Maddin vor Gericht
von NotSoCool
Kurzbeschreibung
Maddin vor Gericht? DER Maddin? -Ja, richtig, DEER Maddin! Aber das kann doch nicht sein! -Das können Cordula & Co. auch kaum glauben, deswegen helfen sie ihm so gut es geht...versuchen es zumindest. ;-) Aber was hat er denn so Schlimmes getan? -Lest selbst ;-)
GeschichteHumor / P12 / Gen
Barbara Salesch
Bernd Römer
Ulrike Tasic
16.06.2008
27.06.2008
5
13.262
2
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Dieses Kapitel
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16.06.2008
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"Wo wir gerade davon reden", lenkte Barbara rasch ein, "wo ist Tetje Mierendorf eigentlich?"
Der Staatsanwalt stand sogleich Rede und Antwort: "Oh, entschuldigen Sie, Frau Vorsitzende, Herr Mierendorf lässt sich entschuldigen. Er wird in spätestens fünf bis zehn Minuten kommen." "Ah ja, und darf man auch erfahren, weswegen er sich entschuldigen lässt?" "Frau Vorsitzende, er steckt mit seinem Fahrrad im Stau." "Mit dem...Fahrrad?", fragte Frau Salesch ungläubig mit hochgezogenen Augenbrauen. "Mit dem Fahrrad, Frau Vorsitzende!", wiederholte Herr Römer noch einmal. Bedenklich nickte Barbara.
"Kommen wir wieder zum Thema zurück, wenn's recht ist", schlug Frau Tasic vor, was bejat wurde. "Es kann also genauso gut Herr Mierendorf gewesen sein!"
"Dann könnte ja gerade mal jeder hier der Täter sein! Sie! Oder ich! Oder Frau Salesch! -Selbstverständlich nichts gegen Sie, Frau Salesch!" Herr Römer breitete die Arme aus und zeigte auf die drei Angesprochenen, unter denen sogar er selbst sich befand. "Ach Herr Römer, das glauben Sie doch selber nicht! Jetzt wird's langsam aber wirklich albern!", wehrte Ulrike ab. "Ich würde sagen, bevor das Ganze hier Überhand gewinnt, sollten wir an dieser Stelle abbrechen!", startete die Richterin einen weiteren Versuch, den fortgesetzten Streit zwischen Anwalt und Staatsanwalt, wenn schon nicht zu schlichten, dann wenigstens vorübergehend zu beenden. Innerlich hätte Barbara jetzt am liebsten angefangen, zu heulen, wenn sie bedachte, dass sie gerade einmal die Vernehmung des Angeklagten überstanden und noch so viele vor sich hatten. Ob sie wohl heute überhaupt noch einmal damit fertig werden konnten?
"Aber Frau Salesch, wir haben den Angeklagten doch noch gar nicht wegen seines Motives befragt! Wenn es nach Staatsanwalt Römer gehen würde, sind es sogar mehrere Motive, die zu befragen sind!", sagte Frau Tasic völlig entgeistert. Barbara verlor die Geduld. "Dann widmen Sie sich dem doch auch endlich und lassen Sie ein für alle mal diese ständigen Zankereien sein! Das ist ja kaum mehr zum Aushalten mit Ihnen beiden! Das ist kein Kindergarten-Niveau! Das ist maximal Krabbelgruppen-Niveau, auf dem Sie sich befinden! Gerade so wie zwei kleine Kinder, die um einen Lolli streiten!" Das saß! Von der Richterin höchstpersönlich während der Verhandlung vor etlichen Menschen als Kleinkind bezeichnet zu werden, das war hart. Die Entschuldigung kam von beiden wie aus einem Mund: "Verzeihung, Frau Salesch!" -demütig und bereuend. Im Anschluss an diese Worte nahmen sie auf ihren Stühlen Platz und überließen die Befragung von da an der Vorsitzenden.
"Herr Schneider, sagen Sie, in welchem Verhältnis standen Sie zu ihrer Nachbarin?" Die Antwort kam prompt. "Falls se des -nee, falsch- falls Sie das meinen, ich hab net mit ihr ge-"
"Bitte, beantworten Sie meine Frage einfach so, wie ich sie Ihnen stellte!"
"Okay. Äh...entschuldigen Sie, was war noch mal die Frage?"
"In welchem Verhältnis Sie zu der Toten standen", wiederholte die rothaarige Richterin seufzend. "Nu ja...des war'ne Zicke. Ich hab sie nicht besonders gemocht. Gell, der Täter bin ich aber trotzdem net!"
"Ich bitte Sie Herr Schneider, Sie ersparen uns allen viel Zeit und Nerven, wenn Sie einfach nur meine Fragen beantworten würden. Also bitte...weshalb haben Sie das Opfer denn nicht sonderlich gemocht?"
"Die hat sich immer beschwert, wenn ich nachts nebenan mal ein bisschen zu geräuschvoll geschnarcht hab, aber selber stellte sie tagsüber dann ihre Stereoanlage so laut, da sind dir die Ohren weg geflogen!"
"Na sehen Sie, da haben wir auch schon unser Motiv!", warf der Staatsanwalt schadenfroh ein. "Nänänänänä", lautete daraufhin eine patzige Antwort der Rechtsanwältin, welche beleidigt die Arme vor der Brust verschränkt hielt. Aber Barbara fuhr unbeeindruckt fort, überging diesen klitzekleinen Konflikt. Jetzt, dachte sie, konnte man sie von der Konversation her immerhin bereits für pubertierende Jugendliche halten. "Und ansonsten gibt es keine Gründe, aus denen Sie Frau Schmindt nicht mochten, Herr Schneider?"
