Honey ~ Der Weg deines Herzens
von LunaLu
Kurzbeschreibung
Für die junge Honey bricht eine Welt zusammen, als einer ihrer vom Gesetz gejagten Brüder von Soldaten gefasst wird und sich vor ihren Augen das Leben nimmt. Schlimmer noch - der Hauptmann, Captain Love, nimmt sie gefangen. Es scheint, als stünde Honey nun die schlimmste Zeit ihres Lebens bevor - doch eine unerwartete Beziehung entwickelt sich zwischen den beiden. Eine verbotene Freundschaft in einer Zeit der Gewalt und Rache, Liebe und Leidenschaft.
GeschichteAbenteuer, Drama / P16 / Gen
Captain Harrison Love
OC (Own Character)
06.04.2008
25.07.2021
40
168.234
6
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06.04.2008
2.952
Kapitel 34 - Endzeit
Der Kuss schmeckte salzig und das Blut in Loves Bart mischte sich mit Honeys Tränen, die beim Kuss nicht aufhörten. Sie weinte, er küsste sie, sie küssten sich, während Love sein Hemd aufknöpfte und es sich ruckartig vom Körper zog.
Loves dachte nicht darüber nach, was er tat. Er hatte sie schließlich nicht wirklich nehmen wollen, er wollte Murieta zur Weissglut treiben und hatte Honey gleich aus der Zelle holen können, wo sie, wenngleich sie zum Diebespack zählte, beim Besten Willen nicht hingehörte - zumal sie verletzt war.
Doch nun, nachdem sie ihn angeschrien und geschlagen hatte und seine natürlichste Reaktion eine körperliche Bestrafung war, übermannte ihn stattdessen die Lust auf sie. Die Lust, sich in diesen stechenden Augen zu verlieren. Sie so intensiv zu spüren, wie es auf einem anderen Weg nicht möglich war.
Er griff an ihren Rücken, ihre Oberschenkel. Er legte die Hände unter ihr Gesäß und hob sie hoch, ohne aufzuhören, sie zu küssen.
Er setzte sie auf dem Bett ab, seine wettergegerbte Haut brannte beinahe heiß auf der ihren, die blass, kalt, schier aus Marmor war.
Er umschlang sie fest, zog sie auf sich.
Als nicht viel geschah, richtete er sich leicht auf und küsste sie erneut, forderner, ihre Brüste so berührend, wie er es beim letzten Mal, dem ersten Mal, vor einigen Nächten getan hatte, was sie zum lustvollen Stöhnen gebracht hatte.
Doch ihre Lippen zitterten und ihre Tränen versiegten kaum.
Er hielt inne.
Sie saß auf ihm und sah auf ihn hinab, zwar keuchend, aber mit mehr Abneigung als Lust in den Augen.
Sie starrten sich an. Honey wandte den Kopf ab und machte Anstalten, von ihm runterzugehen, doch er hob den Arm und griff ihr mit ganzer Hand um den Hals, direkt am Kinnansatz. Er drehte sanft ihren Kopf zu sich. Nachdem er einige Momente forschend ihr Gesicht ergründete, ließ er sie los und die Hand, sowie den vorher vorgebeugten Oberkörper seufzend zurück auf's Bett fallen.
"Zu schade", sagte er leichthin.
"Was?", fragte Honey rasch, beinahe unruhig.
Love hob den Kopf. "Nun", er machte eine ausladende Geste auf seine und Honeys Position, die eingefroren war, "Das... Du zeigst keine große Bereitschaft..."
Er lächelte beinahe schelmisch, als sich Honey, mit festem, nahezu entschlossenem Gesichtsausdruck, etwas nach vorne beugte. Sie legte ihre Lippen auf Loves.
Ihr Körper, der noch verkrampft war, sprach eine andere Sprache als ihre Lippen, die ihn nun intensiv küssten. Ihre fest verschlossenen Augen gaben ein anderes Bild ab als ihre Hände, die seinen Körper entlangfuhren.
Er ließ es einige Momente geschehen, doch dann griff er ihr sachte in die Haare und zog ihren Kopf zurück. Er sah sie forschend an.
Honey starrte zurück, sie konnte seinen Blick nicht halten.
Er sah nur weiter in ihre Augen, die den seinen auswichen.
Er seufzte und bewegte sein Becken etwas. Honey spürte seine Erregung.
"Steh auf. Ich gebe dir etwas zum Anziehen."
Ihr Blick fuhr zu ihm. Sie wirkte so zerrissen, dass man die Arbeit ihres Geistes förmlich hören konnte. Fragend sah sie ihn an.
Er hob die Brauen und nickte in den Raum hinein, eine Geste, von ihm runterzugehen.
"Na los."
Er wollte sich aufrichten, doch Honey drückte seine Brust mit flacher Hand auf das Bett. Viel unbestimmter als diese Bewegung war ihre zittrige Stimme, als sie flüsterte: "Bestrafen Sie ihn dafür?"
Love blickte sie einen Moment an, in dem er nur ausdruckslos wirkte. Dann richtete er sich etwas ruckartiger auf, so dass Honey zwangsweise von ihm runterstieg. Sie zog sich wieder die Decke vor den Körper und setzte sich auf den Bettrand, während Love aufstand, sich anziehend.
Er ging zum wortlos zum Schrank.
"Love", fragte Honey nach, als er ein graues, zu großes Baumwollhemd herausholte.
