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Honey ~ Der Weg deines Herzens

von LunaLu
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Drama / P16 / Gen
Captain Harrison Love OC (Own Character)
06.04.2008
25.07.2021
40
168.234
6
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06.04.2008 4.376
 
Kapitel 29 - Schlachtplan

Love blähte vor Zorn die Nasenflügel, versuchte aber, sich ansonsten kaum zu bewegen.
Die Männer starrten sich einige Momente lang an.
Dann ertönten Schritte und zwei Soldaten kamen um die Ecke in den Flur gestürzt, die Gewehre im Anschlag. Sofort zückten sie diese und zielten auf Zorro, der allerdings Love als Schutzschild vor sich stehen hatte.
Da regte sich Honey zum ersten Mal, sie stieß sich von den Wand ab und stellte sich den Soldaten in den Weg. Sie hob die Hände und wollte etwas sagen, als Alejandro einen Schritt nach vorne machte und die Spannung auf den Degen erhöhte. Love schluckte.
„Gewehre auf den Boden!“, rief Alejandro, „Und du geh bei Seite“, fügte er an Honey gewandt zu.
Die Soldaten reagierten nicht, unschlüssig, was zu tun war.
Alejandro blickte Love kalt an und meinte lässig: „Sagen Sie’s ihnen.“
Love biss die Zähne zusammen, sagte dann aber herrisch: „Tut, was er sagt!“
Honey, die sich noch nicht bewegt hatte, zuckte zusammen, als Love auch sie anzischte: "Tu, was er sagt!"
Sie fuhr gereizt herum und meinte: "Sie befehlen mir gar-"
Doch Alejandro unterbrach sie, wenn auch auch ein Lächeln nicht unterdrücken konnte. "Geh bei Seite."
Honey sah von Love zu Alejandro und wieder zurück und gehorchte, offensichtlich widerwillig.
Langsam ließen die Männer ihre Waffen zu Boden gleiten.
Alejandro nickte. Honey wandte sich um.
„Komm her“, sagte er an sie gewandt und machte mit der freien Hand eine einladende Geste.
Honey ging um Love herum, der sie taxierte. Alejandro machte eine schützende Geste und schob Honey hinter sich. Ihr Blick traf Loves. So hasserfüllt hatte sie ihn noch nie gesehen, und das hatte schon etwas zu bedeuten.
Alejandro beugte sich erneut nach vorne und zog nun Loves Pistole aus dem Holster. Er warf sie zu Boden.
Ein Soldat wollte die Ablenkung nutzen, um seinen Degen zu ziehen und herbei zu rennen, doch Alejandro machte „Ah ah…“, und der Mann gab seinen Versuch auf.
„Herkommen“, befahl Zorro. Die Soldaten setzten sich langsam in Bewegung. Als sie etwa einen Meter von dem Trio entfernt standen, rief Alejandro: „Stehenbleiben!“
Die Männer gehorchten.
„Zum Fenster drehen. Und jetzt… Zehenspitzen berühren.“
Die Soldaten hatten sich zu dem großen Fenster, dass vom zweiten Stockwerk aus Einblick in den Innenhof der Hazienda gewährte, gewandt. Doch bei der letzten Aufforderung sahen sie verdutzt zu Love.
Love knirschte mit den Zähnen und presste dann hervor: „Berührt die Zehenspitzen.“
Die Männer bückten sich.
„Dürfte ich mal, Captain Love?“, fragte Alejandro übertrieben höflich und schob ihn vor sich etwas nach hinten, so dass er selbst nun vor den abgewandten Soldaten stand.
Dann machte er einen plötzlichen Ruck und trat dem Vorderen kräftig ins Hinterteil, so dass dieser in den anderen stürzte. Es gab ein ohrenbetäubendes Schallen, als die Männer durch das Fenster brachen und in den Hof fielen.
Love riss erschrocken die Augen auf, doch er brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, den Moment der Ablenkung zu nutzen und so weit zurückzuweichen, dass Zorros Degen ihn nicht mehr bedrohte.