"Äh...ach nee, ansonsten war die Sabi ganz okay."
"Die Sabi?", fragte Frau Salesch neugierig und sofort hakte Herr Römer genauer nach: "Also kannten Sie das Opfer doch näher, als Sie hier zugaben, wenn Sie sie immerhin beim Spitznamen nannten?" Es klang viel eher wie eine Behauptung als wie eine Frage, doch Maddin antwortete. "Ja nee, des is die aktuelle Freundin vom Micha...war! Und da mer...wir den ja gut kennen, ist des die Sabi."
"Dann ist DER somit also auch aus dem Rennen! Wenn ich das bemerken darf, Herr Schneider, Sie schnüren sich so allmählich selber die Luft ab!" Bernd's Laune schien sich zu heben, während Frau Tasic im Gegensatz dazu nach wie vor motzig antwortete: "Nein, Herr Römer, dürfen Sie nicht! Immerhin steht bislang absolut nichts wirklich Genaues fest! Darum freuen Sie sich mal nicht zu früh!"
"Ist ja gut, Frau Kollegin, dann freue ich mich eben nicht. NOCH nicht!", erwiderte Bernd frech.
"Und in dem Sinne starten wir doch gleich mal die Zeugenvernehmungen", beschloss die Vorsitzende kurzerhand, "vorrausgesetzt natürlich, dass Ihre angeregte und überaus interessante Unterhaltung das zulässt!", fügte sie mit sarkastischem Unterton noch hinzu. "Ich denke, das wird kein großes Problem sein. Nur zu", führte Herr Römer den Sarkasmus munter fort. Wenigstens zeigte die Stimmung eine allgemeine Besserung, wenn momentan auch nur vereinzelt. Dass HIER allgemeine Fröhlichkeit herrschte, erlebte man allerdings sowieso sogut wie nie, womit Barbara's Hoffnung, dass dies gerade in dieser Verhandlung vielleicht zur Abwechslung einmal geschehen könnte, so schnell in ihr erlosch, wie sie entfachte.
"Also gut -ach ja, Herr Schneider?"
"Äh...ja?"
"Bitte sprechen Sie wieder so, wie Sie es gewöhnt sind, sonst dauert das hier am Ende bis Weihnachten." Barbara ging sein zwar deutliches, aber eben extrem langsames Gerede nun doch gehörig auf den Zeiger."Wenn es also keine weiteren Fragen gibt, bleibt der Angeklagte unvereidigt und wir treten in die Beweisaufnahme ein. Da der erste Zeuge, Herr Mierendorf, bislang noch nicht eingetroffen ist, hören wir stattdessen schon mal den Freund der Verstorbenen, Michael Kessler." Durch einen Lautsprecher rief sie den ersten Zeugen auf. "Herr Kessler bitte!"
Die Tür am Ende des Gerichtsaals öffnete sich beinahe im gleichen Augenblick und herein kam Michael, der heute außerordentlich betroffen schien. Den Blick gesenkt, ohne Maddin Beachtung zu schenken, setzte er sich, als Frau Salesch ihn dazu aufforderte, auf den Zeugenstuhl, auf dem er gleich befragt werden würde.
Und die Richterin begann mit der Vernehmung mit der Vorlesung von Angaben wie Alter, Beruf und Beziehungsstatus. Als sie schloss, senkte sich ihre Stimme ein wenig mitfühlend. "...Sie sind ledig und leben zur Zeit in keiner Beziehung. Sind diese Angaben korrekt?"
Den wütenden Ton, den der bisher ausdruckslos Blickende daraufhin anschlug, hatte sicherlich keiner erwartet. "Ja! Zumindest nicht mehr! Seit dieser hinterhältige Schuft Sabine umgebracht hat! Und das dann auch noch auf so bestialische Weise!"
Die Vorsitzende griff ein: "Also bitte Herr Kessler, keine Beleidigungen! Auch nicht gegen den Angeklagten!"
Eine weitere Reaktion, mit der keiner gerechnet hätte: Er wirkte überrascht. "Was? Wieso Angeklagter? Der Maddin würde sowas niemals tun! Ausgeschlossen! Dazu is er doch viel zu blöd!"
"Also bitte, Herr Kessler!", schimpfte Barbara, aber konnte und wollte ihr Erstaunen über Kessler's Meinung nicht ganz verbergen. "Sie...sagten, er könne es nicht gewesen sein. Wie genau kommen Sie zu dieser Ansicht? Und wer ist dann der hinterhältige Schuft ihrer Meinung nach?"
Schnell und präzise schoss die Antwort förmlich aus Michael heraus: "Sehen Sie, der Maddin hat in seinem Leben noch nie etwas wirklich Schlimmes getan. Das Schlimmste, was er überhaupt jemals gemacht hat war, einer guten Freundin aus Versehen einen kleinen Schrank zu zertrümmern, indem er an ihm hängen blieb. Und selbst dafür hat er sich noch Tage später entschuldigt. Abgesehen davon verlangte es für solch eine grausame Tat schon viel Geschick und Schnelligkeit! Und Maddin besitzt in dem Fall weder das eine, noch das andere!"
"Ganz richtig, es brauchte für diese Tat wahrhaftig Geschick und Schnelligkeit, denn immerhin wurde das Opfer um fünf vor eins das letzte Mal lebend gesehen und als sie später tot in ihrer Wohnung vorgefunden wurde, war es gerade einmal zehn Minuten nach ein Uhr."
