Sternenritter und Sommerlied
von Ninniach
Kurzbeschreibung
"Wenn du willst, kannst du ja mein Freund sein..." --- So beginnt die Freundschaft zwischen Laerlîn, der Tochter des Waldläufers Halbarad, und Elrohir, Elronds Sohn. Über viele Jahre hinweg begleitet Elrohir das Kind als Lehrer, Freund und Vertrauter und mit der Zeit wächst Laerlîn zu einer stolzen Frau heran, die mehr dem Schwert als den Büchern zugetan ist. Doch als die ersten Schatten des Krieges auf das Volk der Dúnedain fallen, als Kampf, Tod und Gefahr zu den ständigen Wegbegleitern Laerlîns werden, muss sich die Freundschaft zwischen Mensch und Elb beweisen ...
GeschichteAbenteuer, Freundschaft / P16 / Het
Aragorn
Elladan
Elrohir
Erestor
Glorfindel
Legolas
12.02.2009
01.12.2011
86
158.934
38
Alle Kapitel
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Dieses Kapitel
27 Reviews
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12.02.2009
1.879
***Disclaimer: Selbstverständlich gehört komplett MIttelerde nebst all seinen prominenten Bewohnern dem unvergleichlichen Professor Tolkien bzw. dessen Erben. Ich schreibe hier zum Spaß und verdiene keinen müden Penny damit. ***
***AN: Ich freu mich über ganz viele Reviews. Über die, die meine Story über den grünen Klee loben, aber auch über die, die mein Geschreibsel kritischer sehen. Nur Kritik hilft dabei sich zu verbessern :-)***
Die Strahlen der Sommersonne wärmten den Fels, auf den sie geklettert war. Weiße Quarzstraßen durchzogen den grauen Stein und formten auf ihm die Karte eines fremdartigen Landes. Moos und Farne wuchsen in seinen Ritzen und ganz oben, an seinem höchsten Punkt, hatte sie es sich gemütlich gemacht. Sie ließ den Blick über das Land unter ihr schweifen. Schafe weideten auf den sommerverbrannten Wiesen und nur in der Nähe des kleinen Baches schoss das Gras noch hoch und dunkelgrün auf. Zumindest so lange, bis die Schafe es abfraßen. Hinter ihr duckten sich krumme Bäume zwischen endlose Hügelketten und vor sich konnte sie die Hütten ihres Dorfes erkennen.
„Laerlîn! Runter! Spielen!“
Genervt verdrehte sie die Augen. Ihr Bruder war noch so klein, dass er nur im Befehlston mit ihr sprach.
„Nimm ihn mit, Laerlîn“, hatte Mutter zu ihr gesagt. „Spielt was Schönes miteinander.“ Als könnte sie irgendetwas mit ihm spielen. Finn war einfach zu blöd.
„Komm doch rauf zu mir. Wenn du das schaffst, dann spiel ich mit dir.“
So, das würde ihn einige Zeit beschäftigen. Der Dummkopf mühte sich vergebens damit ab, den Findling zu erklimmen. Die Zunge zwischen die Lippen geklemmt, hüpfte er immer wieder hoch und versuchte irgendwo Halt zu finden. Schließlich schleuderte er sein Holzschwert auf den Boden, ließ sich ins Gras fallen und heulte laut vor Zorn. Die Wölfe Mordors wären bei dem Geschrei vor Schreck geflüchtet, doch Laerlîn kannte die Wutausbrüche ihres Bruders schon zur Genüge und ignorierte ihn einfach.
Sie ließ die Gedanken fliegen. Über die Hügel, durch die Wälder, bis zur weißen Stadt im Süden und an die Strände von Dol Amroth, wo ihre liebsten Spielgefährten auf sie warteten. Lächelnd und still saß sie im warmen Sonnenschein und erfand neue Freunde in fremden Ländern um mit ihnen neue Abenteuer zu bestehen, während unter ihr ihr Bruder weitertobte. Plötzliche Stille riss sie aus einem besonders spannenden Abenteuer.
„Lînnie. Schau!“
Finn deutete aufgeregt auf einen fernen Hügel hinter den Häusern. Kleine Schatten bewegten sich ziemlich schnell auf ihr Dorf zu. Laerlîn stand auf, beschattete die Augen und blickte ihnen angestrengt entgegen. Bald verschwanden sie zwischen den Hügeln um gleich darauf wieder auf einer näheren Kuppe aufzutauchen.
