Der Dunkle Turm von Stephen King - Die Vergangenheit der früheren Helden
von Lunita
Kurzbeschreibung
Hierbei handelt es sich generell um die Dunkle-Turm-Sage vom Altmeister Stephen King, und zwar um Glas, den 4.Teil. Ich habe einer fiktive Person Einzug in die Geschichte gegeben, Phoebe Masters. Sie ist Teil von Rolands Ka-tett, eine Freundin, ein Revolvermann und vor allem ist sie ein Mädchen. Erfahrt hier, wie die ganze Handlung aus "Glas" aus ihrer Sicht geschehen ist, sowie um ihre Vergangenheit, ihre Gefühle, ihre eigenen kleinen Kriege und was das Leben sonst noch für sie bereit hält. Ich habe mir hierfür einige kleine Veränderungen im Ablauf der Geschichte erlaubt. --> neue Kapitel online
GeschichteRomance, Fantasy / P16 / Het
OC (Own Character)
Roland Deschain
05.06.2008
28.05.2023
23
62.262
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14 Reviews
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Dieses Kapitel
1 Review
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05.06.2008
1.911
@ rea: danke für deine ehrliche meinung. ^^ das freut mich, dass dir das gefällt und das größte kompliment für mich war (neben dem, dass du es überhaupt liest), dass du findest, es passt. danke, danke, danke!!!! ^^ Auch danke ich dir, dafür, dass du ehrlich sagt, dass dir der rückblick zu glatt war. ich werde mir das zu herzen nehmen und versuchen, auf phoebes gefühle bezüglich der Zeit als ihr Vater im Gefängnis saß, zwischendurch noch mal etwas einzugehen.
Zwischen ihr und Bert fängt vielleicht langsam an sich etwas zu entwickeln, aber es wird wohl noch eine kleine weile dauern, weil die geschichte ja auch erst angefangen hat. aber vielleicht hilft kap. 10 diesbezüglich etwas weiter. ^^
danke fürs lesen und jetzt will ich nicht weiter drum herum quatschen.
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Sie würde nicht wieder weinen. Nein, sie würde niemals wieder weinen. Aber die Tränen brannten in ihren Augen, brannten, wollten hinaus brechen bei all den schmerzhaften Erinnerungen. Doch sie war stark. Sie war Phoebe Masters, Tochter des Cole, Revolverfrau. Sie würde nicht weinen.
Sie hörte Schritte hinter sich. Die Zeit war an ihr vorbei geflogen, während sie so dagesessen und sich alles noch einmal vor Augen geführt hatte. Jemand setzte sich neben sie. Bert. Er nahm sich einen Kaffee, der auf den Tisch stand. Mit der Weile war er schon nicht mehr warm, aber kalter Kaffee war ja nichts Neues für sie. Er sagte nichts. Stattdessen streckte er nur seinen Arm aus und legte seine Hand auf ihre. Mehr nicht. Das reichte. Er sagte nichts und doch alles, was sie wissen musste. Er war da. Er wusste es. Es würde reichen.
Auf der anderen Kiste neben ihr setzte sich Roland dazu, dann kam auch Alain. Sie wussten es alle. Vielleicht hatte Bert es ihnen noch einmal gesagt, sie daran erinnert, als sie aufgestanden waren und Phoebes Bett gänzlich unberührt gewesen war. Vielleicht hatten sie es auch allein gewusst. Auch sie waren ihre Freunde. Ihr Ka-tett. Auch sie waren da.
Phoebe wollte lächeln. Wollte stark sein und lächeln. Aber so sehr sie sich auch bemühte, ein aufrichtiges Lächeln wollte sich einfach nicht auf ihrem Gesicht bemerkbar machen. Bert sah sie an. Ihre Augen waren gerötet, aber wohl eher von der durchwachten Nacht als vom Weinen. Ihre dunklen Augen starrten geradeaus, unbeirrt aber nicht aufmerksam. Eher so, als würde sie in eine andere Welt sehen. Ein trauriger Schimmer lag in ihnen, dass es Bert fast das Herz zerriss. Sie wirkte verhältnismäßig blass. Sie sah müde aus. Erschöpft. Und doch noch nicht mit den Kräften am Ende.
