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Gedankenverloren

Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P12 / FemSlash
Elphaba Thropp Glinda/Galinda Upland of the Upper Uplands
28.03.2009
28.03.2009
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Anmerkung: Hallo ihr Lieben,
ich möchte Euch nur kurz daraufhinweisen, dass diese Geschichte eine Kurzgeschichte ist.
Also ruft Euch noch einmal das Thema mit dem Ende ins Gedächtnis, bevor ihr mich umbringt. ;)
Wünsche ich viel Spaß beim Lesen.


Gedankenverloren



Die warmen Wassertropfen auf Galindas Haut kühlten sich rasch ab, als sie aus der Wanne stieg. Sie schauderte. Zuerst griff sie nach dem kleineren der beiden weißen Handtücher und wickelte es sich mit wenigen Handgriffen um den Kopf, sodass jede der blonden Strähnen darunter verborgen war, dann nahm sie das zweite Handtuch, trocknete rasch großflächig die Haut und schlang es sich anschließend um den nackten Körper.

Sie pustete nacheinander die Kerzen aus, die sie auf dem breiten Wannenrand, dem kleinen Schränkchen und auch vereinzelt auf den Boden gestellt hatte und sog genüsslich den schweren Duft durch die Nase ein. Ein Bad am Abend mit dem gemütlichen Feuerschein von einem Dutzend Teelichtern war einfach wunderbar. Sie liebte es.

Eigentlich wurde sie immer recht schläfrig, wenn sie sich in das dampfende Wasser mit dem krönenden weißen Schaum gleiten ließ, doch als sie das Badezimmer verließ und auf ihr pompöses Bett sah, war ihr gar nicht nach schlafen zu Mute. Ein flüchtiger Blick galt ihrer Zimmergenossin Elphaba, die ihre grüne Nase wie so oft in eines ihrer Bücher gesteckt hatte, während sie sich ab und zu gedankenverloren die langen, schwarzen Haare hinter die Ohren zurück strich.

Galinda ging zum großen Kleiderschrank, den sie sich mit Elphaba teilen musste, und öffnete ihn. Auf der einen Seite war eine Stange angebracht worden, die andere Seite war von Holzbrettern in den immer gleichen Abständen unterteilt. Farbenfroh, aufgebauscht, atemberaubend traf hier auf schlicht und farblos. Die Gillikinesin fischte sich ein kurzes, mit dünnen Trägern versehenes Nachtkleid heraus, schloss die Holztüren des Schrankes wieder und ging zu ihrem Bett hinüber. Dort lies sie das große Handtuch achtlos zu Boden fallen (Sie machte sich keine Gedanken darüber, dass Elphaba sie so entblößt sehen könnte, da diese nicht auf ihre Umgebung, sondern nur auf die aneinandergereihten Buchstaben achtete), bevor sie das Kleidungsstück anzog. Sie rubbelte sich die Haare weitgehend trocken und ließ das kleine auf das große Handtuch fallen.

Dann sah sie wieder auf ihr Bett, das noch immer nicht zum Schlafen einlud. Sie seufzte und blickte zu Elphaba, die im Schneidersitz dasaß und die dünne, graue Decke um ihre Beine gelegt hatte. Die Arme hatte sie angewinkelt, ihr Rücken beschrieb einen mehr oder weniger sanften Bogen, da sie sich das Buch nicht vor das Gesicht hielt, sondern das Gesicht dem Buch entgegen neigte. Die Schultern ließ sie hängen.

Einen Moment war Galinda versucht Elphaba darauf hinzuweisen, dass dieses Sitzverhalten sich nicht für eine Dame ziemte, doch sie verwarf diese Idee schnell. Sie hatte es einmal probiert. Elphaba hatte sich dann auch gerade hingesetzt, aber nicht lange. All zu schnell war sie wieder in ihr altes Muster verfallen. Und überhaupt, sie war viel zu vertieft in die vielen Worte auf den vielen Seiten.