„Monster?“, quietschte ihr Bruder ängstlich, aber Laerlîn schüttelte sofort den Kopf. Das waren keine Orks. Das waren Reiter. Vor Freude schrie sie laut auf und winkte in ihre Richtung, auch wenn die Gruppe noch viel zu weit von ihnen entfernt war, als dass sie irgendeiner von ihnen dort hätte erkennen können. So rasch wie möglich kletterte sie von ihrem Ausguck hinunter, sprang das letzte Stück einfach so herunter und lief zwischen den Schafen zum Dorf hin. Finn rief ihr hinterher.
Erus Licht! Der Junge hielt sie nur auf.
„Beeil dich, Finn! Na komm schon.“ Sie schnappte sich seine Hand und zerrte ihn mit sich. „Vater kommt zurück!“ Augenblicklich verstummten die schrillen Proteste des Kleinen und gemeinsam liefen sie nach Hause.
Durch den Garten rannten sie ins Haus und riefen schon von Weitem nach ihrer Mutter. Doch als sie keine Antwort erhielten, stürmten sie durch den Vordereingang hinaus auf den Dorfplatz. Laerlîn ließ die Hand ihres Bruders los, als sie die vielen Pferde dort stehen sah.
Frauen und Kinder wuselten über den Platz, begrüßten Männer und Väter, aber Laerlîn konnte in dem Gewühl ihre Eltern nicht entdecken. Und den Pferden wollte sie auf gar keinen Fall zu nahe kommen. Laerlîn hasste Pferde fast so sehr wie ihren kleinen Bruder. Sie waren groß, stark, unberechenbar und sagenhaft dumm. Sollte Vater noch auf einem von ihnen sitzen, dann würde sie ihn einfach so lange ignorieren, bis er abstieg.
Sie reckte den Kopf und suchte weiter nach ihm. Endlich sah sie den schwarzen Wuschelkopf ihrer Mutter, die in der Umarmung eines riesigen Mannes fast ertrank. Johlend stürmte Laerlîn auf die beiden zu. Ihr Vater sah sie auf sich zukommen, ließ seine Frau los, kniete sich auf den sandigen Boden und fing Laerlîn im Lauf ab. Lachend hob er sie in die Höhe und drehte sich ein paar Mal im Kreis mit ihr.
„Da ist ja mein kleiner Wirbelwind!“, tönte er laut und dunkel. „Und noch einen Kopf größer als bei meiner Abreise.“ Stolz nickte sie, als er sie wieder auf den Boden setzte.
„Bald bin ich so groß wie du!“ Er lachte, dass die Pferde neben ihm zurück wichen.
Zwei kühl dreinblickende Männer saßen darauf und schienen das Spektakel zu ihren Füßen allenfalls amüsiert zu beobachten. Wie das Spiegelbild des jeweils anderen sahen sie aus. Beide trugen die langen schwarzen Haare offen und auf ihren bartlosen Gesichtern zeigte sich ein feiner Glanz, wie von Sternenlicht. Seltsam und fremd erschienen sie Laerlîn, wie direkt aus einer ihrer Geschichten gesprungen. Die Kälte in ihren grauen Augen erschreckte sie aber und verschüchtert wandte sie sich von den beiden ab.
Finn kam angestolpert, stoppte jedoch plötzlich und ging hinter dem Rock seiner Mutter in Deckung, als er den riesenhaften, bärtigen Mann auf sich zukommen sah. Es bedurfte viel Zuspruch von Vater und Mutter um ihn davon zu überzeugen, dass der fremde Mann tatsächlich sein Vater sein sollte. Laerlîn verdrehte gequält die Augen. Dieser Hohlkopf.
„Gib ihm Zeit. Er ist immerhin noch sehr klein“, flüsterte jemand neben ihr. Unbemerkt von Laerlîn waren die beiden Herren von ihren Pferden gestiegen. Der Mann, der das gesagt hatte, lächelte sie freundlich an, doch Laerlîn verzog nur den Mund. „Er ist dumm.“
„Harte Worte, die du für deinen Bruder übrig hast.“
„Nein. Die Wahrheit darf man sagen.“
Nun tauchte auch im Gesicht des zweiten Mannes ein amüsiertes Grinsen auf und die kühle Ausstrahlung der beiden, die Laerlîn zuerst so viel Angst gemacht hatte, fiel in sich zusammen.