Alejandro setzte nicht nach, im Gegenteil. Seelenruhig lächelte er provokant zu Love, beugte sich, hob dessen Degen auf und warf ihn ihm zu.
Love war perplex, doch seine Reflexe ließen ihn die Waffe in der Luft auffangen.
Die Männer blickten sich an. Dann gingen sie in Kampfstellung.
Honey ballte die Hände zu Fäusten. Sie wusste nicht, was zu tun war, doch wollte eingreifen.
Zorros erster Angriff war kurz und technisch. Er bewies lediglich, dass Love und er auf dem gleichen Niveau waren.
Love lächelte anerkennend und griff nun seinerseits an, härter, schneller.
Alejandro parierte. Es war offensichtlich, dass er sein Handwerk beherrschte, doch Love agierte mit solcher Kraft, dass er es schaffte, seinen Widersacher nach hinten zu drängen und ihm schließlich so nahe zu rücken, dass er ihm einen Schlag ins Gesicht verpassen konnte.
Alejandro stolperte etwas nach hinten.
Honey machte einen Satz in Richtung der Kämpfenden, doch ihr Bruder rief ihr zu: „Nein! Halt dich raus!“
Honey erstarrte, wie gebannt auf die Männer starrend.
Love griff erneut an, Alejandro erwiderte die Schläge schnell. Diesmal gelang es ihm, die Oberhand zu gewinnen und Love durch erhöhte Geschwindigkeit ins Taumeln zu bringen. Er setzte nach und versetzte ihm mit der Faust, die den Degen hielt, einen so harten Schlag, dass Love rückwärts zu Boden fiel und benommen liegen blieb.
Alejandro wollte Honey etwas zurufen, doch in diesem Moment kam eine weitere Person um die Ecke.
Es war Montero. Dieser blieb für einen Moment stehen und sah Zorro starr an, die Augen schreckgeweitet.
Dann sprang er nach vorne und griff mit gezogenem Degen an.
Honey sah, wie Alejandro sich nun gegen Don Montero verteidigte, der kraftvoll zuschlug.
Erst im letzten Moment nahm sie aus dem Augenwinkel wahr, dass Love sich inzwischen aufgerichtet hatte und einen Satz zu seiner auf dem Boden liegenden Pistole machen wollte. Ohne zu überlegen trat sie die Waffe mit dem Fuß zum anderen Ende des Flures und Love fiel beinahe erneut zu Boden, als er sich schwungvoll vergebens zum Revolver bückte.
Er richtete sich auf und sah Honey vor Wut starr an, diese wich zurück.
Doch Love kam nicht dazu, ihr nachzusetzen, denn Montero stieß einen zornigen Schrei aus. Alejandro hatte ihn mit seinen Angriffen in Bedrängnis gebracht.
Love wandte sich zu den Kämpfenden und griff Alejandro an, der sich geistesgegenwärtig den auf dem Boden liegenden Degen des Soldaten gegriffen hatte.
Er schaffte es zwar, sich einige Paraden lang gegen die beiden Fechter zu verteidigen, doch es war klar, dass dies nicht lange funktionieren würde.
„Lauf!“, rief er Honey zu, machte einen Salto nach vorne und rannte los. Er riss Honey mit sich, in den offenen Seitenflur, dessen Geländer hinunter in den Innenhof führte.
Reflexartig schwang er sich über das Geländer hinunter, doch Honey blickte nur erschrocken zu ihm. Er landete sicher und konnte nur einen Moment lang verzweifelt zu ihr hoch sehen, als er unten von mehreren Soldaten angegriffen wurde.
Da hatten Love und Montero Honey schon erreicht.
Verdutzt sahen sie, dass Zorro gesprungen war.
Montero stieß ein wütendes Schnaufen aus und rannte los zur Treppe, die hinunter führte.