Er wandte sich damit um und gab es ihr. Sie nahm es nicht sofort, sondern sah ihn forschend an.
Sein Blick wirkte ruhig, fast versöhnlich, doch seine Stimme war trotz der geringen Lautstärke, in der er sprach, fest, herrisch. "Nicht mehr als ohnehin."
"Was bedeutet das?", fuhr Honey auf, nachdem sie langsam das Hemd genommen hatte.
Love wandte sich ab und ging wieder zum Schreibtisch, wo er die Dokumente durchsah.
"Was bedeutet das?", sagte Honey nun entgültig fordernd, legte sogar das Hemd bei Seite und stand auf, die Decke um sich geschwungen wie ein Kleid.
Sie ging einen Schritt zu ihm und versuchte seinen Blick zu fangen.
Love ignorierte ihre Bemühungen und warf einen Seitenblick auf ihre Bettdeckenkleid.
"Das heißt nein, ich werde ihn nicht dafür bestrafen, dass du keine Hure bist."
Honey wollte direkt etwas erwidern, doch hielt inne, als sie seine Worte hörte.
Schließlich sagte sie: "Aber Sie werden..."
Love atmete aus und sah sie erneut kurz an, während er die Pergamente zusammennahm und stapelte.
"Ihn morgen früh exekutieren."
Schnell, um bei diesen Worten nicht einen erneuten Ausbruch zu durchleben, erwiderte Honey leise: "Und was, wenn ich..."
Love sah sie nun wieder an, ohne sich zu ihr zu drehen. Schließlich lächelte er, sie musternd. "Also doch eine Hure?"
Honey wusste um die Provokation und auch wenn sie ein stechender Wutreiz durchfuhr, ging sie nicht darauf ein.
Love meinte leichthin, wieder mit seiner Arbeit beschäftigt: "Glaubst du, du bist es wert, dass ich einen Verbrecher, den ich seit Monaten verfolge, der beinahe meine Karriere und Don Rafaels Lebenswerk zerstört hat, einfach laufen lasse?"
Honey blinzelte.
"Weißt du, wie viele Menschen in den Käfigen der Mine waren?"
Nun legte er die Blätter sortiert ab und wandte sich ihr wieder zu, beunruhigend ruhig. Er trat ein wenig an sie heran. "Glaubst du, auf ein kleines Mädchen kommt es an?"
Ihr Blick fing seinen, huschten kurz zu seinem Waffengürtel auf dem Schreibtisch.
"Denk nicht mal daran", sagte Love leise.
Sie sah zu ihm zurück, trotzig werdend.
Dann runzelte sie die Stirn.
"Ihr Stolz ist verletzt, nehme ich an."
Love hob die Brauen, überrascht lächelnd, den Abstand zwischen sich und Honey erneut etwas verringernd.
"Wie bitte?!"
"Zurückweisung sind Sie wohl nicht gewohnt, Love", sagte Honey verächtlich. Es machte Sinn. Beinahe hatte sie sich ihm hingegeben und war dann wieder zurückgerudert, um dann eiskalt zu werden.
Love wusste, dass es wenigstens zu einem Bruchteil wahr war.
"Sie dachten", sagte Honey, und ihre Verachtung wurde zu Hohn, der ihre ein sehr kleines, beinahe böses Zucken auf die Lippen setzte, "Dass ich Ihnen trotz allem nicht widerstehen könnte."
Loves Lächeln fror ein.
Honey wusste, dass man seinen Stolz nicht angreifen sollte. Sie kannte kaum einen Mann mit so viel Wertlegung auf Ehrgefühl wie diesen Berufssoldaten, doch es fiel ihr trotz all der Gefahr schwer, ihren Hass zu verbergen. Sie wusste, dass sie Recht hatte und sah es an der Ungehaltenheit seiner Miene.
Sie wagte es nicht, weiterzusprechen, doch ihr Blick kam einer Provokation gleich.
Love sah zu ihr hinab und sagte schließlich leise:
"Ich werde morgen, nachdem dein Bruder seinen Kopf verloren hat, zum General befördert. Ich werde Californias Armee befehligen. Und du, Murietamädchen?"
So hatte er sie nie genannt. Er wollte sie offensichtlich damit beleidigen. Wenngleich sie dies nicht berührte, schwand ihre Erhabenheit und ihr eben erlangter Mut mit jedem seiner Worte.
"...Du wirst was, auf der Straße leben? Dir Essen stehlen? Dich verkaufen?"
Er fasste ihr an die Wange.
"Glaubst du wirklich, es verletzt meinen Stolz, dass du dir zu schade bist, dich mir hinzugeben?"
In einer trotzigen Geste fuhr ihr Blick zu ihm und sie zischte: "Ja!"
Love hob den Kopf. Er griff an die Decke um ihren Körper und riss sie ihr weg, sie versuchte, sie zu halten, doch das Gerangel war schnell vorbei und Love ließ den Stoff zu Boden fallen, sich nur noch etwas zu Honey vorbeugend, die sich kleiner machte, ihren nackten Oberkörper mit den Armen bedeckend.
"Ich kann dich jederzeit haben, wenn ich will", sagte Love kalt und zynisch lächelnd, sie nicht berührend, aber mit seinem Blick in Schach haltend. In diesem Moment klopfte es an der Tür. Love wandte sich ab.
Er ging zur Tür.
Honey, der gegen ihren Willen Tränen der Demütigung über die Wangen liefen, zitterte und bewegte sich kaum, ihre Arme fester um sich pressend. Schließlich setzte sie sich kraftlos auf die Bettkante.
