BLACK ROSES
von LadyTalbot
Kurzbeschreibung
Er hat seine Familie verloren, ist dem Alkohol verfallen und wartet jeden Tag auf seinen erlösenden Tod. Doch dann tritt eine junge Frau in sein Leben, die die Vergangenheit wieder aufwirbelt und ihm wieder Leben einhaucht...
GeschichteThriller / P18 / Gen
Hannibal Lecter
Will Graham
17.05.2009
02.04.2011
7
11.774
17.05.2009
1.875
Hallo zusammen, dies ist das erste Kapitel von "Black Roses". Die Story spielt zwei Jahre nach "Roter Drache", und alles ist ganz anders gekommen. Dem Drachen ist es gelungen, Wills Familie zu töten und zu entkommen. Will ist Alkoholiker und Suizid-gefährdet und wartet jeden Tag auf seine Erlösung...
Ich wünsche euch viiiel Spaß beim lesen ;)
Ein Leben im Nichts
Der Alkohol auf dem vermoderten Teppich begann langsam zu riechen. Gestern Abend erst war die Flasche an der Wand zersplittert, als er wieder einen seiner Anfälle hatte. Er war aus einem Alptraum hoch geschreckt, das grinsende Gesicht des Drachens vor sich. Das Blut lief ihm die rechte Wange hinab und in seinen Händen hielt er ein blutverschmiertes Herz, zu klein und zu jung, um das eines Erwachsenen zu sein…
„Na, wie fühlt sich das an, du Arsch…“, hatte der Drache gemurmelt und dann langsam das kleine Herz zerquetscht. Blut rann zwischen seinen Fingern durch und tropfte auf Wills Gesicht, der sich nicht rühren konnte. Neben ihm lag Molly in ihrem Blut, hilflos und verzweifelt sah sie zu dem Mörder auf, als er auf sie zukam. Der Drache kniete zu ihr nieder, strich über das Gesicht von Wills Frau, die hemmungslos schluchzte und wimmerte.
Will wollte etwas rufen, aber seine Stimme war nicht mehr da…
Molly schrie, als der Mann ihr das Shirt zerriss und ihren Körper freilegte. Er nestelte an seinem Gürtel, blickte dann zu Will und zischte grinsend: „Willst du es sehen, Will? Ja, du willst.“
Schreiend war Will erwacht, hatte die halbvolle Whiskey-Flasche gepackt und sie gegen die Wand geworfen. Schreiend vor Schmerz und Hass hatte er dann einen Stuhl an seinem eisernen Bett zertrümmert, er hatte mit dem Holz so lange auf das Gitter eingeschlagen, bis er erschöpft zusammensank.
Jetzt, im strahlenden Licht der Mittagssonne, realisierte er erst, was er getan hatte. Verdammt, zwei Jahre war das ganze jetzt her, seit zwei Jahren träumte er immer noch von der Nacht, als Francis Dolarhyde seinen Sohn und seine Frau getötet hatte. Will ließ er schwer verletzt am Leben, wohl wissend, dass er bis an das Ende seiner Tage diese Nacht niemals vergessen würde…
Er konnte noch alles genau sehen, Joshs ruhiges Gesicht, nachdem Dolarhyde ihn erstochen hatte und dann sein Herz rausgeschnitten hatte… Er sah Mollys Gesicht, wie sie verzweifelt nach Will schrie, als der Drache sie vergewaltigte… und danach, wie er ihr quälend langsam die Kehle durchschnitt…
Und Will?
Er kam ins Krankenhaus, nachdem die Polizei aufgetaucht war… ein Jahr lag er darinnen, kämpfte um sein Leben und wünschte sich, tot zu sein. Er wollte bei Molly und Josh sein, wollte sie an sich drücken und ihnen versichern, dass ihnen nun nichts zustoßen konnte…
Aber so war es nicht, und obwohl Will, mal wieder, in psychologischer Betreuung war, ließ es sich nicht verhindern, dass er dreimal versuchte, sich das Leben zu nehmen. Er hatte alles ausprobiert, hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten, Tabletten geschluckt und sich mit einem Laken erhängen wollen. Aber immer, immer wieder hatten sie ihn rechtzeitig gefunden.
