Honey ~ Der Weg deines Herzens
von LunaLu
Kurzbeschreibung
Für die junge Honey bricht eine Welt zusammen, als einer ihrer vom Gesetz gejagten Brüder von Soldaten gefasst wird und sich vor ihren Augen das Leben nimmt. Schlimmer noch - der Hauptmann, Captain Love, nimmt sie gefangen. Es scheint, als stünde Honey nun die schlimmste Zeit ihres Lebens bevor - doch eine unerwartete Beziehung entwickelt sich zwischen den beiden. Eine verbotene Freundschaft in einer Zeit der Gewalt und Rache, Liebe und Leidenschaft.
GeschichteAbenteuer, Drama / P16 / Gen
Captain Harrison Love
OC (Own Character)
06.04.2008
25.07.2021
40
168.234
6
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01.02.2015
3.314
Kapitel 36 - Ein weißes Kleid
Als könne sie die Gitterstäbe durch reine Willenskraft zum Bersten bringen, griff Honey mit beiden Händen um sie, sobald Love sie aus seinen stützenden Armen gelassen hatte.
"Alejandro", hauchte sie.
Alejandro, am Boden knieend, leicht zusammengesunken, Hände und Füße mit Seilen gefesselt, sah auf.
"Honey", stieß er aus, doch es klang gleichauf erfreut und erschrocken. Sie war in der kurzen Zeit, die vergangen war, eindeutig durch weitere Schmerzen gegangen. "Was-"
Dann fiel sein Blick auf Duval.
Fassunglos starrte er ihn an.
"Was zur Hölle...", murmelte er.
"Sie wollten reden", sagte Love auffordernd zu Duval.
Duval hob den Kopf. Durch die Gitterstäbe hindurch starrte er den Gefesselten an. Dann wandte er sich Love zu und fragte verhalten: "Lassen Sie mich hinein?"
Love sah ihn einige Momente an. Dann nickte er in Richtung der Gittertür, was der bewachende Soldat als Aufforderung verstand, sie zu öffnen.
Noch bevor Duval eintreten konnte, war Honey in die Zelle geschlüpft. Sie ließ sich vor Alejandro auf die Knie sinken, sein Gesicht in ihre Hände nehmend.
Er lächelte, wenn er auch nach einigen Momenten Duval anblickte, der in die Zelle gekommen war, gefolt von Love.
Duval stand starr im Raum, wie Geister blickten er und Murieta sich an, während Love, die Hand auf der Pistole, aber ansonsten augenscheinlich gelassen, das Geschehen beobachtete.
Honey kaurte sich neben Alejandro hin, als sei er eine Art Energiequelle für sie, ihn im Arm haltend.
"Murieta", knurrte Duval.
"Was zum Teufel verschlägt dich denn hier her?", fragte Alejandro mit sehr vager Stimme, von Honey beruhigt, die eng bei ihm war.
"Geschäfte", antwortete Duval ruhig und ging noch einen Schritt auf ihn zu, "Ich bin zurück."
Alejandro verzog das Gesicht, doch er antwortete nicht, sondern wendete nur verächtlich gleichgültig den Blick ab.
Duval warf einen angedeuteten Blick zurück zu Love und sprach dann, bemüht ruhig, weiter.
"Ich wollte dich sehen, weil du und dein Mistkerl von einem Bruder mein ganzes Haus leergeräumt habt, als ich damals weggegangen bin. Alle Möbel, alles, was-"
Alejandro lachte auf, doch es war freudlos. Er strich mit der Wange über Honeys Haar und fuhr Duval ruhig, aber höhnisch dazwischen: "Du meinst doch wohl eher den Tabak und das Geld, das unter den Dielen versteckt war. All die Ersparnisse. Dein dreckiges Geschäftsgut."
Love hob leicht den Kopf.
Duval wollte etwas einwerfen, doch reagierte nicht sofort, was Alejandros Worte bestätigte. Murieta lachte erneut auf und wandte sich wieder an Honey, die das Gespräch kalt ließ.
Schließlich sah Alejandro zurück zu Duval und meinte: "Komm schon, frag mich, wo es ist, wir sind doch hier unter uns."
Duval zuckte vor in Richtung Alejandro, doch hielt inne, durchatmend. Er presste die Zähne aufeinander.
Alejandro lächelte kalt.
"Du hast sie im Stich gelassen, dich vor Joaquín und mir verzogen, wie ein Feigling. Und kommst nur wegen des Geldes zurück? Ich muss dich enttäuschen, Duval. Es ist nichts mehr da. Wir haben alles aufgeteilt."
Duval machte entgültig einen Satz nach vorn, um Alejanro hochzureißen, doch Honey erhob sich und trat vor Alejandro, während einer der beider Soldaten vor der Zelle mit einem Satz Duval zurückriss und festhielt.
"Wo ist es, du Bastard?!", rief Duval und machte Anstalten, sich aus dem Griff des Soldaten zu lösen.
"Beruhigen Sie sich", sagte Love, von hinten etwas vortretend.
Honey sah aufgebracht zu Duval, ihre Brust hob und senkte sich, doch als Love vortrat, ging sie einen Schritt zur Seite, wodurch sie ihm den Weg zu Alejandro versperrte.
Love sah ihr in die Augen, doch sie hielt seinem Blick stand.
Duval redete sich in Rage. "Wenn du es nicht rausrückst, werde ich dich-"
"Sie werden gar nichts tun", unterbrach Love ihn, nun entnervter und lauter.
"Sie können ihn nicht erschiessen, bevor ich mein Vermögen zurück habe!", knurrte Duval und wurde noch etwas fester vom Soldaten hinter ihm zurückgehalten.
Honey stand nur fest vor Alejandro, wie eine Katze ihre Beute verteidigend.
"Es ist nichts mehr da", stieß Murieta aus, "Und du kümmerst dich immer noch einen Dreck um das Mädchen, das dich während deiner Saufgelager gepflegt hat!"
"Wag es ja nicht...", sagte Duval jetzt so drohend, dass seine Stimme kaum noch verständlich war, "Sie ist mein ein und alles! Honey, du bist alles", fügte er an Honey gewandt hinzu, "Aber ohne dieses Geld... Wie sollen wir..."
"Schaffen Sie ihn hier raus", sagte Love ruhig, dem das Spiel zu absurd wurde, während Honey leicht ins Schwanken geriet, da sie offensichtlich nur schwer auf beiden Beinen stand.
Duval schleuderte Beleidigungen in Richtung Alejandro, während er aus der Zelle gezogen wurde. Als er draußen die Gitterstäbe passierte, rief Alejandro, der vorher ruhig gewesen war, ihm nach: "Er hat sie missbraucht!"
Duval verstummte und hielt inne, der Soldat mit ihm.
Alejandros Blick fiel auf Love und der Hass, der darin lag, war un ermesslich größer als jener, mit dem er Duval angesehen hatte. Er starrte Love an, der seinen Blick perplex erwiderte, sprach aber an Duval gewandt weiter:
"Er hat sie misshandelt, du Mistkerl!"
Honey schüttelte leicht den Kopf, Alejandro zugewandt, um ihm Einhalt zu gebieten, mit den Lippen ein "Nein!" formend. Doch er sprach weiter: "Er hat sie missbraucht, er hat sie in sein Schlafzimmer gezwungen, hat-"
"Alejandro", flüsterte Honey mit geschlossenen Augen. Er hielt inne und sah zu ihr auf.
Duval starrte Alejandro kurz an, räusperte sich dann und blickte zu Love, der Murieta gelassen, wenn auch recht kalt beobachtet hatte.
Als die Stille sich ausdehnte, sagte Love, kalt, als würde all das kaum von Belang sein: "Das ist richtig, ich habe sie in mein Schlafgemach gelassen."
Honey stieß Luft aus un d Leben kam in sie. Sie kniete sich neben Alejandro zu Boden: "Aber er hat mir nichts angetan!", keuchte sie leise und hielt sein Gesicht in ihrer Hand, "Es ist alles gut, nichts ist passiert."
Duval starrte Love an und fragte, eher verwundert als erschrocken: "Captain, ist... ist das wahr?"
Love sah auf die am Boden knieenden Gefangenen.
Dann sah er kalt und mit gezogener Braue zu Duval. Er sagte schlicht: "Ja", doch es klang herausfordernd, als würde er vor jeder Unterstellung warnen.
"Alles ist in Ordnung, dieses Mal ist nichts...", hauchte Honey weiter an ihren Bruder gewandt, der wütend geschnaubt hatte und hielt inne, als das Geschehen einfror.
Duval runzelte die Stirn, brüskiert wie ein Theaterschauspieler. "Dieses Mal?"
Honey wandt nun entgültig den Blick von ihrem Bruder ab und sah sich um. Sie sah zu Love, der zurücksah.
Sie starrten sich an. Die Drohung in Loves Blick schien von etwas Resignation angeschlagen zu sein.
Er holte scharf Luft, als Duval ununterbrochen vor sich hin murmelte:
"Captain, ich... nun, ich frage mich nur... wenn Ihr es wart, der sie entehrt hat... wenngleich das bei eurem Rang seltsam klingt", er lächelte, "Ich frage mich, ob das nicht irgendwelche Konsequenzen mit sich bringt. Schon vorhin habe ich mich gefragt..."
Love hob den Kopf und sah nun direkt Duval durch die Gitterstäbe an, mit völlig veränderten Augen. Es sah aus, als würde er gleich loslachen, wenn auch eher freudlos.
"Konsequenzen?", fragte er beinahe schelmisch, während sein Körper, die Arme vor der Brust verschränkt, auf einmal auffällig kräftig im Vergleich zum kriecherischen Duval wirkte.
Duval hob leicht die Hände und lachte verlegen auf, redete aber weiter, wenn auch beschwichtigend, während er mit kleinen, tänzerischen Schritten in die Zelle zurückkam: "Nun, meine Tochter ist-w-war ein Mädchen von Ehre, ich... ich denke nur, was soll ich ihrem zukünftigen Mann sagen? Wie soll ich denn überhaupt einen finden? Nun... womöglich interpretiere ich auch zu viel-"
Love sah ihn forschend an, unter sein kaltes Lachen mischte sich eine Spur Ungläubigkeit.
"Was implizieren Sie?", fragte er.
"Hatten Sie Gedanken gehegt, Charlotte zu ehelichen?", brachte Duval in einem Satz heraus, nun beinahe vor Love stehend. Offensichtlich eine Frage, die ihm seit einigen Minuten direkt auf der Zunge gelegen hatte.
Love sah auf. Er öffnete den Mund, doch sprach nicht sofort, so perplex war er ob dieser Frage, dieses Gesprächverlaufs. Duval brabbelte schnell weiter: "Sie hätte eine ansehnliche Mitgift, ihre Mutter hinterließ ihr ein weißes Hochzeitskleid, ich könnte-"
Schließlich schüttelte Love vage den Kopf und sagte lächelnd: "Mister Duval... Ich habe Ihnen eine Frage hinsichtlich dieses Themas bereits vorhin beantwortet, und allmählich bekomme ich den Eindruck, Sie forcieren eine Entwicklung dieser Art." Er ließ Duval nicht zu Wort kommen. "...Aber ich muss Sie enttäuschen. Das wird kaum passieren, zumal wir die kleine Honey vielleicht auch ein Wörtchen mitreden lassen sollten, wenn sie schon da ist."
Er wandte sich lächelnd an Honey, der nicht nach Lachen zu Mute war und die beinahe froh war, dass Alejandro gefesselt war, da er sich sonst mit Sicherheit in einen Todeskampf gestürzt hätte.
"Zumal ich ihr Schutzobjekt töten werde", fügte er verächtlich hinzu.
"Dann töten Sie ihn nicht!", stieß Honey leise aus. Sie sah auf, ließ Alejandro los. "Lassen Sie ihn am Leben!"
Love verdrehte vage die Augen und wollte sich abwenden.
"Wie ein Kind, das um ein Spielzeug bettelt-"
"Er ist mein Bruder", rief Honey, plötzlich laut, "Das ist kein Spiel für mich!"
"Honey", murmelte Alejandro.
"Wenn Sie sie vergewaltigt haben-", meldete Duval sich zu Wort.
Love hob den Kopf und sah Duval an, bevor eine Hand nach vorne schnellte, Duval am Revers packte und ihn brutal gegen die Gitterstäbe stieß.
"Ich habe", begann Love leise und kälter als bei allen Worten zuvor, "Sie in die Garnison gelassen, mit dem Gefangenen sprechen lassen, aber wenn Sie anfangen wollen, mir mit Unterstellungen zu drohen, verlassen Sie dieses Gebäude selber als Gefangener oder tot!"
Er stieß Duval noch einmal gegen die Gitterstäbe und ließ ihn los.
Duval murmelte Entschuldigungen, doch Love beachtete ihn nicht und wies seinen Soldaten mit einem Nicken an, ihn rauszubringen. Als die beiden Gestalten die Treppe emporstiegen, wendete sich Honey, um auch sie rauszubringen, in der Erwartung, sie sei wieder schützend vor ihrem Bruder auf dem Boden.
Doch sie hatte sich während der handgreiflichen Auseinandersetzung aufgerichtet und starrte Love an, die Brauen zusammen gezogen, ernst dreinblickend.
"Was?", fuhr Love sie an.
"... Wäre das ein Problem?"
"Was?", wiederholte Love ungeduldig.
"Wenn... wenn Sie mich... vergewaltigt hätten..."
Love presste kurz die Lippen aufeinander. Wie bitte?!
"Was ist deine Frage?", fragte er leise, der bedrohliche Unterton kehrte zurück.
"Ich dachte, es sei belanglos, weil... ich belanglos bin, aber... Wenn ich Sie damit anklagen könnte- d-dann müssten Sie mich freilassen, oder?"
Love öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
"Dein Vater hat falsche Vorstellungen von der Justiz", sagte er, eine Spur fahle Kälte in der Stimme.
"Aber-"
"Du bist, warst und bleibst meine Gefangene und wenn es nötig ist, kann ich tun und lassen, was ich für angemessen halte", er warf einen Seitenblick auf Alejandro, sah dann wieder geschäftsmäßig zu Honey und sagte beiläufig, "Komm mit."
Sie starrte ihn an, dann Alejandro und schüttelte den Kopf.
Love hatte mit nichts anderem gerechnet und war bereits auf Honey zugekommen, hatte sie hochgehoben und warf sie sich, gegen ihre sofort eintretenden Schreie und schwachen körperlichen Widerstand, über die Schulter.
"Nein!", schrie sie aus leibeskräften, doch Love trug sie, den Blick des Wachsolten ignorierend, mit eiskaltem Gesichtsausdruck die Treppe hinauf, den Flur entlang in Richtung seines Schlafgemaches, ihre Tritte gegen seinen Bauch und Fäuste gegen seinen Rücken wurden etwas intensiver, kurz vor der Tür im oberen Stock ließ er sie herab.
Sie keuchte und wollte zurück, als Love sie in Ermangelung eines Kragens mit einer Hand um ihren Hand gegen die Wand drückte, wie er es bei Duval getan hatte.
Er unterbrach ihre Proteste und fragte wütend schnaubend: "Vergewaltigt? Ich erinnere mich nicht, mich dir gegen deinen Willen aufgezwängt zu haben! Dass du deine Ehre an mich verloren hast ist deine Schuld!"
"Meine Ehre ist mir völlig egal", erwiderte Honey, leise, Love angsterfüllt anstarrend.
Love fiel auf, dass er tatsächlich seinen Ausfall gegen Duval mit ihr fortsetzte. Er ließ sie los.
Sie hustete und beugte sich vor, sich eine Träne von der Wange wischend.
"Es tut mir Leid", sagte Love leise, sie beobachtend, "Es steht eine Menge auf dem Spiel. Ich habe jahrelang auf diese Beförderung hingearbeitet, und da kommt ein Ganove von deinem Vater und -"
Honey sah auf.
"Love, wenn Sie mich nicht mehr gebrauchen können, entsorgen Sie mich doch einfach."
Love starrte sie an.
Honey richtete sich auf, Tränen liefen ihr über die Wangen und sie wurde lauter.
"Sie haben Joaquín nach einer Hetzjagd gefangen, Alejandro und Zorro zugleich geschnappt, sie wollen ihn für den Triumph hinrichten lassen, das bringt Ihnen Ruhm und was weiß ich, wenn die verdammten Leute das als Ehre ansehen, dann bitteschön, auch das... aber ich- ich bringe Ihnen gar nichts!"
Sie sah ihn weinend an und wiederholte laut, "Gar nichts!", wobei sie ihm die Hände gegen die Brust schlug.
Dann stand sie vor ihm, schwer atmend.
"Ich weiß nicht sicher, was es ist, aber du bringst mir etwas", sagte Love leise.
Honey rauschte weiter in ihren Worten: "Sie sagen mir jeden Tag, dass Sir mir nichts mehr tun werden, dass Sie mir nicht wehtun werden, aber Sie tun es, und Sie haben die verletzt, die ich liebe!", rief sie, die Stimme vom Weinen und vor Wut bebend. "Sie greifen mich an und küssen mich abwechselnd, Sie sind jeden Tag ein anderer, aber bei mir ist alles gleich, ich habe nur diese einzige Bitte, immer gehabt und immernoch: Tun Sie Alejandro nichts an!"
Love atmete aus. Er sah kurz zu Boden, dann wieder zu Honey.
"Er ist der letzte Schritt auf meinem Weg zum General. Also würde ich ihn auch exekutieren, wenn er kein volksverräterischer, verkommener Dieb oder auf die Idee gekommen wäre, sich als Monteros Erzfeind zu verkleiden."
Honey atmete ein und aus, ihn anstarrend, sich beruhigend, die Tränen mit dem Ärmel wegwischend.
Doch neue kamen nach, als sie leise sagte: "Ich hätte sie töten sollen. Ich hatte so viele Gelegenheiten. Heute Nacht... hätte ich Sie töten sollen."
Love hob warnend den Kopf. "Du siehst nicht, dass ich es war, der dich vor einigem bewahrt hat. Ich hätte dich gleich auf die Mine schicken können, wo du als Zwangsarbeiterin-"
"Da haben Sie mich aber noch als Druckmittel gebraucht!"
Love fuhr unbeirrt fort und Honey und er kamen hitzig sprechend näher aufeinander zu.
"Ich hätte dich hier meinen Soldaten überlassen können, die sich mit Sicherheit auf dich-"
"Sie hatten mich als Beute, und wollten mich für sich selbst, ihr eigener Triumph-"
"Ich hätte dich auf der Mine sterben lassen können, ich hätte dich unten in der Zelle verrotten lassen können und ich hätte dir jede Nacht in meinem Bett tatsächlich einen Teil deiner Ehre nehmen können!"
Die beiden standen nur noch eine Armlänge von einander entfernt.
"Und warum haben Sie es nicht getan?!", rief Honey herausfordernd.
Love hielt inne. Nach einem Moment antwortete er herausfordernd: "Warum hast du mich nicht umgebracht?"
Honey wollte etwas erwidern, doch fand keine Antwort, sie sahen sich nur an.
"Captain", erklang eine Stimme hinter Love. Beide wandten sich, wie aus einer Trance gerissen, dem Soldaten zu, der sich unbemerkt genähert hatte.
"Was?", fragte Love.
"Don Montero hat die Beförderungspapiere fertig, sie können Sie heute unterzeichnen, wenngleich die Zeremonie morgen stattfindet, Sir."
Love brauchte einen Moment, um die Worte einsortieren zu können, dann nickte er. Der Soldat salutierte und trat ab, Love drehte sich zu Honey um.
"In welches Zimmer soll ich dich einschließen?"
"In irgendeins, in dem Sie nicht sind!", gab sie garstig zurück.
Love lachte beinahe auf und schob sie in sein Schlafgemach, welches er hinter ihr verschloss.
Mit einer Unterschrift würde die Karriere, auf die er seit Jahren hinarbeitete, besiegelt sein.
Honey konnte nicht schlafen, nicht ruhig sitzen. Ihr Körper war müde, aber sie lief durchs Zimmer, sie war besorgt um Alejandro, doch war allem immernoch aufgebracht. Wütend. Zornig über das Gespräch mit Love. Über sich selbst. Ihre Hilflosigkeit.
Als die Tür aufflog schien es ihr, als seien nur ein Dutzend Minuten vergangen, tatsächlich war es schon dunkel draußen.
Und es war nicht Love, der voranschritt, es war Montero.
Und er hatte einen Gesichtsausdruck aufgesetzt, der nichts Gutes verhieß.
Honey stand vom Schreibtischstuhl auf, an dem sie sich schließlich niedergelassen hatte und blickte ihn fragend an.
"Wo ist er?!"
Love erschien hinter Montero. Erstaunlicherweise kam Honey nicht umhin, ein golden glänzendes Abzeichen auf seiner Brust wahrzunehmen, wodurch sie erst nach einem Moment verwirrt den Kopf schüttelte und fragte: "W-Wer?"
Montero atmete durch und kam einen Schritt in den Raum hinein.
"Wo zur Hölle ist Murieta?!"
Honeys starrte ihn an. Dann sah sie Love an, welcher todernst zurücksah.
"Ist er weg?", stieß sie aus und ein Funken Freude mischte sich in ihre Augen. "Oh Gott", hauchte sie und ließ sich langsam nieder. "Oh Gott..."
"Sie weiß es nicht", sagte Love leise.
Doch Montero wand sich zu ihm um und presste hervor: "Für die Drecksarbeit sind Sie immernoch zuständig, Love, General oder nicht, und wer soll etwas über einen völlig unmöglichem Ausbruch Zorros wissen, wenn nicht dieses vermaledeite Mädchen?!"
Love wandte sich Honey zu und sagte: "Er hat den Wachposten zusammengeschlagen und ist aus der Zelle entwischt."
In seinen Augen sah Honey Zorn, Drohung und unbändige Kampfeslust, da sein Gegner ihm entwischt war, doch er sprach kontrolliert.
"Ich- Ich war hier! Sie haben mich doch eingeschlossen!"
Montero fuhr von Honey erneut zu Love herum und zischte: "Dieser Mann gefärdert jedes unserer Geschäfte mit Santa Anna. Finden Sie ihn. Foltern Sie sie, hängen Sie sie, es ist mir egal, aber beschaffen Sie mir ihren Bruder!"
Er blickte Love an, doch dieser starrte nur ausdruckslos kalt zurück.
Montero presste die Lippen zusammen und rief dann einem des halben Dutzend Soldaten, die den beiden gefolgt waren, zu: "Bringen Sie sie zur Plaza und stellen Sie sie öffentlich aus, ich will, dass dieser Mistkerl angelockt wird, es hat schon einmal funktioniert..."
Der Soldat trat vor, doch als er an Love vorbeiwollte, hielt dieser ihn mit dem Arm auf.
"Don Montero", sagte er, nun eindeutig bemüht ruhig, "Sie haben mich soeben zum Oberbefehlshaber über die Kalifornische Armee benannt, die Macht, meinen Soldaten Befehle zu erteilen, liegt bei mir!"
Montero starrte Love an und stieß drohend aus: "Sie haben Ihre Macht durch mich erlangt Love, und wenn Sie wollen, dass Santa Anna Sie lange genug am Leben lässt, damit Sie sie auskosten können, dann tun Sie Ihre Pflicht und bringen Sie sie zum Reden!"