Vor der Tür stand ein Soldat. Love beredete leise etwas mit ihm.
Honey bekam es nicht mit.
Als er die Tür schloss und sich umdrehte, sah er sie, wie sie vorgebeugt auf dem Bett saß. Ihre Hände jeweils hinten ihren Rücken umklammernd, leicht bebend.
Love biss die Zähne zusammen. Es war ein erbärmlicher Anblick... und er wusste, dass sie Recht hatte. Er wollte sie. Er hatte es sogar ausgesprochen... und er hatte gedacht, trotz allem könnte sie gar nicht anders, als sich ihm hinzugeben. So oft war es zu Küssen gegen ihren anscheinend klaren Willen gekommen, der letztendlich doch so viel komplexer war. Sie hatte sich ihm nicht entziehen können und dass sie es jetzt tat, brachte ihn dazu, sie seine Kälte und Macht, vor allem seine Macht über sie und ihren Bruder, spüren zu lassen.
Doch als Honey sich leicht umwand und sich bei dem Anblick, wie er wieder auf sie zukam, noch etwas mehr zusammenkauerte, wusste er, dass er nur ein wenig davon entfernt war, einen Teil von ihr zu zerbrechen.
Er ging zum Schreibtisch statt zu ihr und sagte, bemüht beiläufig, während er sich mit einer Ledermappe beschäftigte, in der weitere Verträge waren: "Zieh dir das Hemd an. Ich drehe mich nicht um."
Ein paar Momente vergingen. Dann hörte er, dass sie sich das Kleidungsstück nahm und überzog.
Er wand sich um. Sie saß auf dem Bett, das Hemd reichte ihr bis zur Hälfte der Oberschenkel und war bis zum obersten Knopf geschlossen.
Sie sah ihn nicht an.
"Murieta hat die Wahrheit gesagt. An der Küste gibt es eine Bucht mit einem Wasserfall, eine Höhle unter einer ausgebrannten Hacienda. Wir haben die gestohlene Karte dort gefunden."
Honey nickte. Es schien sie nicht wirklich zu interessieren.
"Kann ich zu ihm?", fragte sie leise.
"Nein", sagte Love.
Sie sah ihn an und wusste, dass jeder Widerspruch aussichtslos war. Sie kauerte sich auf ihrer Betthälfte zusammen und weinte erneut.
Den Rest des Abends sprachen sie kein Wort mehr miteinandner.
Als Love die Kerze löschte und sich auf die andere Seite des Bettes legte, um zu schlafen, wusste er, dass sie noch wach war, wenngleich ihr Weinen und Schluchzen versiegt waren.
Er hatte keine Gefühle für sie, dachte er, während sich seine aufgeschlagenen Augen an die Dunkelheit gewöhnten.
Wie eine normale Gefangene hatte auch sie seine Faust oft genug gespürt, seine Macht zu fürchten gelernt... er lachte unwillkürlich in sich hinein, weil selbst er einsah, wie lächerlich das war. Sie war nicht so leicht zu brechen. Wenn er ihr heute abend wirklich wehgetan hatte, dann war das ihrer absoluten, auch physischen Nackheit geschuldet. Ansonsten war sie alles andere als eine gewöhnliche Gefangene. Als gewöhnlich. Das hatte er gleich gewusst.
Schließlich lag sie, nach allem was passiert war, neben ihm in seinem Bett.
Es waren Gefühle, die er für sie hatte, wenn auch eine seltsame, unberechtigte Art davon. Und er war überzeugt, das irgend etwas in ihr dies erwiderte.
Er schlief ein.
Nach drei nicht vorhandenen oder sehr kurzen Nächten, und körperlich mehr als anstrengenden Tagen war sein Schlaf tief. Er wusste daher nicht direkt, wo er war und mit wem, als er etwas kaltes an seinem Hals spürte. Es dauerte länger als sonst, bis sein Verstand reflexartig die Kälte als Klinge einordnete und seine geübten Muskeln einsetzten. Doch was für Love langsam war, war für jeden Angreifer immer noch schnell.
Schon spürte Love, das ein Körper über ihm war, eine Messerklinge sich gerade längst auf seinen Hals gesetzt hatte, in der Bewegung, diesen tödlich zu verletzen.
Er stieß den Körper gerade nach hinten, um keinen Schwung der Klinge zu riskieren, und setzte direkt nach. Er spürte auf dem Boden vor dem Bett den Körper des Angreifers und immernoch ohne die Situation zu analysieren, fühlte er Haare, in die er reflexartig griff, die er zusammenzog, um seine Faust zielgenau darunter einschlagen zu lassen. Ein undefiniertes Stöhnen ertönte.
Love rappelte sich auf.. wer hatte ihn töten wollen, wer... was... Er trat dem Schemen unter sich in die Mitte, bevor er zur Tür hechtete und sie öffnete, eine Fackel aus dem Flur nahm und damit zurück in den Raum trat.
Nach und nach erreichte die Klarheit seinen Verstand und der Adrenalinschub legte sich.
Er atmere schwer. Eine Blutlache breitete sich vor dem Gesicht des kleinen, zusammengekrümmten Körpers aus. Love machte ein ruckartiges, ausatmendes Geräusch, stecke die Fackel in die halteren der Schlafzimmerwand und kniete sich schnell neben Honey nieder. Sie war zusammengerollt, von ihm weggewand. Behutsam drehte er sie auf den Rücken.