„Scheiße!“, brüllte Will und kickte mit seinem rechten Fuß gegen die Reste des Holzstuhles. Vor einem halben Jahr hatten sie ihn auf eigenen Wunsch gehen lassen, er war seitdem in diesem kleinen Zimmer eines Motels an irgendeinem Highway in Texas. Hier gab es nicht viele Leute, er konnte seine Aggressionen ausleben und brauchte nur über die Straße zu gehen, um sich in der Bar dort zu betrinken. Jeden Abend kippte er dort seine Drinks, bis ihn irgendwann Cole, der sechzigjährige Barbesitzer in sein Zimmer schleppte, damit er seinen Rausch ausschlafen konnte.
„Kumpel, du brauchst dringend Hilfe.“, hatte Cole ihm einmal kopfschüttelnd gesagt, als Will sich mal wieder die Kante gab. Der Ex-Agent hatte aufgesehen und gelallt, dass er sich gefälligst um seinen eigenen Scheiß kümmern soll.
Genau genommen tat er das auch, aber Will war jemand, dem man helfen musste…
Langsam öffnete Will die Läden seines Fensters. Draußen windete es kräftig und der Himmel war schwarz. Heute würde es bestimmt noch regnen…
Er entschloss sich, ins Bad zu gehen. Drinnen blickte er in den Spiegel. Er sah einen Mann mit müden Augen und Augenringen, zerstrubeltem Haar und ungepflegtem Bart. Will schwankte leicht, dann griff er nach seinem stumpfen Rasierer. Er brauchte drei Anläufe, bis er ihn unsicher in der Hand hielt. Er setzte an, zog ihn bis zu seinem Halsansatz hinunter. Am Hals, dort, wo seine Hauptschlagader war, hielt er inne. Sollte er es tun? Dann würde das alles endlich ein Ende haben…Er würde frei sein…
Er würde Molly und Josh wieder sehen…
In diesem Moment brach er erneut zusammen, als er Mollys tote Augen vor sich sah. Schluchzend sank er auf den Boden, vergrub seinen Kopf in den Händen und schlug mit der rechten Faust auf den gefliesten Boden, bis sie blutete.
„Warum?“, schrie unter Tränen er auf. „WARUM SIE?“
~~~
Später am Tag begann es zu regnen. Will lag auf seinem Bett und schaute fern, in der linken Hand eine Flasche Wodka, die schon halb geleert war, in der anderen die Fernbedienung.
Es lief nichts interessantes, er zappte einfach nur herum und wollte sich ablenken. Die Uhr auf seinem Schreibtisch zeigte halb fünf an…
Auf einmal klopfte es an der Tür. Will horchte auf, aber als nichts mehr kam, drehte er sich wieder dem kleinen Fernseher zu und trank einen großen Schluck Wodka. Er brannte angenehm in der Kehle und Will hustete auf.
Dann klopfte es noch einmal.
Genervt stöhnte Will auf. „Was?“, rief er unwirsch.
Die Tür öffnete sich und herein trat eine junge Frau. Sie blickte sich um, dann sah sie Will und sagte: „Mr. Graham?“
„Was is’, Kleine?“, lallte Will. „Ich sag dir, wenn du so ne Nutte bist, kannste gleich wieder gehen, ich hab kein Geld um dich ficken zu können, klar?“
Die Frau ignorierte diese Beleidigung, schloss die Türe hinter sich. Dann blieb sie stehen, fixierte Will. Er fixierte auch sie, trank dann noch mal einen Schluck Wodka und stöhnte: „Bist du umsonst oder was?“
Die junge Frau räusperte sich und sagte: „Sind Sie Agent William Graham?“
Will lachte verächtlich auf. „Das heißt wenn dann schon EX-Agent, klar?“ Er nahm wieder einen Schluck.
