Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Honey ~ Der Weg deines Herzens

von LunaLu
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Drama / P16 / Gen
Captain Harrison Love OC (Own Character)
06.04.2008
25.07.2021
40
168.234
6
Alle Kapitel
80 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
06.04.2008 4.765
 
Kapitel 31 - Auf Leben und Tod

Jeder Aufschlag der Hufen des Pferdes auf den Boden schien eine Gehirnerschütterung in Honeys Kopf auszulösen.
Sie nahm weder wahr, wohin, noch wie lange sie schon unterwegs waren.
Love spürte ihren Kopf an seinem Rücken, dann und wann sachte dagegen schlagend, zeitweise völlig leblos eingesunken. Er machte keine Anstalten, sich zu ihr umzudrehen oder auf ihr zeitweises Stöhnen zu reagieren.
Seine Muskeln waren angespannt, sein Verstand geschärft auf das, was heute noch folgen würde.
Die ersten Sonnenstrahlen erschienen über den Hügeln der Prärie, durch die Montero und er im Galopp zur Mine ritten.
 Objektiv gesehen wusste er, dass die Kleine mit ihrem Kuss einen Streit zwischen ihm und Montero hatte beschwören wollen und er musste beinahe in sich hineinlachen, da er etwas wie Hochachtung für diesen perfiden Plan empfand, zu dem sie sich vor einigen Wochen wohl nie durchgerungen hätte. Schließlich hatte Love selbst sie einst, nach dem Ringkampf, aus reiner Provokation geküsst.
Doch hier, dieses Mal, stand alles auf dem Spiel. Bis jetzt hatte sie nicht begriffen, dass sie eine Gefangene war, mehr noch, eine Geisel.
Der Tag würde Schmerzen für sie bringen... warum sollte Love vor dem Erreichen der Mine so tun, als ginge es um etwas anderes, als die erfolgreiche Durchführung des Plans? Um jeden Preis. Die Zeit der Spielchen war vorbei.
 Rhythmisch dröhnten die Hufschläge in Honeys Kopf weiter, auch, als die Pferde zum stehen gekommen waren.
Als Love mit einer fließenden Bewegung vom Pferd glitt, kippte sie leicht nach vorne, richtete sich dann aber auf.
Sie waren nicht am Ziel angekommen, sondern an einer kleinen, verlassenen Hütte in der Steppe, vor der ein großer Trog mit Wasser aufgebaut war.
Love zog Honey vom Pferd, so dass sie gerade so auf den Beinen landete. Er führte das Pferd zum Trog, wo es gierig zu trinken begann. Montero tat dasselbe, zog ein Tuch aus seinem Revers und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Love kam zu Honey zurück. Er hatte seinerseits ein Tuch ins Wasser getaucht und trat nah an Honey heran, die, die Augen gegen die grellen Sonnenstrahlen des Morgens zusammengekniffen und die Hände auf den Rücken gefesselt, von einem Fuß auf den anderen trat.
Love hob ihr Kinn mit der einen Hand und wischte mit der anderen das Blut, das aus der Schramme seines Schlages triefte, von ihrer Wange.
Dabei sagte er: "Wenn du mich noch einmal küsst, um etwas zu provozieren, tu ich dir etwas an, dass man nicht mit einem Tuch wegwischen kann."
Er erwartete eine zynische Bemerkung, doch Honey sah nur, die Stirn angestrengt hochgezogen, zu Boden.
"Hey", hauchte Love und zog ihr Kinn etwas höher, die zynische Provokation aus seiner Stimme verbannend, "Keine Spielchen mehr, verstehen wir uns?"
Honeys Blick traf seinen. Ihre Augen blitzten. Doch sie sagte nichts.
"Weiter", ertönte Monteros Stimme von hinten.
Love richtete sich auf und zog Honey zum Pferd, bevor er sie hochhob, sich erst über die Schulter warf und sie dann auf den Hengst setzte.
Sie schwand ein Bein über das Tier und versuchte, das Gleichgewicht trotz der Fesseln zu halten.
Love wandte sich um und sah, dass Montero sie beobachtet hatte.
Die Hälfte des Weges war geschafft.

Als sie die Mine erreichten, wurden sie bereits von Weitem von einem Aufseher gesichtet, woraufhin das riesige Eingangstor geöffnet wurde. Heißer Staub stieg über der Bergkette um die Mine auf, die Sonne hatte beinahe ihren Höhepunkt erreicht.