Mutter verneigte sich vor den beiden Männern und sagte etwas in einer fremden Sprache und die Herren antworteten auf die gleiche Weise. Fasziniert lauschte Laerlîn dem Klang ihrer Worte nach. Wie kleine Silberglöckchen, die im Wind aneinander schlugen.
Vater lächelte stolz, als er die Fremden in sein Haus bat und Mutter lief voraus, wahrscheinlich um noch einmal alle Möbel mit dem Staublappen zu bearbeiten. Laerlîn dagegen ging an Vaters Seite und fragte ihm allerhand Löcher in den Bauch. Wo er gewesen sei? Was er getan hatte? Und welche Dinge er gesehen hatte? Doch ihr Vater schüttelte nur lachend den Kopf.
„Lass mich doch erst einmal Luft holen, Lînnie.“
Es dauerte länger, als einmal Luft holen, bevor Halbarad zu erzählen begann. Vorher musste noch das Gepäck verstaut, die von der Reise verschmutzten Kleider gewechselt und etwas gegessen werden. Ungeduldig schnappte Laerlîn sich schließlich die leeren Teller und trug sie zu der großen Waschwanne, an der Mutter bereits fleißig werkelte. Finn saß mit großen Augen auf Vaters Schoss und sah dabei aus wie eine Kuh, die soeben ein Ei gelegt hatte.
„Lînnie, komm und hilf mir beim Abwasch.“ „Nein.“ Die Schelte ihrer Mutter verhallte ungehört, denn Laerlîn rannte bereits wieder zu den Männern, setzte sich vor ihnen auf den Boden und verlangte nach Geschichten.
Und ihr Vater erzählte von seiner Reise. In einem Land sei er gewesen, wo kleine Wesen wohnten, die sich selbst Hobbits nannten. Kaum größer als Laerlîn sind dort die Erwachsenen. Sie tragen fast nie Schuhe, denn ihre Füße sind riesengroß und mit einem dichten, krausen Pelz bewachsen. Sie sind ein misstrauisches Völkchen, vollauf damit zufrieden in ihrem eigenen kleinen Land zu leben und von der Welt außerhalb davon gemieden zu werden.
„Aber Ada! Diese Geschichte hast du mir doch schon erzählt.“
„Wie kann es sein, dass ich sie dir schon erzählt habe? Es ist doch erst vor ein paar Wochen geschehen“, fragte er sie schmunzelnd.
„Doch. So beginnt die Geschichte von Bilbo und den Zwergen.“
Die beiden Fremden, die Vater als die Zwillinge Elladan und Elrohir vorgestellt hatte, lachten und sagten wieder etwas in ihrer eigenen Sprache. Vater lachte laut und dröhnend, wie es seine Art war.
„Nein, Lînnie. Diesmal ist es eine andere Geschichte. Auch wenn einige der Figuren wieder vorkommen, die du aus Bilbos Geschichte kennst. Ich bin dem alten Hobbit nämlich wieder begegnet. Stell dir vor, er hat seinen jungen Neffen zu sich genommen. Ein flinker kleiner Bursche, mit einem Hang dafür in Schwierigkeiten zu geraten.“
Und er erzählte von dem Jungen Frodo, der auf der Suche nach Abenteuern das ganze Auenland durchstreifte und mit seinen Freunden allerlei Schabernack trieb. Laerlîn musste herzlich lachen, vor allem, wenn ihr Vater versuchte den einen oder anderen Hobbit zu imitieren. Halbarad war gut zwei Meter groß, stark und sehnig und sein brauner Bart verdeckte die Hälfte seines Gesichts. Mutter nannte ihn oft scherzhaft ihren Riesenzwerg.
Als er seine Geschichte zu Ende erzählt hatte, kicherte Finn vergnügt, auch wenn er wahrscheinlich kaum ein Wort verstanden hatte. Und Laerlîn hatte wie immer nur noch eine Frage.
Die, die sie ihm nach jeder seiner Reisen stellte.
