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Honey ~ Der Weg deines Herzens

von LunaLu
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Drama / P16 / Gen
Captain Harrison Love OC (Own Character)
06.04.2008
25.07.2021
40
168.234
6
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01.02.2015 4.470
 
Kapitel 35 - Vater und Tochter

Es waren nicht das golden schimmernde, rotbraune Haare oder die feinen Gesichtzüge, die Love an Honey erinnerten. Es war das Stechen im Blick, das ihm sagte, dass er hier tatsächlich den Vater von Honey Murieta vor sich hatte.
Der Mann wirkte zwielichtig und auf unterdrückte Art dunkel und heruntergekommen, doch er stand immernoch starr aufrecht und blickte Love an, als sei er einer von Loves Soldaten. Duval war selbst einst Soldat gewesen, das hatte Honey einmal erzählt, und nun kam es Love wieder in den Sinn.
Love runzelte die Stirn.
"Ihre... Tocher?", fragte er perplex.
"Nun, in der Zeitung nannten sie sie Honey, in der einen, irgendwo stand etwas von ..."
"Honey Murieta", unterbrach Love ihn unfreundlich.
"Ja", sagte der Mann und lächelte, "Honey Duval ist richtig. Charlotte Lily Duval ist noch richtiger. Sie ist meine Tochter. Und ich will Ihnen versichern", er hob beschwichtigend die Hände, "Dass sie mit den Machenschaften der Murietas nichts am Hut hat."
Love fiel es schwer, seinen Mund zu schließen.
Damit hatte er nicht gerechnet - und nach den Geschehnissen in den letzten Tagen war er sicher gewesen, alles könne geschehen.
Er blinzelte, wahrte aber sein kühl-distanziertes Äußeres. Er hob den Kopf.
Duvals Blick fiel auf das Geschehen hinter Love. Seine beinahe kameradschaftliche Fassade wankte und er schluckte.
"Das... das ist er", sagte er und sah zu Alejandro hinüber, der den Kopf nach hinten an den Pfahl gelehnt hatte, die Augen geschlossen, wie ein erschöpfter Schlafender.
Love wandte sich kurz um und sah dann zurück zu Duval.
"Murieta."
"Aber", der Mann sah kurz zu Boden und dann, wieder mit vertraulicher Miene, in Loves Gesicht, "...sie, Honey, sie ist nicht- Sie wird nicht-"
"Hingerichtet", half Love ihm tonlos auf die Sprünge, fügte aber nichts hinzu. Stattdessen blickte er Duval prüfend an. Die Männer standen einen Augenblick so da, bis Duval Loves Blick auswich und wieder zu Alejandro sah.
"Ich muss mit ihm reden", sagte Duval, eine Spur Kälte in der Stimme.
Love hob den Kopf. "Ich bin im Augenblick, wie Sie sehen, beschäftigt. Sie können in der Garnison auf mich warten." Er wies den Soldaten an, Duval zum Eingang der Garnison zu bringen und sah den beiden kurz nach.
Duval war hochgewachsen, wenn auch etwas kleiner als Love. Er warf kurze Blicke zurück auf Love und die Hinrichtungstribüne.
Schließlich drehte sich Love auch um, als ihm schon Montero eilig entgegenschritt.
"Was verursacht die Verzögerung?"
"Ein ... Besucher", antwortete Love.
Die Männer wandten sich der Tribüne zu.
Die Sonne stand hoch am Himmel, als wolle sie für Alejandro ihre Schönheit zeigen, bevor er die Augen für immer schloss.
 Nach einigen Minuten, in denen er auf Kommandoschreie und den befreienden Schuss wartete, trat plötzlich jemand von hinten an ihn heran. Er wurde losgebunden.

"Captain", sagte Duval mit überdeutlicher Freude in der Stimme, "da sind Sie ja!"
Love zog seine gelben Handschuhe aus und steckte sie in seinen Gürtel, während er auf ihn zuschritt.
