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Honey ~ Der Weg deines Herzens

von LunaLu
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Drama / P16 / Gen
Captain Harrison Love OC (Own Character)
06.04.2008
25.07.2021
40
168.234
6
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80 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
 
09.03.2015 6.420
 
Ich warne mal vor: Es wird in diesem Kapitel seelisch depressiv und körperlich... explizit.

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Kapitel 38 - Macht

Sie hatte früh das Gefühl gehabt, verfolgt zu werden, doch es machte ihr nichts aus.
Keiner stürzte sich auf sie, keiner hielt sie fest oder fragte, wer sie war und was sie wollte. Sie hatte keine Angst, erwischt zu werden. Sie fühlte sich einfach taub, leer, gefühlslos. Wie eine inhaltslose Hülle schlich sie auf Zehenspitzen aus Loves Schlafzimmer, durch den Flur, in das Zimmer im unteren Geschoss. Sie zog sich das graue Kleid an, das dort im Schrank hing und dachte nicht einmal daran, sich Vorräte oder sonst etwas zu besorgen. Einzig ein Messer hatte sie aus der leeren Küche geholt, mit dem sie nun an dem Fenster im Raum nästelte und es schließlich öffnete. Sie kletterte hinaus.
Es war keine Flucht.
Sie musste einfach weg. Sich bewegen. Innerhalb dieses offenen Käfigs konnte sie es nicht.
Die Sonne strahlte golden, als sei nichts gewesen. Als gäbe es etwas zu feiern. Honey fröstelte dennoch.
   Das Gefühl, verfolgt zu werden, kam ihr, als sie den Randweg des Pueblos zur Bucht fast durchquert hatte. Die Bucht, an der sie jemanden getötet hatte, vor einigen Tagen. Doch es schien wesentlich länger her zu sein. Es schien beinahe irrelevant, als seien die Erinnerungen an alles vor der gestrigen Nacht so verschwommen, dass sie auch an dem Ort des Geschehens nichts in ihr auslösten.
Schweigend und seelenruhig ging Honey weiter, erreichte die menschenleerere Stelle, die hinunter zum Strand führte.
Die Menschen im Pueblo kamen ihr wie Geister vor. Sie selbst fühlte sich ebenfalls unsichtbar, paradoxer Weise, denn sie wurde angestarrt. Das war früher auch schon so gewesen, wegen ihrer sehr hellen Haut und ihrer Haare. Doch nun erregte vor allem ihr offensichtlich geschundenes Gesicht Aufmerksamkeit.
Doch hier war es leer. Die letzten Schritte hinunter sprang Honey, wenngleich ihr Körper nebelhaft schmerzte. Die blauen Flecken hatte sie schließlich nicht nur im Gesicht.
Sie setzte sich hin, die Beine angewinkelt, sah auf das Wasser und versuchte, an nichts zu denken.
Da erklang ein Geräusch hinter ihr. Schritte wurden vom sandigen Boden gedämpft, doch jemand war genau wie sie vom Pfad auf den Strand gehüpft.
Honey drehte sich nicht um. Es war ihr egal.
"Nicht erschrecken", erklang eine Stimme. Eine viel sanftere Stimme, als Honey erwartet hatte. "Ich bin's", sagte Elena, die gute zwei Meter von ihr entfernt stand.
Honey sah sich nun doch um.
Als Elena sie sah, wandelte sich ihr milder Blick ruckartig. Sie zuckte zusammen.
Sie selbst sah schier makellos aus, wenngleich ihre sonst leidenschaftlichen Augen seltsam schwer wirkten. Ansonsten hatte sie weder Verletzungen, noch sonst etwas - sie hätte direkt zu einem Dinner gehen können.
Aber sie musterte Honey nicht wegen ihrer einfachen Aufmachung in dem grauen Kleid.
Sie starrte auf das Veilchen unter ihrem Auge, die Schramme, den blauen Wangenknochen, den Riss in der Lippe.
"Um Gottes Willen", raunte sie.
Sie trat langsam noch einen Schritt näher. Honey wandte wortlos das Gesicht wieder ab und sah auf den Ozean.
Elena ließ sich langsam neben Honey, wenn auch mit einem Meter Abstand, die die Knie nieder.
"Hat Captain Love dir das angetan?"
Ein paar Sekunden vestrichen, bevor Honey antwortete: "Ja, er und-"
Sie hielt inne und blickte nur geradeaus. "Ihr Vater", fügte sie schließlich vage hinzu.
Elena hob leicht den Kopf und wandte dann den Blick ebenfalls zu den strömenden Wellen. Mit zitternder Stimme sagte sie: "Er ist nicht mein Vater, schätze ich. Ich habe recht lange mit einer Lüge gelebt."
Honey antwortete nicht.
Sie hörte gar nicht richtig zu.
"Ich habe zum ersten Mal wirklich gesehen, zu was er in der Lage ist. Es ist, als würde nichts, was ich bis jetzt für wahr hielt, existieren. Als hätte er mich von jedem Leid der Welt abgeschirmt, besonders von dem, welches er selbst verursacht hat."
Sie blickte zu Honey, die nicht reagierte.
"Sag mir die Wahrheit."
Honey sah zu ihr. Elena starrte sie durchdringend an. Seltsamer Weise benahm sie sich, als sei Honey eine enge Vertraute. Als würden sie sich lange kennen.
Beine verzweifelt fügte Elena mit Tränen in den Augen hinzu: "Sag mir, wer du bist. Ich will nur eine reale Person kennen."
Honey blickte Elena an und meinte, ihre eigene Trauer in ihrem Gesicht ansatzweise gespiegelt zu sehen. Deshalb begann sie, obwohl sie es eigentlich gar nicht wollte, nicht geplant hatte oder für angemessen hielt, zu reden.