„Und Elben, Ada? Hast du Elben gesehen?“ Halbarad stutzte nur einen Moment, dann grinste er und sah zu den Zwillingen hinüber. „Aber ich hab dir doch sogar zwei davon mitgebracht, meine kleine Laerlîn.“
Mit offenem Mund starrte sie ihren Vater an und sah schließlich zu den beiden Männern, deren Mundwinkel verräterisch zuckten. Mit einem Freudenschrei stürzte sich Laerlîn auf die beiden, drängelte sich zwischen sie auf die Bank und begann munter drauflos zu plappern. Helles Lachen antwortete auf ihre vielen Fragen, doch als ihr Vater sie peinlich berührt von den beiden wegziehen wollte, winkte der rechte von ihnen ab und sagte irgendetwas in seiner eigenen Sprache, worauf Halbarad sich wieder in seinen Sessel fallen ließ.
„Was hast du gerade gesagt? Was über mich?“ Er lächelte. „Ich sagte, dass es gut tut soviel Leben neben sich sitzen zu haben.“
„Eure Sprache klingt schön. Bringst du sie mir bei?“
„Vielleicht, pentithen. Wenn du mich zu Wort kommen lässt.“
„Du bist Elrohir, oder? Oder bist du Elladan? Ihr schaut euch so ähnlich, dass man euch gar nicht auseinander halten kann.“
„Solange wir selbst es können“, schmunzelte der Elb zu ihrer Linken.
Mit einem Mal wurde Laerlîn doch schüchtern. „Darf ich… Ich meine, darf ich mal …“ Zögerlich streckte sie die Hand aus, zog dann aber die Finger lieber wieder ein.
„Nur zu“, ermunterte sie der Elb, den sie für Elrohir hielt. Vorsichtig berührten ihre Fingerspitzen seine Wange. Komisch. Sie wusste nicht, was genau sie erwartet hatte, aber das war es nicht. Es fühlte sich ganz normal an. Warm und weich, wie ihre eigenen Hände, und doch irgendwie ganz anders. Sie sah in graue Augen und glaubte darin die Wintersterne sehen zu können. Dann wiederholte sie das ganze bei dem linken Zwilling. Sie runzelte die Stirn und kniff die Lippen zusammen, während sie nachdachte.
„Du bist Elladan“, sagte sie schließlich zu dem Linken und der Elb nickte zur Bestätigung.
„Da brat mir einer… Ich habe Wochen gebraucht um euch auseinander zu halten“, donnerte Halbarad. “Woran hast du ihn denn erkannt, Lînnie?“ Laerlîn hüpfte von der Bank herunter, legte den Kopf schief und schaute ihren Vater vorwurfsvoll an. Als ob er das nicht schon lange selbst bemerkt hätte.
„Er hat andere Augen.“
***AN: Ich freu mich über ganz viele Reviews. Über die, die meine Story über den grünen Klee loben, aber auch über die, die mein Geschreibsel kritischer sehen. Nur Kritik hilft dabei sich zu verbessern :-)***
Die Strahlen der Sommersonne wärmten den Fels, auf den sie geklettert war. Weiße Quarzstraßen durchzogen den grauen Stein und formten auf ihm die Karte eines fremdartigen Landes. Moos und Farne wuchsen in seinen Ritzen und ganz oben, an seinem höchsten Punkt, hatte sie es sich gemütlich gemacht. Sie ließ den Blick über das Land unter ihr schweifen. Schafe weideten auf den sommerverbrannten Wiesen und nur in der Nähe des kleinen Baches schoss das Gras noch hoch und dunkelgrün auf. Zumindest so lange, bis die Schafe es abfraßen. Hinter ihr duckten sich krumme Bäume zwischen endlose Hügelketten und vor sich konnte sie die Hütten ihres Dorfes erkennen.
„Laerlîn! Runter! Spielen!“
Genervt verdrehte sie die Augen. Ihr Bruder war noch so klein, dass er nur im Befehlston mit ihr sprach.
„Nimm ihn mit, Laerlîn“, hatte Mutter zu ihr gesagt. „Spielt was Schönes miteinander.“ Als könnte sie irgendetwas mit ihm spielen. Finn war einfach zu blöd.