Die Frau nickte, dann trat sie einen Schritt auf Will zu, nahm den letzten von drei lebenden Holzstühlen, die an einem Tisch standen und setzte sich darauf. Will betrachtete sie. Sie trug Jenas, ein schwarzes Shirt und hatte zwei große Lederarmbänder um ihre Handgelenke gebunden. Sie hatte langes, glattes braunes Haar und ihre Augen waren ebenfalls braun. Sie war hübsch, das musste Will zugeben. Aber das interessierte ihn grad wenig.
„Ex-Agent Graham, ich bin Agent Marie Bruke vom FBI.“, sagte sie und zog ihre Marke hervor. Sie betonte das „Ex“ extra damit Will kapierte, dass sie ihn verstanden hatte.
Will sagte nichts, sondern starrte sie nur feindselig an. „Das FBI kann mich am Arsch lecken, Lady. Ich bin weg von denen und will nichts mehr mit denen zu tun haben, klar?“
Marie ließ nicht locker. „Das wissen wir, aber wir brauchen Ihre Hilfe…“
„Fuck you…“, unterbrach sie Will, wandte sich wieder dem Fernseher zu und leerte die Wodka-Flasche.
Marie seufzte. Ihr war klar, solange er sie als seinen Feind sehen würde, würde er nicht zuhören. Also musste sie ihm knallhart sagen, warum sie hier war. Marie zog ein Foto aus ihrer Gesäßtasche und hielt es Will hin. Darauf war eine glückliche junge Familie zu sehen mit einem neugeborenen Baby, dessen Augen noch verschlossen waren.
„Das sind Duke und Elizabeth Myers mit ihrem Sohn, Jonathan.“, sagte Marie. „Die Eltern wurden vor zwei Tagen ermordet in ihrem Haus in Atlanta aufgefunden.“
Will reagierte nicht.
„Das Baby ist spurlos verschwunden, aber wir glauben, dass es noch lebt. Wo es ist, können wir nicht sagen, aber wir glauben, dass Sie uns dabei helfen können.“
Will prustete lauthals. Dann wandte er sich an sie und sagte leise: „Sie sind so naiv, Agent Bruke… Schauen Sie mich doch mal an, ich bin ein gefallener Alkoholiker, ich habe nichts mehr, das mich auf dieser Welt hält. Ich warte nur darauf, dass ich einen Leberkollaps bekomme oder an meinem Erbrochenen ersticke, klar?“
Marie ließ sich nicht irritieren. „In den Augen der Opfer steckten Spiegelscherben, Mr. Graham.“
Auf einen Schlag war Will nüchtern. Die leere Flasche fiel ihm aus der Hand und rollte auf dem Boden davon. Rasend zogen Bilder an ihm vorbei, Bilder von Menschen, in deren Augen er sich spiegeln konnte… er konnte blutverschmierte Wände sehen und in all dem stand auf einem Haufen Leichen Dolarhyde, nackt, und mit einem blutigen Lächeln. Er sah ihn direkt an und zischte: „Du entkommst mir nicht…“
„Sagen Sie… das noch mal...“, murmelte Will und setzte sich auf. Nun saß er Agent Bruke direkt gegenüber.
„Duke und Elizabeth Myers hatten Spiegelscherben in ihren Augen, als wir sie fanden. Ihre Bäuche waren aufgeschlitzt worden und die Gedärme herausgenommen, wir haben sie noch nicht gefunden…Und die Bäuche…“
Will ahnte schreckliches. „Sie waren doch nicht etwa… mit etwas anderem gefüllt?“ Er hielt den Atem an.
