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Fremde Gefühle (J&H)

von Arawn
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama / P16 / Gen
Edward Hyde Henry Jekyll
07.05.2008
29.04.2009
20
27.827
 
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07.05.2008 1.235
 
Der Bischof

18. Oktober

Ich nehme nun regelmäßig jeden Abend HJ 7. Die Verwandlung geschieht nun schneller und die Schmerzen werden schwächer.
Seit ich das Elixier nehme, fühle ich mich befreiter und jünger. Bis auf kleine Zwischenfälle, wie eine Schlägerei, gab es bisher keine Komplikationen. Ich denke, ich habe Hyde nun besser unter Kontrolle. Trotz allem suche ich weiterhin nach dem Fehler in der Formel. Wenn es mir gelänge, das Böse in mir völlig zu vernichten, so müsste ich mir keine Sorgen mehr machen, dass Hyde jemanden ernsthaft Schaden zufügt.

22:13 Uhr

Ich habe 100 ml des Elixiers HJ 7 eingenommen. Spüre die ersten Anzeichen der Transformation.

Ich legte den Stift nieder und erhob mich. Bereits jetzt merkte ich wieder, wie sich die Hitze in meinem Körper ausbreitete, spürte dieses Stechen und Ziehen im gesamten Körper. Die Verwandlung begann. Schnell begab ich mich zu dem Bett, dass in meinem Labor stand und legte mich hin. Mit geschlossenen Augen wartete ich die Verwandlung ab.
Mein Atem ging schneller und wurde flacher, während das Feuer in mir immer stärker wurde.
Die Schmerzen wurden schwächer, aber trotz allem waren sie noch vorhanden.
Ich stöhnte auf, als immer wieder neue Wellen des Schmerzes meinen Körper durchfluteten. Ein letztes Mal bäumte ich mich stöhnend auf, bevor meine Sinne schwanden.

~*~*~*~

Wieder spürte ich das Brennen und der Schmerz, der mich immer wieder durchfuhr und der stets die erneute Verwandlung ankündigte.
Mein Körper bäumte sich auf und mein gesamter Körper verkrampfte sich, als Henry sich vollends zurück zog und mir unseren Körper überließ.
Ich öffnete die Augen und starrte einige Augenblicke die betongraue Decke über mir an, bevor ich mich aufsetzte und schließlich aufstand, um zum Tisch zu gehen. Ich wusste, Henry hatte wieder etwas in sein Tagebuch geschrieben, etwas, was er schon lang nicht mehr getan hatte.
Als ich mir die wenigen Zeilen durchlas, grinste ich. Mich, Edward Hyde, wollte er vernichten? Mich, seine “dunkle Seite”, wie er mich so gern nannte? Henry hatte wirklich nichts begriffen. Er konnte mich gar nicht vernichten. Schließlich bin ich ein Teil von ihm.
Ich nahm den Stift auf, um ihm einen kleinen Einblick in die Realität zu gewähren.

Henry ich hatte dich für klüger gehalten. Hast du nichts begriffen? Selbst ich habe die schlichte Wahrheit verstanden. Ich bin ein Teil von dir und du bist ein Teil von mir. So einfach ist das. Dir ist es gelungen, uns zu trennen, aber mich zu vernichten ist unmöglich. Sieh es ein. Vergiss dein ach so heiliges Ziel endlich und lerne das Leben kennen. Was hält dich nur in diesem engen, öden Raum?

Ich legte den Füller beiseite und erhob mich. Ich hatte viel zu lange im Labor gesessen. Ich ging schnell nach oben und nahm einen Anzug heraus, den ich schnell anzog und griff nach dem Spazierstock, der in der Ecke lehnte. Schließlich holte ich einige Scheine aus Henrys Geldschatulle heraus, von der er tatsächlich annahm, ich wüsste nicht, wo er den Schlüssel versteckt hatte. Wie leichtgläubig Henry doch war.
Endlich näherte ich mich der Tür und trat in die kalte und feuchte Nachtluft hinaus, um mich wieder zur “Roten Ratte” begeben, wo meine kleine Lucy bereits auf mich wartete.
Ich war gerade seit wenigen Minuten unterwegs, als es anfing zu regnen.
“Mistwetter”, knurrte ich wütend, da ich nun nass war. Ich beeilte mich, um nicht vollkommen durchnässt zu werden.
Als ich so durch die Gassen Londons hastete, sah ich eine Gestalt, die mir, nein, die Henry bekannt war. Es war der Bischof. Er verabschiedete sich gerade von einer jungen Frau, der man sofort ansah, welchem Gewerbe sie nachging. Doch anders, als meine kleine Lucy war sie dick und hässlich. Wahrscheinlich die einzige, die mit so einem alten Knacker ins Bett stieg, dachte ich sarkastisch.
Ich wollte meinen Weg fortsetzen, doch fast wie von selbst lenkten mich meine Schritte zum Bischof. Und nun, als ich ihn genau sah, erfüllte mich eine ungeahnte Abscheu und Wut. Dieser Zorn steigerte sich immer weiter. Dabei kannte ich diesen Bischof doch gar nicht. Es war mir völlig egal, wie der alte Sack seine Freizeit verbrachte. Ich wollte nur aus diesem Regen heraus und zur “Roten Ratte” kommen.
“Guten Abend, Bischof.”, sagte ich, doch waren es nicht wirklich meine Worte. Was geschah hier? Waren dies Henrys wahre Gefühle? Doch warum beeinflussten sie mich so? Wenn Henry diesen Bischof so hasste, dann sollte er es selbst dem Bischof heimzahlen. Aber das würde der gute Henry Jekyll natürlich nie tun, denn dafür hatte er ja Hyde geschaffen.
“Was wollen Sie hier?”, fragte der Alte aufgebracht.
“So so, sie treffen sich also nachts mit fremden Frauen. Reicht ihre Ehefrau etwa nicht mehr?”, erwiderte ich und grinste bei diesen Worten breit und dreckig.
“Wie können Sie es wagen so mit mir zu reden? Wissen Sie überhaupt, wen Sie da vor sich haben?”, entgegnete der Bischof wütend.
“Natürlich kenne ich ihre Heiligkeit. Den Bischof, der sich nachts mit anderen Frauen vergnügt.”, noch immer grinste ich, als ich diese Worte aussprach. Ich griff meinen Spazierstock fester.
“Verschwinden Sie sofort oder ich hole die Polizei.”, drohte er mir.
“Die Polizei? Und was wollen sie ihnen erzählen? Ich kann Ihnen sagen, was sie erfahren werden: Das du ein elender Heuchler bist!” Mit diesen Worten holte ich aus und schlug mit dem Spazierstock zu. Mit jedem Schlag spie ich das Wort Heuchler aus. Der Bischof versuchte wegzukriechen, doch schlug ich erneut zu.
Ich nahm den Whisky, den ich bei mir trug, heraus und überschüttete den am Boden liegenden Mann damit. Schließlich holte ich das silberne Feuerzeug heraus und entflammte den Bischof. Als er sich aufbäumte, schlug ich erneut zu. Ich sah zu, wie der Leichnam vor mir verbrannte.
Mir stieg der Geruch des verbrannten Fleisches in die Nase und rief Übelkeit in mir hervor. Ich drehte mich um und verschwand in die nächste Gasse. Im Schatten verborgen hielt ich an und atmete tief durch. Was hatte ich getan? Nicht, dass es mir um den Alten Leid täte, niemand würde ihm auch nur eine Träne nachweinen. Doch warum hatte ich ihn getötet? Ich kannte ihn nicht und er war mir auch egal. Weshalb war ich zu schwach, um gegen Henrys Gefühle anzukommen? Verdammt! Ich sollte ins Labor zurückkehren. Heute Nacht wäre es zu gefährlich, weiterhin durch Londons Straßen zu streifen. Dabei wollte ich heute Nacht meine kleine Lucy besuchen.
Ich hetzte erneut durch die Gassen Londons, doch diesmal in die entgegengesetzte Richtung, immer weiter auf Henrys Haus zu.
Bereits eine viertel Stunde später stand ich vor dem Dienstboteneingang, den ich immer benutzte und ging eilends die Treppen hinauf in Henrys Zimmer und verriegelte die Tür.
Ich entledigte mich der nassen Kleidung und zog mir etwas Trockenes drüber, bevor ich mich auf Henrys Bett fallen ließ. Noch einmal ließ ich mir die Geschehnisse des Abends durch den Kopf gehen. Das Henry so viel Macht über mich hatte, ließ mich vor Wut kochen. Weshalb konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?
Zehn Minuten später richtete ich mich auf und näherte mich der kleinen Bar, die sich in Henrys Zimmer, völlig unbenutzt, befand. Ich nahm mir eine Flasche Gin heraus und setzte mich erneut aufs Bett. Dies würde noch eine lange Nacht werden.

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So, das war Hydes erster Mord. Ich hoffe, ich habe seine Gedankenwelt und so, wenigstens ansatzweise getroffen. >-<
Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen und würde mich über Kommis freuen.

LG

Phantoms Mask
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