Die Welt von Tiberius Livingston
von jinkizu
Kurzbeschreibung
Die Schlacht ist vorüber und unsere sechs Helden haben gesiegt. Jekyll beschließt seine Reise über Schnee und Eis alleine fortzusetzen. Er möchte über sich und Edward Hyde nachdenken. Ihn begleitet überraschend Mina Harker, in die er heimlich verliebt ist, sich aber nie irgendwelchen Hoffnungen hinzugeben wagte. Die Beiden sind seit drei Tagen unterwegs als sie plötzlich eine grauenvolle Entdeckung machen. Ohne es zu ahnen sind sie mitten in eine schreckliche Geschichte gestolpert, die sie von nun an nicht mehr los lassen wird.
GeschichteLiebesgeschichte / P16 / Gen
Dr. Harry Jekyll / Edward Hide
Mina Harker
01.05.2009
15.05.2010
18
38.473
3
01.05.2009
2.032
Die Wanderung durch Eis und Schnee forderte von ihnen allen ihren Tribut. Schwer atmend ging Tom neben Jewdokija her. Sie hatten aufgehört miteinander zu sprechen, denn beide brauchten ihren Atem, um am Leben zu bleiben, außerdem hatte die Peitsche von Meyers einen scharf Biss, das hatte Tom einige Male am eigenen Leib, seit sie unterwegs waren, erfahren dürfen. Er maß ihn mit scharfen Blicken, fraß förmlich mit den Augen ein Loch in seinen Rücken. Sobald sich die Gelegenheit dazu ergab, würde er ihm zeigen, was man noch alles mit der Peitsche anstellen konnte, aber noch war seine Zeit nicht gekommen. Irgendwann nach Stunden hielten sie an, mitten im Nichts, wie es schien.
Doch da öffnete sich vor ihren Augen am Boden eine Klappe, eine Art Tür, gleich einem grässlichen großen Maul das drohte sie zu verschlucken. Tom war mit seinen Gefühlen nicht allein, alle anderen empfanden es auch so. Ängstlich wichen sie zurück, wimmerten, flehten, doch die Peitsche trieb sie unermüdlich hinab unter die Erde. Tom geriet zum ersten Mal leicht in Panik. Wenn er sich nicht rasch etwas einfallen ließ, würden ihn seine Freunde nicht finden können. Er musste ihnen irgendein Zeichen geben. Hastig durchsuchte er seine Taschen. Er besaß nicht viel, eigentlich nichts, das einzig wertvolle Ding hatte er bei Skinner gelassen. Seine Waffe und die Munition dazu.
Plötzlich kam ihm eine Idee. Schnell riss er von seiner Jacke einen Knopf ab und verbarg ihn gut in der Faust. Er musste den richtigen Zeitpunkt abwarten, um ihn fallen zu lassen. Zu früh und sie kamen zum Schluss nicht auf die Idee unter der Erde nachzusehen, zu spät und er war mit ihm unter der Erde. Meyers Peitsche knallte ihm auf den Rücken und ließ ein wahres Feuerwerk von Schmerzen in ihm explodieren. Aufkeuchend ging er in die Knie. Diesmal hatte er ihm sicher das Fleisch vom Rücken gezogen. Er fühlte, wie sich Wärme über seinen Rücken ausbreitete.
Krampfhaft bemühte er sich seine Atmung unter Kontrolle zu bekommen und auch seine Gefühle. In ihm wog der Hass gleich einer riesigen Welle und drohte ihn unter sich zu begraben. Wenn er außer Kontrolle geriet, fand er nur seinen Tod und bestimmt nicht seine Freunde. Blinde Wut würde ihn hier nicht weiterbringen. Mühsam kam er auf die Beine, dabei schlug er die dargebotene Hand von Jewdokija aus. Er ertrug ihr Mitgefühl im Moment nicht. Das hier war einfach zu demütigend. Aus dem Augenwinkel beobachtete er wie Meyers eilfertig wieder nach vorne eilte. Das war seine Gelegenheit. Eine bessere würde nicht mehr kommen. Er ließ den Knopf in den Schnee fallen und achtete darauf das er gut sichtbar liegen blieb.
