriand oft als Fremdkörper betrachteten. Der Chef der strategischen Raumflotte der Venus hingegen kalt als kühler, zurückhaltender Mann. Manchmal war er schwer zu durchschauen, aber bisher hatte er sich der Exilregierung Hirschmanns gegenüber stets als loyal erwiesen.
„So oder so, die Situation gefällt mir nicht.“ Samuel Hirschmann sah in den Kreis der Versammelten hinein und rieb sich müde die Augen. In den letzten Wochen hatte er kaum Zeit für Erholungspausen gefunden, die ständigen Krisensitzungen nahmen ihn zu sehr in Anspruch. Zudem setzte ihm das Leben auf der Venus mehr zu, als er sich eingestehen wollte. Ihm fehlte die vertraute Umgebung auf der Erde, die frische, natürliche Luft in Metropolis und der salzige Duft des Meeres, der stets über die Stadt geweht war. Auch unter den Kuppeln der Venus gab es zwar Grünanlagen, aber diese waren allzu offensichtlich als künstlich angelegt zu erkennen und ersetzten die Parks der Hauptstadt nur unzureichend. Zudem vermisste er sein Haus mit den liebevoll gepflegten antiken Möbeln – hier lebte er in einem bequemen, aber sterilen Apartment, das mit zweckmäßigen Einrichtungsgegenständen ohne Geschichte eingerichtet war. Doch er wollte sich nicht beklagen, andere Menschen hatte es härter als ihn getroffen, vor allem die Flüchtlinge, die in überfüllten Notunterkünften hausten. Und er war frei. Frei von der unmittelbaren Bedrohung durch den General.
Um die Freiheit der Venus auch weiterhin zu garantieren, war allerdings ständige Wachsamkeit vonnöten, aber diese wurde in den letzten Wochen ständig auf die Probe gestellt. Ein Alarm jagte den nächsten, Militärschiffe von der Erde tauchten auf den Radarschirmen auf und drehten wieder ab, kaum das die eigenen Tauruszerstörer sich in Marsch gesetzt hatten. Oder es kam zu den von Haymann geschilderten Scheinangriffen, die Zerstörer des Generals feuerten zwei oder drei Raketen scheinbar ziellos ab und brachten ihre Gegner so in Zugzwang. Larriands Geschwader setzten sich entschlossen zur Wehr und verschossen dringend benötigte Munition, die auf der Venus nur bedingt nachproduziert werden konnte. Das Schlimmste aber war, dass diese Gegenwehr nur zu geringen Erfolgen führte, da sich die strategische Raumflotte der Venus einer neuen Generation von Zerstörern gegenüber sah, die flinker und wendiger waren als deren alte Schiffe und sich den abgefeuerten Raketen durch rasante Manöver rasch entziehen konnten.
In Hirschmanns Amtszimmer hatten sich Alexander Repin, Larriand, Haymann und Major Bogdan Bjelowski versammelt, den der Präsident noch aus den unseligen Tagen des Raumzwischenfalles von 2062 kannte und schätzte. Damals hatte ihm der Major beigestanden, um einen Weltkrieg zu verhindern, seine Kontakte in die VOR hatten sich dabei als unschätzbar wertvoll erwiesen. Der besonnene Bjelowski gehörte nun seit einem Monat zu Hirschmanns Stab, auf verschlungenen Wegen war er auf die Venus gelangt, gerade noch rechtzeitig, um nicht durch die Leute des Generals verhaftet zu werden. Hirschmann hatte es vorgezogen, nicht näher nachzufragen, wie ihm dieses Kunststück gelungen war, er vertraute dem Major auf Grund seiner Vorerfahrung, zum Missfallen Larriands. Der Colonel erwies sich als ausgesprochen misstrauischer Mann, was seine Kollegen im Stab anging.