Honey richtete sich etwas auf, als sie das riesige Gelände, das von Arbeitern in Lumpen und Ketten überlaufen war. Die Aufseher, schwer bewaffnet, Gewehre und Peitschen im Anschlag, salutierten Montero und Love zu, als diese in den flacheren Arbeitsbereich hineinritten.
Honey war trotz ihrer Erschöpfung überwältigt, sie spürte beinahe einen Schwall Adrenalin durch ihre Adern fluten. Mit offenem Mund sah sie sich um.
Dies war ein Meisterwerk der Organisation und der Gerüsterrichtung. Doch über allem lag ein derart erdrückender Anblick der Gewalt, des Todes, der Misshandlung, dass es ihr beinahe den Atem verschlug.
Sie sah mindestens so viele in Ketten laufende Frauen, wie Männer. Sie sah Greise und einige Kinder.
Sie ließ sich von Love vom Pferd ziehen, ohne wirklich darauf zu achten, die Augen immer noch durch das Geschehen wandernd.
Love rief einen Wärter herbei und schob Honey zu ihm, während Montero sich bereits auf dem Weg zu den höher gelegenen Bereichen machte, um einen letzten Blick auf das zu transportierende Gold zu werfen.
"Sind die Sprengladungen bereit?", fragte Love und zog seine Reithandschuhe aus, um sie sich unter den Waffengürtel zu klemmen.
"Ja, Sir, im Geröll und an den Zäunen verteilt", erwiderte der Aufseher. Es war offensichtlich kein Soldat, er war nicht allzu steif, doch weniger gefährlich wirkte der Mann dadurch nicht.
"Gut. Hören Sie... Das Mädchen", Love nickte in Richtung Honey, ohne sie anzusehen, "Fesseln Sie sie an eine Sprengladung, die Sie auf die Mitte des Weges zwischen Haupttor und Schlucht scharfmachen. Irgendwo, wo sie gut sichtbar ist. Wir rechnen mit dem Auftreten eines Eindringlings. Wenn er sich zeigt, sollte er sie bemerken. Positionieren sie Waffen um sie herum. Sie wird ihn magisch anziehen."
Der Aufseher hielt Honey am Arm und zog eine Braue hoch. "Wenn Sie das sagen... Komm", zischte er und wollte Honey mit sich ziehen, als Love einwarf: "Warten Sie!"
Er trat an Honey heran. Sie starrte ihn an, Tränen in den Augen, die Lippen zitternd.
"Das alles hier...", brachte sie mühsam hervor, "Das ist...", sie schluckte. Ihre Angst schien von ihrem Schock minimiert zu werden. "Das ist selbst für Sie..."
Love hob die Hand und Honey zuckte zusammen, doch er wollte nur ihren Worten Einhalt gebieten.
Er blickte sie an und atmete durch die Nase aus. Er musterte ihr Gesicht.
"Er wird kommen", sagte Love leise. Es war nicht deutlich, ob zu Honey, dem Wärter, oder sich selbst. Dann nickte er dem Wärter zu, der Honey wegzog. Love drehte sich um und wollte Montero nachlaufen, als Honey völlig unerwartet begann, sich zu wehren.
"Hey!", stieß der Wärter aus und griff sie fester, doch Honey zog und wand sich aus seinem Griff, so gut ihre gefesselten Hände das erlaubten.
"Love, bitte!"
Love fuhr herum. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und wurde grob zurückgezogen, was sie nicht daran hinderte, es erneut zu versuchen.
Dabei rief sie: "Captain Love!"
Es war nicht direkt ein Flehen, eher eine Art Verwirrung, als könne er das alles nicht ernst meinen. Sie versuchte, sich loszumachen, gegen den Griff dses Mannes anzukommen und ein Gerangel entstand.
Doch ihre Augen waren auf Love fixiert, während sie nun beinahe rief: "Love, bitte!"
Love beobachtete das Geschehen nur, die Zähne zusammengebisse, als der Mann "Komm jetzt, Schlampe", knurrte, Honey mit einem Ruck zurückzog und schier in Richtung der Sprengladungen trug.
 Love griff nicht ein, die Welt um Honey verschwamm vor Erschöpfung, Überwältigung und Angst.
Er wandte sich ab und taxierte, wie die Arbeiter in Kettenarbeit das Gold von den Lagerhallen zu den Transpoterwagen umherreichten.