„Komm doch rauf zu mir. Wenn du das schaffst, dann spiel ich mit dir.“
So, das würde ihn einige Zeit beschäftigen. Der Dummkopf mühte sich vergebens damit ab, den Findling zu erklimmen. Die Zunge zwischen die Lippen geklemmt, hüpfte er immer wieder hoch und versuchte irgendwo Halt zu finden. Schließlich schleuderte er sein Holzschwert auf den Boden, ließ sich ins Gras fallen und heulte laut vor Zorn. Die Wölfe Mordors wären bei dem Geschrei vor Schreck geflüchtet, doch Laerlîn kannte die Wutausbrüche ihres Bruders schon zur Genüge und ignorierte ihn einfach.
Sie ließ die Gedanken fliegen. Über die Hügel, durch die Wälder, bis zur weißen Stadt im Süden und an die Strände von Dol Amroth, wo ihre liebsten Spielgefährten auf sie warteten. Lächelnd und still saß sie im warmen Sonnenschein und erfand neue Freunde in fremden Ländern um mit ihnen neue Abenteuer zu bestehen, während unter ihr ihr Bruder weitertobte. Plötzliche Stille riss sie aus einem besonders spannenden Abenteuer.
„Lînnie. Schau!“
Finn deutete aufgeregt auf einen fernen Hügel hinter den Häusern. Kleine Schatten bewegten sich ziemlich schnell auf ihr Dorf zu. Laerlîn stand auf, beschattete die Augen und blickte ihnen angestrengt entgegen. Bald verschwanden sie zwischen den Hügeln um gleich darauf wieder auf einer näheren Kuppe aufzutauchen.
„Monster?“, quietschte ihr Bruder ängstlich, aber Laerlîn schüttelte sofort den Kopf. Das waren keine Orks. Das waren Reiter. Vor Freude schrie sie laut auf und winkte in ihre Richtung, auch wenn die Gruppe noch viel zu weit von ihnen entfernt war, als dass sie irgendeiner von ihnen dort hätte erkennen können. So rasch wie möglich kletterte sie von ihrem Ausguck hinunter, sprang das letzte Stück einfach so herunter und lief zwischen den Schafen zum Dorf hin. Finn rief ihr hinterher.
Erus Licht! Der Junge hielt sie nur auf.
„Beeil dich, Finn! Na komm schon.“ Sie schnappte sich seine Hand und zerrte ihn mit sich. „Vater kommt zurück!“ Augenblicklich verstummten die schrillen Proteste des Kleinen und gemeinsam liefen sie nach Hause.
Durch den Garten rannten sie ins Haus und riefen schon von Weitem nach ihrer Mutter. Doch als sie keine Antwort erhielten, stürmten sie durch den Vordereingang hinaus auf den Dorfplatz. Laerlîn ließ die Hand ihres Bruders los, als sie die vielen Pferde dort stehen sah.
Frauen und Kinder wuselten über den Platz, begrüßten Männer und Väter, aber Laerlîn konnte in dem Gewühl ihre Eltern nicht entdecken. Und den Pferden wollte sie auf gar keinen Fall zu nahe kommen. Laerlîn hasste Pferde fast so sehr wie ihren kleinen Bruder. Sie waren groß, stark, unberechenbar und sagenhaft dumm. Sollte Vater noch auf einem von ihnen sitzen, dann würde sie ihn einfach so lange ignorieren, bis er abstieg.
Sie reckte den Kopf und suchte weiter nach ihm. Endlich sah sie den schwarzen Wuschelkopf ihrer Mutter, die in der Umarmung eines riesigen Mannes fast ertrank. Johlend stürmte Laerlîn auf die beiden zu. Ihr Vater sah sie auf sich zukommen, ließ seine Frau los, kniete sich auf den sandigen Boden und fing Laerlîn im Lauf ab. Lachend hob er sie in die Höhe und drehte sich ein paar Mal im Kreis mit ihr.
„Da ist ja mein kleiner Wirbelwind!“, tönte er laut und dunkel. „Und noch einen Kopf größer als bei meiner Abreise.“ Stolz nickte sie, als er sie wieder auf den Boden setzte.
„Bald bin ich so groß wie du!“ Er lachte, dass die Pferde neben ihm zurück wichen.
Zwei kühl dreinblickende Männer saßen darauf und schienen das Spektakel zu ihren Füßen allenfalls amüsiert zu beobachten. Wie das Spiegelbild des jeweils anderen sahen sie aus. Beide trugen die langen schwarzen Haare offen und auf ihren bartlosen Gesichtern zeigte sich ein feiner Glanz, wie von Sternenlicht. Seltsam und fremd erschienen sie Laerlîn, wie direkt aus einer ihrer Geschichten gesprungen. Die Kälte in ihren grauen Augen erschreckte sie aber und verschüchtert wandte sie sich von den beiden ab.
Finn kam angestolpert, stoppte jedoch plötzlich und ging hinter dem Rock seiner Mutter in Deckung, als er den riesenhaften, bärtigen Mann auf sich zukommen sah. Es bedurfte viel Zuspruch von Vater und Mutter um ihn davon zu überzeugen, dass der fremde Mann tatsächlich sein Vater sein sollte. Laerlîn verdrehte gequält die Augen. Dieser Hohlkopf.
„Gib ihm Zeit. Er ist immerhin noch sehr klein“, flüsterte jemand neben ihr. Unbemerkt von Laerlîn waren die beiden Herren von ihren Pferden gestiegen. Der Mann, der das gesagt hatte, lächelte sie freundlich an, doch Laerlîn verzog nur den Mund. „Er ist dumm.“
„Harte Worte, die du für deinen Bruder übrig hast.“
„Nein. Die Wahrheit darf man sagen.“
Nun tauchte auch im Gesicht des zweiten Mannes ein amüsiertes Grinsen auf und die kühle Ausstrahlung der beiden, die Laerlîn zuerst so viel Angst gemacht hatte, fiel in sich zusammen.
Mutter verneigte sich vor den beiden Männern und sagte etwas in einer fremden Sprache und die Herren antworteten auf die gleiche Weise. Fasziniert lauschte Laerlîn dem Klang ihrer Worte nach. Wie kleine Silberglöckchen, die im Wind aneinander schlugen.
Vater lächelte stolz, als er die Fremden in sein Haus bat und Mutter lief voraus, wahrscheinlich um noch einmal alle Möbel mit dem Staublappen zu bearbeiten. Laerlîn dagegen ging an Vaters Seite und fragte ihm allerhand Löcher in den Bauch. Wo er gewesen sei? Was er getan hatte? Und welche Dinge er gesehen hatte? Doch ihr Vater schüttelte nur lachend den Kopf.
„Lass mich doch erst einmal Luft holen, Lînnie.“
Es dauerte länger, als einmal Luft holen, bevor Halbarad zu erzählen begann. Vorher musste noch das Gepäck verstaut, die von der Reise verschmutzten Kleider gewechselt und etwas gegessen werden. Ungeduldig schnappte Laerlîn sich schließlich die leeren Teller und trug sie zu der großen Waschwanne, an der Mutter bereits fleißig werkelte. Finn saß mit großen Augen auf Vaters Schoss und sah dabei aus wie eine Kuh, die soeben ein Ei gelegt hatte.
„Lînnie, komm und hilf mir beim Abwasch.“ „Nein.“ Die Schelte ihrer Mutter verhallte ungehört, denn Laerlîn rannte bereits wieder zu den Männern, setzte sich vor ihnen auf den Boden und verlangte nach Geschichten.
Und ihr Vater erzählte von seiner Reise. In einem Land sei er gewesen, wo kleine Wesen wohnten, die sich selbst Hobbits nannten. Kaum größer als Laerlîn sind dort die Erwachsenen. Sie tragen fast nie Schuhe, denn ihre Füße sind riesengroß und mit einem dichten, krausen Pelz bewachsen. Sie sind ein misstrauisches Völkchen, vollauf damit zufrieden in ihrem eigenen kleinen Land zu leben und von der Welt außerhalb davon gemieden zu werden.
„Aber Ada! Diese Geschichte hast du mir doch schon erzählt.“
„Wie kann es sein, dass ich sie dir schon erzählt habe? Es ist doch erst vor ein paar Wochen geschehen“, fragte er sie schmunzelnd.