"Genau! Der Täter hat seine Tat schnell begangen! Also KANN das einfach nicht Maddin gewesen sein. Ich bezweifle, dass dieses Wort in seinem Sprachschatz groß ausgebildet ist, falls es überhaupt dort existiert!" Michael legte sich echt für seinen Freund ins Zeug. "Dann gehen wir einfach mal davon aus, dass es vorhanden ist, denn Sie mögen es ja gar kein bisschen schlecht meinen, doch solche Äußerungen gelten vor Gericht als Beleidigung und Beleidigungen sind hier bitte zu unterlassen, sonst bekommen Sie beim nächsten Mal eine Verwarnung und darauf folgend dann eine Geldstrafe", ratterte die Richterin schneller herunter, als man folgen konnte und schloss nach keinen zwei Sekunden Unterbrechung an: "Sie schulden mir eine weitere Fragenbeantwortung. Ich höre." Michael runzelte die Stirn. "Eine Fragenbeantwortung auf was?"
"Am besten auf meine Frage, würd ich sagen."
"Ah!....Welche Frage?"
"Ich wollte wissen, wer Ihrer Meinung nach der hinterhältige Schuft ist, wenn nicht der Angeklagte."
"Ah! Ha, na, das kann ich Ihnen sagen!", sagte Michael geheimnistuerisch.
"Ich bitte darum."
"Ha, also, ICH glaube, nein, ich bin mir fast sicher, es war Tetje!"
Aus Richtung Staatsanwalt ertönte sofort ein ungläubiger Laut des Lachens, bevor er sagte: "Okay...Sie glauben das also auch....Sagen Sie mal, für wie blöd halten Sie mich? Welches Motiv sollte denn bitteschön Herr Mierendorf haben?" Der anfangs normale Ton wich einem forschen Rufen. "Ou! Was schreien Sie denn so? Es hat Ihnen doch niemand etwas getan." Michael schnitt für einen Augenblick eine ziemlich gequälte Grimasse. "Was für ein Motiv, wollen Sie wissen? Ha, da gäbe es so Einges, was mir dazu einfallen würde. Sicherlich hat er Ihnen erzählt, dass er bereits lange und unglücklich in die Sabi verschossen war. Und sicherlich hat er Ihnen auch erzählt, dass er einen Tag vor ihrem Tod eine heftige Auseinandersetzung mit ihr hatte, nicht wahr?" Frau Tasic unterdrückte mit viel Kraft ein schadenfrohes Schmunzeln und hakte interessiert nach: "Ach? Na, das stellt doch alles gleich in ein ganz neues Licht, oder waren Sie darüber informiert? -Ich glaube, wohl kaum. Herr Kessler, würden Sie die Freundlichkeit besitzen und uns Genaueres schildern?" Micha zuckte nur mit den Achseln. "Sicher."
"Seit wann etwa empfindet Herr Mierendorf denn so starke Gefühle für die Frau?"
Wieder ein Achselzucken. "Seit so etwa fünf Monaten, schätze ich." "Und wie haben Sie das erfahren?" Ohne das kleinste Zögern gab Micha Antwort: "Als ich vor viereinhalb Monaten zu Besuch bei einer Freundin war, die heute hier auch aussagen wird, Cordula Stratmann. Sie kann Ihnen das bestätigen."
"Eines würde mich interessieren", meldete sich Herr Römer zu Wort, "wenn Sie das breits seit so Langem wussten, wieso haben Sie uns davon dann nichts erzählt?" Michael blieb ganz locker. "Weil es uns keiner Ihrer sauberen Ermittler fragte und wir ja nicht riechen konnten, dass Tetje sogar die Frechheit besitzt, unter diesen Umständen die Rolle des Nebenklägers einzunehmen."
"Na, da brauchen Sie sich doch wirklich kein bisschen wundern, Herr Römer. Ausgesprochen gut ermittelt, muss man echt sagen", meinte Frau Tasic sarkastisch und wandte ihre Worte dann wieder an den Zeugen, "Und was bitte hat es mit der Auseinandersetzung zwischen der Toten und dem Nebenkläger auf sich?"
"Ach, da ging es nur um mich. Besser gesagt um die Beziehung, die ich mit ihr hatte. Dauerte bloß fünf Minuten. Ich stand unten am Hauseingang und konnte von daher nur einzelne Wortfetzen verstehen. Aber ich hörte genug, um zu wissen, was Sache war. Tetje sagte laut "Das kannst du nicht machen!" und kurz darauf hörte ich noch "Du und Michael-". Kurz darauf beschimpfte er sie als Flittchen und was weiß ich, was sonst noch. Sabine schrie ihn zum Schluss noch an, er solle aus ihrem Leben verschwinden und knallte keine halbe Sekunde später ihre Wohnungstür zu."
"Da sieh mal einer an, sehr sauber haben Sie da ermittelt! Sind ja wirklich auf jedes Detail genauestens eingegangen!", schleuderte Ulrike ihrem Gegenüber entgegen, die leichte Schadenfreude unübersehbar. Aber nur für einen kurzen Augenblick behielt sie einen triumphierenden Blick. Drei Sekunden später versteifte sich ihr Gesichtsausdruck wieder zu dem einer ernst zunehmenden Rechtsanwältin. "Wissen Sie, Herr Kessler, was MICH jetzt noch interessieren würde: Wo waren SIE eigentlich in der besagten Nacht zum Tatzeitpunkt? Soviel die Ermittlungen ergaben, hielten Sie sich da keineswegs bei Ihren Freunden im Schillereck auf. Wo waren Sie denn dann?"
Der Angesprochene staunte Bauklötze, dass man tatsächlich sogar ihn in Betracht zog, eventuell der Täter zu sein. Wie dreist diese Gerichtsmenschen doch waren...
Zum Glück fand Micha schnell wieder aus seiner Verblüffung heraus und gab Antworten: "Sie glauben also tatsächlich, ICH...na ja, warum auch nicht. Na schön, wenn Sie dann zufrieden sind: Ich war zur Tatzeit bei mir zu Hause, das kann...meine Oma bestätigen."
Frau Tasic musterte ihn kurz und wirkte daher kaum überrascht. "Ihre Oma...aha."
"Ja. Sie und ein Arzt, der zur Tatzeit ebenfalls bei uns war. Ich hab sie heute gleich beide mitgebracht. Sie wartet auch draußen."
"Ach, da haben Sie aber gut vorgesorgt." Nun zeigte sie etwas größere Verblüffung. Damit schien sie wohl kaum gerechnet zu haben. "Ja, ich hab mir sowas eigentlich schon gedacht. Und es ist doch immer ganz gut, ein Alibi zu haben. Und da Sie sowieso gefragt hätten, habe ich nunmal vorgesorgt. Das erspart uns allen erheblich Zeit." Man merkte, dass er zwar tatsächlich Vorsorge getroffen zu haben schien, jedoch im Endeffekt nicht allzusehr damit rechnete, dass er diese auch wirklich zum Einsatz bringen müssen würde, denn seine Worte kamen bei seinen letzt gesagten Sätzen um einiges holperiger aus ihm heraus als das bisher von ihm Gesagte.
Herr Römer schüttelte verständnislos den Kopf. "Sie schießen sich wirklich ein Eigentor nach dem anderen!"
"Ach, was sind wir doch so freundlich. Wie bitte sehr meinen Sie denn DAS nun wieder?", wollte Frau Tasic mit standfester, sicherer Stimme wissen.
"Och, kaum der Rede wert. Sie haben soeben ja auch nur Ihren zweiten Tatverdächtigen verloren, sehr verehrte Frau Kollegin. Das ist alles." Oje, wie lange sollte es denn so weiter gehen, fragte sich Barbara, die bereits seit einer ganzen Weile schweigen konnte, da ihre Kollegen jetzt zwar wieder unter Kontrolle gebracht waren, aber nach wie vor wild mit Sarkasmus um sich warfen. Wie konnten sie sich dabei denn auf Dauer überhaupt selbst noch aushalten, überlegte die Rothaarige, weiterhin schweigend.
"TATVERDÄCHTIGER?", riss die empörte Stimme des Zeugen sie plötzlich aus ihren Gedanken. "Weshalb bitte war ICH Tatverdächtiger?"
"Tja, Herr Kessler", sprach die Frau Richterin, "so lautete zumindest die Vermutung Herrn Schneider's."
"WAS? Maddin, was soll das?" Hilfesuchend, vorwurfsvoll und endtäuscht zugleich sah er hektisch zur Person auf der Anklagebank herüber.
"Hä? Was is dann mit dem Mischa? Der hat doch gar nix gemacht!", fragte Maddin an seine Rechtsanwältin gewandt. "Ja, Sie selbst haben vorhin die Vermutung geäußert, der Täter sei entweder der Kläger oder aber Herr Kessler."
"Hab isch gar net gesacht! Isch hab gesacht, Tetsche und Mischael kämen in Frache!..." Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. "Ach stimmt ja, du heischt ja auch Mischael!" Breit grinsend sah er in Richtung Zeuge. "Nee, isch meinte den andern Mischael. Der, der mit der Annedde zusamme is und die widderum is ja...war ja befreundet mit der Sabi."
"Was?", lautete darauf eine Frage von Micha, die er mit noch überraschterem Stimmton stellte, als er bisher sowieso schon hatte, "Na ja, gut...bei dem würd mich zwar eigentlich nix wundern...aber was hatte der denn mit der Sabi zu tun? Eigentlich sind die sich doch nur durch Annette begegnet...und selbst das nur ab und zu."
"Ei, des is doch immerhin dem seine Ex! Und soweit isch weiß, wollde einer von dene den andere zurück unn isch glaub, des war de Mischi!"
"Is nich dein Ernst!?" Doch Maddin nickte. Micha klappte vor Sprachlosigkeit der Mund auf. "Diese Sau!"
"Herr Kessler, es reicht hier langsam mal mit Beleidigungen!", griff Frau Salesch abrupt ein, "Betrachten Sie dies als Verwarnung. Noch eine Beleidigung und das Ordnungsgeld ist überfällig! Habe ich mich klar genug ausgedrückt?" Aber Michael hatte nicht einmal richtig aufgapasst. "Was?...Äh...ja, klar." Barbara seufzte und fragte schließlich: "Gibt es noch weitere Fragen an den Zeugen?" Als keine Antworten ertönten, fuhr sie fort: "Dann bleibt der Zeuge unvereidigt. Herr Kessler, nehmen Sie bitte hinten auf der Zeugenbank Platz. Und wir hören jetzt die nächste Zeugin, da Herr Mierendorf bisher noch nicht eingetroffen ist." Und durch ihren Lautsprecher sagte sie deutlich zu vernehmen: "Frau Frier bitte!"
Die Zeugin war noch nicht ganz am Zeugenstuhl angelangt, da murmelte Maddin seiner Rechtsanwältin zu: "Des wird der abbär gar net gefalle!", welche ihm leise antwortete: "Immerhin haben wir weitere Tatverdächtige, die Sabine Schmindt ebensogut, vielleicht noch besser hätten umbringen können als Sie. Und immerhin haben wir aller Wahrscheinlichkeit nach auch endlich den Grund, warum!"
Der Staatsanwalt stand sogleich Rede und Antwort: "Oh, entschuldigen Sie, Frau Vorsitzende, Herr Mierendorf lässt sich entschuldigen. Er wird in spätestens fünf bis zehn Minuten kommen." "Ah ja, und darf man auch erfahren, weswegen er sich entschuldigen lässt?" "Frau Vorsitzende, er steckt mit seinem Fahrrad im Stau." "Mit dem...Fahrrad?", fragte Frau Salesch ungläubig mit hochgezogenen Augenbrauen. "Mit dem Fahrrad, Frau Vorsitzende!", wiederholte Herr Römer noch einmal. Bedenklich nickte Barbara.
"Kommen wir wieder zum Thema zurück, wenn's recht ist", schlug Frau Tasic vor, was bejat wurde. "Es kann also genauso gut Herr Mierendorf gewesen sein!"
"Dann könnte ja gerade mal jeder hier der Täter sein! Sie! Oder ich! Oder Frau Salesch! -Selbstverständlich nichts gegen Sie, Frau Salesch!" Herr Römer breitete die Arme aus und zeigte auf die drei Angesprochenen, unter denen sogar er selbst sich befand. "Ach Herr Römer, das glauben Sie doch selber nicht! Jetzt wird's langsam aber wirklich albern!", wehrte Ulrike ab. "Ich würde sagen, bevor das Ganze hier Überhand gewinnt, sollten wir an dieser Stelle abbrechen!", startete die Richterin einen weiteren Versuch, den fortgesetzten Streit zwischen Anwalt und Staatsanwalt, wenn schon nicht zu schlichten, dann wenigstens vorübergehend zu beenden. Innerlich hätte Barbara jetzt am liebsten angefangen, zu heulen, wenn sie bedachte, dass sie gerade einmal die Vernehmung des Angeklagten überstanden und noch so viele vor sich hatten. Ob sie wohl heute überhaupt noch einmal damit fertig werden konnten?
"Aber Frau Salesch, wir haben den Angeklagten doch noch gar nicht wegen seines Motives befragt! Wenn es nach Staatsanwalt Römer gehen würde, sind es sogar mehrere Motive, die zu befragen sind!", sagte Frau Tasic völlig entgeistert. Barbara verlor die Geduld. "Dann widmen Sie sich dem doch auch endlich und lassen Sie ein für alle mal diese ständigen Zankereien sein! Das ist ja kaum mehr zum Aushalten mit Ihnen beiden! Das ist kein Kindergarten-Niveau! Das ist maximal Krabbelgruppen-Niveau, auf dem Sie sich befinden! Gerade so wie zwei kleine Kinder, die um einen Lolli streiten!" Das saß! Von der Richterin höchstpersönlich während der Verhandlung vor etlichen Menschen als Kleinkind bezeichnet zu werden, das war hart. Die Entschuldigung kam von beiden wie aus einem Mund: "Verzeihung, Frau Salesch!" -demütig und bereuend. Im Anschluss an diese Worte nahmen sie auf ihren Stühlen Platz und überließen die Befragung von da an der Vorsitzenden.
"Herr Schneider, sagen Sie, in welchem Verhältnis standen Sie zu ihrer Nachbarin?" Die Antwort kam prompt. "Falls se des -nee, falsch- falls Sie das meinen, ich hab net mit ihr ge-"
"Bitte, beantworten Sie meine Frage einfach so, wie ich sie Ihnen stellte!"
"Okay. Äh...entschuldigen Sie, was war noch mal die Frage?"
"In welchem Verhältnis Sie zu der Toten standen", wiederholte die rothaarige Richterin seufzend. "Nu ja...des war'ne Zicke. Ich hab sie nicht besonders gemocht. Gell, der Täter bin ich aber trotzdem net!"
"Ich bitte Sie Herr Schneider, Sie ersparen uns allen viel Zeit und Nerven, wenn Sie einfach nur meine Fragen beantworten würden. Also bitte...weshalb haben Sie das Opfer denn nicht sonderlich gemocht?"
"Die hat sich immer beschwert, wenn ich nachts nebenan mal ein bisschen zu geräuschvoll geschnarcht hab, aber selber stellte sie tagsüber dann ihre Stereoanlage so laut, da sind dir die Ohren weg geflogen!"
"Na sehen Sie, da haben wir auch schon unser Motiv!", warf der Staatsanwalt schadenfroh ein. "Nänänänänä", lautete daraufhin eine patzige Antwort der Rechtsanwältin, welche beleidigt die Arme vor der Brust verschränkt hielt. Aber Barbara fuhr unbeeindruckt fort, überging diesen klitzekleinen Konflikt. Jetzt, dachte sie, konnte man sie von der Konversation her immerhin bereits für pubertierende Jugendliche halten. "Und ansonsten gibt es keine Gründe, aus denen Sie Frau Schmindt nicht mochten, Herr Schneider?"
"Äh...ach nee, ansonsten war die Sabi ganz okay."
"Die Sabi?", fragte Frau Salesch neugierig und sofort hakte Herr Römer genauer nach: "Also kannten Sie das Opfer doch näher, als Sie hier zugaben, wenn Sie sie immerhin beim Spitznamen nannten?" Es klang viel eher wie eine Behauptung als wie eine Frage, doch Maddin antwortete. "Ja nee, des is die aktuelle Freundin vom Micha...war! Und da mer...wir den ja gut kennen, ist des die Sabi."
"Dann ist DER somit also auch aus dem Rennen! Wenn ich das bemerken darf, Herr Schneider, Sie schnüren sich so allmählich selber die Luft ab!" Bernd's Laune schien sich zu heben, während Frau Tasic im Gegensatz dazu nach wie vor motzig antwortete: "Nein, Herr Römer, dürfen Sie nicht! Immerhin steht bislang absolut nichts wirklich Genaues fest! Darum freuen Sie sich mal nicht zu früh!"
"Ist ja gut, Frau Kollegin, dann freue ich mich eben nicht. NOCH nicht!", erwiderte Bernd frech.
"Und in dem Sinne starten wir doch gleich mal die Zeugenvernehmungen", beschloss die Vorsitzende kurzerhand, "vorrausgesetzt natürlich, dass Ihre angeregte und überaus interessante Unterhaltung das zulässt!", fügte sie mit sarkastischem Unterton noch hinzu. "Ich denke, das wird kein großes Problem sein. Nur zu", führte Herr Römer den Sarkasmus munter fort. Wenigstens zeigte die Stimmung eine allgemeine Besserung, wenn momentan auch nur vereinzelt. Dass HIER allgemeine Fröhlichkeit herrschte, erlebte man allerdings sowieso sogut wie nie, womit Barbara's Hoffnung, dass dies gerade in dieser Verhandlung vielleicht zur Abwechslung einmal geschehen könnte, so schnell in ihr erlosch, wie sie entfachte.
"Also gut -ach ja, Herr Schneider?"
"Äh...ja?"
"Bitte sprechen Sie wieder so, wie Sie es gewöhnt sind, sonst dauert das hier am Ende bis Weihnachten." Barbara ging sein zwar deutliches, aber eben extrem langsames Gerede nun doch gehörig auf den Zeiger."Wenn es also keine weiteren Fragen gibt, bleibt der Angeklagte unvereidigt und wir treten in die Beweisaufnahme ein. Da der erste Zeuge, Herr Mierendorf, bislang noch nicht eingetroffen ist, hören wir stattdessen schon mal den Freund der Verstorbenen, Michael Kessler." Durch einen Lautsprecher rief sie den ersten Zeugen auf. "Herr Kessler bitte!"
Die Tür am Ende des Gerichtsaals öffnete sich beinahe im gleichen Augenblick und herein kam Michael, der heute außerordentlich betroffen schien. Den Blick gesenkt, ohne Maddin Beachtung zu schenken, setzte er sich, als Frau Salesch ihn dazu aufforderte, auf den Zeugenstuhl, auf dem er gleich befragt werden würde.
Und die Richterin begann mit der Vernehmung mit der Vorlesung von Angaben wie Alter, Beruf und Beziehungsstatus. Als sie schloss, senkte sich ihre Stimme ein wenig mitfühlend. "...Sie sind ledig und leben zur Zeit in keiner Beziehung. Sind diese Angaben korrekt?"
Den wütenden Ton, den der bisher ausdruckslos Blickende daraufhin anschlug, hatte sicherlich keiner erwartet. "Ja! Zumindest nicht mehr! Seit dieser hinterhältige Schuft Sabine umgebracht hat! Und das dann auch noch auf so bestialische Weise!"
Die Vorsitzende griff ein: "Also bitte Herr Kessler, keine Beleidigungen! Auch nicht gegen den Angeklagten!"
Eine weitere Reaktion, mit der keiner gerechnet hätte: Er wirkte überrascht. "Was? Wieso Angeklagter? Der Maddin würde sowas niemals tun! Ausgeschlossen! Dazu is er doch viel zu blöd!"
"Also bitte, Herr Kessler!", schimpfte Barbara, aber konnte und wollte ihr Erstaunen über Kessler's Meinung nicht ganz verbergen. "Sie...sagten, er könne es nicht gewesen sein. Wie genau kommen Sie zu dieser Ansicht? Und wer ist dann der hinterhältige Schuft ihrer Meinung nach?"
Schnell und präzise schoss die Antwort förmlich aus Michael heraus: "Sehen Sie, der Maddin hat in seinem Leben noch nie etwas wirklich Schlimmes getan. Das Schlimmste, was er überhaupt jemals gemacht hat war, einer guten Freundin aus Versehen einen kleinen Schrank zu zertrümmern, indem er an ihm hängen blieb. Und selbst dafür hat er sich noch Tage später entschuldigt. Abgesehen davon verlangte es für solch eine grausame Tat schon viel Geschick und Schnelligkeit! Und Maddin besitzt in dem Fall weder das eine, noch das andere!"
"Ganz richtig, es brauchte für diese Tat wahrhaftig Geschick und Schnelligkeit, denn immerhin wurde das Opfer um fünf vor eins das letzte Mal lebend gesehen und als sie später tot in ihrer Wohnung vorgefunden wurde, war es gerade einmal zehn Minuten nach ein Uhr."
"Genau! Der Täter hat seine Tat schnell begangen! Also KANN das einfach nicht Maddin gewesen sein. Ich bezweifle, dass dieses Wort in seinem Sprachschatz groß ausgebildet ist, falls es überhaupt dort existiert!" Michael legte sich echt für seinen Freund ins Zeug. "Dann gehen wir einfach mal davon aus, dass es vorhanden ist, denn Sie mögen es ja gar kein bisschen schlecht meinen, doch solche Äußerungen gelten vor Gericht als Beleidigung und Beleidigungen sind hier bitte zu unterlassen, sonst bekommen Sie beim nächsten Mal eine Verwarnung und darauf folgend dann eine Geldstrafe", ratterte die Richterin schneller herunter, als man folgen konnte und schloss nach keinen zwei Sekunden Unterbrechung an: "Sie schulden mir eine weitere Fragenbeantwortung. Ich höre." Michael runzelte die Stirn. "Eine Fragenbeantwortung auf was?"
"Am besten auf meine Frage, würd ich sagen."
"Ah!....Welche Frage?"
"Ich wollte wissen, wer Ihrer Meinung nach der hinterhältige Schuft ist, wenn nicht der Angeklagte."
"Ah! Ha, na, das kann ich Ihnen sagen!", sagte Michael geheimnistuerisch.
"Ich bitte darum."
"Ha, also, ICH glaube, nein, ich bin mir fast sicher, es war Tetje!"
Aus Richtung Staatsanwalt ertönte sofort ein ungläubiger Laut des Lachens, bevor er sagte: "Okay...Sie glauben das also auch....Sagen Sie mal, für wie blöd halten Sie mich? Welches Motiv sollte denn bitteschön Herr Mierendorf haben?" Der anfangs normale Ton wich einem forschen Rufen. "Ou! Was schreien Sie denn so? Es hat Ihnen doch niemand etwas getan." Michael schnitt für einen Augenblick eine ziemlich gequälte Grimasse. "Was für ein Motiv, wollen Sie wissen? Ha, da gäbe es so Einges, was mir dazu einfallen würde. Sicherlich hat er Ihnen erzählt, dass er bereits lange und unglücklich in die Sabi verschossen war. Und sicherlich hat er Ihnen auch erzählt, dass er einen Tag vor ihrem Tod eine heftige Auseinandersetzung mit ihr hatte, nicht wahr?" Frau Tasic unterdrückte mit viel Kraft ein schadenfrohes Schmunzeln und hakte interessiert nach: "Ach? Na, das stellt doch alles gleich in ein ganz neues Licht, oder waren Sie darüber informiert? -Ich glaube, wohl kaum. Herr Kessler, würden Sie die Freundlichkeit besitzen und uns Genaueres schildern?" Micha zuckte nur mit den Achseln. "Sicher."
"Seit wann etwa empfindet Herr Mierendorf denn so starke Gefühle für die Frau?"
Wieder ein Achselzucken. "Seit so etwa fünf Monaten, schätze ich." "Und wie haben Sie das erfahren?" Ohne das kleinste Zögern gab Micha Antwort: "Als ich vor viereinhalb Monaten zu Besuch bei einer Freundin war, die heute hier auch aussagen wird, Cordula Stratmann. Sie kann Ihnen das bestätigen."
"Eines würde mich interessieren", meldete sich Herr Römer zu Wort, "wenn Sie das breits seit so Langem wussten, wieso haben Sie uns davon dann nichts erzählt?" Michael blieb ganz locker. "Weil es uns keiner Ihrer sauberen Ermittler fragte und wir ja nicht riechen konnten, dass Tetje sogar die Frechheit besitzt, unter diesen Umständen die Rolle des Nebenklägers einzunehmen."
"Na, da brauchen Sie sich doch wirklich kein bisschen wundern, Herr Römer. Ausgesprochen gut ermittelt, muss man echt sagen", meinte Frau Tasic sarkastisch und wandte ihre Worte dann wieder an den Zeugen, "Und was bitte hat es mit der Auseinandersetzung zwischen der Toten und dem Nebenkläger auf sich?"
"Ach, da ging es nur um mich. Besser gesagt um die Beziehung, die ich mit ihr hatte. Dauerte bloß fünf Minuten. Ich stand unten am Hauseingang und konnte von daher nur einzelne Wortfetzen verstehen. Aber ich hörte genug, um zu wissen, was Sache war. Tetje sagte laut "Das kannst du nicht machen!" und kurz darauf hörte ich noch "Du und Michael-". Kurz darauf beschimpfte er sie als Flittchen und was weiß ich, was sonst noch. Sabine schrie ihn zum Schluss noch an, er solle aus ihrem Leben verschwinden und knallte keine halbe Sekunde später ihre Wohnungstür zu."
"Da sieh mal einer an, sehr sauber haben Sie da ermittelt! Sind ja wirklich auf jedes Detail genauestens eingegangen!", schleuderte Ulrike ihrem Gegenüber entgegen, die leichte Schadenfreude unübersehbar. Aber nur für einen kurzen Augenblick behielt sie einen triumphierenden Blick. Drei Sekunden später versteifte sich ihr Gesichtsausdruck wieder zu dem einer ernst zunehmenden Rechtsanwältin. "Wissen Sie, Herr Kessler, was MICH jetzt noch interessieren würde: Wo waren SIE eigentlich in der besagten Nacht zum Tatzeitpunkt? Soviel die Ermittlungen ergaben, hielten Sie sich da keineswegs bei Ihren Freunden im Schillereck auf. Wo waren Sie denn dann?"
Der Angesprochene staunte Bauklötze, dass man tatsächlich sogar ihn in Betracht zog, eventuell der Täter zu sein. Wie dreist diese Gerichtsmenschen doch waren...
Zum Glück fand Micha schnell wieder aus seiner Verblüffung heraus und gab Antworten: "Sie glauben also tatsächlich, ICH...na ja, warum auch nicht. Na schön, wenn Sie dann zufrieden sind: Ich war zur Tatzeit bei mir zu Hause, das kann...meine Oma bestätigen."
Frau Tasic musterte ihn kurz und wirkte daher kaum überrascht. "Ihre Oma...aha."
"Ja. Sie und ein Arzt, der zur Tatzeit ebenfalls bei uns war. Ich hab sie heute gleich beide mitgebracht. Sie wartet auch draußen."
"Ach, da haben Sie aber gut vorgesorgt." Nun zeigte sie etwas größere Verblüffung. Damit schien sie wohl kaum gerechnet zu haben. "Ja, ich hab mir sowas eigentlich schon gedacht. Und es ist doch immer ganz gut, ein Alibi zu haben. Und da Sie sowieso gefragt hätten, habe ich nunmal vorgesorgt. Das erspart uns allen erheblich Zeit." Man merkte, dass er zwar tatsächlich Vorsorge getroffen zu haben schien, jedoch im Endeffekt nicht allzusehr damit rechnete, dass er diese auch wirklich zum Einsatz bringen müssen würde, denn seine Worte kamen bei seinen letzt gesagten Sätzen um einiges holperiger aus ihm heraus als das bisher von ihm Gesagte.
Herr Römer schüttelte verständnislos den Kopf. "Sie schießen sich wirklich ein Eigentor nach dem anderen!"
"Ach, was sind wir doch so freundlich. Wie bitte sehr meinen Sie denn DAS nun wieder?", wollte Frau Tasic mit standfester, sicherer Stimme wissen.
"Och, kaum der Rede wert. Sie haben soeben ja auch nur Ihren zweiten Tatverdächtigen verloren, sehr verehrte Frau Kollegin. Das ist alles." Oje, wie lange sollte es denn so weiter gehen, fragte sich Barbara, die bereits seit einer ganzen Weile schweigen konnte, da ihre Kollegen jetzt zwar wieder unter Kontrolle gebracht waren, aber nach wie vor wild mit Sarkasmus um sich warfen. Wie konnten sie sich dabei denn auf Dauer überhaupt selbst noch aushalten, überlegte die Rothaarige, weiterhin schweigend.
"TATVERDÄCHTIGER?", riss die empörte Stimme des Zeugen sie plötzlich aus ihren Gedanken. "Weshalb bitte war ICH Tatverdächtiger?"
"Tja, Herr Kessler", sprach die Frau Richterin, "so lautete zumindest die Vermutung Herrn Schneider's."
"WAS? Maddin, was soll das?" Hilfesuchend, vorwurfsvoll und endtäuscht zugleich sah er hektisch zur Person auf der Anklagebank herüber.
"Hä? Was is dann mit dem Mischa? Der hat doch gar nix gemacht!", fragte Maddin an seine Rechtsanwältin gewandt. "Ja, Sie selbst haben vorhin die Vermutung geäußert, der Täter sei entweder der Kläger oder aber Herr Kessler."
"Hab isch gar net gesacht! Isch hab gesacht, Tetsche und Mischael kämen in Frache!..." Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. "Ach stimmt ja, du heischt ja auch Mischael!" Breit grinsend sah er in Richtung Zeuge. "Nee, isch meinte den andern Mischael. Der, der mit der Annedde zusamme is und die widderum is ja...war ja befreundet mit der Sabi."
"Was?", lautete darauf eine Frage von Micha, die er mit noch überraschterem Stimmton stellte, als er bisher sowieso schon hatte, "Na ja, gut...bei dem würd mich zwar eigentlich nix wundern...aber was hatte der denn mit der Sabi zu tun? Eigentlich sind die sich doch nur durch Annette begegnet...und selbst das nur ab und zu."
"Ei, des is doch immerhin dem seine Ex! Und soweit isch weiß, wollde einer von dene den andere zurück unn isch glaub, des war de Mischi!"
"Is nich dein Ernst!?" Doch Maddin nickte. Micha klappte vor Sprachlosigkeit der Mund auf. "Diese Sau!"
"Herr Kessler, es reicht hier langsam mal mit Beleidigungen!", griff Frau Salesch abrupt ein, "Betrachten Sie dies als Verwarnung. Noch eine Beleidigung und das Ordnungsgeld ist überfällig! Habe ich mich klar genug ausgedrückt?" Aber Michael hatte nicht einmal richtig aufgapasst. "Was?...Äh...ja, klar." Barbara seufzte und fragte schließlich: "Gibt es noch weitere Fragen an den Zeugen?" Als keine Antworten ertönten, fuhr sie fort: "Dann bleibt der Zeuge unvereidigt. Herr Kessler, nehmen Sie bitte hinten auf der Zeugenbank Platz. Und wir hören jetzt die nächste Zeugin, da Herr Mierendorf bisher noch nicht eingetroffen ist." Und durch ihren Lautsprecher sagte sie deutlich zu vernehmen: "Frau Frier bitte!"
Die Zeugin war noch nicht ganz am Zeugenstuhl angelangt, da murmelte Maddin seiner Rechtsanwältin zu: "Des wird der abbär gar net gefalle!", welche ihm leise antwortete: "Immerhin haben wir weitere Tatverdächtige, die Sabine Schmindt ebensogut, vielleicht noch besser hätten umbringen können als Sie. Und immerhin haben wir aller Wahrscheinlichkeit nach auch endlich den Grund, warum!"
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