Sie atmete stoßartig.
Ihr Gesicht war völlig blutüberströmt, es lief aus Mund und Nase, auch wenn diese anscheinend nicht gebrochen war.
"Was hast du ... was sollte...", atmete Love, die Fassung bewahrend, doch immer wieder wie benebelt zwischen dem Messer aus seinem Waffengürtel, das nun wie weggeworfen auf dem Bett lag, und der beinahe bewusstlosen Honey hin- und herblickend.
"A-Alejandro", stammelte Honey und mehr Blut ergoss sich über ihr Gesicht. Sie hustete und verlor das Bewusstsein.
Dieses Bild hatte Love, wenn auch nur für einen Moment, vor Augen, als er am frühen Morgen auf die Plaza trat.
Auf der Hinrichtungstribüne stand der gefesselte Murieta vor dem Schussbalken. Ihm waren die Augen verbunden.
Die Hinrichtung war nicht öffentlich, die Plaza gesperrt. Montero sah von seinem Haciendabalkon aus auf das Geschehen. Es war sein Triumph, und doch hatte er die Kiefer aufeinander gepresst.
Love trat vor, während das Erschießungskommando im Rhythmus des kommandogebenden Unteroffiziers, vortrat. Er ging auf die Tribüne und näherte sich seinem gefesselten Feind.
Er trug noch die schwarze Kleidung des gefallenen Rächers, wenngleich diese zerissen war.
"Die Zeitungen sind hocherfreut. Zwei gefallene Verbrecher an einem Tag", rief Love ihm gelassen zu und schlenderte beinahe zu ihm. Alejandro wand sich in seine Richtung, nur die Stimme seines Todfeindes vernehmend.
Schließlich nahm ihm ein Soldat die Augenbinde ab und fesselte ihn an den Schusspfahl, während Love einen Meter entfernt verächtlich zu Alejandro hinübersah.
Dieser gewöhnte sich an die grelle Sonne. Er fühlte sich leer und zugleich unruhig, als wären zappelte Kleintiere in seinen Kopf gesperrt, sein Körper aber luftleer.
Er wollte nicht kämpfen. Ihn berührte keine Provokation mehr.
Aber ein einziger Gedanke hielt seine Kraft zu reden wie ein seidener Faden an seinen Geist gebunden.
"Honey", murmelte er, die Stimme schwach und heiser.
Love lächelte.
"Wird auch beiläufig erwähnt, irgendwo, am Rande."
Alejandro schloss die Augen und schluckte.
"Wie...wie geht es..."
"Ihr geht es nicht so gut, nachdem sie heute Nacht versucht hat, mich umzubringen, musste ich ihr eine Lektion erteilen", sagte er kalt, während die Erinnerung daran, wie es eigentlich gewesen war, nicht seine Gedanken streiften.
... Er hob sie vom Boden hoch, legte sie sachte auf dem Bett ab. ... Er saß auf einem Stuhl vor dem Bett, das Blut von ihrem Gesicht wischend. ... Er tastete ihre Rippen ab, ob von dem Tritt etwas gebrochen war, ihren Bauch, ob sie wohl innere Verletzungen hatte. ... Er flößte ihr zwangsweise Wasser ein, wannimmer sie gerade so zu Bewusstsein kam, bei ihr, bis die Sonne ins Zimmer fiel ...
Alejandro richtete sich etwas auf.
"Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt, Sie... werden sie gehen lassen..."
Love hob, nach wie vor kalt lächelnd den Kopf und kam näher auf Alejandro zu. Er starrte ihm verächtlich in die Augen und sagte schließlich, wesentlich hasserfüllter als zuvor, als sei der Vorfall Alejandros Schuld: "Ja Murieta, wenn sie das überlebt, lasse ich sie gehen."
Alejandro atmete erleichtert aus, Tränen stiegen in ihm hoch, er zitterte schier.
Hasserfüllt musterte Love den Mann vor sich.
Er raunte ihm zu: "Jetzt stirbst du."
Dann wandte er sich ab und ging von der Tribüne, um dem kommandierenden Unteroffizier den Startbefehl zu geben.
Der öffentliche Eingang der Plaza, der keine Sicht auf die Hinrichtungstribüne gewährte, aber dennoch einige Schaulustige, die anscheinend vom Geschehen in der Zeitung gelesen hatten, anlockte, verursachte einiges an Geraune, das zu dem Exekutionskommando durchdrang.
Nun ertönte aber eine laute Stimme, die anscheinend mit den Wachsoldaten rang.
Unruhig wandten sich die Soldaten, die die Gewehre führten, doch Love nickte dem Unteroffizier zu.
Als dieser gerade mit den Befehlen beginnen wollte, wurde die Stimme noch lauter und ein Mann lief um die Ecke, die vom Eingang auf die Plaza führte, gefolgt von dem Wachsoldat, der ihn sofort in die Mangel nahm.
Er war ein gutes Dutzend Meter von Love entfernt, doch dieser sah, dass der Mann recht groß war, blass, rote Haare und recht muskulös. Er lieferte sich einen richtigen Kampf mit dem Wachsoldat.
Love runzelte die Stirn und gebot dem Unteroffizier Einhalt.
Auf dem Balkon atmete Montero genervt aus und wandte sich ab, um hinunter zur Plaza zu kommen.
Love lief langsam auf das Gerangel zu. Was rief der Mann da vor sich hin?