Das Scheppern des Schlüssels verkündete mir das Herannahen der Wache. Schon bald würde er die Tür öffnen und das benutzte Geschirr und die Reste vom Frühstück abräumen. Ich streckte meine Hand aus, ihr entgegen und ohne Zögern ergriff Mina sie. Gemeinsam erhoben wir uns.
„Nun meine Liebe lass uns den Mann gebührend empfangen.“ Der Schlüssel knarrte im Schloss, das war der Moment, in dem ich eine Phiole zückte, sie öffnete und in einem Zug lehrte. Achtlos ließ ich sie danach fallen. Sie hatte den Boden noch nicht erreicht, da setzte bereits meine Verwandlung ein. Edward hatte nur darauf gewartet endlich freigelassen zu werden. Sein Wunsch ist nun endlich in Erfüllung gegangen. Die Wache hatte den Raum noch nicht ganz betreten, da wurde er bereits am Arm gepackt und mit Wucht gegen die Wand geschleudert. Leblos sackte er herab und blieb am Boden liegen. An seinen verrenkten Gliedmaßen war erkennbar, dass er tot war. Edward hatte ihn mit einem Schlag umgebracht. Mina zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe.
„Seht mich nicht so an, Madam. Ich tu nur meine Pflicht“, fuhr ich sie grob an und schickte mich an den Raum zu verlassen. Mina folgte mir schweigend. Henry hatte mit seiner Vorhersage recht behalten. Das hier würde bestimmt keine einfache Schlacht werden, sondern ein Massaker. Der Gang vor ihnen war leer. Keine Seele ließ sich blicken. Ahnten sie bereits, dass ihnen ihr Tod entgegeneilte? Die Menschen hatten für so was oftmals ein außergewöhnliches Gespür.
Schnee und Eis, es gab hier nichts anderes. Skinner kniff die Augen gegen das grelle Licht des reflektierenden Schnees zusammen und versuchte sein Umfeld genau zu betrachten. Suchte nach Konturen, wo es keine gab. Mürrisch stieß er die Luft aus. Vielleicht hatte sich der alte Mann aus dem kleinen Dorf geirrt? Hier gab es keinen verfluchten Ort, hier gab es rein gar nichts.
„Ich glaube man hat uns auf den Arm genommen!“, empörte er sich. Kapitän Nemo schenkte ihm jedoch keinerlei Beachtung. Er hatte etwas im Schnee ausgemacht. Einige Meter vor ihnen da meinte er einen dunklen Punkt gesehen zu haben.
„Die Spuren enden hier, Mr. Skinner. Was denken Sie soll uns das sagen?“, fragte ihn Nemo dabei bückte er sich nach dem kleinen Gegenstand im Schnee.
„Was weiß ich? Dass sie sich in Luft aufgelöst haben?“, zischte Skinner ungehalten zurück. Er hatte für derartige Spielchen keinen Nerv.
„Ich befürchte nicht, mein Freund. Es sieht ganz danach aus, als hätte die Erde sie verschluckt“, erwiderte Nemo ruhig und besah sich den Knopf in seiner Hand genauer, denn das war der Gegenstand, den er am Boden gefunden hatte.
„Was haben Sie da?“ Skinner war neugierig näher getreten und starrte auf Nemos Hand.
„Nichts weiter, nur einen Knopf.“ Nemo drehte ihn im Licht und wog ihn in der Hand.
„Er gehört zu Mr. Sawyers Kleidung, was uns wiederum bestätigt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.“
Skinner nahm Nemo den Knopf aus der Hand.
„Und inwiefern bringt uns das jetzt weiter?“, verlangte er zu wissen und warf dabei den Knopf verspielt in die Luft um ihn wieder aufzufangen.
„Nun wir wissen, dass er hier war. Wir wissen auch das er hier unter der Erde verschwand. Ich denke hier gibt es eine Tür und vermutlich stehen wir in diesem Moment genau auf dieser.“ Die trockene Art mit der Nemo gewöhnlich sprach, zehrte an Skinners Nerven. Er war bereits zu einem ähnlichen Schluss gekommen. Er brauchte die Ausführungen von Nemo nicht.
„Lassen Sie uns nach einem Mechanismus suchen. Einer Möglichkeit dieses Sesam öffne dich dazu zu bringen genau das zu tun.“ Schlug er sarkastisch vor, kniete nieder und wühlte mit den behandschuhten Händen im Schnee.