Als er sich von der Flüssigkeit des Arbeitsverlaufes überzeugt hatte, ging er zurück zu seinem Pferd und stieg auf, um sich den Rest der Mine noch einmal anzusehen.
Ein Arbeiter, der außerhalb des Rhythmus arbeitete und so die Geschwindigkeit reduzierte, wurde von einem Wächter mit der Peitsche traktiert, doch Love sah nur kurz dabei zu. Er würde es nicht mehr lange als Kraft gebraucht werden...
Love wandte den Kopf zu den Stollen, in denen die Sprengvorrichtungen gelagert waren.
Sie waren ein ganzes Stück entfernt. An einem Mast zu einem Aufgang in die Minengerüste erkannte Love gerade so Honey, wie sie von dem Wächter, der sie mittlerweile an ihren Platz gezerrt hatte, augenscheinlich mit Gewalt gegen einen Balken gebunden wurde.
Warum musste ausgerechnet heute ihr Widerstandswille so ausgeprägt sein?
Love gab seinem Pferd die Sporen und ritt den Verlauf der Lunte nach. Er bemerkte nicht, dass ein Mönch, die Kutte tief ins Gesicht gezogen, seinem Blick zu Honey gefolgt war.

Alejandro lief ein Schauer über den Körper, als er dem von der Peitsche gepeinigten Mann auf die Beine half und ihm mit einer Kelle Wasser aus einem Eimer gab, den er sich von einer der Lagerstätten unbehelligt genommen hatte.
Zwar wurde er von den Wärtern verächtlich mit Seitenblicken beworfen, doch bis jetzt hatte ihn keiner lange genug angestarrt, um die schwarze Kampfeskleidung unter seiner langen Kutte zu bemerken.
Eigentlich hatte er Love heimlich durch die Mine folgen wollen, den er gerade erst gesehen hatte, doch er konnte nicht anders, als dem blutenden und keuchenden Mann zu helfen.
Als er sich wieder aufrichtete, sah er, dass Love, wie ein König auf seinem Ross thronend, kalt in Richtung der Felsen starrte. Alejandro sah hinüber und seine Muskeln spannten sich an, als er eine kleine Gestalt sah, die, anders als die wie gehorsame Tiere trottenden Gefangenen, gegen den Griff eines Mannes ankämpfte, der sie festbinden wollte. Die rotblonden Haare des Mädchens fielen ihr wild um die Schultern und glänzten im Sonnenlicht wie eine optische Täuschung golden bis zu Alejandro hinüber. Er hatte den Reflex, loszurennen, doch er zog sich stattdessen die Kutte noch tiefer ins Gesicht und duckte sich in die Arbeitermenge hinein. Er fühlte sich, als könne allein das unbändige Gefühl der Wut, das er spürte, ihn verraten.
Love ritt davon. Alejandro betrat eine Leiter und machte sich auf in eine der oberen Etagen. Er musste die Sammlung des Goldes aufhalten - kein Gold, keine Sprengung.

Als Love den Weg der Lunte überprüft hatte und sah, wie zwei Wächter die an der letzten Stelle zusammenbanden, blickte er auf.
Mit lauter, herrischer Stimme, rief er: "Alle einsperren!"
Die Wärter, die auf dieses Signal gewartet hatten, verstanden.
Im Nu begannen sie, die Gefangenen mit Hilfe von Peitschen, Tritten und Schlägen der Gewehrkolben, zusammenzupferchten und in das halbe Dutzend großer Käfige, die alle nah beieinander auf drei Etagen der Gerüste in Nähe der Sprengladungen angebracht waren, zu sperren.
Die Gefangenen waren teils zu erschöpft, um in Panik auszubrechen, und wer sich wehrte, wurde wehrlos geschlagen.
Alejandro beobachtete das Geschehen von einem Blickpunkt neben einem Wasserrad aus, welches einen Flaschenzug, der eine große Ladung Gold nach unten transportierte, antrieb.
Er sah, wie Love seinem Pferd erneut die Sporen gab und diesmal etwas weiter weg, in Richtung der Stollen ritt. Er stieg vom Pferd und sah nach oben, die Hände gegen die blendende Sonne vor die Augen gelegt.
Da erkannte Alejandro Montero, auf der obersten Plattform einer Mine mit einem Arm winkend.
Love zog eine Waffe und schoss auf das Signal hin auf den Boden, wo, wie Alejandro wusste, der Beginn der Zündschnur war.