Schließlich sagte er, während er Duval mit ausladender Geste in den Kasernenhof bat, "Verstehen Sie mein erneutes Nachfragen nicht als Mißtrauen, Mister Duval, doch Sie sagen... Miss Murieta ist Ihre Tochter? Und Sie tauchen nach all der Zeit hier auf?"
"Was meinen Sie mit... all der Zeit?"
"Sie ist hier seit einigen Wochen. Monaten. Ich habe sie mit Joaquín Murieta gefangengenommen."
Duval zeigte kaum eine Gefühlsregung, weder bei dem Namen, noch bei dem Wort 'gefangen'.
Stattdessen erklärte er: "Ich bin erst seit einigen Tagen wieder in der Stadt, ich hatte ... ich habe Geschäfte um San Franzisco herum erledigt..."
Love nickte und biss kurz die Zähne zusammen.
Sie schritten über den Hof in Richtung des Hauptgebäudes.
"Geschäfte?", fragte Love.
"Ich bin im Tabakgeschäft tätig."
"Und haben in der Zeitung gelesen, dass sie hier ist."
"Genau, Sir", sagte Duval, was seltsam klang, da er weder Loves Soldat war, noch ein jüngerer, ihm zugestellter oder untergebener Mann. Im Gegenteil, er war mindestens Mitte Vierzig, wenn nicht älter. Seine stechenden Augen verliehen ihm etwas Jugendliches.
Die Männer erreichten die Tür des Gebäudes und traten ein. Love verlangsamte die Schritte im Flur.
"Einige... Monate, Captain?", hakte Duval fragend nach, "Sie... bringen Sie mich zu ihr?"
Love kam langsam zum stehen, als sie im linken Teil des Flures standen, der zur Küche und dem ehemaligen Gemach von Fernanda, später Honey, führte, vor dem ein Wachsoldat stand.
Der Captain wandte sich zu Duval um, so dass die Männer sich nun bedrohlich nahe standen.
"Lassen Sie uns die Fassaden ablegen", sagte Love frei heraus und verwarf jeglichen Ton gespielter Höflichkeit, stattdessen starrte er Duval bohrend an und richtete sich zu voller Größe auf.
Er wollte wissen, was los war. "Sagen Sie mir, woher dieses plötzliche Interesse kommt."
Duval wirkte eingeschüchtert und sogar ungehalten, setzte aber schnell wieder sein Lächeln auf. "Sie ist.. meine Tochter", sagte er hob beschwichtigend die Hände. "Wenn Sie sie mit Joaquín Murieta aufgegriffen haben, ist sie offensichtlich in schlechte Gesellschaft geraten..." Er grinste, doch das schwand wieder, als er Loves Blick folgte, der weiterhin kalt blieb.
Love musterte den Mann berechnend. Er überblickte immer noch kaum die Situation. Ob sich die Kleine freuen würde, diesen Mann zu sehen?
"Und ihr Interesse an einer Unterredung mit Murieta?"
"Nun...", tat Duval die Sache ab, "Zunächst geht es um meine Tochter."
Love wandte sich ab und nickte dem Soldaten zu. Dieser hatte das Geschehen vage beobachtet, salutierte etwas überrascht und öffnete die Tür zu dem kleinen Zimmer.
Love trat vor und wies Duval mit der Hand an, einzutreten. Die Männer betraten den Raum, der Soldat schloss leise die Tür hinter ihnen. Love blieb im Türrahmen stehen, während Duval, als sein Blick auf das Bett fiel, zwei Schritte hinein trat.
Die Sonne fiel ins Zimmer und Honey, deren Blässe von der weißen Bettwäsche, mit der sie beinahe bis zum Kinn zugedeckt war, unterstrichen wurde, lag wie ein Engel in ihrem Bett, die hellen Haare über ihre Schultern fallend und im Licht glänzend. Doch der Anblick war kein Schöner, denn wenn sie ein Engel war, so war sie ein Gefallener: Sie hatte zwar kein Blut im Gesicht, doch ein stechend-roter Riss auf ihrer Unterlippe, eine rote Schramme auf ihrer Wange und ein Veilchen unter ihrem linken Auge, sowie ihre deutlichen Wangenknochen, von denen der linke leicht blau angelaufen war, zeigten, dass sie in den letzten Tagen durch einige Strapazen gegangen war. Love wusste, dass der Rest ihres Körper nicht besser aussah, allem voran ihr mittlerer Brustkorb, der vom Tritt in der Nacht eine ungesunde Farbe angenommen hatte.