Livingston eilte durch die Gänge. Endlich war sie da. Meyers, dieser Stümper, war doch noch halbwegs pünktlich mit seiner Ware erschienen. Jetzt musste sie nur noch ordentlich katalogisiert, abgemessen und gewogen werden, ehe sie anschließend in ihre vorbestimmten Behälter verteilt wird. Vor Vorfreude rieb er sich die Hände. Diesmal würde es klappen, diesmal würde er nicht versagen. Er spürte es in jedem seiner Knochen, bis tief hinab in seinen Eingeweiden. Der Triumph war nahe. Fieberhaft stieß er die Tür auf, er konnte es kaum erwarten die Neuankömmlinge zu begutachten. Endlich, endlich würde seine Arbeit von Erfolg gekrönt sein, das wusste er. Aufgeregt musterte er die Menschen die zusammengedrängt und in Fesseln vor ihm standen.
„Meyers!“, brüllte er über die Köpfe hinweg. Wie ein Wiesel kam der Gerufene nach vorne geeilt. „Sir? Professor Livingston?“ Er nahm seinen schmutzigen Hut vom Kopf und deutete eine leichte Verbeugung an. Er wusste das Livingston auf kriecherisches Verhalten stand, und solange er kein Geld von ihm gesehen hatte, tat er ihm nur zu gerne den Gefallen. Tief holte Livingston Luft.
„Ihr seid zu spät, Narr!“, schnaubte er ihn hochnäsig an. Meyers wollte schon zu einer Erklärung ansetzten, doch Livingston hatte sich bereits wieder in Bewegung gesetzt und inspizierte seine Ware.
„Diesmal scheint ihr ein glücklicheres Händchen bei der Auswahl der Ware gehabt zu haben. Diese hier erscheinen mir gar nicht so schlecht.“ Livingston kniff Jewdokija schmerzhaft in die Wange. Aufkeuchend wich sie einen Schritt zurück.
„Lass das, du kleine Hexe, du gehörst jetzt mir!“, zischte er sie böse an und langte bereits mit seinen langen Fingern nach ihr. Tom wollte ihm gerade gehörig die Meinung sagen, aber Meyers war schneller.
„Nicht so hastig, Eure Lordschaft! Nachdem ich meinen Lohn gesehen habe, könnt Ihr gerne über der Ware nach Lust und Laune verfügen“, klärte er ihn schmierig auf. Livingston machte angewidert einen Schritt zurück.
„Natürlich, Euer Lohn!“ Er schnippte in die Finger und prompt erschien einer seiner Diener mit einem kleinen Beutel in den Händen an seiner Seite.
„Zählt es ab, wenn Ihr wollt“, gab er prononciert von sich. Meyers verstaute den Beutel, ohne ihn weiter zu beachten in seiner Tasche.
„Ich bin mir sicher, dass alles seine Richtigkeit hat.“ Erneut deutete er eine Verbeugung an und zog sich zurück. Seine Arbeit war getan, er konnte gehen. Meyers winkte seinen Männer zu sich und begab sich zum Ausgang.
„Wir sehen uns in einem Monat wieder, Sir!“, rief er über die Schulter zurück und deutete einem von Livingstons Männern an das Tor zu öffnen.
„Lasst mich gehen! Ich flehe Euch an!“, kreischte der Mann weinerlich.
„Das kann ich nicht. Du würdest mich, noch ehe deine Füße den Boden berühren, verraten.“ Schnüffelnd beugte ich mich näher.
„Ich kann es an dir riechen, das es so ist.“
Der Mann schloss die Augen. Er würde sterben, das war ihm so klar wie der Glanz des Schnees, wenn die Sonne ihre ersten Strahlen am frühen Morgen darüber wandern ließ.
„Edward! Ich bitte dich, lass ihn los!“, verlangte Mina. Der Mann hatte sich praktisch ergeben, ihn jetzt zu töten wäre einfach nur Mord. Verstimmt drehte Edward sich bei Minas Worten zu ihr um.
„Wenn ich jeden Narren, der um sein Leben fleht, diesen Wunsch gewähre, sind wir eher tot, als das wir auch nur einen Fuß auf das ewige Eis setzten!“, wies er sie grob zurecht. Ihm waren Einmischungen in seine Arbeit zuwider.
