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Fremde Gefühle (J&H)

von Arawn
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama / P16 / Gen
Edward Hyde Henry Jekyll
07.05.2008
29.04.2009
20
27.827
 
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Dieses Kapitel
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07.05.2008 1.424
 
Widerstand

Endlich nahm Henry wieder irgendeine seiner Variationen von HJ7. Er wollte einfach nicht einsehen, dass er mich nicht vernichten konnte. Vielleicht war das auch besser so. Schließlich war es mir so möglich, den Körper unter meine Kontrolle zu bekommen. Jedoch ärgerte es mich über alle Maßen, dass ich so abhängig von Henry war. Was, wenn Henry mal was unglaublich Dummes tat? Es wäre bei ihm nicht auszuschließen. Es musste mir doch gelingen auch ohne Henrys „Hilfe“ hervorzukommen.
Aber diese Gedanken sind unwichtig. Jetzt war ich draußen und nur das zählte. Leider gab es ein Problem. Henry hatte den Schlüssel nicht mehr.
Aber ich brauchte auch keinen Schlüssel zum Öffnen einer Tür, wenn ich in einem Labor voller Chemikalien war. Ich wusste zwar nicht, was welche Chemikalie bewirkt, doch das dürfte nicht so schwer herauszufinden sein, schließlich hatte Henry alle gefährlichen Substanzen sorgsam gekennzeichnet. Wie ein echter Wissenschaftler. Ich musste lächeln. Dass er nicht daran gedacht hatte, dass es hier so viele Möglichkeiten zum Öffnen einer Tür gab.
Ich erhob mich, nachdem meine Kopfschmerzen und mein Herzrasen – zweifellos einige Nebenwirkungen von Henrys Mixturen – fast vollständig verschwunden waren, von dem ungemütlichen Boden, auf dem ich gelegen hatte und ging zum Tisch. Henry hatte wieder einige Dinge in sein Buch geschrieben. Dann wollte ich ihm doch auch einige Zeilen hinterlassen, damit er über den Verlauf seiner Experimente informiert war. Ich setzte mich und nahm den Stift auf.

Herzlichen Glückwunsch Henry. Du hast eine neue, völlig wirkungslose Variation erfunden. Nein, wirkungslos stimmt nicht. Denn diesmal ging es mir besser. Ich sollte dir also dankbar sein.
Ich werde mich jetzt ein wenig amüsieren.
Bevor ich es vergesse, Henry. Du wirst ein neues Türschloss benötigen.


Ich legte den Stift hin und stand auf.
Ich besah mir die vielen Flaschen auf den Regalen, bis ich etwas fand, das mir nützlich erschien. Es war eine farblose, stinkende Flüssigkeit, in einer besonders dicken Flasche und neben irgendwelchen sinnlos aneinander gereihten Buchstaben und Zahlen, stand ein großes rotes Ausrufezeichen. Sehr vielversprechend also.
Ich nahm die Flasche und ging zur Tür. Dort schüttete ich die ganze Flasche über das silberne Türschloss. Sofort begann es sich zu verformen und die Säure zischte. Es lief wie geplant. Nur dieser Gestank, der dadurch verströmt wurde, war nicht geplant.
Ich stand einige Augenblicke mit angehaltenem Atem da, bevor ich die Tür aufbrach. Diese gab sofort nach und ich war in Henrys Zimmer. Nur hatte der alte Butler auch dort abgeschlossen. Sollte ich noch mal zurück gehen und noch mal irgendeine Chemikalie ausprobieren?
Ich entschied mich dagegen, als der Geruch der Säure zu mir drang.
Mein Blick fiel auf das Fenster. Nach wenigen Schritten hatte ich es erreicht und es kraftvoll geöffnet.
Ich sog die frische kühle Nachtluft ein. Sie war viel besser als die Luft in diesem stickigen und nun auch stinkenden Labor.
Ich sah nach unten. Wie viele Meter waren es nach unten? Drei? Vier? Ich müsste es schaffen, hinunter zu klettern.
Ich drehte mich noch einmal um, zog mir einen der vielen, nur selten benutzten Anzüge an und nahm mir einige Geldscheine. Dann stieg ich aus dem Fenster und kletterte vorsichtig hinunter. Schließlich hatte ich keinen Nutzen von meiner Freiheit, wenn ich mit gebrochenen Knochen am Boden lag.  
Nach wenigen Minuten stand ich sicher im Garten des Hauses und sah noch einmal nach oben. Wie sollte ich da wieder hineinkommen?
Darüber konnte ich mir später auch noch Gedanken machen. Nun war es Zeit, mich zu amüsieren.
Mit diesem Gedanken näherte ich mich „Der Roten Ratte“ und somit meiner kleinen Lucy.

