Der Dunkle Turm von Stephen King - Die Vergangenheit der früheren Helden
von Lunita
Kurzbeschreibung
Hierbei handelt es sich generell um die Dunkle-Turm-Sage vom Altmeister Stephen King, und zwar um Glas, den 4.Teil. Ich habe einer fiktive Person Einzug in die Geschichte gegeben, Phoebe Masters. Sie ist Teil von Rolands Ka-tett, eine Freundin, ein Revolvermann und vor allem ist sie ein Mädchen. Erfahrt hier, wie die ganze Handlung aus "Glas" aus ihrer Sicht geschehen ist, sowie um ihre Vergangenheit, ihre Gefühle, ihre eigenen kleinen Kriege und was das Leben sonst noch für sie bereit hält. Ich habe mir hierfür einige kleine Veränderungen im Ablauf der Geschichte erlaubt. --> neue Kapitel online
GeschichteRomance, Fantasy / P16 / Het
OC (Own Character)
Roland Deschain
05.06.2008
28.05.2023
23
62.262
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05.06.2008
2.587
„Meinst du, es ist gut, dass wir hier sitzen?“, fragte Phoebe und sah sich im Mondlicht auf dem Platz vor dem Schlafhaus um. Sie saßen nebeneinander, mit den Rücken an die Hauswand gelehnt.
„Sheriff Fettklops hat gesagt, hier gibt’s Schlangen.“, sagte sie.
„Du nennst ihn Sheriff Fettklops?“, fragte Bert lachend.
„Na ja…“, murmelte Phoebe als wolle sie fragen: Ist das denn so abwegig?
„Er hat gesagt, es sind keine Schlangen mehr im Haus, höchstens unter dem Boden.“, erklärte Bert.
„Hör zu, du Genie, wenn im Haus Schlangen waren, dann ist anzunehmen, dass hier draußen auch welche sind.“, sagte sie und sah sich missmutig um.
„Du hast zu ihm gesagt, du magst Schlangen.“, grinste Bert.
„Da hab ich gelogen.“, sagte sie verständnislos. „Das weißt du.“
„Oh ja!“, lachte Bert. Phoebe sah ihn von der Seite an. „Oh, fang bloß nicht wieder mit der Geschichte an.“, sagte sie genervt und verdrehte die Augen.
„Was?“, fragte Bert unschuldig, musste aber lachen. „Ich hab überhaupt nichts gesagt.“
„Das ist auch nicht nötig. Ich kann deine Gedanken lesen.“, gab Phoebe zurück.
„Ach, und was denke ich?“, fragte Bert.
„Du denkst daran, wie ich die Schlange weggepustet habe, obwohl sie schon tot war.“, sagte Phoebe. „Aber ich möchte hinzufügen, dass ich wirklich nicht wusste, dass sie tot war und ich es immer noch ganz gemein finde, dass du sie mir absichtlich in meine Sachen gelegt hast.“ Sie sah ihn funkelnd von der Seite an.
„Ich?“, lachte er unschuldig. „Also, nicht schlecht, aber leider daneben. Das hab ich nicht gedacht.“, sagte er dann. Phoebe brauchte nur einen Blick auf Bert zu werfen.
„Doch. Und jetzt denkst du an meinen Gesichtsausdruck, als ich die Schlange gesehen hatte.“, stellte Phoebe nüchtern fest. Bert war beeindruckt, lachte aber. Oh ja, der Gesichtsausdruck war wirklich genial gewesen. Aber er schüttelte den Kopf. „Nein! Ehrlich nicht.“
„Klar, tust du das. Ich seh es in deinen Augen.“, sagte sie wieder. Bert grinste. Sie musste ihn wirklich gut kennen. Er sah sie von der Seite an. Aber wenn du das alles siehst, warum dann nicht auch das andere?, fragte er sich insgeheim.
„Und? Warum hast du den Sheriff angelogen?“, fragte Bert grinsend.
„Ich hatte meine Gründe.“, sagte sie.
„Gute?“, fragte er nach.
„Weiß nicht. Ich muss sie mir erst noch ausdenken.“, sagte Phoebe und Bert lachte. „Zum einen fand ichs toll ihn anzulügen. Ein schönes Gefühl.“, sagte sie dann gehässig.
„Warum?“
„Weil er es bei uns auch die ganze Zeit getan hat. Alles was er gesagt hat, jedes Wort, war unaufrichtig.“
„Aber wir waren schon unaufrichtig, als wir unsere Namen genannt haben.“, grinste Bert.
„Gut, dann waren wir eben auch nicht ganz ehrlich, was soll’s?!“, sagte Phoebe. Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Du hast so seltsam geguckt. Du hast ihm alles nachgeplappert. Am Anfang dachte ich, du willst dich über ihm lustig machen und ich hatte mich schon wahnsinnig drauf gefreut, aber … das war es nicht. Du warst wie in Gedanken, hast die ganze Zeit zum Hafen und den Booten runtergesehen. Irgendwie … warst du nicht an anwesend, glaub ich. Der Sheriff hat dich schon ganz dumm angesehen. Ich fands irgendwie gut, seine Aufmerksamkeit von dir abzulenken.“, schloss sie dann. Bert sah erstaunt dran. Sie hatte es für ihn getan. Sie überraschte ihn doch immer wieder.