Montero wand sich und hab und wollte davonrauschen, als Love Honey kalt ansah und dann laut sagte: "Das geht nicht. Ich werde sie nicht als Geisel benutzen können."
Montero, schon im Flur, hielt inne.
"Warum?!", fragte er brodelnd.
Love warf der starr lauschenden Honey noch einen Blick zu, bevor er sich zu Montero umdrehte und antwortete:
"Weil sie meine Frau wird."
Als könne sie die Gitterstäbe durch reine Willenskraft zum Bersten bringen, griff Honey mit beiden Händen um sie, sobald Love sie aus seinen stützenden Armen gelassen hatte.
"Alejandro", hauchte sie.
Alejandro, am Boden knieend, leicht zusammengesunken, Hände und Füße mit Seilen gefesselt, sah auf.
"Honey", stieß er aus, doch es klang gleichauf erfreut und erschrocken. Sie war in der kurzen Zeit, die vergangen war, eindeutig durch weitere Schmerzen gegangen. "Was-"
Dann fiel sein Blick auf Duval.
Fassunglos starrte er ihn an.
"Was zur Hölle...", murmelte er.
"Sie wollten reden", sagte Love auffordernd zu Duval.
Duval hob den Kopf. Durch die Gitterstäbe hindurch starrte er den Gefesselten an. Dann wandte er sich Love zu und fragte verhalten: "Lassen Sie mich hinein?"
Love sah ihn einige Momente an. Dann nickte er in Richtung der Gittertür, was der bewachende Soldat als Aufforderung verstand, sie zu öffnen.
Noch bevor Duval eintreten konnte, war Honey in die Zelle geschlüpft. Sie ließ sich vor Alejandro auf die Knie sinken, sein Gesicht in ihre Hände nehmend.
Er lächelte, wenn er auch nach einigen Momenten Duval anblickte, der in die Zelle gekommen war, gefolt von Love.
Duval stand starr im Raum, wie Geister blickten er und Murieta sich an, während Love, die Hand auf der Pistole, aber ansonsten augenscheinlich gelassen, das Geschehen beobachtete.
Honey kaurte sich neben Alejandro hin, als sei er eine Art Energiequelle für sie, ihn im Arm haltend.
"Murieta", knurrte Duval.
"Was zum Teufel verschlägt dich denn hier her?", fragte Alejandro mit sehr vager Stimme, von Honey beruhigt, die eng bei ihm war.
"Geschäfte", antwortete Duval ruhig und ging noch einen Schritt auf ihn zu, "Ich bin zurück."
Alejandro verzog das Gesicht, doch er antwortete nicht, sondern wendete nur verächtlich gleichgültig den Blick ab.
Duval warf einen angedeuteten Blick zurück zu Love und sprach dann, bemüht ruhig, weiter.
"Ich wollte dich sehen, weil du und dein Mistkerl von einem Bruder mein ganzes Haus leergeräumt habt, als ich damals weggegangen bin. Alle Möbel, alles, was-"
Alejandro lachte auf, doch es war freudlos. Er strich mit der Wange über Honeys Haar und fuhr Duval ruhig, aber höhnisch dazwischen: "Du meinst doch wohl eher den Tabak und das Geld, das unter den Dielen versteckt war. All die Ersparnisse. Dein dreckiges Geschäftsgut."
Love hob leicht den Kopf.
Duval wollte etwas einwerfen, doch reagierte nicht sofort, was Alejandros Worte bestätigte. Murieta lachte erneut auf und wandte sich wieder an Honey, die das Gespräch kalt ließ.
Schließlich sah Alejandro zurück zu Duval und meinte: "Komm schon, frag mich, wo es ist, wir sind doch hier unter uns."
Duval zuckte vor in Richtung Alejandro, doch hielt inne, durchatmend. Er presste die Zähne aufeinander.
Alejandro lächelte kalt.
"Du hast sie im Stich gelassen, dich vor Joaquín und mir verzogen, wie ein Feigling. Und kommst nur wegen des Geldes zurück? Ich muss dich enttäuschen, Duval. Es ist nichts mehr da. Wir haben alles aufgeteilt."
Duval machte entgültig einen Satz nach vorn, um Alejanro hochzureißen, doch Honey erhob sich und trat vor Alejandro, während einer der beider Soldaten vor der Zelle mit einem Satz Duval zurückriss und festhielt.
"Wo ist es, du Bastard?!", rief Duval und machte Anstalten, sich aus dem Griff des Soldaten zu lösen.
"Beruhigen Sie sich", sagte Love, von hinten etwas vortretend.
Honey sah aufgebracht zu Duval, ihre Brust hob und senkte sich, doch als Love vortrat, ging sie einen Schritt zur Seite, wodurch sie ihm den Weg zu Alejandro versperrte.
Love sah ihr in die Augen, doch sie hielt seinem Blick stand.
Duval redete sich in Rage. "Wenn du es nicht rausrückst, werde ich dich-"
"Sie werden gar nichts tun", unterbrach Love ihn, nun entnervter und lauter.
"Sie können ihn nicht erschiessen, bevor ich mein Vermögen zurück habe!", knurrte Duval und wurde noch etwas fester vom Soldaten hinter ihm zurückgehalten.
Honey stand nur fest vor Alejandro, wie eine Katze ihre Beute verteidigend.
"Es ist nichts mehr da", stieß Murieta aus, "Und du kümmerst dich immer noch einen Dreck um das Mädchen, das dich während deiner Saufgelager gepflegt hat!"
"Wag es ja nicht...", sagte Duval jetzt so drohend, dass seine Stimme kaum noch verständlich war, "Sie ist mein ein und alles! Honey, du bist alles", fügte er an Honey gewandt hinzu, "Aber ohne dieses Geld... Wie sollen wir..."
"Schaffen Sie ihn hier raus", sagte Love ruhig, dem das Spiel zu absurd wurde, während Honey leicht ins Schwanken geriet, da sie offensichtlich nur schwer auf beiden Beinen stand.
Duval schleuderte Beleidigungen in Richtung Alejandro, während er aus der Zelle gezogen wurde. Als er draußen die Gitterstäbe passierte, rief Alejandro, der vorher ruhig gewesen war, ihm nach: "Er hat sie missbraucht!"
Duval verstummte und hielt inne, der Soldat mit ihm.
Alejandros Blick fiel auf Love und der Hass, der darin lag, war un ermesslich größer als jener, mit dem er Duval angesehen hatte. Er starrte Love an, der seinen Blick perplex erwiderte, sprach aber an Duval gewandt weiter:
"Er hat sie misshandelt, du Mistkerl!"
Honey schüttelte leicht den Kopf, Alejandro zugewandt, um ihm Einhalt zu gebieten, mit den Lippen ein "Nein!" formend. Doch er sprach weiter: "Er hat sie missbraucht, er hat sie in sein Schlafzimmer gezwungen, hat-"
"Alejandro", flüsterte Honey mit geschlossenen Augen. Er hielt inne und sah zu ihr auf.
Duval starrte Alejandro kurz an, räusperte sich dann und blickte zu Love, der Murieta gelassen, wenn auch recht kalt beobachtet hatte.
Als die Stille sich ausdehnte, sagte Love, kalt, als würde all das kaum von Belang sein: "Das ist richtig, ich habe sie in mein Schlafgemach gelassen."
Honey stieß Luft aus un d Leben kam in sie. Sie kniete sich neben Alejandro zu Boden: "Aber er hat mir nichts angetan!", keuchte sie leise und hielt sein Gesicht in ihrer Hand, "Es ist alles gut, nichts ist passiert."
Duval starrte Love an und fragte, eher verwundert als erschrocken: "Captain, ist... ist das wahr?"
Love sah auf die am Boden knieenden Gefangenen.
Dann sah er kalt und mit gezogener Braue zu Duval. Er sagte schlicht: "Ja", doch es klang herausfordernd, als würde er vor jeder Unterstellung warnen.
"Alles ist in Ordnung, dieses Mal ist nichts...", hauchte Honey weiter an ihren Bruder gewandt, der wütend geschnaubt hatte und hielt inne, als das Geschehen einfror.
Duval runzelte die Stirn, brüskiert wie ein Theaterschauspieler. "Dieses Mal?"
Honey wandt nun entgültig den Blick von ihrem Bruder ab und sah sich um. Sie sah zu Love, der zurücksah.
Sie starrten sich an. Die Drohung in Loves Blick schien von etwas Resignation angeschlagen zu sein.
Er holte scharf Luft, als Duval ununterbrochen vor sich hin murmelte:
"Captain, ich... nun, ich frage mich nur... wenn Ihr es wart, der sie entehrt hat... wenngleich das bei eurem Rang seltsam klingt", er lächelte, "Ich frage mich, ob das nicht irgendwelche Konsequenzen mit sich bringt. Schon vorhin habe ich mich gefragt..."
Love hob den Kopf und sah nun direkt Duval durch die Gitterstäbe an, mit völlig veränderten Augen. Es sah aus, als würde er gleich loslachen, wenn auch eher freudlos.
"Konsequenzen?", fragte er beinahe schelmisch, während sein Körper, die Arme vor der Brust verschränkt, auf einmal auffällig kräftig im Vergleich zum kriecherischen Duval wirkte.
Duval hob leicht die Hände und lachte verlegen auf, redete aber weiter, wenn auch beschwichtigend, während er mit kleinen, tänzerischen Schritten in die Zelle zurückkam: "Nun, meine Tochter ist-w-war ein Mädchen von Ehre, ich... ich denke nur, was soll ich ihrem zukünftigen Mann sagen? Wie soll ich denn überhaupt einen finden? Nun... womöglich interpretiere ich auch zu viel-"
Love sah ihn forschend an, unter sein kaltes Lachen mischte sich eine Spur Ungläubigkeit.
"Was implizieren Sie?", fragte er.
"Hatten Sie Gedanken gehegt, Charlotte zu ehelichen?", brachte Duval in einem Satz heraus, nun beinahe vor Love stehend. Offensichtlich eine Frage, die ihm seit einigen Minuten direkt auf der Zunge gelegen hatte.
Love sah auf. Er öffnete den Mund, doch sprach nicht sofort, so perplex war er ob dieser Frage, dieses Gesprächverlaufs. Duval brabbelte schnell weiter: "Sie hätte eine ansehnliche Mitgift, ihre Mutter hinterließ ihr ein weißes Hochzeitskleid, ich könnte-"
Schließlich schüttelte Love vage den Kopf und sagte lächelnd: "Mister Duval... Ich habe Ihnen eine Frage hinsichtlich dieses Themas bereits vorhin beantwortet, und allmählich bekomme ich den Eindruck, Sie forcieren eine Entwicklung dieser Art." Er ließ Duval nicht zu Wort kommen. "...Aber ich muss Sie enttäuschen. Das wird kaum passieren, zumal wir die kleine Honey vielleicht auch ein Wörtchen mitreden lassen sollten, wenn sie schon da ist."
Er wandte sich lächelnd an Honey, der nicht nach Lachen zu Mute war und die beinahe froh war, dass Alejandro gefesselt war, da er sich sonst mit Sicherheit in einen Todeskampf gestürzt hätte.
"Zumal ich ihr Schutzobjekt töten werde", fügte er verächtlich hinzu.
"Dann töten Sie ihn nicht!", stieß Honey leise aus. Sie sah auf, ließ Alejandro los. "Lassen Sie ihn am Leben!"
Love verdrehte vage die Augen und wollte sich abwenden.
"Wie ein Kind, das um ein Spielzeug bettelt-"
"Er ist mein Bruder", rief Honey, plötzlich laut, "Das ist kein Spiel für mich!"
"Honey", murmelte Alejandro.
"Wenn Sie sie vergewaltigt haben-", meldete Duval sich zu Wort.
Love hob den Kopf und sah Duval an, bevor eine Hand nach vorne schnellte, Duval am Revers packte und ihn brutal gegen die Gitterstäbe stieß.
"Ich habe", begann Love leise und kälter als bei allen Worten zuvor, "Sie in die Garnison gelassen, mit dem Gefangenen sprechen lassen, aber wenn Sie anfangen wollen, mir mit Unterstellungen zu drohen, verlassen Sie dieses Gebäude selber als Gefangener oder tot!"
Er stieß Duval noch einmal gegen die Gitterstäbe und ließ ihn los.
Duval murmelte Entschuldigungen, doch Love beachtete ihn nicht und wies seinen Soldaten mit einem Nicken an, ihn rauszubringen. Als die beiden Gestalten die Treppe emporstiegen, wendete sich Honey, um auch sie rauszubringen, in der Erwartung, sie sei wieder schützend vor ihrem Bruder auf dem Boden.
Doch sie hatte sich während der handgreiflichen Auseinandersetzung aufgerichtet und starrte Love an, die Brauen zusammen gezogen, ernst dreinblickend.
"Was?", fuhr Love sie an.
"... Wäre das ein Problem?"
"Was?", wiederholte Love ungeduldig.
"Wenn... wenn Sie mich... vergewaltigt hätten..."
Love presste kurz die Lippen aufeinander. Wie bitte?!
"Was ist deine Frage?", fragte er leise, der bedrohliche Unterton kehrte zurück.
"Ich dachte, es sei belanglos, weil... ich belanglos bin, aber... Wenn ich Sie damit anklagen könnte- d-dann müssten Sie mich freilassen, oder?"
Love öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
"Dein Vater hat falsche Vorstellungen von der Justiz", sagte er, eine Spur fahle Kälte in der Stimme.
"Aber-"
"Du bist, warst und bleibst meine Gefangene und wenn es nötig ist, kann ich tun und lassen, was ich für angemessen halte", er warf einen Seitenblick auf Alejandro, sah dann wieder geschäftsmäßig zu Honey und sagte beiläufig, "Komm mit."
Sie starrte ihn an, dann Alejandro und schüttelte den Kopf.
Love hatte mit nichts anderem gerechnet und war bereits auf Honey zugekommen, hatte sie hochgehoben und warf sie sich, gegen ihre sofort eintretenden Schreie und schwachen körperlichen Widerstand, über die Schulter.
"Nein!", schrie sie aus leibeskräften, doch Love trug sie, den Blick des Wachsolten ignorierend, mit eiskaltem Gesichtsausdruck die Treppe hinauf, den Flur entlang in Richtung seines Schlafgemaches, ihre Tritte gegen seinen Bauch und Fäuste gegen seinen Rücken wurden etwas intensiver, kurz vor der Tür im oberen Stock ließ er sie herab.
Sie keuchte und wollte zurück, als Love sie in Ermangelung eines Kragens mit einer Hand um ihren Hand gegen die Wand drückte, wie er es bei Duval getan hatte.
Er unterbrach ihre Proteste und fragte wütend schnaubend: "Vergewaltigt? Ich erinnere mich nicht, mich dir gegen deinen Willen aufgezwängt zu haben! Dass du deine Ehre an mich verloren hast ist deine Schuld!"
"Meine Ehre ist mir völlig egal", erwiderte Honey, leise, Love angsterfüllt anstarrend.
Love fiel auf, dass er tatsächlich seinen Ausfall gegen Duval mit ihr fortsetzte. Er ließ sie los.
Sie hustete und beugte sich vor, sich eine Träne von der Wange wischend.
"Es tut mir Leid", sagte Love leise, sie beobachtend, "Es steht eine Menge auf dem Spiel. Ich habe jahrelang auf diese Beförderung hingearbeitet, und da kommt ein Ganove von deinem Vater und -"
Honey sah auf.
"Love, wenn Sie mich nicht mehr gebrauchen können, entsorgen Sie mich doch einfach."
Love starrte sie an.
Honey richtete sich auf, Tränen liefen ihr über die Wangen und sie wurde lauter.
"Sie haben Joaquín nach einer Hetzjagd gefangen, Alejandro und Zorro zugleich geschnappt, sie wollen ihn für den Triumph hinrichten lassen, das bringt Ihnen Ruhm und was weiß ich, wenn die verdammten Leute das als Ehre ansehen, dann bitteschön, auch das... aber ich- ich bringe Ihnen gar nichts!"
Sie sah ihn weinend an und wiederholte laut, "Gar nichts!", wobei sie ihm die Hände gegen die Brust schlug.
Dann stand sie vor ihm, schwer atmend.
"Ich weiß nicht sicher, was es ist, aber du bringst mir etwas", sagte Love leise.
Honey rauschte weiter in ihren Worten: "Sie sagen mir jeden Tag, dass Sir mir nichts mehr tun werden, dass Sie mir nicht wehtun werden, aber Sie tun es, und Sie haben die verletzt, die ich liebe!", rief sie, die Stimme vom Weinen und vor Wut bebend. "Sie greifen mich an und küssen mich abwechselnd, Sie sind jeden Tag ein anderer, aber bei mir ist alles gleich, ich habe nur diese einzige Bitte, immer gehabt und immernoch: Tun Sie Alejandro nichts an!"
Love atmete aus. Er sah kurz zu Boden, dann wieder zu Honey.
"Er ist der letzte Schritt auf meinem Weg zum General. Also würde ich ihn auch exekutieren, wenn er kein volksverräterischer, verkommener Dieb oder auf die Idee gekommen wäre, sich als Monteros Erzfeind zu verkleiden."
Honey atmete ein und aus, ihn anstarrend, sich beruhigend, die Tränen mit dem Ärmel wegwischend.
Doch neue kamen nach, als sie leise sagte: "Ich hätte sie töten sollen. Ich hatte so viele Gelegenheiten. Heute Nacht... hätte ich Sie töten sollen."