Marie sah zu ihm auf, dann gab sie ihm ein zweites Foto. Will nahm es, seine Finger zitterten stark vom Alkohol. Und dann wurde ihm übel. Er sprang auf, ließ das Foto fallen und eilte ins Bad. Dort erbrach er sich in die Kloschüssel, zweimal hintereinander. Doch der Reiz zu brechen wollte einfach nicht enden…
Will spürte eine kühle Hand auf seinem nackten Rücken, die ihm vorsichtig darauf klopfte. Will stöhnte auf, dann drehte er sich langsam herum, blieb auf dem Boden sitzen.
Marie betätigte die Spülung. Dann nahm sie ein Taschentuch aus ihrer Tasche und tränkte es mit Wasser. Sie gab es Will, der es sich gegen die heiße Stirn hielt.
„Genauso erging es allen anderen, die die Leichen gesehen haben…“, murmelte Marie und senkte den Kopf.
Will schüttelte sich und versuchte, einen erneuten Brechreiz zu unterdrücken. „Er… er hat Katzen in ihre Bäuche gelegt…?“
Marie nickte. „Es waren die beiden Hauskatzen der Myers, Angora-Katzen. Er hat ihnen erst das Genick gebrochen und dann ihnen die Haut abgezogen...“
Will drehte sich rasch herum und erbrach sich erneut in die Schüssel.
Marie sank neben ihn und wartete, bis es vorbei war, dann drehte sie an dem Wasserhahn des Waschbeckens und ließ kaltes Wasser ein. Als Will sich wieder umdrehte, begann sie ihm das Gesicht zu waschen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er wohl versucht hatte, sich seinen Bart zu rasieren. Es war ihm aber nur ein kleiner Schnitt gelungen. Er hatte ihn aber so fest eingedrückt, dass sie eine blutige Wunde erkennen konnte. Was war nur aus ihm geworden…?
„Er ist es… oder?“, fragte Will und sah sie an. Auf einmal sah er so hilflos, so zerbrechlich aus. Seine Augen glitzerten und er sah sie so herzzerreißend an… sie wusste, das erinnerte ihn an die Nacht, als seine Familie starb…
„Wir wissen es nicht genau, aber die Spiegelaugen sind seine Kreditkarte… es kann nur die Zahnfee sein…“, murmelte Marie und wischte ihm mit dem feuchten Taschentuch über die Stirn.
„Scheiße, man…“, fluchte Will und eine Träne lief seine Wange hinab. „Ich muss diesen Wichser finden und ihn dafür zahlen lassen, was er meiner Familie angetan hat…“ Er sah zu Marie auf. „Sagen Sie mir, was ich tun soll.“
Ich wünsche euch viiiel Spaß beim lesen ;)
Ein Leben im Nichts
Der Alkohol auf dem vermoderten Teppich begann langsam zu riechen. Gestern Abend erst war die Flasche an der Wand zersplittert, als er wieder einen seiner Anfälle hatte. Er war aus einem Alptraum hoch geschreckt, das grinsende Gesicht des Drachens vor sich. Das Blut lief ihm die rechte Wange hinab und in seinen Händen hielt er ein blutverschmiertes Herz, zu klein und zu jung, um das eines Erwachsenen zu sein…
„Na, wie fühlt sich das an, du Arsch…“, hatte der Drache gemurmelt und dann langsam das kleine Herz zerquetscht. Blut rann zwischen seinen Fingern durch und tropfte auf Wills Gesicht, der sich nicht rühren konnte. Neben ihm lag Molly in ihrem Blut, hilflos und verzweifelt sah sie zu dem Mörder auf, als er auf sie zukam. Der Drache kniete zu ihr nieder, strich über das Gesicht von Wills Frau, die hemmungslos schluchzte und wimmerte.
Will wollte etwas rufen, aber seine Stimme war nicht mehr da…
Molly schrie, als der Mann ihr das Shirt zerriss und ihren Körper freilegte. Er nestelte an seinem Gürtel, blickte dann zu Will und zischte grinsend: „Willst du es sehen, Will? Ja, du willst.“
Schreiend war Will erwacht, hatte die halbvolle Whiskey-Flasche gepackt und sie gegen die Wand geworfen. Schreiend vor Schmerz und Hass hatte er dann einen Stuhl an seinem eisernen Bett zertrümmert, er hatte mit dem Holz so lange auf das Gitter eingeschlagen, bis er erschöpft zusammensank.