Love verfehlte sein Ziel nicht. Der Countdown lief.

Honey wusste selbst nicht genau, woher ihre Energie für den Kampf kam, den sie ihren Fesseln bot - zumal er offensichtlich absolut aussichtlos war.
Trotzdem gab sie es nicht auf, mit beiden Armen an dem Balken zu rütteln, der zwischen ihren Schulterblättern und zusammengebundenen Händen an ihrem Nacken schrammte.
Sie sah, wie Love, etwa zwanzig Meter entfernt, von seinem Pferd stieg und mit gesenkter Waffe die Lunte anzündete, deren Weg einmal durch die Mine verlief, bevor er zurück, an Honey vorbei, in den Stollen führte.
Warum eine Zündschnur, warum der lange Weg? Was hatte das zu bedeuten?
Honey ahnte, was vor sich ging. Die Gewissheit machte sich in ihrem Kopf breit - doch sie wollte es einfach nicht realisieren.
Sie spürte, dass Love ihr einen Blick zuwarf. Sie erwiderte ihn.
Er kam nicht auf sie zu. Doch er beobachtete sie - er sah sich um, um sie herum. Worauf wartete er?

In diesem Moment gab es ein ohrenbetäubendes Knirschen und Rattern im oberen Bereich der Gerüste - ein Wasserrad kam langsam zum stehen, nachdem sich etwas anscheinend darin verfangen hatte. Die Plattform mit gestapeltem Gold, die von der Kraft des Rades nach unten gesenkt wurde, blieb einige Meter über dem Boden in der Luft hängen.
Loves Blick, wie der einiger Wärter, war auf das Geschehen gerichtet.
Honey hörte, wie er Anweisungen schrie, ihr einen letzten, prüfenden Blick zuwarf und sich schließlich mitsamt einiger Wärter in Richtung der Plattform auf den Weg machte, während zwei Wärter in Richtung Honey kamen.
Verwirrt sah sie, dass sie sogar genau auf sie zukamen.
"Du brauchst gar nicht gegen die Fesseln ankämpfen, die kriegst du eh nicht los, Prinzessin", knurrte einer der wettergegerbten Männer, während der andere ohne Vorwarnung, scheinbar grundlos ausholte und Honey ins Gesicht schluss.
Sie spürte den metallischen Geschmack von Blut im Mund. Sie war nicht benebelt, aber der Schmerz der Ohrfeige trieb ihr Tränen der Wut und Demütigung in die Augen.
Sie wollte gerade den Mann beleidigen, als der Knall einer Peitsche ertönte, während im Bruchteil einer Sekunde der dünne, schwarze Strang der Peitsche um den Hals des Mannes geschwungen war und sich zusammenzog.
Der Mann röchelte und taumelte, fiel zu Boden. Die Peitsche löste sich von ihm, während ein Mann, völlig in schwarz gekleidet und maskiert, hinter einem Balken gegenüber von Honey hervortrat.
Er hatte den Degen gezogen und entwaffnete den zweiten Wärter binnen Sekunden, beförderte auch ihn mit einem Tritt zu Boden und machte ihn mit einem zweiten Tritt kampfesunfähig.
"Alejandro", stieß Honey atemlos aus und spürte, wie das Blut nun aus ihrem Mundwinkel über ihr Kinn lief.
"Honey", erwiderte er, doch es war nicht passend zu der Energie, mit der er gerade mühelos zwei Männer besiegt hatte. Er sah sie an, erstarrt, die Stimme schwer und leise, als hätte man ihm jegliche Kraft entzogen.
Sie sah, trotz der Maske, Schmerz in seinen Augen.
"Was hat er dir..."
"Nein!!!", brüllte Honey in diesem Moment.
Nur ganz sachte hatte sie einen Gewehrlauf wahrgenommen, der hinter einem Stapel Holzes hervorgelugt hatte. Eine Waffe, die anscheinend schon eine Weile auf ihren Einsatz wartete - eine Falle für den, der sich Honey unbefugt nähern würde.
Ein Schuss löste sich. Die Zeit schien stehen zu blieben.
Doch Honey spürte keinen Schmerz.
Alejandro brach nicht zusammen. Stattdessen war der Mann, der die Waffe gehalten hatte, hinter seinem Versteck hervorgetaumelt und nun seinerseits angegriffen worden - es war Montero, der nun Diego gegenüberstand.