„Fangen wir heute mit der Arbeit an?“, fragte Phoebe leise an Roland gerichtet. Eine Weile kam gar keine Antwort, dann ein sanftes Kopfschütteln.
„Nein, ich denke, wir haben uns alle einen Tag Pause verdient.“
Phoebe sah ihn an, fast schon überrascht. Ihr dunklen Augen, umrahmt von schwarzen Wimpern, blickten ernst. „Das ist nicht nötig…“, begann sie. Doch Roland sagte nichts mehr, sah sie nur an und lächelte leicht. Er meinte es ernst. Er würde dabei bleiben. Also nickte Phoebe. Und starrte wieder hinaus über die Schräge, als sie ein Lied anstimmte.
My heart is like a river
My heart is like these hills
They never change
I never change
And I never will
You called and I came running
You cried and now I’m here
So hold this faith
Accept our faith
These are little fears
We have enough to guide us
We have enough to last
We're not alone
We never were
You and I aren't lost
Oh hold me very tightly
Hold me fast and strong
I am your love
Won’t stray from you
You and I belong
My heart is like a river
My heart is like these hills
They never change
I never change
And I never will.
(Rebecca Lavelle)
Sie verstummte. Ihre kräftige, schöne und melodische Stimme verklang, wurde davon getragen vom Wind, der über die Schräge wehte. Bert schien ihr nachzusehen, aber konnte sie nicht fassen. Dieses Lied war traumhaft gewesen. Er hatte es noch nie zuvor gehört. Er war es gewohnt Phoebe singen zu hören (obwohl ihn ihre Stimme jedes Mal wieder umzuhausen schien). Ebenso, dass sie es in allen Lebenslagen zu machen schien. Ab und an sang Phoebe auch Lieder, die man nicht kannte. Die sie sich selbst ausdachte. Dass musste auch so eines sein.
„Das war wunderschön.“, unterbrach Alain die Stille. Er war der einzige von ihnen, der die passenden Worte fand. Es war immer Alain. Roland war nicht der Typ, der das konnte und bei Bert war es äußerst selten. Aber Al hatte die Gabe und er … nun, er war einfach Al. Er konnte gut mit Menschen umgehen. Er verstand sie, er mochte sie, er fühlte mit ihnen. Phoebe lächelte schwach. Es war nicht zu übersehen, dass die Tränen wieder hervorbrechen wollten, aber sie wehrte sich tapfer.
„Ist es von dir?“, fragte Alain mit sanfter Stimme, fast vorsichtig, als hätte er Angst, er könne sie zerbrechen. Und vielleicht, so dachte Bert, war das gar nicht so abwegig.
„Von Vater.“, sagte Phoebe plötzlich und überraschte sie damit. Sie schien wieder weit weg. Sie saß zwar neben ihnen, schien aber wieder in einer anderen, fernen Welt zu sein. Sie dachte zurück, wie es gewesen war, als ihr Vater im Gefängnis gesessen hatte. Sie hatte gewusst, dass er unschuldig war. Hatte ihn dort drin vor sich hin vegetieren sehen. Sicher, ihm ging es besser, als den anderen Gefangen, allein durch das Zutun von Robert Allgood und Steven Deschain, Berts und Rolands Väter. Aber er saß wegen etwas, das er nicht getan hatte. Er hatte diese Stadt und die Leute geliebt. Das ganze Land. Es war sein ein und alles (nach Phoebe). Dafür hatte er gelebt. Dafür hatte er tausende Male sein Leben im Kampf riskiert. Um sie zu schützen, um ihnen zu dienen. Und sie steckten ihn ins Gefängnis, schenkten seinen Worten keinen Glauben. Und er? Was tat er, Cole Masters? Er verstand es.