„Was war es?“, fragte sie und riss ihn aus den Gedanken.
„Was?“
„Was hast du gedacht, als du da die Boote angestarrt hast?“, fragte Phoebe nach und sah ihn nun ernst an. Bert schien zu überlegen, dann zuckte er die Schultern. „Weiß nicht mehr.“
„Was? Soll das ein Witz zu sein? Du vergisst nicht ein Gesicht oder einen Namen, aber du weißt nicht mehr, was du gestern gedacht hast?“, fragte sie ungläubig.
„Hey, das ist ein Tag her. Wieso hast du nicht gestern Abend gefragt?“, rechtfertigte Bert sich.
„Hab es vergessen.“, sagte Phoebe Schultern zuckend, worauf Bert in Lachen ausbrach. „Aha, da haben wir es.“, sagte er nur.
So saßen sie noch fast eine Stunde da. Führten sinnvolle und weniger sinnvolle Gespräche. Sahen die Sterne an, lachten und träumten zusammen.
Irgendwann konnte Bert seine Augen nicht mehr offen halten. Phoebe sah ihn an. Sie schüttelte ihn leicht. „Bert, komm schon, geh ins Bett.“ Er machte die Augen wieder auf. „Nein, ich bin wach.“, sagte er. Zehn Minuten später saß er wieder mit geschlossenen Augen da, fast schon weggenickt.
„Bert, ich schwör dir; wenn du nicht gleich ins Bett gehst, prügle ich dich dort hin.“, sagte Phoebe.
„Willst du mich loswerden?“, nuschelte er.
„Ja, genau. Also, hau schon ab.“, sagte sie, damit er endlich ins Bett kam. Sie wollte ihn nach so einem anstrengenden Tag nicht die ganze Zeit wach halten. Und es wäre wirklich sinnlos gewesen, draußen zu Schlafen, wo sie doch endlich wieder Betten hatten.
„Ist ja gut, ist ja gut.“, nuschelte er wieder und erhob sich. Dann trottete er langsam ins Schlafhaus, wünschte ihr noch eine gute Nacht und war verschwunden. Dann war sie allein.
Die Sonne ging auf über Mejis. Phoebe blickte über die Landschaft. Sie hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, hatte draußen gesessen und auf das Herannahen des nächsten Tages gewartet. Jetzt war er da. Sie hatte draußen eine große Kiste aufgestellt, verkehrt herum, damit sie es als Tisch verwenden konnten. Dann hatte sie kleine Kisten dazu gestellt. Auf einer dieser saß sie jetzt. Vor zwei Stunden war sie in die Vorratskammer gegangen und hatte im Küchenschuppen den ersten Kaffee aufgebrüht. Mit der Weile war sie schon bei der zweiten Kanne.
Nun saß sie vor dem Schlafhaus, auf einer Kiste, die Arme auf dem „Tisch“ verschränkt, einen Becher Kaffee in der Hand. Sie starrte hinaus, sah die Landschaft, die in goldenem Licht getränkt war und sah doch nichts von allem. Ihre Gedanken lagen weit weg von hier, in Gilead vor einen Jahr. Ein ganzes Jahr war es jetzt her und alles hatte sich geändert.
~ Flashback ~
Phoebe war im Alter von 6 Jahren nach Gilead gekommen. Ihr Vater hatte früher dort gelebt und war von dort weggegangen, als er seine zukünftige Frau kennengelernt hatte, Phoebes Mutter. Sie hatten geheiratet und nicht mal ein Jahr später kam Phoebe zur Welt. Doch es war keine glückliche Ehe. Ihr Vater, Cole Masters, war viel unterwegs. Er war ein Revolvermann. Er hatte Verpflichtungen. Viele davon führten ihn oft nach Gilead zurück.
Phoebes Mutter betrog ihren Mann regelmäßig und machte auch kein großes Geheimnis daraus. Sie kümmerte sich nicht um Phoebe, wenn ihr Vater weg war. Stattdessen schlug sie sie häufig.
Als ihr Vater dies mitbekam verließ er seine Frau. Phoebe störte es nicht, sie hatte keinerlei Beziehung zu der Frau, die ihre Mutter war.
Sie zog mit ihren Vater nach Gilead, wo sie zunächst bei einem alten Freund ihres Vaters unterkamen, bis sie eine eigene Bleibe hatten. Dieser Freund war Berts Vater gewesen. Dieser war seinerseits schon mit ihrem Vater aufgewachsen. Auch Steven Deschain war ein guter Freund von Cole Masters. In Gilead wurden sie freundlich aufgenommen.