Alejandro lächelte, doch dann wandte er sich wieder Honey zu.
"Wir haben nicht viel Zeit. Ich mache dich los, du musst zu den Käfigen den Gefangenen rennen und sie befreien. Schaffst du das?"
Honey nickte.
"Beeil dich. Die Zündschnur brennt, es ist-"
"Wir haben alle Zeit der Welt", erklang eine Stimme hinter Alejandro.
Wie in Stein gemeißelt, erhaben und doch beinahe entspannt stand Captain Love ein paar Schritte von Alejandro und Honey entfernt und sah Zorro mit kalten Augen an. Er hatte den Degen gezogen.
Alejandros Muskeln spannten sich augenblicklich an und er richtete sich auf.
Mit einer fast sanften Bewegung fuhr Love mit der linken Hand zu seinem Pistolenholster und zog die Waffe.
"Nein!", rief Honey und wehrte sich ein weiteres Mal erfolglos gegen ihre Fesseln, die ihr nun schlimmer als je zuvor vorkamen.
Doch Love würdigte sie keines Blickes, hielt die Waffe einige Sekunden locker in der Hand - und warf sie dann einfach weg.
Er hob den Kopf.
Alejandro ging in Kampfesstellung.
Honeys Blick fiel von Love auf Alejandro.
Kein anderer war da. Viele Dutzend Meter entfernt schienen Diego und Montero einen Kampf auszutragen, doch sie waren nicht mehr zu sehen.
Das Geschrei der Gefangener war zu hören, die Wärter, die Diego und Zorro noch nicht ausgeschaltet hatten, mussten irgendwo in der Mine sein - doch jetzt gerade erschien es, als gäbe es nur diese zwei Männer auf der Welt.
Und sie konnte nichts tun.
"Alejandro, mach mich los!", zischte sie, dann sah sie Love an, der kalt seinen Kontrahenten anstarrte, als wäre Honey schier nicht existent.
Ein paar Sekunden verstrichen - dann Griff Love an.
Alejandro parierte.
"Ich hätte eine Frage", stieß er nach einigen Schlägen aus.
Love lachte auf. "Tatsächlich, und wie lautet die?"
Ein weiterer Schlagabtausch folgte. Alejandro griff hart an und zwang Love rückwärts gegen das Geländer, an dass er ihn presste, während er ihn kalt ins Gesicht fragte: "Wo soll man Ihre Gebeine austellen?!"
Er löste sich von ihm und gab ihm einen so heftigen Schlag ins Gesicht, dass Love rückwärts zu Boden geschleudert wurde. Er rappelte sich jedoch so schnell wieder auf, dass Alejandro, als er nachsetzen wollte, ins Straucheln geriet.
Love erwiderte nichts auf Alejandros zynische Frage, doch das kalte Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden.
"Hört auf!", schrie Honey, als die Männer sich noch brutaler als zuvor angriffen, die Klingen klirrend aufeinander trafen und Love militärisch angriff, während Alejandro akrobatisch parierte.
Sie wurde ignoriert.
Love ließ eine Parade heftiger Stöße auf Alejandro hinabregnen, die dieser erst einhändig erwidern konnte, doch schließlich musste er den Degen mit beiden Händen umklammern und letztlich mit einem Salto ausweichen. Love trat nach, doch sein Gegner nutzte den Schwung des Saltos, um schnell um Love herum zu wirbeln und von der anderen Seite anzugreifen. In letzter Sekunde parierte Love den Schlag, der sonst seine Schulter durchbohrt hatte.
Alejandro nutzte die Parade, um Loves Degen mit seinem linken Arm flach neben einen Balken an der Seite zu pressen. Honey dachte, er würde mit der nun freien Degenhand Loves Körper durchbohren, doch dieser wirbelte blitzschnell vor Loves Gesicht umher und ließ dann ab. Alejandro trat einen Schritt zurück.
Love presste ruckartig die eigene, behandschuhte Hand auf seine Wange.
Honey musste genau hinsehen, um zu erkennen, was geschehen war - mit der Klinge des Degens hatte Alejandro mit vier winzigen Schnitten ein 'M' in Loves Bartansatz geritzt, dass sich nun blutig auf Loves Handschuh widerspiegelte.
Der Captain sah mit einem Blick auf, der Honey Gänsehaut versetzte.
"'M'", sagte Alejandro eisig, "für 'Murieta'."
Jetzt zeichnete sich ein diabolisches Lächeln auf Loves Gesicht ab.