Jetzt, im strahlenden Licht der Mittagssonne, realisierte er erst, was er getan hatte. Verdammt, zwei Jahre war das ganze jetzt her, seit zwei Jahren träumte er immer noch von der Nacht, als Francis Dolarhyde seinen Sohn und seine Frau getötet hatte. Will ließ er schwer verletzt am Leben, wohl wissend, dass er bis an das Ende seiner Tage diese Nacht niemals vergessen würde…
Er konnte noch alles genau sehen, Joshs ruhiges Gesicht, nachdem Dolarhyde ihn erstochen hatte und dann sein Herz rausgeschnitten hatte… Er sah Mollys Gesicht, wie sie verzweifelt nach Will schrie, als der Drache sie vergewaltigte… und danach, wie er ihr quälend langsam die Kehle durchschnitt…
Und Will?
Er kam ins Krankenhaus, nachdem die Polizei aufgetaucht war… ein Jahr lag er darinnen, kämpfte um sein Leben und wünschte sich, tot zu sein. Er wollte bei Molly und Josh sein, wollte sie an sich drücken und ihnen versichern, dass ihnen nun nichts zustoßen konnte…
Aber so war es nicht, und obwohl Will, mal wieder, in psychologischer Betreuung war, ließ es sich nicht verhindern, dass er dreimal versuchte, sich das Leben zu nehmen. Er hatte alles ausprobiert, hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten, Tabletten geschluckt und sich mit einem Laken erhängen wollen. Aber immer, immer wieder hatten sie ihn rechtzeitig gefunden.
„Scheiße!“, brüllte Will und kickte mit seinem rechten Fuß gegen die Reste des Holzstuhles. Vor einem halben Jahr hatten sie ihn auf eigenen Wunsch gehen lassen, er war seitdem in diesem kleinen Zimmer eines Motels an irgendeinem Highway in Texas. Hier gab es nicht viele Leute, er konnte seine Aggressionen ausleben und brauchte nur über die Straße zu gehen, um sich in der Bar dort zu betrinken. Jeden Abend kippte er dort seine Drinks, bis ihn irgendwann Cole, der sechzigjährige Barbesitzer in sein Zimmer schleppte, damit er seinen Rausch ausschlafen konnte.
„Kumpel, du brauchst dringend Hilfe.“, hatte Cole ihm einmal kopfschüttelnd gesagt, als Will sich mal wieder die Kante gab. Der Ex-Agent hatte aufgesehen und gelallt, dass er sich gefälligst um seinen eigenen Scheiß kümmern soll.
Genau genommen tat er das auch, aber Will war jemand, dem man helfen musste…
Langsam öffnete Will die Läden seines Fensters. Draußen windete es kräftig und der Himmel war schwarz. Heute würde es bestimmt noch regnen…
Er entschloss sich, ins Bad zu gehen. Drinnen blickte er in den Spiegel. Er sah einen Mann mit müden Augen und Augenringen, zerstrubeltem Haar und ungepflegtem Bart. Will schwankte leicht, dann griff er nach seinem stumpfen Rasierer. Er brauchte drei Anläufe, bis er ihn unsicher in der Hand hielt. Er setzte an, zog ihn bis zu seinem Halsansatz hinunter. Am Hals, dort, wo seine Hauptschlagader war, hielt er inne. Sollte er es tun? Dann würde das alles endlich ein Ende haben…Er würde frei sein…
Er würde Molly und Josh wieder sehen…
In diesem Moment brach er erneut zusammen, als er Mollys tote Augen vor sich sah. Schluchzend sank er auf den Boden, vergrub seinen Kopf in den Händen und schlug mit der rechten Faust auf den gefliesten Boden, bis sie blutete.