Sie hatte Glück, inneren Blutungen entgangen zu sein.
Doch sie lag schlafend da, friedlich.
Love hörte Duval schwer atmen. Dieser trat von einem Fuß auf den anderen. Schließlich blickte er sich um und fragend in Loves Gesicht. Love hob seinerseits den Kopf und nickte, als er begriff, dass Duval auf die Erlaubnis wartete, näher an sie herantreten zu dürfen.
Duval ging langsam zum Bett. Dann beugte er sich etwas vor und legte sehr sachte eine Hand auf Honeys unverletzte Wange.
Ihre Lider zuckten.
Sie atmete flach ein, als sie erwachte, wie ein nach Luft schnappender Fisch, doch sehr leise, als bliebe ihr der Atem in der Kehle stecken.
Sie blinzelte und stöhnte. Eine Träne lief aus einem ihrer halbgeöffneten Augenlider. Sie brauchte lange, um zu sich zu kommen. Ihr Blick fiel zuerst auf Love und sie schloss erneut die Augen, als hoffte sie, er sei weg, wenn sie sie wieder öffnete.
Dann, beinahe ruckartig, gingen ihre Augen erneut auf und ihre Muskeln spannten sich an. Sie setzte sich auf - Duvals Hand fiel von ihrer Stirn ab - und wollte wohl etwas sagen, doch stattdessen krümmte sie sich sofort sitzen nach vorn und hielt sich, vor Schmerz keuchend, die Arme um die Rippen. Sie atmete schwer, hob aber mit schmerzverzerrter Mimik den Kopf und fragte Love: "Was ist mit ihm?!"
Love öffnete den Mund, da hatte Honey schon, irritiert von einer Silhouette so nah an ihrem Bett, den Kopf gewandt.
Sie sah zuerst den Körper des Mannes, hob dann den Kopf - ihr Mund klappte auf. Sogar ihr Keuchen hielt inne, während sie anscheinend reflexartig nach hinten rückte, als sehe sie einen Geist.
"Was...", stieß sie hauchend aus immer noch geöffnetem Mund hervor.
Duval lächelte, warf Love einen Blick zu. Dieser nickte erneut. Duval öffnete die Arme, beugte sich vor und zog Honey unbehände hinein, bevor er sich wieder aufrichtete.
Sie ließ es mit sich machen, schlaff, keuchte, als ihr verletzter Brustkorb an den seinen gedrückt wurde. Dann fiel sie wieder in ihre halbliegende Position.
"Charlotte", sagte Duval, als habe er diesen Namen seit Jahren nicht gesagt.
"Honey", erwiderte Honey perplex, aber fest und sofort und vor allem unfreundlich.
Duval hob den Kopf, lächelte aber immer noch.
"Ich bin wieder da", sagte er und seine Stimme war etwas zu friedlich für die offensichtlich seltsame Situation.
"Das sehe i-...", mitten im Satz hielt Honey, die ihren Vater immer noch entgeistert angestarrt hatte, plötzlich inne und wandte sich zu Love um, während sie die Decke von sich schob und sich aufsetzte. Ihr weißes Nachhemd ging ihr bis zu den Knien und ihre Fußgelenke waren von den Ketten der Zelle aufgerissen.
Langsam, scheinbar ahnend, dass sie umkippen könnte, stand sie auf. In ebenso gemäßigtem Tempo ging sie auf Love zu, sachte die Hände hebend.
"Wo ist er?", fragte sie leise, Duval völlig ignorierend.
Love sah zu ihr hinab, ausdruckslos.