Love blickte zu Honey und lächelte triumphierend. Er machte einen Satz zu ihr, griff ihr grob in die Haare und riss sie so rückwärts an sich. Dann hielt er ihre den gezogenen Degen längs am Anschlag an die Kehle, die scharfe Kante allerdings noch nach oben gerichtet, so dass die Breitseite ihr halb die Luft abschnitt. Er hielt ihren Kopf immer noch starr an den Haaren.
„Sofort aufhören!“, brüllte der Captain hinunter in den Hof. Das Geschehen fror ein, selbst Montero, der das untere Stockwerk gerade erreicht hatte, hielt inne und sah hinauf.
Love nickte zu Alejandro hinunter.
„Waffe runter.“
„Nein!“, schrie Honey, doch ihre Glieder waren starr vor Angst. Sie konnte sich nicht erinnern, dass Love jemals so nah daran gewesen war, sie zu töten.
„Halt den Mund!“, zischte Love und rief dann erneut hinunter: „Waffe runter!“
Alejandro senkte schwer atmend seinen Degen. Bevor er ihn fallenlassen konnte machte Honey einen Ruck und trat Love kräftig mit der Ferse gegen das Schienbein.
Da er nicht damit gerechnet hatte, lockerte er einen Moment lang den Griff. Honey zog den Arm mit dem Degen weg, fuhr herum und schubste Love nach hinten, der, eher perplex als verletzt, etwas zurücktaumelte.
Alejandro verteidigte sich gegen die erneut angreifenden Soldaten und Montero.
Love richtete sich mit einer Todesdrohung im Blick auf, doch Honey rannte los zur Treppe.
Love war mit ein paar Schritten bei ihr und schleuderte sie die letzten Stufen hinunter, so dass sie benommen liegen blieb. Er wollte nachsetzen, als Alejandro herbeigerannt kam und Love angriff.
So gut wie alle Soldaten waren außer Gefecht gesetzt, die übrigen drei und Don Montero kamen angerannt.
Sie waren in der Überzahl.
Zorro duckte sich unter den Angreifern weg und rannte plötzlich los, jedoch nicht zum Ausgang, sondern in Richtung der Wand, an der die Karte Californias hing.
Die Männer kamen ihm nach und stellten sich siegessicher vor ihm auf. Zuletzt erreichte Love und Montero den scheinbar in die Ecke gedrängten.
Love stieß seine Männer weg und hob den Degen zum Angriff.
„Bringt ihn um!“, rief Montero und die Soldaten stürzten sich mit Wutschreien auf den Maskierten. Dieser machte einen Satz, trennte mit seinem Degen in einem Zug die Kordel, die die Karte an der Wand hielt, entzwei und huschte zur Seite.
Die Männer rannten geradewegs in die riesige, auf sie herabstürzende Plane und wurde unter ihr begraben.
 Alejandro lief zu Honey und wollte sie hochziehen, doch sie stieß ihn weg.
„Mach, dass du weg kommst!“, zischte sie.
Alejandro sah ihr in die Augen und fühlte sich einen schrecklichen Moment lang zurückversetzt an den Tag, als Joaquin gestorben war.
Auch dieser hatte ihn zurückgewiesen, aufgefordert ihn im Stich zu lassen. Doch auch dieses mal gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder eine nur Person oder beide blieben zurück.
„Ich komme wieder“, raunte Alejandro und rannte los.

Er war verschwunden, bevor sich Montero, Love und die anderen Männer unter der Karte hervorgerappelt hatten.
Orientierungslos blickten sie umher. Die Soldaten strömten in verschiedene Richtungen davon, um nach dem Eindringling zu suchen.
Love hatte sich Honey zu gewandt, die sich mühsam am Treppengeländer hochzog. Ein dünner Blutstrom triefte aus einer Wunde an ihrem Haaransatz ihr Gesicht entlang.
Als sie sah, dass Love sie anblickte, wollte sie stolpernd etwas zurückweichen, doch Love setzte ihr nach griff ihr ins Genick und presste sie so in einer stoßartigen Bewegung auf den Boden. Sie keuchte vor Schmerz, als sie hart aufschlug.