"Ich bin Honey Murieta", sagte sie. "Meine Halbbrüder waren vom Gesetz gejagte Banditen. Captain Love hat einen von ihnen-", sie hielt kurz inne und senkte den Blick, dann hob sie ihn wieder und sprach beinahe mechanisch weiter, "...einen von ihnen erwischt. Aber er hat sich erschossen. Love hat mich gefangengenommen, um damit den anderen anzulocken. Ihr kennt ihn. Ihr habt mit ihm... getanzt", sie brach ab. Ihre Stimme versagte, als ihr lebhafte Bilder von Alejandro in der albernen Verkleidung eines Dons durch den Kopf schossen.
Eine Träne lief Elenas Wange hinunter, doch sie blinzelte nicht einmal, sondern starrte Honey an.
"Er ist- er war Zorro. Er wollte die Pläne auf dieser Mine vereiteln, doch... doch- Love hat ihn gefangengenommen. Sie wollten ihn hinrichten, aber-", wieder fiel ihr das Reden schwer. "Mein Vater ist aufgetaucht, er hatte eine Abneigung gegen ihn. Gestern sind beide gestorben."
Elena schüttelte den Kopf. Sie wirkte, als bereue sie, gefragt zu haben. Sie schien nach richtigen Worten zu suchen, doch Honey hatte den Kopf schon wieder zum Wasser gedreht.
Schließlich fragte Elena: "Love hat deine halbe Familie ausgelöscht?"
"Nein", sagte Honey leise, ohne Elena anzusehen, "Zumindest keinen meiner Brüder... von Hand... Aber er hätte es wohl getan."
"Wieso siehst du so geschunden aus?", fragte Elena leise und mit beinahe angsterfüllter Stimme.
Irritiert sah Honey sie an. Doch Elena schien nach etwas zu suchen, nach Antworten, nach jemanden, dem es schlechter ging als ihr selbst, als könne, als müsste sie irgendetwas gutmachen.
Mit gerunzelter Stirn wollte Honey antworten. Doch ihr fiel keine Antwort ein.
Sie zuckte mit den Achseln. "Ich schätze... ich hatte Pech", sagte sie leichtweg.
"Er hat dich all die Monate gefangengehalten?", fragte Elena. Sie starrte auf die Wellen.
"Ich hätte es sehen müssen. Bei dem Dinner. Bei dem Bankett. Irgendwann. Ich hätte helfen müssen."
Wieder sah Honey verwirrt zu Elena. "Nein", erwiderte sie, zum ersten Mal mit einer Art Gefühlsregung. Beinahe trotzig. "Nein, hättet Ihr nicht. Er...", sie suchte nach Worten, "Er hat mich nicht in einer Zelle gehalten, zumindest nach einigen Woche nicht mehr. Er- ich- ich war keine Gefangene, wie Sie sich das vorstellen. Ich war keine angekette Geisel, eher.. eine frei umherlaufende Trophäe." Ein Schauer überlief Honey. 'Trophäe'... dieses Wort war in ihr verankert, seit sie zum ersten Mal an diesem Strand gewesen war, mit Love. Nun fühlte sie sich doch unbehaglich.
"Wirst du fliehen?", fragte Elena.
Mit plötzlich belegter Stimme sagte Honey: "Ich...", sie brach ab.
Elena spürte ihren Wandel und sah sich um.
Tränen stiegen in Honey auf, doch sie hielt sie zurück. Sie wusste, wenn sie jetzt anfing zu weinen, würde sie das alle verbliebenen Kräfte kosten.
"Das letzte Mal als Love und ich gesprochen haben, wollte er, dass ich ihn... ihn eheliche. Um mich zu vor dem Galgen zu - schützen."
Elena stockte. Blinzelnd fragte sie: "Wie bitte? Schützen, vor was?"
"Er... Euer Va- Don Montero will mich wohl hinrichten lassen. Eine Heirat könnte meinen Stand verändern und das-"
Elenas Erschütterung und leere Trauer hatten binnen Sekunden einen Wandel durchgemacht. Beinahe zornig sagte sie:
"Er wird dir kein Haar krümmen. Mein Va- Er- Ich weiß, wozu er ihm Stande ist. Er hat mich selbst mit einer Waffe bedroht", Honey sah dezent überrascht zu Elena, doch diese sprach erregt weiter, "Aber er steht jeden Tag lange vor meiner Tür und versucht, etwas Verlorengegangenes wieder zu erwecken. Wenn ich ihn bitte, dich freizulassen, wird er das tun!"
Honey nickte vage.
"Ihn heiraten!", stieß Elena aus, "Er hat dich geschlagen!"
Honey sah Elena müde an. Sie wollte ihr helfen. Das weckte eine Art schaler Dankbarkeit in ihr, doch als sie sie so ansah, wusste Honey, dass Elena kaum ansatzweise verstand, dass Honey nur bedingt zu retten war. Ja - er hatte sie geschlagen. Aber das war nicht das Schlimmste, was sie durchmachte. Was sie empfand.
"Du musst durch die Hölle gegangen sein", sprach Elena leise, aber bebend weiter. Als würde all der gestaute Zorn aus ihr herausbrechen. All die Wut über die dunkel Machenschaften ihres Vaters und seines Vertrauen. "Love muss bestraft werden, ein Mann wie er kann nicht seine Macht missbrauchen, um ein junges Mädchen wie dich zu... zu-"
Sie blickte, nun erneut mit Tränen in den Augen, zu Honey und unterbrach sich selbst, anscheinend erschrocken und angewidert von dem Gedanken, der ihr gerade gekommen war. Honey sah zurück. Sie fragte sich, woher ihre Befremdung kam. Dann wusste sie es. Elena war die erste Frau, mit der sie seit langer Zeit wirklich offen über all das sprach.
Die Erste, die in ihrer Anwesenheit weinte. Die die grundlegenden Ängste, die Honey am Anfang ihrer Gefangenschaft hatte, bevor alles noch komplizierter wurde, völlig nachvollziehen konnte.