Ihr Vater musste sich nun allein um sie kümmern. Es gab niemanden mehr, der es ihm abnehmen konnte. Aber sie war glücklich mit ihrem Vater, glücklicher als in den letzten sechs Jahren. Er brachte ihr viel bei. Den Umgang mit der Waffe und auch das Kämpfen. Sogar mit Pfeil und Bogen zu schießen, wobei sie erstaunliches Talent aufwies. Auch ein Mädchen muss sich verteidigen können, hatte ihr Vater ihr gesagt. Ihre Freunde (Bert und Roland, Jamie und später auch Alain) würden sie nicht ewig beschützen können.
Sie mochte das. Harte, körperliche Arbeit, den Geruch von Schießpulver. So kam es, dass Phoebe Masters die Ausbildung zu einem Revolvermann aufnahm, mit den Jungs zusammen. Das erste Mädchen in der Geschichte von vielen Revolvermännern.
Dann, acht Jahre später, kurz nach ihrem vierzehnten Geburtstag änderte sich alles.
Sie hatte ihm in Gefängnis besucht, jeden Tag. Gott, er sah so unglücklich aus. Konnte nicht glauben, dass ihm dies geschah. Wusste nicht, was er getan hatte, um das zu verdienen. Es gab auch keine Antwort darauf. Er war unschuldig. Er wusste das und Phoebe auch.
Cole Masters erfuhr einen Tag vor den Geburtstag seiner Tochter von dem Mord an seiner Ex – Frau. Er wurde dessen beschuldigt. Erst dadurch erfuhr auch Phoebe davon. Das war nicht das Schlimmste. Sie kam damit klar. Ihre Mutter hatte keine Bedeutung für sie, auch nicht ihr Tod. Sie war nur böse, dass diese Frau ihren Vater sogar noch im Tod unglücklich machte. Der Mord wurde aufgeklärt. Ihr Vater war es nicht gewesen, aber sein Ruf zerstört. Anstatt aus dem Gefängnis entlassen zu werden, wurde er des Hochverrates angeklagt. Es waren neue Beweise aufgetaucht. Erst viel später fand sie heraus, dass diese gefälscht waren und von Martin verbreitet wurden waren. Dieser Mistkerl.
Ihre Freunde standen zu ihr. Aber niemand half ihr. Berts und Rolands Väter konnten nichts tun. Gegen einen solchen Vorwurf waren selbst Revolvermänner machtlos.
Phoebe suchte nach Beweisen für die Unschuld ihres Vaters, fast zwei Monate lang. Tag und Nacht kämpfte sie für ihn und sein Leben. Denn ihr Vater war zum Tode verurteilt wurden. Den Tod am Galgen.
An dem Tag seiner Hinrichtung fand sie die Beweise. Martin hatte vor ihr, und nur vor ihr, indirekt zugegeben, dass er es war. Er hatte ihre Mutter getötet, hatte ihren Vater ins Gefängnis gebracht und die Beweise ausgestreut. Gegen Martin war sie machtlos. Niemand wollte ihr glauben und selbst die, die es taten (Bert und Roland zum Beispiel), wussten nicht was man hätte tun können.
Und dann kam jener Tag, an dem ihr Vater hing. An jenem Tag fand sie die Beweise für die Unschuld ihres Vaters. Auch hier war sie zu blind gewesen um zu ahnen, dass Martin auch diese absichtlich ausgeworfen hatte. Er wollte, dass sie litt. Und das tat sie. Dieses Szenario würde sie nie vergessen.
Sie ritt, ritt wie der Wind, so schnell White Lady sie tragen konnte. Sie konnte den großen Innenhof schon sehen. Konnte die Menschenmengen sehen, die sich vor dem Galgen versammelt hatten. Sie erkannte, dass sie dort mit ihrem Pferd nicht durchkommen würde. Sie sprang ab, unter ihrem Arm die Beweise der Unschuld ihres Vaters festgeklemmt.
„Wartet!“, schrie sie, versuchte sich einen Weg durch die Massen zu bahnen und hoffte inständig, nicht zu spät zu kommen. „Wartet! Er ist unschuldig! Ich kann es beweisen!“, rief sie verzweifelt. Bert lief hinter ihr, versuchte ihr den Weg frei zu machen. Er hatte sie begeleitet. Eigentlich hatte er nicht damit gerechnet wirklich etwas zu finden. Er wollte nur für sie da sein, wenn sie neuerlich enttäuscht wurde. Doch dann hatten sie tatsächlich etwas gefunden. Nun waren sie hier. Er hatte ein ungutes Gefühl.
Einige Menschen drehten sich nach ihnen um, andere reagierten erst, als sie durch Bert und Phoebe zur Seite gedrängt wurden.