„Was hat das zu bedeuten, Love?“, fuhr Montero, der außer sich vor Wut war, seinen Captain an.
Love ging von ihr weg zu Montero und sagte eisern, den Blick immer noch auf Honey gerichtet: „Ich kenne den Mann, der sich unter der Maske verbirgt. Es ist Alejandro Murieta.“
Monteros Mund klappte auf und er wandte sich wie in Zeitlupe Honey zu, als er begriff, was Loves Worte zu bedeuten hatten.
Er wirkte einen Moment lang, als wolle er sich auf sie stürzen, doch er dann überlegte er es sich wohl anders, als er das leicht gekrümmte, blutende Mädchen vor sich starr musterte.
„Was hat er vor?“, presste er zwischen den Zähnen hervor.
Sie kam mühsam auf die Beine und sagte dabei, unwillkürlich verächtlich: „Keine Ahnung.“
Montero trat völlig unerwartet einen weiteren Schritt vor, holte aus und schlug Honey mit dem Handrücken zu Boden.
Love spürte, wie er reflexartig einen Ruck nach vorn tat, als Honey auf dem Boden landete und beinahe weggetreten liegenblieb, sich die getroffene Wange mit einer Hand haltend. Doch er fing sich sofort und blieb stehen, als Montero bereits herumfuhr und sich Love vor Zorn schwankend näherte.
„Finden Sie diesen Mistkerl!“, befahl er und lief los, in Richtung einer der Ausgänge des Innenhofes.
Love blickte ihm kurz nach, dann trat er einen Schritt an Honey heran und hockte sich vor ihr hin.
Als seine Hand die ihre berührte, zuckte sie zusammen, als hätte sie ein Blitz getroffen und kauerte sich tiefer zu Boden.
Sie zitterte.
Love griff erneut an Honeys Hand und zog sie von ihrem Gesicht weg. Ein großer, violetter Fleck zeichnete sich unter ihrem linken Auge ab und verlief bis zu ihrem Wangenknochen. Blut lief ihr aus dem Mundwinkel und mischte sich mit dem, das aus der Verletzung ihres Kopfes triefte.
„Steh auf“, sagte Love kalt, doch sein Unterkiefer bebte leicht.
Honey stöhnte auf und wollte wohl etwas sagen, doch es quoll nur etwas Blut aus ihrem Mund, was sie verstummen ließ.
All ihre Muskeln waren verkrampft und sie ließ sich kaum bewegen.
„Steh auf“, wiederholte Love und zog sie mit seichter Gewalt hoch.
Als sie stand, wich sie nur, nach wie vor zitternd, einen Schritt zurück.
Sie schaffte es nicht, Love durch die tränenverschleierten Augen anzusehen.
Love blickte ihr einige Sekunden ins Gesicht und trat gar nichts, bis ihn das Geräusch von zwei Soldaten, die erfolglos von der Suche in den oberen Stockwerken zurückkamen, aus seiner Trance riss.
Er drehte sich zu ihnen um und rief einen der beiden herbei.
„Bringen Sie sie zur Kaserne und sperren Sie sie in ihr Zimmer. Halten Sie davor Wache. Jeder außer mir, der sich Zutritt verschaffen will, wird getötet.“
Der Soldat griff an Honeys Arm und zog sie mit sich. Sie wehrte sich nicht.

In der Hazienda war die Hölle los.
Soldaten liefen durch alle Räume, durchsuchten jeden Winkel des Geländes.
Love, der, wo es nur ging Anweisungen gegeben hatte, trat schließlich zu Montero auf den Balkon an der Außenfassade des Gebäudes.
Montero hatte die Hände um die Brüstung verkrampft und starrte in die Nacht.
"Es ist alles gesichert. Wenn er noch hier ist, finden wir ihn innerhalb der nächsten Minuten. Die Lage ist unter Kontrolle."
Montero sah zu Love.