Das gab Galinda die Zeit, das grüne Mädchen wieder einmal etwas genauer zu betrachten. Sie erinnerte sich gut daran, dass sie das Haar ihrer Mitbewohnerin, welches sie in Gedanken oft als zu Fäden versponnener Kaffee bezeichnete, schon immer für atemberaubend gehalten hatte. Die Person, zu der dieses wundervolle Haar gehörte, hatte sie als hässlich betitelt, fast jedes Mal wenn man über die Grüne gesprochen hatte. Sie war erzürnt, enttäuscht und vergrämt gewesen, dass man ihr kein eigenes Zimmer gegeben hatte, dass sie sich das Zimmer mit Jemandem hatte teilen müssen und das dieser Jemand auch noch ein seltsames grünes Ding gewesen war.

Doch ein Tag, eine Nacht, hatte alles verändert. Für immer.

Sie waren Freunde geworden. Gute, nein, beste Freunde. Die Umstände, die dazu geführt hatten, verdrängte Galinda so oft sie konnte. Sie hatte Elphaba einen scheußlichen Hut geschenkt, mit dem vollen Bewusstsein, dass er sie lächerlich aussehen ließ und alle über sie lachen würden. Als es dann soweit war, hatte sie das schlechte Gewissen gepackt. Elphaba hatte zuvor mit Madame Akaber gesprochen und diese hatte sie anschließend in ihren Zauberkurs aufgenommen. Das grüne Mädchen hatte ihr einen großen, sehr großen Wunsch erfüllt.

Und da hatte Elphaba gestanden, inmitten der Shizzer Schüler mit diesem albernen schwarzen Hut in den Händen. Der Blick der dunkelbraunen Augen war dem ihren kurz begegnet. Galinda glaubte damals, dass dieser Blick hätte töten können, wenn Elphaba ihn länger gehalten hätte. (Sie glaubte es noch immer). Doch sie wandte sich schnell ab, setzte den Hut trotzig wieder auf und begann zu tanzen, auf eine mehr als eigenartige Weise. Die Leute lachten nur noch mehr und für Galinda war das nagende schlechte Gewissen nicht zum Aushalten gewesen. Deshalb war sie zu Elphaba gegangen und hatte deren Tanz nachgemacht. Zum Schluss hatten sie sich alle gemeinsam zur Musik bewegt, die ganzen Schüler, die Grüne mitten unter ihnen.

In dieser Nacht und dem darauffolgenden Morgen waren sie Freunde geworden. Da hatte Galinda erkannt, dass Elphaba nicht hässlich sondern eine Schönheit war. Sie hatte es nicht einfach so gesagt, sie hatte es vollkommen und ganz ernst gemeint. Sie hatte die Erkenntnis gewonnen, dass die grüne Haut nicht abscheulich oder abstoßend war. Sie war anders, einfach anders.

Und als sie sie jetzt, knapp zwei Monate nach diesen Ereignissen, so betrachtete, wurde ihr erneut bewusst, dass Elphaba schön war. Exotisch schön. Vielleicht nicht die klassische Art von Schön, aber sie war auf ihre eigene Art und Weise eine Schönheit, die ihres Gleichen wohl in anderen, fremden Ländern und Universen suchte. Sie war wie eine seltene, zarte Blume, die man einmal gesehen, für immer behalten wollte.

Galinda stutze über ihre eigenen Gedanken. Erstens, seit wann neigte sie zu poetischen Vergleichen? Und Zweitens, sie wollte Elphaba behalten? Hatten diese ungesteuerten Gedanken das gemeint?

In diesem Moment gestand sie sich etwas ein, dass sie seit mehr als einem Monat nicht zugeben wollte und konnte. Sie wollte das grüne Mädchen, die grüne Frau nicht verlieren. Sie wollte sie nicht mehr fortgehen lassen, sich nur stärker festklammern. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie daran dachte, wie sie sich ihrer Gefühle zum ersten Mal bewusst geworden war.

Sie hatte damals einen Alptraum gehabt. Elphaba war gegangen, hatte sie alleine zurückgelassen. Sie war auf einem Besen davongeflogen! Mit stechenden Kopfschmerzen war Galinda erwacht und hatte sofort zum Bett ihrer Zimmergenossen geschaut. Das Mondlicht, welches durch das vorhanglose Fenster schien, hatte die schlafende Gestalt Elphabas erleuchtet und Galinda hatte beruhigt geseufzt, es war nur ein Traum gewesen. Doch es hatte so verdammt echt gewirkt!