„Warum?“, schrie unter Tränen er auf. „WARUM SIE?“
~~~
Später am Tag begann es zu regnen. Will lag auf seinem Bett und schaute fern, in der linken Hand eine Flasche Wodka, die schon halb geleert war, in der anderen die Fernbedienung.
Es lief nichts interessantes, er zappte einfach nur herum und wollte sich ablenken. Die Uhr auf seinem Schreibtisch zeigte halb fünf an…
Auf einmal klopfte es an der Tür. Will horchte auf, aber als nichts mehr kam, drehte er sich wieder dem kleinen Fernseher zu und trank einen großen Schluck Wodka. Er brannte angenehm in der Kehle und Will hustete auf.
Dann klopfte es noch einmal.
Genervt stöhnte Will auf. „Was?“, rief er unwirsch.
Die Tür öffnete sich und herein trat eine junge Frau. Sie blickte sich um, dann sah sie Will und sagte: „Mr. Graham?“
„Was is’, Kleine?“, lallte Will. „Ich sag dir, wenn du so ne Nutte bist, kannste gleich wieder gehen, ich hab kein Geld um dich ficken zu können, klar?“
Die Frau ignorierte diese Beleidigung, schloss die Türe hinter sich. Dann blieb sie stehen, fixierte Will. Er fixierte auch sie, trank dann noch mal einen Schluck Wodka und stöhnte: „Bist du umsonst oder was?“
Die junge Frau räusperte sich und sagte: „Sind Sie Agent William Graham?“
Will lachte verächtlich auf. „Das heißt wenn dann schon EX-Agent, klar?“ Er nahm wieder einen Schluck.
Die Frau nickte, dann trat sie einen Schritt auf Will zu, nahm den letzten von drei lebenden Holzstühlen, die an einem Tisch standen und setzte sich darauf. Will betrachtete sie. Sie trug Jenas, ein schwarzes Shirt und hatte zwei große Lederarmbänder um ihre Handgelenke gebunden. Sie hatte langes, glattes braunes Haar und ihre Augen waren ebenfalls braun. Sie war hübsch, das musste Will zugeben. Aber das interessierte ihn grad wenig.
„Ex-Agent Graham, ich bin Agent Marie Bruke vom FBI.“, sagte sie und zog ihre Marke hervor. Sie betonte das „Ex“ extra damit Will kapierte, dass sie ihn verstanden hatte.
Will sagte nichts, sondern starrte sie nur feindselig an. „Das FBI kann mich am Arsch lecken, Lady. Ich bin weg von denen und will nichts mehr mit denen zu tun haben, klar?“
Marie ließ nicht locker. „Das wissen wir, aber wir brauchen Ihre Hilfe…“
„Fuck you…“, unterbrach sie Will, wandte sich wieder dem Fernseher zu und leerte die Wodka-Flasche.
Marie seufzte. Ihr war klar, solange er sie als seinen Feind sehen würde, würde er nicht zuhören. Also musste sie ihm knallhart sagen, warum sie hier war. Marie zog ein Foto aus ihrer Gesäßtasche und hielt es Will hin. Darauf war eine glückliche junge Familie zu sehen mit einem neugeborenen Baby, dessen Augen noch verschlossen waren.
„Das sind Duke und Elizabeth Myers mit ihrem Sohn, Jonathan.“, sagte Marie. „Die Eltern wurden vor zwei Tagen ermordet in ihrem Haus in Atlanta aufgefunden.“
Will reagierte nicht.