„Mir scheint es tatsächlich so“, fuhr Hirschmann fort, „als betreibe der General eine Politik der psychologischen Kriegsführung. Ich frage mich nur warum? Seine Flotte ist der unseren haushoch überlegen, das bekommen wir fast jeden Tag zu spüren, er könnte sie also einfach überrennen. Warum tut er es also nicht, sondern spielt mit uns Katz und Maus? Vielleicht verrenne ich mich ja in den Gedanken, aber ich werde den Eindruck nicht los, dass ein weitergehendes Ziel dahinter steckt, etwas, das wir noch nicht wissen.“
„Ohne die Bedeutsamkeit der Venus überschätzen zu wollen“, Repin räusperte sich, was er immer tat, wenn er den Eindruck gewann, Hirschmann hielte die Kolonie nur für einen gewöhnlichen Stützpunkt im Weltall, „denke ich doch, dass unsere Ressourcen eine Rolle in seinen Plänen gegen die VOR spielen. Smith mag ein verrückter Hardliner sein, aber er ist nicht der Idiot, als der er gern hingestellt wird. Er haushaltet mit seinen Kräften und ist ständig auf der Suche weiteren Quellen zum Ausbau seiner Flotte. Wieso soll er unsere zusammenschießen, wenn er sie vielleicht noch brauchen kann? Ich denke, er wartet darauf, bis wir ausgehungert sind und stellt dann ein weiteres Ultimatum.“
„Seit dem letzten hat er sich ja tatsächlich reichlich Zeit gelassen“, erwiderte Hirschmann mit leiser Ironie. „Wenn er uns nicht ab und zu mal jemanden vorbeischicken würde, könnte man beinahe glauben, er habe uns vergessen.“
„Smith vergisst nie etwas, er ist ein Mann, der geduldig warten kann.“ Bjelowskis Tonfall war ernst. „Das hat er ja nun schon bewiesen.“
„Ah, ich vergaß, Bjelowski“, bemerkte Larriand zynisch, „Sie sind ja ein ausgezeichneter Kenner der Psyche des Generals. Vielleicht werden Sie ja aus seinem Verhalten klug?“
Bjelowski überhörte den Spott des Colonels geflissentlich. „Nun, ich habe mich damals 2062 tatsächlich ausgiebig mit der Person des Generals beschäftigt, immerhin gehörte ich zu der Delegation, die den Schaden wieder ausbügeln sollte, den er mit seinem Angriff auf Indira angerichtet hatte. Meines Erachtens geht es ihm nicht nur um die Ressourcen der Venus, das ganze ist eine persönliche Angelegenheit für ihn. Präsident Hirschmann ist ihm entkommen, Delta VII befindet sich in unserem Besitz, das sind zwei Schlappen, die seinem Ego enorm zusetzen sollten. Zudem hadert er damit, dass es einen Teil der EAAU gibt, der nicht unter seiner Kontrolle steht, egal wie groß oder klein dieser Teil ist. Smith ist extrem paranoid veranlagt, diese Situation raubt ihm sicherlich den Schlaf. Nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, das heißt nicht, dass ich die Situation als unbedenklich einschätze, im Gegenteil, sie ist deshalb nur umso bedrohlicher. Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Wut in ihm wachsen, und ich möchte nicht erleben, wenn sie sich gegen uns entlädt.“
„Ich teile Ihre Einschätzung, Major.“ Hirschmann nickte bedächtig. „Der General betrachtet uns als Symbol der Opposition, das mit allen Mitteln unterworfen werden muss. Vielleicht ist das der Grund, warum er uns nicht einfach vernichtet, der Triumph für ihn wäre einfach nicht so groß. Er will uns am Boden sehen, mit allen Konsequenzen.“
„Wenn ich mal einen anderen Punkt aufgreifen dürfte, der von Major Bjelowski angeschnitten wurde“, mischte sich Repin ein, „was tun wir mit Delta VII? Das Schiff fliegt im Namen der VEGA weiterhin seine Testflüge, als wäre nichts gewesen. Ist es nicht denkbar, es in unseren Verteidigungsverband einzugliedern?“