"Nun, dein Bruder, Murieta... hätte sich schon längst die Kugel gegeben."
Der Triumph verschwand aus Alejandros Gesicht und er griff in Rage an, die Kämpfenden näherten sich Honey. Doch Alejandro war so außer sich, dass Love einen unpräzisen Angriff nutzen konnte, um sich unter dem Degen wegzuducken und Alejandro mit einem Schlag auf den Rücken zu Boden zu befördern.
Er wollte mit dem Degen nachsetzen, als Honey ihm trotz ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit einen Tritt gegen die Kniekehle versetzte, sodass er reflexartig auf die Knie sank.
Er richtete sich schnell auf und fuhr herum.
Ihre Blicke trafen sich und in Loves wildem, kämpferischen Gesicht lag nichts von dem, was Honey kannte.
Auch ging alles zu schnell, als dass sie es hätte analysieren können - Love griff mit einem wütenden Schnaufen um Honeys Kehle und schlug ihren Kopf gegen den Balken, wo er ihn festhielt, als Alejandro von hinten hochfuhr, um Love mit dem Degen zu durchbohren. Ohne zu wissen, was sie tat, rief Honey eine Warnung aus, so dass Love, statt sie weiter zu würgen, herumfuhr und zur Seite schnellte.
Der Degen schnellte ungebremst nach vorn und wurde einen zentimeter, bevor er nun statt Loves Honeys Brust durchbohren konnte, von einer Klinge aufgehalten.
Love hatte in einer blitzschnellen Bewegung den Schlag von der Seite pariert.
Die Degen trafen aufeinander und stießen einander ab, Alejandro taumelte etwas nach hinten.
Der Kampf hielt inne, alle atmeten schwer, Honey starrte mit offenem Mund an sich hinunter, als könne sie nicht glauben, dass sie nicht getroffen war.
"Bist du verletzt?", stieß Alejandro tonlos aus.
Honey sah auf, Tränen in den Augen.
"Hört auf", brachte sie gerade so hervor. Sie meinte Love und Alejandro, doch sie blickte nur ihren Bruder flehend an, wissend, dass diese Bitte aussichtslos war.
Geschrei von den Gerüsten ertönte - etwa ein halbes Dutzend Wärter, von der Plattform mit dem Gold zurückkehrend, hatte die Kämpfenden bemerkt und machte sich nun auf den Weg zu Zorro.
Schüsse ertönten.
"Nicht schießen!", brüllte Love, während Querschläger in Balken und Boden einschlugen.
Alejando wirbelte herum und kletterte auf eine Leiter in die obere Etage, Love wollte nachsetzen, als Honey, soweit es ihre Fesseln erlaubten, nach vorne stieß und ihm ein Bein stellte.
Love fiel nicht zu Boden, doch geriet ins Straucheln und hielt sich am Balken, an den Honey gefesselt war, aufrecht.
"Nein!", keuchte Honey und schüttelte den Kopf, "Nein!", wiederholte sie.
Love richtete sich auf. Knirschen und eilige Schritte auf der Plattform verrieten ihnen, dass Zorro weiter das Gerüst emporkletterte, doch die Wachen hatten es inzwischen ebenfalls erreicht.
Love, die Augen auf Honey geheftet, Blut aus Mund, Nase, und dem 'M' auf dem unteren Teil seiner Wange triefend, näherte sein Gesicht dem ihren bis auf eine Hand breit und murmelte: "Dein Bruder wird heute sterben, und bei Gott, stell dich mir noch mal in den Weg und ich töte dich auch."
"Machen Sie mich los!", zischte Honey, als hätte sie gar nicht gehört, was er soeben gesagt hatte.
Sie schrie auf, als Loves Faust einen Zentimeter neben ihrem Gesicht gegen den Balken schlug. "Sie!", brüllte er einen der vorbeirennenden Wärter an, "Bewachen Sie sie!"
Er setzte den Männern nach, auf der Jagd nach Zorro.

Alejandro kauerte sich neben einem der Häuschen, die einen Gasantrieb für die schwere Maschinerie der Mine boten, und überblickte das Geschehen. Diego und Montero mussten hinter den Gerüsten auf einer anderen Ebene ihren Kampf austragen.
Er sah, wie Love den Wachen Anweisungen gab.  
Er hörte Schritte um sich herum - ein Schrei erklang. Einer der Männer musste ihn gesehen haben.