"So, wie Sie das kleine Mädchen unter Kontrolle haben, Love?", fragte er mit unverhohlener Aggression.
Love blinzelte.
Doch er hob nur ruhig den Kopf und sagte: "Sie ist ein gutes Druckmittel. Aber dass er sie hier gelassen hat, zeigt, dass die Vereitelung unserer Pläne für ihn momentan höhere Priorität hat... also sollte ich mich zunächst darum kümmern."
Montero drehte sich wieder weg und sah hinaus.
"Sie scheinen mir ein wenig nachsichtig zu sein. Ich will, dass Sie sie verhören. Was Sie schon längst hätten tun sollen."
"Ich habe sie verhört, Sir", murmelte Love.
"Aber anscheinend nicht effektiv genug!", rief Montero, fuhr herum und trat näher an Love heran, der seinem Blick kalt standhielt.
"Ich hoffe, ich habe Sie nicht falsch eingeschätzt. Die Tatsache, dass sie weiblich ist, sollte Sie nicht davon davon abhalten, Ihre Arbeit zu tun."
"Es hat nichts damit zu tun, Don Rafael, das versichere ich Ihnen", sagte Love ruhig und bemühte sich, seinen aufkeimenden Zorn zu verbergen, was ihm gelang.
Monteros Mundwinkel bebten. Er blickte seinen Hauptmann fest an, löste sich dann mit einem Ruck und ging in die Hazienda zurück.
 Love ging ihm nach, als Korporal Lopez auf ihn zustürmte und sagte: "Er ist nirgendwo, alles wurde durchsucht."
Love schüttelte wütend den Kopf.
"Die Kapelle? Der Hof?"
Lopez nickte.
"Die Stallungen?"
Lopez erstarrte.
Love stieß Luft aus und rannte in Richtung Stallungen los, gefolgt von Montero, Lopez und einigen Soldaten.
  Sie stießen das Stalltor auf und stürmten herein, als sich ihnen ein völlig unerwarteter Anblick bot.
Elena stand mitten in dem kleinen Gebäude - nur mit einem Morgenmantel bekleidet, den sie sich eng um den Körper geschlungen hatte.
Monteros Mund klappte auf und er trat näher an seine Tochter heran, nicht zuletzt, um sie vor neugierigen Blicken zu schützen.
"Elena! Was machst du hier? Was ist passiert?"
"Zorro!", stieß sie aus, scheinbar völlig durcheinander, "Er war hier, ich habe gegen ihn gekämpft. Dann ist er verschwunden." Plötzlich wütend fügte sie hinzu: "Er ist verschwunden!"
Love trat etwas vor und sah sich im Stall um. Nichts.
Er wandte den Blick zu Elena zurück.
"Bist du verletzt, mein Kind?", fragte Montero entsetzt.
"Nein."
Montero nickte langsam.
Love wandte sich Lopez zu und sagte: "Schicken Sie Männer in den Wald. Bei jeder Regung wird scharf geschossen. Ich will heute noch Berichterstattung."
Während Montero seine Tochter in die Hazienda begleitete, ging Love zur Kaserne. Inzwischen brach die Dämmerung an.

Doch Love würde den Schlaf der letzten Nacht vorläufig nicht nachholen können. Eilig trat er ins Hauptgebäude der Garnison. Er lief durch den Flur zu Honeys Zimmertür.
Der Wachposten salutierte und machte ihm Platz.
Love stieß die Tür auf und trat ein. Dann hielt er unwillkürlich inne.
Honey saß neben ihrem Bett auf dem Boden, die Knie angezogen, den Kopf darauf abgelegt.
Ihre Haare fielen ihr um die Schultern, ihr Kleid zeigte Spuren von Blut.
Als sie Love hereinkommen hörte, hob sie den Kopf.
Love schloss die Tür hinter sich.
Sie zog sich erst auf die Knie, dann mühsam auf die Beine, dabei sah sie Love angsterfüllt an. "Haben Sie... Ist er...", raunte sie.