„Ein fester Schlag auf den Kopf müsste genügen. Es würde uns genug Zeit verschaffen, um von hier zu verschwinden und er müsste nicht sterben.“ Mina hasste es wenn nur aus dem Wunsch heraus zu töten ein Leben genommen wurde. Sie konnte ohne mit der Wimper zu zucken töten, aber dann aus gutem Grund. Zumeist dann, wenn ihr eigenes Leben in Gefahr war. Widerwillig ließ Edward den Mann fallen. Erleichtert seufzte dieser auf, bevor ihn eine große Faust mitten ins Gesicht traf. Bewusstlos sank er in sich zusammen.
„War das notwendig?“ Mina hatte ihre Hände in die Hüften gestemmt und sah zornig zu Edward hoch.
„Ja, das war es!“, kam es zufrieden von Edward zurück. Mina verdrehte die Augen, stieg über den Mann hinweg und lief vor Edward her.
„Vielleicht sollte ich vorne gehen?“, schlug sie pikiert vor und schritt dabei forsch aus. Edward legte den Kopf leicht schief und bewunderte ihre Kehrseite.
„Vielleicht“, murmelte er grinsend und folgte ihr in einem sicheren Abstand.
„Verdammt hier gibt es keinen Dings … keine Schalter … oder was auch immer!“ Skinner ballte im Schnee die Hände zu Fäusten, was natürlich niemand sah.
„Es muss so etwas geben. Wie sonst sollte man nach unten gelangen“, gab Kapitän Nemo zu bedenken.
„Ich weiß es nicht und mittlerweile ist es mir auch ehrlich gesagt egal.“ Skinner sprang auf die Füße und klopfte sich den Schnee von den Kleidern.
„Wenn unser jugendlicher Narr von Freund der sich unbedingt in Gefahr begeben musste, uns nicht die Tür öffnet, dann muss er eben sehen, wie er mit seinen selbst geschaffenen Problemen fertig wird!“
Nemo öffnete schon den Mund um Skinner zu widersprechen, schloss ihn aber wieder und lauschte.
„Haben Sie das gehört?“ Fragend sah er zu Skinner. Dieser zuckte nur mit den Schultern, wie unschwer an seinem Parker zu erkennen war.
„Ich weiß nicht was sie meinen“, antwortete er beleidigt. Wahrscheinlich wollte Nemo ihn nur zum Schweigen bringen.
„Hören Sie es denn nicht?“ Kapitän Nemo verstand das nicht. Skinner musste doch dieses komische Knarren wie von Zahnrädern doch auch hören. Skinner runzelte die Stirn und spitze die Ohren. Da! Er bildete sich ein tatsächlich was zu hören, war sich aber nicht ganz sicher, bis der Boden unter seinen Füßen zu beben anfing.
Nemo zog seinen Krummsäbel und brachte sich mit einem eleganten Sprung nach hinten in Sicherheit. Ohne weiter darüber nachzudenken, folgte Skinner ihm und streifte bereits in der Luft seine Jacke ab. Kaum berührten seine Füße den Boden, folgte auch noch die restliche Kleidung. Vor ihnen tat sich der Boden auf.
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Doch da öffnete sich vor ihren Augen am Boden eine Klappe, eine Art Tür, gleich einem grässlichen großen Maul das drohte sie zu verschlucken. Tom war mit seinen Gefühlen nicht allein, alle anderen empfanden es auch so. Ängstlich wichen sie zurück, wimmerten, flehten, doch die Peitsche trieb sie unermüdlich hinab unter die Erde. Tom geriet zum ersten Mal leicht in Panik. Wenn er sich nicht rasch etwas einfallen ließ, würden ihn seine Freunde nicht finden können. Er musste ihnen irgendein Zeichen geben. Hastig durchsuchte er seine Taschen. Er besaß nicht viel, eigentlich nichts, das einzig wertvolle Ding hatte er bei Skinner gelassen. Seine Waffe und die Munition dazu.
Plötzlich kam ihm eine Idee. Schnell riss er von seiner Jacke einen Knopf ab und verbarg ihn gut in der Faust. Er musste den richtigen Zeitpunkt abwarten, um ihn fallen zu lassen. Zu früh und sie kamen zum Schluss nicht auf die Idee unter der Erde nachzusehen, zu spät und er war mit ihm unter der Erde. Meyers Peitsche knallte ihm auf den Rücken und ließ ein wahres Feuerwerk von Schmerzen in ihm explodieren. Aufkeuchend ging er in die Knie. Diesmal hatte er ihm sicher das Fleisch vom Rücken gezogen. Er fühlte, wie sich Wärme über seinen Rücken ausbreitete.