Alejandro huschte in das Häuschen hinein, es dampfte und war vernebelte. Hustend duckte er sich unter den heißen Dämpfen weg, als er ein Zischen hörte.
Einer der Wächter hatte ein Gasrad bis zum Anschlag aufgedreht.
Das Zischen wurde unerträglich laut.
Geistesgegenwärtig schlüpfte Zorro aus einem der Fenster zurück an die frische Luft - als das Häuschen explodierte. Von der Kraft der Schockwelle wurde er zu Boden geworfen, während die Wärter schreiend in die Luft und sogar über das Geländer der Ebene hinaus geschleudert wurden.
Schwer atemend richtete er sich auf - er war unverletzt. Flammen stiegen zu allen Seiten auf.
Aus den Augenwinkeln nahm Zorro eine in blau gekleidete Gestalt war, die am anderen Ende der Ebene eine hölzerne Treppe auf eine noch höhergelegene Etage hochrannte.
Zorro lächelte und setzte ihm nach.
Als Love ein Geräusch hörte, fuhr er herum. Der Gang war leer.
Da gab es hinter ihm einen Ruck. Zorro musste einen schnelleren Weg zur anderen Seite gefunden haben.
"Haben Sie mich vermisst?", fragte er provokant, bevor Love ihn mit tödlicher Gewalt angriff.

Honey spürte Hitze, hörte Schreie, nachdem die Explosion sie hatte zusammenfahren lassen.
Irgendwo über ihr war etwas in die Luft gegangen.
Sie fühlte sich vollkommen wehrlos.
"Was ist passiert?", fuhr sie den Wärter an, der unruhig, ein Gewehr im Anschlag, vor ihr auf und ablief, nach oben blickend.
Der Mann antwortete nicht, sah sie kurz an und sah dann wieder finster hinauf zu den oberen Plattformen.
Honey wandte sich ab, ihr Kopf spielte verrückt, sie sah sich um, nach irgendwas, einer Waffe, einer Möglichkeit, zu...
In diesem Moment kam eine Frau auf sie zugerannt, mit deren Erscheinen Honey zu allerletzt gerechnet hatte - Elena.
Der Wärter fuhr herum, als er merkte, dass Honey mit offenem Mund auf etwas hinter ihr starrte.
Auch er versteifte sich, als er Elena bemerkte.
"Was.. tun Sie hier?", fragte er und musterte die elegant gekleidete Frau, die offensichtlich gerade durch extremen Stress gehabt hatte - ihre Haare waren zerzaust, Schweiß lief ihr von der Stirn, sogar etwas Blut aus einer kleinen Schramme am Kopf.
"Mein Name ist Elena Montero", sagte sie fest und näherte sie dem Mann, der unsicher das Gewehr vor sich hielt, bereit, es in Zielposition zu nehmen.
Elena näherte sich ihm und in einer völlig unerwarteten Bewegung holte sie eine Pistole aus ihrem Gürtel und zog sie dem Mann über den Kopf. Bewusstlos kippte er zusammen.
Honey starrte weiter sprachlos die junge Frau an, doch Elena lies keine Zeit verstreichen und wandte sich Honey zu.
Sie sah ihre Fesseln, zog ein Messer aus dem Waffelgürtel des Mannes und machte sich daran, Honey loszubinden.
"Danke", stieß Honey aus, als sie frei war.
"Geht es dir gut?", fragte Elena. Ihre Stimme zitterte. Sie schien nicht zu begreifen, eher zu funktionieren. "Ich muss die Gefangenen, in den Käfigen... Sie... Ich muss sie befreien!", sagte sie und wies in Richtung der Gerüste und Plattformen, auf denen die Menschen zusammengepfercht waren.
"Hilf mir, wenn du ..."
"Ich kann nicht", sagte Honey fest. Elenas Erschütterung schien sie zu ernüchtern. "Tut mir Leid. Ich muss..."
Honey blickte Elena an, dann zu Boden. Ihr blick fiel auf einen schwarzen Revolver. Loves Waffe.
Sie ging zu ihr und hob sie auf.
"Ich muss etwas erledigen", murmelte sie, als sie an Elena vorbei in Richtung der höheren Ebenen rannte.

Der Kampf war ausgeglichen. Zuweilen gelang es Alejandro mit einem beinahe tänzerischen Manöver, Love aus dem Gleichgewicht zu bringen und ihn mit einem Tritt oder Schlag zu verletzen, doch Loves Kraft und Präsizion zwangen ihn sofort zurück in Verteidigungsstellung, wenn er ihn nicht sogar nach einer Reihe starker Hiebe auf die Knie zwang.