"Er ist weg", stellte Love fest und sah, wie Honey sich vor Erleichterung die Hand vor den Mund schlug und sich auf das Bett setzte.
Sie atmete tief durch. Dann blickte sie auf.
Getrocknetes Blut klebte an ihrer Stirn und in ihrem Mundwinkel, das Veilchen über ihrer Wange hatte sich von Violett zu dunklem Blau verfärbt.
Sie sagte nichts, doch in ihrem Blick stand die Frage: "Was nun?"
Love blickte sie starr an, er sah Angst, Schmerz und doch auch Stolz in ihrem Gesicht.
Schließlich sagte er ruhig: "Ich hoffe du hast dich hier nicht allzu sehr eingelebt. Du kommst zurück in die Zelle."
Er hatte ein beinahe höhnisches Funkeln in den Augen, hinter dem er seinen Zorn verbarg. Doch Widerspruch oder irgendeine erwartete Reaktion blieben aus. Honey nickte und sah kurz zu Boden, dann setzte sie die Füße auf den Boden und stand auf.
Sie ging wortlos zu Love und wartete darauf, dass er los in Richtung der Verliese ging, doch er rührte sich nicht.
Sie sah ihn ausdruckslos an.
Als er sie nur, inzwischen offen zornig, zurück anstarrte, fragte sie: "Was?"
"Das reicht mir nicht", presste er verhalten zwischen den Lippen hervor.
"Was reicht Ihnen nicht?"
"Deine Reaktion", knurrte Love tonlos.
"Meine- meine Reaktion?"
Er sah sie mit seinen eisblauen Augen an.
"Es ist mir egal", sagte Honey leise.
"Aber es soll dir verdammt nochmal nicht egal sein!", brauste Love schließlich auf und richtete einen wie zum Kampf angespannten Arm mit erhobenem Zeigefinger auf Honey, "ich will, dass es dir wehtut, ich will, dass du eine angemessene Strafe erhältst!"
Bei den letzten Worten machte er einen bedrohlichen Schritt auf Honey zu.
Sie wich nicht zurück, schien aber kleiner zu werden.
Nach einem Moment, in dem Loves laute Worte nachzuhallen schienen, sah sie auf und sagte so leise, dass es beinahe ein Flüstern war: "Es tut weh."
Eine Träne lief über ihre Wange.
Love hielt beim Luft holen für einen weiteren Ausbruch inne und sah sie an.
Honey schloss die Augen und jetzt liefen ihr Tränen wie feine, dünne Flussströme über die Wangen. "Es... tut weh."
In Loves Kopf rastete etwas wieder ein.
Mitleidslos sagte er: "Nicht einmal annähernd so sehr, wie es sollte."
"Schauen Sie mich doch man an", raunte Honey.
Love lachte kalt auf und griff ihr ohne Vorwarnung mit den Hand ins Gesicht, ihre Wangen zusammenpressend, "Das?"
Er drehte und wendete ihren Kopf erniedrigend, als würde er eine Ware beschauen, "Ich hab schon Verletzungen gesehen, gegen die das hier nicht einmal Kratzer sind!"
"Hände weg!", fuhr Honey und stieß seine Hand weg, wobei sie ins Straucheln geriet und zu Boden stolperte.
Doch ihre Tränen waren versiegt, da war sie wieder, stolz und zornig und Love Kontra gebend - so gut sie konnte zumindest.
Love sah befriedigt ihren Wandel von der Kleinen, die er und Montero zusammengeschlagen hatten, zu dem Mädchen, die er noch vor einigen Stunden erregt geküsst hatte. Dennoch war sie wohl entkräftet, sie atmete stoßartig und starrte nur stur geradeaus, ohne ihm verbal etwas entgegenzusetzen.
"Sieht aus, als hättest du endlich den nötigen Respekt", presste Love kalt zu ihr hinunter, provozierend.
