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Eine gefährliche(?) Jagd

von Arawn
Kurzbeschreibung
GeschichteParodie / P12 / Gen
Edward Hyde Henry Jekyll
25.05.2008
02.05.2009
18
15.983
 
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25.05.2008 833
 
Henry Jekyll

Nicht schon wieder Kopfschmerzen!, dachte ich, als ich mich stöhnend von meinem Bett erhob. Hyde, wenn du weiter so viel in mich hineinschüttest, haben wir beide nicht mehr lange zu leben!, dachte ich wütend und richtete meine Gedanken bewusst an den finsteren Teil meiner Seele. Bilde ich mir das ein oder höre ich tatsächlich ein schadenfrohes Lachen in meinem Kopf?
Ächzend erhob ich mich und stand langsam auf. Ich ging zum Fenster, riss es auf und atmete mit geschlossenen Augen und in tiefen Zügen die frische Luft Venedigs ein. Das Schwindelgefühl ließ etwas nach und ich war mir nun sicher, den Tag einigermaßen gut überstehen zu können, wenn ich meinen Tagesablauf ruhig gestaltete. Ich öffnete die Augen, um mich am Anblick der mit Gondeln gefüllten Wasserstraßen zu erfreuen - und stieß ein ungläubiges Keuchen aus.
Sofort rannte ich aus dem Zimmer, verließ das Gasthaus (wobei ich zuerst in eine Besenkammer lief; er kannte sich hier schließlich nicht aus) und blieb dann mitten auf der Straße stehen. Keine Wasserstraßen, sondern nur festgetretener Boden. Keine warmen Sonnenstrahlen, sondern eiskalte und Atemwolken verursachende Luft. Keine touristenüberströmten Wege, sondern nur zwei alte Frauen, die mich misstrauisch beäugten.
Ich wusste nicht, wie lange ich geplättet vor dem Gasthaus stand und dämlich umher glotzte, bis mir klar wurde, dass ich weder Schuhe trug noch sonst irgendwie vorzeigbar für die menschliche Gesellschaft war. Mit hochrotem Kopf eilte ich ins Gasthaus zurück und an dem verdutzten Wirt vorbei in mein Zimmer. Dort setzte ich mich auf das Bett, legte den Kopf in die Hände und versuchte, meine Gedanken zu ordnen.
Das hier war eindeutig nicht Venedig.
Das war meine erste Erkenntnis.
Das hier war eindeutig nicht Italien.
Das war meine zweite Erkenntnis.
Das hier war eindeutig Hydes Schuld!
Das war meine dritte Erkenntis.
“Hyde!”, rief ich wütend aus. Ich wusste, dass es für alle so aussehen musste, als führe ich Selbstgespräche, doch war mir dies egal. Hier würde ich eh nicht länger bleiben als notwendig.
“Ich weiß nicht, was du mit dieser Aktion beabsichtigst. Und es ist mir auch egal. Denn ich werde meine Mission, den Kampf gegen die Vampire, nicht wegen irgend einer hirnrissigen Idee von dir in den Sand setzen. Ich gehe jetzt direkt zum Hafen und nehme das nächste Schiff nach Venedig, darauf kannst du dich verlassen! Und wenn du dich noch einmal in meine Angelegenheiten einmischst, werde ich persönlich dafür sorgen, dass du nie wieder auch nur einen einzigen Tropfen Wein anrühren kannst!”
Ich rechnete jeden Moment mit einer schmerzhaften Reaktion meiner bösen Seite, etwa Kopfschmerzen, Halluzinationen oder - schlimmstenfalls - der Kontrolle Hydes über meinen Körper. Doch nichts geschah.
Das war untypisch.
Warum ging Hyde nicht auf meine Drohungen ein? Warum brachte ihn das nicht in Rage?
Eine finstere Vorahnung stieg in mir auf. Ganz langsam griff ich in meine Jackentasche (jener Jacke, die ich seit dem Verlassen des Schiffes noch nicht ausgezogen hatte; Hyde war zu sehr mit dem Alkohol beschäftigt). Ich tastete nach meiner Geldbörse, zog sie trotz der unheilvollen Leichtigkeit heraus und spähte hinein. Gähnende Leere.
“OH NEEEEIIIINNN!!!”
Die Tür ging auf und der unansehnliche Wirt lugte durch den Spalt in das Zimmer. “Verzeihen Sie, mein Herr. Ist bei Ihnene alles in Ordnung?”
Ich holte tief Luft, dann sprach ich gezwungen ruhig: “Ja, alles bestens.”
“Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass ihre Kutsche bereit steht”, antwortete der Wirt zögernd.
“Welche Kutsche?”, fragte ich alarmiert.
“Na, die Kutsche, die sie gestern abend bestellt haben”, war die verdutzte Antwort.
Das wird ja immer besser, ging es mir durch den Kopf. “U-und wohin fährt die Kutsche?”, fragte ich nun immer mehr um eine ruhige Stimme bemüht.
“Sie wollten doch ins Landesinnere. Zu dem Gasthaus des Gewinners des besten europäischen Weines.”
Oh nein! “Ins Landesinnere welchen Landes?”, fragte ich nun. Der Wirt schien mich nun vollends für verrückt zu halten, dass sah ich in dessen Gesicht. Doch kümmerte ich mich nun am allerwenigsten um das, was andere von mir hielten. Der Schock über Hydes hinterhältiges Handeln saß noch zu tief.
“Wir sind in Rumänien, mein Herr.”
Ich schlug mir mit der flachen Hand auf die Stirn und entließ dann den Wirt.
“In Rumänien”, seufzte ich. Dann weiteten sich meine Augen. “In Rumänien! Heimat der Vampire!” Ich sprang auf und konnte es immer noch nicht glauben. Also ging es Hyde gar nicht um den Wein. Er war tatsächlich verantwortungsbewusst genug, um zu erkennen, dass sie ihren Kampf gegen diese bösartigen blutsaugenden Monster hier fortsetzen mussten, wenn sie eine Chance haben wollten. Nicht einmal ich war auf diese Idee gekommen.”Ich glaube, ich hab mich in dir getäuscht, Hyde”, sagte ich anerkennend, doch wieder gab es keine Reaktion. Das war mir jedoch egal. Schnell packte ich alles zusammen, zog mich um und eilte zur Kutsche. Der Kutscher meinte, die Reise würde einen anderthalben Tag dauern. Doch das störte mich nicht. Hochmotiviert stieg ich ein und wartete ungeduldig darauf, dass die Fahrt begann.
Doch schnell wurde die Reise langweilig und am späten Nachmittag schlief ich tief und fest.
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