„Wie haben ja sogar schon über einen Nachbau nachgedacht“, sagte Haymann, „aber erstens fehlen uns dazu die Mittel, und zweitens stellt sich VEGA quer. Sie beharren auf dem Standpunkt, dass Delta VII ein Zivilschiff ist, inklusive der Besatzung. Ihr Einsatz kann also nur allerletztes Mittel sein und wir müssten sie zwangsweise requirieren.“
„Mit VEGA sollten wir uns gewiss nicht anlegen“, Hirschmann schüttelte energisch den Kopf, „schließlich haben sie sich bisher immer als kooperativ erwiesen, wenn es Wartungs- und Reparaturengpässe gab. Professor Westhoff ist ein sehr umgänglicher Mann, und ich zweifele nicht daran, dass er uns Delta VII im Ernstfall zur Verfügung stellt, aber wir sollten das Schiff nicht in Scharmützeln verheizen. Schließlich haben wir nur eins davon.“
„Meine Herren, ich habe den Eindruck, unsere Diskussionen drehen sich immer wieder im Kreis“, Repin rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her. „Dabei brauchen wir dringend Lösungen. Wer weiß, was morgen ist? Smith könnte seine Zurückhaltung jeden Moment aufgeben und dann sitzen wir hier auf dem Präsentierteller. Oder uns geht irgendwann von selbst die Puste aus und wir müssen kapitulieren, eine Vorstellung, die mir unerträglich ist und sicherlich nicht nur mir, schließlich haben wir den Menschen hier ein Versprechen gegeben. Wir wollten sie vor dem Terror auf der Erde schützen, und jetzt sitzen wir hier und wissen nicht wie.“
Auch wenn Hirschmann es nie öffentlich zugegeben hätte nagte dieser Gedanke auch an ihm schon seit Wochen. Repin und er waren zu Beginn voller Idealismus und Engagement gewesen, auch hatten sie heimlich gehofft, dass sie ein Beispiel für den Widerstand auf der Erde werden würden. Doch dieser blieb aus, grausam unterdrückt von der Geheimpolizei des Generals. Die Revolution fand nicht statt und somit gab es auch niemanden auf der Erde, der die Menschen auf der Venus unterstützen konnte. Hatten sie sich alles zu einfach vorgestellt?
„Natürlich gebe es eine Möglichkeit, sich Unterstützung zu holen“, sagte Bjelowski. „Aber sie wird vielen nicht gefallen.“
„Da der Vorschlag von Ihnen kommt, ahne ich schon, worauf Sie hinauswollen.“ Larriand blickte entnervt an die Decke. „Aber ich gebe Ihnen vollkommen Recht, viele Menschen werden das ablehnen, und ich bin einer von ihnen. Wir wollen doch nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, oder?“
„Nun, der Beelzebub hat ein ebenso berechtigtes Interesse an der Bekämpfung des Teufels wie wir, schließlich steht er als nächstes auf seiner schwarzen Liste.“ Repin griff nach einer Wasserflasche und einem Glas, die auf dem Tisch für den Rat bereit standen. Er goss sich ein großes Glas Mineralwasser ein und trank ein paar Schlucke, bevor er weiter sprach. „Aber ihn um Hilfe bitten, da bin ich allerdings auch ein wenig skeptisch. Ich frage mich, ob das langfristig unseren Interessen dient.“
„Vielleicht haben wir bald keine langfristigen Interessen mehr, Repin“, meinte Hirschmann nachdenklich. „Mir gefällt der Gedanke auch nicht, bei den VOR Unterstützung zu suchen, zumal sie ein Regierungssystem haben, das nur wenig demokratischer ist als das des Generals. Aber es wird uns vielleicht bald nichts mehr anderes übrig bleiben.“