Doch sie ging nicht auf die kalte Ironie ein, sondern sah auf. Die Wunde auf ihrer Stirn hatte wieder zu bluten begonnen und nun lief ihr statt der Tränen eine stechend rote Blutlinie über das Gesicht.
Loves Lächeln erstarb.
"Ich lasse dich zuerst verarzten. Du-"
Es klopfte an der Tür, doch es verging kein Moment, bevor die Person auch schon eintrat.
Love setzte zum Protest an, doch verstummte, als er erkannte, wer in das von den ersten, grellen Sonnenstrahlen des Tages erleuchtete Zimmer getreten war. Es war Montero und er hatte eine Miene aufgesetzt, als sei jemand gestorben.
"Hier sind Sie, Love", knurrte er seinen Captain an.
Vage, nicht unhöflich, aber sehr verhalten, murmelte Love: "Sir."
Monteros Blick fiel auf Honey, die blutend am Boden kniete und er hielt inne.
Der Anblick schien ihm Unbehagen zu bereiten. Er wechselte den Blick zwischen Honey und Love und sagte schließlich, etwas ruhiger: "Gibt es Zeichen von ihm?"
"Bis jetzt keine, Sir."
"Haben Sie... Hat Sie...", Montero betrachtete Honey aus dem Augenwinkel, "Gibt es von ihr etwas Neues?"
Da Honey nicht nur nicht auf den Beinen war, sondern auch offensichtlich verletzt, schien Montero davon auszugehen, dass Love seine Gefangene ein weiteres Mal verhört hatte.
Love blickte zu Honey hinunter und sagte dann eisig: "Nein, Sir." Er ließ einen Moment verstreichen und fragte dann, an Honey gewandt: "Oder?"
Honey blickte zum ersten Mal, seit Montero eingetreten war, auf.
Sie schüttelte den Kopf und kroch dabei etwas zurück, als habe sie die Befürchtung, Montero könne sich wieder auf sie stürzen.
"Gut", knurrte dieser nur, anscheinend tatsächlich befangen von der Situation des verletzten Mädchens. Er schien seine Gewalt ihr gegenüber zu bereuen. Doch dann sah er Love an und sagte, offensichtlich vorher genau durchdacht: "Dann setzen wir sie jetzt als Druckmittel ein. Aktiv. Sie sagten, seine Priorität ist die Vereitelung unserer Pläne? Gut! Dann geben wir ihm noch einen weiteren Ansporn."
Love runzelte die Stirn. "Sir?"
"Ich nehme an, Sie haben die Sprengung der Mine veranlasst?"
"Die Ladungen sind bereits auf dem Weg."
"Er wird dort auftauchen. Zorro hat die Karte. Er wird früher oder später da sein. Und ich will, dass wir ihm das Mädchen auf dem Präsentierteller servieren. Sie wird es sein, um die er sich zuerst kümmern will, weil sie sonst die erste sein wird, die mit der Mine untergeht. Und sobald er sich ihr nähert, schnappen wir zu."
Love, der Montero stumm gelauscht und dabei nicht einmal geblinzelt hatte, biss kurz die Zähne zusammen, dann nickte er langsam.
"Sie kennen die Mine besser als ich. Wenn wir morgen zur Sprengung reiten, nehmen wir sie mit. Fesseln Sie sie irgendwo an, wo sie sichtbar ist."
Love nickte erneut und sagte dann: "Sir... Wenn er nicht rechtzeitig kommt,-"
"Wir brauchen keine Augenzeugen, wenn ich Sie zitieren darf, Love!", brauste Montero auf. "Ich nehme an, das ist kein Problem für Sie?"
Love hob den Blick und sah Montero kalt an.
"Wir würden sie als Druckmittel verlieren, das ist alles."
Die Männer starrten sich an, offensichtlich hing etwas Unausgesprochenes in der Luft.
Schließlich sagte Montero: "Befolgen Sie meine Befehle."
Er warf Honey nicht einmal einen Blick zu, als er das Zimmer verlies.
Love sah ihm nach.