Konnte man das glauben, er verstand es?!
„Es waren seine Worte.“, sagte Phoebe leise, mit schwacher Stimme. „Ich habe sie nur… in ein Lied gefasst.“ Sie nickte, als wolle sie ihre Aussage bekräftigen. „Er sagte es mir zwei Tage vor seiner Hinrichtung. Ich … hab es nie vergessen.“ Ihre Stimme klang ruhig, fast ausdruckslos. Bert musste sie bei dieser Stimmlage ansehen. Er musste einfach. Am liebsten hätte er sie gepackt und kurz geschüttelt, nur damit sie ihn anschrie. Damit ihre Stimme nicht so ausdruckslos wäre. Damit wieder Leben in sie kam, so wie sie sonst war. Sie war lebhaft, lebendig… Aber nicht so.
„Er liebte Gilead.“, lächelte Phoebe jetzt. Nun traute sich keiner mehr etwas zu sagen, nicht einmal Alain. Himmel, man hatte nur das Lied hören müssen, um zu wissen, wie sehr ihr Vater Gilead und seine Tochter geliebt hatte. Aber seine Tochter war jetzt allein, ohne ihn auf der Welt. Und Gilead war nicht mehr dasselbe. Vielleicht war es gut, dass er gestorben ist, bevor er dies miterleben musste, dachte Roland einen Moment, aber er verwarf den Gedanken. Nein, der Tod konnte nicht die Lösung sein.
Doch es machte sie alle traurig, dass ein Mann, der von seinen Freunden zum Tode verurteilt und gehängt wurde, nicht verbittert war oder darüber trauerte. Er war dennoch voller Liebe und Verständnis. Er akzeptierte es, einfach so, ohne einen Teil seiner Liebe zu seinem Land einzubüßen. Es war beeindruckend und beängstigend zugleich.
So verging der Tag. Niemand redete viel mit Phoebe, aber immer war jemand da. Am späten Nachmittag dann schlief sie ein. Sie hatte sich wieder in den Sand gesetzt und mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Eng hatte sie das Hemd ihres Vaters um sich gezogen und war zuletzt so eingenickt.
Bert hatte mit Alain und Roland eine Runde Karten gespielt. Als er wieder einmal aufsah und zu ihr blickte, sah er sie so schlafen. Also war er zu ihr gegangen und hatte sie reingetragen, ins Schlafhaus. Dabei hatte er nicht den vielsagenden Blick bemerkt, den Alain Roland zuwarf.
Bert trug Phoebe zu ihrem Bett und legte sie darauf. Er zog ihr die Stiefel von den Füßen. Alles andere ließ er lieber. Denn, ob traurig oder nicht; wenn er Phoebe falsch anfasste, würde sie ihn am nächsten morgen killen. Bei diesen Gedanken musste er leicht schmunzeln. Ja, sie war eine Kämpferin. Sein starkes Mädchen. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und merkte gar nicht, dass er lächelte. Selig, glücklich. Phoebe rollte sich zusammen, deckte sich förmlich nur mit dem ihr zu großem Hemd ihres Vaters zu und griff im Halbschlaf nach Berts Hand. Sie murmelte etwas vor sich hin.
„Ich bin ja da. Ist alles gut, Phoebe.“, sagte Bert leise um sie zu beruhigen. Wieder ein Murmeln, was Bert als >Bleib< entzifferte. Er nickte. Ja, er würde bei ihr bleiben. Die ganze Nacht, wenn sie sich dann besser fühlte und schlafen konnte.
Alain und Roland saßen noch eine Weile draußen.
„Meinst du, sie haben es gemerkt?“, fragte Alain Roland.
„Wenn dem so ist, dann wurde es höchste Zeit.“, sagte Roland mit etwas, was man bei ihm wohl als Grinsen bezeichnen konnte.
„Das kann man wohl sagen.“, sagte Alain mir vielsagendem Blick.