Sie kam durch die Menschenmenge hervor gestolpert. „Wartet! Ich hab sie!“, rief sie wieder. Hoffnung, Freude lag in ihrer Stimme. Jetzt würde alles gut werden. Sie fiel Roland geradezu in die Arme. „Nicht, Phoebe!“, hatte er gesagt und sie versucht festzuhalten. Sie verstand nicht. In diesen einen Moment, den Moment, in dem sie sich durch die Menschenmassen gedrängt hatte, sah sie ihren Vater. Die Arme auf den Rücken gebunden, eine Strick um den Hals, hoch oben stehend. Sie wollte den Mund aufmachen, wollte noch mal rufen, dass sie die Beweise hatte, wollte zu ihm rüber. Aber nichts geschah. Sie sah ihn nur an. Alles schien wie in Zeitlupe zu gehen. Jede Sekunde schien so unendlich lang. Der Blick ihres Vaters traf sie und als sie den Arm ausstreckte um den Umschlag hochzuhalten, öffnete sich die Luke unter seinen Füßen.
Ihre Augen weiteten sich. Ein Aufschrei. Verzweifelt, verloren.
Sein Körper zuckte, zuckte hin und her. Die letzten Reflexe. Seine Augen verdrehten sich, er blickte gen Himmel, als wolle er zu Gott sprechen. Dann hing er still. Keine Bewegung mehr. Ein weiterer Aufschrei von Phoebe ertönte und brach die Stille auf den Innenhof. Sie riss sich los aus Rolands Armen. Bert wollte sie zurückhalten, aber er bekam sie nicht mehr zu fassen. Der Umschlaf viel in den Staub. Sie rannte zu ihren Vater. Rannte, rannte. Er hing leblos am Strick. Er war tot. Sie hatten ihn getötet. Er war unschuldig gewesen. Eine Welt brach zusammen.
Tränen rannen ihr heiß über die Wangen. Erbarmungslos weinte sie. Tat das, was sie sonst nie tat. Weinte, schrie, schnitt ihren Vater vom Strick. Er fiel auf sie drauf, aber sie merkte es nicht mehr. Sie spürte nur noch den Schmerz. Diesen ungeheuren seelischen Schmerz, der tief aus ihren Innersten kam. Sie weinte, weinte, weinte. Wollte sich den Schmerz von der Seele schreien, aber es hörte nicht auf weh zu tun, egal wie sehr sie schrie und weinte. Alles war kaputt. „Haut ab!“, schrie sie alle an, die drum herum standen. Die sich einfach so angesehen hatten, wie ihr Vater gehängt wurden war. „Verschwindet! Haut ab!“, schrie sie verzweifelt. „Ihr habt ihn umgebracht. Ihr ward es, jeder einzelne von euch!“, schrie sie immer wieder, fast hysterisch. Rolands und Berts Väter vertrieben die Leute. Sie gingen. Der Hof leerte sich. Niemand wollte glauben, was dort geschehen war.
Steven Deschain, Rolands Vater, hatte den Umschlag aufgehoben. Er sah die Beweise, für die Umschuld seines Freundes, den sie gerade hatten hinrichten müssen. Das war falsch. Es war alles falsch. Er hatte gewusst, dass Cole Masters kein Verräter gewesen war, kein Mann Farsons. Und doch hatte er es nicht verhindern können. Nun lag Coles kleine Tochter im Dreck und beweinte die Leiche ihres Vaters. Die Welt hatte sich weiter gedreht und das verdammte Ka hatte ihnen wieder den Stinkefinger gezeigt.
Am nächsten Tag war Phoebe zu ihrer Reifeprüfung angetreten. Sie hatte sich dazu herausgefordert gefühlt. Sie wollte es dem ollen Ka zeigen und den Menschen, die ihren Vater verurteilt und hingerichtet hatten. Aber eigentlich war es Martin, der sie dazu getrieben hatte und sie hatte sich, ebenso wie Roland es etwas später tun sollte, von ihm manipulieren lassen. Er wollte sie loswerden. Martin hatte gedacht, sie sei nicht bereit für die Prüfung. Dachte, sie würde versagen. Zudem war sie nur ein Mädchen. Doch er irrte sich. Sie bestand die Prüfung. Es war ihr egal gewesen. Sie dachte, wenn sie versagen würde, dann sosehr, dass sie an ihren Verletzungen streben würde. Den Westen würde sie nicht erleben. Es wäre ihr egal. Aber vielleicht war es genau das, was ihr den Sieg brachte. Sie musste viel einstecken. Ihre Verletzungen waren schwer, aber sie merkte sie kaum. Nicht im Kampf. Sie spürte nur die innere Leere.
Von diesem Tag an war sie ein Revolvermann, eine Revolverfrau. Sie trug die Waffen ihres Vaters. Aber von da an wurde alles immer schlimmer in Gilead. Sie kapselte sich ab von den meisten Leuten dort. Bert war immer für sie da, ebenso Alain und Roland. Berts Familie nahm sie bei sich auf, so wie sein Vater es ihrem versprochen hatte. Mit der Zeit lernte sie wieder zu lachen. Sie war stark. Ihr Vater hätte gewollt, dass sie stark ist. Das Leben ging weiter und sie lebte weiter. Aber sie konnte nicht vergessen, wieso ihr Vater einen so sinnlosen und ungerechtfertigten Tod erfahren hatte müssen.