Honey war während des Gesprächs bis zur Wand gekrochen und saß nun dort, die Beine angewinkelt, den Rücken angelehnt.
Sie sah zu Love auf.
"Was für eine Mine?", fragte sie leise, scheinbar erschöpft.
Love wandte den Kopf zu ihr und sah sie nur an.
Sie sahen sich an und Honey wusste auf einmal nicht, was in seinem Blick vorging. Vielleicht lag es daran, dass ihre eigenen Augen vor Müdigkeit und getrockneter Tränen verschleiert waren, doch sie spürte, dass er etwas ausstrahlte, dass er nie zuvor an sich gehabt hatte. Doch dieser Moment ging vorbei und Love sagte:
"Einige Meilen von hier wird Gold ausgegraben, um damit California von Santa Anna zu kaufen. Dein verdammter Bruder hat die Karte zur Mine gestohlen und wir müssen nun mit allen Mitteln verhindern, dass Santa Anna von der Mine erfährt. Wir werden sie sprengen."
Honey nickte, auch wenn Love sich sicher war, dass sie die Wucht seiner Worte nicht verstanden hatte, als sie plötzlich vage lächelte.
"Sie kaufen ihm ein Land mit seinem eigenen Gold ab?"
Die beiden starrten sich an, Love sprachlos, Honey tatsächlich lachend. Sie rappelte sich auf.
"Mann, Love, nach allem, was ich so gehört habe, ist das Diebstahl."
Sie ging zum Bett um es herzurichten und murmelte dabei beinahe kichernd: "Das kann doch nicht ihr Ernst sein, nach allem, was Sie über Recht und Unrecht gesagt-"
In diesem Moment packte Love sie im Genick und zog sie zu sich herum. Er hielt sie im Genick fest und zwang sie so, ihn anzusehen.
Ihr Lächeln war verschwunden, ihre Arme hatten gerade genug Platz, sich längs gegen seinen Körper zu pressen. Doch losmachen konnte sie sich nicht.
"Du hast nicht verstanden, was ich gerade gesagt habe", sagte Love mit geblähten Nasenflügeln, "Die Mine wird gesprengt und Montero hat mir gerade befohlen, dich sozusagen auf die Sprengladungen zu setzen!"
Honey sah ihn mit aufgerissenen Augen an, Angst in ihrem Blick. Hatte sie nun begriffen?
Doch sie atmete nur zitternd aus und sagte dann leise: "Lassen Sie mich los. Bitte."
Love starrte sie an. Sie verstand nicht, dass er sie morgen nicht nur nicht loslassen würde - er würde sie auf ein Pferd fesseln, drei Stunden zur Mine schleppen, sie dort festhalten, in Lebensgefahr; im Fall, dass ihr Bruder auftauchen würde, würde sie zur Geisel werden, im Fall, dass er wegblieb, würde sie ... sterben.
Loves Griff erschlaffte und Honey sank auf das Bett.
Sie zitterte immer noch.
"Es tut mir Leid", sagte Love leise.
Sie sah auf. "Was?"
"Es heißt wie bitte", sagte er reflexartig, doch dann schloss er die Augen, griff sich kurz an die Schläfe und sagte dann, scheinbar erschöpft, aber aufrichtig: "Es tut mir Leid."
Er sah zu ihr.
Sie sahen sich an. Da war es wieder, nur wenig, aber es war vorhanden, dieser Blick. War es Sorge?
"Das ist das letzte Mal, dass ich das zu dir gesagt habe. Ab jetzt bist du nicht mehr als meine Geisel. Und daran ist dein verfluchter Bruder Schuld, ich hoffe, das weißt du."
Langsam wurde seine Mine wieder ernster, kälter, er wurde der Alte.
Honey war sprachlos, obwohl sie etwas einwerfen wollte.
Love fügte hinzu:
"Wenn ich dir einen Rat geben darf - was auch immer morgen passiert... wehr dich einfach nicht. Dann muss ich dir auch nicht mehr wehtun."
Er machte kehrt und verlies den Raum.
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