Als er sah, dass Love auf ihn zu kam, hörte er auf, sich zu wehren und wurde erneut von dem Soldaten gepackt.
Love sah ihn kalt und fragend an.
"Duval", sagte der Mann steif und Love nickte dem Soldaten wage zu, ihn loszulassen. Er richtete sich etwas auf und salutierte mehr oder weniger, bevor er Love anblickte und meinte: "Ich glaube, Sie haben meine Tochter hier irgendwo?"
Der Kuss schmeckte salzig und das Blut in Loves Bart mischte sich mit Honeys Tränen, die beim Kuss nicht aufhörten. Sie weinte, er küsste sie, sie küssten sich, während Love sein Hemd aufknöpfte und es sich ruckartig vom Körper zog.
Loves dachte nicht darüber nach, was er tat. Er hatte sie schließlich nicht wirklich nehmen wollen, er wollte Murieta zur Weissglut treiben und hatte Honey gleich aus der Zelle holen können, wo sie, wenngleich sie zum Diebespack zählte, beim Besten Willen nicht hingehörte - zumal sie verletzt war.
Doch nun, nachdem sie ihn angeschrien und geschlagen hatte und seine natürlichste Reaktion eine körperliche Bestrafung war, übermannte ihn stattdessen die Lust auf sie. Die Lust, sich in diesen stechenden Augen zu verlieren. Sie so intensiv zu spüren, wie es auf einem anderen Weg nicht möglich war.
Er griff an ihren Rücken, ihre Oberschenkel. Er legte die Hände unter ihr Gesäß und hob sie hoch, ohne aufzuhören, sie zu küssen.
Er setzte sie auf dem Bett ab, seine wettergegerbte Haut brannte beinahe heiß auf der ihren, die blass, kalt, schier aus Marmor war.
Er umschlang sie fest, zog sie auf sich.
Als nicht viel geschah, richtete er sich leicht auf und küsste sie erneut, forderner, ihre Brüste so berührend, wie er es beim letzten Mal, dem ersten Mal, vor einigen Nächten getan hatte, was sie zum lustvollen Stöhnen gebracht hatte.
Doch ihre Lippen zitterten und ihre Tränen versiegten kaum.
Er hielt inne.
Sie saß auf ihm und sah auf ihn hinab, zwar keuchend, aber mit mehr Abneigung als Lust in den Augen.
Sie starrten sich an. Honey wandte den Kopf ab und machte Anstalten, von ihm runterzugehen, doch er hob den Arm und griff ihr mit ganzer Hand um den Hals, direkt am Kinnansatz. Er drehte sanft ihren Kopf zu sich. Nachdem er einige Momente forschend ihr Gesicht ergründete, ließ er sie los und die Hand, sowie den vorher vorgebeugten Oberkörper seufzend zurück auf's Bett fallen.
"Zu schade", sagte er leichthin.
"Was?", fragte Honey rasch, beinahe unruhig.
Love hob den Kopf. "Nun", er machte eine ausladende Geste auf seine und Honeys Position, die eingefroren war, "Das... Du zeigst keine große Bereitschaft..."
Er lächelte beinahe schelmisch, als sich Honey, mit festem, nahezu entschlossenem Gesichtsausdruck, etwas nach vorne beugte. Sie legte ihre Lippen auf Loves.
Ihr Körper, der noch verkrampft war, sprach eine andere Sprache als ihre Lippen, die ihn nun intensiv küssten. Ihre fest verschlossenen Augen gaben ein anderes Bild ab als ihre Hände, die seinen Körper entlangfuhren.
Er ließ es einige Momente geschehen, doch dann griff er ihr sachte in die Haare und zog ihren Kopf zurück. Er sah sie forschend an.
Honey starrte zurück, sie konnte seinen Blick nicht halten.
Er sah nur weiter in ihre Augen, die den seinen auswichen.
Er seufzte und bewegte sein Becken etwas. Honey spürte seine Erregung.
"Steh auf. Ich gebe dir etwas zum Anziehen."
Ihr Blick fuhr zu ihm. Sie wirkte so zerrissen, dass man die Arbeit ihres Geistes förmlich hören konnte. Fragend sah sie ihn an.
Er hob die Brauen und nickte in den Raum hinein, eine Geste, von ihm runterzugehen.
"Na los."
Er wollte sich aufrichten, doch Honey drückte seine Brust mit flacher Hand auf das Bett. Viel unbestimmter als diese Bewegung war ihre zittrige Stimme, als sie flüsterte: "Bestrafen Sie ihn dafür?"
Love blickte sie einen Moment an, in dem er nur ausdruckslos wirkte. Dann richtete er sich etwas ruckartiger auf, so dass Honey zwangsweise von ihm runterstieg. Sie zog sich wieder die Decke vor den Körper und setzte sich auf den Bettrand, während Love aufstand, sich anziehend.
Er ging zum wortlos zum Schrank.
"Love", fragte Honey nach, als er ein graues, zu großes Baumwollhemd herausholte.
Er wandte sich damit um und gab es ihr. Sie nahm es nicht sofort, sondern sah ihn forschend an.
Sein Blick wirkte ruhig, fast versöhnlich, doch seine Stimme war trotz der geringen Lautstärke, in der er sprach, fest, herrisch. "Nicht mehr als ohnehin."
"Was bedeutet das?", fuhr Honey auf, nachdem sie langsam das Hemd genommen hatte.
Love wandte sich ab und ging wieder zum Schreibtisch, wo er die Dokumente durchsah.