Verbissen kämpften die Männer auf Leben und Tod, während Schweiß von ihren Stirnen lief.
Alejandro griff mit einer glänzenden Parade an, Love wurde rückwärts gedrängt. Flammen stiegen von einigen Metern entfernt auf.
Beim letzten Schlag duckte Love sich zur Seite, riskant, aber effektiv.
Alejandro wurde von der Wucht seines eigenen Schlages, der ins leere ging, nach vorne geschleudert.
Love trat nach und traf Alejandros Schulter, doch Alejandro packte Loves Stiefel und riss seinen Kontrahenten zu Boden. Er wollte sich aufrichten, doch im Fall holte Love mit der Faust aus und versetzte Alejandro einen Hieb.
Er sackte wieder zu Boden, während Love, auf die Knie gefallen, vor Wut und Schmerz durch den Sturz schnaubte. Er hob den Degen und schlug zu, doch Alejandro, immer noch am Boden, konnte den Schlag mit seinem eigenen Degen aufhalten. Die Degen stießen klirrend aufeinander und die Männer lieferten sich ein Kräftemessen.
Love hatte durch seine erhobene Position die Oberhand und seine Klinge drückte Zorros eigene bedenklich nahe an dessen Hals.
"Stop", schrie eine Stimme, ein paar Schritte von den Kämpfenden entfernt.
Honey, das Kleid halb an den Ärmeln zerrissen, mit blutigen Schramm übersät und ebenfalls keuchend, hatte Loves Revolver mit beiden Händen auf ihn gerichtet und sah auf die Männer am Boden.
Sie blinzelte nicht einmal, Tränen und Schweiß mischten sich auf ihren Wangen.
Love stieß ein verächtliches Lachen aus, ließ aber den Druck nicht nach, genau so wie sein Kontrahent.
Ein Schuss ging los und schlug einige Meter neben Loves Kopf in die Felswand ein.
Er fuhr herum, das Kräftemessen endete. Doch als Alejandro hochfahren wollte, versetzte Love ihm einen erneuten Faustschlag. Alejandro blieb benommen liegen. Love holte mit dem Degen aus. Honey rannte los und parierte den Degenschlag, in dem sie sich mit ihrem vollen Körpergewicht gegen Love warf.
Die beiden landeten auf dem Boden, Honey auf Love. Sie hielt seinen Revolver immernoch umklammert. Bevor Love etwas tun konnte, setzte sie ihn ihm direkt unter's Kinn. Love hielt inne.
Sie starrten sich an. Es war wie ein Spiel, das auch vor einigen Wochen hätte stattfinden können. Die Gefangene und ihr Peiniger, ein ewiger Machtkampf.
Doch dieses Mal war es Ernst. Eine ernstgemeinte Drohung, ein Blitzen lag in seinen stechend blauen Augen. Honey sah ihn beinahe flehend an, doch sie lud die Waffe, wie immer unbehände.
Love wusste, dass er sie mit einer flinken Bewegung entwaffnen konnte. Doch eine falsche Bewegung, und Honey würde, womöglich sogar unbeabsichtigt einen Schuss loslassen.
Die Entscheidung, was zu tun war, wurde beiden abgenommen, eine Männerstimme erklang.
Ein Wärter war Honey offensichtlich gefolgt. Das Gewehr auf Alejandro gerichtet schrie er in Richtung Honey.
"Waffe runter!"
Honeys Kopf fuhr herum - das reichte Love. Er griff um ihre Hand mit der Waffe, presste sie zusammen und schlug mit der anderen Hand darauf. Es knirschte und die Waffe glitt, ohne Schaden anzurichten, zu Boden. Honey stöhnte vor Schmerz auf - Love hatte ihr die Hand gebrochen. Er schubste sie von sich und rappelte sich auf.
"Sieht aus, als wären beide Murietas am Boden", keuchte er triumphierend und wischte sich Blut von der 'M'-förmigen Narbe auf seiner Wange.





____
Es tut mir Leid, dass es so spät kommt! Es war so viel los. Aber es geht jetzt flüssiger weiter, versprochen!
Beste nachträgliche  Geburtstagswünsche speziell an Sabberhexe ;-)
Review schreiben
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast