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Die Welt von Tiberius Livingston

von jinkizu
Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P16 / Gen
Dr. Harry Jekyll / Edward Hide Mina Harker
01.05.2009
15.05.2010
18
38.473
3
Alle Kapitel
7 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
01.05.2009 1.917
 
Vielen Dank für dein Review, Haasi. Lang hats gedauert, doch hier kommt nun das nächste Kapitel mit unseren Helden.

Liebe Grüße Gaby

Genüsslich leckte Mina sich über die blutroten Lippen. Ein Wächter hatte sich ihr in den Weg gestellt und es schien so als wollte er nicht freiwillig weichen. Er hatte seine Pistole gezückt, zielte damit auf ihr Herz und drückte ab. Der Schuss tat weh, vermochte ihr aber kein Leid zu zufügen.

„Findet ihr immer noch es, geht auch ohne Gewalt?“ Spöttisch klang Edwards Stimme in ihrem Rücken, doch sie hörte ihn gar nicht.

Reflexartig stürzte sie sich auf den Mann und entzog ihm mit einem Biss seinen Lebenssaft. Tod sank der Mann zu Boden, er war nicht länger eine Gefahr, er war nutzlos. Edward folgte voller Interesse, wie sie sich in einer geschmeidigen Bewegung die Haare richtete und so wieder die Lady zum Vorschein brachte. Sie war elegant, schön, ausgestattet mit den Manieren einer Lady, aber tief in ihrer Seele schlummerte dennoch ein Monster. Ich liebte diese Seite an ihr und wünschte ich könnte sie öfter an ihr sehen, aber so wie Henry, hielt auch  sie sie gut verborgen. Zu gut verborgen, aber ich  hoffte eines Tages mehr davon zu sehen zu bekommen.

Wie die Dinge sich entwickelten, hatte sie vor bei Henry und mir zu bleiben. Sie nicht aus den Augen lassend folgte ich ihr und achtete so nicht auf den Weg, bis wir in einem merkwürdig runden Raum landeten. Käfige hingen kreisförmig von der Decke und in der Mitte gab es eine seltsame Plattform. Ein Kreis umzeichnet mit Symbolen. Manche kamen ihm bekannt vor. Griechisch oder Lateinisch, ich hatte sie in Henrys Büchern vor langer Zeit einmal gesehen, aber sie hatten mich nicht zu fesseln vermocht und rasch hatte ich sie gelangweilt wieder zur Seite gelegt. Vielleicht wäre es klüger  gewesen sie genauer zu studieren?

Bevor ich den Gedanken weiter verfolgen konnte, ließ mich ein knirschendes Geräusch, wie von großen Zahnrädern, den Kopf heben. Die Decke verschwand vor meinen Augen und ließ ein grelles Licht ein.

*


Er hätte es wissen müssen, dieser Ort war tatsächlich ein verfluchter Ort. Wie Ameisen strömten bereits die nächsten Männer mit gezückten Waffen aus dem Loch und griffen Nemo an. Gekonnt wehrte er die Ersten beiden mit seinem Säbel ab, doch der Dritte richtete einen Revolver auf ihn.

„Lass die Waffe fallen!“, brüllte er ihn an. Hart schlug ihm etwas die Waffe aus der Hand. Schmerzhaft rieb er sich seinen Arm.

„Verzeihen Sie mir meine Einmischung, aber ich dachte sie wäre angebracht“, erklang Skinners süffisante Stimme aus dem Nichts.

Der Mann blickte panisch um sich und schlug unwillkürlich mit der unverletzten Hand ein Kreuzzeichen. Wie konnte er nur eine Stimme hören, doch niemanden sehen zu dem sie gehörte? Das ging nicht mit rechten Dingen zu. Doch bevor er sich darüber weitere Gedanken machen konnte, durchbohrte ihn ein Säbel. Überrascht keuchte er auf, dann brach er tot zusammen. Nemo säuberte seinen Säbel an der Kleidung des Toten und blickte ins Nichts.


„Ich danke Ihnen, auch wenn ihre Hilfe nicht von Nöten gewesen wäre.“, erwiderte Nemo leicht atemlos, ehe er sich den nachkommenden Männern widmete.

Zu seinem Glück waren sie nur mit Messern bewaffnet. Schusswaffen schien keiner zu haben. Es gelang Nemo beinahe mühelos sie abzuwehren, was sicher auch daran lag, dass die Männer nicht die geringste Lust zu sterben verspürten. Sie waren im Grunde einfach Männer, die für Geld alles taten, außer einer Sache – sie würden nicht ihr Leben dafür riskieren. Rasch zerstreuten sie sich in alle Richtungen und schon bald standen Nemo und der unsichtbare Skinner völlig alleine auf der weißen Ebene. Vor ihnen führte ein Loch in die Dunkelheit.

*

Sein Instinkt hatte ihn hier hergetrieben und er wäre ein Narr, wenn er ihm nicht gehorchen würde. Er hätte es wissen müssen. Sie waren geflohen, aber nun hatte er sie genau dort, wo er sie haben wollte. Ihn wollte er hier haben. Als er die Mitte erreicht hatte, aktivierte er die Maschine. Sie würde ihm das Leben absaugen und er würde es sich einverleiben.

Dieses Etwas besaß zehnmal so viel Lebensenergie wie all seine Gefangenen bisher zusammen und er würde den Teufel tun ihn sich entgehen zu lassen. Schon hörte er das sanfte Schnurren der Turbinen. Der Apparat lief. Grelles Licht blendete die Kreatur und lähmte sie. Zufrieden drückte er die nächsten Knöpfe. Ein Lichtblitz löste sich von der Decke und bohrte sich in den Kopf des Monsters. Keuchend fiel es auf die Knie.

Tiberius rieb sich zufrieden die behandschuhten Hände. Schon bald. Schon bald würde er sie nicht mehr brauchen und auch die Maske auf seinem Gesicht wäre nicht mehr länger notwendig. Er hätte wieder ein Gesicht, ohne entstellende Narben und Hände, die wie Hände aussahen. Überraschend wendig eilte er in die Mitte des Raumes. Grob stieß er Mina, die auch wie gebannt neben Edward erstarrt war, zur Seite. Es kümmerte ihn dabei kaum, dass sie schwer zu Boden stürzte. Einzig Edwards Schicksal war von seinem Interesse. Er  befestigte einige Klammern an Edwards Körper um die abgesaugte Lebensenergie aufzufangen. Edward würde sterben, das war nun sein Schicksal. Hinter ihm nahm er eine Bewegung wahr. Rasch drehte er sich um und zückte dabei seine Waffe.

„Noch eine Bewegung, Madam, und ich verspreche es wird ihre Letzte sein!“, drohte er ihr und hoffte innerlich zugleich, dass sie ihm diesen Gefallen tun würde.



Fauchend wich sie zurück. Livingston mochte jetzt im Vorteil sein, aber das konnte sich rasch ändern und dann war sie hier.  Voller Schmerz und Sorge  blickte sie auf Edward. Er hat sich, seit ihn dieses merkwürdige Licht getroffen hatte, nicht mehr bewegt und kein Wort mehr gesagt. Was geschah hier mit ihm?


„Was tun sie ihm an?“ Sie versuchte so ruhig wie möglich zu klingen, doch in ihrem Herzen spürte sie Angst. Angst um das Leben Henry  Jekylls.

„Ich befürchte das würde ihren begrenzten Verstand übersteigen. Sie sind schließlich nur eine Frau.“ Nachlässig kamen die Worte von ihm.

Seine ganze Konzentration lag auf Edward und seiner Apparatur. Die Maschine funktionierte einwandfrei. Er fühlte, wie die Energie Edward verließ und sich in einem trichterförmigen Glasbehälter sammelte. Gierig eilte er zu diesem um den Stand zu messen, dabei behielt er Mina im Auge. Sie würde ihm nicht in die Quere kommen.

„Sie sehen hinter sich einen Käfig, öffnen sie ihn und klettern sie in diesen“, befahl er ihr in denselben Ton, in dem er ihr Tee anbieten würde. Vorsichtig blickte sie über die Schulter zurück. Eine schwere Stahlkonstruktion, das war der Käfig. Wenn sie in diesen kletterte, würde sie sich selbst nicht befreien können.

„Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Was passiert mit Henry?“ Versuchte sie erneut ihr Glück und auch um Zeit zu gewinnen. Sie musste ihn von dem Vorhaben sie in diesem Käfig einzusperren abbringen.

„Madam strapazieren sie meine Geduld nicht. Es mag für sie befremden sein Befehlen zu gehorchen …“ Er  schaffte es nicht den Satz zu beenden. Von draußen drang Kampflärm zu ihnen.

*


Tom ahnte mehr als das er sah, was sich im Freien abspielte. Meyers Männer liefen scheinbar in eine Falle und er kannte den Namen dieser Falle. Kapitän Nemo und Mr. Skinner waren also doch noch eingetroffen und kündigten sich gebührend an. Meyers Männer verloren den Kopf und liefen planlos durcheinander.

Das war für Tom der Zeitpunkt sich zu befreien. Er hob seine gefesselten Hände und schlug einen der Männer der an ihm vorbei lief nieder. Bewusstlos blieb der Mann am Boden liegen. Tom bückte sich zu ihm herab und begann ihn zu durchsuchen und hatte Glück. Der Mann besaß ein Messer. Er nahm es an sich und durchtrennte seine Fesseln. Jetzt brauchte er nur noch seine Waffe und dann würde er sich Meyers schnappen, doch zuerst. Jewdokija stand ängstlich hinter ihm. Sie konnte die Aufregung der Männer nicht verstehen.