Krampfhaft bemühte er sich seine Atmung unter Kontrolle zu bekommen und auch seine Gefühle. In ihm wog der Hass gleich einer riesigen Welle und drohte ihn unter sich zu begraben. Wenn er außer Kontrolle geriet, fand er nur seinen Tod und bestimmt nicht seine Freunde. Blinde Wut würde ihn hier nicht weiterbringen. Mühsam kam er auf die Beine, dabei schlug er die dargebotene Hand von Jewdokija aus. Er ertrug ihr Mitgefühl im Moment nicht. Das hier war einfach zu demütigend. Aus dem Augenwinkel beobachtete er wie Meyers eilfertig wieder nach vorne eilte. Das war seine Gelegenheit. Eine bessere würde nicht mehr kommen. Er ließ den Knopf in den Schnee fallen und achtete darauf das er gut sichtbar liegen blieb.
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Das Scheppern des Schlüssels verkündete mir das Herannahen der Wache. Schon bald würde er die Tür öffnen und das benutzte Geschirr und die Reste vom Frühstück abräumen. Ich streckte meine Hand aus, ihr entgegen und ohne Zögern ergriff Mina sie. Gemeinsam erhoben wir uns.
„Nun meine Liebe lass uns den Mann gebührend empfangen.“ Der Schlüssel knarrte im Schloss, das war der Moment, in dem ich eine Phiole zückte, sie öffnete und in einem Zug lehrte. Achtlos ließ ich sie danach fallen. Sie hatte den Boden noch nicht erreicht, da setzte bereits meine Verwandlung ein. Edward hatte nur darauf gewartet endlich freigelassen zu werden. Sein Wunsch ist nun endlich in Erfüllung gegangen. Die Wache hatte den Raum noch nicht ganz betreten, da wurde er bereits am Arm gepackt und mit Wucht gegen die Wand geschleudert. Leblos sackte er herab und blieb am Boden liegen. An seinen verrenkten Gliedmaßen war erkennbar, dass er tot war. Edward hatte ihn mit einem Schlag umgebracht. Mina zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe.
„Seht mich nicht so an, Madam. Ich tu nur meine Pflicht“, fuhr ich sie grob an und schickte mich an den Raum zu verlassen. Mina folgte mir schweigend. Henry hatte mit seiner Vorhersage recht behalten. Das hier würde bestimmt keine einfache Schlacht werden, sondern ein Massaker. Der Gang vor ihnen war leer. Keine Seele ließ sich blicken. Ahnten sie bereits, dass ihnen ihr Tod entgegeneilte? Die Menschen hatten für so was oftmals ein außergewöhnliches Gespür.
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Schnee und Eis, es gab hier nichts anderes. Skinner kniff die Augen gegen das grelle Licht des reflektierenden Schnees zusammen und versuchte sein Umfeld genau zu betrachten. Suchte nach Konturen, wo es keine gab. Mürrisch stieß er die Luft aus. Vielleicht hatte sich der alte Mann aus dem kleinen Dorf geirrt? Hier gab es keinen verfluchten Ort, hier gab es rein gar nichts.
„Ich glaube man hat uns auf den Arm genommen!“, empörte er sich. Kapitän Nemo schenkte ihm jedoch keinerlei Beachtung. Er hatte etwas im Schnee ausgemacht. Einige Meter vor ihnen da meinte er einen dunklen Punkt gesehen zu haben.
„Die Spuren enden hier, Mr. Skinner. Was denken Sie soll uns das sagen?“, fragte ihn Nemo dabei bückte er sich nach dem kleinen Gegenstand im Schnee.
„Was weiß ich? Dass sie sich in Luft aufgelöst haben?“, zischte Skinner ungehalten zurück. Er hatte für derartige Spielchen keinen Nerv.
„Ich befürchte nicht, mein Freund. Es sieht ganz danach aus, als hätte die Erde sie verschluckt“, erwiderte Nemo ruhig und besah sich den Knopf in seiner Hand genauer, denn das war der Gegenstand, den er am Boden gefunden hatte.