~*~*~*~

Ich erwachte mit Kopfschmerzen und Übelkeit. Ich setzte mich vorsichtig auf.
Obwohl das Fenster offen war, stank es in diesem Zimmer. Was war das nur? Ich stand auf und ging die Treppe meines Labors hinunter.
Was war letzte Nacht geschehen? Wieso war ich nicht in meinem Labor?
Die Antwort fand ich, als ich unter meinen Pantoffeln Glasscherben knirschten. Ich bückte mich und erkannte, dass auf dem Boden eine zerbrochene Flasche meiner Chemikalien lag. Und kurze Zeit später wusste ich auch, um welche es sich handelte. Da auf dem Boden lag eine zerbrochene Flasche Schwefelsäure. Das erklärte den Gestank. Ich richtete mich wieder auf und ging zum Tisch, wo ich mein Buch mit Hydes krakeliger Handschrift erkannte. Schnell las ich die wenigen Zeilen.
Ein neues Türschloss? Wie meinte Hyde das? Doch dann dämmerte mir, was geschehen war. Ich stieg die Treppen wieder hinauf und sah dort die jämmerlichen Überreste meines Türschlosses. Warum war mir das nicht eher aufgefallen? Nie im Leben hätte ich gedacht, dass Hyde sich mithilfe meiner Chemikalien befreien würde.
Doch was hatte Hyde getan, als er draußen war? Ich lauschte, doch draußen war es ruhig. Kein Zeitungsjunge verkündete einen weiteren Mord. Erleichtert atmete ich mich auf.

5. November
12:12 Uhr

Hyde war es gelungen auszubrechen. Doch scheint es keinen weiteren Mord gegeben haben.
Ich muss sehr bald ein Gegengift, das mich von Hyde befreit, finden. Diese ständige Angst nach jeder Verwandlung halte ich nicht mehr lange aus. Immer wieder frage ich mich: Was hat Hyde getan? Hat er jemanden getötet?
Ich werde mich sofort an die Arbeit machen.

7. November
23:22 Uhr

Die Lösung ist zum Greifen nah. Ich fühle es. Es wird mir gelingen. Noch nie war ich mir so sicher.


Ich legte das Buch zur Seite und begann, weiter an dem neuen Elixier zu arbeiten.
Plötzlich drehte sich das Zimmer. Mich überkam ein Schwindelanfall und mein Kopf schien zu bersten. Ich fiel vom Stuhl und schlug hart auf dem Boden auf. Was war nur plötzlich los mit mir?
Mein Atem ging schneller und flacher. Ich drehte mich herum und richtete mich auf die Knie auf. Ich wollte vollständig aufstehen, doch wusste ich, dass mir das nicht gelingen würde. Ich kroch auf allen vieren und völlig benommen zu dem Bett, das in meinem Labor stand. Vorsichtig zog ich mich hinauf und ließ mich auf den Rücken fallen. Doch selbst als ich lag, ging es mir nicht besser. Im Gegenteil, es schien schlimmer zu werden. Vor meinen Augen flimmerte alles und kalter Schweiß brach mir aus.
Und dann spürte ich es. Weshalb hatte ich es nicht eher gemerkt? Aber wie konnte es sein? Wie konnte das passieren?
Alles schien sich noch einmal zu drehen, bevor meine Sinne schwanden.

~*~*~*~

Schon seit Tagen war ich in dieser ewigen Dunkelheit gefangen und nahm nur selten einige Erinnerungen und Gefühle von Henry wahr. Sollte ich ewig still darauf warten, bis Henry dieses Elixier nahm?
Nein! Ich musste hier raus. Ich hasste diese beengende Dunkelheit und sie machte mir auch Angst. Sie erinnerte mich daran, was ich war, bevor Henry mich unabsichtlich befreite. Ich war eine einfache Empfindung. Ein Gefühl, nicht mehr. Und dazu ein Gefühl, was Henry stets unterdrückt hatte und als unwichtig und störend empfunden hatte. Und diese Dunkelheit, in der jede Bewegung unmöglich war, schien mich auch zu erdrücken und mir wurde immer aufs neue bewusst, dass ich hier gefangen bleiben würde, wenn es Henry gelingen sollte, ein Elixier zu erfinden, dass mich verbannen würde.
Ich kämpfte gegen die unsichtbaren Fesseln, die mich zurückhielten an und versuchte Henrys Bewusstsein zu verdrängen.
Ich weiß nicht, wie lange ich gegen Henry ankämpfte, denn hier gab es keine Zeit. Nur durch Henrys Wahrnehmungen wusste ich, wie viel Zeit verstrich, doch konzentrierte ich mich darauf, mich zu befreien und schnappte keine Erinnerungen mehr von Henry auf.
Doch ich spürte, wie Henrys Widerstand schwächer wurde.
Und dann war es geschehen. Einfach so!
Ich spürte noch den Schwindel und die Kopfschmerzen, die mit der Verwandlung einher gegangen war, doch war ich frei!
Ich richtete mich vorsichtig auf und verließ das Bett langsam. Ich näherte mich dem Buch, nahm den Stift auf und schrieb, noch etwas zittrig eine kurze Nachricht an Henry.

Siehst du Henry? Ich brauche dich und deine abscheulichen Elixiere nicht mehr. Ich habe mich aus eigener Kraft befreit. Ich bin frei! Du kannst deine sinnlosen Bemühungen einstellen. Ich brauche deine verschiedenen, nutzlosen Variationen von HJ7 nicht mehr!

Ich ging die Treppe nach oben und verließ das Haus, nachdem ich mir einen Anzug angezogen hatte und Henrys Geld eingesteckt hatte. Die Nacht war noch lang und ich wollte keine Minute von meiner erkämpften Freiheit vergeuden.

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Endlich ist Hyde unabhängig. Passend zum heutigen Tag. XD
Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat, auch wenn Hydes Widerstand recht kurz war. Mir fiel nur nichts ein, was ich noch hätte schreiben können, ohne dass es langgezogen und gezwungen klingt.
Wie immer würde ich mich über ein Kommi freuen.

LG

Phantoms Mask
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