Sie warteten schon seit Ewigkeiten darauf, dass Bert und Phoebe zusammen kommen würden.
Sie mochten sich sehr, dass konnte ein Blinder sehen. Sowohl Roland als auch Alain(und dazu noch Jamie und einige andere) waren sich sicher, dass sie sich liebten. Sie mochten noch jung sein, nicht lange den Kinderschuhen entwachsen, aber sie kannten sich lange und waren sich so nahe, wie sonst kaum ein anderer. Bert tat alles für Phoebe. Diese alles für ihn. Sie hatten den selbem Humor, lagen irgendwie auf einer Wellenlänge. Sie schienen sich blind zu verstehen, kannten sich so gut, schienen immer zu wissen, was der andere dachte. Aber wenn es um ihre Gefühle ging… dann kapierten sie das irgendwie nicht. Keiner von beiden. Da nahmen sie sich absolut nichts.
Vielleicht waren sie wirklich zu jung. Vielleicht hatten sie aber auch nur jeweils noch nicht gemerkt, dass ihr Gegenüber auch erwachsen wurde. Vielleicht war es das. Wer konnte es schon wissen, als sie selbst.
Aber sie irrten sich. Sie hatten es immer noch nicht verstanden. Sie waren Freunde. Freunde, die immer für einander da waren, in guten wie in schlechten Zeiten. Die einander halfen und unterstützen, aber auch zusammen Spaß hatten. Jedenfalls dachten sie noch immer, dass dem so war.
Sie zuckte merklich zusammen. Sie riss die Augen auf, bekam im ersten Moment keine Luft. Ihr Herz hämmerte heftig gegen ihren Brustkorb, in langsamen, aber so kräftigen Stößen, dass sie zuerst dachte, ihre Rippen müssten brechen. Ihre suchten panisch die Dunkelheit ab. Es war mitten in der Nacht.
Dann entspannten sich ihre Gesichtszüge wieder. Sie atmete hörbar aus, ihre Augen schlossen sich dankbar wieder. Bert war da. Er saß neben ihr am Bett, hielt noch immer ihre Hand. Er war eingenickt, aber als Phoebe aufgewacht war, war er ebenfalls sofort wieder wach gewesen.
Sie öffnete noch einmal die Augen, sah Bert an. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Sie konnte jetzt grob seine Gesichtszüge erkennen. Sie lächelte, schwach, aber es war da. Dankbar. Er setzte sich neben sie und zog ihr die Decke über den zitternden Körper. Vorsichtig deckte er sie zu, wie ein kleines Kind. Und so wirkte sie in diesem Moment auf ihn; zerbrechlich, ängstlich, wehrlos. Wie ein kleines Mädchen. Dann schloss sie wieder die Augen. Nach einiger Zeit, hörte Bert wieder ihr regelmäßiges Atmen.
Zwischen ihr und Bert fängt vielleicht langsam an sich etwas zu entwickeln, aber es wird wohl noch eine kleine weile dauern, weil die geschichte ja auch erst angefangen hat. aber vielleicht hilft kap. 10 diesbezüglich etwas weiter. ^^
danke fürs lesen und jetzt will ich nicht weiter drum herum quatschen.
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Sie würde nicht wieder weinen. Nein, sie würde niemals wieder weinen. Aber die Tränen brannten in ihren Augen, brannten, wollten hinaus brechen bei all den schmerzhaften Erinnerungen. Doch sie war stark. Sie war Phoebe Masters, Tochter des Cole, Revolverfrau. Sie würde nicht weinen.
Sie hörte Schritte hinter sich. Die Zeit war an ihr vorbei geflogen, während sie so dagesessen und sich alles noch einmal vor Augen geführt hatte. Jemand setzte sich neben sie. Bert. Er nahm sich einen Kaffee, der auf den Tisch stand. Mit der Weile war er schon nicht mehr warm, aber kalter Kaffee war ja nichts Neues für sie. Er sagte nichts. Stattdessen streckte er nur seinen Arm aus und legte seine Hand auf ihre. Mehr nicht. Das reichte. Er sagte nichts und doch alles, was sie wissen musste. Er war da. Er wusste es. Es würde reichen.