In dieser Nacht hatte sie erst nach Stunden wieder Schlaf gefunden. Der Traum hatte sie nicht mehr losgelassen und die bloße Erinnerung hatte ihr Tränen in die Augen getrieben (wie jetzt auch). In diesen Stunden hatte ihr Herz ihr gesagt, dass sie sich verliebt hatte, doch ihr Kopf schob die Angst, die ihr die Kehle zuschnürte, auf die Freundschaft zurück. Jetzt konnte sie ihre Gefühle nicht mehr leugnen, dazu waren sie zu tief. Sogar Fiyero hatte bemerkt, dass sie sich von ihm zurückgezogen hatte. Sie wusste, dass sie nicht den winkischen Prinzen, sondern die grüne Munchkinländerin liebte.

Doch wieso gestand sie sich ihre Gefühle jetzt ein? Wieso hörte ihr Kopf auf, diese Gefühle zu leugnen?

Sie bekam nicht die Gelegenheit über diese Fragen nachzudenken, denn in diesem Moment sah Elphaba von ihrem Buch auf und die Blicke der beiden jungen Frauen trafen sich augenblicklich. Einen Moment starrten sie einander wortlos an, dann meinte Elphaba: „Du stehst da ganz schön verloren, weißt du das?“

Galinda konnte nicht antworten, sie hatte kein Wort von dem Gesagten verstanden. Ihr gesamtes Denken schien wie auf Knopfdruck ausgeschaltet worden zu sein. Sie stand da wie erstarrt.

„Galinda?“, fragte Elphaba leise. Sie legte das Buch beiseite, erhob sich und stand nach wenigen Schritten direkt vor der Blonden, die den Kopf hob um ihr wieder in die Augen zu sehen. „Geht es dir gut?“

Die Frage sickerte langsam wie dickflüssiger Sirup zu Galinda durch. „Ja“, hauchte sie schließlich. Sie starrte Elphaba noch einen weiteren Augenblick an, dann durchfuhr es ihren Körper kalt und heiß. Ihr Kopf machte einen merkwürdigen Ruck, dann wiederholte sie ihr „Ja“ noch einmal, diesmal kräftiger. „Mir geht es super“, setzte sie nach, wandte sich von Elphaba ab und setzte sich auf ihr Bett.

Die Munchkinländerin folgte ihr auf dem Fuße und ließ sich neben ihr nieder. „Auf mich machst du aber einen anderen Eindruck. Du bist ziemlich blass um die Nase.“ Sie zog besorgt die Augenbrauen zusammen.

Galinda sah nun auf die in ihrem Schoß gefalteten Hände. Die Nähe Elphabas war ihr mehr als deutlich bewusst. Sie liebte sie, sie liebte eine Frau, sie liebte diese Frau. Und was brachte ihr dieses Eingeständnis nun? Nichts, außer ein gebrochenes Herz, befand sie. Es wäre ein Wunder, wenn Elphaba das Gleiche fühlen, wenn sie ihre Liebe erwidern würde. So würde Galinda also wieder von ihrem außerordentlich ausgeprägten Darstellungsvermögen Gebrauch machen müssen. Ihr Schauspiel hatte sie durch die Jahre hinweg fast bis zur Perfektion gebracht.

Immerhin ahnte niemand von ihren Mitschülern und Freunden (sowohl hier in Shiz als auch zu Hause im Perther Bergland) wie es wirklich in ihrem Inneren aussah. Sie war nicht das dumme, über allen anderen stehende Blondchen, für das sie alle hielten. Sie war naiv, ja, sie stellte komische Fragen, ja, aber sie war nicht nur die allseits beliebte Schönheitskönigin. Sie hatte ein Herz, das liebte und litt.

Sie würde für Elphaba die beste Freundin spielen und auch sein, die ihr zeigte wie man mit Jungs sprach und ein Ass im Sport werden konnte. Sie würde ihr das Flirten beibringen, wenn sie sie danach fragte, würde ihr die Geheimnisse des Verführens offenbaren, wenn sie sie fragte. Sie würde still und leidend zu sehen, wie Elphaba mit dem Jungen ihrer Wahl glücklich werden würde.