„Bleib dicht hinter mir!“, befahl er ihr, während er ihre Fesseln löste, anschließend gab er das Messer an einen der Gefangenen weiter.

„Befreit euch und verschwindet!“, rief er ihnen zu, dann machte er sich auf die Suche nach seinen Freunden und Meyers.

*


„Wir müssen da rein!“, rief Nemo. Er holte mit dem Säbel aus und streckte einen weiteren Mann nieder, der gerade aus dem Loch gerannt kam. Ein Weiterer stürzte von einer unsichtbaren Faust getroffen bewusstlos zu Boden.

„Ich tue mein Bestes!“, kam es trocken von Skinner, dabei bewegte er sich weiter auf den Eingang zu, oder besser das Loch im Boden. Schon bald hatte sie die Dunkelheit verschluckt. Nemo und Skinner hatten Mühe sich an das dämmrige Licht im Inneren zu gewöhnen, doch schon bald tat sich vor ihren Augen eine unglaubliche Welt auf.

„Das ist beinahe wie ihr Schiff. Man weiß, dass es existiert, aber so wirklich glauben kann man es erst, wenn man damit gereist ist.“ Nemo hielt inne und holte tief Luft.

„Sie vergleichen diese Gruft mit  der Nautilus?“ Skinner konnte die Empörung aus Nemos Stimme förmlich heraushören.

„Beruhigen sie sich, mein Freund.  Die Nautilus ist ein Kunstwerk, was das hier ist, wird sich noch herausstellen. Was ich meinte, ist nur, dass beides auf den ersten Blick unmöglich erscheint.“ Erneut strömten ihnen Männer entgegen und so blieb Nemo Skinner eine Antwort schuldig, obwohl ihm eine Menge auf der Zunge lag.

*


Schmerz.

Gleißender Schmerz durchdrang mein Gehirn. Ich sterbe und ich konnte nichts dagegen tun. Ich fühlte mich wie gelähmt. Mein Kopf dachte ich sollte aufstehen, mich wehren. Ich sollte irgendetwas sagen, doch ich konnte nicht einmal mit den Augen zwinkern, wie sollte mir da der Rest meines Körpers gehorchen?

Ich kannte bis jetzt keine Angst zu sterben, doch zum ersten Mal … ich wurde schwächer umso länger mich dieses merkwürdige, starke Licht gefangen hielt. Auf eine mir unbegreifliche Weise raubte es mir die Kraft. Es saugte mir mein Leben aus. Er stahl mir mein Leben. Ich sah, wie Livingston sich mit Mina unterhielt, konnte aber ihre Worte nicht hören. Alle Geräusche waren ausgeblendet. Immer und immer wieder gab ich meinem Körper den Befehl sich zu bewegen, aber er blieb außer meiner Kontrolle. Henry!

Wenn Henry hier wäre, er wüsste die Lösung. Ich überlegte mich zurückzuziehen, aber dann … ich war viel stärker als Henry. Henry war schwach, er würde das Licht nicht überleben. Ich war so müde und das Denken so anstrengend. Henry hilf mir! Plötzlich umarmte mich jemand von hinten. Ich versuchte nach hinten zu blicken und erschrak. Da war niemand und doch lagen schützend Arme um mich.

„Ich bin bei dir!“ Henry. Er war es, der mich umarmte. Es war nur eine gefühlte Umarmung, keine echte. Er war bei mir.

„Was sollen wir tun?“ Er war schlau, er wird wissen, wie wir hier heil herauskommen würden.

„Kannst du dich bewegen?“ Ich wollte verneinend den Kopf schütteln, bis mir wieder bewusst wurde, dass das unmöglich war.

„Nein!“, erwiderte ich bitter.

„Was siehst du? Sag es mir!“

„Licht, grelles, tödliches Licht. Es schwächt mich und tötet uns.“

„Das ist es also, was er will? Menschen durch Licht töten?“ Verdammt! Henry wusste auch nicht, was hier los war, also würde er keinen Weg zu unserer Rettung finden.  

„Henry  bring uns hier raus!“, flehte ich ihn an. Er hatte mich erschaffen, er war für mich verantwortlich.

„Wir werden nicht sterben.“ Versprach er mir, aber was wusste er schon? Ich konnte sehen er nicht. Ich ließ mich mehr in Henrys Umarmung fallen. Fest umschloss er mich.

„Henry! Warum werde ich schwächer?“

„Weil ich stärker werde!“

„Was bedeutet das?“

„Das kann ich dir nicht sagen, das wissen wir erst, wenn es vorbei ist!“
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