Auf der anderen Kiste neben ihr setzte sich Roland dazu, dann kam auch Alain. Sie wussten es alle. Vielleicht hatte Bert es ihnen noch einmal gesagt, sie daran erinnert, als sie aufgestanden waren und Phoebes Bett gänzlich unberührt gewesen war. Vielleicht hatten sie es auch allein gewusst. Auch sie waren ihre Freunde. Ihr Ka-tett. Auch sie waren da.
Phoebe wollte lächeln. Wollte stark sein und lächeln. Aber so sehr sie sich auch bemühte, ein aufrichtiges Lächeln wollte sich einfach nicht auf ihrem Gesicht bemerkbar machen. Bert sah sie an. Ihre Augen waren gerötet, aber wohl eher von der durchwachten Nacht als vom Weinen. Ihre dunklen Augen starrten geradeaus, unbeirrt aber nicht aufmerksam. Eher so, als würde sie in eine andere Welt sehen. Ein trauriger Schimmer lag in ihnen, dass es Bert fast das Herz zerriss. Sie wirkte verhältnismäßig blass. Sie sah müde aus. Erschöpft. Und doch noch nicht mit den Kräften am Ende.
„Fangen wir heute mit der Arbeit an?“, fragte Phoebe leise an Roland gerichtet. Eine Weile kam gar keine Antwort, dann ein sanftes Kopfschütteln.
„Nein, ich denke, wir haben uns alle einen Tag Pause verdient.“
Phoebe sah ihn an, fast schon überrascht. Ihr dunklen Augen, umrahmt von schwarzen Wimpern, blickten ernst. „Das ist nicht nötig…“, begann sie. Doch Roland sagte nichts mehr, sah sie nur an und lächelte leicht. Er meinte es ernst. Er würde dabei bleiben. Also nickte Phoebe. Und starrte wieder hinaus über die Schräge, als sie ein Lied anstimmte.
My heart is like a river
My heart is like these hills
They never change
I never change
And I never will
You called and I came running
You cried and now I’m here
So hold this faith
Accept our faith
These are little fears
We have enough to guide us
We have enough to last
We're not alone
We never were
You and I aren't lost
Oh hold me very tightly
Hold me fast and strong
I am your love
Won’t stray from you
You and I belong
My heart is like a river
My heart is like these hills
They never change
I never change
And I never will.
(Rebecca Lavelle)
Sie verstummte. Ihre kräftige, schöne und melodische Stimme verklang, wurde davon getragen vom Wind, der über die Schräge wehte. Bert schien ihr nachzusehen, aber konnte sie nicht fassen. Dieses Lied war traumhaft gewesen. Er hatte es noch nie zuvor gehört. Er war es gewohnt Phoebe singen zu hören (obwohl ihn ihre Stimme jedes Mal wieder umzuhausen schien). Ebenso, dass sie es in allen Lebenslagen zu machen schien. Ab und an sang Phoebe auch Lieder, die man nicht kannte. Die sie sich selbst ausdachte. Dass musste auch so eines sein.
„Das war wunderschön.“, unterbrach Alain die Stille. Er war der einzige von ihnen, der die passenden Worte fand. Es war immer Alain. Roland war nicht der Typ, der das konnte und bei Bert war es äußerst selten. Aber Al hatte die Gabe und er … nun, er war einfach Al. Er konnte gut mit Menschen umgehen. Er verstand sie, er mochte sie, er fühlte mit ihnen. Phoebe lächelte schwach. Es war nicht zu übersehen, dass die Tränen wieder hervorbrechen wollten, aber sie wehrte sich tapfer.
„Ist es von dir?“, fragte Alain mit sanfter Stimme, fast vorsichtig, als hätte er Angst, er könne sie zerbrechen. Und vielleicht, so dachte Bert, war das gar nicht so abwegig.