Honey, völlig ruhig, atmete tief ein und aus und fragte erneut, während die einzige Bewegung ihres Körper ihre Augen waren, die sich mit Tränen füllten, während ihr Gesicht starr blieb.
"Wo ist er?"
"In der Zelle", sagte Love schließlich.
"Von wem-", begann Duval, doch Honey ließ ihn nicht zu Wort kommen und sagte an Love gewandt:
"Kann ich ihn sehen?"
Love blickte nur Honey an, ihr von ihm zugerichtetes Gesicht. Er nickte langsam.
Honey atmete ein, als sei es ihr erster Atemzug seit Ewigkeiten. Tränen liefen über ihre Wangen, doch nun war es offensichtlich Erleichterung.
Duval unterbrach die Stille des Moments nach ein paar Sekunden, in dem er an Honey heran trat und sie sachte von hinten berühren wollte, sie umarmen, ihr eine Hand auf die Schulter legen. Sie ging einen ausweichenden Schritt nach vorn.
"Was tust du hier?", sagte sie, bemüht, die Fassung wieder zu gewinnen, immer noch abgewandt.
Duval ging um sie herum, so dass er nun fast neben Love stand, und sagte euphorisch: "Ich bin wieder da. Ich werde hier arbeiten. Ich-"
Honey hatte erneut fassungslos den Mund geöffnet und schüttelte den Kopf.
"Nach all den Jahren", sagte sie leise.
"Er hat in der Zeitung von der Festnahme deines Bruders gelesen", meldete sich Love zum ersten Mal zu Wort, in gemäßigtem Tonfall, Duval aus den Augenwinkeln beobachtend.
Honey hob den Kopf und sah von Love zu Duval. Dieser trat von einem Bein auf das andere und murmelte: "Nun.. Bruder ist ein starkes Wort dafür... dieser Murieta ist ein-"
Honey trat einen Schritt vor und nun war ihre Stimme so scharf, dass sie nicht zu dem Rest ihres schwachen  Körpers passte.
"Ich glaube, du hast gelesen, dass die Bedrohung, die dich von der Stadt ferngehalten hat, hinter Schloß und Riegel ist, und warst wieder mutig genug, dich hier zu zeigen."
Die Luft im Raum schien zu Eis zu werden.
Das unterwürfige Gehabe fiel von Duval ab, wenn es auch nur noch nuancenhaft dagewesen war. Er richtete sich auf. Dennoch warf er einen Seitenblick zu Love, als fühlte er sich gedemütigt und als verstärke die Tatsache, dass Love Zeuge von Honeys Worten geworden war, dieses Gefühl.
Love runzelte leicht die Stirn. Respekt hatte sie anscheinend nicht nur vor ihm nicht.
"Charlotte", begann Duval leise und mit einem neuen, gefährlichen Unterton in der Stimme.
"Honey", unterbrach sie ihn erneut   .
Duval blähte die Nasenflügel und fuhr fort: "Vielleicht sollten wir den Captain nicht mit unserer Anwesenheit belästigen. Du kannst wieder bei mir wohnen! Ich habe das alte Haus zurückgekauft."
"Dann muss der Schwarzhandel ja fantastisch geblüht haben, wo immer du auch gewesen bist, während ich hier halb verhungert bin!"
"Um genau zu sein", schaltete sich Love ein und trat vor, was Duval aufhielt, der eine sachte, aber schnelle Bewegung in Richtung Honey gemacht hatte, "musste ich dich mehrmals zum Essen zwingen..."
Honey warf ihm einen kalten Blick zu. "Ich meine nicht hier", sie wieß verächtlich um sich, die Kaserne meinend, "Ich meine in der Stadt. Allein. Bevor..." Sie hielt inne und sah zurück zu Duval und meinte, nicht ganz so höhnisch, sondern leiser, beinahe traurig; "Wären Alejandro und- und Joaquín nicht gewesen, wäre ich tot."
"Oder frei", murmelte Love, wie üblich abschätzig, wenn die Rede von den Brüdern war.