„Das Baby ist spurlos verschwunden, aber wir glauben, dass es noch lebt. Wo es ist, können wir nicht sagen, aber wir glauben, dass Sie uns dabei helfen können.“
Will prustete lauthals. Dann wandte er sich an sie und sagte leise: „Sie sind so naiv, Agent Bruke… Schauen Sie mich doch mal an, ich bin ein gefallener Alkoholiker, ich habe nichts mehr, das mich auf dieser Welt hält. Ich warte nur darauf, dass ich einen Leberkollaps bekomme oder an meinem Erbrochenen ersticke, klar?“
Marie ließ sich nicht irritieren. „In den Augen der Opfer steckten Spiegelscherben, Mr. Graham.“
Auf einen Schlag war Will nüchtern. Die leere Flasche fiel ihm aus der Hand und rollte auf dem Boden davon. Rasend zogen Bilder an ihm vorbei, Bilder von Menschen, in deren Augen er sich spiegeln konnte… er konnte blutverschmierte Wände sehen und in all dem stand auf einem Haufen Leichen Dolarhyde, nackt, und mit einem blutigen Lächeln. Er sah ihn direkt an und zischte: „Du entkommst mir nicht…“
„Sagen Sie… das noch mal...“, murmelte Will und setzte sich auf. Nun saß er Agent Bruke direkt gegenüber.
„Duke und Elizabeth Myers hatten Spiegelscherben in ihren Augen, als wir sie fanden. Ihre Bäuche waren aufgeschlitzt worden und die Gedärme herausgenommen, wir haben sie noch nicht gefunden…Und die Bäuche…“
Will ahnte schreckliches. „Sie waren doch nicht etwa… mit etwas anderem gefüllt?“ Er hielt den Atem an.
Marie sah zu ihm auf, dann gab sie ihm ein zweites Foto. Will nahm es, seine Finger zitterten stark vom Alkohol. Und dann wurde ihm übel. Er sprang auf, ließ das Foto fallen und eilte ins Bad. Dort erbrach er sich in die Kloschüssel, zweimal hintereinander. Doch der Reiz zu brechen wollte einfach nicht enden…
Will spürte eine kühle Hand auf seinem nackten Rücken, die ihm vorsichtig darauf klopfte. Will stöhnte auf, dann drehte er sich langsam herum, blieb auf dem Boden sitzen.
Marie betätigte die Spülung. Dann nahm sie ein Taschentuch aus ihrer Tasche und tränkte es mit Wasser. Sie gab es Will, der es sich gegen die heiße Stirn hielt.
„Genauso erging es allen anderen, die die Leichen gesehen haben…“, murmelte Marie und senkte den Kopf.
Will schüttelte sich und versuchte, einen erneuten Brechreiz zu unterdrücken. „Er… er hat Katzen in ihre Bäuche gelegt…?“
Marie nickte. „Es waren die beiden Hauskatzen der Myers, Angora-Katzen. Er hat ihnen erst das Genick gebrochen und dann ihnen die Haut abgezogen...“
Will drehte sich rasch herum und erbrach sich erneut in die Schüssel.
Marie sank neben ihn und wartete, bis es vorbei war, dann drehte sie an dem Wasserhahn des Waschbeckens und ließ kaltes Wasser ein. Als Will sich wieder umdrehte, begann sie ihm das Gesicht zu waschen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er wohl versucht hatte, sich seinen Bart zu rasieren. Es war ihm aber nur ein kleiner Schnitt gelungen. Er hatte ihn aber so fest eingedrückt, dass sie eine blutige Wunde erkennen konnte. Was war nur aus ihm geworden…?
„Er ist es… oder?“, fragte Will und sah sie an. Auf einmal sah er so hilflos, so zerbrechlich aus. Seine Augen glitzerten und er sah sie so herzzerreißend an… sie wusste, das erinnerte ihn an die Nacht, als seine Familie starb…
„Wir wissen es nicht genau, aber die Spiegelaugen sind seine Kreditkarte… es kann nur die Zahnfee sein…“, murmelte Marie und wischte ihm mit dem feuchten Taschentuch über die Stirn.
„Scheiße, man…“, fluchte Will und eine Träne lief seine Wange hinab. „Ich muss diesen Wichser finden und ihn dafür zahlen lassen, was er meiner Familie angetan hat…“ Er sah zu Marie auf. „Sagen Sie mir, was ich tun soll.“
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