„Von Vater.“, sagte Phoebe plötzlich und überraschte sie damit. Sie schien wieder weit weg. Sie saß zwar neben ihnen, schien aber wieder in einer anderen, fernen Welt zu sein. Sie dachte zurück, wie es gewesen war, als ihr Vater im Gefängnis gesessen hatte. Sie hatte gewusst, dass er unschuldig war. Hatte ihn dort drin vor sich hin vegetieren sehen. Sicher, ihm ging es besser, als den anderen Gefangen, allein durch das Zutun von Robert Allgood und Steven Deschain, Berts und Rolands Väter. Aber er saß wegen etwas, das er nicht getan hatte. Er hatte diese Stadt und die Leute geliebt. Das ganze Land. Es war sein ein und alles (nach Phoebe). Dafür hatte er gelebt. Dafür hatte er tausende Male sein Leben im Kampf riskiert. Um sie zu schützen, um ihnen zu dienen. Und sie steckten ihn ins Gefängnis, schenkten seinen Worten keinen Glauben. Und er? Was tat er, Cole Masters? Er verstand es.
Konnte man das glauben, er verstand es?!
„Es waren seine Worte.“, sagte Phoebe leise, mit schwacher Stimme. „Ich habe sie nur… in ein Lied gefasst.“ Sie nickte, als wolle sie ihre Aussage bekräftigen. „Er sagte es mir zwei Tage vor seiner Hinrichtung. Ich … hab es nie vergessen.“ Ihre Stimme klang ruhig, fast ausdruckslos. Bert musste sie bei dieser Stimmlage ansehen. Er musste einfach. Am liebsten hätte er sie gepackt und kurz geschüttelt, nur damit sie ihn anschrie. Damit ihre Stimme nicht so ausdruckslos wäre. Damit wieder Leben in sie kam, so wie sie sonst war. Sie war lebhaft, lebendig… Aber nicht so.
„Er liebte Gilead.“, lächelte Phoebe jetzt. Nun traute sich keiner mehr etwas zu sagen, nicht einmal Alain. Himmel, man hatte nur das Lied hören müssen, um zu wissen, wie sehr ihr Vater Gilead und seine Tochter geliebt hatte. Aber seine Tochter war jetzt allein, ohne ihn auf der Welt. Und Gilead war nicht mehr dasselbe. Vielleicht war es gut, dass er gestorben ist, bevor er dies miterleben musste, dachte Roland einen Moment, aber er verwarf den Gedanken. Nein, der Tod konnte nicht die Lösung sein.
Doch es machte sie alle traurig, dass ein Mann, der von seinen Freunden zum Tode verurteilt und gehängt wurde, nicht verbittert war oder darüber trauerte. Er war dennoch voller Liebe und Verständnis. Er akzeptierte es, einfach so, ohne einen Teil seiner Liebe zu seinem Land einzubüßen. Es war beeindruckend und beängstigend zugleich.
So verging der Tag. Niemand redete viel mit Phoebe, aber immer war jemand da. Am späten Nachmittag dann schlief sie ein. Sie hatte sich wieder in den Sand gesetzt und mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Eng hatte sie das Hemd ihres Vaters um sich gezogen und war zuletzt so eingenickt.
Bert hatte mit Alain und Roland eine Runde Karten gespielt. Als er wieder einmal aufsah und zu ihr blickte, sah er sie so schlafen. Also war er zu ihr gegangen und hatte sie reingetragen, ins Schlafhaus. Dabei hatte er nicht den vielsagenden Blick bemerkt, den Alain Roland zuwarf.