"Oder beides", zischte Honey ihn an, woraufhin er mit gerunzelter Stirn den Kopf hob. Was wollte sie andeuten?
Duval indes zog Honey etwas an der Schulter zurück und sagte brüskiert: "Wie redest du mit Captain Love?! Ist dir klar, dass du es einzig und allein seiner Gnade zu verdanken hast, dass du nicht, wie du sagst, tot bist? Dass du ohne die ach so verehrten Murietas niemand auf die Idee gekommen wäre, dich zu verhaften? Zeig dem Hauptmann ein wenig Respekt! Zeig mir ein wenig Respekt!"
Honey schüttelte nur verächtlich  den Kopf, so wenig berührt von diesen Worten wie von Duvals wütendem Gesichtsausdruck. Dieser wandte sich um und sagte zu Love: "Dass Sie Zeuge dessen werden mussten, tut mir Leid. Und meine Geschäfte sind, mit Verlaub, völlig legal. Entschuldigen Sie ihr Verhalten."
"Lassen Sie sie los", sagte Love ruhig. Duvals Hand lag besitzergreifend um Honeys Arm, was diese gar nicht wahrgenommen hatte. Augenblicklich lies Duval sie los, was Love mit einem Blick quittierte, während er schon weitersprach, ernst, aber beinahe mit Schelm in den Augen.
"Ihr Verhalten heute ist vergleichsweise angenehm. Gestern Nacht hat sie versucht, mit umzubringen."
Duval öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Dann sah er hinunter zu Honey, welche den Boden anstarrte, als sei ihr Blick daran gefesselt. Schließlich sah sie auf, da Stille herrschte, als erwartete jemand eine Erklärung. Sie sah Love an.
Doch dann schwieg sie. Alejandro lebte noch, aus irgendeinem Grund. Das zählte.
Duval sprach an ihrer Stelle, nun aufrichtig betreten:
"Sir, ich entschuldige mich höflichst dafür, sie wird dafür-"
"Mich interessieren Ihre Entschuldigen nicht. Und sie hat ihre Strafe bekommen." Love musterte Honeys blaue Flecken.
Duval nickte langsam. Dann sagte er, plötzlich schneller, abschließend: "Wir haben Ihre Gastfreundschaft zu lange beansprucht. Sie werden nicht mehr belästigt, wir brechen auf."
Love zog eine braue hoch und trat vor, als Duval Honey zu sich zog, erneut auf eine besitzergreifende Weise, als wäre sie ein lange gesuchtes und endlich wiedergefundenes Schmuckstück.
Sie, wie in Trance, erschöpft und in Gedanken, als würde alles zu schnell für sie geschehen, ließ es mit sich machen.
Love jedoch sagte gelassen, aber durch den Schritt, den er nach vorne gemacht hatte, bedrohlich wirkend: "Und was lässt Sie auf die Idee kommen, Sie könnte sie einfach mitnehmen?"
Duval sah Love fragend an.
"Sie ist meine Gefangene. Und wenn Sie versuchen, sie hier rauszubringen, nennt man das, meine ich Verrat. Und wenn ich Sie schon nicht wegen Ihres Schwarzhandels verhaften lasse, so werde ich es auf jeden Fall dafür tun."
Honey blickte, wie erneut erwacht, zu Love.
"Sie wollen wohl meine ganze Familie ins Gefängnis bringen, oder?"
Love ignorierte sie und blickte Duval kalt an.
Dieser lies Honey langsam los.
Sein untergebens Gehabe war mehr oder weniger abgefallen.
Einen Moment dachte Love, er würde ihn schlagen wollen, doch dann sagte er, offensichtlich bemüht höflich:
"Gefangene - aus welchem Grund?"
"Aus jedem, den ich will", erwiderte Love seelenruhig und trat noch etwas näher an Duval heran, ihn allein mit seinem drohenden Blick herausfordernd. Honey, klein zwischen den beiden Männern, kauerte sich etwas zur Seite und lief zum Bett, wo sie sich hinsetzte.