Die Verhältnisse spitzen sich zu. Alles wurde schlimmer und schlimmer, auch wenn es in Phoebes Augen kaum mehr möglich war. Nachdem auch Roland seine Prüfung abgelegt hatte, hatten sein Vater, sowie die von Bert und Alain, sie in den Osten geschickt. Weit weg von Martin und hoffentlich weit weg von den Guten Männern.
Und nun waren sie hier In Hambry, Mejis.
Ein Jahr nach dem Tod ihres Vaters.
~ Flashback ende ~
„Sheriff Fettklops hat gesagt, hier gibt’s Schlangen.“, sagte sie.
„Du nennst ihn Sheriff Fettklops?“, fragte Bert lachend.
„Na ja…“, murmelte Phoebe als wolle sie fragen: Ist das denn so abwegig?
„Er hat gesagt, es sind keine Schlangen mehr im Haus, höchstens unter dem Boden.“, erklärte Bert.
„Hör zu, du Genie, wenn im Haus Schlangen waren, dann ist anzunehmen, dass hier draußen auch welche sind.“, sagte sie und sah sich missmutig um.
„Du hast zu ihm gesagt, du magst Schlangen.“, grinste Bert.
„Da hab ich gelogen.“, sagte sie verständnislos. „Das weißt du.“
„Oh ja!“, lachte Bert. Phoebe sah ihn von der Seite an. „Oh, fang bloß nicht wieder mit der Geschichte an.“, sagte sie genervt und verdrehte die Augen.
„Was?“, fragte Bert unschuldig, musste aber lachen. „Ich hab überhaupt nichts gesagt.“
„Das ist auch nicht nötig. Ich kann deine Gedanken lesen.“, gab Phoebe zurück.
„Ach, und was denke ich?“, fragte Bert.
„Du denkst daran, wie ich die Schlange weggepustet habe, obwohl sie schon tot war.“, sagte Phoebe. „Aber ich möchte hinzufügen, dass ich wirklich nicht wusste, dass sie tot war und ich es immer noch ganz gemein finde, dass du sie mir absichtlich in meine Sachen gelegt hast.“ Sie sah ihn funkelnd von der Seite an.
„Ich?“, lachte er unschuldig. „Also, nicht schlecht, aber leider daneben. Das hab ich nicht gedacht.“, sagte er dann. Phoebe brauchte nur einen Blick auf Bert zu werfen.
„Doch. Und jetzt denkst du an meinen Gesichtsausdruck, als ich die Schlange gesehen hatte.“, stellte Phoebe nüchtern fest. Bert war beeindruckt, lachte aber. Oh ja, der Gesichtsausdruck war wirklich genial gewesen. Aber er schüttelte den Kopf. „Nein! Ehrlich nicht.“
„Klar, tust du das. Ich seh es in deinen Augen.“, sagte sie wieder. Bert grinste. Sie musste ihn wirklich gut kennen. Er sah sie von der Seite an. Aber wenn du das alles siehst, warum dann nicht auch das andere?, fragte er sich insgeheim.
„Und? Warum hast du den Sheriff angelogen?“, fragte Bert grinsend.
„Ich hatte meine Gründe.“, sagte sie.
„Gute?“, fragte er nach.
„Weiß nicht. Ich muss sie mir erst noch ausdenken.“, sagte Phoebe und Bert lachte. „Zum einen fand ichs toll ihn anzulügen. Ein schönes Gefühl.“, sagte sie dann gehässig.
„Warum?“
„Weil er es bei uns auch die ganze Zeit getan hat. Alles was er gesagt hat, jedes Wort, war unaufrichtig.“
„Aber wir waren schon unaufrichtig, als wir unsere Namen genannt haben.“, grinste Bert.
„Gut, dann waren wir eben auch nicht ganz ehrlich, was soll’s?!“, sagte Phoebe. Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Du hast so seltsam geguckt. Du hast ihm alles nachgeplappert. Am Anfang dachte ich, du willst dich über ihm lustig machen und ich hatte mich schon wahnsinnig drauf gefreut, aber … das war es nicht. Du warst wie in Gedanken, hast die ganze Zeit zum Hafen und den Booten runtergesehen. Irgendwie … warst du nicht an anwesend, glaub ich. Der Sheriff hat dich schon ganz dumm angesehen. Ich fands irgendwie gut, seine Aufmerksamkeit von dir abzulenken.“, schloss sie dann. Bert sah erstaunt dran. Sie hatte es für ihn getan. Sie überraschte ihn doch immer wieder.
„Was war es?“, fragte sie und riss ihn aus den Gedanken.
„Was?“
„Was hast du gedacht, als du da die Boote angestarrt hast?“, fragte Phoebe nach und sah ihn nun ernst an. Bert schien zu überlegen, dann zuckte er die Schultern. „Weiß nicht mehr.“
„Was? Soll das ein Witz zu sein? Du vergisst nicht ein Gesicht oder einen Namen, aber du weißt nicht mehr, was du gestern gedacht hast?“, fragte sie ungläubig.