„Was haben Sie da?“ Skinner war neugierig näher getreten und starrte auf Nemos Hand.
„Nichts weiter, nur einen Knopf.“ Nemo drehte ihn im Licht und wog ihn in der Hand.
„Er gehört zu Mr. Sawyers Kleidung, was uns wiederum bestätigt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.“
Skinner nahm Nemo den Knopf aus der Hand.
„Und inwiefern bringt uns das jetzt weiter?“, verlangte er zu wissen und warf dabei den Knopf verspielt in die Luft um ihn wieder aufzufangen.
„Nun wir wissen, dass er hier war. Wir wissen auch das er hier unter der Erde verschwand. Ich denke hier gibt es eine Tür und vermutlich stehen wir in diesem Moment genau auf dieser.“ Die trockene Art mit der Nemo gewöhnlich sprach, zehrte an Skinners Nerven. Er war bereits zu einem ähnlichen Schluss gekommen. Er brauchte die Ausführungen von Nemo nicht.
„Lassen Sie uns nach einem Mechanismus suchen. Einer Möglichkeit dieses Sesam öffne dich dazu zu bringen genau das zu tun.“ Schlug er sarkastisch vor, kniete nieder und wühlte mit den behandschuhten Händen im Schnee.
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Livingston eilte durch die Gänge. Endlich war sie da. Meyers, dieser Stümper, war doch noch halbwegs pünktlich mit seiner Ware erschienen. Jetzt musste sie nur noch ordentlich katalogisiert, abgemessen und gewogen werden, ehe sie anschließend in ihre vorbestimmten Behälter verteilt wird. Vor Vorfreude rieb er sich die Hände. Diesmal würde es klappen, diesmal würde er nicht versagen. Er spürte es in jedem seiner Knochen, bis tief hinab in seinen Eingeweiden. Der Triumph war nahe. Fieberhaft stieß er die Tür auf, er konnte es kaum erwarten die Neuankömmlinge zu begutachten. Endlich, endlich würde seine Arbeit von Erfolg gekrönt sein, das wusste er. Aufgeregt musterte er die Menschen die zusammengedrängt und in Fesseln vor ihm standen.
„Meyers!“, brüllte er über die Köpfe hinweg. Wie ein Wiesel kam der Gerufene nach vorne geeilt. „Sir? Professor Livingston?“ Er nahm seinen schmutzigen Hut vom Kopf und deutete eine leichte Verbeugung an. Er wusste das Livingston auf kriecherisches Verhalten stand, und solange er kein Geld von ihm gesehen hatte, tat er ihm nur zu gerne den Gefallen. Tief holte Livingston Luft.
„Ihr seid zu spät, Narr!“, schnaubte er ihn hochnäsig an. Meyers wollte schon zu einer Erklärung ansetzten, doch Livingston hatte sich bereits wieder in Bewegung gesetzt und inspizierte seine Ware.
„Diesmal scheint ihr ein glücklicheres Händchen bei der Auswahl der Ware gehabt zu haben. Diese hier erscheinen mir gar nicht so schlecht.“ Livingston kniff Jewdokija schmerzhaft in die Wange. Aufkeuchend wich sie einen Schritt zurück.
„Lass das, du kleine Hexe, du gehörst jetzt mir!“, zischte er sie böse an und langte bereits mit seinen langen Fingern nach ihr. Tom wollte ihm gerade gehörig die Meinung sagen, aber Meyers war schneller.
„Nicht so hastig, Eure Lordschaft! Nachdem ich meinen Lohn gesehen habe, könnt Ihr gerne über der Ware nach Lust und Laune verfügen“, klärte er ihn schmierig auf. Livingston machte angewidert einen Schritt zurück.
„Natürlich, Euer Lohn!“ Er schnippte in die Finger und prompt erschien einer seiner Diener mit einem kleinen Beutel in den Händen an seiner Seite.
„Zählt es ab, wenn Ihr wollt“, gab er prononciert von sich. Meyers verstaute den Beutel, ohne ihn weiter zu beachten in seiner Tasche.
„Ich bin mir sicher, dass alles seine Richtigkeit hat.“ Erneut deutete er eine Verbeugung an und zog sich zurück. Seine Arbeit war getan, er konnte gehen. Meyers winkte seinen Männer zu sich und begab sich zum Ausgang.