"Was bedeutet das?", sagte Honey nun entgültig fordernd, legte sogar das Hemd bei Seite und stand auf, die Decke um sich geschwungen wie ein Kleid.
Sie ging einen Schritt zu ihm und versuchte seinen Blick zu fangen.
Love ignorierte ihre Bemühungen und warf einen Seitenblick auf ihre Bettdeckenkleid.
"Das heißt nein, ich werde ihn nicht dafür bestrafen, dass du keine Hure bist."
Honey wollte direkt etwas erwidern, doch hielt inne, als sie seine Worte hörte.
Schließlich sagte sie: "Aber Sie werden..."
Love atmete aus und sah sie erneut kurz an, während er die Pergamente zusammennahm und stapelte.
"Ihn morgen früh exekutieren."
Schnell, um bei diesen Worten nicht einen erneuten Ausbruch zu durchleben, erwiderte Honey leise: "Und was, wenn ich..."
Love sah sie nun wieder an, ohne sich zu ihr zu drehen. Schließlich lächelte er, sie musternd. "Also doch eine Hure?"
Honey wusste um die Provokation und auch wenn sie ein stechender Wutreiz durchfuhr, ging sie nicht darauf ein.
Love meinte leichthin, wieder mit seiner Arbeit beschäftigt: "Glaubst du, du bist es wert, dass ich einen Verbrecher, den ich seit Monaten verfolge, der beinahe meine Karriere und Don Rafaels Lebenswerk zerstört hat, einfach laufen lasse?"
Honey blinzelte.
"Weißt du, wie viele Menschen in den Käfigen der Mine waren?"
Nun legte er die Blätter sortiert ab und wandte sich ihr wieder zu, beunruhigend ruhig. Er trat ein wenig an sie heran. "Glaubst du, auf ein kleines Mädchen kommt es an?"
Ihr Blick fing seinen, huschten kurz zu seinem Waffengürtel auf dem Schreibtisch.
"Denk nicht mal daran", sagte Love leise.
Sie sah zu ihm zurück, trotzig werdend.
Dann runzelte sie die Stirn.
"Ihr Stolz ist verletzt, nehme ich an."
Love hob die Brauen, überrascht lächelnd, den Abstand zwischen sich und Honey erneut etwas verringernd.
"Wie bitte?!"
"Zurückweisung sind Sie wohl nicht gewohnt, Love", sagte Honey verächtlich. Es machte Sinn. Beinahe hatte sie sich ihm hingegeben und war dann wieder zurückgerudert, um dann eiskalt zu werden.
Love wusste, dass es wenigstens zu einem Bruchteil wahr war.
"Sie dachten", sagte Honey, und ihre Verachtung wurde zu Hohn, der ihre ein sehr kleines, beinahe böses Zucken auf die Lippen setzte, "Dass ich Ihnen trotz allem nicht widerstehen könnte."
Loves Lächeln fror ein.
Honey wusste, dass man seinen Stolz nicht angreifen sollte. Sie kannte kaum einen Mann mit so viel Wertlegung auf Ehrgefühl wie diesen Berufssoldaten, doch es fiel ihr trotz all der Gefahr schwer, ihren Hass zu verbergen. Sie wusste, dass sie Recht hatte und sah es an der Ungehaltenheit seiner Miene.
Sie wagte es nicht, weiterzusprechen, doch ihr Blick kam einer Provokation gleich.
Love sah zu ihr hinab und sagte schließlich leise:
"Ich werde morgen, nachdem dein Bruder seinen Kopf verloren hat, zum General befördert. Ich werde Californias Armee befehligen. Und du, Murietamädchen?"
So hatte er sie nie genannt. Er wollte sie offensichtlich damit beleidigen. Wenngleich sie dies nicht berührte, schwand ihre Erhabenheit und ihr eben erlangter Mut mit jedem seiner Worte.
"...Du wirst was, auf der Straße leben? Dir Essen stehlen? Dich verkaufen?"
Er fasste ihr an die Wange.
"Glaubst du wirklich, es verletzt meinen Stolz, dass du dir zu schade bist, dich mir hinzugeben?"
In einer trotzigen Geste fuhr ihr Blick zu ihm und sie zischte: "Ja!"
Love hob den Kopf. Er griff an die Decke um ihren Körper und riss sie ihr weg, sie versuchte, sie zu halten, doch das Gerangel war schnell vorbei und Love ließ den Stoff zu Boden fallen, sich nur noch etwas zu Honey vorbeugend, die sich kleiner machte, ihren nackten Oberkörper mit den Armen bedeckend.
"Ich kann dich jederzeit haben, wenn ich will", sagte Love kalt und zynisch lächelnd, sie nicht berührend, aber mit seinem Blick in Schach haltend. In diesem Moment klopfte es an der Tür. Love wandte sich ab.
Er ging zur Tür.
Honey, der gegen ihren Willen Tränen der Demütigung über die Wangen liefen, zitterte und bewegte sich kaum, ihre Arme fester um sich pressend. Schließlich setzte sie sich kraftlos auf die Bettkante.
Vor der Tür stand ein Soldat. Love beredete leise etwas mit ihm.
Honey bekam es nicht mit.
Als er die Tür schloss und sich umdrehte, sah er sie, wie sie vorgebeugt auf dem Bett saß. Ihre Hände jeweils hinten ihren Rücken umklammernd, leicht bebend.