"Hat er-", führte sie ihre Worte mit etwas höherer Stimme fort, "Hat er dich... genötigt?"
Honey blinzelte und wich ihrem Blick aus.
"Nein."
Beinahe erleichtert atmete Elena aus.
Honey sah wieder zum Wasser.
"Es ist dennoch viel passiert. Zwischen uns."
Ohne Vorwarnung, ohne Schutzreflex begann sie zu weinen. Sie schluchzte nicht. Sie atmete nicht einmal wirklich anders. Völlig stumm liefen ihr Tränen die Wangen hinunter. Als Elena es bemerkte, fragte sie nicht weiter. Sie sah Honey einen Moment an. Dann rückte sie näher an sie heran. Sie legte ihr einen Arm um die Schulter.
Schweigend saßen die Frauen da und blickten auf den Ozean.

Es war ein Festakt gewesen. Eine beinahe royale Zeremonie, schließlich war nicht nur Loves Beförderung zelebriert worden. Ein Fest zur Würdigung der abgeschlossenen Unabhängigkeit Kaliforniens deutete sich bereits an. Und das Volk schien die Entwicklungen zumindest mit Hoffnung zu betrachten. Die Euphorie war jedenfalls nicht getrübt.
Als Love und Montero nach dem öffentlichen Teil in die geschmückte Hacienda zurückkehrten, wurden sie von geladenen Gästen, Dons und deren Ehefrauen, empfangen.
Es gab ein üppiges Buffet, reichlich gute Getränke.
Die noch immer überrumpelten Dons, die ungläubig die rasante Entwicklung der Politik mitverfolgt hatten, gratulierten Love. An dessen Uniform prangten, neben dem Orden, nun drei Sterne auf den Schulterabzeichen, die ihn als General kennzeichneten.
Als die Dons nach Elena fragten, meinte Montero, sie fühle sich nicht gut. Doch Love war bemüht, sich weder davon, noch von Honeys verschwinden die Laune trüben zu lassen.
Damit könnte er sich früh genug befassen.
   Er sollte Recht behalten. Als Montero und er, nachdem die Gäste verabschiedet worden waren, in den fackelbeschienen Innenhof der Hacienda traten, wartete Elena am Rundtisch auf sie. Ihre Mine war fest. Neben ihr saß - Honey. Mit wesentlich unbestimmterem Gesichtsausdruck. Beinahe ausdruckslos, aber am ehesten etwas befangen, rieb sie sich die Finger, während Elena bewegungslos und eisern dasaß.
Montero hielt inne und sagte dann, trotz seiner Überraschung bemüht freundlich: "Elena, Kind, du bist ja doch noch draußen. Mit- ihr." Er musterte Honey kurz abschätzig, sah dann aber wieder besorgt auf Elena.
Diese stand auf. Sie sah Love an, zu seiner eigenen Verwunderung. Allerdings mit blitzenden Augen.
"Sie betrachten dieses Mädchen nach wie vor als Gefangene, oder?", fragte sie in einer Tonlage, die keine Spur der früher dagewesenen Freundlichkeit zeigte. Doch Love ließ sich nicht beirren. Er sah ausdruckslos zu Honey, dann höflich zu Elena.
"Sie befindet sich in meinem Gewahrsam", formulierte er es um.
"Ich bitte darum", sagte Elena scharf und blickte von Love zu Montero, "Dass sie auf der Stelle freigelassen wird."
"Elena", sagte Montero ruhig und trat einen Schritt auf sie zu, "Das können wir später- wie geht es dir, darum geht es jetzt. Alles andere ist nicht wichtig."
"Mir geht es gut", sagte sie schnippisch, zeigte dann vage mit dem Finger auf Honey, "Ich habe keine Zeichen von Schlägen im Gesicht. Sie schon."
"Sie ist eine Gesetzlose, die sich uns-", begann Montero, nun eindeutig bemüht, kontrolliert zu klingen.
Doch Elena unterbrach ihn. "Sie ist völlig misshandelt, und du", sie trat einen Schritt auf Montero zu, den sie bis vor kurzem, deutlich über zwanzig Jahre als ihren Vater angesehen hatte, "Du bist mitverantwortlich."
Montero holte kurz Luft und stieß sie dann wieder aus.
"Dieses Mädchen", presste er zwischen den Zähnen hervor, "ist nichts, mit dem ich mit je befassen wollte. Und ich werde es auch jetzt nicht tun. Sie gehört General Love. Und ich dulde in dieser Sache-"
Elena atmete ein, um ihn zu unterbrechen, doch jetzt erhöhte er die Stimmlautstärke merklich, "Ich dulde in dieser Sache keine Widerrede! Als Gefangene des Generals über dieses Territorium obliegt ihre Strafe seiner Einschätzung."
"Schön", sagte Elena und drehte sich nun wieder zu Love. Freundlich, beinahe zynisch sagte sie: "General! Ich erbitte die Freilassung dieses Mädchens. Es wäre eine ausgezeichnete erste Amtshandlung."
Love, dessen Blick von Elena auf sie fiel, antwortete aalglatt:
"Es ist schön zu sehen, dass sie in Ihnen eine Schutzpatronin gefunden hat, Elena. Ich lasse sie dennoch zunächst hier medizinisch versorgen."
Honey sah zum ersten Mal von ihren Fingern auf. Sie erhob sich und stellte sich einen halben Meter hinter Elena, immernoch neben ihrem Stuhl, hin. "Sie ist nicht meine Schutzpatronin. Ich kann sehr gut für mich selber sprechen." Zu ihrer eigenen Verwunderung hatte sie ihren Geist wiederentdeckt, den sie vor einigen Stunden für auf ewig verloren gehalten hatte.
"Du solltest es aber besser vermeiden", erwiderte Love eine Spur kälter.
"Medizinisch versorgen?", fragte Elena frei heraus, "Meinen Sie damit, demnächst ihr ganzes Gesicht blau einzufärben?"
"Genug, Elena!", fuhr Montero dazwischen, nun eindeutig zornig. "Ich bitte dich, auf dein Zimmer zu gehen."
"Ich kann mich in diesem Haus frei bewegen! Ich nehme keine Befehle entgegen, als sei ich ebenfalls gefangen."
Montero wurde blass. Mit starrer Stimme sagte er: "Aber du nimmst Anweisungen von deinem Vater entgegen, wie früher auch."
Elena funkelte ihn an. Eine eindeutige Aussage hing in der Luft, die alle verstanden, wenngleich Elena eiskalt, Montero vor Zorn und Angst starr, Love berechnend und Honey völlig teilnahmslos dreinblickte.
Doch Elena sprach die Worte nicht aus.
Völlig unerwartet murmelte Honey, den Blick wieder auf ihre Hände gesenkt: "Sie-".
Doch sie sah auf, in Monteros fahles Gesicht, dessen Blick zu explodieren drohte, und führte den Satz '...sind nicht ihr Vater...' nicht fort.
Doch das Fass lief über.
"Genug!", zischte Montero, "Auf dein Zimmer!", befahl er Elena.
Sie drehte sich zornesrot um und rauschte davon. Honey sah ihr nach, die Brauen gehoben.
In ihrer Erregung vergaß Elena, dass sie Honey mit einem völlig entgeisterten Montero und Love, dessen Mine wie üblich kaum zu entziffern war, zurückließ.
Honey hatte keine Angst, das Drang nicht durch ihre Taubheit, allenfalls war ihr bewusst, dass sie in keiner guten Lage war.
Doch Montero stürzte sich nicht auf sie. Stattdessen blickte er, nachdem Elena verschwunden war, langsam zu ihr.
Dann ging er auf sie zu.
Sie wich nicht zurück, wenngleich er ihr sehr nahe kam. Er stand aufgerichtet da, er war sogar noch einen Funken größer als Love, und sah auf sie hinab.
Sie hob den Blick und versuchte, dem seinen standzuhalten.
"Ich kann es nicht fassen", sagte er, die Stimme etwas ruhiger, den Kopf schüttelnd, "Ein so junges, einziges Mädchen erschüttert nach all den Jahren beinahe die Grundfeste meiner Pläne."
"Eigentlich habe ich überhaupt nichts erschüttert", sagte Honey trocken, "Ich bin hier nur, weil ich so frech war, in die falsche Verwandschaft geboren zu werden. Aber keine Sorge", sie funkelte Montero an, "Sie sind jetzt alle tot."
Stille trat ein.
Nach einem Moment sah Honey von Montero kurz zu Love und dann zu Boden. Sie wiederholte leise: "Sie sind tot."
Montero atmete aus. Sein Gesicht wurde eine vage Spur weicher, was Honey nicht sah.
Er legte Honey zwei Finger unters Kinn und hob ihren Kopf.
Er nickte mit dem Kopf zu den Blutergüssen.
"Welche Wunde habe ich verursatz?", fragte er.
Honey lachte freudlos auf.
"Die Schönste", erwiderte sie.
Montero atmete aus und ließ sie los. Er trat einen Schritt von ihr zurück und sagte: "Ich will dich hier nicht mehr sehen." Sein Blick ging zu Love:
"General", Love hob den Kopf, "Wie gesagt, sie gehört Ihnen. Aber keine Hinrichtung."
Er machte kehrt und ging eiligen Schrittes davon, in die Richtung, in die Elena verschwunden war.
Love und Honey blieben allein zurück.
Kurz sah er sie ausdruckslos an, dann sagte er "Komm" und ging ohne Kontrolle los. Er wusste, dass sie ihm folgen Würde.
Schweigend erreichten sie die Kaserne. Schweigend öffnete er die Tür zu ihrem Zimmer und ließ sie eintreten, blieb im Türrahmen stehen, blickte sie an. Sie stand ihrerseits wortlos ihm Raum.
Schließlich, nachdem Love sie eine Weile angesehen hatte, während Honey verschiedene Stellen am Boden scheinbar interessiert musterte, kam er auf sie zu.
Sie begann, ohne ihn anzusehen, den Hochzeitsmarsch zu summen. Love hielt inne.
Sie sah auf. Ihre Augen blitzten.
"Was ist nur los mit dir", fragte Love ausdruckslos, offenbar wirklich etwas irritiert obgleich ihres Galgenhumors in den letzten Minuten.
Ihr Schelm schwand.
"General", sagte sie nur, als wäre sie ein salutierender Soldat.
Dann ließ sie sich auf dem Stuhl nieder. Plötzlich wirkte sie müde. Love sah sie an.
Schließlich hob sie den Blick.
"Es ist", sagte sie, und ihre Stimme klang wieder deutlich leerer und brüchiger, "Es ist, als sei ich gestorben. Als sei ich geleert worden. Ich bin völlig leer." Sie schwieg einen Moment und sagte dann, "Und ab und zu fülle ich mich wieder auf, mit irgendeinem Gefühl. Aber nicht normal, nicht ausgewogen, viel zu viel auf einmal. Heute morgen war ich orientirungslos, ich hatte Angst, ich konnte mich kaum bewegen. Dann nichts. Vorhin war ich traurig und dachte, ich weine ohne Ende, dann war ich wieder leer. Jetzt bin ich zynisch. Das geht vorbei. - Das ist los."
Love hatte ihr regungslos gelauscht.
Er schwieg noch einen Moment. Ihre Zynik war offensichtlich jetzt schon vorbei. Als er auf ihre Hände blickte, sah er, dass sie leicht zitterten.
"Klingt, als wärst du in einer ernsten Krise."
"Was machen Sie in solchen Momenten?" Aha. Da war der Schelm wieder.
"Ich habe so etwas nicht", erwiderte Love trocken,
"Da kann ich Ihnen nur gratulieren. Ich wollte Ihnen ohnehin gratulieren. General! Toll."
"Honey, hör auf damit. Das steht dir nicht", meinte Love leise und mit eindeutiger Kälte in der Stimme.
Honey schien sich in ihrer kalten Ironie gerade erst in Fahrt zu reden, doch ein aggressiver, beinahe wütender Unterton schlich sich ein.
"Wie auch immer. Ich wollte Sie um einen Gefallen bitten."
Love hob den Kopf.
"Allerdings...", sie erhob sich, "Fürchte ich, das wird schwieriger, als ich im ersten Moment dachte."
Love blinzelte. Eisern, als würde sie nur überleben, wenn sie zynisch und provokant weitersprach, fuhr sie fort: "Ich würde Alejandro gerne begraben. Irgendwo. Irgendwas. Ich weiß noch, wo er gestern gestorben ist. Da könnte ich hin. Aber...", sie sah auf. Und jetzt war die Zynik beinahe völlig einem gefährlich ansteigenden Zorn gewichen. Loves Mine versteinerte. "...das geht nicht, oder?"
Sie starrten sich an.
Dann machte Honey einen abrupten Schritt auf Love zu, der natürlich nicht zurückwich, aber den Kopf hob. Honey sprach in so respektlosem Tonfall, als hätte sie nichts zu verlieren - was nicht stimmte. Sie hatte immernoch eine Menge zu verlieren, nur schien sie sich dessen gerade nicht bewusst zu sein.
"Wie konnten Sie es wagen?", fragte sie leise. Dann trat sie noch einen schnellen Schritt auf Love zu und stieß ihm die Flache Hand kurz gegen die Brust. Loves Oberkörper bewegte sich kurz, aber seine Füße standen unbewegt da. Er reagierte nicht, sondern starrte hinunter zu ihr, kalt.
"Wie konnten Sie es wagen?!", fragte Honey erneut und ihre Stimme wurde lauter. "Sie haben es ihm auch angetan, oder?! Sie köpfen meinen Bruder", sie stieß ihn erneut vor die Brust, und nun schrie sie ihn an, "Und machen mir zwei Stunden später einen Heiratsantrag?! Sie sind doch völlig wahnsinnig, 'General'!", rief sie, das letzte Wort mehr als verächtlich betont. Sie schubste ihn nicht noch einmal, stand aber schwer atmend vor ihm. Ihre 'Rede' war zuende, und sie sah erregt keuchend zu ihm auf, als wüsste sie, dass sie nun eine Strafe erwartete.
Ihr Blick forderte ihn beinahe dazu heraus, sie zu züchtigen.
Love, der bis jetzt fast völlig geschwiegen hatte, blickte sie an. In seinem Kopf spielten sich einige Szenarien ab, von dem, was jetzt geschehen konnte. In einem schlug er ihr - wie sie es seiner Ansicht nach wohlbemerkt auch verdiente - so heftig ins Gesicht, dass sie wimmernd am Boden landete.
In einem nahm er sie sich, was sich ebenfalls überfällig anfühlte, vor und versetzte ihr einige saftige Striemen auf das Hinterteil, in einem anderen küsste er sie jetzt, um sie zu bestrafen, um ihr zu zeigen, dass er sie sich immernoch nehmen konnte, um seine Begierde auf sie zu stillen.
In einem Letzten erwiderte er einfach etwas provozierend Abfälliges und speiste sie damit ab. So, wie es bis jetzt immer war.
Doch es war nicht mehr alles, wie davor. Als Love mehrere Momente lang geschwiegen hatte, sagte Honey, plötzlich viel leiser, viel sanfter, beinahe verzweifelt: "Love... tun Sie irgendwas. Helfen Sie mir."
Sie sah zu Boden.
In diesem Moment war Love recht zufrieden, dass er keines der durchgegangenen Szenarien in die Tat umgesetzt hatte. Denn ihre völlig unverwundbare Fassade war nur sehr überzeugend gespielt gewesen. Sie litt. Sie litt wahnsinnig.
"Alles ist aus den Fugen geraten", murmelte sie, heiser.
Sie fühlte sich, als sei Love für sie das, was sie selbst für Elena gewesen war - ein Beweis, ein Relikt aus einer vergangenen Realität, das unbedingt am Leben erhalten werden musste, damit der eigene Verstand nicht verlorenging.
Schließlich sagte Love kalt, aber ohne Provokation oder Ironie: "Ich habe ihn begraben lassen. Irgendwo im Wald. Stell dir sein Grab einfach vor."
Honey zog scharf die Luft ein, als habe er ihr ein Messer in den Bauch gerammt. Dann atmete sie sie bebend wieder auf. Ihre Brust hob und senkte sich.  
Sie schüttelte langsam den Kopf. "Nein.. nein! Nein, er- Love, er ist...", sie trat von einem Bein auf's andere, drehte sich um, zum Fenster, eine Hand vor den Mund gelegt. Dann wandt sie sich wieder zu ihm, immer wieder von einem Fuß auf den anderen tretend, und raunte dabei: "Er ist... Alejandro ist tot!"
Als sie die Feststellung über die Lippen gebracht hatte, hielt sie inne und sah zu Love auf, den Mund leicht offen, als sei sie überrascht, als habe sie es gerade durch ihren Mund zum ersten Mal erfahren.
Sie starrte ihn an.
Love starrte zurück. Sie war völlig durch den Wind.
Er war wesentlich ruhiger, abgesehen davon, dass ihn Murietas Tod natürlich befriedigte und nicht aufregte, war ihr Verhalten das Einzige, das 'aus den Fugen geraten war'. Doch ihre Nerven schienen eben kopfzustehen.
Dennoch konnte er nicht anders, als den Moment zu füllen. Zu nutzen. Seinem Impuls nachzugeben, wie ein Junge, der seine Belohnung abholt. Er war zum General befördert worden.
Er war der zweitmächtigste Mann der neuen Republik Kaliforniens, militärisch gesehen der Einflussreichste. Er stand in diesem kleinen Zimmer mit einem völlig aufgelösten Mädchen aus der Unterschicht - und er begehrte sie.
Er legte ihr beide Hände ums Gesicht und küsste sie.
Sie erstarrte, doch seine Zunge bahnte sich einen Weg durch ihren offenen Mund in den ihren. Er nahm eine Hand von der verletzteren Seite ihres Gesichtes und legte sie an ihre Hüfte, von wo aus er sie langsam, aber fest hinuntergleiten ließ.
Inzwischen erwiderte sie den Kuss, zumindest war sie nicht mehr völlig starr, ihre Zunge traf die seine. Ihre Hände lagen auf seiner Brust, nicht eindeutig, ob es war, um ihn wegzuschieben, oder um ihn einfach nur zu berühren.
Er griff in ihre Haare, an ihr Hinterteil und presste sie an sich, schob sie nach oben, so dass ihre Köpfe an ihren Mündern miteinander verschmolzen. Kurz ließ sein Mund von dem ihrem ab.
Diese Sekunde reichte aus, um aus ihren noch verharrenden Armen eine Barriere zu machen. Sie schob ihn weg, was nichts bewirkte, da er sie immer noch mit den Armen und Händen umklammert hielt.
"Wie können Sie es wagen, sich meine Situation zu Nutze zu machen, um mich zu verführen?", zischte sie.
"Ich wollte dich schon vorher, seit unserer ersten Nacht und davor!", murmelte Love hart und während eine seiner Hände ihre Haare hielten, nahm er mit der anderen eine der Ihren und führte sie zwischen seine Beine.
Erschrocken über beides, seine Unverfrorenheit und die offensichtliche Schwellung unter der Hose, die ihre Fingerspitzen berührten, sah sie auf, doch er starrte sie nur an, tief ein- und ausatmend.
Als er ihr noch ein weiteres ein Stück näherkam griff sie reflexartig zu.
Love keuchte auf, lächelte dann aber.
Als sie merkte, was für eine Auswirkung das auf ihn hatte, bewegte Honey, herausfordernd, beinahe neugierig die Hand. Ihn anstarrend, wie er lustvoll die Augen schloss und stöhnte. Ihr Mund war leicht geöffnet und sie blickte ihn verwirrt an, als würde seine Ekstase etwas des erdrückenden Schmerzes von ihr absaugen.
"Mach... weiter...", raunte Love, während sie die Hand bewegte. Er schob sie zum Bett.
Verschwommen nahm Honey war, wie er sich fließend entkleidete, ihr das Kleid über den Kopf zog, ihren Unterrock auszog, ohne dass ihre Küsse großartig unterbrochen wurden.
Plötzlich lag sie, nackt, bis auf einen Verband um die geprellte Stelle links über ihrem Bauchnabel, auf dem Bett, Love legte sich zu ihr, allerdings nicht auf sie, wie beim letzten Mal. Stattdessen drehte er sie bestimmt auf die Seite, so dass sie ihm den Rücken zugewandt hatte und er sie von hintem umschloss, seine Brust an ihrem Rücken. Ihre Körpermitten waren auf einer Höhe, Honey war kalt und warm zugleich, als seine Hand von hinten über ihren Körper wanderte, auch nach vorne glitt, über ihre Brüste, zwischen ihre Beine, während er ihren Nacken und ihre Schultern küsste.
Dass er in sie eindrang, war ebenso übergangslos wie alles andere, schier widerstandslos nahm er sie seitlich und schien nun tatsächlich mit ihr zu verschmelzen, so nah waren sich ihre beiden Körper.
Das Gefühl war ein völlig anderes, als beim letzten Mal, als sie gefangen in ihrem Kopf gewesen war, die Situation unter Kontrolle haben wollte. Nun ließ sie geschehen, sie hatte ohnehin keine Macht über ihre Gedankenwelt, also ließ sie los.
Ihre Erregung schien ins Unermessliche zu steigen. Love löste die Hand nicht von einer äußeren Stelle zwischen ihren Beinen, obwohl er seine eigene Lust zu Genüge befriedigte. Das verstärkte Honeys ekstatischen Empfindungen noch. Love biss ihr leicht in den Nacken, presste sie an sich, sich in sie, bewegte seine Hände an Stellen, die darunter zu brennen schienen.
Erst langsam ansteigend, dann völlig unerwartet gipfelten Honeys Gefühle aufeinmal, brausten auf, was sie zum lauten Keuchen brachte. Love lachte leise, stöhnte dann aber selber, denn ihr Höhepunkt erregte ihn so, dass seiner sich anschloss. Er konnte sich nicht erinnern, jemals einen von solcher Intensität erlebt zu haben. Sie bewegten sich noch etwas rhythmisch weiter, schwer atmend, bis sie sich allmählich beruhigten.
Love schaffte es als Erster, seinen Atem zu kontrollieren, Honey keuchte noch und zuckte, auch, als er ein Stück von ihr wegrückte, jedoch nur, um sie von der Seite auf den Rücken zu drehen, so dass sie nun flach neben ihm lag.
Er sah in ihr noch unkontrolliert befriedigtes Gesicht und beugte sich unwillkürlich mit dem Kopf über sie, um ihre Brüste zu küssen.
Sie stöhnte und griff in seine blonden Haare. Seine Zunge schien auf ihrer Haut klaffende Narben zu hinterlassen, Honey war so gelöst von ihrem Verstand und auf ihre körperlichen Empfindungen eingestellt, dass sie das schier bildlich vor Augen sah.
Ihr Keuchen, das an Wimmern grenzte, trieb Love in den Wahnsinn.
Wenngleich er eben erst einen Höhepunkt gehabt hatte, stieg seine Erregung erneut und er zog sich über sie, lag nun auf ihr, sich abstützend. Er griff hinunter und schob ihre Beine hoch und auseinander, so dass sie sein Becken umschlungen und ihn gleitend erneut in sie hineinschoben.
Honey schrie fast auf, Love, davon nur weiter angespornt, bewegte sich so forsch in ihr, wie er es bei den letzten Malen nicht getan hatte. Honey öffnete die Augen und sah ihn an.
Bei jedem Stoß zitterte sie auf, als Love die Augen lustvoll schloss und wieder öffnete, starrte sie ihn immer noch an, mit einer Art purer Angst, puren Schocks in den Augen. Ihr Zittern war nun konsequent. Doch Love wollte nicht, dass sie sich verkrampfte, dass sie von ihrer Furcht überrannt wurde, zu sehr genoss er ihre Lust.
Er bewegte sich immer noch rhythmisch und rammend, aber er küsste sanft ihren Hals und nahm erneut die Hände zu Hilfe, mit denen er sich an ihr zu schaffen machte. Einige Momente später spürte er, wie sie sich unter ihm bebend mehrmals verkrampfte, sie schrie beinahe. Er legte ihr eine Hand auf den Mund und starrte sie an, in ihr nun mit geschlossenen Augen verzogenes Gesicht, als auch er erneut einen Höhepunkt erreichte.
"Honey", keuchte er dabei, dann stöhnte er.
Jetzt waren beide wirklich außer Atem, Love ließ ihre Beine sinken, sich auf sie, das Gesicht neben dem ihren im Kissen vergraben, sich mit den Armen leicht über ihr abstützend.
So lagen sie, Haut auf Haut, und atmeten beinahe im selben Rhythmus, so dass sich ihre Brüste und sein Oberkörper beim Einatmen wie zwei Erdplatten gegeneinanderschoben.
Langsam wurde Love klarer, er nahm wahr, wie verschwitzt er war, dass seine gegerbte Haut auf der Ihren pappte. Sie hingegen war nicht klebrig, ihre helle Haut war selbst an den blauen Stellen weich wie Samt. Er strich ihr über einen Arm, hob den Kopf, sah sie an.
Sie atmete gegen seine Brust.
Ihre Lider waren geschlossen, aber flackerten.
Mit aller Kraft versuchte sie, zu verhindern, dass ihr Bewusstsein zurückkam. Dann würde sie der Situation gewahr werden, den Rausch von eben rekonstruieren, begreifen, was geschehen war. Wem der schwere, bebende Körper über ihr gehörte.
Dann öffnete sie die Augen. Als würde sie erwachen. Wach und ruhig, aber mit wachsender Unruhe sah sie ihn an. Ihre Blicken trafen sich.
Love sah ihre ankommende Gefühlsregung und beugte den Kopf, um sie stattdessen zu küssen. Ihre Lippen verharrten aufeinander. Keine sich berührenden Zungen, ein einfacher, langer Kuss, viel statischer als alles, was eben geschehen war, und doch voller Energie.
Als Love sich langsam löste, küsste er sie noch einmal, sanft und kurz. Doch beinahe automatisch gingen ihre Augen wieder auf.
War es das, überlegte Love, hatte sein Körper von Anfang an gespürt, dass ein solcher Akt zwischen ihnen derart erregend und befriedrigend für ihn sein würde, als seien zwei chemisch absolut aufeinander passende Komponenten aufeinanergetroffen? War seine Lust deshalb unabdingbar gewesen?
Nein, dachte er. Wäre nicht ihr Blick, ihr Mundwerk, all das andere, hätte er sie nicht ohne Weiteres so begehrt. Sie war schliesslich realistisch gesehen alles andere als gemacht für ihn.
Doch er dachte nicht an seine erhabene Position, sondern daran, was das Geschehene für sie bedeuten musste.
Bemüht aufgeräumt wollte er eine schelmische Bemerkung machen, als ihr ins Gesicht sah.
"Fang jetzt nicht an zu weinen", sagte er unwillkürlich.
Honey atmete durch und ihre Tränen schienen noch in ihren Augen zu Eis zu werden, starr. Sie blinzelte und sie liefen hinab. Doch als Love vage lächelnd den Kopf schüttelte, das Gesicht immer noch nur Zentimeter von dem ihrem entfernt, beugte sie sich etwas nach oben und Love spürte völlig perplex, wie sie mit der Zunge über die 'M'-förmige Narbe an seinem Bartansatz leckte. Sie schmeckte den metallisch salzigen Geschmack von getrocknetem Blut. Er ließ es zu, dann hob er Kopf etwas höher und sah ihr mit gerunzelter Stirn ins Gesicht.
Sie sah ihn seltsam ernst an und ihre Arme fuhren seitlich hoch, ihre Hände griffen sein Genick. Er wollte ihre Handgelenke nehmen, doch sie sagte leise mit fester Stimme: "Lassen Sie mich."
Mit offenem Mund über diesen Befehl starrte Love sie an, gehorchte aber seltsam verwirrt.
Sie zog seinen Kopf an sich heran, nach vorne, so dass er etwas höher über ihr war, und glitt mit der Zunge über seinen Hals, biss hinein, knabberte an seinem Ohr, griff in seine schulterlangen Haare, saugte seine Haut ein, leckte über seinen Bart, als wäre er ein mit dem Mund zu erkundender Gegenstand, der anziehend schmeckte.
Es war seltsam erregend, zum einen das körperliche Gefühl, zum anderen Honeys völlig versteinertes Vorgehen. Auf eine  neue Art und Weise schien sie, tatsächlich... schien sie ihn zum ersten Mal nicht nur so zu benutzen, wie sie es wollte; Nicht nur körperliche Macht über ihn zu haben, sondern diese Macht auch tatsächlich zu wollen!