„Wir sehen uns in einem Monat wieder, Sir!“, rief er über die Schulter zurück und deutete einem von Livingstons Männern an das Tor zu öffnen.
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„Lasst mich gehen! Ich flehe Euch an!“, kreischte der Mann weinerlich.
„Das kann ich nicht. Du würdest mich, noch ehe deine Füße den Boden berühren, verraten.“ Schnüffelnd beugte ich mich näher.
„Ich kann es an dir riechen, das es so ist.“
Der Mann schloss die Augen. Er würde sterben, das war ihm so klar wie der Glanz des Schnees, wenn die Sonne ihre ersten Strahlen am frühen Morgen darüber wandern ließ.
„Edward! Ich bitte dich, lass ihn los!“, verlangte Mina. Der Mann hatte sich praktisch ergeben, ihn jetzt zu töten wäre einfach nur Mord. Verstimmt drehte Edward sich bei Minas Worten zu ihr um.
„Wenn ich jeden Narren, der um sein Leben fleht, diesen Wunsch gewähre, sind wir eher tot, als das wir auch nur einen Fuß auf das ewige Eis setzten!“, wies er sie grob zurecht. Ihm waren Einmischungen in seine Arbeit zuwider.
„Ein fester Schlag auf den Kopf müsste genügen. Es würde uns genug Zeit verschaffen, um von hier zu verschwinden und er müsste nicht sterben.“ Mina hasste es wenn nur aus dem Wunsch heraus zu töten ein Leben genommen wurde. Sie konnte ohne mit der Wimper zu zucken töten, aber dann aus gutem Grund. Zumeist dann, wenn ihr eigenes Leben in Gefahr war. Widerwillig ließ Edward den Mann fallen. Erleichtert seufzte dieser auf, bevor ihn eine große Faust mitten ins Gesicht traf. Bewusstlos sank er in sich zusammen.
„War das notwendig?“ Mina hatte ihre Hände in die Hüften gestemmt und sah zornig zu Edward hoch.
„Ja, das war es!“, kam es zufrieden von Edward zurück. Mina verdrehte die Augen, stieg über den Mann hinweg und lief vor Edward her.
„Vielleicht sollte ich vorne gehen?“, schlug sie pikiert vor und schritt dabei forsch aus. Edward legte den Kopf leicht schief und bewunderte ihre Kehrseite.
„Vielleicht“, murmelte er grinsend und folgte ihr in einem sicheren Abstand.
*
„Verdammt hier gibt es keinen Dings … keine Schalter … oder was auch immer!“ Skinner ballte im Schnee die Hände zu Fäusten, was natürlich niemand sah.
„Es muss so etwas geben. Wie sonst sollte man nach unten gelangen“, gab Kapitän Nemo zu bedenken.
„Ich weiß es nicht und mittlerweile ist es mir auch ehrlich gesagt egal.“ Skinner sprang auf die Füße und klopfte sich den Schnee von den Kleidern.
„Wenn unser jugendlicher Narr von Freund der sich unbedingt in Gefahr begeben musste, uns nicht die Tür öffnet, dann muss er eben sehen, wie er mit seinen selbst geschaffenen Problemen fertig wird!“
Nemo öffnete schon den Mund um Skinner zu widersprechen, schloss ihn aber wieder und lauschte.
„Haben Sie das gehört?“ Fragend sah er zu Skinner. Dieser zuckte nur mit den Schultern, wie unschwer an seinem Parker zu erkennen war.
„Ich weiß nicht was sie meinen“, antwortete er beleidigt. Wahrscheinlich wollte Nemo ihn nur zum Schweigen bringen.
„Hören Sie es denn nicht?“ Kapitän Nemo verstand das nicht. Skinner musste doch dieses komische Knarren wie von Zahnrädern doch auch hören. Skinner runzelte die Stirn und spitze die Ohren. Da! Er bildete sich ein tatsächlich was zu hören, war sich aber nicht ganz sicher, bis der Boden unter seinen Füßen zu beben anfing.
Nemo zog seinen Krummsäbel und brachte sich mit einem eleganten Sprung nach hinten in Sicherheit. Ohne weiter darüber nachzudenken, folgte Skinner ihm und streifte bereits in der Luft seine Jacke ab. Kaum berührten seine Füße den Boden, folgte auch noch die restliche Kleidung. Vor ihnen tat sich der Boden auf.
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