Love biss die Zähne zusammen. Es war ein erbärmlicher Anblick... und er wusste, dass sie Recht hatte. Er wollte sie. Er hatte es sogar ausgesprochen... und er hatte gedacht, trotz allem könnte sie gar nicht anders, als sich ihm hinzugeben. So oft war es zu Küssen gegen ihren anscheinend klaren Willen gekommen, der letztendlich doch so viel komplexer war. Sie hatte sich ihm nicht entziehen können und dass sie es jetzt tat, brachte ihn dazu, sie seine Kälte und Macht, vor allem seine Macht über sie und ihren Bruder, spüren zu lassen.
Doch als Honey sich leicht umwand und sich bei dem Anblick, wie er wieder auf sie zukam, noch etwas mehr zusammenkauerte, wusste er, dass er nur ein wenig davon entfernt war, einen Teil von ihr zu zerbrechen.
Er ging zum Schreibtisch statt zu ihr und sagte, bemüht beiläufig, während er sich mit einer Ledermappe beschäftigte, in der weitere Verträge waren: "Zieh dir das Hemd an. Ich drehe mich nicht um."
Ein paar Momente vergingen. Dann hörte er, dass sie sich das Kleidungsstück nahm und überzog.
Er wand sich um. Sie saß auf dem Bett, das Hemd reichte ihr bis zur Hälfte der Oberschenkel und war bis zum obersten Knopf geschlossen.
Sie sah ihn nicht an.
"Murieta hat die Wahrheit gesagt. An der Küste gibt es eine Bucht mit einem Wasserfall, eine Höhle unter einer ausgebrannten Hacienda. Wir haben die gestohlene Karte dort gefunden."
Honey nickte. Es schien sie nicht wirklich zu interessieren.
"Kann ich zu ihm?", fragte sie leise.
"Nein", sagte Love.
Sie sah ihn an und wusste, dass jeder Widerspruch aussichtslos war. Sie kauerte sich auf ihrer Betthälfte zusammen und weinte erneut.
Den Rest des Abends sprachen sie kein Wort mehr miteinandner.
Als Love die Kerze löschte und sich auf die andere Seite des Bettes legte, um zu schlafen, wusste er, dass sie noch wach war, wenngleich ihr Weinen und Schluchzen versiegt waren.
Er hatte keine Gefühle für sie, dachte er, während sich seine aufgeschlagenen Augen an die Dunkelheit gewöhnten.
Wie eine normale Gefangene hatte auch sie seine Faust oft genug gespürt, seine Macht zu fürchten gelernt... er lachte unwillkürlich in sich hinein, weil selbst er einsah, wie lächerlich das war. Sie war nicht so leicht zu brechen. Wenn er ihr heute abend wirklich wehgetan hatte, dann war das ihrer absoluten, auch physischen Nackheit geschuldet. Ansonsten war sie alles andere als eine gewöhnliche Gefangene. Als gewöhnlich. Das hatte er gleich gewusst.
Schließlich lag sie, nach allem was passiert war, neben ihm in seinem Bett.
Es waren Gefühle, die er für sie hatte, wenn auch eine seltsame, unberechtigte Art davon. Und er war überzeugt, das irgend etwas in ihr dies erwiderte.
Er schlief ein.
Nach drei nicht vorhandenen oder sehr kurzen Nächten, und körperlich mehr als anstrengenden Tagen war sein Schlaf tief. Er wusste daher nicht direkt, wo er war und mit wem, als er etwas kaltes an seinem Hals spürte. Es dauerte länger als sonst, bis sein Verstand reflexartig die Kälte als Klinge einordnete und seine geübten Muskeln einsetzten. Doch was für Love langsam war, war für jeden Angreifer immer noch schnell.
Schon spürte Love, das ein Körper über ihm war, eine Messerklinge sich gerade längst auf seinen Hals gesetzt hatte, in der Bewegung, diesen tödlich zu verletzen.
Er stieß den Körper gerade nach hinten, um keinen Schwung der Klinge zu riskieren, und setzte direkt nach. Er spürte auf dem Boden vor dem Bett den Körper des Angreifers und immernoch ohne die Situation zu analysieren, fühlte er Haare, in die er reflexartig griff, die er zusammenzog, um seine Faust zielgenau darunter einschlagen zu lassen. Ein undefiniertes Stöhnen ertönte.
Love rappelte sich auf.. wer hatte ihn töten wollen, wer... was... Er trat dem Schemen unter sich in die Mitte, bevor er zur Tür hechtete und sie öffnete, eine Fackel aus dem Flur nahm und damit zurück in den Raum trat.
Nach und nach erreichte die Klarheit seinen Verstand und der Adrenalinschub legte sich.
Er atmere schwer. Eine Blutlache breitete sich vor dem Gesicht des kleinen, zusammengekrümmten Körpers aus. Love machte ein ruckartiges, ausatmendes Geräusch, stecke die Fackel in die halteren der Schlafzimmerwand und kniete sich schnell neben Honey nieder. Sie war zusammengerollt, von ihm weggewand. Behutsam drehte er sie auf den Rücken.
Sie atmete stoßartig.
Ihr Gesicht war völlig blutüberströmt, es lief aus Mund und Nase, auch wenn diese anscheinend nicht gebrochen war.
"Was hast du ... was sollte...", atmete Love, die Fassung bewahrend, doch immer wieder wie benebelt zwischen dem Messer aus seinem Waffengürtel, das nun wie weggeworfen auf dem Bett lag, und der beinahe bewusstlosen Honey hin- und herblickend.