Sie zweifelte nicht daran, dass es Jemanden gab, der Elphaba zum Ausgehen einladen würde. Es wurde viel über dieses grüne Mädchen getuschelt, einige Jungs waren sogar an ihr interessiert. Nicht, weil sie sie als hübsch betrachteten oder sonst irgendwie liebenswert. Sie wollten einfach wissen, ob Sex mit einem grünen Mädchen wohl so viel anders sein würde als mit einem normalen. Vor solchen Leuten würde Galinda Elphaba beschützen, wie es für Freunde üblich war. Aber irgendwann, da war sie sich sicher, würde Jemand kommen, der Elphaba genau so schätze wie sie es tat. Der sie aufrichtig und mit ganzem Herzen liebte. So wie sie. Dann würde sie dem Glück ihrer Freundin nicht im Wege stehen. Sie würde… .

„Galinda“, sagte Elphaba nun sacht und riss die Blonde somit unvermittelt aus ihren Gedanken heraus. „Was ist los?“

„Nichts“, log diese mit leiser Stimme.

„Das glaube ich dir nicht. Andererseits würdest du nicht weinen.“

Galinda drehte den Kopf ruckartig zu ihrer Zimmergenossin um. „Ich weine ni… .“ An ihrer brechenden Stimme erkannte sie sehr wohl, dass sie weinte. Wie hatte sie das nicht mitbekommen können? Eine weitere Träne bahnte sich ihren Weg die Wange hinab. Sie sah in das Gesicht, das sie liebte und konnte ihre Gefühle nicht beherrschen. Sie warf sich Elphaba in die Arme und schluchzte an ihrer Brust.

Sie spürte, wie die Munchkinländerin sich zu erst versteifte als sie die weißen Arme um deren Taille schlang und das Gesicht an deren Brust schmiegte, doch Elphaba fasste sich schnell wieder und legte beschützend ihre Arme um das Mädchen aus dem Perther Bergland. Sie strich ihr beruhigend über den Rücken, wiegte sich und somit ihre Zimmergenossin leicht hin und her. Galinda weinte, bis sie das Kleid Elphabas am Brustansatz völlig durchnässt hatte. (Diese verzog keine Miene. Die Tränenflüssigkeit wurde auch größtenteils durch den Stoff des Kleides und durch das Hemd von ihrer Haut ferngehalten, sie spürte lediglich ein leicht brennendes Stechen.)

Nach einem halb erstickten Schluchzen hob Galinda den Kopf von Elphabas Brust, lehnte sich nur so weit zurück, dass sie ihr ins Gesicht sehen konnte, und Elphaba ihre Hände nicht von ihr nehmen musste. Ihre Gesichter waren nicht weit voneinander entfernt und Galinda musste ihre gesamte Selbstbeherrschung, die sie in diesem Moment noch hatte, aufbringen um die Munchkinländerin nicht einfach zu küssen, stattdessen sah sie ihr in die Augen und sagte: „Danke.“

Dann wollte sie sich aus dem Griff ihrer Zimmergenossin befreien, sie hatte das Gesicht schon abgewendet, als eine grüne Hand nach ihrem Kinn griff und es sacht, aber bestimmt wieder zurückschob, sodass sich die beiden jungen Frauen erneut in die Augen sahen.

„Immer wieder gern, meine Schöne“, sagte Elphaba. Galindas Herz setzte einen Schlag aus und schlug dann viel zu schnell. Ihr Puls beschleunigte sich noch mehr, als Elphaba ihren Kopf im nächsten Moment senkte und sie ihren Atem an den Lippen spürte bevor sie den zarten, leichten, süßen Druck darauf vernahm.

Der Kuss fühlte sich wie eine leichte Brise im Frühsommer an. Sacht strich er über Körper und Geist.

Viel zu schnell waren Elphabas Lippen von den ihren verschwunden. Galinda seufzte mit geschlossenen Augen als der Kuss vorüber war. Sie traute sich nicht, sie zu öffnen. Sie wusste nicht was sie erwarten würde. Vielleicht träumte sie auch nur. Und wenn dies der Fall war, wollte sie noch ein bisschen zwischen Wach sein und Halbschlaf wandeln.


the end
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