„Zumal Sie, Herr Präsident und ich dort einige Menschen kennen, die aufgeschlossen für Gespräche sind und dazu bekennende Reformer. Es würde doch Sinn machen, hier einmal vorsichtig Kontakte aufzubauen.“
„Wenn das in Metropolis bekannt wird, könnte die Situation eskalieren“, gab Larriand zu bedenken. „Der General könnte sich veranlasst sehen, seine Pläne schneller in die Tat umzusetzen. Wir sollten äußerst vorsichtig mit solchen Schritten sein.“
„Es müsste ja nicht gleich auf ein militärisches Bündnis hinauslaufen.“ Repin schien sich langsam mit dem Gedanken anzufreunden. „Sondern auf so etwas wie einen Handelspakt. Seitdem wir keine Rohstoffe mehr an die Erde liefern – ich spreche hier von dem Venal, von dem wir mehr als genug auf Lager haben, solange wir keine eigenen Schiffe bauen können, quellen unsere Lager davon über. Für uns ist es nutzlos, aber die VOR könnten Interesse daran haben. Wir könnten es gegen Lebensmittel und andere Versorgungsgüter eintauschen.“ Venal, das überaus kostbare Metall, das auf der Venus abgebaut wurde, würde sicherlich ein interessantes Lockmittel für die VORs darstellen, war es doch für den Ausbau der Raumflotte von unschätzbarem Wert.
„Was ist mit den immer wieder zitierten Versorgungsengpässen in den VOR selbst?“ Larriand gab sich nicht geschlagen. „Hat man dort überhaupt genug Lebensmittel, um sie an uns zu liefern?“
„Was ist schon unsere Bevölkerung im Vergleich zu diesem Milliardenvolk? Ein kleines Dorf, das ein paar Säcke Reis braucht. Also, wir verfolgen diesen Plan weiter, bis morgen möchte ich, dass Sie mir Ihre Ideen einreichen.“
Damit war die Sitzung für Hirschmann beendet und die Beteiligten wandten sich wieder ihren Aufgaben zu. Auch Colonel Larriand begab sich unverzüglich in sein Büro in den Quartieren der strategischen Raumflotte. Seine Gedanken waren noch immer bei Bjelowskis unerhörtem Vorschlag, ein Bündnis mit den VOR schien ihm unerträglich zu sein. Jahrzehnte lang waren diese sein Feind gewesen, er hatte seine Laufbahn der Verteidigung der EAAU gegen die Bedrohung aus dem Osten gewidmet. Als er sich allein in seinem Büro wusste, schlug er mit der Faust zornig auf die Schreibtischplatte, so heftig, dass die dort abgestellte Tasse zu wackeln begann. Fluchend wandte er sich seinem Computerterminal zu.
Kurz darauf war er in seinem Kommunikationsprogramm eingeloggt, das allerdings ein Untermenü hatte, von dem niemand etwas ahnte. Larriand klickte einen Button an, der scheinbar zum Ausdruck des Bildschirminhalts diente, aber in Wirklichkeit eine ganz andere Funktion hatte. Kurz darauf erschien ein Eingabefeld, in das der Colonel einen zwölfstelligen Code eingab. Ein kleiner Balken am unteren Rand des Bildschirms zeigte nun an, dass das Programm zu arbeiten begonnen hatte. Binnen weniger Sekunden baute es eine geschützte Satellitenleitung auf, die eigentlich gar nicht existieren dürfte, hatte der General doch dafür gesorgt, alle dementsprechenden Schaltstellen außer Betrieb zu setzen. Larriands Programm jedoch fand eine kleine Hintertür, die nur wenigen Menschen bekannt war. Ein weiteres, diesmal größeres Eingabefeld erschien auf dem Bildschirm.
Larriand begann zu schreiben. Nicht nur Bjelowski hatte seine Kontakte zur Erde, er auch. Und diese Menschen sollten erfahren, was heute in der Konferenz vor sich gegangen war.
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