Duval sah ihr abgelenkt nach, doch Love war ihr abwegiges Verhalten gewohnt und wendete den Blick nicht ab.
"Was... werden Sie also mit ihr tun?"
"Wir werden sehen", antwortete Love ruhig.
"Ich bin immernoch hier", meldete sich Honey zu Wort.
"Sie benutzen sie als Druckmittel", sagte Duval plötzlich, einer Eingebung und sah Love schief lächelnd an. "Was wollen Sie aus Murieta noch herauspressen? Etwas über ihre Beute? Worum geht es?"
"Sie ist meine Gefangene", wiederholte Love ruhig.
"Und meine Tochter", gab Duval bissig zurück.
Love blickte ihn an. Dann sah er sich zu Honey um, die beinahe gelangweilt, zumindest aber eher geistesabwesend auf die Wand zwischen den Männern starrte.
"Willst du mit ihm gehen?", fragte Love.
Duval sah ihn perplex an.
Honeys Augen huschten ebenfalls zu Love, mehr oder weniger erstaunt über diese Frage, die ihr anscheinend eine Wahl ließ.
Schließlich sagte sie, weniger angriffslustig als zuvor, aber mit jedem Wort lauter werdend: "Sie sagten, wenn Sie Alejandro hätten, sei ich ohnehin frei. Sie haben Ihr Wort nicht gehalten, Sie-"
"Das war nicht meine Frage", fuhr Love bissig dazwischen, "Willst du mit deinem Vater gegen?"
Honey sah kurz zu Duval, der immernoch irritiert Love anblickte.
"Nein", sagte Honey, knapp und leise, aber fest.
Duvals Blick riss sich von Loves los und er trat einen Schritt auf Honey zu. Er schüttelte den Kopf ungläubig, bevor er die Arme wie berzweifelt in ihre Richtung ausstreckte und aufgebracht sagte: "Das kannst du doch nicht ernst meinen, nach allem, was- nach allem was-", er kam nicht weiter, denn Love war ihm hinterhergegangen und nun tatsächlich handgreiflich gewordem. Mit einem Ruck zog er den Mann zurück, so dass Duval zwei Schritte nach hinten stolperte.
Wütemd befreite er sich aus Loves Griff und richtete sich auf, strich seine Kleidung zurecht, als wolle er sein Angesicht nicht verlieren.
"Verlassen Sie das Zimmer", befahl Love.
"Ich-"
Love ging nah an Duval heran und sprach nun mit eiskalter Stimme: "Sie warten vor dem Hauptgebäude."
Duval schien widersprechen zu wollen, doch er atmete nur aus, warf Honey einen letzten, beinahe verletzten Blick zu und verließ mit leidenschaftlicher Geste das Zimmer, nicht ohne die Tür hart zuknallen zu lassen.
Love sah auf die ins Schloss gefallene Tür, dann sah er zu Honey.
"Ich habe mein Wort nicht gehalten?!"
Honey, starr auf dem Bett sitzend, runzelte die Stirn.
"Sie-", begann sie, doch Love trat einen Schritt auf sie zu.
"Ich habe die Exekution Murietas und damit meine Beförderung verschoben, weil ein Mann aufgetaucht ist, der behauptet, dein Vater zu sein und mit Murieta reden zu wollen."
"Er will mit Alejandro sprechen?", fragte Honey irritiert.
"Das ist nicht der springende Punkt, es -hey!"
Honey war aus dem Bett gehüpft, so flink sie eben konnte, und war schon zur Tür gerichtet, als Love sie, aus Gewohntheit grober als beabsichtigt, an der Schulter zurückzog.
Honey fuhr herum, taumelte etwas zurück, spannte sich an, die Arme in Abwehrhaltung erhoben, als seien sie in einem Ringkampf. Allerdings war sie leicht nach vorne gebeugt, offensichtlich vor schmerzendem Brustkorb.
Love hob sachte die Hände.
"Alles ist gut, ich tue dir nichts."
Honey, die Lippen angespannt, merkte offenbar ihre absurde Stellung. Sie richtete sich etwas auf und ließ die Arme locker, eine Hand jedoch um über ihre linken Rippen gelegt.