"A-Alejandro", stammelte Honey und mehr Blut ergoss sich über ihr Gesicht. Sie hustete und verlor das Bewusstsein.
Dieses Bild hatte Love, wenn auch nur für einen Moment, vor Augen, als er am frühen Morgen auf die Plaza trat.
Auf der Hinrichtungstribüne stand der gefesselte Murieta vor dem Schussbalken. Ihm waren die Augen verbunden.
Die Hinrichtung war nicht öffentlich, die Plaza gesperrt. Montero sah von seinem Haciendabalkon aus auf das Geschehen. Es war sein Triumph, und doch hatte er die Kiefer aufeinander gepresst.
Love trat vor, während das Erschießungskommando im Rhythmus des kommandogebenden Unteroffiziers, vortrat. Er ging auf die Tribüne und näherte sich seinem gefesselten Feind.
Er trug noch die schwarze Kleidung des gefallenen Rächers, wenngleich diese zerissen war.
"Die Zeitungen sind hocherfreut. Zwei gefallene Verbrecher an einem Tag", rief Love ihm gelassen zu und schlenderte beinahe zu ihm. Alejandro wand sich in seine Richtung, nur die Stimme seines Todfeindes vernehmend.
Schließlich nahm ihm ein Soldat die Augenbinde ab und fesselte ihn an den Schusspfahl, während Love einen Meter entfernt verächtlich zu Alejandro hinübersah.
Dieser gewöhnte sich an die grelle Sonne. Er fühlte sich leer und zugleich unruhig, als wären zappelte Kleintiere in seinen Kopf gesperrt, sein Körper aber luftleer.
Er wollte nicht kämpfen. Ihn berührte keine Provokation mehr.
Aber ein einziger Gedanke hielt seine Kraft zu reden wie ein seidener Faden an seinen Geist gebunden.
"Honey", murmelte er, die Stimme schwach und heiser.
Love lächelte.
"Wird auch beiläufig erwähnt, irgendwo, am Rande."
Alejandro schloss die Augen und schluckte.
"Wie...wie geht es..."
"Ihr geht es nicht so gut, nachdem sie heute Nacht versucht hat, mich umzubringen, musste ich ihr eine Lektion erteilen", sagte er kalt, während die Erinnerung daran, wie es eigentlich gewesen war, nicht seine Gedanken streiften.
... Er hob sie vom Boden hoch, legte sie sachte auf dem Bett ab. ... Er saß auf einem Stuhl vor dem Bett, das Blut von ihrem Gesicht wischend. ... Er tastete ihre Rippen ab, ob von dem Tritt etwas gebrochen war, ihren Bauch, ob sie wohl innere Verletzungen hatte. ... Er flößte ihr zwangsweise Wasser ein, wannimmer sie gerade so zu Bewusstsein kam, bei ihr, bis die Sonne ins Zimmer fiel ...
Alejandro richtete sich etwas auf.
"Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt, Sie... werden sie gehen lassen..."
Love hob, nach wie vor kalt lächelnd den Kopf und kam näher auf Alejandro zu. Er starrte ihm verächtlich in die Augen und sagte schließlich, wesentlich hasserfüllter als zuvor, als sei der Vorfall Alejandros Schuld: "Ja Murieta, wenn sie das überlebt, lasse ich sie gehen."
Alejandro atmete erleichtert aus, Tränen stiegen in ihm hoch, er zitterte schier.
Hasserfüllt musterte Love den Mann vor sich.
Er raunte ihm zu: "Jetzt stirbst du."
Dann wandte er sich ab und ging von der Tribüne, um dem kommandierenden Unteroffizier den Startbefehl zu geben.
Der öffentliche Eingang der Plaza, der keine Sicht auf die Hinrichtungstribüne gewährte, aber dennoch einige Schaulustige, die anscheinend vom Geschehen in der Zeitung gelesen hatten, anlockte, verursachte einiges an Geraune, das zu dem Exekutionskommando durchdrang.
Nun ertönte aber eine laute Stimme, die anscheinend mit den Wachsoldaten rang.
Unruhig wandten sich die Soldaten, die die Gewehre führten, doch Love nickte dem Unteroffizier zu.
Als dieser gerade mit den Befehlen beginnen wollte, wurde die Stimme noch lauter und ein Mann lief um die Ecke, die vom Eingang auf die Plaza führte, gefolgt von dem Wachsoldat, der ihn sofort in die Mangel nahm.
Er war ein gutes Dutzend Meter von Love entfernt, doch dieser sah, dass der Mann recht groß war, blass, rote Haare und recht muskulös. Er lieferte sich einen richtigen Kampf mit dem Wachsoldat.
Love runzelte die Stirn und gebot dem Unteroffizier Einhalt.
Auf dem Balkon atmete Montero genervt aus und wandte sich ab, um hinunter zur Plaza zu kommen.
Love lief langsam auf das Gerangel zu. Was rief der Mann da vor sich hin?
Als er sah, dass Love auf ihn zu kam, hörte er auf, sich zu wehren und wurde erneut von dem Soldaten gepackt.
Love sah ihn kalt und fragend an.
"Duval", sagte der Mann steif und Love nickte dem Soldaten wage zu, ihn loszulassen. Er richtete sich etwas auf und salutierte mehr oder weniger, bevor er Love anblickte und meinte: "Ich glaube, Sie haben meine Tochter hier irgendwo?"