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Fremde Gefühle (J&H)

von Arawn
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama / P16 / Gen
Edward Hyde Henry Jekyll
07.05.2008
29.04.2009
20
27.827
 
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Dieses Kapitel
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07.05.2008 1.806
 
Allein

8. Dezember
23:35 Uhr

Ich habe wieder mit den Experimenten begonnen.
Bereits zweimal hat Hyde die Einnahme von dem Gegengift verhindert. Wird er es nun immer verhindern? Wie kann ich ihn bezwingen, wenn ich nie die Elixiere benutzen kann?
Ich bin verzweifelt.

11. Dezember
19:16 Uhr

Es ist mir gelungen, Hyde zurückzudrängen und das Elixier zu nehmen. Die Schmerzen sind fast unerträglich. Mein ganzer Körper scheint in Flammen zu stehen. Mein Kopf droht zu platzen. Ich kann kaum schreiben.


Der Stift fiel mir aus meiner zitternden Hand. Der Schweiß brach mir am gesamten Körper aus, während ich keuchend Luft. Ist das mein Ende? Ich zitterte unkontrolliert und fiel vom Stuhl. Ich wollte mich wieder aufrichten, doch gelang es mir nicht. Meine Glieder schienen aus Blei zu sein. Aus heißem Blei. Ich stöhnte auf und krümmte mich zusammen.
Immer stärker spürte ich, wie Hyde gegen mich ankämpfte. Doch nicht nur gegen mich. Auch er spürte diese Schmerzen. War dies wirklich mein – und somit auch Hydes – Ende? Wenn es wirklich so war, dann war die Welt wenigstens vor Hyde sicher. Nur Lisa und John würden unglücklich sein. Und sie wussten nicht einmal die Wahrheit.
Der Schmerz steigerte sich weiter, obwohl ich das für unmöglich gehalten hatte, und schließlich spürte ich, wie ich das Bewusstsein verlor.

~*~*~*~

Was hatte Henry da nur für ein Teufelszeug zusammengebraut? Selbst ohne Körper spürte ich diese Schmerzen. Wollte dieser verrückte Wissenschaftler uns etwa umbringen?
Wenigstens hatte Henry dieselben Schmerzen. Wenigstens ein kleiner Trost. Warum musste ich nur auch jedes Mal wegen seinen „Elixieren“ leiden?
Trotz meiner Qualen, kämpfte ich gegen Henry an. Vielleicht funktionierte dieses Gebräu ja wirklich und es hielt einen Teil der Seele fest. Doch in diesem Fall wollte ich nicht derjenige sein, der zurückgedrängt und eingesperrt wurde. Vielleicht gelang es mir ja, rechtzeitig die Oberhand zu gewinnen und Henry würde, wenigstens für eine Weile, verschwinden.
Es dauerte noch fast zehn Minuten, bis Henry ohnmächtig wurde und so keinen Widerstand mehr leisten konnte. Ich nutzte die Chance und augenblicklich übernahm ich den Körper.
Ich lag noch eine halbe Stunde zusammengekrümmt auf dem Boden, bevor ich mich langsam aufrichten konnte. Henry sollte verdammt sein! Konnte er sich nicht einen anderen Zeitvertreib suchen. Meinetwegen soll er sich eine Leinwand aufstellen und seine Chemikalien abmalen. Von mir aus ein Bücherwurm oder Mathematiker werden. Das waren alles Beschäftigungen, bei denen ich nicht immer Angst zu haben brauche, bald zu sterben. Aber nein! Er muss einen persönlichen Kreuzzug durchführen und irgendwelche hochgiftigen Sachen zusammenschütten und sie trinken!
Ich stand vorsichtig auf und ging nach oben. Wenigstens war nicht wieder abgeschlossen. Er wollte nicht unnötig Aufsehen erregen. Der gute Henry hatte Angst um seinen Ruf. Ha! Was für ein Idiot.
Ich zog den dreckigen Laborkittel aus und verließ das Haus leise. Dann machte ich mich auf den Weg zur „Roten Ratte“.
Nach einer dreiviertel Stunde stand ich vor dem Bordell und trat ein. Ich hielt Ausschau nach Lucy. Ich konnte sie nirgends entdecken. Ich wollte die Treppe nach oben steigen, als ich sie an einem Tisch in der Ecke des Raumes sitzen sah, zusammen mit irgendeinem bulligen Kerl, wahrscheinlich ein Hafenarbeiter. Wie konnte dieser Typ es wagen? Wollte er mich herausfordern? Hatte ich nicht deutlich gezeigt, dass Lucy mir, und nur mir, gehört? Mit raschen Schritten ging ich zu dem Tisch. Die Leute machten mir Platz. Wenigstens sie wussten, mit wem sie es zu tun hatten und das man sich mit mir besser nicht anlegte.
„Verschwinde!“, blaffte ich den Kerl an, als ich am Tisch angekommen war. Als meine Lucy mich erkannte, erblasste sie. Der Mann drehte sich jedoch nur zu mir um und sah mich abschätzend an.
„Wieso sollte ich?“, entgegnete er.
„Sie gehört mir!“, knurrte ich.
„Nein. Außerdem scheint sie deine Gegenwart nicht zu genießen“, erwiderte er nur. Das reichte!
Ich ließ meinen Gehstock nach vorn sausen. Zufrieden registrierte ich, wie das Nasenbein meines Gegenübers brach.  
Doch wider Erwarten zog sich der Hafenarbeiter nicht zurück. Er war mal ein richtiger Gegner. Auch wenn ich sonst darüber erfreut wäre, störte mich diese Tatsache heute Abend. Mein Kopf brummte noch von Henrys Giftgemisch und mir war noch immer schlecht. Ich würde diesen Typen schnell fertig machen und dann die Nacht mit meiner kleinen Lucy genießen.
Ich schlug erneut zu und mein Gegenüber steckte diesen Schlag ein, doch gleichzeitig entwendete er mir den Stab und warf ihn weg.  Das machte mich nur noch wütender. Das war immerhin mein Lieblingsgehstock! Wenn er glaubte, ich würde aufgeben, dann irrte er sich. Ich konnte auch ohne den Stock kämpfen. Ich sah, wie seine Faust sich meinem Gesicht näherte. Ich drehte mich zur Seite und rammte ihm meinen Ellbogen in den Magen. Mein Gegner grunzte nur und schlug erneut zu. Diesmal traf er mich und ich verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Über mir baute sich der Hafenmeister hämisch grinsend auf. Glaubte er, mich besiegt zu haben? Lächerlich! Ich ergriff eine leere Flasche, die neben mir lag und trat dem Arbeiter kraftvoll gegen das Knie. Ich hörte das laute Knacken und den Schrei, mit dem der Arbeiter in die Knie ging.
„Es wird dir Leid tun, sich mit Edward Hyde angelegt zu haben!“, schrie ich ihn an und schlug mit der Flasche zu. Sie zerbarst auf seinem Kopf, doch hörte ich nicht auf, zuzuschlagen. Er hatte sich mit mir angelegt, meine Lucy besitzen wollen und meinen Stock einfach weggeschmissen. Das würde er bereuen. Wenn er es denn noch konnte, wenn ich mit ihm fertig war.
Ich holte zum vierten Mal aus, als jemand meinen Arm festhielt. Es war nicht so, dass die Person mich am Zuschlagen hinderte, ich hätte es trotzdem geschafft, aber die Tatsache, dass sich da jemand einmischte, ließ mich inne halten.
„Hör auf. Lass ihn. Er hat seine Lektion gelernt. Komm, lass uns nach oben gehen. Bitte“, hörte ich die flehentliche Stimme meiner kleinen Lucy. Ich warf dem am Boden liegenden noch einen Blick zu, dann ließ ich die Flasche fallen. Die zerbrach entgültig, als sie meinen Gegner traf, dann drehte ich mich um. Meine kleine Lucy sah mich ängstlich an. Sie hielt meinen Stock in der Hand. Sie hatte ihn wohl für mich geholt. Sie drehte sich um und führte mich zitternd nach oben.
„Du gehörst mir! Der nächste, der dich mir wegnehmen will, wird sterben.“, sagte ich ihr bestimmt. Meine kleine Lucy nickte nur.

~*~*~*~

Ich erwachte in meinem Zimmer. Als ich mich aufsetzte, sah ich sofort die blutroten Flecken auf meinem Hemd. Auch meine Hände waren rot gefärbt. Als ich in den Spiegel sah, erkannte ich auch in meinem Gesicht Blutspritzer. Ich begann zu zittern. Ich kannte das. Wen hatte Hyde diesmal getötet? Mein Blick fiel auf die Uhr. Wie lange würde es dauern, bis der Zeitungsjunge den grausamen Mord verkündete.
Es war erst kurz vor dreiviertel elf. Wie konnte das sein? Wieso hatte Hyde sich so schnell zurückgezogen?
Ich ging nach unten und begann in mein Buch zu schreiben.

11. Dezember
22:45 Uhr

Ich bin allein hier. Schrecklich. Schrecklicher als jedes Beast es sein kann.
Ich bin blutüberströmt aufgewacht. Ich habe Angst. Wen hat Hyde diesmal ermordet?


Ich legte den Stift weg. Ich konnte einfach nicht schreiben. Ich konnte das Grauen, dass ich verspürte, nicht in Worte fassen.
Als ich wieder an mich heruntersah überkam mich Übelkeit. Ich musste das Blut abwaschen. Ich ging nach oben und nahm mir frische Wäsche heraus. Ich ignorierte den blutigen Stock, der vor meinem Schrank lag.
Ich verließ mein Zimmer und ging in das Bad nebenan, wo ich begann, das Blut abzuwaschen.

Ich betrat mein Zimmer und warf mein blutüberströmtes Hemd in den brennenden Kamin und vernichtete somit den Beweis für Hydes Vergehen.
Anschließend ging ich nach unten, doch hielt ich inne, als ich eine mir vertraute Stimme hörte.
„11. Dezember. 22:45 Uhr -Ich bin allein hier. Schrecklich. Schrecklicher als jedes Beast es sein kann.“, hörte ich Lisas vertraute Stimme ich öffnete die Tür schnell.
„Was willst du hier?“, fragte ich sie härter, als beabsichtigt. Lisa drehte sich erschrocken um.
„Henry.“
„Wer hat dich hereingelassen?“
„Poole hat mich hereingelassen.“
„Poole!“, rief ich wütend aus.
„Ja. Er war an der Tür, als ich klopfte. Er ist besorgt um dich.“, antwortete Lisa besänftigend.
„Und du dachtest, es wäre gut, in meinem Buch herumzuschnüffeln?!“, ging ich sie wütend an, stürmte an ihr vorbei und schlug das Buch zu.
„Henry! Henry, sieh mich an!“, flehte sie. Ich drehte mich langsam und schuldbewusst um. Ich hätte sie nicht so anschreien dürfen. Sie sorgte sich um mich. Ich ließ mich auf den Stuhl sinken.
„Ich konnte nicht glauben, dass jemand so oft krank ist, dass er sich nicht einmal mit mir unterhalten konnte. Hier stand, dass deine Arbeit qualvoll ist.“ Lisa hielt kurz inne und sah mich an. Sie kam zu mir und legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter.
„Ich sehe, was diese Arbeit mit dir macht. Was sie mit uns macht. Und ich weiß jetzt, dass du nicht mehr zurück kannst. Du hast daran  so stark geglaubt.“, flüsterte sie. Sie strich mit einer hand meine Haare nach hinten, die sich aus meinem Zopf gelöst hatten.
„Es geht immer weiter, Lisa. Es war meine Entdeckung! Und nun habe ich keine Wahl mehr. Die Lösung ist irgendwo. Ich kann nicht erklären, was mit mir passiert. Ich kann es nicht! Ich weiß nur, die Lösung ist...“ Ich hatte immer schneller und erregter  gesprochen und nun versagte meine Stimme.
„Scht!“ Lisa kniete sich vor mich hin und strich übermein Gesicht.
„Du musst mir nichts erklären. Du hast nie gesagt, dass dieser Weg leicht sein wird, Liebling. Aber wir bewältigen ihn zusammen. Wir tun es gemeinsam. Als es begann, wussten wir beide, dass es schwierig sein wird.“ Sie stand auf und auch ich erhob mich.
„Komm, lass uns neu beginnen. Zusammen können wir alles schaffen!“ Sie hielt mir ihre Hand entgegen. Ich wollte sie ergreifen, aber ich wandte mich ab.
„Lisa... Ich weiß, du würdest mir helfen, aber es geht nicht. Du kannst mir diesmal nicht helfen. Gott weiß, dass ich dich mehr brauche, als je zuvor. Und dass ich dich liebe.“
„Ich weiß. Ich werde auf dich warten, wie lange es auch dauern wird. Und ich werde für dich beten. Wenn du mich je brauchst – falls du mich je brauchst, werde ich da sein.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging. Ich hörte, wie sie die Tür meines Zimmers schloss. Ich sank auf meinen Stuhl und vergrub mein Gesicht in den Händen. Ich konnte die Tränen nicht länger zurück halten.
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Wieder ein Kapitel fertig. :D
Ich hoffe es hat euch gefallen.
Ich wollte nur noch einen urheberrechtliche Anmerkungen machen. Das Gespräch zwischen Lisa und Henry habe ich von der Jekyll & Hyde – Broadwayaufführung. Wie das Gespräch bei anderen Aufführen abläuft, weiß ich nicht. ^^°  

LG

Phantoms Mask
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