"Wenn ich jedes Mal einen Peso bekommen würde, wenn Sie das sagen..."
Love lächelte. "Bei der Anzahl deiner jämmerlichen Angriffe und Fluchtversuche."
Honeys leichtes Schmunzeln verflog beim Wort jämmerlich. "Ich hätte Sie gestern Nacht getötet."
"Du 'hättest'."
"Ja!", zischte sie anhand seines ungläubigen, lächelden Tonfalls. "Ich hätte es getan, wenn ich nicht..."
Love hob fragend lächelnd eine Braune.
"...wenn ich es nicht dann doch nicht getan hätte!", beendete Honey schliesslich den Satz, eindeutig nicht das aussprechend, was sie eigentlich gedacht hatte.
"Wenn ich dich nicht vorher kalt gestellt hätte", erwiderte Love, mit schmalem Lachen die Arme verschränkendß
Honeys Zorn wandelte sich zu Kälte. Sie blinzelte und sah Love nicht direkt an. "Ja, darauf können Sie wirklich stolz sein." Die Hand auf ihren schmerzenden Oberkörper gepresst ging sie, etwas gebeugt zum Bett zurück.
Loves Lächeln schwand, seine Miene wurde ernst, während er sie beobachtete.
"Captain!", ertönte eine Stimme von draußen, und einige Schritte, offenbar wurde Love verlangt. Doch er ignorierte es.
Er seufzte verhalten und ging sich vor Honey in die Hocke, so dass sie auf Augenhöhe waren.
"Ich bin nicht stolz darauf." Wenngleich er sich beinahe zu weichlich vorkam... er entschuldigte sein gnädiges Verhalten ihr gegenüber so, dass es ja nur am Stolz eines ausgebildeten Kämpfers nagen konnte, wenn er - wenn auch aus Reflex- den Angriff eines unterlegenen Mädchens mit einer schieren Prügelattacke beantwortet hatte. Doch als er sie ansah, wie ihr das Haar ins Gesicht fiel, streckte er unwillkürlich eine Hand aus und berührte sie am Kinn, woran er merkte, dass es auch dieses eine spezielle Mädchen war, das in ihm beinahe eine Art Schuldgefühl für die Gewalt der letzten Nacht, wenn nicht gar für die Gewalt der letzten Tage weckte.
Die Geräusche vor der Tür wurden lauter.
Sich wiederfindend verstärkte er schnell den Griff um ihr Kinn etwas, um sie zu zwingen, ihn anzusehen.
"Ich dachte kurz, ich hätte dich wirklich... schwerwiegend verletzt. Ich habe es schon mehrfach gesagt, aber", er näherte sich ihr noch etwas und verlieh seinen Worten Nachdruck, wenn auch eher bittend als drohend: "... greif mich nicht nochmal an."
Honey sah ihn starr an und sagte nur seltsam gezwungen: "Bitte lassen Sie mein Gesicht los. Ich dachte diesen Teil hätten wir gestern beendet."
Love blinzelte, doch bevor reagierte ging die Tür ruckartig auf und Duval kam herein, gefolgt von dem Soldaten, mit dem er offensichtlich gerungen hatte.
"Ich will zu Murieta, wenn es stimmt, dass er schon morgen früh hingerichtet werden-", er hielt inne, als er Loves Honey zugewandte Position sah.
"Er soll was?!", rief Honey, stieß Loves Hand von sich und sprang auf. Love stand seinerseits auf.
Der Soldat hatte den überraschten Duval gepackt und hielt ihn, die Arme auf den Rücken gedreht, in Schach, während Love Honey, die erneut in Richtung der Tür hechten wollte, mit einem Griff ins Haar zurückzog und auf das Bettende schleuderte, wo sie zwar weich landete, doch vor Schmerz ihres Körpers, der die Erschütterung kaum ertrug, aufkeuchte, zumal sie abgefedert wurde und zu Boden rutschte.