„Hey, das ist ein Tag her. Wieso hast du nicht gestern Abend gefragt?“, rechtfertigte Bert sich.
„Hab es vergessen.“, sagte Phoebe Schultern zuckend, worauf Bert in Lachen ausbrach. „Aha, da haben wir es.“, sagte er nur.
So saßen sie noch fast eine Stunde da. Führten sinnvolle und weniger sinnvolle Gespräche. Sahen die Sterne an, lachten und träumten zusammen.
Irgendwann konnte Bert seine Augen nicht mehr offen halten. Phoebe sah ihn an. Sie schüttelte ihn leicht. „Bert, komm schon, geh ins Bett.“ Er machte die Augen wieder auf. „Nein, ich bin wach.“, sagte er. Zehn Minuten später saß er wieder mit geschlossenen Augen da, fast schon weggenickt.
„Bert, ich schwör dir; wenn du nicht gleich ins Bett gehst, prügle ich dich dort hin.“, sagte Phoebe.
„Willst du mich loswerden?“, nuschelte er.
„Ja, genau. Also, hau schon ab.“, sagte sie, damit er endlich ins Bett kam. Sie wollte ihn nach so einem anstrengenden Tag nicht die ganze Zeit wach halten. Und es wäre wirklich sinnlos gewesen, draußen zu Schlafen, wo sie doch endlich wieder Betten hatten.
„Ist ja gut, ist ja gut.“, nuschelte er wieder und erhob sich. Dann trottete er langsam ins Schlafhaus, wünschte ihr noch eine gute Nacht und war verschwunden. Dann war sie allein.
Die Sonne ging auf über Mejis. Phoebe blickte über die Landschaft. Sie hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, hatte draußen gesessen und auf das Herannahen des nächsten Tages gewartet. Jetzt war er da. Sie hatte draußen eine große Kiste aufgestellt, verkehrt herum, damit sie es als Tisch verwenden konnten. Dann hatte sie kleine Kisten dazu gestellt. Auf einer dieser saß sie jetzt. Vor zwei Stunden war sie in die Vorratskammer gegangen und hatte im Küchenschuppen den ersten Kaffee aufgebrüht. Mit der Weile war sie schon bei der zweiten Kanne.
Nun saß sie vor dem Schlafhaus, auf einer Kiste, die Arme auf dem „Tisch“ verschränkt, einen Becher Kaffee in der Hand. Sie starrte hinaus, sah die Landschaft, die in goldenem Licht getränkt war und sah doch nichts von allem. Ihre Gedanken lagen weit weg von hier, in Gilead vor einen Jahr. Ein ganzes Jahr war es jetzt her und alles hatte sich geändert.
~ Flashback ~
Phoebe war im Alter von 6 Jahren nach Gilead gekommen. Ihr Vater hatte früher dort gelebt und war von dort weggegangen, als er seine zukünftige Frau kennengelernt hatte, Phoebes Mutter. Sie hatten geheiratet und nicht mal ein Jahr später kam Phoebe zur Welt. Doch es war keine glückliche Ehe. Ihr Vater, Cole Masters, war viel unterwegs. Er war ein Revolvermann. Er hatte Verpflichtungen. Viele davon führten ihn oft nach Gilead zurück.
Phoebes Mutter betrog ihren Mann regelmäßig und machte auch kein großes Geheimnis daraus. Sie kümmerte sich nicht um Phoebe, wenn ihr Vater weg war. Stattdessen schlug sie sie häufig.
Als ihr Vater dies mitbekam verließ er seine Frau. Phoebe störte es nicht, sie hatte keinerlei Beziehung zu der Frau, die ihre Mutter war.
Sie zog mit ihren Vater nach Gilead, wo sie zunächst bei einem alten Freund ihres Vaters unterkamen, bis sie eine eigene Bleibe hatten. Dieser Freund war Berts Vater gewesen. Dieser war seinerseits schon mit ihrem Vater aufgewachsen. Auch Steven Deschain war ein guter Freund von Cole Masters. In Gilead wurden sie freundlich aufgenommen.
Ihr Vater musste sich nun allein um sie kümmern. Es gab niemanden mehr, der es ihm abnehmen konnte. Aber sie war glücklich mit ihrem Vater, glücklicher als in den letzten sechs Jahren. Er brachte ihr viel bei. Den Umgang mit der Waffe und auch das Kämpfen. Sogar mit Pfeil und Bogen zu schießen, wobei sie erstaunliches Talent aufwies. Auch ein Mädchen muss sich verteidigen können, hatte ihr Vater ihr gesagt. Ihre Freunde (Bert und Roland, Jamie und später auch Alain) würden sie nicht ewig beschützen können.