Love hob warnend den Kopf. "Du siehst nicht, dass ich es war, der dich vor einigem bewahrt hat. Ich hätte dich gleich auf die Mine schicken können, wo du als Zwangsarbeiterin-"
"Da haben Sie mich aber noch als Druckmittel gebraucht!"
Love fuhr unbeirrt fort und Honey und er kamen hitzig sprechend näher aufeinander zu.
"Ich hätte dich hier meinen Soldaten überlassen können, die sich mit Sicherheit auf dich-"
"Sie hatten mich als Beute, und wollten mich für sich selbst, ihr eigener Triumph-"
"Ich hätte dich auf der Mine sterben lassen können, ich hätte dich unten in der Zelle verrotten lassen können und ich hätte dir jede Nacht in meinem Bett tatsächlich einen Teil deiner Ehre nehmen können!"
Die beiden standen nur noch eine Armlänge von einander entfernt.
"Und warum haben Sie es nicht getan?!", rief Honey herausfordernd.
Love hielt inne. Nach einem Moment antwortete er herausfordernd: "Warum hast du mich nicht umgebracht?"
Honey wollte etwas erwidern, doch fand keine Antwort, sie sahen sich nur an.
"Captain", erklang eine Stimme hinter Love. Beide wandten sich, wie aus einer Trance gerissen, dem Soldaten zu, der sich unbemerkt genähert hatte.
"Was?", fragte Love.
"Don Montero hat die Beförderungspapiere fertig, sie können Sie heute unterzeichnen, wenngleich die Zeremonie morgen stattfindet, Sir."
Love brauchte einen Moment, um die Worte einsortieren zu können, dann nickte er. Der Soldat salutierte und trat ab, Love drehte sich zu Honey um.
"In welches Zimmer soll ich dich einschließen?"
"In irgendeins, in dem Sie nicht sind!", gab sie garstig zurück.
Love lachte beinahe auf und schob sie in sein Schlafgemach, welches er hinter ihr verschloss.
Mit einer Unterschrift würde die Karriere, auf die er seit Jahren hinarbeitete, besiegelt sein.
Honey konnte nicht schlafen, nicht ruhig sitzen. Ihr Körper war müde, aber sie lief durchs Zimmer, sie war besorgt um Alejandro, doch war allem immernoch aufgebracht. Wütend. Zornig über das Gespräch mit Love. Über sich selbst. Ihre Hilflosigkeit.
Als die Tür aufflog schien es ihr, als seien nur ein Dutzend Minuten vergangen, tatsächlich war es schon dunkel draußen.
Und es war nicht Love, der voranschritt, es war Montero.
Und er hatte einen Gesichtsausdruck aufgesetzt, der nichts Gutes verhieß.
Honey stand vom Schreibtischstuhl auf, an dem sie sich schließlich niedergelassen hatte und blickte ihn fragend an.
"Wo ist er?!"
Love erschien hinter Montero. Erstaunlicherweise kam Honey nicht umhin, ein golden glänzendes Abzeichen auf seiner Brust wahrzunehmen, wodurch sie erst nach einem Moment verwirrt den Kopf schüttelte und fragte: "W-Wer?"
Montero atmete durch und kam einen Schritt in den Raum hinein.
"Wo zur Hölle ist Murieta?!"
Honeys starrte ihn an. Dann sah sie Love an, welcher todernst zurücksah.
"Ist er weg?", stieß sie aus und ein Funken Freude mischte sich in ihre Augen. "Oh Gott", hauchte sie und ließ sich langsam nieder. "Oh Gott..."
"Sie weiß es nicht", sagte Love leise.
Doch Montero wand sich zu ihm um und presste hervor: "Für die Drecksarbeit sind Sie immernoch zuständig, Love, General oder nicht, und wer soll etwas über einen völlig unmöglichem Ausbruch Zorros wissen, wenn nicht dieses vermaledeite Mädchen?!"
Love wandte sich Honey zu und sagte: "Er hat den Wachposten zusammengeschlagen und ist aus der Zelle entwischt."
In seinen Augen sah Honey Zorn, Drohung und unbändige Kampfeslust, da sein Gegner ihm entwischt war, doch er sprach kontrolliert.
"Ich- Ich war hier! Sie haben mich doch eingeschlossen!"
Montero fuhr von Honey erneut zu Love herum und zischte: "Dieser Mann gefärdert jedes unserer Geschäfte mit Santa Anna. Finden Sie ihn. Foltern Sie sie, hängen Sie sie, es ist mir egal, aber beschaffen Sie mir ihren Bruder!"
Er blickte Love an, doch dieser starrte nur ausdruckslos kalt zurück.
Montero presste die Lippen zusammen und rief dann einem des halben Dutzend Soldaten, die den beiden gefolgt waren, zu: "Bringen Sie sie zur Plaza und stellen Sie sie öffentlich aus, ich will, dass dieser Mistkerl angelockt wird, es hat schon einmal funktioniert..."
Der Soldat trat vor, doch als er an Love vorbeiwollte, hielt dieser ihn mit dem Arm auf.
"Don Montero", sagte er, nun eindeutig bemüht ruhig, "Sie haben mich soeben zum Oberbefehlshaber über die Kalifornische Armee benannt, die Macht, meinen Soldaten Befehle zu erteilen, liegt bei mir!"
Montero starrte Love an und stieß drohend aus: "Sie haben Ihre Macht durch mich erlangt Love, und wenn Sie wollen, dass Santa Anna Sie lange genug am Leben lässt, damit Sie sie auskosten können, dann tun Sie Ihre Pflicht und bringen Sie sie zum Reden!"
Montero wand sich und hab und wollte davonrauschen, als Love Honey kalt ansah und dann laut sagte: "Das geht nicht. Ich werde sie nicht als Geisel benutzen können."
Montero, schon im Flur, hielt inne.
"Warum?!", fragte er brodelnd.
Love warf der starr lauschenden Honey noch einen Blick zu, bevor er sich zu Montero umdrehte und antwortete:
"Weil sie meine Frau wird."