Love, der es gewohnt war und vor allem sich darauf Verstand, die Oberhand zu haben, griff nach einigen Momenten an ihre Arme und drückte sie hinab, ihre Handgelenke zur Seite, so dass er den Kopf wieder heben konnte.
Er sah sie an. Angstfrei und ihm tief ins Gesicht atmend blickte sie in seine Augen.
Er musterte sie wachsam, als sie sich erneut etwas aufbäumte, soweit es sein bestimmter Griff gegen ihre Handgelenke erlaubte, und ihm sachte in die Lippe biss.
'Sie spielt, nach all den verbalen Auseinandersetzungen, nach all den Demütigungen, die zwischen uns vorgefallen waren, nun ein sexuelles Machtspiel. Trotz ihrer absoluten Unerfahrenheit auf diesem Gebiet', begriff Love fassungslos und zog sich erneut nach oben.
Es erregte ihn und machte ihn zugleich völlig sprachlos.
Mit einer seltsamen Mischung aus Missbilligung ihres Verhaltens in den Augen und doch einem vage beeindruckten Lächeln sah er sie an. Immernoch mit ausdruckslosem Gesicht, aber beinahe animalischem Funkeln in den Augen starrte sie zurück.
Jetzt geriet Love nicht mehr in Versuchung, eine provokante Bemerkung über den vorherigen Akt zu machen, über ihre Befriedigung, ihre lustvolle Willsenlosigkeit. Sie hatte es mit ihrer Geste geschafft, sich beinahe auf Augenhöhe mit ihm zu begeben.
Love blinzelte und wischte sich mit dem Handrücken etwas Schweiß von der Stirn. Ihm kamen hundert Möglichkeiten in den Sinn, wie er die Machtverhältnisse wieder verschieben konnte, ihr physisch und verbal klarmachen konnte, dass er der eindeutig körperlich und mental Stärkere in diesem Bett, in diesem Raum, in ihrem Leben war.
Doch er tat es nicht. Sie leckte sich mit der Zunge über die Lippen, wie ein Vampir, der zum ersten Mal Blut getrunken hatte. Love schüttelte erneut unwillkürlich den Kopf, doch nun eher ungläubig als voll Missfallen.
Als er nicht auf ihre Herausforderung einging, wurden Honeys Augen nach und nach klarer, als würde sie wieder sie selbst werden.
Love ließ ihre Handgelenke los. Er stützte sich auf und schwang sich von ihr. Jetzt saß er am Bettrand, während Honey nackt und immernoch samtweich, einzig an einigen Stellen von seinem Schweiß benässt, dalag.
Dass sie wieder sie selbst war, spürte sie an dem plötzlichen Bedürfnis, sich mit den Händen zu bedecken, als Love sich leicht umwandte und ihren nackten Körper musterte.
Ihre weiche, weibliche Haut schien seine Hände anzuziehen.
Er strich mit der flachen Hand über ihre Beine, seine rauen Hände auf ihrer Haut, er strich über ihren Bauch und nur mit dem Hauch einer Berührung über die Blutergüsse auf ihren Rippen.
Sie sah aus wie ein Gemälde, ungeachtet der Verletzungen.
Wie konnte ein schäbiger Bastard wie Duval und zwei so dreckige Banditen wie die Murietas mit so einem Wesen verbunden sein?, fragte sich Love.
Wie konnte der Blick der Augen dieses Mädchens, dass von so niedrigem Stand war, so ein Begehren in ihm auslösen...
Wie konnte ihm dieser zierliche Körper, der hell war wie Papier, ihn dazu zu bringen, ihn sanft zu berühren, während er am vergangenen Abend den Kopf Murietas vom Körper getrennt und ihn in einem Stoffbeutel in sein Büro gebracht hatte, wo er ihn gepökelt und in Alkohol eingelegt hatte?
Als könne sie die Fragen in seinen Augen lesen, welche versunken auf ihren Hals starrten, riss Honey ihn aus seinen Gedanken, als sie sich, nun wieder bei vollem Verstand, unbehaglich räusperte und betonungslos raunte: "Das wird eine Narbe in ihrem Gesicht hinterlassen."
Es war eine Feststellung, es war klar, was sie meinte, wo sie doch vor Sekunden noch über das verkrustete 'M' geleckt hatte.
Loves Blick traf ihre Augen. Er nickte langsam. "Das wird es."
"..Macht Ihnen das nichts aus?"
Love sah sie immernoch an, zuckte vage die Achseln und hob eine Braue. "Jeder weiß, dass ich die Murietas geschnappt habe. Es steht für einen Kampf."
Er hob den Kopf, Widerspruch erwartend. Sie hatte ja gefragt.
Doch sie reagierte nicht allergisch aufgebracht, wie sonst, wenn er den Namen 'Murieta' und ihre Brüder erwähnte.
Sie biss stattdessen kurz die Zähne zusammen und sagte dann kalt: "Es könnte auch für 'Mörder' stehen."










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Eigentlich müsste ich das ja mit einer eisernen Stille so stehenlassen, aber ich muss noch was loswerden:
Ich will diese Geschichte nicht beenden! :'D
Und keine Sorge, ich habe ja auch noch Zeug in petto.
Aber mal nachgefragt: Gibt es Situationen, Momente, Zeugs, Begebenheiten, die euch zwischen Honey und Love oder mit den anderen Charakteren noch interessieren würden?  Die ich einbauen kann/soll/will? Wäre total interessant und gäbe mir evtll Schreib- und euch Lesefutter. Und bei meinen treuen Kommentatorinnen ist ja vielleicht der ein oder andere Wunsch offen? :D Wenn nich, auch ok. Ich schreibe so schnell wie es geht weiter. Liebste Grüße!
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