Sie mochte das. Harte, körperliche Arbeit, den Geruch von Schießpulver. So kam es, dass Phoebe Masters die Ausbildung zu einem Revolvermann aufnahm, mit den Jungs zusammen. Das erste Mädchen in der Geschichte von vielen Revolvermännern.
Dann, acht Jahre später, kurz nach ihrem vierzehnten Geburtstag änderte sich alles.
Sie hatte ihm in Gefängnis besucht, jeden Tag. Gott, er sah so unglücklich aus. Konnte nicht glauben, dass ihm dies geschah. Wusste nicht, was er getan hatte, um das zu verdienen. Es gab auch keine Antwort darauf. Er war unschuldig. Er wusste das und Phoebe auch.
Cole Masters erfuhr einen Tag vor den Geburtstag seiner Tochter von dem Mord an seiner Ex – Frau. Er wurde dessen beschuldigt. Erst dadurch erfuhr auch Phoebe davon. Das war nicht das Schlimmste. Sie kam damit klar. Ihre Mutter hatte keine Bedeutung für sie, auch nicht ihr Tod. Sie war nur böse, dass diese Frau ihren Vater sogar noch im Tod unglücklich machte. Der Mord wurde aufgeklärt. Ihr Vater war es nicht gewesen, aber sein Ruf zerstört. Anstatt aus dem Gefängnis entlassen zu werden, wurde er des Hochverrates angeklagt. Es waren neue Beweise aufgetaucht. Erst viel später fand sie heraus, dass diese gefälscht waren und von Martin verbreitet wurden waren. Dieser Mistkerl.
Ihre Freunde standen zu ihr. Aber niemand half ihr. Berts und Rolands Väter konnten nichts tun. Gegen einen solchen Vorwurf waren selbst Revolvermänner machtlos.
Phoebe suchte nach Beweisen für die Unschuld ihres Vaters, fast zwei Monate lang. Tag und Nacht kämpfte sie für ihn und sein Leben. Denn ihr Vater war zum Tode verurteilt wurden. Den Tod am Galgen.
An dem Tag seiner Hinrichtung fand sie die Beweise. Martin hatte vor ihr, und nur vor ihr, indirekt zugegeben, dass er es war. Er hatte ihre Mutter getötet, hatte ihren Vater ins Gefängnis gebracht und die Beweise ausgestreut. Gegen Martin war sie machtlos. Niemand wollte ihr glauben und selbst die, die es taten (Bert und Roland zum Beispiel), wussten nicht was man hätte tun können.
Und dann kam jener Tag, an dem ihr Vater hing. An jenem Tag fand sie die Beweise für die Unschuld ihres Vaters. Auch hier war sie zu blind gewesen um zu ahnen, dass Martin auch diese absichtlich ausgeworfen hatte. Er wollte, dass sie litt. Und das tat sie. Dieses Szenario würde sie nie vergessen.
Sie ritt, ritt wie der Wind, so schnell White Lady sie tragen konnte. Sie konnte den großen Innenhof schon sehen. Konnte die Menschenmengen sehen, die sich vor dem Galgen versammelt hatten. Sie erkannte, dass sie dort mit ihrem Pferd nicht durchkommen würde. Sie sprang ab, unter ihrem Arm die Beweise der Unschuld ihres Vaters festgeklemmt.
„Wartet!“, schrie sie, versuchte sich einen Weg durch die Massen zu bahnen und hoffte inständig, nicht zu spät zu kommen. „Wartet! Er ist unschuldig! Ich kann es beweisen!“, rief sie verzweifelt. Bert lief hinter ihr, versuchte ihr den Weg frei zu machen. Er hatte sie begeleitet. Eigentlich hatte er nicht damit gerechnet wirklich etwas zu finden. Er wollte nur für sie da sein, wenn sie neuerlich enttäuscht wurde. Doch dann hatten sie tatsächlich etwas gefunden. Nun waren sie hier. Er hatte ein ungutes Gefühl.
Einige Menschen drehten sich nach ihnen um, andere reagierten erst, als sie durch Bert und Phoebe zur Seite gedrängt wurden.
Sie kam durch die Menschenmenge hervor gestolpert. „Wartet! Ich hab sie!“, rief sie wieder. Hoffnung, Freude lag in ihrer Stimme. Jetzt würde alles gut werden. Sie fiel Roland geradezu in die Arme. „Nicht, Phoebe!“, hatte er gesagt und sie versucht festzuhalten. Sie verstand nicht. In diesen einen Moment, den Moment, in dem sie sich durch die Menschenmassen gedrängt hatte, sah sie ihren Vater. Die Arme auf den Rücken gebunden, eine Strick um den Hals, hoch oben stehend. Sie wollte den Mund aufmachen, wollte noch mal rufen, dass sie die Beweise hatte, wollte zu ihm rüber. Aber nichts geschah. Sie sah ihn nur an. Alles schien wie in Zeitlupe zu gehen. Jede Sekunde schien so unendlich lang. Der Blick ihres Vaters traf sie und als sie den Arm ausstreckte um den Umschlag hochzuhalten, öffnete sich die Luke unter seinen Füßen.