Zornig ging Love zu Duval, so nah, dass gerade eine Hand zwischen die Männer passte.
"Ich sagte", rief er, "Sie sollen draußen warten!"
Duval leistete keine Gegenwehr und der Soldat ließ ihn etwas lockerer. Er sah kurz zu Boden und erwiderte dann, bedacht ruhiger: "Verzeihung, Captain, ich habe nur gerade von der geplaten Hinrichtung gehört und es war ein dringendes Anliegen... Aber ich wusste nicht, dass Sie-" Er warf einen Blick von Love zu Honey und wieder zurück, auf das Gesehene anspielend.
Love drehte sich kurz um. Erst jetzt, wo sein Jähzorn sich legte, sah er, dass sie keuchend am Boden vor dem Bett saß, die Hände noch fester um ihren Oberkörper geschlungen.
Love beruhigte seinen Atem. Verdammt.
"Wenn Sie mich zu ihm lassen, Sir, werde ich Sie nicht weiter belästigen."
An diesem Satz war so einiges falsch, begonnen damit dass Duvals Tochter vor Schmerz beinahe zitternd am Boden saß. Love aber biss kurz die Zähne zusammen und beruhigte sich dann wieder größtenteils. Er nickte dem Soldaten zu, der das Zimmer verlies.
Duvals sah sich kurz um, dann wandte er sich zu Love und meinte leise, beinahe verschwörerisch: "Captain, ich... bin nicht sicher, was ich da eben zu Gesicht bekommen habe..."
Love wandte sich noch einmal zu Honey um, deren Position sich nicht verändert hatte.
Er strich sich, sich beherrschend, über den Bart, und sah dann Duval an.
Es fiel ihm leichter, es ihm zu sagen, als Honey direkt. "Verzeihung. Das war im Affekt. Ein Arzt wird sich nachher der Kleinen annehmen.
"Das meinte ich nicht... das sah eher nach der Behandlung einer Gefangenen aus, als... als der Anblick zuvor..."
Love sah langsam auf.
"Sie ist Ihre Tochter, ich vermute, Sie wertschätzen eine sachtere Umgangswei-"
Duval lächelte und machte eine Handbewegung. "Sicher", sagte er, auch wenn es eher nach Gleichgültigkeit aussah, bevor er zu dem kam, was er anscheinend eigentlich sagen wollte: "Captain", er wurde noch etwas leiser, "Kann es sein, dass Sie... es sah eben so aus, als... haben Sie eine Liaison mit meiner Tochter?"
Love starrte Duval an.
"Ich weiß nicht, was Sie meinen, gesehen zu haben, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich keime Gefühle für das Mädchen hege", sagte er kalt.
Duval sah ihn einen Moment vage an und antwortete dann: "Gewiß. Wie sähe es denn mit einer kurzen Unterredung mit Ihrem Gefangenen aus?"
Love atmete schwer aus und nickte schliesslich.
"Soldat!", rief er seinem Untersetzten Flur zu, "Führen Sie ihn zu Murietas Zelle."
Duval wandte sich ab und folgte dem Mann, während Love sich umwandte, als Honey sich am Boden entlangschleppte, um Duval zu folgen.
"Ich will auch zu ihm, ich", wisperte sie, doch als Love sich beugte, um ihr zu helfen, sagte sie: "Fassen Sie mich nicht an!" Eine Träne lief über.
"Ich bringe dich zu ihm", sagte Love ruhig und half ihr auf. Ein Beobachter hätte gewusst, dass Loves vorangegangene Aussage über seine Gefühle für sie eine Lüge gewesen war.


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Das hat eine Weile gedauert... Verzeihung. Ich hatte einen Hänger. Aber jetzt bin ich mir recht sicher, wohin und wie es weitergeht. Im Moment mache ich es Honey ja echt nicht leicht, mal schauen, wer am Ende wie viel Genugtuung bekommt. Name of the next chapter? "Ein weißes Kleid".      
Und es ist fast fertig, kommt als wirklich bald! Feedback  freut  mich wieee immer <3
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