„Doch. So beginnt die Geschichte von Bilbo und den Zwergen.“
Die beiden Fremden, die Vater als die Zwillinge Elladan und Elrohir vorgestellt hatte, lachten und sagten wieder etwas in ihrer eigenen Sprache. Vater lachte laut und dröhnend, wie es seine Art war.
„Nein, Lînnie. Diesmal ist es eine andere Geschichte. Auch wenn einige der Figuren wieder vorkommen, die du aus Bilbos Geschichte kennst. Ich bin dem alten Hobbit nämlich wieder begegnet. Stell dir vor, er hat seinen jungen Neffen zu sich genommen. Ein flinker kleiner Bursche, mit einem Hang dafür in Schwierigkeiten zu geraten.“
Und er erzählte von dem Jungen Frodo, der auf der Suche nach Abenteuern das ganze Auenland durchstreifte und mit seinen Freunden allerlei Schabernack trieb. Laerlîn musste herzlich lachen, vor allem, wenn ihr Vater versuchte den einen oder anderen Hobbit zu imitieren. Halbarad war gut zwei Meter groß, stark und sehnig und sein brauner Bart verdeckte die Hälfte seines Gesichts. Mutter nannte ihn oft scherzhaft ihren Riesenzwerg.
Als er seine Geschichte zu Ende erzählt hatte, kicherte Finn vergnügt, auch wenn er wahrscheinlich kaum ein Wort verstanden hatte. Und Laerlîn hatte wie immer nur noch eine Frage.
Die, die sie ihm nach jeder seiner Reisen stellte.
„Und Elben, Ada? Hast du Elben gesehen?“ Halbarad stutzte nur einen Moment, dann grinste er und sah zu den Zwillingen hinüber. „Aber ich hab dir doch sogar zwei davon mitgebracht, meine kleine Laerlîn.“
Mit offenem Mund starrte sie ihren Vater an und sah schließlich zu den beiden Männern, deren Mundwinkel verräterisch zuckten. Mit einem Freudenschrei stürzte sich Laerlîn auf die beiden, drängelte sich zwischen sie auf die Bank und begann munter drauflos zu plappern. Helles Lachen antwortete auf ihre vielen Fragen, doch als ihr Vater sie peinlich berührt von den beiden wegziehen wollte, winkte der rechte von ihnen ab und sagte irgendetwas in seiner eigenen Sprache, worauf Halbarad sich wieder in seinen Sessel fallen ließ.
„Was hast du gerade gesagt? Was über mich?“ Er lächelte. „Ich sagte, dass es gut tut soviel Leben neben sich sitzen zu haben.“
„Eure Sprache klingt schön. Bringst du sie mir bei?“
„Vielleicht, pentithen. Wenn du mich zu Wort kommen lässt.“
„Du bist Elrohir, oder? Oder bist du Elladan? Ihr schaut euch so ähnlich, dass man euch gar nicht auseinander halten kann.“
„Solange wir selbst es können“, schmunzelte der Elb zu ihrer Linken.
Mit einem Mal wurde Laerlîn doch schüchtern. „Darf ich… Ich meine, darf ich mal …“ Zögerlich streckte sie die Hand aus, zog dann aber die Finger lieber wieder ein.
„Nur zu“, ermunterte sie der Elb, den sie für Elrohir hielt. Vorsichtig berührten ihre Fingerspitzen seine Wange. Komisch. Sie wusste nicht, was genau sie erwartet hatte, aber das war es nicht. Es fühlte sich ganz normal an. Warm und weich, wie ihre eigenen Hände, und doch irgendwie ganz anders. Sie sah in graue Augen und glaubte darin die Wintersterne sehen zu können. Dann wiederholte sie das ganze bei dem linken Zwilling. Sie runzelte die Stirn und kniff die Lippen zusammen, während sie nachdachte.
„Du bist Elladan“, sagte sie schließlich zu dem Linken und der Elb nickte zur Bestätigung.
„Da brat mir einer… Ich habe Wochen gebraucht um euch auseinander zu halten“, donnerte Halbarad. “Woran hast du ihn denn erkannt, Lînnie?“ Laerlîn hüpfte von der Bank herunter, legte den Kopf schief und schaute ihren Vater vorwurfsvoll an. Als ob er das nicht schon lange selbst bemerkt hätte.
„Er hat andere Augen.“