Bert trug Phoebe zu ihrem Bett und legte sie darauf. Er zog ihr die Stiefel von den Füßen. Alles andere ließ er lieber. Denn, ob traurig oder nicht; wenn er Phoebe falsch anfasste, würde sie ihn am nächsten morgen killen. Bei diesen Gedanken musste er leicht schmunzeln. Ja, sie war eine Kämpferin. Sein starkes Mädchen. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und merkte gar nicht, dass er lächelte. Selig, glücklich. Phoebe rollte sich zusammen, deckte sich förmlich nur mit dem ihr zu großem Hemd ihres Vaters zu und griff im Halbschlaf nach Berts Hand. Sie murmelte etwas vor sich hin.
„Ich bin ja da. Ist alles gut, Phoebe.“, sagte Bert leise um sie zu beruhigen. Wieder ein Murmeln, was Bert als >Bleib< entzifferte. Er nickte. Ja, er würde bei ihr bleiben. Die ganze Nacht, wenn sie sich dann besser fühlte und schlafen konnte.
Alain und Roland saßen noch eine Weile draußen.
„Meinst du, sie haben es gemerkt?“, fragte Alain Roland.
„Wenn dem so ist, dann wurde es höchste Zeit.“, sagte Roland mit etwas, was man bei ihm wohl als Grinsen bezeichnen konnte.
„Das kann man wohl sagen.“, sagte Alain mir vielsagendem Blick.
Sie warteten schon seit Ewigkeiten darauf, dass Bert und Phoebe zusammen kommen würden.
Sie mochten sich sehr, dass konnte ein Blinder sehen. Sowohl Roland als auch Alain(und dazu noch Jamie und einige andere) waren sich sicher, dass sie sich liebten. Sie mochten noch jung sein, nicht lange den Kinderschuhen entwachsen, aber sie kannten sich lange und waren sich so nahe, wie sonst kaum ein anderer. Bert tat alles für Phoebe. Diese alles für ihn. Sie hatten den selbem Humor, lagen irgendwie auf einer Wellenlänge. Sie schienen sich blind zu verstehen, kannten sich so gut, schienen immer zu wissen, was der andere dachte. Aber wenn es um ihre Gefühle ging… dann kapierten sie das irgendwie nicht. Keiner von beiden. Da nahmen sie sich absolut nichts.
Vielleicht waren sie wirklich zu jung. Vielleicht hatten sie aber auch nur jeweils noch nicht gemerkt, dass ihr Gegenüber auch erwachsen wurde. Vielleicht war es das. Wer konnte es schon wissen, als sie selbst.
Aber sie irrten sich. Sie hatten es immer noch nicht verstanden. Sie waren Freunde. Freunde, die immer für einander da waren, in guten wie in schlechten Zeiten. Die einander halfen und unterstützen, aber auch zusammen Spaß hatten. Jedenfalls dachten sie noch immer, dass dem so war.
Sie zuckte merklich zusammen. Sie riss die Augen auf, bekam im ersten Moment keine Luft. Ihr Herz hämmerte heftig gegen ihren Brustkorb, in langsamen, aber so kräftigen Stößen, dass sie zuerst dachte, ihre Rippen müssten brechen. Ihre suchten panisch die Dunkelheit ab. Es war mitten in der Nacht.
Dann entspannten sich ihre Gesichtszüge wieder. Sie atmete hörbar aus, ihre Augen schlossen sich dankbar wieder. Bert war da. Er saß neben ihr am Bett, hielt noch immer ihre Hand. Er war eingenickt, aber als Phoebe aufgewacht war, war er ebenfalls sofort wieder wach gewesen.
Sie öffnete noch einmal die Augen, sah Bert an. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Sie konnte jetzt grob seine Gesichtszüge erkennen. Sie lächelte, schwach, aber es war da. Dankbar. Er setzte sich neben sie und zog ihr die Decke über den zitternden Körper. Vorsichtig deckte er sie zu, wie ein kleines Kind. Und so wirkte sie in diesem Moment auf ihn; zerbrechlich, ängstlich, wehrlos. Wie ein kleines Mädchen. Dann schloss sie wieder die Augen. Nach einiger Zeit, hörte Bert wieder ihr regelmäßiges Atmen.