Ihre Augen weiteten sich. Ein Aufschrei. Verzweifelt, verloren.
Sein Körper zuckte, zuckte hin und her. Die letzten Reflexe. Seine Augen verdrehten sich, er blickte gen Himmel, als wolle er zu Gott sprechen. Dann hing er still. Keine Bewegung mehr. Ein weiterer Aufschrei von Phoebe ertönte und brach die Stille auf den Innenhof. Sie riss sich los aus Rolands Armen. Bert wollte sie zurückhalten, aber er bekam sie nicht mehr zu fassen. Der Umschlaf viel in den Staub. Sie rannte zu ihren Vater. Rannte, rannte. Er hing leblos am Strick. Er war tot. Sie hatten ihn getötet. Er war unschuldig gewesen. Eine Welt brach zusammen.
Tränen rannen ihr heiß über die Wangen. Erbarmungslos weinte sie. Tat das, was sie sonst nie tat. Weinte, schrie, schnitt ihren Vater vom Strick. Er fiel auf sie drauf, aber sie merkte es nicht mehr. Sie spürte nur noch den Schmerz. Diesen ungeheuren seelischen Schmerz, der tief aus ihren Innersten kam. Sie weinte, weinte, weinte. Wollte sich den Schmerz von der Seele schreien, aber es hörte nicht auf weh zu tun, egal wie sehr sie schrie und weinte. Alles war kaputt. „Haut ab!“, schrie sie alle an, die drum herum standen. Die sich einfach so angesehen hatten, wie ihr Vater gehängt wurden war. „Verschwindet! Haut ab!“, schrie sie verzweifelt. „Ihr habt ihn umgebracht. Ihr ward es, jeder einzelne von euch!“, schrie sie immer wieder, fast hysterisch. Rolands und Berts Väter vertrieben die Leute. Sie gingen. Der Hof leerte sich. Niemand wollte glauben, was dort geschehen war.
Steven Deschain, Rolands Vater, hatte den Umschlag aufgehoben. Er sah die Beweise, für die Umschuld seines Freundes, den sie gerade hatten hinrichten müssen. Das war falsch. Es war alles falsch. Er hatte gewusst, dass Cole Masters kein Verräter gewesen war, kein Mann Farsons. Und doch hatte er es nicht verhindern können. Nun lag Coles kleine Tochter im Dreck und beweinte die Leiche ihres Vaters. Die Welt hatte sich weiter gedreht und das verdammte Ka hatte ihnen wieder den Stinkefinger gezeigt.
Am nächsten Tag war Phoebe zu ihrer Reifeprüfung angetreten. Sie hatte sich dazu herausgefordert gefühlt. Sie wollte es dem ollen Ka zeigen und den Menschen, die ihren Vater verurteilt und hingerichtet hatten. Aber eigentlich war es Martin, der sie dazu getrieben hatte und sie hatte sich, ebenso wie Roland es etwas später tun sollte, von ihm manipulieren lassen. Er wollte sie loswerden. Martin hatte gedacht, sie sei nicht bereit für die Prüfung. Dachte, sie würde versagen. Zudem war sie nur ein Mädchen. Doch er irrte sich. Sie bestand die Prüfung. Es war ihr egal gewesen. Sie dachte, wenn sie versagen würde, dann sosehr, dass sie an ihren Verletzungen streben würde. Den Westen würde sie nicht erleben. Es wäre ihr egal. Aber vielleicht war es genau das, was ihr den Sieg brachte. Sie musste viel einstecken. Ihre Verletzungen waren schwer, aber sie merkte sie kaum. Nicht im Kampf. Sie spürte nur die innere Leere.
Von diesem Tag an war sie ein Revolvermann, eine Revolverfrau. Sie trug die Waffen ihres Vaters. Aber von da an wurde alles immer schlimmer in Gilead. Sie kapselte sich ab von den meisten Leuten dort. Bert war immer für sie da, ebenso Alain und Roland. Berts Familie nahm sie bei sich auf, so wie sein Vater es ihrem versprochen hatte. Mit der Zeit lernte sie wieder zu lachen. Sie war stark. Ihr Vater hätte gewollt, dass sie stark ist. Das Leben ging weiter und sie lebte weiter. Aber sie konnte nicht vergessen, wieso ihr Vater einen so sinnlosen und ungerechtfertigten Tod erfahren hatte müssen.
Die Verhältnisse spitzen sich zu. Alles wurde schlimmer und schlimmer, auch wenn es in Phoebes Augen kaum mehr möglich war. Nachdem auch Roland seine Prüfung abgelegt hatte, hatten sein Vater, sowie die von Bert und Alain, sie in den Osten geschickt. Weit weg von Martin und hoffentlich weit weg von den Guten Männern.
Und nun waren sie hier In Hambry, Mejis.
Ein Jahr nach dem Tod ihres Vaters.
~ Flashback ende ~